Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)


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Art. 74 Orientierung der Öffentlichkeit

1 Die Staats­an­walt­schaft und die Ge­rich­te so­wie mit de­ren Ein­ver­ständ­nis die Po­li­zei kön­nen die Öf­fent­lich­keit über hän­gi­ge Ver­fah­ren ori­en­tie­ren, wenn dies er­for­der­lich ist:

a.
da­mit die Be­völ­ke­rung bei der Auf­klä­rung von Straf­ta­ten oder bei der Fahn­dung nach Ver­däch­ti­gen mit­wirkt;
b.
zur War­nung oder Be­ru­hi­gung der Be­völ­ke­rung;
c.
zur Rich­tig­stel­lung un­zu­tref­fen­der Mel­dun­gen oder Ge­rüch­te;
d.
we­gen der be­son­de­ren Be­deu­tung ei­nes Straf­fal­les.

2 Die Po­li­zei kann aus­ser­dem von sich aus die Öf­fent­lich­keit über Un­fäl­le und Straf­ta­ten oh­ne Nen­nung von Na­men ori­en­tie­ren.

3 Bei der Ori­en­tie­rung der Öf­fent­lich­keit sind der Grund­satz der Un­schulds­ver­mu­tung und die Per­sön­lich­keits­rech­te der Be­trof­fe­nen zu be­ach­ten.

4 In Fäl­len, in de­nen ein Op­fer be­tei­ligt ist, dür­fen Be­hör­den und Pri­va­te aus­ser­halb ei­nes öf­fent­li­chen Ge­richts­ver­fah­rens sei­ne Iden­ti­tät und In­for­ma­tio­nen, die sei­ne Iden­ti­fi­zie­rung er­lau­ben, nur ver­öf­fent­li­chen, wenn:

a.
ei­ne Mit­wir­kung der Be­völ­ke­rung bei der Auf­klä­rung von Ver­bre­chen oder bei der Fahn­dung nach Ver­däch­ti­gen not­wen­dig ist; oder
b.
das Op­fer be­zie­hungs­wei­se sei­ne hin­ter­blie­be­nen An­ge­hö­ri­gen der Ver­öf­fent­li­chung zu­stim­men.

BGE

147 I 463 (1C_33/2020) from 26. Mai 2021
Regeste: Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II; Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 99 Abs. 1 StPO und Art. 35 Abs. 2 lit. g des Einführungsgesetzes des Kantons St. Gallen vom 3. August 2010 zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung (EG-StPO/SG); Art. 13, 16 und 17 BV; Gesuch um Einsicht in die Akten eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens durch Medienschaffende. Das Prinzip der Justizöffentlichkeit und das gesetzliche Öffentlichkeitsrecht bilden keine Grundlage für die Gewährung von Einsicht in die Akten eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens (E. 3.1 und 3.2). Gemäss anwendbarem kantonalem Recht ist diese nur zu gewähren, wenn ein schützenswertes Interesse glaubhaft gemacht wird. Zudem dürfen der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen (E. 3.3). Das für die Akteneinsicht geforderte schutzwürdige Interesse ergibt sich nicht ohne Weiteres aus der Kontrollfunktion der Medien. Ob ein solches gegeben ist, wird vorliegend offengelassen, da der Einsichtnahme überwiegende private Interessen der Beschwerdegegner sowie öffentliche Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen (E. 5.3, 5.4 und 6).

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