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Art. 236 Vorzeitiger Straf- und Massnahmenvollzug
1 Die Verfahrensleitung kann der beschuldigten Person bewilligen, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehende Massnahmen vorzeitig anzutreten, sofern der Stand des Verfahrens es erlaubt und sofern der Zweck der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft dem nicht entgegensteht.118 2 Ist bereits Anklage erhoben worden, so gibt die Verfahrensleitung der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme. 3 Bund und Kantone können vorsehen, dass der vorzeitige Massnahmenvollzug der Zustimmung der Vollzugsbehörden bedarf. 4 Mit dem Eintritt in die Vollzugsanstalt tritt die beschuldigte Person ihre Strafe oder Massnahme an; sie untersteht von diesem Zeitpunkt an dem Vollzugsregime.119 118 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 468; BBl 2019 6697). 119 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 468; BBl 2019 6697). BGE
149 I 366 (2C_523/2021) from 25. April 2023
Regeste: Art. 5 Ziff. 1 lit. e und Ziff. 5 EMRK; Art. 59 StGB; Art. 236 Abs. 4 StPO; Frage der Staatshaftung wegen Unterbringung eines Massnahmeunterworfenen in ungeeigneten Einrichtungen. Bestimmung der Dauer, während der der Beschwerdeführer in einer für den Vollzug der angeordneten Massnahme ungeeigneten Einrichtung untergebracht war; Mitberücksichtigung der Phase des vorzeitig angeordneten Massnahmenvollzugs (E. 7). Die resultierende Wartezeit bzw. Organisationshaft von rund 17 Monaten kann unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falls nicht mehr als vereinbar mit den konventionsrechtlichen Vorgaben betrachtet werden (E. 8).
150 I 50 (7B_471/2023) from 3. Januar 2024
Regeste: Art. 10 Abs. 2, Art. 13 und 36 BV, Art. 8 EMRK, Art. 236 StPO, Art. 74 und 84 StGB sowie Art. 82 des Reglements des Kantons Waadt über den Status verurteilter Personen, die sich im Straf- oder Massnahmenvollzug befinden (RSPC); Prüfung, ob die in Art. 82 Abs. 5 RSPC vorgesehenen Kriterien für Intimbesuche mit Konventions-, Verfassungs- und Bundesrecht vereinbar sind. Unter dem Blickwinkel von Art. 8 EMRK, Art. 13 BV und Art. 84 StGB sind "eheliche" oder intime Besuche in erster Linie den Angehörigen der inhaftierten Person vorbehalten (E. 3.2.1-3.2.5). Die Kantone sind dafür zuständig, das Besuchsrecht inhaftierter Personen zu regeln und festzulegen, welche Personen unter den Begriff der Angehörigen fallen. Im Kanton Waadt gibt Art. 82 Abs. 5 RSPC verurteilten Personen das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen Intimbesuche in Anspruch zu nehmen (E. 3.2.6). Im Lichte des durch Art. 8 EMRK, Art. 13 BV und Art. 84 StGB definierten Begriffs der Angehörigen sind die vom Waadtländer Recht vorgesehenen Voraussetzungen für Intimbesuche mit Konventions-, Verfassungs- und Bundesrecht vereinbar (E. 3.2.8). |