Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)


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Art. 69 Grundsätze

1 Die Ver­hand­lun­gen vor dem ers­tin­stanz­li­chen Ge­richt und dem Be­ru­fungs­ge­richt so­wie die münd­li­che Er­öff­nung von Ur­tei­len und Be­schlüs­sen die­ser Ge­rich­te sind mit Aus­nah­me der Be­ra­tung öf­fent­lich.

2 Ha­ben die Par­tei­en in die­sen Fäl­len auf ei­ne öf­fent­li­che Ur­teils­ver­kün­dung ver­zich­tet oder ist ein Straf­be­fehl er­gan­gen, so kön­nen in­ter­es­sier­te Per­so­nen in die Ur­tei­le und Straf­be­feh­le Ein­sicht neh­men.

3 Nicht öf­fent­lich sind:

a.
das Vor­ver­fah­ren; vor­be­hal­ten blei­ben Mit­tei­lun­gen der Straf­be­hör­den an die Öf­fent­lich­keit;
b.
das Ver­fah­ren des Zwangs­mass­nah­men­ge­richts;
c.
das Ver­fah­ren der Be­schwer­de­in­stanz und, so­weit es schrift­lich durch­ge­führt wird, des Be­ru­fungs­ge­richts;
d.
das Straf­be­fehls­ver­fah­ren.

4 Öf­fent­li­che Ver­hand­lun­gen sind all­ge­mein zu­gäng­lich, für Per­so­nen un­ter 16 Jah­ren je­doch nur mit Be­wil­li­gung der Ver­fah­rens­lei­tung.

BGE

147 I 463 (1C_33/2020) from 26. Mai 2021
Regeste: Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II; Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 99 Abs. 1 StPO und Art. 35 Abs. 2 lit. g des Einführungsgesetzes des Kantons St. Gallen vom 3. August 2010 zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung (EG-StPO/SG); Art. 13, 16 und 17 BV; Gesuch um Einsicht in die Akten eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens durch Medienschaffende. Das Prinzip der Justizöffentlichkeit und das gesetzliche Öffentlichkeitsrecht bilden keine Grundlage für die Gewährung von Einsicht in die Akten eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens (E. 3.1 und 3.2). Gemäss anwendbarem kantonalem Recht ist diese nur zu gewähren, wenn ein schützenswertes Interesse glaubhaft gemacht wird. Zudem dürfen der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen (E. 3.3). Das für die Akteneinsicht geforderte schutzwürdige Interesse ergibt sich nicht ohne Weiteres aus der Kontrollfunktion der Medien. Ob ein solches gegeben ist, wird vorliegend offengelassen, da der Einsichtnahme überwiegende private Interessen der Beschwerdegegner sowie öffentliche Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen (E. 5.3, 5.4 und 6).

147 IV 297 (6B_1295/2020) from 26. Mai 2021
Regeste: a Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 14 UNO Pakt II, Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 69 und 70 StPO; Grundsatz der Justizöffentlichkeit, teilweiser Ausschluss der Öffentlichkeit, Anwesenheit von Vertrauenspersonen. Der Entscheid über den teilweisen Ausschluss der Öffentlichkeit von einer Verhandlung ist ein verfahrensleitender Beschluss im Sinne von Art. 80 Abs. 3 StPO. Er ist nicht mit sofortiger Beschwerde sondern zusammen mit dem Endentscheid anzufechten (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 1.1). Es verstösst nicht gegen den Grundsatz der Justizöffentlichkeit, wenn die Allgemeinheit (wegen der Corona-Pandemie) teilweise ausgeschlossen, jedoch rund zwanzig Journalisten die Teilnahme an der Berufungsverhandlung gestattet und dadurch die öffentliche Berichterstattung gewährleistet wird (E. 1.2). Aus Art. 70 Abs. 2 StPO lässt sich nicht ableiten, dass der Beschuldigte unabhängig von den konkreten Umständen die Anwesenheit von Vertrauenspersonen verlangen kann, denn dieser Anspruch kann mit anderen Interessen in Konflikt geraten. Vorliegend ist die vorinstanzliche Abwägung dieser Interessen nicht zu beanstanden (E. 1.3).

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