Schweizerisches Zivilgesetzbuch

vom 10. Dezember 1907 (Stand am 1. Januar 2021)


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Art. 274

2. Schran­ken

 

1Der Va­ter und die Mut­ter ha­ben al­les zu un­ter­las­sen, was das Ver­hält­nis des Kin­des zum an­de­ren El­tern­teil be­ein­träch­tigt oder die Auf­ga­be der er­zie­hen­den Per­son er­schwert.2

2Wird das Wohl des Kin­des durch den per­sön­li­chen Ver­kehr ge­fähr­det, üben die El­tern ihn pflicht­wid­rig aus, ha­ben sie sich nicht ernst­haft um das Kind ge­küm­mert oder lie­gen an­de­re wich­ti­ge Grün­de vor, so kann ih­nen das Recht auf per­sön­li­chen Ver­kehr ver­wei­gert oder ent­zo­gen wer­den.

3Ha­ben die El­tern der Ad­op­ti­on ih­res Kin­des zu­ge­stimmt oder kann von ih­rer Zu­stim­mung ab­ge­se­hen wer­den, so er­lischt das Recht auf per­sön­li­chen Ver­kehr, so­bald das Kind zum Zwe­cke künf­ti­ger Ad­op­ti­on un­ter­ge­bracht wird.


1 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 25. Ju­ni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 (AS 1977 237; BBl 1974 II 1).
2 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 4 des BG vom 26. Ju­ni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 (AS 1999 1118; BBl 1996 I 1).

BGE

82 II 473 () from 11. Dezember 1956
Regeste: Abänderung eines Scheidungsurteils (Kindeszuteilung); Art. 157 Z GB. Wird dem Elternteil, dem die Kinder bei der Scheidung zugewiesen wurden, später die elterliche Gewalt entzogen, so hat der andere Elternteil Anspruch auf Zuweisung der Kinder an ihn, es wäre denn, dass ein Grund vorliegt, ihm die elterliche Gewalt gemäss Art. 285 ZGB vorzuenthalten, oder dass die infolge seiner Wiederverheiratung eingetretenen Verhältnisse die Anordnung einer Vormundschaft gemäss Art. 286 ZGB erfordern.

92 IV 1 () from 11. Februar 1966
Regeste: Art. 28 Abs. 1 und 220 StGB. 1. Eheleute, die wegen Verletzung in der elterlichen Gewalt Strafantrag stellen, handeln nicht aus abgeleitetem, sondern aus eigenem Rechte (Erw. a). 2. Auch kann diesfalls jeder der beiden Ehegatten das Antragsrecht ausüben, ohne dass es der Zustimmung des andern bedürfte (Erw. b).

95 II 385 () from 8. Mai 1969
Regeste: Besuchsrecht. Abänderung bei Eintritt neuer Tatsachen. Art. 156 Abs. 3 und 157 ZGB. 1. Eine Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung, die vom Richter genehmigt wurde (Art. 158 Ziff. 5 ZGB), kann bei Eintritt neuer Tatsachen bezüglich der Elternrechte auf dem in Art. 157 ZGB vorgesehenen Wege abgeändert werden (Erw. 2 und 4). 2. Der Inhaber der elterlichen Gewalt entscheidet frei über den Wohnsitz oder Aufenthaltsort des ihm anvertrauten Kindes. Er muss aber die Ausübung des dem andern Elternteil eingeräumten Besuchsrechts gestatten. Unter Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs im Sinne von Art. 2 ZGB ist die Aussicht, ja sogar die Gewissheit, dass der Inhaber der elterlichen Gewalt ins Ausland wegzieht, kein genügender Grund, ihm die Obhut über das Kind zu entziehen oder ihn auch nur zu verpflichten, die Reisekosten des Kindes zu bezahlen, die grundsätzlich der Besuchsberechtigte zu tragen hat (Erw. 3, 4 und 5).

103 II 24 () from 10. März 1977
Regeste: Art. 333 ZGB. Haftung des Familienhauptes. 1. Bei der Haftung des Familienhauptes handelt es sich um eine Kausalhaftung (E. 3). 2. Befinden sich Pfeil und Bogen in den Händen eines 7-jährigen Kindes, stellen sie eine Gefahr dar (E. 4). 3. Beim gegenwärtigen Stand der Gesetzgebung ist unter normalen Verhältnissen der Ehemann und Vater Haupt der Familie. Er ist daher verantwortlich für ein fehlerhaftes Verhalten seiner Ehefrau, die als Hilfsperson zu betrachten ist (E. 5).

103 IV 162 () from 2. Juni 1977
Regeste: Art. 186 StGB, Hausfriedensbruch. 1. Begriff (Erw. 1 und 2). 2. Nach geltendem Zivilrecht kann der Ehemann gegen den Willen der Ehefrau einer Drittperson das Haus verbieten; die Ehefrau kann nicht durch eigene Einladung das vom Ehemann erlassene Hausverbot unwirksam machen (Erw. 3).

107 II 301 () from 3. September 1981
Regeste: Art. 4 BV; Willkür. Art. 8 EMRK; Recht auf Familienleben. Besuchsrecht des geschiedenen Ehegatten gegenüber seinen Kindern. Ablehnung eines Vollstreckungsbegehrens für die Ausübung des Besuchsrechts eines geschiedenen Vaters. Zulässigkeit der im Interesse der Kinder getroffenen Massnahme sowohl nach Art. 4 BV (E. 4, 5 u. 7) als auch nach Art. 8 EMRK (E. 6).

107 II 499 () from 15. Oktober 1981
Regeste: Art. 57 Abs. 5 OG. Ausnahme von der Regel (E. 1). Art. 274 Abs. 2 ZGB und Art. 44 OG. Wird dem Vater oder der Mutter das Recht auf persönlichen Verkehr mit ihrem unmündigen Kind von der Vormundschaftsbehörde gestützt auf Art. 274 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 275 Abs. 1 ZGB entzogen, so können sie dagegen nicht Berufung beim Bundesgericht einlegen, weil keine Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 OG vorliegt (E. 2).

109 II 382 () from 10. November 1983
Regeste: Adoption eines Unmündigen; Absehen von der Zustimmung eines Elternteils (Art. 265c Ziff. 2 ZGB). Die Beurteilung der Frage, ob sich ein Elternteil nicht ernstlich um das Kind gekümmert habe, hängt grundsätzlich davon ab, ob zwischen den beiden eine lebendige Beziehung bestehe. Fehlt eine solche trotz intensiver Bemühungen des Elternteils aus Gründen, für die dieser nicht verantwortlich ist, darf von dessen Zustimmung nicht abgesehen werden (Bestätigung der Rechtsprechung).

111 II 405 () from 19. Dezember 1985
Regeste: Besuchsrecht des nicht obhutsberechtigten geschiedenen Elternteils. Art. 156 und 273/74 ZGB. Die Ausgestaltung des Besuchsrechts darf nicht vom Willen des betroffenen Kindes allein abhängen. Anderseits ist die Einstellung des Kindes gegenüber dem nicht obhutsberechtigten Elternteil nicht gänzlich ausser acht zu lassen. Es ist in jedem einzelnen Fall abzuklären, weshalb das Kind gegenüber diesem Elternteil eine Abwehrhaltung einnimmt und ob die Ausübung des Besuchsrechts das Kindeswohl tatsächlich gefährdet. Art. 157 ZGB. An die Abänderung des Besuchsrechts darf nicht ein besonders strenger Massstab gelegt werden. Es genügt, wenn sich die Prognose des Scheidungsrichters als falsch erwiesen hat und die Beibehaltung der bisherigen Regelung das Wohl des Kindes gefährden würde.

115 II 206 () from 22. Mai 1989
Regeste: Art. 156 Abs. 1 und 274 Abs. 1 ZGB; Zuteilung der Kinder im Falle der Scheidung. Der Abschluss einer Scheidungskonvention hindert eine Partei nicht daran, dem Richter deren Nichtgenehmigung zu beantragen. Sind die Voraussetzungen für die Kinderzuteilung bei beiden Eltern in gleicher Weise gegeben, behindert aber der eine Elternteil die Beziehungen der Kinder zum andern Elternteil, so verletzt er seine elterlichen Pflichten. Seine Erziehungsfähigkeit ist deshalb als schlechter zu beurteilen als diejenige des andern Elternteils, welcher die Kinder nicht negativ beeinflusst.

115 II 317 () from 4. Juli 1989
Regeste: Art. 156 Abs. 1 und 274 Abs. 1 ZGB; Zuteilung der Kinder bei Scheidung der Eltern. Auch wenn die Mutter durch ihren Wegzug mit den Kindern absichtlich eine grosse räumliche Distanz zum Vater geschaffen hat und damit die Beziehung zwischen ihm und den Kindern behindert, rechtfertigt es sich nicht, die Kinder zwischen den Eltern aufzuteilen. Kinder geschiedener Eltern sollen vielmehr nach Möglichkeit nicht getrennt werden.

117 II 353 () from 19. Juni 1991
Regeste: Art. 156 Abs. 1 und Art. 274 Abs. 1 ZGB; Zuteilung der Kinder bei Scheidung der Eltern. Ein Vorrang der Mutter bei der Zuteilung von Kleinkindern ist auf jeden Fall dann zu verneinen, wenn das Kind seit seinen ersten Lebensmonaten neben der Mutter auch vom Vater intensiv betreut worden ist. Im übrigen rechtfertigt es sich nicht, vom Prinzip der Gleichberechtigung beider Eltern bei der Kinderzuteilung abzuweichen, wenn beide über alle Fähigkeiten für die Betreuung und Erziehung des Kindes verfügen, aber der eine Elternteil das Kind während einer gewissen Zeitspanne widerrechtlich bei sich zurückbehalten hat.

118 II 21 () from 28. Januar 1992
Regeste: Art. 157 und 274 Abs. 2 ZGB. Abänderung eines Scheidungsurteils: Entziehung des Besuchsrechts eines Elternteils. 1. Art. 274 Abs. 2 ZGB bezweckt den Schutz des Kindes und nicht, die Eltern zu bestrafen: Dass diese ihre Pflichten verletzen und sich nicht ernsthaft um ihr Kind kümmern, rechtfertigt die Verweigerung oder die Entziehung des persönlichen Verkehrs nur, wenn diese Verhaltensweisen das Kindeswohl beeinträchtigen (E. 3c). 2. Um zu beurteilen, ob sich ein Elternteil im Sinne von Art. 274 Abs. 2 ZGB nicht ernsthaft um sein Kind gekümmert hat, kann die Auslegung von Art. 265c Ziff. 2 ZGB beigezogen werden; diese Bestimmung umschreibt mit gleichen Worten einen der Fälle, in welchen von der Zustimmung eines Elternteils bei einer Adoption abgesehen werden kann (E. 3d). 3. Anderer wichtiger Grund im Sinne von Art. 274 Abs. 2 ZGB: Die Tatsache, dass der Stiefvater in sozialer und psychischer Hinsicht die Stelle des besuchsberechtigten Elternteils einnimmt, wenn letzterer und das Kind einander gänzlich fremd sind (E. 3e).

119 II 201 () from 17. Juni 1993
Regeste: Besuchsrecht des nichtobhutsberechtigten Elternteils (Art. 156 Abs. 2 und Art. 273 ZGB). 1. Im Scheidungsverfahren gilt für die Kinderzuteilung und namentlich auch für die Regelung des Besuchsrechts uneingeschränkt die Offizialmaxime. Demzufolge sind weder neue Begehren ausgeschlossen, noch ist das Bundesgericht an die Anträge der Parteien gebunden; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (E. 1). 2. Der Scheidungsrichter ordnet die persönlichen Beziehungen der Eltern zu den Kindern grundsätzlich endgültig und dauerhaft. Eine den gegebenen Verhältnissen bloss für eine begrenzte Zeitspanne angepasste, indessen auf Dauer getroffene Regelung des Besuchsrechts verletzt diesen Grundsatz (E. 3). 3. Ist das Kindeswohl selbst bei einer Ausübung des Besuchsrechts unter Aufsicht gefährdet, und kann dieser Gefahr nicht durch andere Massnahmen wirksam und dauerhaft begegnet werden, so ist das Besuchsrecht zu verweigern (E. 4).

120 II 229 () from 7. Oktober 1994
Regeste: Besuchsrecht; Offizialmaxime; neue Tatsachen und Beweismittel (Art. 156 Abs. 2, Art. 273 ZGB; Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Für die Kinderzuteilung und die damit unmittelbar zusammenhängenden Fragen gilt die Offizialmaxime. Das hat jedoch nicht zur Folge, dass im Berufungsverfahren vor Bundesgericht neue Tatsachen und Beweismittel zulässig sind. In dieser Hinsicht gilt Art. 55 Abs. 1 lit. c OG (E. 1c). Bedeutung von BGE 119 II 201 ff. Diese Rechtsprechung besagt nicht, dass einem Elternteil, der im Verdacht steht, sein Kind sexuell missbraucht zu haben, überhaupt kein Besuchsrecht eingeräumt werden darf. Es kann sich als mit dem Kindeswohl vereinbar erweisen, den persönlichen Verkehr des nicht obhutsberechtigten Elternteils mit dem im Zeitpunkt der Scheidung noch kleinen Kind nicht von Anfang an ganz zu unterbinden, sondern für eine bestimmte Dauer in Form eines begleiteten Besuchsrechts zuzulassen (E. 3b/aa). Das bedeutet jedoch nicht, dass im Scheidungsurteil das Besuchsrecht ebenso provisorisch geregelt werden darf wie im Massnahmeverfahren nach Art. 145 ZGB (E. 3b/bb). Ausgestaltung des Besuchsrechts im konkreten Fall (E. 4).

122 III 404 () from 1. November 1996
Regeste: Begleitetes Besuchsrecht, Ferienrecht (Art. 274 Abs. 2 ZGB). Wie Verweigerung oder Entzug des persönlichen Verkehrs nach Art. 274 Abs. 2 ZGB bedarf auch die Anordnung eines begleiteten Besuchsrechts konkreter Anhaltspunkte für die Gefährdung des Kindeswohls. Eine bloss abstrakte Gefahr einer möglichen ungünstigen Beeinflussung des Kindes reicht nicht aus, um den persönlichen Verkehr nur in begleiteter Form zuzulassen. Das gleiche gilt für den Entzug des Ferienrechtes. Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall. Wird behauptet, dass Besuche überhaupt bzw. unbegleitete Besuche beim besuchsberechtigten Elternteil dem Kind schaden, erweist sich ein Sachverständigengutachten zur Frage des Besuchsrechts des nicht obhutsberechtigten Elternteils in der Regel als unumgänglich. Dabei kommt es im kantonalen Verfahren angesichts der Offizial- bzw. Untersuchungsmaxime nicht darauf an, ob die Parteien einen entsprechenden Antrag gestellt haben (E. 1-4).

125 III 401 () from 18. Oktober 1999
Regeste: Art. 156 ZGB i.V.m. Art. 275 ZGB und Art. 315a ZGB; Art. 53 OR und Art. 2 ÜbBest.BV; Zuständigkeit des Scheidungsrichters. An bestehende Kindesschutzmassnahmen und Anordnungen über den persönlichen Verkehr ist der Scheidungsrichter nicht gebunden, wenn sich seit Erlass der betreffenden Verfügungen die Verhältnisse geändert haben (E. 2b). Für die Regelung des persönlichen Verkehrs ist er auch dort sachlich zuständig, wo er beiden Ehegatten die elterliche Gewalt entzieht (E. 2c). Er missachtet den Vorrang des Bundesrechts nicht dadurch, dass er ohne Rücksicht auf ein vorausgegangenes Straferkenntnis die Frage eines Missbrauchs des Scheidungskinds abklärt (E. 3).

126 III 219 () from 7. April 2000
Regeste: Errichtung einer Beistandschaft (Art. 308 ZGB). Wenn ein Besuchsrecht wegen Gefährdung des Kindeswohls gestützt auf Art. 274 Abs. 2 ZGB verweigert wird und auch die Voraussetzungen für ein begleitetes Besuchsrecht nicht erfüllt sind, besteht kein Raum für die Anordnung einer Beistandschaft gemäss Art. 308 ZGB, die eine künftige Annäherung zwischen den Kindern und dem betreffenden Elternteil fördern soll.

 

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