Verordnung
zum Bundesgesetz über die Archivierung
(Archivierungsverordnung, VBGA)


Open article in different language:  FR  |  IT  |  EN
Art. 18 Bewilligung der Einsicht während der Schutzfristen

(Art. 9, 11, 12 und 13 BGA)

1 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de be­wil­ligt die Ein­sicht­nah­me wäh­rend der Schutz­frist, wenn die be­tref­fen­den Sach- oder Per­so­nen­un­ter­la­gen be­reits vor Ab­lauf der Schutz­frist der Öf­fent­lich­keit zu­gäng­lich wa­ren. Vor­be­hal­ten blei­ben neu auf­ge­tauch­te über­wie­gen­de schutz­wür­di­ge öf­fent­li­che oder pri­va­te In­ter­es­sen ge­gen die Ein­sicht­nah­me.

2 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de be­wil­ligt die Ein­sicht­nah­me wäh­rend der ver­län­ger­ten Schutz­frist nach Ar­ti­kel 11 Ab­sät­ze 1 und 2 des Ge­set­zes, wenn die Vor­aus­set­zun­gen nach Ar­ti­kel 16 Ab­satz 1 er­füllt sind.

3 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de kann auf An­trag des Bun­de­sar­chivs die Ein­sicht­nah­me wäh­rend der Schutz­frist be­wil­li­gen, wenn:

a.7
kei­ne ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten ent­ge­gen­ste­hen; und
b.
kei­ne über­wie­gen­den schutz­wür­di­gen öf­fent­li­chen oder pri­va­ten In­ter­es­sen ent­ge­gen­ste­hen; oder
c.
wenn es sich um ei­ne nicht-per­so­nen­be­zo­ge­ne Nach­for­schung nach Ar­ti­kel 11 Ab­satz 3 des Ge­set­zes han­delt.

4 Bei Per­so­nen der Zeit­ge­schich­te kön­nen hin­sicht­lich ih­rer Tä­tig­keit in der Öf­fent­lich­keit kei­ne über­wie­gen­den pri­va­ten In­ter­es­sen ent­ge­gen­ge­stellt wer­den.

BGE

148 II 273 (1C_117/2021) from 1. März 2022
Regeste: Art. 13 Abs. 1 BGA; Art. 18 Abs. 3 und 4 VBGA; Einsichtnahme in Archivgut vor Ablauf der Schutzfrist zu Forschungszwecken; Person der Zeitgeschichte; Interessenabwägung. Bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den Begriffen der absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte sowie zur "relativ bekannten" Persönlichkeit und Anwendung im Archivrecht (E. 5.1 und 5.5). Fehlende umfassende Interessenabwägung durch die Vorinstanz. Die Aufarbeitung der Geschichte ist als gewichtiges Interesse an der Einsichtnahme zu berücksichtigen; dieses wird zusätzlich durch die legitime Anrufung der Wissenschaftsfreiheit verstärkt (E. 6.5.2). Die entgegenstehenden privaten Interessen an der Geheimhaltung sind differenziert abzuklären: Einer "relativ bekannten" Persönlichkeit, die überdies viele der im Archivdossier enthaltenen Informationen bereits selbst an die Öffentlichkeit getragen hat, kommt ein weniger weit reichender Anspruch auf Privatsphäre zu (E. 6.5.3). Das Problem der Persönlichkeitsverletzung liegt vor allem bei der Veröffentlichung: Das Verhältnismässigkeitsprinzip gebietet allenfalls eine Einsichtnahme mit Auflagen betreffend die Veröffentlichung (E. 6.5.5).

Diese Seite ist durch reCAPTCHA geschützt und die Google Datenschutzrichtlinie und Nutzungsbedingungen gelten.

Feedback
Laden