Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht

vom 22. März 1974 (Stand am 1. Januar 2020)


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Art. 6

III. Wi­der­hand­lun­gen in Ge­schäfts­be­trie­ben, durch Be­auf­trag­te u. dgl.

1. Re­gel

 

1Wird ei­ne Wi­der­hand­lung beim Be­sor­gen der An­ge­le­gen­hei­ten ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son, Kol­lek­tiv- oder Kom­man­dit­ge­sell­schaft, Ein­zel­fir­ma oder Per­so­nen­ge­samt­heit oh­ne Rechts­per­sön­lich­keit oder sonst in Aus­übung ge­schäft­li­cher oder dienst­li­cher Ver­rich­tun­gen für einen an­dern be­gan­gen, so sind die Straf­be­stim­mun­gen auf die­je­ni­gen na­tür­li­chen Per­so­nen an­wend­bar, wel­che die Tat ver­übt ha­ben.

2Der Ge­schäfts­herr, Ar­beit­ge­ber, Auf­trag­ge­ber oder Ver­tre­te­ne, der es vor­sätz­lich oder fahr­läs­sig in Ver­let­zung ei­ner Rechts­pflicht un­ter­lässt, ei­ne Wi­der­hand­lung des Un­ter­ge­be­nen, Be­auf­trag­ten oder Ver­tre­ters ab­zu­wen­den oder in ih­ren Wir­kun­gen auf­zu­he­ben, un­ter­steht den Straf­be­stim­mun­gen, die für den ent­spre­chend han­deln­den Tä­ter gel­ten.

3Ist der Ge­schäfts­herr, Ar­beit­ge­ber, Auf­trag­ge­ber oder Ver­tre­te­ne ei­ne ju­ris­ti­sche Per­son, Kol­lek­tiv- oder Kom­man­dit­ge­sell­schaft, Ein­zel­fir­ma oder Per­so­nen­ge­samt­heit oh­ne Rechts­per­sön­lich­keit, so wird Ab­satz 2 auf die schul­di­gen Or­ga­ne, Or­gan­mit­glie­der, ge­schäfts­füh­ren­den Ge­sell­schaf­ter, tat­säch­lich lei­ten­den Per­so­nen oder Li­qui­da­to­ren an­ge­wen­det.

BGE

101 III 43 () from 13. Januar 1975
Regeste: Ausseramtliche Konkursverwaltung (Art. 237 Abs. 2 SchKG). Als ausseramtliche Konkursverwaltung kann auch eine juristische Person gewählt werden.

105 IV 172 () from 31. Juli 1979
Regeste: Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Mitglieds des Verwaltungsrates einer AG für strafbare Handlungen Dritter im Geschäftsbetrieb. Einem Verwaltungsratsmitglied kommt nicht schon Kraft seiner gesellschaftsrechtlichen Funktion Garantenstellung zu; entscheidend ist vielmehr seine tatsächliche Position im Unternehmen. Der Garant ist als Vorsatztäter strafbar, wenn er die Tatbestandsverwirklichung erkennt oder als möglich voraussieht und sie dennoch nicht nach seinen Möglichkeiten in ihrer Wirkung aufhebt oder verhindert, weil er sie will oder zumindest in Kauf nimmt.

117 IV 203 () from 5. April 1991
Regeste: Art. 21 UWG, Art. 1 und Art. 2 AV. Bewilligungspflichtiger Sonderverkauf. 1. Eine Veranstaltung im Sinne von Art. 2 AV ist bewilligungspflichtig, wenn sie sich auf das gesamte Warensortiment des Veranstalters und damit auch auf der AV unterstellte Waren bezieht (E. 2a). 2. Vorübergehende Natur einer Veranstaltung, bei der gemäss öffentlicher Ankündigung 130'000 Gutscheine über Fr. 10.-- für ein -Preis-Abonnement der schweizerischen Transportunternehmungen beim Kauf von beliebigen Waren für mindestens Fr. 30.-- aus dem Sortiment des Veranstalters abgegeben werden (E. 2b/aa). Abgabe solcher Gutscheine als Zugabe (E. 2b/bb). 3. Der Vorsatz setzt voraus, dass der Täter weiss oder in Kauf nimmt, die öffentlich angekündigte Veranstaltung beziehe sich auch auf der AV unterstellte Waren (E. 3).

120 IV 78 () from 28. Januar 1994
Regeste: Art. 366 Abs. 2 lit. b StGB; Ermächtigung zur Strafverfolgung. Auch gegenüber Mitgliedern von Gemeindeexekutiven und auch bei Übertretungen (E. 1a)? Art. 268 BStP. Begriff des Einstellungsbeschlusses (E. 1b). Art. 270 Abs. 6 i.V.m. Art. 265 Abs. 1 BStP und Art. 3 Ziff. 13 der Mitteilungsverordnung. Legitimation des Bundesanwalts zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gegen Entscheide betreffend Widerhandlungen gegen das Umweltschutzgesetz (E. 1c). Art. 1 StGB; Art. 1, 7 11, 12 und 61 Abs. 1 lit. a USG; Art. 26a Abs. 1 der Luftreinhalte-Verordnung (LRV); Ziff. 71 und 72 des Anhangs 2 der LRV; Art. 3 Abs. 3 und 4 der Technischen Verordnung über Abfälle (TVA). Begriffe der Anlagen, Emissionen und Emissionsbegrenzungen. Das Verbrennen einer grösseren Menge Sperrgut auf einer - bewilligten oder sog. "wilden" - Deponie erfüllt den objektiven Tatbestand von Art. 61 Abs. 1 lit. a USG i.V.m Art. 12 Abs. 1 lit. c USG und Art. 26a Abs. 1 LRV (E. 2 u. 3). Die Abfallverbrennung im Freien ist jedenfalls dann nicht nach Art. 61 Abs. 1 lit. a USG strafbar, wenn es an einer Anlage im (allerdings weiten) Sinne von Art. 7 Abs. 7 USG fehlt (E. 4). Problematik der Gesetzestechnik in bezug auf die Strafbarkeit des Verbrennens von Abfällen im Freien (E. 5).

120 IV 365 () from 19. Dezember 1994
Regeste: Art. 6, 12 Abs. 3 und Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR; Art. 58 StGB. Beschlagnahme von Vermögenswerten beim solidarisch haftenden Täter. Verhältnis Beschlagnahme - Einziehung (E. 1). Unrechtmässiger Vermögensvorteil bei Steuerhinterziehung (E. 1d). Die verwaltungsstrafrechtliche Beschlagnahme von Vermögenswerten fällt unter den Vorbehalt von Art. 44 SchKG (E. 2). Einziehung eines unrechtmässigen Vermögensvorteils beim gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR für den hinterzogenen Steuerbetrag solidarisch Haftenden (E. 4).

142 IV 315 (6B_70/2016) from 2. Juni 2016
Regeste: a Art. 6 Abs. 2 VStrR; strafrechtliche Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn. Die Verletzung einer Rechtspflicht im Sinne von Art. 6 Abs. 2 VStrR setzt eine Garantenstellung voraus, d.h. eine bestimmte rechtliche Pflicht, das fragliche Verhalten durch Überwachung, Weisungen und falls notwendig Eingreifen zu verhindern. Da sich die Bestimmungen des Verwaltungsrechts in der Regel an den Geschäftsherrn richten, ist dieser rechtlich verpflichtet, deren Anwendung sicherzustellen bzw. deren Verletzung zu verhindern. Strafrechtliche Verantwortlichkeit vorliegend bejaht, da der Geschäftsherr es unterliess, Massnahmen zu ergreifen und seinen Angestellten angemessene Weisungen zu erteilen (E. 2).

 

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