Swiss Criminal Procedure Code
(Criminal Procedure Code, CrimPC)

of 5 October 2007 (Status as of 1 July 2022)


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Art. 406 Written procedure

1 The court of ap­peal may deal with the ap­peal in writ­ten pro­ceed­ings if:

a.
its de­cision relates solely to leg­al is­sues;
b.
only the civil as­pect is be­ing con­tested;
c.
the sub­ject mat­ter of the judg­ment of the court of first in­stance is a con­tra­ven­tion and the ap­peal does not re­quest a con­vic­tion for a felony or mis­de­mean­our;
d.
only an award of costs, dam­ages or sat­is­fac­tion is be­ing con­tested;
e.
only meas­ures un­der Art­icle 66–73 SCC168 are be­ing con­tested.

2 With the con­sent the parties, the dir­ect­or of pro­ceed­ings may also or­der writ­ten pro­ceed­ings if:

a.
the pres­ence the ac­cused is not re­quired;
b.
the ap­peal relates to the de­cision of a judge sit­ting alone.

3 The dir­ect­or of pro­ceed­ings shall fix a time lim­it with­in which the party fil­ing the ap­peal must sub­mit a writ­ten state­ment of the grounds.

4 The sub­sequent pro­ceed­ings are gov­erned by Art­icle 390 para­graphs 2–4.

BGE

113 IA 225 () from 27. Juli 1987
Regeste: Art. 6 EMRK, Art. 4 BV. Zweites Gesuch um Wiederaufnahme eines Kontumazialverfahrens nach waadtländischem Strafprozessrecht; Abweisung eines nicht begründeten Gesuches. 1. Das Erfordernis, ein zweites Gesuch um Wiederaufnahme eines Kontumazialverfahrens zu begründen (Art. 405-407 StPO/VD), stellt keinen gegen Art. 4 BV verstossenden übertriebenen Formalismus dar (E. 1a). Es ist nicht unverhältnismässig, auf ein nicht begründetes Gesuch nicht einzutreten (E. 1b aa). 2. Der Verurteilte, der verhaftet worden ist und für die Wiederaufnahme des Abwesenheitsverfahrens über eine kurze Frist verfügt, darf auf die (auch impliziten) Angaben in einem Formular für die Wiederaufnahme vertrauen, das ihm vom Gefängnispersonal übergeben worden ist (E. 1b bb). 3. Das Verfahren ist fair im Sinne von Art. 6 EMRK, auch wenn der in Abwesenheit Verurteilte die Wiederaufnahme nur unter Hinweis auf die Umstände, die ihn am Erscheinen vor dem Gericht gehindert haben sollen, verlangen kann. Es verstiesse hingegen gegen Art. 6 EMRK, von ihm den Beweis dieser Umstände zu verlangen (E. 2).

139 IV 199 (6B_611/2012, 6B_693/2012) from 19. April 2013
Regeste: Entschädigung für die amtliche Verteidigung; Rechtsmittellegitimation der Staatsanwaltschaft; Rechtsmittelweg; Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG; Art. 81 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. b, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 351 Abs. 1, Art. 381 f., Art. 394 lit. a, Art. 398 Abs. 1, Art. 422 Abs. 1 und 2 lit. a StPO. Die Staatsanwaltschaft kann die Höhe der Entschädigung für die amtliche Verteidigung mit Beschwerde in Strafsachen anfechten (E. 2). Entsprechend steht ihr auch der Rechtsmittelweg im Kanton offen (E. 4). Das Gericht hat über die Entschädigung des amtlichen Verteidigers im Sachurteil zu befinden. Die Staatsanwaltschaft und die anderen Parteien, die für die Kosten der amtlichen Verteidigung aufzukommen haben, müssen die Reduktion der Entschädigung im Berufungsverfahren verlangen, während sich der amtliche Verteidiger gegen die Höhe der Entschädigung mit Beschwerde zur Wehr setzen muss (E. 5).

139 IV 290 (6B_419/2013) from 26. September 2013
Regeste: Art. 405 und 406 StPO; mündliches bzw. schriftliches Berufungsverfahren. Art. 406 StPO zählt abschliessend auf, in welchen Fällen das Berufungsgericht die Berufung im schriftlichen Verfahren behandeln kann. Sobald eine Sachverhaltsfrage zu beurteilen ist, muss eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden. Vorbehalten bleibt das Einverständnis der Parteien mit dem schriftlichen Verfahren (Art. 406 Abs. 2 StPO) (E. 1.1). Wenn das Berufungsgericht eine neue Beweiswürdigung vornehmen muss, beurteilt es Sachverhaltsfragen und kann die Berufung nicht im schriftlichen Verfahren nach Art. 406 Abs. 1 StPO behandeln (E. 1.3).

143 IV 40 (6B_654/2016) from 16. Dezember 2016
Regeste: a Art. 384 lit. a und Art. 396 Abs. 1 StPO; Fristbeginn der Beschwerde gegen ein Urteil. Die Frist für die Beschwerde gegen ein Urteil beginnt mit der Eröffnung des schriftlich begründeten Entscheids (E. 3.2-3.4).

143 IV 483 (6B_510/2016) from 13. Juli 2017
Regeste: Art. 405 und 406 StPO; Einverständnis der Parteien zum schriftlichen Berufungsverfahren; Form der Zustimmung; Präzisierung der Rechtsprechung. Art. 406 Abs. 2 StPO verlangt keine ausdrückliche Zustimmung der Parteien zum schriftlichen Verfahren. Das Einverständnis kann auch stillschweigend erfolgen. Lässt sich eine Partei im Nachgang zu einer Verfügung der Berufungsinstanz, wonach eine mündliche Verhandlung nur auf Wunsch der Parteien durchgeführt und das Ausbleiben einer Mitteilung als Zustimmung zum schriftlichen Verfahren interpretiert werde, vorbehaltlos auf das schriftliche Verfahren ein, so ist dies als Verzicht auf eine mündliche Verhandlung zu werten (E. 2).

147 IV 127 (6B_973/2019) from 28. Oktober 2020
Regeste: Art. 406 StPO; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Voraussetzungen für die Durchführung eines schriftlichen Berufungsverfahrens. Das Berufungsverfahren ist grundsätzlich mündlich. Es kann nur ausnahmsweise unter den engen Voraussetzungen von Art. 406 StPO schriftlich durchgeführt werden, deren Vorliegen von der Berufungsinstanz von Amtes wegen zu prüfen ist. Liegt ein Einverständnis der Parteien mit dem schriftlichen Verfahren vor, kann dieses die gesetzlichen Voraussetzungen von Art. 406 Abs. 2 StPO nicht ersetzen, sondern tritt zu diesen hinzu (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2.1 und 2.2). Die Voraussetzungen von Art. 406 Abs. 2 lit. a und b StPO müssen dabei kumulativ vorliegen (E. 2.2.2). Art. 406 StPO entbindet das Berufungsgericht nicht davon, im Einzelfall zu prüfen, ob der Verzicht auf die öffentliche Verhandlung mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar ist. Nach der Rechtsprechung des EGMR soll die angeklagte Person grundsätzlich erneut angehört werden, wenn in der Berufungsinstanz das erstinstanzliche Urteil aufgehoben wird und der Aufhebung eine andere Würdigung des Sachverhalts zugrunde liegt (E. 2.3). Vorliegend waren die Voraussetzungen für die Durchführung des schriftlichen Verfahrens nicht erfüllt. Da das Berufungsgericht die erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen verwerfen und die beschuldigte Person in Abänderung des angefochtenen Urteils schuldig sprechen wollte, konnte es den Sachverhalt nicht lediglich auf Grundlage der Akten feststellen. Es hätte die Beschuldigte zu einer mündlichen Berufungsverhandlung vorladen und ihr damit die Möglichkeit einräumen müssen, sich zu den Vorwürfen persönlich zu äussern und diejenigen Umstände vorzubringen, die der Klärung des Sachverhalts und ihrer Verteidigung dienen können. Die Anwesenheit der Beschuldigten erwies sich im Berufungsverfahren als erforderlich, so dass die Vorinstanz nicht auf ein mündliches Verfahren verzichten konnte (E. 3).

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