Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)


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Art. 255 Voraussetzungen im Allgemeinen

1 Zur Auf­klä­rung des Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens, das Ge­gen­stand des Ver­fah­rens bil­det, kann ei­ne Pro­be ge­nom­men und ein DNA‑Pro­fil er­stellt wer­den von:127

a.
der be­schul­dig­ten Per­son;
b.
an­de­ren Per­so­nen, ins­be­son­de­re Op­fern oder Ta­tort­be­rech­tig­ten, so­weit es not­wen­dig ist, um von ih­nen stam­men­des bio­lo­gi­sches Ma­te­ri­al von je­nem der be­schul­dig­ten Per­son zu un­ter­schei­den;
c.
to­ten Per­so­nen;
d.
ta­tre­le­van­tem bio­lo­gi­schem Ma­te­ri­al.

1bis Von der be­schul­dig­ten Per­son kann auch ei­ne Pro­be ge­nom­men und ein DNA‑Pro­fil er­stellt wer­den, wenn auf­grund kon­kre­ter An­halts­punk­te an­zu­neh­men ist, sie könn­te wei­te­re Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­gan­gen ha­ben.128

2 Die Po­li­zei kann an­ord­nen:

a.
die nicht in­va­si­ve Pro­be­nah­me bei Per­so­nen;
b.
die Er­stel­lung ei­nes DNA-Pro­fils von ta­tre­le­van­tem bio­lo­gi­schem Ma­te­ri­al.

3 Kann aus ta­tre­le­van­tem bio­lo­gi­schem Ma­te­ri­al le­dig­lich das Y-DNA-Pro­fil er­stellt wer­den, so kann die Staats­an­walt­schaft zur Auf­klä­rung ei­nes Ver­bre­chens des­sen Ab­gleich im In­for­ma­ti­ons­sys­tem nach Ar­ti­kel 10 des DNA-Pro­fil-Ge­set­zes vom 20. Ju­ni 2003129 an­ord­nen.130

127 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 17. Ju­ni 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 468; BBl 2019 6697).

128 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 17. Ju­ni 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 468; BBl 2019 6697).

129 SR 363

130 Ein­ge­fügt durch An­hang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).

BGE

147 I 372 (1B_285/2020) from 22. April 2021
Regeste: Art. 8 EMRK; Art. 10 Abs. 2, Art. 13 Abs. 2, Art. 16, Art. 22, Art. 36 BV; Art. 197 Abs. 1, Art. 255 Abs. 1 lit. a, Art. 260 StPO; Beschränkung von Grundrechten durch ein DNA-Profil und eine erkennungsdienstliche Erfassung bei der Teilnahme an einer friedlichen Kundgebung. Kritik an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach ein DNA-Profil nur einen leichten Eingriff in die körperliche Integrität und den Schutz der Privatsphäre darstellt (E. 2.3). Die Aufklärung der Anlasstat erfordert weder ein DNA-Profil noch eine erkennungsdienstliche Erfassung (E. 3). Mit Blick auf allfällige weitere Straftaten ist fraglich, ob ein hinreichend schweres Delikt vorliegt (E. 4.3.1). Jedenfalls fehlt es an erheblichen und konkreten Anhaltspunkten, dass der Beschuldigte in weitere Delikte verwickelt sein könnte (E. 4.3.2-4.3.4). Eine friedliche Protestaktion steht unter dem Schutz der Versammlungs- und der Meinungsäusserungsfreiheit; das DNA-Profil und die erkennungsdienstliche Erfassung erweisen sich als unverhältnismässig (E. 4.4 und 4.5).

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