Schweizerisches Zivilgesetzbuch

vom 10. Dezember 1907 (Stand am 23. Januar 2023)


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Art. 416

B. Zu­stim­mungs­be­dürf­ti­ge Ge­schäf­te

I. Von Ge­set­zes we­gen

 

1 Für fol­gen­de Ge­schäf­te, die der Bei­stand oder die Bei­stän­din in Ver­tre­tung der be­trof­fe­nen Per­son vor­nimmt, ist die Zu­stim­mung der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de er­for­der­lich:

1.
Li­qui­da­ti­on des Haus­halts, Kün­di­gung des Ver­trags über Räum­lich­kei­ten, in de­nen die be­trof­fe­ne Per­son wohnt;
2.
Dau­er­ver­trä­ge über die Un­ter­brin­gung der be­trof­fe­nen Per­son;
3.
An­nah­me oder Aus­schla­gung ei­ner Erb­schaft, wenn da­für ei­ne aus­drück­li­che Er­klä­rung er­for­der­lich ist, so­wie Erb­ver­trä­ge und Erb­tei­lungs­ver­trä­ge;
4.
Er­werb, Ver­äus­se­rung, Ver­pfän­dung und an­de­re ding­li­che Be­las­tung von Grund­stücken so­wie Er­stel­len von Bau­ten, das über or­dent­li­che Ver­wal­tungs­hand­lun­gen hin­aus­geht;
5.
Er­werb, Ver­äus­se­rung und Ver­pfän­dung an­de­rer Ver­mö­gens­wer­te so­wie Er­rich­tung ei­ner Nutz­nies­sung dar­an, wenn die­se Ge­schäf­te nicht un­ter die Füh­rung der or­dent­li­chen Ver­wal­tung und Be­wirt­schaf­tung fal­len;
6.
Auf­nah­me und Ge­wäh­rung von er­heb­li­chen Dar­le­hen, Ein­ge­hung von wech­sel­recht­li­chen Ver­bind­lich­kei­ten;
7.
Leib­ren­ten- und Ver­pfrün­dungs­ver­trä­ge so­wie Le­bens­ver­si­che­run­gen, so­weit die­se nicht im Rah­men der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge mit ei­nem Ar­beits­ver­trag zu­sam­men­hän­gen;
8.
Über­nah­me oder Li­qui­da­ti­on ei­nes Ge­schäfts, Ein­tritt in ei­ne Ge­sell­schaft mit per­sön­li­cher Haf­tung oder er­heb­li­cher Ka­pi­tal­be­tei­li­gung;
9.
Er­klä­rung der Zah­lungs­un­fä­hig­keit, Pro­zess­füh­rung, Ab­schluss ei­nes Ver­gleichs, ei­nes Schieds­ver­trags oder ei­nes Nach­lass­ver­trags, un­ter Vor­be­halt vor­läu­fi­ger Mass­nah­men des Bei­stands oder der Bei­stän­din in drin­gen­den Fäl­len.

2 Die Zu­stim­mung der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ist nicht er­for­der­lich, wenn die ur­teils­fä­hi­ge be­trof­fe­ne Per­son ihr Ein­ver­ständ­nis er­teilt und ih­re Hand­lungs­fä­hig­keit durch die Bei­stand­schaft nicht ein­ge­schränkt ist.

3 Im­mer der Zu­stim­mung der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de be­dür­fen Ver­trä­ge zwi­schen dem Bei­stand oder der Bei­stän­din und der be­trof­fe­nen Per­son, aus­ser die­se er­teilt einen un­ent­gelt­li­chen Auf­trag.

BGE

98 V 230 () from 19. Oktober 1972
Regeste: Art. 5 Abs. 2 AHVG. - Die Ausübung einer Funktion der öffentlichen Verwaltung ist nicht an sich schon unselbständige Tätigkeit (Präzisierung der Rechtsprechung). - Die Entschädigung, welche eine Vormundschaftsbehörde gemäss Art. 416 ZGB einem nebenamtlichen Vormund zuspricht, ist massgebender Lohn. Art. 12 und 14 Abs. 1 AHVG. Das Gemeinwesen, welches Träger der Vormundschaftsbehörde ist, ist Arbeitgeber des Vormundes, und zwar auch dann, wenn dessen Entschädigung zu Lasten des Mündelvermögens ausgerichtet wird.

99 IA 430 () from 11. Juli 1973
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege im Vaterschaftsprozess. Der Umstand, dass das Kind einen von der Vormundschaftsbehörde bestellten Beistand hat, ist kein Grund, ihm einen Rechtsbeistand im Armenrecht zu verweigern (Präzisierung der Rechtsprechung).

142 III 545 (5A_220/2016) from 15. Juli 2016
Regeste: Art. 308 Abs. 2 ZGB; Vaterschaftsbeistandschaft. Weigert sich die unverheiratete Mutter, die Identität des Vaters bekannt zu geben, muss die Kindesschutzbehörde dem Kind im Grundsatz einen Beistand bestellen, um die Zweckmässigkeit einer Feststellung des Kindesverhältnisses zum Vater zu prüfen (E. 2 und 3).

145 I 183 (5C_2/2017) from 11. März 2019
Regeste: Art. 27, 49 und 94 BV, Art. 404 ZGB; abstrakte Kontrolle der (neuen) Art. 31a bis 31d des Gesetzes des Kantons Neuenburg vom 27. Juni 2017 zur Änderung des Gesetzes über die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden; Entschädigung der unabhängigen Privatbeistände; Wahrung der Wirtschaftsfreiheit und des Grundsatzes des Vorrangs des Bundesrechts. Kategorien von Beiständen; Darstellung des Systems der Entschädigung der Beistände im Kanton Neuenburg unter Herrschaft des bisherigen und des neuen Rechts (E. 3). Keine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit (E. 4). Grundsätze für die Entschädigung des Beistandes; zulässige kantonale Tarifmodelle; Vereinbarkeit des auf Pauschalen mit Mindest- und Höchstbeträgen beruhenden Tarifsystems des Kantons Neuenburg mit dem Bundesrecht (Art. 404 ZGB); Verletzung des Grundsatzes des Vorrangs des Bundesrechts, soweit der neue Tarif die Möglichkeit, die Grundentschädigung in Fällen zu erhöhen, in denen sie mit Blick auf den tatsächlichen Aufwand des Beistands als unangemessen erscheint, auf maximal 30 % begrenzt (E. 5).

146 V 139 (9C_669/2019) from 7. April 2020
Regeste: Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 8 und 9 Abs. 1, Art. 13 AHVG; AHV-rechtliches Beitragsstatut. Die Versicherte übt in ihrer Funktion als von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde ernannte Fachbeiständin (Privatperson mit spezifischen beruflichen Qualifikationen) eine AHV-beitragsrechtlich selbstständige Erwerbstätigkeit aus (E. 6.2 und 6.3).

 

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