Schweizerisches Zivilgesetzbuch

vom 10. Dezember 1907 (Stand am 1. Juli 2022)


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Art. 602

A. Wir­kung des Erb­gan­ges

I. Er­ben­ge­mein­schaft

 

1 Be­er­ben meh­re­re Er­ben den Erb­las­ser, so be­steht un­ter ih­nen, bis die Erb­schaft ge­teilt wird, in­fol­ge des Erb­gan­ges ei­ne Ge­mein­schaft al­ler Rech­te und Pflich­ten der Erb­schaft.

2 Sie wer­den Ge­sam­tei­gen­tü­mer der Erb­schafts­ge­gen­stän­de und ver­fü­gen un­ter Vor­be­halt der ver­trag­li­chen oder ge­setz­li­chen Ver­tre­tungs- und Ver­wal­tungs­be­fug­nis­se über die Rech­te der Erb­schaft ge­mein­sam.

3 Auf Be­geh­ren ei­nes Mit­er­ben kann die zu­stän­di­ge Be­hör­de für die Er­ben­ge­mein­schaft bis zur Tei­lung ei­ne Ver­tre­tung be­stel­len.

BGE

81 II 593 () from 8. Dezember 1955
Regeste: Bäuerliches Erbrecht. Verliert ein Erbe den Anspruch auf Zuweisung des Heimwesens zum Ertragswert gemäss Art. 620 ZGB, wenn er einen andern Bewerber durch eine Abfindung zum Verzicht bewegt?

82 II 555 () from 20. September 1956
Regeste: Nichtigkeitsbeschwerde wegen Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechtes (Art. 68 Abs. 1 lit. a OG). 1. Ausschluss der Nichtigkeitsbeschwerde, wenn Berufung zulässig ist (Erw. 1 und 2). 2. Unter den sonstigen Voraussetzungen unterliegt auch ein im summarischen Verfahren ergangener Entscheid der Berufung, wenn er ohne Vorbehalt eines ordentlichen Verfahrens einen endgültigen Befehl (hier: zur Vorlegung von Urkunden) ausspricht (Erw. 3). 3. Wann ist der Anspruch auf Vorlegung von Urkunden materiellrechtlicher Natur? (Erw. 4). 4. Wann ist er vom Bundesrecht beherrscht? (Erw. 7). 5. Die Einsichtnahme in Urkunden ist kein der Erbengesamtheit vorbehaltener Verfügungsakt (Art. 602 Abs. 2 ZGB), sondern steht jedem einzelnen Erben zu (Erw. 7). 6. Wann genügt im Berufungsverfahren ein Antrag auf Rückweisung der Sache an die kantonale Instanz? (Erw. 6).

89 II 429 () from 11. Dezember 1963
Regeste: Notwendige Streitgenossenschaft. Wer auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens oder auf Aufhebung eines unteilbaren Rechtsverhältnisses klagt, muss die Klage gegen alle (andern) an diesem Verhältnis Beteiligten richten, die weder als Mitkläger am Prozess teilnehmen noch zum voraus erklärt haben, das Urteil gegen sich gelten lassen zu wollen. Abweisung einer Klage auf Nichtigerklärung oder Aufhebung eines Kaufvertrags, die eine der beiden Erbinnen der Verkäuferin nur gegen den Käufer, nicht auch gegen die am Vertrag festhaltende Miterbin eingeleitet hat.

90 II 443 () from 17. November 1964
Regeste: Dienstvertrag. Entgegennahme von Diensten, deren Leistung nach den Umständen nur gegen Lohn zu erwarten ist (Art. 320 Abs. 2 OR). Fall eines im Elternhause lebenden Bäckers und Konditors, der als voraussichtlicher Geschäftsnachfolger seines Vaters jahrelang in dessen Betrieb arbeitet, ohne einen Barlohn zu beziehen. Stillschweigende Einigung über die Stundung der Lohnforderung. Hinderung und Stillstand der Verjährung. Begriff des Dienstboten im Sinne von Art. 134 Abs. 1 Ziff. 4 OR.

91 III 69 () from 8. September 1965
Regeste: Arrestierung und Pfändung des Anteils an einem Gemeinschaftsvermögen. Art. 815 ZGB; Art. 97, 98, 104 und 132 SchKG; Art. 1, 13 und 68 VZG; Art. 5, 6 und 8 ff. VVAG. 1. Was kann als Anteil des Schuldners an einem Gemeinschaftsvermögen (hier: am unverteilt gebliebenen Rest einer Erbschaft) arrestiert und gepfändet werden? (Erw. 1 und 2). 2. Die Pfändung darf bei Zustimmung der Miterben auf den Anteil an einer der zwei die Erbschaft bildenden Liegenschaften beschränkt werden, wenn sich dabei eine genügende Deckung ergibt (Art. 97 Abs. 2 SchKG). (Erw. 3). 3. In der Regel ist das Anteilsrecht gemäss Art. 97 Abs 1 SchKG zu schätzen; nur in Ausnahmefällen darf davon gemäss Art. 5 Abs. 3 VVAG abgesehen werden. (Erw. 4, a). 4. Eigentümertitel, die auf der im Gesamteigentum stehenden Liegenschaft errichtet wurden, sind in analoger Anwendung von Art. 98 Abs. 1 SchKG und Art. 13 VZG vom Betreibungsamt in Verwahrung zu nehmen; die Spezialnorm des Art. 5 Abs. 2 VVAG gilt nicht für solche Titel. Diese fallen als effektive Grundpfandbelastung ausser Betracht, sofern nicht Rechte Dritter an ihnen bestehen. (Erw. 4, b, aa - cc).

93 I 200 () from 17. Februar 1967
Regeste: Gewährung des Enteignungsrechtes im Rahmen des Gewässerschutzes; Art. 13 Abs. 1 GSchG. 1. Ist die verwaltungsrechtliche oder die staatsrechtliche Beschwerde unzulässig, wenn sie nicht von allen Mitgliedern einer Erbengemeinschaft eingereicht worden ist (Erw. 1)? 2. Die Grundlage für das Enteignungsrecht, das zur Erstellung von Anlagen des Gewässerschutzes gewährt wird, ist das eidgenössische und nicht das kantonale Recht (Erw. 2). 3. Die Befugnis, das Enteignungsrecht zu verleihen, steht der Kantonsregierung zu (Erw. 3). 4. Voraussetzungen der Gewährung des Enteignungsrechtes; Eigentumsgarantie (Erw. 4a). 5. Angemessenheit eines Entscheides, der das Enteignungsrecht gewährt (Erw. 4b).

93 II 11 () from 19. Januar 1967
Regeste: Haftung für Schulden der Erbengemeinschaft. Klage auf Feststellung des Nichtbestehens einer von Dritten (einer andern Erbengemeinschaft) erhobenen Forderung; Aktiv- und Passivlegitimation. 1. Für Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit der für gemeinsame Rechnung erfolgten Weiterführung eines Betriebs des Erblassers zulasten der Erbengemeinschaft entstanden sind, haften die Erben solidarisch. Der einzelne Erbe ist legitimiert, auf Feststellung des Nichtbestehens einer solchen Verpflichtung zu klagen (Erw. 2a). 2. Eine Klage, mit der die Feststellung des Nichtbestehens einer von einer Erbengemeinschaft gegen den Kläger erhobenen Forderung verlangt wird, ist grundsätzlich gegen alle Erben zu richten. Abweisung einer Klage gegen einen einzelnen Erben mangels Passivlegitimation (Erw. 2b). 3. Unzulässigkeit einer Klage gegen die Miterben, die darauf abzielt, im Hinblick auf die Teilung der Erbschaft mit Wirkung für die Prozessparteien das Nichtbestehen einer Forderung Dritter gegen die Erbengemeinschaft feststellen zu lassen (Erw. 2c).

94 II 96 () from 28. Mai 1968
Regeste: Eine Eigentumsübertragung im Sinne des Art. 657 ZGB findet dann nicht statt, wenn ein Gesamthandverhältnis durch ein anderes ersetzt wird und die Beteiligten nicht wechseln. Daher genügt eine schriftliche Erklärung der Gesamthänder, um die Berichtigung des Grundbuches zu erwirken.

95 II 426 () from 23. September 1969
Regeste: Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken, Art. 218-218 quater OR. Zivilrechtliche Streitigkeit (Erw. 1). Begriff des landwirtschaftlichen Grundstückes im Sinne des Art. 218 OR; der Entscheid der nach Art. 218 bis zuständigen kantonalen Behörde über den Charakter eines Grundstückes ist für den Zivilrichter nicht verbindlich (Erw. 2). Die Zuweisung eines Grundstückes an einen Erben im Rahmen der Erbteilung ist ein Eigentumserwerb im Sinne des Art. 218 OR; die durch die Erbteilung ausgelöste Sperrfrist für die Veräusserung beginnt erst mit der Eintragung des Eigentums im Grundbuch zu laufen (Erw. 3).

96 II 325 () from 3. September 1970
Regeste: Bäuerliches Erbrecht. Gesamteigentum infolge Erbengemeinschaft oder einfacher Gesellschaft? Grundbuch. Vertragsauslegung. 1. Es ist zulässig, dass einzelne Erben nach Abfindung der andern die Erbengemeinschaft fortsetzen. Befugnis eines in der Erbengemeinschaft verbliebenen Erben oder eines Erben eines solchen, die Teilung des noch unverteilten Nachlasses zu verlangen (Art. 604 Abs. 1 ZGB) und beim Zutreffen der Voraussetzungen des Art. 620 ZGB diese Bestimmung anzurufen (Erw. 6 a). 2. Beweiskraft der Angaben des Grundbuchs über das zwischen Gesamteigentümern bestehende Gemeinschaftsverhältnis (Art. 33 Abs. 3 GBV, Art. 9 Abs. 1 und 937 Abs. 1 ZGB; Erw. 6 b). 3. Beweis der Unrichtigkeit der im Grundbuch enthaltenen Angabe. Fortbestand des Gesamteigentums auf Grund eines andern als des im Grundbuch angegebenen Verhältnisses. Formelle Voraussetzungen der Umwandlung von Gesamteigentum in Miteigentum (Erw. 6 c). 4. Auslegung eines Vertrags, wonach zwei ledige Brüder unter Abfindung ihrer Geschwister das vom Vater hinterlassene Heimwesen übernehmen. Vollständige Erbteilung oder Fortbestand der Erbengemeinschaftunter den Übernehmern? Anzeichen für die vollständige Teilung und die Begründung einer einfachen Gesellschaft (Art. 530 OR). Abweisung des nach dem Tod eines der Übernehmer von einem Erben desselben gestellten Zuweisungsbegehrens wegen vollständiger Teilung der Erbschaft, zu der das streitige Heimwesen gehört hatte (Erw. 6 b).

97 I 14 () from 27. Januar 1971
Regeste: Kantonale Handänderungs- und Grundstückgewinnsteuer. Willkür. Wenn die Witwe und die Kinder eines Bauunternehmers zur Fortführung des Geschäftsbetriebs eine Kommanditgesellschaft mit der Witwe als unbeschränkt haftender Teilhaberin und den Kindern als Kommanditären gegründet haben, so kann ohne Willkür angenommen werden, dass dadurch die Erbengemeinschaft aufgelöst worden sei und dass daher die später mit der Liquidation der Kommanditgesellschaft erfolgte Übertragung der Liegenschaften auf die einzelnen Erben keine handänderungs- und grundstückgewinnsteuerfreie "Handänderung infolge Erbteilung" im Sinne von § 161 Abs. 3 und 180 lit. a zürch. StG darstelle (Erw. 1). Ist die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer deshalb unzulässig, weil es sich dabei um eine Realteilung handelt, bei der kein Gewinn im Sinne von § 161 StG realisiert wird? Rechtsnatur der zürcherischen Grundstückgewinnsteuer (Erw. 2).

97 II 11 () from 6. Mai 1971
Regeste: Berufung an das Bundesgericht gegen einen Entscheid über die Frage, ob der Willensvollstrecker eine zum Nachlass gehörende Liegenschaft gegen den Willen eines Erben von sich aus freihändig verkaufen darf. Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 44, 46 OG; Erw. 1). Aufgaben und Handlungsmacht des Willensvollstreckers (Art. 518 Abs. 2 ZGB; Erw. 2). Durchführung der Erbteilung durch diesen nach Massgabe von Art. 607 und 610 ff. ZGB; Voraussetzungen des Verkaufs einer Erbschaftssache (namentlich einer Liegenschaft) zwecks Teilung des Erlöses (Art. 612 Abs. 2 ZGB; Erw. 3). Auch für den Willensvollstrecker gilt grundsätzlich Art. 612 Abs. 3 ZGB, wonach ein solcher Verkauf auf Verlangen eines Erben auf dem Wege der Versteigerung stattfinden muss (Erw. 4). Lässt sich die streitige Liegenschaft körperlich teilen? Verliert sie dadurch wesentlich an ihrem Wert (Art. 612 Abs. 1 ZGB)? Öffentliche Versteigerung oder Versteigerung unter den Erben? (Erw. 5).

99 II 21 () from 22. März 1973
Regeste: Abtretung von Erbanteilen (Art. 635 Abs. 1 ZGB); anwendbares Recht. Die Abtretung eines angefallenen Erbanteils an einen Miterben untersteht dem Erbstatut (Erw. 3 a). Gerichtsstandsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich vom 15. Juni 1869. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsstandsvertrags mit Frankreich bezeichnet nicht nur den für erbrechtliche Klagen zuständigen Richter, sondern auch das anwendbare Recht (Erw. 3 b). Der Vorbehalt des Rechts der gelegenen Sache in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags findet keine Anwendung auf die Abtretung von Erbanteilen, auch wenn der Nachlass nur aus Liegenschaften besteht (Erw. 3 d).

102 IA 430 () from 17. November 1976
Regeste: Art. 22ter BV, Gemeindeautonomie; Nichtgenehmigung eines Zonenplans. 1. Beschwerdebefugnis einzelner Mitglieder einer Erbengemeinschaft? (E. 3.) 2. Die hilfsweise Anrufung der Gemeindeautonomie ist immer dann zulässig, wenn der Beschwerdeführer legitimiert ist, eine Verletzung anderweitiger verfassungsmässiger Rechte zu rügen (E. 8a.) 3. Öffentliches Interesse an der Kleinhaltung der Bauzone (E. 4b); Überprüfung der Zonenplanung der Gemeinde Lostorf (E. 5). 4. Die Nichtgenehmigung einer kommunalen Zonenplanung, in welcher eine bereits zu grosse Bauzone zusätzlich erweitert wird, verletzt die Gemeindeautonomie nicht, auch wenn der Genehmigungsbehörde nur eine beschränkte Zweckmässigkeitskontrolle zusteht (E. 8d).

102 II 385 () from 17. September 1976
Regeste: Parteifähigkeit einer unverteilten Erbschaft im Aberkennungsprozess. Kann eine Erbschaft als solche nach Art. 49 SchKG betrieben werden, muss ihr auch die Passivlegitimation im Rechtsöffnungsverfahren zuerkannt werden. Ist die Erbschaft aber auch berechtigt, im nachfolgenden Aberkennungsprozess als Klägerin aufzutreten? Frage offen gelassen.

104 IB 385 () from 17. März 1978
Regeste: Besteuerung eines durch eine Erbengemeinschaft bei Veräusserung oder Verwertung von Geschäftsliegenschaften erzielten Kapitalgewinns (Art. 21 Abs. 1 lit. d und Art. 43 WStB; Art. 19 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Steuergesetz des Kantons Tessin vom 11. April 1950). 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Veranlagung betreffend die Wehrsteuer bzw. der staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Veranlagung betreffend die kantonalen Steuern. Ein Erbe, der nicht in dem gemäss Art. 77 ff. WStB für die angefochtene Veranlagung zuständigen Kanton Wohnsitz hat, ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht legitimiert; er kann indessen als Mitbeteiligter im Sinn von Art. 110 OG betrachtet werden (E. 2a/b). 2. Verhältnis zwischen der Einkommenssteuer und der Spezialsteuer betreffend Grundstückgewinne. Rechtslage in verschiedenen Kantonen und im besonderen im Kanton Tessin gemäss dem Steuergesetz von 1950 sowie dem Gesetz betreffend die Grundstückgewinnsteuer vom 17. Dezember 1964 (E. 5-7). 3. Entstehung der Steuerforderung gegenüber einer Erbengemeinschaft: Die Steuerforderung entsteht erst mit der Veräusserung oder einer auf die Dauer ausgerichteten und endgültigen Verwertung der vom Erbgang betroffenen Geschäftsliegenschaften, sofern nicht alle oder einzelne Erben durch eine ausdrückliche Erklärung die Überführung ihres Anteils aus dem Geschäftsvermögen in ihr Privatvermögen herbeiführen (E. 8-E. 14: Wehrsteuerrecht; E. 15: kant. Recht). 4. Wertzerlegung einer gemischt genutzten Liegenschaft. Vereinbarkeit des Merkblatts der Eidg. Steuerverwaltung vom 23. Juli 1969 über die Besteuerung von Gewinnen aus teils geschäftlich und teils privat genutzten Liegenschaften (s. ASA 38, 128 ff. u. 131 ff.; Rivista tributaria ticinese 1969, 108 ff.) mit dem WStB (E. 18a).

109 II 400 () from 22. Dezember 1983
Regeste: Sicherstellung der Miterben durch einen nutzniessungsberechtigten Erben (Art. 464, 760 ff. ZGB). 1. Der Entscheid der letzten kantonalen Instanz, durch den ein nutzniessungsberechtigter Erbe zur Sicherstellung der Miterben verpflichtet wird, ist grundsätzlich mit Berufung anfechtbar (E. 1). 2. Das Sicherstellungsbegehren kann durch einen einzigen Erben eingereicht werden, doch müssen sich die Miterben dazu äussern können; soweit diese weder dem Begehren beitreten noch sich von vornherein einem darüber ergehenden Urteil unterziehen wollen, sind sie auf der Seite des Beklagten in den Prozess einzubeziehen (E. 2).

116 IB 447 () from 24. Oktober 1990
Regeste: Art. 86 LwG und Art. 103 lit. a OG; Ablehnung eines Gesuches betreffend Zerstückelung einer landwirtschaftlichen Parzelle und Beschwerdelegitimation der Mitglieder einer Erbengemeinschaft. Tragweite des kantonalen Rechts (Art. 89 des Genfer Gesetzes über die Bodenmelioration vom 5. Juni 1987) im Verhältnis zum Bundesrecht (Art. 86 LwG) hinsichtlich des Zerstückelungsverbotes für landwirtschaftlichen Boden, der Bestandteil einer Güterzusammenlegung gebildet hat; Auswirkungen bezüglich des zur Verfügung stehenden Rechtsmittels (E. 1). Grundsatz des gemeinschaftlichen Vorgehens der Erben und Ausnahmen von diesem Grundsatz. Für die Einreichung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist die Zustimmung sämtlicher Erben oder deren Vertreter notwendig, falls die Beschwerde, wie im vorliegenden Fall, geeignet erscheint, die Interessen der Erbengemeinschaft und der übrigen Miterben zu beeinträchtigen oder auch nur zu gefährden (E. 2).

116 II 131 () from 13. Juni 1990
Regeste: Art. 518 ZGB; Partei- und Prozessfähigkeit des Willensvollstreckers. 1. Sofern der Willensvollstrecker mit der Verwaltung der Erbschaft im Sinne von Art. 518 ZGB betraut ist, steht ihm an Stelle des materiell Berechtigten die aktive oder passive Prozessführungsbefugnis im eigenen Namen und als Partei zu (E. 2 u. 3a). 2. Ein gegen den Willensvollstrecker gerichtetes Urteil erfasst nur die zur Erbschaft gehörenden Vermögenswerte. Der Gläubiger, der zugleich auf die unverteilte Erbschaft und auf das persönliche Vermögen eines Erben greifen möchte, muss daher sowohl gegen diesen Erben als auch gegen den Willensvollstrecker klagen, die beide passivlegitimiert sind (E. 3b und 4). 3. Die Frage, ob eine Vorladung nichtig sei, weil der Willensvollstrecker vom Kläger nicht als beklagte Partei bezeichnet worden ist, beantwortet sich nach kantonalem Verfahrensrecht (E. 5).

116 II 259 () from 5. Juli 1990
Regeste: Zugehörigkeit eines landwirtschaftlichen Gewerbes zu einer Erbschaft, Zuweisungsanspruch nach Art. 620 ZGB. 1. Die Erbschaft umfasst neben den eigentlich hinterlassenen Werten und dem Zuwachs auch die Ersatzwerte. Als solche gelten nach den Grundsätzen der dinglichen Surrogation Vermögensgegenstände, die aus Mitteln der Erbschaft für diese erworben wurden (E. 4). 2. Der aufgrund eines zum Nachlass gehörenden Anspruchs von den Erben gemeinsam erworbene Vermögenswert gehört zur Erbschaft (E. 5). 3. Der Zuweisungsanspruch nach Art. 620 ZGB besteht auch, wenn das landwirtschaftliche Gewerbe nie dem Erblasser gehört hat, sondern erst nach dessen Tod durch Surrogation in den Nachlass gefallen ist (E. 6).

118 II 496 () from 25. November 1992
Regeste: Aktiengesellschaft. Beschluss über die Entlastung der Verwaltung (Art. 695 Abs. 1 aOR). Weder die Erben eines Verwaltungsrates (E. 5a) noch eine Erbengemeinschaft, die ein Mitglied im Verwaltungsrat hat (E. 5b), dürfen am Beschluss der Generalversammlung über die Entlastung des Verwaltungsrates mitwirken.

119 IA 342 () from 27. September 1993
Regeste: Art. 4 BV, § 395 Abs. 1 Ziff. 2 StPO/ZH, Art. 251 StGB; Willkür; Strafverfahren, Rekurslegitimation des Geschädigten. Der einzelne Gesellschafter muss, wenn alle übrigen Mitgesellschafter Straftaten zum Nachteil der einfachen Gesellschaft begangen haben, allein ein Rechtsmittel zu deren Schutz ergreifen können (E. 2a). Eine Schädigung von Individualinteressen durch eine Urkundenfälschung ist möglich, namentlich wenn sie Bestandteil eines schädigenden Vermögensdeliktes ist; es ist deshalb willkürlich, die Rekurslegitimation eines Geschädigten zu verneinen, weil es bei der Urkundenfälschung keinen Geschädigten gebe (E. 2b).

119 IB 56 () from 8. März 1993
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Art. 80 IRSG. Verfahren und Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid des BAP, mit dem ein "Leitkanton" bestimmt wurde (E. 1). Art. 24 Abs. 1 IRSG, Legitimation zur Einsprache gegen einen solchen Entscheid (E. 2). Voraussetzungen der Anwendung von Art. 80 IRSG (E. 3).

119 II 119 () from 4. Mai 1993
Regeste: Tod eines Gesellschafters einer aus zwei natürlichen Personen bestehenden einfachen Gesellschaft; rechtliches Los der im Gesamteigentum beider Gesellschafter stehenden Liegenschaft im Falle der Auflösung der Gesellschaft (Art. 545 Abs. 1 Ziff. 2 OR; Art. 550 Abs. 1 OR; Art. 560 ZGB; Art. 652 ZGB). Bestätigung der Rechtsprechung, wonach eine im Gesamteigentum zweier einfacher Gesellschafter stehende Liegenschaft beim Tod des einen ohne besondere Abrede nicht Alleineigentum des anderen wird (E. 3).

121 III 118 () from 26. April 1995
Regeste: Aktivlegitimation des Mitglieds einer Erbengemeinschaft zur prozessualen Durchsetzung ererbter Urheberrechte (Art. 7, 16 URG; Art. 8, 602 Abs. 2 ZGB; Art. 18 OR; Art. 64 Abs. 1 OG). Die Gesetzesvorschriften, welche die Miturheberschaft regeln, kommen nicht zur Anwendung. Ein einzelnes Mitglied der Erbengemeinschaft ist deshalb nicht befugt, gestützt auf Art. 7 Abs. 3 URG in eigenem Namen eine Urheberrechtsverletzung einzuklagen (E. 2). Die Aktivlegitimation kann im vorliegenden Fall auch nicht aus den Bestimmungen des ZGB über die Erbengemeinschaft abgeleitet werden (E. 3). Ob sie sich aus einem von den Erben abgeschlossenen Erbteilungsvertrag ergibt, hängt von dessen Auslegung ab (E. 4).

122 III 150 () from 14. Mai 1996
Regeste: Art. 731 Abs. 3 ZGB; Ersitzung einer Grunddienstbarkeit. Gehört ein Grundstück zum unverteilten Nachlass, ist eine Ersitzung des Alleineigentums durch einen Erben ausgeschlossen. Fällt eine Eigentumsersitzung ausser Betracht, kann nach Art. 731 Abs. 3 ZGB auch eine Ersitzung einer Grunddienstbarkeit nicht in Frage kommen. Daran ändert nichts, dass die Eigentumsersitzung im Grundbuch vollzogen wurde (E. 2). Ein Teil eines ungültigen Erbteilungsvertrages kann als Dienstbarkeitsvertrag selbständigen Bestand haben, wenn dieser Teil hinsichtlich Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen an einen Dienstbarkeitsvertrag entspricht (E. 3).

123 III 49 () from 20. Dezember 1996
Regeste: Art. 602 ff. und 626 ff. ZGB, die Ausgleichungsklage im Erbteilungsverfahren. Voraussetzungen, unter denen das Interesse an einer blossen Feststellung der Ausgleichungspflicht und des ihr unterworfenen Wertes im Rahmen des Erbteilungsverfahrens bejaht werden kann (E. 1).

125 III 219 () from 12. April 1999
Regeste: Erbrecht; Ausübung von Gestaltungsrechten durch die Erbengemeinschaft (Art. 602 ZGB). Ein Erbe ist Pächter eines Nachlassobjekts: Können sämtliche Miterben den Pachtvertrag ohne weiteres gegen seinen Willen kündigen oder muss um die Bestellung eines Erbenvertreters nachgesucht werden?

130 III 547 () from 5. Februar 2004
Regeste: Art. 598 ZGB und Art. 62 ff. OR; Klage auf Rückerstattung eines Vermächtnisses. Anwendungsgebiet der Erbschaftsklage und der Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung bezüglich der Rückerstattung eines Vermächtnisses, das dem Bedachten trotz einer diese Zuwendung widerrufenden testamentarischen Verfügung ausgeliefert worden ist (E. 2.1).

130 III 550 () from 24. Juni 2004
Regeste: Art. 604 ZGB; Art. 55 Abs. 1 OG; Anfechtung des Teilungsurteils, notwendige Streitgenossenschaft. Jeder Erbe ist berechtigt, das Urteil über die Erbteilung unabhängig von seinen Miterben anzufechten; jedoch muss er auf Grund des materiellen Zivilrechts alle vor der oberen Gerichtsbehörde - hier vor dem Bundesgericht - belangen, ansonsten das Rechtsmittel abgewiesen wird.

134 I 263 (1C_33/2008) from 20. Mai 2008
Regeste: Art. 9 BV; Art. 4 des Genfer Gesetzes über das Wohnungswesen und den Mieterschutz (LGL); Vorkaufsrecht der Gemeinde; Versprechen der Abtretung eines Erbanteils. Die Bedingungen der Abtretung sind nicht genügend bestimmt, um die Ausübung des Vorkaufsrechts der Gemeinde zu gestatten (E. 3).

136 V 7 (9C_194/2009) from 15. Dezember 2009
Regeste: Art. 28 IVG; Art. 573 Abs. 2 ZGB; Art. 196, 260 und 269 SchKG; Art. 48 VwVG; Art. 59 ATSG; Art. 89 Abs. 1 BGG; Anfechtung einer den Nachlass betreffenden Rentenverfügung durch einen ausschlagenden Erben. Ein Erbe, welcher die Erbschaft ausgeschlagen und nicht den Antritt der Erbschaft vor Abschluss des Konkursverfahrens erklärt hat, ist nicht legitimiert, einen in den Nachlass fallenden öffentlich-rechtlichen Rechtsanspruch - in casu Rentenverfügung einer IV-Stelle - in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu verfolgen (E. 2.2). Art. 573 Abs. 2 ZGB ist grundsätzlich auch in einem Nachkonkurs anwendbar (E. 2.2.2.2).

141 III 522 (5A_629/2014) from 29. September 2015
Regeste: Art. 602 Abs. 1 und 2 ZGB, Art. 127 ff. OR; Erbteilung; Verjährung der Forderungen des Nachlasses gegen einen Erben. Die von einem Erben an die Erbengemeinschaft geschuldete Entschädigung für den exklusiven Gebrauch (und/oder Nutzung) einer Erbschaftssache verjährt auch während des Gesamthandverhältnisses (E. 2.1).

141 IV 380 (6B_1198/2014) from 3. September 2015
Regeste: Art. 30 Abs. 1 StGB; Art. 602 Abs. 1 und 2, Art. 652 und 653 Abs. 2 ZGB; Art. 104 Abs. 1 lit. b, Art. 115 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1 und 2, Art. 119 Abs. 2 und Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO; Straftaten zum Nachteil einer Erbengemeinschaft; Nichtanhandnahmeverfügung; Strafantragsrecht und Beschwerdelegitimation von einzelnen Mitgliedern der Erbengemeinschaft. Bei strafbaren Handlungen zum Nachteil einer Erbengemeinschaft gelten die einzelnen Erben als Geschädigte nach Art. 115 Abs. 1 StPO (E. 2.3.3). Als unmittelbar Geschädigtem steht das Strafantragsrecht im Sinne von Art. 30 Abs. 1 StGB dem einzelnen Erben persönlich zu (E. 2.3.4). Der geschädigte Erbe, der von seinem Strafantragsrecht Gebrauch gemacht hat, hat sich im Strafpunkt gültig als Privatkläger (Strafkläger) konstituiert. Als Partei im Sinne von Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO ist er ohne Mitwirkung der übrigen Erben zur Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung legitimiert. Dass der betreffende Erbe zivilrechtliche Ansprüche aus dem Nachlass nicht allein geltend machen kann, steht der Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO nicht entgegen (E. 2.3.5-2.5).

142 III 257 (5A_143/2015) from 23. März 2016
Regeste: Art. 198 Ziff. 2, 197 Abs. 2 Ziff. 5 und 198 Ziff. 4 ZGB; güterrechtliche Zuordnung eines durch Erbteilung erworbenen Gegenstandes. Qualifikation der Übernahme eines Erbschaftsgegenstandes zufolge Erbteilung (E. 4.3.2). Grundsätze für die güterrechtliche Zuordnung eines im Zuge der Erbteilung übernommenen Erbschaftsgegenstandes, wenn der übernehmende Miterbe eine Ausgleichszahlung (soulte) zu leisten hatte (E. 4.3.3).

142 IV 82 (6B_827/2014) from 1. Februar 2016
Regeste: Art. 121 StPO; Wirkungen der Rechtsnachfolge; Legitimation der Angehörigen. Die Angehörigen einer verstorbenen geschädigten Person sind in der Reihenfolge der Erbberechtigung kumulativ oder alternativ zur Zivil- und Strafklage berechtigt (E. 3.2). Im Unterschied zum Zivilpunkt ist im Strafpunkt kein gemeinsames Vorgehen der Erben erforderlich. Der Angehörige einer verstorbenen geschädigten Person kann sich im Strafverfahren allein als Privatkläger im Strafpunkt konstituieren (E. 3.3 und 3.4).

144 III 277 (5A_643/2017) from 3. Mai 2018
Regeste: Art. 67 Ziff. 1 und 69 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG, Art. 602 Abs. 1 ZGB, Art. 128 Ziff. 1 und 130 Abs. 1 OR; Gültigkeit der Betreibung; Vertretung der Erbengemeinschaft in dringlichen Fällen. In dringlichen Fällen ist jeder Erbe kraft der ihm verliehenen gesetzlichen Befugnisse dazu berechtigt, alleine als Vertreter der Erbengemeinschaft zu handeln (E. 3.3). Diese Befugnisse erlöschen, sobald die Dringlichkeit wegfällt (E. 3.3.1). Vorliegend Dringlichkeit bejaht für die Stellung eines Betreibungsbegehrens zwecks Unterbrechung der Verjährung von Mietforderungen, die in den Nachlass fallen sollen (E. 3.3.3). Die gestützt auf die gesetzlichen Befugnisse in dringlichen Fällen vorgenommenen Handlungen bedürfen nicht der Genehmigung durch die Miterben. Vorbehalten bleibt die Haftbarkeit des Erben, der als Vertreter für die Erbengemeinschaft handelt (E. 3.3.5).

 

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