Schweizerisches Zivilgesetzbuch

vom 10. Dezember 1907 (Stand am 1. Juli 2022)


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Art. 919

A. Be­griff und Ar­ten

I. Be­griff

 

1 Wer die tat­säch­li­che Ge­walt über ei­ne Sa­che hat, ist ihr Be­sit­zer.

2 Dem Sach­be­sitz wird bei Grund­dienst­bar­kei­ten und Grund­las­ten die tat­säch­li­che Aus­übung des Rech­tes gleich­ge­stellt.

BGE

83 II 141 () from 27. Februar 1957
Regeste: Besitzesschutz (Art. 926 ff. ZGB). 1. Das Verfahren zur Beurteilung von Besitzesschutzklagen nach Art. 927 und 928 ZGB (ordentliches oder summarisches) wird vom kantonalen Rechte bestimmt (Erw. 2 und 3, a). 2. Das kantonale Recht darf den Besitzesschutz nicht an strengere als die vom Bundesrecht aufgestellten Voraussetzungen knüpfen. Für eine Grunddienstbarkeit (Wegrecht) kann der Besitzesschutz (Art. 919 Abs. 2 ZGB) auch dann angerufen werden, wenn der Eigentümer des in Anspruch genommenen Landes ein allgemeines amtliches Verbot der Störung seines Eigenbesitzes erwirkt hat (Erw. 3 Anfang und lit. a). 3. Wer den Besitzesschutz für eine Grunddienstbarkeit in Anspruch nimmt (Art. 919 Abs. 2 ZGB), hat deren rechtlichen Bestand glaubhaft zu machen (Erw. 3, b).

85 II 275 () from 18. September 1959
Regeste: Besitzes- und Rechtsschutz gegenüber Verletzungen des Nachbarrechts. Übermässige Einwirkungen auf ein Nachbargrundstück (Art. 684 ZGB) als Besitzesstörung (Art. 928 ZGB). Das Urteil über die Besitzesschutzklage, das nur vorfrageweise zu der (einem künftigen Rechtsstreit vorbehaltenen) Rüge der Nachbarrechtsverletzung Stellung nimmt, unterliegt nicht der Berufung an das Bundesgericht. Art. 44-46, 48, 50 OG.

88 II 331 () from 20. September 1962
Regeste: Wohnrecht (Art.776-778ZGB). Einsprache des Wohnberechtigten gegen einen auf dem selben Grundstück geplanten Neubau mit geringem Abstand vom Wohnhause. Ein Streit zwischen dem Eigentümer des Grundstücks und einem daran Dienstbarkeitsberechtigten ist nicht nach Nachbarrecht, sondern nach den die betreffende Dienstbarkeit beherrschenden Normen zu beurteilen (Erw. 4). Stillschweigender übereinstimmender Wille beim Abschluss des Vertrages. Tatfrage (Erw. 5). Aus dem Wohnrecht sich ergebende Ansprüche. Entsprechende Anwendung des Art. 745 Abs. 2 und grundsätzlich auch der Art. 730 ff., namentlich des Art. 737 Abs. 3 ZGB, sowie von Normen des Mietrechtes. - Das Wohnrecht erschöpft sich nicht in der Benutzung der ihm unterstehenden Räume. Der Wohnberechtigte kann ausserdem verlangen, dass die den Wohnungsgenuss mitbestimmenden Vorteile nicht in wesentlichem Masse geschmälert werden, welche die Wohnung bei der Einräumung seines Rechtes bot und er nach Treu und Glauben als für seine Lebenszeit gesichert betrachten durfte. (Erw. 6.)

94 II 348 () from 22. November 1968
Regeste: Besitzesschutz. Berufung an das Bundesgericht. 1. Besitz des Dienstbarkeitsberechtigten am belasteten Grundstück (Art. 919 ZGB; Erw.1). 2. Befugnis der Kantone zum Erlass von Vorschriften, die dem Besitzer gestatten, zum Schutze des Besitzes gegen Störungen im Sinne von Art. 928 ZGB ein mit einer Strafandrohung verbundenes Verbot zu erwirken. Ist die Berufung gegen einen in Anwendung solcher Vorschriften gefällten Entscheid unzulässig, weil das kantonale Recht den angeblich verletzten Vorschriften des Bundesrechts nicht Rechnung tragen musste? (Frage offen gelassen). (Erw. 2). 3. Letztinstanzliche kantonale Entscheide, die nur den Besitzesschutz betreffen, sind keine Endentscheide im Sinne von Art. 48 OG und unterliegen daher nicht der Berufung an das Bundesgericht (Erw. 3).

103 IA 95 () from 30. März 1977
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Strafrecht. Verletzung des Grundsatzes nulla poena sine lege durch eine ausdehnende Auslegung des Begriffes Waffentragen auf den blossen Waffenbesitz.

104 II 15 () from 23. Februar 1978
Regeste: Art. 679 ZGB; Schadenersatzklage wegen Beeinträchtigung bzw. Gefährdung von Grundwasserfassungen durch versickerte Betriebsabwässer 1. Aktivlegitimation der Eigentümer der Wasserfassungen (E. 1) 2. Passivlegitimation a) im allgemeinen (E. 2); b) des Unternehmens, das seine Abwässer in selbst angelegten Becken versickern lässt (E. 3); c) der Eigentümer der Grundstücke, auf denen sich die Sickerbecken befinden (E. 4).

112 II 406 () from 25. September 1986
Regeste: Herausgabe von Inhaberaktien (Art. 641 ZGB). Verbleiben Inhaberaktien unausgeschieden im Gewahrsam eines von zwei Aktionären, so haben beide Aktionäre - analog der Sammelverwahrung in einer Bank - Miteigentum daran. Die dem Miteigentumsanteil entsprechenden Aktien können herausverlangt werden, ohne dass die Aufhebung des Miteigentums verlangt und die Auseinandersetzung gemäss Art. 651 ZGB durchgeführt werden muss (E. 3, 4). Der Miteigentumsanteil kann durch Besitzanweisung auf einen Dritten übertragen werden (E. 5).

119 II 127 () from 18. März 1993
Regeste: Regress der Bauunternehmerin gegen die mit ihr nicht vertraglich verbundene Ingenieurfirma. Fehlende Widerrechtlichkeit nach Art. 41 OR bei reiner Vermögensschädigung ohne Verletzung einer Verhaltensnorm, die nach ihrem Zweck vor solchen Schädigungen schützen soll (E. 3). Sinngemässe Anwendung von Art. 51 OR zugunsten der Bauunternehmerin, die für den aus dem Werkuntergang entstandenen Vermögensschaden bisher allein aufgekommen war, obgleich dafür auch die Bauingenieurfirma (infolge Schlechterfüllung des Ingenieurvertrags) und die Bauherrin (aufgrund von Art. 101 OR) einzustehen hatten (E. 4).

124 III 196 () from 2. März 1998
Regeste: Ordentliche Ersitzung einer Grundlast (Art. 661 ZGB , Art. 731 Abs. 2 und Abs. 3 ZGB, Art. 783 Abs. 3 ZGB, Art. 788 Abs. 2 ZGB und Art. 919 Abs. 2 ZGB; Art. 18 OR). Wasserbezugsrechte, die wegen Formmangels zu Unrecht im Grundbuch eingetragen sind, können ersessen werden (E. 2b).

132 IV 108 () from 17. März 2006
Regeste: a Art. 37 Abs. 3 OG; Sprache des bundesgerichtlichen Urteils. Angesichts der besonderen Situation des Beschwerdeführers ist das Urteil ausnahmsweise in einer anderen Sprache als der angefochtene Entscheid zu verfassen (E. 1.1).

135 III 633 (5A_428/2009) from 23. November 2009
Regeste: Art. 928 ZGB; Besitzesstörung; Fliegen und Landen mit Hängegleitern. Voraussetzung der Ansprüche gemäss Art. 928 Abs. 2 ZGB ist die Störung des Besitzes durch verbotene Eigenmacht. Eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung in einem kommunalen Bau- und Zonenreglement, die ein hindernisfreies und sicheres Überfliegen und Landen mit Hängegleitern bezüglich der dafür vorgesehenen Grundstücke gewährleistet, kann verbotene Eigenmacht ausschliessen. Prüfung des Ausschlusses im konkreten Fall (E. 3-5).

137 IV 134 (1C_424/2010) from 2. Februar 2011
Regeste: Art. 80h lit. b IRSG; Art. 84 und 89 Abs. 1 BGG; Art. 9a IRSV; internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Legitimation zur Anfechtung einer Schlussverfügung. Zeugenbefragung und Aktenedition; Beschwerdelegitimation von juristischen Personen und ihren Organen. Zusammenfassung und Präzisierung der Praxis (E. 5 und 6). Rechtshilferechtlich relevanter Begriff der tatsächlichen Verfügungsgewalt über Dokumente; unmittelbare und direkte Betroffenheit der juristischen Person in der vorliegenden Konstellation verneint (E. 7).

139 III 160 (4A_637/2012) from 3. April 2013
Regeste: a Art. 482 Abs. 1 und Art. 472 Abs. 1 OR; Lagergeschäft, Hinterlegung. Die öffentliche Anerbietung zur Aufbewahrung von Waren stellt ein charakteristisches Element des Lagergeschäfts dar (E. 2.3). Pflichten des Aufbewahrers im Hinterlegungsvertrag (E. 2.4 und 2.5). Rechtswirkungen einer Empfangsbescheinigung (E. 2.7).

144 III 145 (4A_197/2017) from 13. März 2018
Regeste: Art. 924 Abs. 1 und 927 ZGB; Klage aus Besitzesentziehung. Zwei Voraussetzungen der Klage aus Besitzesentziehung (Art. 927 Abs. 1 ZGB; E. 3.1 und 3.2). Für die erste Voraussetzung genügt der mittelbare Besitz: Übertragung des mittelbaren Besitzes an einem Grundstück vom Verkäufer an den Käufer durch Besitzanweisung (E. 3.2.1).

 

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