Swiss Criminal Procedure Code
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Art. 375 Decision
1 The court shall order the measures requested or other measures if it is satisfied that the accused committed the act but is not legally responsible due to a mental disorder and that measure is required. It shall decide on any civil claims at the same time. 2 The order in respect of the measure and the decision on the civil claims are issued in a judgment. 3 If the court is satisfied that the accused has the mental capacity to be legally responsible or that he or she committed the offences while lacking such mental capacity, it shall reject the application made by the public prosecutor. When this decision becomes legally binding, the preliminary proceedings against the accused shall be continued. BGE
141 IV 396 (6B_1021/2014) from 3. September 2015
Regeste: Zulässiges Rechtsmittel gegen selbstständige nachträgliche gerichtliche Entscheide. Selbstständige nachträgliche gerichtliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO ergehen in Form eines Beschlusses oder einer Verfügung und sind mit Beschwerde anzufechten (E. 3 und 4).
147 IV 93 (6B_360/2020) from 8. Oktober 2020
Regeste: Art. 2 Abs. 2, Art. 374 f. und Art. 404 Abs. 2 StPO; Grundsatz der Formstrenge, selbstständiges Massnahmeverfahren bei einer schuldunfähigen beschuldigten Person, Eingriff in die Dispositionsfreiheit. Beim Grundsatz der Formstrenge (Art. 2 Abs. 2 StPO) handelt es sich um einen fundamentalen Grundsatz des Strafprozessrechts (E. 1.3.2). Das Verfahren bei einer schuldunfähigen Person ist ein vom ordentlichen Verfahren klar abzugrenzendes selbstständiges, besonderes Verfahren, in dem mangels Vorwurfs eines schuldhaften Verhaltens kein Schuldspruch ergehen kann. Es gelangt zur Anwendung, wenn bereits im Vorverfahren die Schuldunfähigkeit hinsichtlich aller zu beurteilenden Straftaten eindeutig festgestellt wird. Wird eine Person mehrerer Taten beschuldigt, die teilweise mit und teilweise ohne Schuld begangen wurden, sind alle Taten im ordentlichen Verfahren gemäss Art. 328 ff. StPO zu beurteilen (E. 1.3). Wird in einem Verfahren bei einer schuldunfähigen Person ein Schuldspruch ausgesprochen, stellt dies zwar einen besonders schweren und offensichtlichen Verfahrensfehler dar, der jedoch in casu nicht zur Nichtigkeit des Urteils, sondern zu dessen Anfechtbarkeit führt (E. 1.4). Jedoch muss das Berufungsgericht in einem solchen Fall gestützt auf Art. 404 Abs. 2 StPO zugunsten der beschuldigten Person auch einen nicht angefochtenen (unzulässigen) Schuldspruch überprüfen bzw. aufheben (E. 1.5). |