Verkehrsregelnverordnung
(VRV)1

vom 13. November 1962 (Stand am 20. Mai 2021)

1Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Jan. 1989, in Kraft seit 1. Mai 1989 (AS 1989 410).


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Art. 14 Ausübung des Vortritts

(Art. 36 Abs. 2–4 SVG)

1 Wer zur Ge­wäh­rung des Vor­tritts ver­pflich­tet ist, darf den Vor­tritts­be­rech­tig­ten in sei­ner Fahrt nicht be­hin­dern. Er hat sei­ne Ge­schwin­dig­keit früh­zei­tig zu mäs­si­gen und, wenn er war­ten muss, vor Be­ginn der Ver­zwei­gung zu hal­ten.

2 Der Vor­tritts­be­rech­tig­te hat auf Stras­sen­be­nüt­zer Rück­sicht zu neh­men, wel­che die Stras­sen­ver­zwei­gun­gen er­reich­ten, be­vor sie ihn er­bli­cken konn­ten.

3 Dem vor­tritts­be­rech­tig­ten Ver­kehr in par­al­le­len Ko­lon­nen ist der Vor­tritt auch zu las­sen, wenn die nä­he­re Ko­lon­ne still­steht.

4 Rei­ter so­wie Füh­rer von Pfer­den und an­de­ren grös­se­ren Tie­ren sind den Fahr­zeug­füh­rern beim Vor­tritt gleich­ge­stellt.84

5 In nicht ge­re­gel­ten Fäl­len, zum Bei­spiel wenn auf ei­ner Ver­zwei­gung zu­gleich aus al­len Rich­tun­gen Fahr­zeu­ge ein­tref­fen, ha­ben die Füh­rer be­son­ders vor­sich­tig zu fah­ren und sich über den Vor­tritt zu ver­stän­di­gen.

84 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 20. Mai 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 2139).

BGE

91 IV 91 () from 28. Mai 1965
Regeste: Art. 36 Abs. 2 Satz 1 SVG, Art. 14 Abs. 1 VRV. 1. Vorsichtspflicht des vortrittsbelasteten Führers vor einer unübersichtlichen Verzweigung. Bedeutung des Umstandes, dass der Vortrittsberechtigte vorschriftswidrig fährt. Gleichzeitigkeit. Verhältnis zu Art. 26 Abs. 1 SVG. Gepflogenheiten Dritter. Unterschiedliche Verkehrsbedeutung der sich kreuzenden Strassen (Erw. 1). 2. Verhältnis zu Art. 32 Abs. 1 SVG. 1dealkonkurrenz ist auch innerhalb des Art. 90 Ziff. 1 SVG möglich. Strafzumessung (Erw. 2).

91 IV 144 () from 6. Oktober 1965
Regeste: 1. Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 StGB. Die Verfolgungsverjährung hört mit der Ausfällung eines vollstreckbaren kantonalen Urteils auf (Erw. 1). 2. Art. 36 SVG, Art. 1 Abs. 8 VRV. Vortrittsrecht an der Verzweigung von Strassen, von denen eine mit einem unbeschränkten oder beschränkten Fahrverbot belegt ist (Erw. 2 und 3).

92 IV 16 () from 21. Januar 1966
Regeste: 1. Art. 272 Abs. 6 BStP. Die Parteien haben nur Anspruch, die Akten bei den kantonalen Behörden einzusehen, nicht darauf, dass ihnen die Akten zugestellt werden (Erw. 1). 2. Art. 32 Abs. 1 SVG. Zulässige Geschwindigkeit; Bedeutung der Signale Nr. 115 und 225. Der Vortrittsberechtigte hat die Geschwindigkeit herabzusetzen, sobald damit zu rechnen ist, dass sich ein Wartepflichtiger unrichtig verhalten könnte (Erw. 2 und 3). 3. Art. 31 Abs. 1 SVG. Der Fahrzeugführer, der zu spät Massnamen ergreift, um die Gefahr eines Zusammenstosses abzuwenden, beherrscht sein Fahrzeug nicht (Erw. 2 und 3). 4. Art. 26 SVG. Diese Grundregel hat neben den besondern Verkehrsregeln der Art. 31 und 32 SVG subsidiäre Bedeutung.

92 IV 29 () from 22. April 1966
Regeste: Art. 39 SVG, Art. 28 VRV, Zeichengebung. Die Verkehrsteilnehmer dürfen sich auf das Zeichen, durch das ein Fahrzeugführer eine Richtungsänderung ankündigt, solange verlassen, als nicht nach den Umständen an der Zuverlässigkeit des Zeichens zu zweifeln ist.

92 IV 138 () from 5. Juli 1966
Regeste: Art. 26 und 36 Abs. 2 SVG. 1. Ausübung des Vortrittsrechtes, Verkehrssicherheit und Vertrauensgrundsatz (Erw. 1). 2. Die Pflicht des Berechtigten, auf den von links kommenden Verkehr Rücksicht zu nehmen, besteht nicht nur im Falle, den Art. 14 Abs. 2 VRV besonders hervorhebt, sondern immer dann, wenn Anzeichen dafür bestehen, dass das Vortrittsrecht missachtet wird (Erw. 2).

93 IV 32 () from 14. April 1967
Regeste: Art. 32 Abs. 1 und 36 Abs. 2 SVG; Geschwindigkeit und Vortrittsrecht. 1. Der Vortrittsberechtigte ist nicht verpflichtet, seine Geschwindigkeit zum vorneherein zugunsten Nichtberechtigter herabzusetzen (Erw. 1). 2. Bei verdeckter Sicht nach links darf und soll er den Vortritt im Vertrauen darauf ausüben können, dass der von links kommende Fahrer dem beschränkten Überblick Rechnung trage (Erw. 2). 3. Zur Verminderung einer an sich zulässigen Geschwindigkeit ist er erst gehalten, wenn bestimmte Anzeichen dafür bestehen, dass ihn ein Wartepflichtiger in seiner Fahrt behindern könnte (Erw. 3). 4. Pflichtgemässes Verhalten eines Fahrers an einer Kreuzung, vor der ihm bloss die Sicht in die linke Seitenstrasse verdeckt war (Erw. 4).

98 IV 113 () from 21. Januar 1972
Regeste: Art. 14 Abs. 1 VRV. 1. Der Vortrittsbelastete darf, wenn er an einer Kreuzung oder Strasseneinmündung warten muss, bis zur seitlichen Randlinie der dem korrekt fahrenden Vortrittsberechtigten zustehenden Fahrbahn heranfahren (Erw. 1 b). 2. Festlegung der Randlinie bei Kreuzungen und Einmündungen von Strassen gleichbleibender Breite ohne Trottoir (Erw. 1c), mit Trottoir (Erw. 2 b) und bei trichterförmigen Strasseneinmündungen (Erw. 1c und 2 a).

102 IV 259 () from 9. September 1976
Regeste: Art. 14 Abs. 1 VRV. Der Vortritt steht dem Berechtigten - unter Vorbehalt einer abweichenden Signalisation oder Markierung - auf der ganzen Schnittfläche der zusammentreffenden Strassen zu. Das gilt auch für mehrspurige Fahrbahnen.

108 IV 191 () from 9. Dezember 1982
Regeste: Art. 36 Abs. 3 SVG; Art. 14 Abs. 1 VRV; Art. 75 Abs. 1 SSV; Wartepflicht bei Haltelinien. Sind vor einer Lichtsignalanlage zwei Haltelinien markiert - die eine vor, die andere nach einer jener Anlage vorgelagerten Verzweigung -, so hat der Längsverkehr schon vor der ersten Haltelinie zu warten, bis das Signal die Durchfahrt erlaubt.

114 II 175 () from 9. Februar 1988
Regeste: Art. 8 Abs. 2 VRV: Fahren in parallelen Kolonnen; Art. 36 Abs. 1 SVG: Rechtseinspuren; Art. 26 Abs. 2 SVG: Grenzen des Vortrittsrechts. 1. Zulässigkeit des Rechtsfahrens oder -einspurens bei parallelen Kolonnen auf einer sechs Meter breiten Fahrbahnhälfte ohne markierte Fahrstreifen (E. 2). 2. Grenzen des Vortritts des rechts Fahrenden, wenn eine Fahrspur weder markiert noch klar ersichtlich ist (E. 3).

114 IV 146 () from 14. September 1988
Regeste: Art. 14 Abs. 1 VRV; Begriff der Behinderung. Eine Behinderung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 VRV ist zu bejahen, wenn der Berechtigte seine Fahrweise brüsk ändern muss, d.h. vor, auf oder kurz nach einer Verzweigung zu brüskem Bremsen, Beschleunigen oder Ausweichen gezwungen wird, gleichgültig ob es zu einem Zusammenstoss kommt oder nicht. Diese Einschränkung des Begriffs der Behinderung darf nicht zu einer Entwertung des Vortrittsrechts führen, weshalb eine erhebliche Behinderung nur ausnahmsweise zu verneinen ist (Bestätigung der Rechtsprechung). Die Erheblichkeit einer Behinderung hängt nicht davon ab, ob der Vortrittsberechtigte diese im voraus erwartet und sich darauf einstellt, dass sie sich verwirklichen könnte (Präzisierung der Rechtsprechung).

115 IV 139 () from 23. Mai 1989
Regeste: Art. 36 Abs. 2 SVG, Art. 14 Abs. 1 und 15 Abs. 2 VRV, neu Art. 24 Abs. 4 SSV; Vortrittsrecht im Kreisverkehr. Die Signale "Kein Vortritt" mit der Zusatztafel "Kreisvortritt" sowie "Kein Vortritt" mit dem neuen Zeichen "Kreisverkehr" bedeuten, dass Linksvortritt gilt.

116 IV 157 () from 26. März 1990
Regeste: Art. 36 Abs. 2 SVG, Art. 14 Abs. 1 VRV; Rechtsvortritt. Begriff der Strassenverzweigung. Massgebliche Verzweigungsfläche ist auch dann die ganze Schnittfläche der zusammentreffenden Strassen, wenn auf der vortrittsberechtigten Fahrbahn eine Sicherheitslinie angebracht ist; diese ist keine abweichende Markierung bzw. Signalisation, welche - wie etwa eine Wartelinie - den Beginn der Verzweigungsfläche zu verändern vermag.

117 IV 498 () from 22. November 1991
Regeste: Art. 36 Abs. 2 SVG, Art. 1 Abs. 8 Satz 2 VRV; Rechtsvortritt auf Strassenverzweigungen. Die Kreuzung, Gabelung oder Einmündung von Garage- und Parkplatzausfahrten usw. bilden im Verhältnis untereinander Verzweigungen, auf denen das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt hat (E. 3-5). Art. 36 Abs. 4 SVG; Vortrittsrecht. Der Rückwärtsfahrer ist auf Verzweigungen vortrittsbelastet; offengelassen, ob dies auch gegenüber Fahrzeugen gilt, die eine untergeordnete Verkehrsfläche befahren (E. 6).

118 IV 277 () from 1. September 1992
Regeste: Art. 26 Abs. 1 SVG, Art. 117 StGB; Vertrauensgrundsatz. Grundlage und Inhalt des Vertrauensgrundsatzes (E. 4a, E. 4b). Der Wartepflichtige, der nach links in eine Hauptstrasse einbiegen will, braucht nicht damit zu rechnen, dass ein Vortrittsberechtigter mit weit übersetzter Geschwindigkeit herannaht, auch wenn ganz erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen häufig sind. Auf Hauptstrassen ausserorts muss generell mit Geschwindigkeiten von über rund 90 km/h nicht gerechnet werden (E. 5a und E. 5b).

121 V 40 () from 9. Februar 1995
Regeste: Art. 7 Abs. 2 und Art. 37 Abs. 2 UVG, Art. 31 und 69 lit. f des Übereinkommens IAO Nr. 102, Art. 31 und 68 lit. f EOSS: Kürzung bei Unfall auf dem Arbeitsweg. Das Kürzungsverbot bei Grobfahrlässigkeit nach den angeführten internationalen Abkommen findet nur bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten Anwendung. Ob der Begriff "Arbeitsunfälle" auch Wegunfälle umfasst, beurteilt sich mangels einer Definition in den Abkommen nach innerstaatlichem Recht. Nach Art. 7 Abs. 2 UVG e contrario zählen die Wegunfälle in der Regel zu den Nichtberufsunfällen.

122 IV 133 () from 20. März 1996
Regeste: Art. 18 Abs. 3 und Art. 125 StGB; Art. 26 Abs. 1, 27 Abs. 1, 36 Abs. 2 und 47 Abs. 2 SVG; Art. 14, 15 Abs. 3 und 17 Abs. 1 VRV; fahrlässige Körperverletzung; Sorgfaltspflicht des Vortrittsbelasteten. Darstellung der Sorgfaltspflichten, die dem im Strassenverkehr vortrittsbelasteten Fahrzeugführer bei stark eingeschränkter Sicht obliegen; Hineintasten (E. 2).

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