Schweizerisches Zivilgesetzbuch

vom 10. Dezember 1907 (Stand am 23. Januar 2023)


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Art. 273319

D. Per­sön­li­cher Ver­kehr

I. El­tern und Kin­der

1. Grund­satz

 

1 El­tern, de­nen die el­ter­li­che Sor­ge oder Ob­hut nicht zu­steht, und das min­der­jäh­ri­ge Kind ha­ben ge­gen­sei­tig An­spruch auf an­ge­mes­se­nen per­sön­li­chen Ver­kehr.320

2 Die Kin­des­schutz­be­hör­de kann El­tern, Pfle­ge­el­tern oder das Kind er­mah­nen und ih­nen Wei­sun­gen er­tei­len, wenn sich die Aus­übung oder Nichtaus­übung des per­sön­li­chen Ver­kehrs für das Kind nach­tei­lig aus­wirkt oder wenn ei­ne Er­mah­nung oder ei­ne Wei­sung aus an­de­ren Grün­den ge­bo­ten ist.

3 Der Va­ter oder die Mut­ter kön­nen ver­lan­gen, dass ihr An­spruch auf per­sön­li­chen Ver­kehr ge­re­gelt wird.

319 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 4 des BG vom 26. Ju­ni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 (AS 1999 1118; BBl 1996 I 1).

320 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 20067001).

BGE

92 IV 1 () from 11. Februar 1966
Regeste: Art. 28 Abs. 1 und 220 StGB. 1. Eheleute, die wegen Verletzung in der elterlichen Gewalt Strafantrag stellen, handeln nicht aus abgeleitetem, sondern aus eigenem Rechte (Erw. a). 2. Auch kann diesfalls jeder der beiden Ehegatten das Antragsrecht ausüben, ohne dass es der Zustimmung des andern bedürfte (Erw. b).

107 II 499 () from 15. Oktober 1981
Regeste: Art. 57 Abs. 5 OG. Ausnahme von der Regel (E. 1). Art. 274 Abs. 2 ZGB und Art. 44 OG. Wird dem Vater oder der Mutter das Recht auf persönlichen Verkehr mit ihrem unmündigen Kind von der Vormundschaftsbehörde gestützt auf Art. 274 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 275 Abs. 1 ZGB entzogen, so können sie dagegen nicht Berufung beim Bundesgericht einlegen, weil keine Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 OG vorliegt (E. 2).

111 II 127 () from 18. September 1985
Regeste: Art. 44 lit. d OG; Art. 385 Abs. 3 ZGB. Gegen den Entscheid betreffend die Wiederherstellung der elterlichen Gewalt über mündige Kinder im Sinne von Art. 385 Abs. 3 ZGB ist die Berufung nicht zulässig.

111 II 405 () from 19. Dezember 1985
Regeste: Besuchsrecht des nicht obhutsberechtigten geschiedenen Elternteils. Art. 156 und 273/74 ZGB. Die Ausgestaltung des Besuchsrechts darf nicht vom Willen des betroffenen Kindes allein abhängen. Anderseits ist die Einstellung des Kindes gegenüber dem nicht obhutsberechtigten Elternteil nicht gänzlich ausser acht zu lassen. Es ist in jedem einzelnen Fall abzuklären, weshalb das Kind gegenüber diesem Elternteil eine Abwehrhaltung einnimmt und ob die Ausübung des Besuchsrechts das Kindeswohl tatsächlich gefährdet. Art. 157 ZGB. An die Abänderung des Besuchsrechts darf nicht ein besonders strenger Massstab gelegt werden. Es genügt, wenn sich die Prognose des Scheidungsrichters als falsch erwiesen hat und die Beibehaltung der bisherigen Regelung das Wohl des Kindes gefährden würde.

115 II 206 () from 22. Mai 1989
Regeste: Art. 156 Abs. 1 und 274 Abs. 1 ZGB; Zuteilung der Kinder im Falle der Scheidung. Der Abschluss einer Scheidungskonvention hindert eine Partei nicht daran, dem Richter deren Nichtgenehmigung zu beantragen. Sind die Voraussetzungen für die Kinderzuteilung bei beiden Eltern in gleicher Weise gegeben, behindert aber der eine Elternteil die Beziehungen der Kinder zum andern Elternteil, so verletzt er seine elterlichen Pflichten. Seine Erziehungsfähigkeit ist deshalb als schlechter zu beurteilen als diejenige des andern Elternteils, welcher die Kinder nicht negativ beeinflusst.

115 II 317 () from 4. Juli 1989
Regeste: Art. 156 Abs. 1 und 274 Abs. 1 ZGB; Zuteilung der Kinder bei Scheidung der Eltern. Auch wenn die Mutter durch ihren Wegzug mit den Kindern absichtlich eine grosse räumliche Distanz zum Vater geschaffen hat und damit die Beziehung zwischen ihm und den Kindern behindert, rechtfertigt es sich nicht, die Kinder zwischen den Eltern aufzuteilen. Kinder geschiedener Eltern sollen vielmehr nach Möglichkeit nicht getrennt werden.

117 II 353 () from 19. Juni 1991
Regeste: Art. 156 Abs. 1 und Art. 274 Abs. 1 ZGB; Zuteilung der Kinder bei Scheidung der Eltern. Ein Vorrang der Mutter bei der Zuteilung von Kleinkindern ist auf jeden Fall dann zu verneinen, wenn das Kind seit seinen ersten Lebensmonaten neben der Mutter auch vom Vater intensiv betreut worden ist. Im übrigen rechtfertigt es sich nicht, vom Prinzip der Gleichberechtigung beider Eltern bei der Kinderzuteilung abzuweichen, wenn beide über alle Fähigkeiten für die Betreuung und Erziehung des Kindes verfügen, aber der eine Elternteil das Kind während einer gewissen Zeitspanne widerrechtlich bei sich zurückbehalten hat.

118 II 21 () from 28. Januar 1992
Regeste: Art. 157 und 274 Abs. 2 ZGB. Abänderung eines Scheidungsurteils: Entziehung des Besuchsrechts eines Elternteils. 1. Art. 274 Abs. 2 ZGB bezweckt den Schutz des Kindes und nicht, die Eltern zu bestrafen: Dass diese ihre Pflichten verletzen und sich nicht ernsthaft um ihr Kind kümmern, rechtfertigt die Verweigerung oder die Entziehung des persönlichen Verkehrs nur, wenn diese Verhaltensweisen das Kindeswohl beeinträchtigen (E. 3c). 2. Um zu beurteilen, ob sich ein Elternteil im Sinne von Art. 274 Abs. 2 ZGB nicht ernsthaft um sein Kind gekümmert hat, kann die Auslegung von Art. 265c Ziff. 2 ZGB beigezogen werden; diese Bestimmung umschreibt mit gleichen Worten einen der Fälle, in welchen von der Zustimmung eines Elternteils bei einer Adoption abgesehen werden kann (E. 3d). 3. Anderer wichtiger Grund im Sinne von Art. 274 Abs. 2 ZGB: Die Tatsache, dass der Stiefvater in sozialer und psychischer Hinsicht die Stelle des besuchsberechtigten Elternteils einnimmt, wenn letzterer und das Kind einander gänzlich fremd sind (E. 3e).

118 II 392 () from 22. Dezember 1992
Regeste: Vollstreckung des Besuchsrechtes (Art. 273 ZGB). 1. Die Vollstreckung eines Besuchs- und Ferienrechts richtet sich nach kantonalem Verfahrensrecht. 2. Der Besuchsberechtigte hat konkret die Übergabe der Kinder gemäss den im Urteil festgelegten Modalitäten zu verlangen. 3. Sobald eine Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils in bezug auf das Besuchsrecht eingereicht worden ist, ist es nicht willkürlich, dessen Vollstreckung zu verweigern.

119 II 201 () from 17. Juni 1993
Regeste: Besuchsrecht des nichtobhutsberechtigten Elternteils (Art. 156 Abs. 2 und Art. 273 ZGB). 1. Im Scheidungsverfahren gilt für die Kinderzuteilung und namentlich auch für die Regelung des Besuchsrechts uneingeschränkt die Offizialmaxime. Demzufolge sind weder neue Begehren ausgeschlossen, noch ist das Bundesgericht an die Anträge der Parteien gebunden; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (E. 1). 2. Der Scheidungsrichter ordnet die persönlichen Beziehungen der Eltern zu den Kindern grundsätzlich endgültig und dauerhaft. Eine den gegebenen Verhältnissen bloss für eine begrenzte Zeitspanne angepasste, indessen auf Dauer getroffene Regelung des Besuchsrechts verletzt diesen Grundsatz (E. 3). 3. Ist das Kindeswohl selbst bei einer Ausübung des Besuchsrechts unter Aufsicht gefährdet, und kann dieser Gefahr nicht durch andere Massnahmen wirksam und dauerhaft begegnet werden, so ist das Besuchsrecht zu verweigern (E. 4).

120 IA 369 () from 17. November 1994
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde; zwangsweise Durchsetzung des Besuchsrechts; Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts. Urteilsfähige Minderjährige können selbständig - oder durch den Vertreter ihrer Wahl - handeln, um Rechte betreffend ihre Persönlichkeit wahrzunehmen (E. 1). Ist gegen einen Rückweisungsentscheid, worin dem erstinstanzlichen Richter die Zwangsvollstreckung befohlen wurde, staatsrechtliche Beschwerde erhoben worden, kann das Bundesgericht sich nicht an die Stelle des Sachrichters setzen und aufgrund der vorgebrachten Rügen die Begründetheit des zu vollstreckenden Urteils prüfen (E. 2). Im vorliegenden Fall hätten die erhobenen Rügen (Willkürverbot; Achtung des Privat- und Familienlebens [Art. 8 EMRK] und Garantie der persönlichen Freiheit) ohnehin abgewiesen werden müssen (E. 3-5).

120 II 229 () from 7. Oktober 1994
Regeste: Besuchsrecht; Offizialmaxime; neue Tatsachen und Beweismittel (Art. 156 Abs. 2, Art. 273 ZGB; Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Für die Kinderzuteilung und die damit unmittelbar zusammenhängenden Fragen gilt die Offizialmaxime. Das hat jedoch nicht zur Folge, dass im Berufungsverfahren vor Bundesgericht neue Tatsachen und Beweismittel zulässig sind. In dieser Hinsicht gilt Art. 55 Abs. 1 lit. c OG (E. 1c). Bedeutung von BGE 119 II 201 ff. Diese Rechtsprechung besagt nicht, dass einem Elternteil, der im Verdacht steht, sein Kind sexuell missbraucht zu haben, überhaupt kein Besuchsrecht eingeräumt werden darf. Es kann sich als mit dem Kindeswohl vereinbar erweisen, den persönlichen Verkehr des nicht obhutsberechtigten Elternteils mit dem im Zeitpunkt der Scheidung noch kleinen Kind nicht von Anfang an ganz zu unterbinden, sondern für eine bestimmte Dauer in Form eines begleiteten Besuchsrechts zuzulassen (E. 3b/aa). Das bedeutet jedoch nicht, dass im Scheidungsurteil das Besuchsrecht ebenso provisorisch geregelt werden darf wie im Massnahmeverfahren nach Art. 145 ZGB (E. 3b/bb). Ausgestaltung des Besuchsrechts im konkreten Fall (E. 4).

122 III 404 () from 1. November 1996
Regeste: Begleitetes Besuchsrecht, Ferienrecht (Art. 274 Abs. 2 ZGB). Wie Verweigerung oder Entzug des persönlichen Verkehrs nach Art. 274 Abs. 2 ZGB bedarf auch die Anordnung eines begleiteten Besuchsrechts konkreter Anhaltspunkte für die Gefährdung des Kindeswohls. Eine bloss abstrakte Gefahr einer möglichen ungünstigen Beeinflussung des Kindes reicht nicht aus, um den persönlichen Verkehr nur in begleiteter Form zuzulassen. Das gleiche gilt für den Entzug des Ferienrechtes. Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall. Wird behauptet, dass Besuche überhaupt bzw. unbegleitete Besuche beim besuchsberechtigten Elternteil dem Kind schaden, erweist sich ein Sachverständigengutachten zur Frage des Besuchsrechts des nicht obhutsberechtigten Elternteils in der Regel als unumgänglich. Dabei kommt es im kantonalen Verfahren angesichts der Offizial- bzw. Untersuchungsmaxime nicht darauf an, ob die Parteien einen entsprechenden Antrag gestellt haben (E. 1-4).

123 III 445 () from 20. November 1997
Regeste: Keine gemeinsame elterliche Gewalt der Eltern nach der Scheidung (Art. 297 Abs. 3 ZGB); Bemessung des Besuchsrechtes (Art. 273 ZGB). Bestätigung der Rechtsprechung, wonach gemäss Art. 297 Abs. 3 ZGB die gemeinsame elterliche Gewalt beider Elternteile nach der Scheidung ausgeschlossen ist (E. 2). Ist in einer Scheidungskonvention ein ausgedehntes Besuchsrecht vereinbart worden, kann deren Genehmigung nicht allein mit der Begründung verweigert werden, die Konvention gehe weiter als das nach kantonaler Praxis übliche Besuchsrecht; vielmehr ist zu prüfen, ob die vorgeschlagene Regelung im konkreten Fall mit dem in Art. 273 ZGB vorgesehen "Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr" und insbesondere mit dem Kindeswohl vereinbar ist (E. 3).

130 III 585 () from 15. Juli 2004
Regeste: Umfang des persönlichen Verkehrs (Art. 273 Abs. 1 ZGB). Ist das Verhältnis zwischen dem besuchsberechtigten Elternteil und dem Kind gut, dürfen Konflikte zwischen den Eltern nicht zu einer einschneidenden Beschränkung des Besuchsrechts auf unbestimmte Zeit führen (E. 2).

131 III 209 () from 19. Januar 2005
Regeste: Umfang des persönlichen Verkehrs (Art. 273 Abs. 1 ZGB). Konflikte zwischen den Eltern sind kein Grund für eine Beschränkung des Besuchsrechts gegenüber dem Kind. Eine solche rechtfertigt sich einzig, wenn aufgrund der tatsächlichen Umstände davon auszugehen ist, dass die Gewährung des üblichen Besuchsrechts das Kindeswohl gefährdet (E. 5).

136 I 178 (5A_798/2009) from 4. März 2010
Regeste: Art. 9, 8 und 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK, Art. 9 Abs. 1 KRK; Zuteilung der Obhut über ein Kind im Massnahmeverfahren zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft. Die Zuteilung der Obhut über ein Kind auf die Mutter, deren Erziehungsfähigkeit mehr oder weniger gleich wie diejenige des Vaters ist, verletzt im vorliegenden Fall keine Rechte der Verfassung oder diesen entsprechende Konventionsnormen, obwohl die Mutter wahrscheinlich die Kontakte mit dem Vater nicht begünstigt; sie verfügt jedenfalls über mehr Zeit, sich um das Kind zu kümmern, das überdies seit der Trennung der Parteien praktisch immer mit ihr zusammengelebt hat und dessen Verhaltensstörungen sich durch eine Änderung der Betreuungssituation verschlimmern könnten (E. 5).

137 IV 122 (1B_141/2011) from 16. Mai 2011
Regeste: Haftgrund der Ausführungsgefahr (Art. 221 Abs. 2 StPO); Ersatzmassnahme der Aufenthaltsbeschränkung (Art. 237 Abs. 2 lit. c StPO). Der dringende Tatverdacht (E. 3) und der besondere Haftgrund der Kollusionsgefahr (E. 4) sind zu bejahen. Hingegen liegt keine Ausführungsgefahr gemäss Art. 221 Abs. 2 StPO vor; denn die Möglichkeit der Anordnung von Präventivhaft entfällt, wenn sich die Drohung "lediglich" auf die Ausführung eines Vergehens im Sinne von Art. 10 Abs. 3 StGB bezieht (E. 5.2 und 5.3). Die Aufenthaltsbeschränkung gemäss Art. 237 Abs. 2 lit. c StPO besteht entweder in der Verpflichtung, ein bestimmtes Gebiet nicht zu verlassen (Eingrenzung), oder in jener, eine bestimmte Gegend nicht zu betreten (Ausgrenzung; E. 6.2). Eine Eingrenzung auf ein bestimmtes Gebiet kommt primär bei Fluchtgefahr in Betracht. Geht es demgegenüber darum einer Kollusionsgefahr in Form der möglichen Beeinflussung des mutmasslichen Opfers zu begegnen, genügt in aller Regel eine Ausgrenzung als mildere Massnahme (E. 6.4).

139 I 315 (2C_1112/2012) from 14. Juni 2013
Regeste: Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG; Art. 8 Ziff. 1 EMRK; Art. 13 Abs. 1 BV; Voraussetzungen für einen Aufenthaltsanspruch des nicht sorgeberechtigten ausländischen Elternteils eines in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Kindes. Die für einen solchen Anspruch gemäss ständiger Rechtsprechung vorausgesetzte besondere Intensität der affektiven Beziehung zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil ist als Folge der zivilrechtlichen Entwicklung und der zunehmend extensiven Regelung des Besuchsrechts neu zu umschreiben (E. 2.3 und 2.4). Bei nicht sorgeberechtigten ausländischen Elternteilen eines hier aufenthaltsberechtigten Kindes, welche aufgrund einer inzwischen aufgelösten ehelichen Gemeinschaft mit einer Person schweizerischer Staatsangehörigkeit oder mit Niederlassungsbewilligung bereits eine Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz besassen, ist das Erfordernis der besonderen Intensität der affektiven Beziehung künftig bereits dann als erfüllt anzusehen, wenn der persönliche Kontakt im Rahmen eines nach heutigem Massstab üblichen Besuchsrechts ausgeübt wird. Bei Ausländern, welche erstmals um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ersuchen, ist demgegenüber weiterhin erforderlich, dass die affektiven Beziehungen zum Kind deutlich intensiver gelebt werden, als es einem üblichen Besuchsrecht entspricht. In allen Fällen wird zudem vorausgesetzt, dass das Besuchsrecht auch tatsächlich wahrgenommen wird. Festzuhalten ist schliesslich auch an den übrigen bisherigen Voraussetzungen einer Bewilligungsverlängerung bzw. -erteilung, d.h. an einer besonders intensiven wirtschaftlichen Beziehung zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil sowie an einem tadellosen Verhalten der ausländischen Person (E. 2.4 und 2.5). Anwendung der genannten Voraussetzungen auf den vorliegenden Fall (E. 3).

142 III 502 (5A_581/2015) from 11. August 2016
Regeste: Art. 301a Abs. 2 lit. b und Abs. 5 ZGB; Umzug des Kindes im Inland. Die "erheblichen Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge" beziehen sich in erster Linie auf die Wahrnehmung von Betreuungsanteilen; massgeblich ist, ob das Betreuungskonzept aufrechterhalten werden kann (E. 2.4.1). Erhebliche Auswirkungen alternativ bei der Ausübung der elterlichen Sorge oder dem persönlichen Verkehr machen den Umzug zustimmungspflichtig (E. 2.4.2). Erlaubnis zum Inlandsumzug analog den Kriterien für den Wegzug des Kindes ins Ausland (E. 2.5). Die Prüfung einer Anpassung der Betreuungs-, Besuchs- und Unterhaltsregelung darf aufgrund der engen Interdependenz mit der Wegzugsfrage nicht von dieser abgespalten werden (E. 2.6). Diesbezüglich sind abzuklären das bisherige Betreuungskonzept, die Konturen des Wegzuges, die Bedürfnisse des Kindes sowie die angebotene und tatsächliche mögliche Betreuung durch die Elternteile (E. 2.7).

142 III 545 (5A_220/2016) from 15. Juli 2016
Regeste: Art. 308 Abs. 2 ZGB; Vaterschaftsbeistandschaft. Weigert sich die unverheiratete Mutter, die Identität des Vaters bekannt zu geben, muss die Kindesschutzbehörde dem Kind im Grundsatz einen Beistand bestellen, um die Zweckmässigkeit einer Feststellung des Kindesverhältnisses zum Vater zu prüfen (E. 2 und 3).

142 III 617 (5A_904/2015) from 29. September 2016
Regeste: Art. 176 Abs. 3 ZGB; Streit um die alleinige oder alternierende Obhut im Eheschutzprozess. Zum Obhutsbegriff im revidierten Sorgerecht (E. 3.2.2). Ob eine alternierende Obhut möglich und mit dem Wohl des Kindes vereinbar ist, hat der Richter anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu prüfen (E. 3.2.3). Zu den verschiedenen Kriterien, auf die es bei dieser Beurteilung ankommt (E. 3.2.3). Fällt eine alternierende Obhut ausser Betracht oder wird sie verworfen, ist zusätzlich die Fähigkeit eines jeden Elternteils zu würdigen, den Kontakt zwischen dem Kind und dem andern Elternteil zu fördern (E. 3.2.4). Zur Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 3.2.5).

143 I 21 (2C_27/2016) from 17. November 2016
Regeste: Art. 8 EMRK; Art. 3, 9 und 18 KRK; Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 36 BV; Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG; Art. 273 Abs. 1, 298a Abs. 1 und 2, 301 Abs. 1bis, 301a ZGB; ausländerrechtlicher Familiennachzug unter dem neuen zivilrechtlichen Sorge- und Betreuungsrecht. Beim nachehelichen Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG stehen die Interessen der gemeinsamen Kinder der Eheleute, deren Beziehung gescheitert ist, im Vordergrund und nicht jene von Kindern aus einer den Behörden verschwiegenen Parallelbeziehung (E. 4). Anspruch auf Schutz des Familienlebens bei umgekehrtem Familiennachzug: Interessenabwägung in Bezug auf eine Mutter, welche die Kinder mehrheitlich betreut und über das gemeinsame Sorgerecht mit dem Vater verfügt, dem ein gefestigtes Anwesenheitsrecht zusteht (E. 5). Im konkreten Fall wird der Nachzug verweigert, da der Vater lediglich einen "besuchsrechtsähnlichen" Umgang mit den Kindern pflegt (keine alternierende Obhut), er seinen finanziellen Pflichten diesen gegenüber nicht in einer Weise nachgekommen ist, dass von einer Kompensation der Geld- durch eine entsprechende Naturalleistung gesprochen werden könnte, die Mutter ihrerseits ohne absehbare Aussichten auf Besserung auf Sozialhilfeleistungen angewiesen ist und die Migrationsbehörden im Zusammenhang mit ihrem Aufenthalt getäuscht wurden (E. 6).

144 III 10 (5A_47/2017) from 6. November 2017
Regeste: Art. 301a und 307 ZGB; Umzug des Kindes in einen anderen Landesteil; Sanktionslosigkeit bei Verletzung des Zustimmungserfordernisses; Weisung betreffend Aufenthaltsort des Kindes als Kindesschutzmassnahme; Anpassung des persönlichen Verkehrs. Die Verletzung des Zustimmungserfordernisses nach Art. 301a Abs. 2 ZGB bleibt zivilrechtlich sanktionslos (E. 5). Eine auf Art. 307 ZGB gestützte Weisung betreffend Aufenthaltsort des Kindes stellt eine von Art. 301a ZGB unabhängige Kindesschutzmassnahme dar, welche eine Gefährdung des Kindeswohls voraussetzt und nur im Ausnahmefall gerechtfertigt ist (E. 6). Bei der Anpassung des persönlichen Verkehrs gemäss Art. 301a Abs. 5 ZGB ist den konkreten Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen; die Verweisung auf ein Regelbesuchsrecht ist nicht statthaft (E. 7).

 

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