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Art. 94 Wiederherstellung
1 Hat eine Partei eine Frist versäumt und würde ihr daraus ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, so kann sie die Wiederherstellung der Frist verlangen; dabei hat sie glaubhaft zu machen, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft. 2 Das Gesuch ist innert 30 Tagen nach Wegfall des Säumnisgrundes schriftlich und begründet bei der Behörde zu stellen, bei welcher die versäumte Verfahrenshandlung hätte vorgenommen werden sollen. Innert der gleichen Frist muss die versäumte Verfahrenshandlung nachgeholt werden. 3 Das Gesuch hat nur aufschiebende Wirkung, wenn die zuständige Behörde sie erteilt. 4 Über das Gesuch entscheidet die Strafbehörde in einem schriftlichen Verfahren. 5 Die Absätze 1–4 gelten sinngemäss bei versäumten Terminen. Wird die Wiederherstellung bewilligt, so setzt die Verfahrensleitung einen neuen Termin fest. Die Bestimmungen über das Abwesenheitsverfahren bleiben vorbehalten. BGE
149 IV 97 (6B_1079/2021) from 22. November 2021
Regeste: Art. 100 und 50 BGG; Art. 130 StPO; Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. c EMRK; verspätete Beschwerde ans Bundesgericht; Wiederherstellung der Beschwerdefrist; notwendige Verteidigung; Recht auf ein faires Verfahren und eine effektive Verteidigung. Die 30-tägige Frist zur Einreichung einer Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht (Art. 100 Abs. 1 BGG) wurde vorliegend nicht eingehalten (E. 1). Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das öffentliche Interesse an einer geordneten Rechtspflege sowie an der Rechtssicherheit rechtfertigen eine strikte Anwendung der Bestimmungen über die Fristen. Beim Entscheid über die Frage nach der Fristwiederherstellung (Art. 50 BGG) hat sich eine Partei Fehler ihres Vertreters anrechnen zu lassen (E. 2.1). Das BGG kennt kein Erfordernis einer notwendigen Verteidigung im Sinne der Art. 130 f. StPO, weshalb die aus dem publizierten Urteil BGE 143 I 284 abgeleiteten Grundsätze nicht analog auf die Beschwerde in Strafsachen vor Bundesgericht anwendbar sind (E. 2.3). Gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) verfolgen die Ansetzung einer Beschwerdefrist (Art. 100 BGG) sowie die Bedingungen für deren Wiederherstellung (Art. 50 BGG) ein legitimes Ziel. Die dem Beschwerdeführer auferlegte Beschränkung des Zugangs zum Bundesgericht erweist sich mit Blick auf den Zweck, der mit den einschlägigen Bestimmungen über die Einhaltung der Beschwerdefrist verfolgt wird, als verhältnismässig. Angesichts der Besonderheiten der Beschwerde in Strafsachen vor Bundesgericht erlaubt der konventionsrechtliche Anspruch auf eine effektive Verteidigung (Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK) keine Lockerung der sich aus Art. 100 und Art. 50 BGG ergebenden Anforderungen (E. 2.4 und 2.5).
149 IV 196 (6B_16/2022) from 26. Januar 2023
Regeste: Art. 94 und 130 StPO; Wiederherstellung einer aufgrund eines schwerwiegenden Fehlers des Anwalts versäumten Frist, wenn keine notwendige Verteidigung vorliegt. Die notwendige Verteidigung ist eine conditio sine qua non für die Ausnahme der Zurechnung eines schwerwiegenden Fehlers des Anwalts an seinen Mandanten. Liegt kein Fall notwendiger Verteidigung vor, kommt eine ausnahmsweise Wiederherstellung der Einsprachefrist nicht in Betracht (E. 1). |