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Art. 333
II. Verantwortlichkeit 1Verursacht ein Hausgenosse, der minderjährig oder geistig behindert ist, unter umfassender Beistandschaft steht oder an einer psychischen Störung leidet, einen Schaden, so ist das Familienhaupt dafür haftbar, insofern es nicht darzutun vermag, dass es das übliche und durch die Umstände gebotene Mass von Sorgfalt in der Beaufsichtigung beobachtet hat.1 2Das Familienhaupt ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass aus dem Zustand eines Hausgenossen mit einer geistigen Behinderung oder einer psychischen Störung weder für diesen selbst noch für andere Gefahr oder Schaden erwächst.2 3Nötigenfalls soll es bei der zuständigen Behörde zwecks Anordnung der erforderlichen Vorkehrungen Anzeige machen. 1 Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 2006 7001). BGE
95 II 255 () from 22. Mai 1969
Regeste: Eisenbahnhaftpflicht. 1. Voraussetzungen, unter denen ein Verschulden Dritter die Bahnunternehmung nach Art. 1 EHG von ihrer Haftpflicht befreit. Mangelhafte Beaufsichtigung des verunfallten Kleinkindes durch seine Eltern? (Erw. 4). 2. Dem Richter ist nicht gestattet, den rechtzeitig eingeklagten Anspruch auf Entschädigung für künftige Erwerbseinbusse (Art. 3 EHG) wegen der Schwierigkeiten der Abschätzung dieses Schadens zur Zeit abzuweisen und den Kläger auf eine neue Klage zu verweisen, sondern er hat den Anspruch festzusetzen, allenfalls unter Vorbehalt der Abänderung des Urteils nach Art. 10 EHG (Erw. 6). 3. Bei der Abschätzung der künftigen Erwerbseinbusse eines verunfallten Kindes darf nicht kurzerhand auf die medizinisch-theoretische Wertung des Invaliditätsgrades abgestellt werden. Vielmehr sind alle Umstände (insbesondere auch die beruflichen Aussichten des Kindes) zu berücksichtigen (Erw. 7). 4. Die Frist von zwei Jahren seit der Eröffnung des Urteils, die Art. 14 Abs. 1 Satz 2 EHG für Begehren auf Abänderung des Urteils im Sinne von Art. 10 EHG festsetzt, ist entgegen dem Wortlaut des Gesetzes nicht eine Verjährungsfrist, sondern wie die Fristen von Art. 36 Abs. 3 ElG und Art. 46 Abs. 2 OR eine Verwirkungsfrist (Erw. 9, 10). Verfahren. Bundesrechtlicher Anspruch auf materielle Prüfung prozessual ordnungsgemäss aufgestellter Rechtsbehauptungen (Erw. 8).
97 II 244 () from 28. September 1971
Regeste: Motorfahrzeughaftpflicht und Versicherung. Art. 75 SVG, Strolchenfahrten. Haftet der Halter nach Abs. 1 dieser Bestimmung, so hat der Geschädigte im Rahmen der vertraglichen Versicherungsdeckung ein Forderungsrecht unmittelbar gegen den Versicherer (Erw. I). Der Halter haftet nach Art. 75 Abs. 1 SVG, wenn eine "Person, für die er verantwortlich ist," das Fahrzeug zum Gebrauch entwendet hat (Erw. II/3a). Der Halter haftet für seine Hausgenossen im Sinne des SVG nur, wenn und soweit er ihnen das Motorfahrzeug zur Verfügung hält, es ihnen überlässt oder durch sie Betriebsfunktionen ausüben lässt (Erw. II/3b). Der Halter hat nur für solchen Schaden einzustehen, der mit dem Betrieb des Fahrzeugs ursächlich zusammenhängt, zu dem er eine Hilfsperson beigezogen oder zu dem er einem anderen die Führung des Fahrzeugs überlassen hat (Erw. II/3c). Entwendung zum Gebrauch (Erw. II/4). Der Halter ist für jedes Verschulden verantwortlich, das mit der Entwendung des Fahrzeuges ursächlich zusammenhängt (Erw. III/1). Scheitern des Entlastungsbeweises im konkreten Fall (Erw. III/2).
100 II 298 () from 7. November 1974
Regeste: Art. 333 ZGB; Verantwortlichkeit des Familienhauptes Die Beaufsichtigungspflicht im Sinne von Art. 333 ZGB umfasst nicht nur die Pflicht zur eigentlichen Überwachung des Unmündigen, sondern auch zur Ergreifung aller Massnahmen, die geeignet sind, den Minderjährigen an der Verursachung eines Schadens zu hindern. Insbesondere hat das Familienhaupt dafür zu sorgen, dass einem Minderjährigen, dem ein gefährliches Instrument zum Gebrauch überlassen wird, die nötigen Anleitungen gegeben werden, damit er sich des Instruments ohne Gefährdung Dritter bedienen kann. Ein solches gefährliches Instrument stellt ein Luftgewehr dar, das einem 15-jährigen Knaben überlassen wird (Erw. 3). Art. 46 OR Bei der Abschätzung der künftigen Erwerbseinbusse eines verunfallten Kindes sind alle Umstände, insbesondere auch die beruflichen Aussichten des Kindes, zu berücksichtigen. Annahme eines Invaliditätsgrades von 25% bei einem 15-jährigen Knaben, der durch einen Unfall ein Auge verloren hat (Erw. 4).
103 II 330 () from 6. Dezember 1977
Regeste: Art. 97, Art. 261, Art. 271 OR. Haftung des Mieters für den Schaden, der durch eine Explosion in der gemieteten Wohnung entstand, weil die Hähnen eines Gasherdes in Selbstmordabsicht geöffnet wurden (E. 2). Art. 41 ff. OR. Haftung der Erben des Urhebers einer unerlaubten Handlung, wenn der Schaden erst nach dessen Tod eintrat (E. 3). Art. 54 Abs. 1 OR. Rechtsnatur der Haftung auf Grund dieser Bestimmung. Schadenersatzbemessung in Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse der Parteien, wenn der Haftpflichtige auf eine Privathaftpflichtversicherung und der Geschädigte auf eine Gebäudeversicherung zurückgreifen kann, die allerdings dem Wert des beschädigten Gebäudes nicht angepasst wurde (E. 4).
104 II 184 () from 11. Juli 1978
Regeste: Art. 50 OR. Solidarische Haftung neunjähriger Kinder, die mit Pfeil und Bogen spielen (E. 2). Schadenersatzbemessung unter Berücksichtung des Alters der Kinder und der wirtschaftlichen Umstände (E. 3). Ersetzung der Heilungskosten. Art. 96 VVG ist auf die im Sinne von Art. 1 KUVG anerkannten Krankenkassen nicht anwendbar; Anspruchskonkurrenz des Geschädigten gemäss Art. 51 OR gegenüber dem haftpflichtigen Dritten und der Krankenkasse (E. 4). Genugtuung (E. 5).
112 V 265 () from 21. November 1986
Regeste: Art. 70 Abs. 1 AHVG, Art. 172 und 173 AHVV: Haftung der Kassenträger. - Rechtliche Natur der in Art. 173 AHVV festgelegten Fristen. Beginn der ordentlichen und der subsidiären Frist des Art. 173 Abs. 1 AHVV (Erw. 2b). - Voraussetzungen der Haftung eines Kassenträgers. Im Rahmen von Art. 70 Abs. 1 AHVG können keine Entlastungsgründe angerufen werden. In casu Haftung eines Kantons aufgrund von strafbaren Handlungen (Art. 70 Abs. 1 lit. a AHVG), die ein Funktionär einer kantonalen Ausgleichskasse begangen hat (Erw. 3-4).
115 II 15 () from 28. Februar 1989
Regeste: Haftung des Vormundes gegenüber Dritten. Prüfung der möglichen Haftungsnormen (E. 2). Deliktshaftung; allgemein zur objektiven und zur subjektiven Widerrechtlichkeitstheorie (E. 3a); Widerrechtlichkeit durch Unterlassen (E. 3b) hängt von einer Garantenstellung ab (E. 3c). Vormundschaftliche Massnahmen schützen in erster Linie die Person des Betreuten, einschliesslich seines Vermögens; daneben dienen sie auch dem Schutz von Drittinteressen. Besondere Vorkehren, um Beeinträchtigungen des Vermögens von Drittpersonen zu verhindern, hat der Vormund nur zu treffen, wenn gewichtige Anzeichen bestehen, dass bedeutende Drittinteressen einer hohen Gefährdung ausgesetzt sind (E. 4a).
122 III 225 () from 3. April 1996
Regeste: Strafrechtliche Verjährungsfrist bei der Hilfspersonenhaftung (Art. 55 und 60 Abs. 2 OR). Abgrenzung des Organs von der Hilfsperson (E. 4). Keine Anwendung der längeren strafrechtlichen Verjährungsfrist bei der Haftung des Geschäftsherrn für Hilfspersonen (E. 5).
126 III 161 () from 23. Dezember 1999
Regeste: Art. 28 ff. ZGB, 49 und 60 OR; Verantwortlichkeit einer Druckerei für Persönlichkeitsverletzung in einer von ihr gedruckten Zeitung. Eine Klage zum Schutz der Persönlichkeit und eine Genugtuungsklage gelten auch dann als gleichzeitig im Sinn von Art. 28b Abs. 2 ZGB erhoben, wenn zunächst am Wohnsitz des Klägers Genugtuungsansprüche erhoben werden und erst später - sofern dies nach kantonalem Prozessrecht überhaupt möglich ist - auf Schutz der Persönlichkeit geklagt wird (E. 2). Bei einer Pressekampagne beginnt die einjährige Verjährungsfrist gemäss Art. 60 Abs. 1 OR solange nicht zu laufen, bis das Ende der persönlichkeitsverletzenden Publikationen erkennbar ist (E. 3). Die Klagen zum Schutz auf Persönlichkeit gemäss Art. 28a Abs. 1 und 2 ZGB können gegen Personen erhoben werden, die an der Persönlichkeitsverletzung mitgewirkt haben, ohne dass ein Verschulden vorausgesetzt wäre (E. 5a). Allerdings ist das Vorliegen eines Verschuldens für die Zusprechung von Genugtuung in den Fällen erforderlich, in denen ein Verschulden für die Zusprechung von Schadenersatz verlangt wird (E. 5b/aa; Präzisierung der Rechtsprechung). Konkretisierung der Sorgfalt, die von einer Druckerei zu verlangen ist (E. 5b/bb und cc).
133 III 556 () from 14. Juni 2007
Regeste: Haftung des Familienhauptes (Art. 333 ZGB). Voraussetzungen der Haftung (E. 4). Schlittelnde Kinder als Anwendungsfall (E. 5).
145 III 409 (4A_396/2018) from 29. August 2019
Regeste: Haftung des Veranstalters von Pauschalreisen (Art. 14 f. des Bundesgesetzes über Pauschalreisen). Gemäss einem Art. 101 OR ähnlichen System haftet der Reiseveranstalter auch für das Handeln seiner Dienstleistungsträger. Der Reisende muss auch eine Vertragsverletzung des Veranstalters und/oder des Dienstleistungsträgers nachweisen. Im konkreten Fall, in dem es sich um einen Transfer mit einem Wagen von einem indischen Flughafen zum Hotel des Reisenden handelt, wurde dieser Beweis nicht erbracht (E. 5). |