Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)


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Art. 184 Ernennung und Auftrag

1 Die Ver­fah­rens­lei­tung er­nennt die sach­ver­stän­di­ge Per­son.

2 Sie er­teilt ihr einen schrift­li­chen Auf­trag; die­ser ent­hält:

a.
die Be­zeich­nung der sach­ver­stän­di­gen Per­son;
b.
al­len­falls den Ver­merk, dass die sach­ver­stän­di­ge Per­son für die Aus­ar­bei­tung des Gut­ach­tens wei­te­re Per­so­nen un­ter ih­rer Ver­ant­wor­tung ein­set­zen kann;
c.
die prä­zis for­mu­lier­ten Fra­gen;
d.
die Frist zur Er­stat­tung des Gut­ach­tens;
e.
den Hin­weis auf die Ge­heim­hal­tungs­pflicht der sach­ver­stän­di­gen Per­son und ih­rer all­fäl­li­gen Hilfs­per­so­nen;
f.
den Hin­weis auf die Straf­fol­gen ei­nes falschen Gut­ach­tens nach Ar­ti­kel 307 StGB104.

3 Die Ver­fah­rens­lei­tung gibt den Par­tei­en vor­gän­gig Ge­le­gen­heit, sich zur sach­ver­stän­di­gen Per­son und zu den Fra­gen zu äus­sern und da­zu ei­ge­ne An­trä­ge zu stel­len. Sie kann bei La­bor­un­ter­su­chun­gen da­von ab­se­hen, na­ment­lich wenn es um die Be­stim­mung der Blut­al­ko­hol­kon­zen­tra­ti­on oder des Rein­heits­gra­des von Stof­fen, den Nach­weis von Be­täu­bungs­mit­teln im Blut oder die Er­stel­lung ei­nes DNA-Pro­fils geht.

4 Sie über­gibt der sach­ver­stän­di­gen Per­son zu­sam­men mit dem Auf­trag die zur Er­stel­lung des Gut­ach­tens not­wen­di­gen Ak­ten und Ge­gen­stän­de.

5 Sie kann einen Auf­trag je­der­zeit wi­der­ru­fen und neue Sach­ver­stän­di­ge er­nen­nen, wenn es im In­ter­es­se der Strafsa­che liegt.

6 Sie kann vor der Er­tei­lung des Auf­trags einen Kos­ten­vor­an­schlag ver­lan­gen.

7 Be­an­tragt die Pri­vat­klä­ger­schaft ein Gut­ach­ten, so kann die Ver­fah­rens­lei­tung die Er­tei­lung des Auf­tra­ges von der Leis­tung ei­nes Kos­ten­vor­schus­ses durch die Pri­vat­klä­ger­schaft ab­hän­gig ma­chen.

BGE

148 IV 22 (6B_1320/2020) from 12. Januar 2022
Regeste: Art. 184 Abs. 3 StPO; Gehörsanspruch betreffend sachverständige Person und Gutachterfragen; Verzicht. Der aus Art. 184 Abs. 3 Satz 1 StPO fliessende Anspruch, sich zur sachverständigen Person und zu den Gutachterfragen zu äussern, besteht auch bei der Ernennung amtlicher Sachverständiger i.S.v. Art. 183 Abs. 2 StPO (E. 5.4). Art. 184 Abs. 3 Satz 1 StPO konkretisiert den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör. Eine Verletzung dieses Anspruchs kann durch die nachträgliche Gewährung von Akteneinsicht in den Gutachterauftrag und das Gutachten geheilt werden. Bringt die beschuldigte Person nach Einsicht in den Gutachterauftrag und das Gutachten keine Ausstandsgründe oder Anmerkungen zu den Gutachterfragen resp. Ergänzungsfragen vor, ist von einem Verzicht auf eine Stellungnahme zur sachverständigen Person und den Gutachterfragen auszugehen (E. 5.5.2).

149 IV 205 (1B_162/2022) from 17. Februar 2023
Regeste: Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; Art. 182 ff., Art. 393 Abs. 1 lit. a und Art. 394 lit. b StPO; Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 BV; Ablehnung eines Beweisantrags der beschuldigten Person durch die Staatsanwaltschaft; nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil. Der in Art. 394 lit. b StPO genannte Rechtsnachteil ist gleichbedeutend mit dem nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Die Ablehnung eines Beweisantrags durch die Staatsanwaltschaft kann einen solchen Rechtsnachteil verursachen, wenn eine konkrete Gefahr der Zerstörung oder des Verlusts des betroffenen rechtserheblichen Beweismittels besteht (E. 3.3). Gefahr des Beweisverlusts bei abgelehntem Antrag auf erneute forensisch-psychiatrische Begutachtung der beschuldigten Person im hier beurteilten Fall verneint (E. 3.4 und 3.5).

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