Verordnung
über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit
(VZAE)

vom 24. Oktober 2007 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 77 Auflösung der Familiengemeinschaft

(Art. 44 und 50 Abs. 1 Bst. a und b AIG)

1 Nach Auf­lö­sung der Ehe oder der Fa­mi­li­en­ge­mein­schaft kann die im Rah­men des Fa­mi­li­ennach­zugs nach Ar­ti­kel 44 AIG er­teil­te Auf­ent­halts­be­wil­li­gung des Ehe­gat­ten und der Kin­der ver­län­gert wer­den, wenn:159

a.160
die Ehe­ge­mein­schaft min­des­tens drei Jah­re be­stan­den hat und die In­te­gra­ti­ons­kri­te­ri­en nach Ar­ti­kel 58a Ab­satz 1 AIG er­füllt sind; oder
b.
wich­ti­ge per­sön­li­che Grün­de einen wei­te­ren Auf­ent­halt in der Schweiz er­for­der­lich ma­chen.

2 Wich­ti­ge per­sön­li­che Grün­de nach Ab­satz 1 Buch­sta­be b kön­nen na­ment­lich vor­lie­gen, wenn die Ehe­gat­tin oder der Ehe­gat­te Op­fer ehe­li­cher Ge­walt wur­de oder die Ehe nicht aus frei­em Wil­len ge­schlos­sen hat oder wenn die so­zia­le Wie­der­ein­glie­de­rung im Her­kunfts­land stark ge­fähr­det er­scheint.161

3 Die Frist zur Er­tei­lung der Nie­der­las­sungs­be­wil­li­gung rich­tet sich nach Ar­ti­kel 34 AIG.

4 Für die Ver­län­ge­rung der Auf­ent­halts­be­wil­li­gung nach Ar­ti­kel 50 Ab­satz 1 Buch­sta­be a AIG und nach Ab­satz 1 Buch­sta­be a des vor­lie­gen­den Ar­ti­kels muss die Ge­such­stel­le­rin oder der Ge­such­stel­ler nach­wei­sen, dass sie oder er in der am Wohn­ort ge­spro­che­nen Lan­des­s­pra­che über münd­li­che Sprach­kom­pe­ten­zen min­des­tens auf dem Re­fe­renz­ni­veau A1 des Re­fe­renz­rah­mens ver­fügt.162

5 Wird das Vor­lie­gen ehe­li­cher Ge­walt nach Ab­satz 1 Buch­sta­be b so­wie Ar­ti­kel 50 Ab­satz 2 AIG gel­tend ge­macht, kön­nen die zu­stän­di­gen Be­hör­den ent­spre­chen­de Nach­wei­se ver­lan­gen.

6 Als Hin­wei­se für ehe­li­che Ge­walt gel­ten ins­be­son­de­re:

a.
Arzt­zeug­nis­se;
b.
Po­li­zei­rap­por­te;
c.
Straf­an­zei­gen;
d.163
Mass­nah­men im Sin­ne von Ar­ti­kel 28b ZGB164; oder
e.
ent­spre­chen­de straf­recht­li­che Ver­ur­tei­lun­gen.

6bis Bei der Prü­fung der wich­ti­gen per­sön­li­chen Grün­de nach Ab­satz 1 Buch­sta­be b so­wie Ar­ti­kel 50 Ab­satz 1 Buch­sta­be b AIG wer­den die Hin­wei­se und Aus­künf­te von spe­zia­li­sier­ten Fach­stel­len mit be­rück­sich­tigt.165

7 Die Be­stim­mun­gen in den Ab­sät­zen 1–6bis gel­ten für die ein­ge­tra­ge­ne Part­ner­schaft gleich­ge­schlecht­li­cher Paa­re sinn­ge­mä­ss.166

159 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 15. Aug. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3173).

160 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 15. Aug. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3173).

161 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 27. März 2013, in Kraft seit 1. Ju­li 2013 (AS 2013 1041).

162 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 15. Aug. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3173).

163 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 15. Aug. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3173).

164 SR 210

165 Ein­ge­fügt durch Ziff. I der V vom 23. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 5855).

166 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 23. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 5855).

BGE

137 II 1 (2C_411/2010) from 9. November 2010
Regeste: Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG; Art. 31 Abs. 1 VZAE; Art. 8 Abs. 1 BV; Art. 4 Anhang I FZA; Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70; Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 75/34/EWG; Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung nach dem Tode des Ehepartners; wichtige persönliche Gründe; Verbleiberecht. Der Tod des Ehepartners ist kein Grund, der zwingend zur Verlängerung der Bewilligung nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG führt. Vielmehr ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob ein Härtefall vorliegt, wobei die persönliche Situation des Betroffenen entscheidend ist und nicht das öffentliche Interesse an einer restriktiven Einwanderungspolitik. Im konkreten Fall hätte der ausländische Beschwerdeführer auch nach dem Freizügigkeitsabkommen (Art. 4 Anhang I FZA) kein eigenständiges Verbleiberecht erlangt, weil er seit mehreren Monaten von seinem verstorbenen Ehepartner getrennt gelebt hatte (E. 3 und 4).

141 II 169 (2C_146/2014) from 30. März 2015
Regeste: Aufsichtsfunktion des Staatssekretariats; Zustimmungsverfahren; Anforderungen an die Gesetzesdelegation; Beschwerderecht; Art. 99 AuG in Verbindung mit Art. 85 VZAE; Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Art. 89 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 111 Abs. 2 BGG. Die Übertragung der Zustimmungsbefugnis für die Erteilung oder Verlängerung einer ausländerrechtlichen Bewilligung an das Staatssekretariat durch den Bundesrat verletzt in den Fällen von Art. 85 Abs. 1 lit. a und b VZAE die Delegationsgrundsätze von Art. 99 AuG. Nach Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung in einem kantonalen Rechtsmittelverfahren kann das Staatssekretariat die Zustimmung gestützt auf die genannten Verordnungsbestimmungen nicht verweigern (E. 4.4); demgegenüber ist dies im Verfahren vor einer erstinstanzlichen Ausländerbehörde wie nach bisheriger Praxis möglich (E. 4.3). Konsequenzen für die Aufsichtstätigkeit des Staatssekretariats; Verhältnis zwischen Zustimmungsverfahren und Behördenbeschwerde (E. 4.4.3 und 4.4.4).

142 I 152 (2C_777/2015) from 26. Mai 2016
Regeste: CEDAW; Art. 3 und 8 EMRK; Art. 7, 10, 13 und 35 BV; Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG; Art. 77 VZAE. Fortbestehen des Anspruchs auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft im Falle von ehelicher Gewalt. Erforderliches Beweismass und Beweisanforderungen bei der Feststellung ehelicher Gewalt von hinreichender Intensität (E. 6.2).

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