Schweizerische Strafprozessordnung
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Art. 403 Eintreten
1 Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten sei, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht:
2 Es gibt den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme. 3 Tritt es auf die Berufung nicht ein, so eröffnet es den Parteien den begründeten Nichteintretensentscheid. 4 Andernfalls trifft die Verfahrensleitung ohne Weiteres die notwendigen Anordnungen zur Durchführung des weiteren Berufungsverfahrens. BGE
113 IA 225 () from 27. Juli 1987
Regeste: Art. 6 EMRK, Art. 4 BV. Zweites Gesuch um Wiederaufnahme eines Kontumazialverfahrens nach waadtländischem Strafprozessrecht; Abweisung eines nicht begründeten Gesuches. 1. Das Erfordernis, ein zweites Gesuch um Wiederaufnahme eines Kontumazialverfahrens zu begründen (Art. 405-407 StPO/VD), stellt keinen gegen Art. 4 BV verstossenden übertriebenen Formalismus dar (E. 1a). Es ist nicht unverhältnismässig, auf ein nicht begründetes Gesuch nicht einzutreten (E. 1b aa). 2. Der Verurteilte, der verhaftet worden ist und für die Wiederaufnahme des Abwesenheitsverfahrens über eine kurze Frist verfügt, darf auf die (auch impliziten) Angaben in einem Formular für die Wiederaufnahme vertrauen, das ihm vom Gefängnispersonal übergeben worden ist (E. 1b bb). 3. Das Verfahren ist fair im Sinne von Art. 6 EMRK, auch wenn der in Abwesenheit Verurteilte die Wiederaufnahme nur unter Hinweis auf die Umstände, die ihn am Erscheinen vor dem Gericht gehindert haben sollen, verlangen kann. Es verstiesse hingegen gegen Art. 6 EMRK, von ihm den Beweis dieser Umstände zu verlangen (E. 2).
139 IV 161 (6B_142/2012) from 28. Februar 2013
Regeste: Art. 15 Verantwortlichkeitsgesetz; Ermächtigung zur Strafverfolgung eines ehemaligen Angestellten der Bundespolizei. Bestätigung der Rechtsprechung, wonach der Mangel einer fehlenden Ermächtigung zur Strafverfolgung eines Beamten geheilt wird, wenn die obere kantonale Instanz mit voller tatsächlicher und rechtlicher Kognition zu Beginn des Rechtsmittelverfahrens die Ermächtigung einholt (E. 2.5). Anwendung auf den Einzelfall, in dem die Ermächtigung zur Strafverfolgung einen Tag vor der obergerichtlichen Hauptverhandlung erteilt wurde. Unter Berücksichtigung verschiedener Umstände ist eine definitiv nicht erfüllbare positive Prozessvoraussetzung anzunehmen (E. 2.6).
139 IV 290 (6B_419/2013) from 26. September 2013
Regeste: Art. 405 und 406 StPO; mündliches bzw. schriftliches Berufungsverfahren. Art. 406 StPO zählt abschliessend auf, in welchen Fällen das Berufungsgericht die Berufung im schriftlichen Verfahren behandeln kann. Sobald eine Sachverhaltsfrage zu beurteilen ist, muss eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden. Vorbehalten bleibt das Einverständnis der Parteien mit dem schriftlichen Verfahren (Art. 406 Abs. 2 StPO) (E. 1.1). Wenn das Berufungsgericht eine neue Beweiswürdigung vornehmen muss, beurteilt es Sachverhaltsfragen und kann die Berufung nicht im schriftlichen Verfahren nach Art. 406 Abs. 1 StPO behandeln (E. 1.3).
143 I 284 (6B_294/2016) from 5. Mai 2017
Regeste: Art. 94 und 130 StPO; Wiederherstellung einer aufgrund eines schwerwiegenden Fehlers des notwendigen Verteidigers verpassten Frist. Eine Verfehlung des Anwalts ist grundsätzlich seinem Mandanten zuzurechnen und stellt in der Regel keine unverschuldete Säumnis dar, die eine Fristwiederherstellung im Sinne von Art. 94 StPO rechtfertigt (E. 1). In Fällen notwendiger Verteidigung kann jedoch das Recht der beschuldigten Person auf eine konkrete und wirksame Verteidigung im Sinne von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK, Art. 14 Ziff. 3 lit. d UNO-Pakt II und Art. 32 Abs. 2 BV ausnahmsweise der Zurechnung des schwerwiegenden Fehlers des Verteidigers entgegenstehen. Ausnahmefall vorliegend bejaht, da der beschuldigten Person aus der Säumnis - die Berufungserklärung wurde einen Tag nach Fristablauf eingereicht - ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen würde (E. 2).
147 IV 36 (6B_895/2019) from 15. September 2020
Regeste: Art. 400 Abs. 3 lit. b und Art. 401 StPO; Art. 15 Abs. 2 StBOG; Umwandlung der Berufung in eine Anschlussberufung. Die gleichen Anträge einer Partei können nicht parallel Gegenstand einer Berufung und einer Anschlussberufung zur Berufung einer anderen Partei sein. Eine Berufung kann nach Ablauf der Frist für die Anschlussberufung gemäss Art. 400 Abs. 3 lit. b StPO daher nicht mehr gültig in eine Anschlussberufung umgewandelt werden (E. 2). |