Bundesgesetz
über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte
(Urheberrechtsgesetz, URG)

vom 9. Oktober 1992 (Stand am 1. Juli 2023)


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Art. 12 Erschöpfungsgrundsatz

1 Hat ein Ur­he­ber oder ei­ne Ur­he­be­rin ein Wer­kexem­plar ver­äus­sert oder der Ver­äus­se­rung zu­ge­stimmt, so darf die­ses wei­ter­ver­äus­sert oder sonst wie ver­brei­tet wer­den.

1bis Ex­em­pla­re von au­dio­vi­su­el­len Wer­ken dür­fen so lan­ge nicht wei­ter­ver­äus­sert oder ver­mie­tet wer­den, als der Ur­he­ber oder die Ur­he­be­rin da­durch in der Aus­übung des Auf­füh­rungs­rechts (Art. 10 Abs. 2 Bst. c) be­ein­träch­tigt wird.7

2 Hat ein Ur­he­ber oder ei­ne Ur­he­be­rin ein Com­pu­ter­pro­gramm ver­äus­sert oder der Ver­äus­se­rung zu­ge­stimmt, so darf die­ses ge­braucht oder wei­ter­ver­äus­sert wer­den.

3 Aus­ge­führ­te Wer­ke der Bau­kunst dür­fen vom Ei­gen­tü­mer oder von der Ei­gen­tü­me­rin ge­än­dert wer­den; vor­be­hal­ten bleibt Ar­ti­kel 11 Ab­satz 2.

7 Ein­ge­fügt durch Art. 36 Ziff. 3 des Film­ge­set­zes vom 14. Dez. 2001 (AS 2002 1904; BBl 2000 5429). Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 20. Ju­ni 2003, in Kraft seit 1. April 2004 (AS 2004 1385; BBl 2002 20225506).

Court decisions

87 II 320 () from Dec. 19, 1961
Regeste: Aufführungsrecht an Schallplatten, Art. 12 Ziff. 3 URG. Dem Schallplattenfabrikanten steht kein ausschliessliches Recht zur öffentlichen Aufführung der von ihm hergestellten Schallplatten zu. Der dem Schallplattenfabrikanten durch Art. 4 Abs. 2 URG gewährte Schutz ist nicht urheberrechtlicher, sondern wettbewerbsrechtlicher Art (Erw. 1, 2). Ablehnung einer grammatikalischen Auslegung des Art. 4 Abs. 2 URG (Erw. 3). Einfluss der Aufhebung des Art. 21 URG durch die Revision von 1955 (Erw. 4). Der Schallplattenfabrikant schafft kein Kunstwerk i.S. des Urheberrechts (Erw. 5). Das Wettbewerbsrecht verschafft dem Schallplattenfabrikanten kein ausschliessliches Aufführungsrecht (Erw. 6, 7). Einfluss des BG vom 25. September 1940 betr. die Verwertung von Urheberrechten (Erw. 8). Rechtssicherheit und Billigkeit erfordern kein Aufführungsrecht des Schallplattenfabrikanten (Erw. 9).

88 IV 123 () from Oct. 26, 1962
Regeste: Art. 1 Abs. 2, Art. 42 Ziff. 1 lit. a und b URG. 1. Das Urheberrecht an einem Lehrbuch ist auch verletzt, wenn das Werk in seinen charakteristischen Grundzügen, namentlich hinsichtlich Planung, Auswahl und Erfassen des Stoffes oder Anordnung und Gliederung desselben, übernommen wird (Erw. 1). 2. An Übungen und Anleitungen eines Lehrbuches für Maschinenschreiben besteht Urheberrecht, wenn sie originelles Ergebnis geistigen Schaffens sind (Erw. 2). 3. Zum Verhältnis von Art. 42 Ziff. 1 lit. a zu 43 Ziff. 2 URG (Erw. 3). 4. Mit Werk im Sinne des Art. 42 Ziff. 1 lit. b URG ist nicht das wiedergebende, sondern das wiedergegebene gemeint (Erw. 4).

96 II 409 () from Nov. 3, 1970
Regeste: Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst (BUe). 1. Art. 6 Abs. 2 und 3 URG, Art. 4 BUe. Schutz von Urheberrechten an einem erstmals im Ausland herausgegebenen Chaplin-Film, der von einem Dritten eigenmächtig wiedergegeben und zum Teil bearbeitet wird. Rechtsgrundlage. Begriff der Veröffentlichung. Gleichzeitige Veröffentlichung des Filmwerkes in einem verbandsfremden und in einem Verbandslande (Erw. I 1-4). 2. Art. 13 URG, Art. 2 Abs. 1 und 2 BUe. Das Originalwerk und seine Bearbeitung durch den Urheber geniessen den gleichen Schutz (Erw. I 5). 3. Art. 28 ZGB, Art. 6bis BUe. Schutz des Urhebers in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk (Erw. I 6). 4. Art. 54 Abs. 1 URG. Wann ist die Vernichtung eines widerrechtlich hergestellten Filmes gerechtfertigt (Erw. II)?

107 II 57 () from Jan. 20, 1981
Regeste: Art. 12 Abs. 1 Ziff. 5 und 6 sowie Abs. 2 URG. Kabelfernsehen. 1. Legitimation der Parteien. Zulässigkeit von Feststellungsklagen (E. 1). 2. Art. 11bis Abs. 1 Ziff. 1 und 2 Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst: Anwendung des Abkommens auf ein schweizerisches Kabelunternehmen (E. 2); Auslegung seiner Bestimmungen nach der Entstehungsgeschichte, nach ausländischer Rechtsprechung und nach international anerkannten Kriterien (E. 3). Ihre Bedeutung für das Landesrecht (E. 4). 3. Der Anspruch des Urhebers gemäss Art. 12 Ziff. 6 URG setzt voraus, dass eine öffentliche Mitteilung vorliegt (E. 5) und diese von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen vorgenommen wird (E. 6). Ein selbständiges Kabelunternehmen erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es ein gesendetes Werk über seine Anlagen an 60'000 Abonnenten weiterverbreitet (E. 6d). 4. Eine gesonderte Vergütung ist gerechtfertigt, wenn zwei urheberrechtlich relevante Leistungen vorliegen (E. 7); sie lässt sich selbst dann nicht als missbräuchlich ausgeben, wenn Abonnenten sich wegen eines kommunalen Antennenverbotes für das Kabelfernsehen entscheiden (E. 8). Das gilt auch für ausländische Sendungen (E. 9). 5. Möglichkeiten für die Beteiligten und den Gesetzgeber, praktikable Lösungen zu finden und einer Gefährdung von Urheberrechten durch Auswüchse der Technik vorzubeugen (E. 10).

107 II 82 () from Jan. 20, 1981
Regeste: Verletzung von Urheberrechten durch unbefugte Verbreitung ausländischer Sendungen; Unterlassungsklage. 1. Zuständigkeit des Bundesgerichts (E. 1). Passivlegitimation eines schweizerischen Kabelunternehmens und der PTT; Zulässigkeit einer Unterlassungsklage (E. 2). 2. Aktivlegitimation des ausländischen Sendeunternehmens, dessen Programme sich weder als Sammelwerke im Sinne von Art. 3 URG ausgeben, noch auf ein selbständiges Urheberrecht stützen lassen (E. 3a); Berufung auf allgemeine Rechtsnormen (E. 3b)? 3. Unterlassungsanspruch des Sendeunternehmens gestützt auf Abtretung von Urheberrechten; Konkretisierung des Anspruches nach geschützten und freien Programmteilen (E. 4)? 4. Anwendung von Art. 12 Ziff. 6 URG und Art. 11bis Ziff. 2 RBUe auf ein Kabelunternehmen, das mit Hilfe der PTT ausländische Sendungen über seine Anlagen weiterverbreitet; solidarische Haftung der PTT (E. 5 und 9a-b). Klage mit missbräuchlichem Zweck (E. 9c)? Androhung von Strafe bei Widerhandlung (E. 10)?

108 II 475 () from Dec. 21, 1982
Regeste: Reprographierechte an literarischen Werken. 1. Feststellungsklage: Aktivlegitimation einer Genossenschaft, der die Reprographierechte abgetreten werden; massgebender Zeitpunkt (E. 1). 2. Art. 25 Abs. 2 URG gilt nur zugunsten der Presse. Ein Unternehmen, das für die betriebsinterne Information Zeitungsartikel vervielfältigen lässt, kann sich nicht auf diese Ausnahmebestimmung berufen (E. 2). 3. Art. 22 URG. Wann ist nach einer zeitgemässen Auslegung dieser Bestimmung eine Wiedergabe zu eigenem, privatem Gebrauch ohne Gewinnzweck anzunehmen? Umstände, unter denen offensichtlich eine Wiedergabe mit Gewinnzweck vorliegt (E. 3). 4. Notwendigkeit und Möglichkeiten einer gesetzgeberischen Lösung (E. 4).

110 II 61 () from March 20, 1984
Regeste: Art. 12 Abs. 1 Ziff. 5 und 6 URG. Kabelfernsehen. 1. Überprüfung von BGE 107 II 57 ff. im Lichte der seitherigen Entwicklung auf internationaler Ebene; Bestätigung der Grundsätze (E. 3 und 4). 2. Mit dem Erfordernis, dass die Weiterleitung "von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen" besorgt wird, ist nicht eine Weitersendung durch eine bestimmte Organisationsform, sondern durch eine selbständige Trägerschaft gemeint (E. 5). 3. Der Begriff der öffentlichen Mitteilung lässt sich nicht durch eine Mindestzahl von Anschlüssen innerhalb eines Konzessionsgebietes oder Netzes umschreiben; er ist durch ein räumliches Kriterium vom urheberrechtlich freien Privatempfang abzugrenzen (E. 6). 4. Einwände aus Besonderheiten, die sich für bestimmte Gemeinschaftsantennen-Anlagen aus der natürlichen Empfangszone, aus einer angeblichen Doppelzahlung und aus kommunalen Antennenverboten ergeben sollen; Bestätigung der Rechtsprechung (E. 7).

119 II 51 () from Feb. 8, 1993
Regeste: Satellitenrundfunk und Urheberrecht (Art. 12 Abs. 1 Ziff. 6 und Abs. 2 URG; Art. 11bis Abs. 1 Ziff. 1 und Ziff. 2 RBÜ). 1. Unter den begriff der Rundfunksendung im Sinne von Art. 12 Abs. 2 URG fällt das über jede Art von Satellit vorgenommene Aussenden von Signalen, welche dem allgemeinen Publikum technisch sowie finanziell zugänglich und dazu bestimmt sind, von ihm direkt oder indirekt empfangen zu werden (E. 2). 2. Wird mittels eines Kabels in den Zimmern eines Hotels das durch eine Parabolantenne empfangene Programm einer ausländischen Fernsehstation verbreitet, liegt darin keine öffentliche Mitteilung eines durch Rundfunk gesendeten Werkes im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Ziff. 6 URG. Es handelt sich vielmehr um ein blosses Empfangen von Sendungen, das nicht von den Ausschliesslichkeitsrechten des Urhebers erfasst wird (E. 3).

120 II 65 () from March 15, 1994
Regeste: Urheberrecht an Werken der Baukunst. Urheberpersönlichkeitsrecht des Architekten. Entstellungsverbot (Art. 11 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 URG). Urheberpersönlichkeitsschutz des erstschaffenden Architekten hinsichtlich Nachbarbauten. Indirekte Beeinträchtigung eines Werkexemplars ohne Veränderung seiner ursprünglichen Fassung (E. 8a). Begriff der Entstellung (E. 8b).

124 III 321 () from July 20, 1998
Regeste: Art. 12 Abs. 1 URG. Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht. Parallelimporte urheberrechtlich geschützter Produkte. Nach dem neuen Urheberrechtsgesetz gilt weiterhin die internationale Erschöpfung. Parallelimporte urheberrechtlich geschützter Produkte, die mit Zustimmung des Urhebers im Ausland in Verkehr gesetzt worden sind, lassen sich mit den Mitteln des Urheberrechts nicht unterbinden (E. 1 und 2), und zwar auch dann nicht, wenn sich das der ausländischen Vertriebsfirma vertraglich eingeräumte Verbreitungsrecht nicht auf die Schweiz erstreckt (E. 3). Auch unter dem Blickwinkel des Wettbewerbsrechts sind Parallelimporte zulässig, es sei denn, dem Parallelimporteur werde eine Verleitung zum Vertragsbruch oder ein sonst wie gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten nachgewiesen (E. 4).

124 III 370 () from April 28, 1998
Regeste: Vermieten von Werkexemplaren - Vergütungsanspruch (Art. 13 Abs. 1 URG und Art. 3 URG). Die Verjährungsfrist für den Vergütungsanspruch beträgt fünf Jahre.

133 III 273 () from March 1, 2007
Regeste: Art. 12 Abs. 1bis aURG; Auslegung des Begriffs "audiovisuelles Werk". Als "audiovisuelle Werke" im Sinn von Art. 12 Abs. 1bis aURG gelten ausschliesslich die für die öffentliche Aufführung vorgesehenen Kinofilme; Video- und Computerspiele fallen nicht unter diesen Begriff (E. 3).

142 III 387 (4A_675/2015) from April 19, 2016
Regeste: Art. 2 Abs. 2 lit. e, 11 Abs. 2 und 12 Abs. 3 URG; Urheberrecht an Werken der Baukunst, Recht auf Werkintegrität. Schutz des Werks nach Art. 2 URG; Unterscheidung zwischen Tat- und Rechtsfrage (E. 3). Ob eine vom Eigentümer geplante Werkänderung den Kernbereich des Rechts des Architekten (Urheber) auf Werkintegrität verletzt, bestimmt sich ausschliesslich danach, ob der Architekt durch die Änderung in seiner Persönlichkeit verletzt wird (E. 4.1-4.3). Kriterien zur Feststellung einer solchen Persönlichkeitsverletzung und Rolle des gerichtlichen Gutachtens (E. 4.5 und 4.6). Anwendung dieser Grundsätze im konkreten Fall (E. 5).

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