Verkehrsregelnverordnung
(VRV)1

1Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Jan. 1989, in Kraft seit 1. Mai 1989 (AS 1989 410).


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Art. 36 Sonderregeln für Autobahnen und Autostrassen

(Art. 43 Abs. 3 SVG)

1 Auf Au­to­bah­nen und Au­to­stras­sen ist das Ab­bie­gen nur an den da­für ge­kenn­zeich­ne­ten Stel­len ge­stat­tet. Wen­den und Rück­wärts­fah­ren sind un­ter­sagt.

2 Mit­tel­strei­fen von Au­to­bah­nen dür­fen auch auf den vor­han­de­nen Durch­fahr­ten nicht über­quert wer­den.

3 Der Fahr­zeug­füh­rer darf Pan­nen­strei­fen und si­gna­li­sier­te Ab­stell­plät­ze für Pan­nen­fahr­zeu­ge nur für Nothal­te be­nüt­zen; sonst darf er nur auf si­gna­li­sier­ten Park­plät­zen hal­ten. Die Fahr­zeug­in­sas­sen dür­fen die Fahr­bahn nicht be­tre­ten.139

4 Be­nüt­zer der Au­to­bah­nen und Au­to­stras­sen ha­ben den Vor­tritt vor Fahr­zeu­gen auf den Zu­fahrts­stre­cken. Bei sto­cken­dem Ver­kehr ist Ar­ti­kel 8 Ab­satz 5 an­wend­bar.140

5 Das Rechts­über­ho­len durch Aus­schwen­ken und Wie­der­ein­bie­gen ist un­ter­sagt. Der Fahr­zeug­füh­rer darf je­doch mit der ge­bo­te­nen Vor­sicht in fol­gen­den Fäl­len rechts an an­dern Fahr­zeu­gen vor­bei­fah­ren:

a.
bei Ko­lon­nen­ver­kehr auf dem lin­ken oder mitt­le­ren Fahr­strei­fen;
b.
auf Ein­spur­stre­cken, so­fern für die ein­zel­nen Fahr­strei­fen un­ter­schied­li­che Fahr­zie­le si­gna­li­siert sind;
c.
so­fern der links lie­gen­de Fahr­strei­fen mit ei­ner Si­cher­heits­li­nie (6.01) oder bei Dop­pel­li­ni­en-Mar­kie­rung (6.04) mit ei­ner links­sei­tig an­ge­brach­ten Si­cher­heits­li­nie ab­ge­grenzt ist, bis zum En­de der ent­spre­chen­den Mar­kie­rung, ins­be­son­de­re auf dem Be­schleu­ni­gungs­strei­fen von Ein­fahr­ten;
d.
auf dem Ver­zö­ge­rungs­strei­fen von Aus­fahr­ten.141

6 Auf Au­to­bah­nen mit min­des­tens drei Fahr­strei­fen in der glei­chen Rich­tung darf der äus­sers­te Strei­fen links nur von Mo­tor­fahr­zeu­gen be­nützt wer­den, die ei­ne Ge­schwin­dig­keit von mehr als 100 km/h er­rei­chen dür­fen.142

7 Fah­ren auf Au­to­bah­nen und Au­to­stras­sen mit min­des­tens zwei Fahr­strei­fen in ei­ne Rich­tung die Fahr­zeu­ge mit Schritt­ge­schwin­dig­keit oder be­fin­den sie sich im Still­stand, so müs­sen die­se Fahr­zeu­ge für die Durch­fahrt von Po­li­zei-, Sa­ni­täts-, Feu­er­wehr-, Zoll- und Hilfs­fahr­zeu­gen zwi­schen dem äus­sers­ten lin­ken und dem un­mit­tel­bar rechts da­ne­ben­lie­gen­den Fahr­strei­fen ei­ne freie Gas­se bil­den.143

139Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 14. Nov. 1979, in Kraft seit 1. Jan. 1980 (AS 1979 1583).

140 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 20. Mai 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 2139).

141 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 20. Mai 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 2139).

142Ein­ge­fügt durch Ziff. I der V vom 22. Dez. 1976 (AS 1976 2810). Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 24. Ju­ni 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 2451).

143 Ein­ge­fügt durch Ziff. I der V vom 20. Mai 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 2139). Die Be­rich­ti­gung vom 9. Fe­br. 2021 be­trifft nur den fran­zö­si­schen Text (AS 2021 76).

BGE

148 IV 374 (6B_231/2022) from 1. Juni 2022
Regeste: Art. 2 Abs. 1 und 2 StGB; Art. 36 Abs. 5 lit. a VRV; Rückwirkung neuen Rechts; lex mitior; Ausnahme vom Verbot des Rechtsüberholens auf Autobahnen "beim Fahren in parallelen Kolonnen" (sog. Rechtsvorbeifahren). Ob das neue im Vergleich zum alten Recht milder ist, beurteilt sich nicht abstrakt, sondern in Bezug auf den konkreten Fall (E. 2.1). Das neue Recht lässt das sog. Rechtsvorbeifahren grosszügiger zu. Gestattet ist, rechts an anderen Fahrzeugen unter Wechsel des Fahrstreifens vorbeizufahren (sog. Vorfahren), wenn dies ohne Behinderung des übrigen Verkehrs möglich ist. Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen bleibt verboten. Zwar wurde die Möglichkeit geschaffen, ein solches Manöver mit Ordnungsbusse zu ahnden. Doch ist weiterhin eine Verurteilung wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln nach Art. 90 Abs. 2 SVG auszusprechen, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Wird mit dem Rechtsüberholen eine erhöhte abstrakte Gefährdung geschaffen, dann wird dies auch nach der Revision der Verkehrsregelnverordnung als gleich strafwürdig bewertet. Entsprechend besteht für die Anwendung des Grundsatzes der "lex mitior" kein Raum. Das neue Recht ist mithin nicht per se milder als das bisherige (E. 2.3 und 3.1).

149 II 96 (1C_626/2021) from 3. November 2022
Regeste: Art. 16 Abs. 2 SVG; Art. 2 Abs. 2 StGB ;titi; Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV; Warnungsentzug des Führerausweises wegen Rechtsüberholens auf der Autobahn; Grundsatz der lex mitior; Beurteilung als Ordnungswidrigkeit. Beim Entscheid über die Anwendbarkeit von Art. 16 Abs. 2 SVG auf ein noch unter dem alten Recht erfolgtes Rechtsüberholmanöver durch Aus- schwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn ist der Grundsatz der lex mitior zu beachten und das neue Recht zu berücksichtigen, wenn dieses eine Ahndung des betreffenden Überholmanövers im Ordnungsbussenverfahren vorsieht (E. 4). Gemäss dem seit Anfang 2021 geltenden Anhang 1 Ziff. 314.3 OBV ist Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen auf der Autobahn in gewissen, wenig gravierenden Fällen neu als Ordnungswidrigkeit zu beurteilen (E. 5.4). Die bisherige Praxis des Bundesgerichts (E. 5.3) ist entsprechend anzupassen (E. 5.5). Die neue Bestimmung ist jedoch eng auszulegen und zurückhaltend anzuwenden. Eine Bewertung und Ahndung als Ordnungswidrigkeit kommt nur ausnahmsweise in Betracht (E. 5.5.2). Vorliegend verletzt der verfügte Warnungsentzug mit Blick auf den neuen Ordnungsbussentatbestand Art. 16 Abs. 2 SVG (E. 5.6 und 5.7).

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