Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht

vom 22. März 1974 (Stand am 1. Januar 2020)


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Art. 50

IV. Durch­su­chung von Pa­pie­ren

 

1Pa­pie­re sind mit grös­ster Scho­nung der Pri­vat­ge­heim­nis­se zu durch­su­chen; ins­be­son­de­re sol­len Pa­pie­re nur dann durch­sucht wer­den, wenn an­zu­neh­men ist, dass sich Schrif­ten dar­un­ter be­fin­den, die für die Un­ter­su­chung von Be­deu­tung sind.

2Bei der Durch­su­chung sind das Amts­ge­heim­nis so­wie Ge­heim­nis­se, die Geist­li­chen, Rechts­an­wäl­ten, No­ta­ren, Ärz­ten, Apo­the­kern, Heb­am­men und ih­ren be­ruf­li­chen Ge­hil­fen in ih­rem Am­te oder Be­ruf an­ver­traut wur­den, zu wah­ren.

3Dem In­ha­ber der Pa­pie­re ist wenn im­mer mög­lich Ge­le­gen­heit zu ge­ben, sich vor der Durch­su­chung über ih­ren In­halt aus­zu­spre­chen. Er­hebt er ge­gen die Durch­su­chung Ein­spra­che, so wer­den die Pa­pie­re ver­sie­gelt und ver­wahrt, und es ent­schei­det die Be­schwer­de­kam­mer des Bun­dess­traf­ge­richts über die Zu­läs­sig­keit der Durch­su­chung (Art. 25 Abs. 1).

BGE

104 IV 125 () from 9. Mai 1978
Regeste: Art. 50 VStrR: 1. Abs. 3 dieser Bestimmung ermächtigt jede Person, die durch eine gemäss VStrR angeordnete Durchsuchung direkt betroffen wird, gegen diese Massnahme Einsprache zu erheben (E. 1). 2. Ein Bankier ist gehalten, vorbehaltlos auszusagen, soweit Gesetze des Bundes oder der Kantone eine Auskunftspflicht gegenüber den Behörden oder eine Zeugnispflicht festlegen. Die Bestimmungen des StG und des VStG, die den Banken ein ausgedehnteres Schweigerecht einräumen, welches gewissermassen einem Berufsgeheimnis gleichkommt und mit demjenigen der Anwälte, Notare usw. verglichen werden kann, gelten nur im Rahmen der von diesen Gesetzen vorgesehenen Kontrollverfahren, nicht aber im Rahmen von Strafverfahren (E. 3a). 3. Da das Bankgeheimnis ausserhalb von Strafverfahren gewahrt bleiben muss, ist die Durchsuchung bei einer Bank nur zulässig, wenn sie sich durch einen bestimmten und objektiv begründeten Verdacht rechtfertigt, wenn sie verhältnismässig ist und wenn der zu durchsuchende Gegenstand zur Genüge umschrieben ist. Ist die betroffene Bank nicht in das Strafverfahren verwickelt, so darf sich die Durchsuchung zudem nicht auf Tatsachen oder Hinweise stützen, die während eines Kontrollverfahrens entdeckt wurden, in dessen Rahmen das Bankgeheimnis garantiert ist (E. 3b). 4. Ist das Verwaltungsstrafverfahren aufgrund von Informationen, die nicht im Rahmen eines Kontrollverfahrens in Erfahrung gebracht wurden, einmal eröffnet, so kann das gesamte gesammelte Material gegen die Beschuldigten verwendet werden. Es darf dagegen keinesfalls gegen einen nicht in das Verfahren einbezogenen Dritten eingesetzt werden (E. 3c). Art. 26 VStrR: Die Anklagekammer ist nur für die Beurteilung von Beschwerden gegen Untersuchungshandlungen zuständig. Sie kann sich deshalb nicht mit einer Frage befassen, die, wie die Frage der Verjährung der Strafklage, Gegenstand gerichtlicher Beurteilung sein wird (E. 4). Art. 17 Abs. 1 OG: Die Anklagekammer ist eine der strafrechtlichen Abteilungen des Bundesgerichtes; ihre Beratungen und Abstimmungen sind deshalb nicht öffentlich (E. 5).

108 IV 75 () from 10. Mai 1982
Regeste: Art. 50 Abs. 1 VStrR. Durchsuchung von Papieren. Es ist unvermeidlich, dass diese Zwangsmassnahme auch Schriften betrifft, die für die Untersuchung bedeutungslos sind.

109 IV 153 () from 13. Dezember 1983
Regeste: Art. 26 Abs. 1, 50 Abs. 3 VStrR; Beschwerde gegen die Durchsuchung von Papieren. 1. Die durch Einsprache gegen die Durchsuchung von Papieren (Art. 50 Abs. 3 VStrR) erwirkte Versiegelung und Verwahrung derselben ist keine anfechtbare Zwangsmassnahme im Sinne von Art. 26 Abs. 1 VStrR. 2. Eine Beschwerde gemäss Art. 26 Abs. 1 VStrR ist zulässig, wenn die Verwaltung mit dem Gesuch um Entsiegelung und Durchsuchung ungebührlich lange zuwartet und dem Betroffenen dadurch ein Nachteil entsteht.

114 IB 357 () from 6. Dezember 1988
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Siegelungsverfahren, Art. 9 IRSG I.V.M. ART. 69 BSTP. Eine Versiegelung erfolgt, wenn vom Inhaber der zu beschlagnahmenden Akten bzw. im Falle einer juristischen Person von einem ihrer zuständigen Organe gegen die Durchsuchung Einsprache erhoben wird. Von dem bei der Durchsuchung anwesenden Inhaber der betreffenden Akten bzw. vom anwesenden zuständigen Organ der juristischen Person, die Inhaberin ist, ist zu erwarten, dass er bzw. es sich der Durchsuchung unmittelbar widersetzt, falls eine Versiegelung angeordnet werden soll. Erst nach geduldeter Durchsuchung und Beschlagnahme die Siegelung zu verlangen, widerspricht dem Zweck dieses Instituts bzw. vermag diesen gar nicht mehr zu ermöglichen (E. 4).

119 IB 12 () from 22. Januar 1993
Regeste: Art. 139 Abs. 2 BdBSt; Besondere Steuerkontrollorgane; Rechtliches Gehör im Untersuchungsverfahren. 1. Voraussetzungen, Zweck und Inhalt der Untersuchung (E. 2). 2. Umfang des Anspruches auf rechtliches Gehör im Untersuchungsverfahren der Besonderen Steuerkontrollorgane (E. 3 und 4). a) Der Umfang des sich aus Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. a EMRK ergebenden Anspruches des Beschuldigten auf Bekanntgabe der Anschuldigung bestimmt sich nach dem jeweiligen Stand der Untersuchung (E. 5). b) Weder aus Art. 4 BV noch aus Art. 6 EMRK ergibt sich ein Anspruch des Beschuldigten auf eine umfassende Akteneinsicht vor Abschluss der Untersuchung (E. 6). c) Die Akteneinsicht kann unter Berufung auf das Steuergeheimnis (Art. 71 BdBSt) verweigert werden (E. 7).

120 IV 60 () from 2. März 1994
Regeste: Art. 48 ff. VStrR; Art. 64 IRSG. Ordnet eine Bundesbehörde, die gestützt auf Art. 17 Abs. 4 IRSG durch das Bundesamt für Polizeiwesen mit der Durchführung des Rechtshilfeverfahrens betraut wurde, im Bereich der sog. "anderen" Rechtshilfe gestützt auf das Verwaltungsstrafrecht Zwangsmassnahmen an, so unterliegen diese - nicht aber die Frage der Zulässigkeit der Rechtshilfe - der Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts (E. 1).

130 IV 156 () from 7. September 2004
Regeste: Art. 33 Abs. 3 lit. a SGG, Art. 214 ff. BStP; Art. 26 ff. VStrR; Beschwerde gegen einen Versiegelungsentscheid des Beschwerdekammerpräsidenten; Verfahrensrecht, Parteistellung der Strafverfolgungsbehörde, Anfechtungsobjekt, Verfahrenskosten. Anwendbares Verfahrensrecht im Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer (E. 1). Parteistellung der Strafverfolgungsbehörde im Verwaltungsstrafverfahren (E.1.1). Die provisorische Versiegelung beschlagnahmter Dokumente durch den Beschwerdekammerpräsidenten ist weder ein "Entscheid der Beschwerdekammer" noch ein "Entscheid über eine Zwangsmassnahme" und unterliegt damit der Beschwerde nach Art. 33 Abs. 3 lit. a SGG ans Bundesgericht grundsätzlich nicht (E. 1.2). Für die Verlegung der Verfahrenskosten des Bundesgerichts im Beschwerdeverfahren nach Art. 33 Abs. 3 lit. a SGG gilt der generelle Verweis von Art. 245 BStP auf die Art. 146-161 OG (E. 2).

137 IV 145 (1B_417/2010) from 1. April 2011
Regeste: Art. 79 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 und 2 BGG; Art. 169 f. und Art. 191 Abs. 1 DBG; Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR; Art. 333 Abs. 1 StGB; Zulässigkeit von Einziehungsbeschlagnahmen im Rahmen von besonderen Fiskaluntersuchungen wegen des Verdachts von schweren Steuerwiderhandlungen. Anwendbarkeit des VStrR nach Inkrafttreten der Eidg. StPO; Übergangsrecht (E. 1.1). Beschwerdelegitimation der Eidg. Steuerverwaltung (E. 1.2). Massgebliches Fiskalstrafrecht; anwendbare Verfahrensvorschriften (E. 5). Dass die Fiskalbehörden im Rahmen eines allfälligen Hinterziehungs- bzw. Nachsteuerverfahrens auf verwaltungsrechtliche Instrumente der Steuersicherung zurückgreifen können, schliesst die vorsorgliche Anordnung von strafprozessualen Einziehungsbeschlagnahmen durch die Eidg. Steuerverwaltung im Verfahren der besonderen Fiskaluntersuchung nicht aus. Ebenso wenig ergibt sich in diesen Fällen aus Art. 333 Abs. 1 StGB ein Beschlagnahmehindernis (E. 6).

138 IV 40 (1C_365/2011, 1C_371/2011) from 6. Januar 2012
Regeste: Art. 9 Satz 2 und Art. 12 Abs. 1 IRSG, Art. 50 Abs. 3 VStrR, Art. 248 Abs. 3 StPO, Art. 33 lit. b und Art. 65 StBOG, Art. 30 Abs. 1 und Art. 164 Abs. 1 lit. f BV; Entsiegelungsgesuch der Oberzolldirektion im Rechtshilfeverfahren, Zuständigkeit zum Entscheid. Zum Entscheid über das Entsiegelungsgesuch der Oberzolldirektion ist die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zuständig (E. 2.2). Auswirkungen auf dessen Gerichtsorganisation (E. 2.3).

139 IV 128 (6B_307/2012) from 14. Februar 2013
Regeste: Polizeiliche Anhaltung; Durchsuchung von Aufzeichnungen; selbständiges polizeiliches Handeln, wenn Gefahr in Verzug ist; Verwertbarkeit; Zufallsfund; Art. 215, 241 Abs. 3, Art. 243 und 141 Abs. 3 StPO. Begriff und Ziel der polizeilichen Anhaltung (E. 1.2). Die Kontrolle eines I-Phones geht über den Zweck einer Anhaltung hinaus. Sie stellt eine Durchsuchung von Aufzeichnungen dar (E. 1.3). Für eine solche bedarf die Polizei grundsätzlich eines staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsbefehls, ausser wenn Gefahr in Verzug ist (E. 1.4 und 1.5). Das selbständige Handeln der Polizei ohne den Durchsuchungsbefehl führt vorliegend unter Berücksichtigung der konkreten Umstände nicht zu einem Verbot der Verwertung der erlangten Beweise (E. 1.6 und 1.7). Begriff des Zufallsfunds und Verneinung eines solchen, weil von Anfang an der Verdacht bestand, die angehaltene Person weile ohne gültige Papiere in der Schweiz und übe eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit aus (E. 2.1 und 2.2).

139 IV 246 (1B_637/2012) from 8. Mai 2013
Regeste: a Art. 67 Abs. 1 VStG; Art. 50 Abs. 3 VStrR; Art. 37 Abs. 2 lit. b StBOG; Art. 79 BGG; Entsiegelungsverfahren nach VStrR, Zuständigkeiten und Rechtsmittel. Auch nach Inkrafttreten der StPO und des StBOG am 1. Januar 2011 bleibt das VStrR auf Fälle der Bundesgerichtsbarkeit in Verwaltungsstrafsachen anwendbar. Im Gegensatz zur Regelung des Entsiegelungsverfahrens nach StPO entscheidet nach dem VStrR die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichtes (endgültig) über Entsiegelungsgesuche der untersuchenden Verwaltungsbehörde. Gegen den Entscheid der Beschwerdekammer ist die Zwangsmassnahmenbeschwerde (Art. 79 BGG) ans Bundesgericht zulässig (E. 1).

144 II 427 (2C_505/2017) from 21. November 2018
Regeste: Direkte Bundessteuer/Kantons- und Gemeindesteuern; Verfahrens- und Materiellrechtliches in Zusammenhang mit Aufrechnungen beim steuerbaren Einkommen. I. PROZESSUALES ASU-Untersuchungsverfahren gemäss Art. 190 ff. DBG und Art. 19-50 VStrR: Merkmale und Ablauf (E. 2.1 und 2.2); unvermeidliche, mit Art. 6 EMRK vereinbare Vermischung zwischen dem Straf- und dem Veranlagungsverfahren (E. 2.3). Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV): Akteneinsicht; Konfrontationseinvernahme; Fragen an Belastungszeugen; Beweisabnahme (E. 3). II. DIREKTE BUNDESSTEUER Geldwerte Leistung: Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung durch die Vorinstanz (E. 5); aufgerechnetes steuerbares Einkommen in Anwendung von Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG aufgrund des bloss treuhänderischen Erwerbs einer nur beschränkt werthaltigen Beteiligung (E. 6.1 und 6.2); vermeintliche Zinsen auf einem fiktiven Darlehen als geschäftsmässig nicht begründeter Aufwand (E. 6.3); keine Verrechnung mit einer behaupteten verdeckten Kapitaleinlage (E. 6.4); Ausmass des Abschreibungsbedarfs auf einem tatsächlich gewährten, aber nur teilweise werthaltigen Darlehen (E. 6.5). Realisationszeitpunkt von steuerbarem Einkommen gemäss der sog. Soll-Methode (E. 7). Als Einkommen steuerbarer Vermögenszufluss oder Darlehensrückzahlung? Beweislastverteilung (E. 8.2 und 8.3); Einkommensaufrechnung, wenn der steuermindernd geltend gemachten Rückerstattung von Drittkapital eine Fremdfinanzierung zugrunde liegen soll, die als unwahrscheinlich einzustufen ist und sich nach einer Verletzung der gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht belegen lässt (E. 8.4). III. KANTONS- UND GEMEINDESTEUERN Durch das kantonale Recht vorgesehene Verlängerung der absoluten Verjährungsfrist von 10 auf 15 Jahre: zulässige sog. uneigentliche Rückwirkung (E. 9.2.1); keine Einzelfallgesetzgebung (E. 9.2.2).

145 IV 273 (1B_71/2019) from 3. Juli 2019
Regeste: Art. 50 Abs. 2 VStrR, 321 Ziff. 1 StGB, 171 Abs. 1, 173 StPO, 730b Abs. 2 OR; Entsiegelung und Berufsgeheimnis des Revisors. Das Berufsgeheimnis des Revisors im Sinne von Art. 730b Abs. 2 OR kann einem Entsiegelungsgesuch nicht entgegengehalten werden (vgl. Art. 50 Abs. 2 VStrR, 321 Ziff. 1 StGB und, unter Bezugnahme auf Art. 41 Abs. 2 VStrR, 171 Abs. 1 und 173 Abs. 1 StPO). Der Revisor ist daher zur Aussage verpflichtet, es sei denn, er kann glaubhaft machen, dass das Geheimhaltungsinteresse das Interesse an der Wahrheitsfindung überwiegt (vgl. Art. 41 Abs. 2 VStrR i.V.m. Art. 173 Abs. 2 StPO; E. 3.1-3.4).

 

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