Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)

vom 5. Oktober 2007 (Stand am 1. Juli 2022)


Open article in different language:  FR  |  IT  |  EN
Art. 68 Übersetzungen

1 Ver­steht ei­ne am Ver­fah­ren be­tei­lig­te Per­son die Ver­fah­rens­spra­che nicht oder kann sie sich dar­in nicht ge­nü­gend aus­drücken, so zieht die Ver­fah­rens­lei­tung ei­ne Über­set­ze­rin oder einen Über­set­zer bei. Sie kann in ein­fa­chen oder drin­gen­den Fäl­len mit dem Ein­ver­ständ­nis der be­trof­fe­nen Per­son da­von ab­se­hen, wenn sie und die pro­to­koll­füh­ren­de Per­son die frem­de Spra­che ge­nü­gend be­herr­schen.

2 Der be­schul­dig­ten Per­son wird, auch wenn sie ver­tei­digt wird, in ei­ner ihr ver­ständ­li­chen Spra­che min­des­tens der we­sent­li­che In­halt der wich­tigs­ten Ver­fah­rens­hand­lun­gen münd­lich oder schrift­lich zur Kennt­nis ge­bracht. Ein An­spruch auf voll­stän­di­ge Über­set­zung al­ler Ver­fah­rens­hand­lun­gen so­wie der Ak­ten be­steht nicht.

3 Ak­ten, die nicht Ein­ga­ben von Par­tei­en sind, wer­den so­weit er­for­der­lich schrift­lich oder zu­han­den des Pro­to­kolls münd­lich über­setzt.

4 Für die Über­set­zung der Be­fra­gung des Op­fers ei­ner Straf­tat ge­gen die se­xu­el­le In­te­gri­tät ist ei­ne Per­son glei­chen Ge­schlechts bei­zu­zie­hen, wenn das Op­fer dies ver­langt und wenn dies oh­ne un­ge­bühr­li­che Ver­zö­ge­rung des Ver­fah­rens mög­lich ist.

5 Für Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer gel­ten die Be­stim­mun­gen über Sach­ver­stän­di­ge (Art. 73, 105, 182–191) sinn­ge­mä­ss.

BGE

103 IV 247 () from 18. Oktober 1977
Regeste: Art. 286 StGB; Hinderung einer Amtshandlung. Wer sich weigert, aktiv an der Fahndung nach seiner Ehefrau mitzuwirken, und sich einer diesem Zwecke dienenden Befragung entzieht, begeht keine Hinderung einer Amtshandlung.

120 IV 217 () from 8. September 1994
Regeste: Aussageverweigerungsrecht eines Kindes in einem gegen seinen Vater eröffneten Strafverfahren wegen Sexualdelikten zu seinem Nachteil. §§ 65 Ziff. 2, 66 Ziff. 1, 67 Abs. 1 StPO/BL; Art. 7 Abs. 2, Art. 8 Abs. 2 OHG. Ob einem vierjährigen Mädchen in einem gegen seinen Vater eröffneten Strafverfahren wegen Sexualdelikten zu seinem Nachteil nach dem kantonalen Strafprozessrecht ein Aussageverweigerungsrecht wegen Verwandtschaft zustehe und ob es dieses rechtswirksam ausgeübt habe, sind Fragen des kantonalen Rechts, die im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgeworfen werden können (E. 3). Die Bejahung dieser Fragen verstösst weder gegen Sinn und Zweck des Sexualstrafrechts noch gegen Sinn und Zweck des Opferhilfegesetzes (E. 4). Offengelassen, ob und auf welche Weise ein vierjähriges Mädchen in einem solchen Fall als Opfer im Sinne von Art. 7 Abs. 2 OHG die Aussage zu Fragen betreffend sein Intimsphäre verweigern könne (E. 2).

143 IV 117 (6B_367/2016) from 13. April 2017
Regeste: Art. 67 und 68 StPO; Verfahrenssprache, Übersetzung. Die Sprachenfreiheit nach Art. 18 BV gilt nicht absolut. Grundsätzlich besteht kein Anspruch darauf, mit Behörden in einer anderen Sprache als der Verfahrenssprache zu verkehren (Art. 67 StPO). Um überspitzten Formalismus zu verhindern, muss die Strafbehörde bei einer innert Frist eingereichten Eingabe, die nicht in der Verfahrenssprache verfasst ist, eine zusätzliche Frist für die Übersetzung gewähren, soweit sie sich mit dem Dokument nicht begnügt oder dieses selber übersetzen lässt (E. 2). Die beschuldigte Person hat das Recht auf unentgeltliche Übersetzung aller Akten und Erklärungen, auf deren Verständnis sie für ihre wirksame Verteidigung angewiesen ist, um in den Genuss eines fairen Verfahrens zu kommen (Art. 68 Abs. 2 StPO). Der Umfang der Beihilfen die einer beschuldigten Person, deren Muttersprache nicht der Verfahrenssprache entspricht, zuzugestehen ist, ist nicht abstrakt sondern aufgrund ihrer effektiven Bedürfnisse und den konkreten Umständen des Falles zu würdigen (E. 3).

145 IV 197 (6B_517/2018) from 24. April 2019
Regeste: Art. 410 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 StPO; Übersetzung eines Strafbefehls. Die fehlende Übersetzung eines Strafbefehls ist weder Revisions- noch Nichtigkeitsgrund (E. 1).

Diese Seite ist durch reCAPTCHA geschützt und die Google Datenschutzrichtlinie und Nutzungsbedingungen gelten.

Feedback
Laden