Schweizerisches Zivilgesetzbuch

vom 10. Dezember 1907 (Stand am 23. Januar 2023)


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Art. 712m

D. Or­ga­ni­sa­ti­on

I. Ver­samm­lung der Stock­werk­ei­gen­tü­mer

1. Zu­stän­dig­keit und recht­li­che Stel­lung

 

1 Aus­ser den in an­dern Be­stim­mun­gen ge­nann­ten hat die Ver­samm­lung der Stock­werk­ei­gen­tü­mer ins­be­son­de­re die fol­gen­den Be­fug­nis­se:

1.
in al­len Ver­wal­tungs­an­ge­le­gen­hei­ten, die nicht dem Ver­wal­ter zu­ste­hen, zu ent­schei­den;
2.
den Ver­wal­ter zu be­stel­len und die Auf­sicht über des­sen Tä­tig­keit zu füh­ren;
3.
einen Aus­schuss oder einen Ab­ge­ord­ne­ten zu wäh­len, dem sie Ver­wal­tungs­an­ge­le­gen­hei­ten über­tra­gen kann, wie na­ment­lich die Auf­ga­be, dem Ver­wal­ter be­ra­tend zur Sei­te zu ste­hen, des­sen Ge­schäfts­füh­rung zu prü­fen und der Ver­samm­lung dar­über Be­richt zu er­stat­ten und An­trag zu stel­len;
4.
jähr­lich den Kos­ten­vor­an­schlag, die Rech­nung und die Ver­tei­lung der Kos­ten un­ter den Ei­gen­tü­mern zu ge­neh­mi­gen;
5.
über die Schaf­fung ei­nes Er­neue­rungs­fonds für Un­ter­halts- und Er­neue­rungs­ar­bei­ten zu be­fin­den;
6.
das Ge­bäu­de ge­gen Feu­er und an­de­re Ge­fah­ren zu ver­si­chern und die üb­li­chen Haft­pflicht­ver­si­che­run­gen ab­zu­sch­lies­sen, fer­ner den Stock­werk­ei­gen­tü­mer, der sei­ne Räu­me mit aus­ser­or­dent­li­chen Auf­wen­dun­gen bau­lich aus­ge­stal­tet hat, zur Leis­tung ei­nes zu­sätz­li­chen Prä­mi­en­an­teils zu ver­pflich­ten, wenn er nicht ei­ne Zu­satz­ver­si­che­rung auf ei­ge­ne Rech­nung ab­sch­liesst.

2 So­weit das Ge­setz nicht be­son­de­re Be­stim­mun­gen ent­hält, fin­den auf die Ver­samm­lung der Stock­werk­ei­gen­tü­mer und auf den Aus­schuss die Vor­schrif­ten über die Or­ga­ne des Ver­eins und über die An­fech­tung von Ver­eins­be­schlüs­sen An­wen­dung.

BGE

108 II 77 () from 3. Februar 1982
Regeste: Art. 44, 46 OG. Anfechtung von Beschlüssen der Versammlung der Stockwerkeigentümer. Der Streit um die Gültigkeit von Beschlüssen der Versammlung der Stockwerkeigentümer ist im Sinne von Art. 44 Abs. 1 und 46 OG vermögensrechtlicher Natur.

119 II 404 () from 8. Oktober 1993
Regeste: Stockwerkeigentum. Haftung der einzelnen Stockwerkeigentümer neben der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer (Art. 647 ff. ZGB, 649 ZGB, 712a ff. ZGB). 1. Begriff der Verwaltungskosten und der "anderen Lasten" gemäss Art. 649 Abs. 1 ZGB. Art. 649 Abs. 2 ZGB ist auf das Stockwerkeigentum als besonders ausgestaltetes Miteigentum anwendbar. Die Anfechtung eines Beschlusses der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, mit welchem diese Prozesskosten der in einem Verfahren unterlegenen Stockwerkeigentümergemeinschaft übernommen und auf sämtliche, d.h. auch auf die obsiegenden Stockwerkeigentümer verteilt hat, gehört nicht zu den Verwaltungsbefugnissen im Sinne von Art. 647 ff. ZGB (E. 4). 2. Aktiv- und Passivlegitimation im Verfahren betreffend Anfechtung von Beschlüssen der Stockwerkeigentümerversammlung (E. 5). 3. Es gibt keine unmittelbare, neben der Gemeinschaft bestehende Haftung der einzelnen Stockwerkeigentümer. Damit entfällt auch die Möglichkeit, diese unmittelbar und anteilsmässig für Verpflichtungen zu belangen, für welche die Gemeinschaft handlungs-, prozess-, betreibungs- und vermögensfähig ist (E. 6). 4. Anwendungsbereich von Art. 649 Abs. 2 ZGB im Stockwerkeigentum (E. 7).

120 II 11 () from 26. Januar 1994
Regeste: Zivilrechtsstreitigkeit; Stockwerkeigentum; Streit um die Art, den Umfang, die Modalitäten und den zeitlichen Ablauf der als notwendig bezeichneten baulichen Massnahmen (Art. 44 und 46 OG; Art. 712g, Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1, Art. 647c ZGB). Stehen einzig Art, Umfang, Modalitäten und zeitlicher Ablauf der als notwendig bezeichneten baulichen Massnahmen gemäss Art. 647c ZGB sowie die Bestellung eines Architekten als Kontrolleur im Streit, so liegt keine Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne der Art. 44 und 46 OG vor (E. 2).

123 III 53 () from 6. Februar 1997
Regeste: Art. 649a und 712h-k ZGB, Art. 49 Abs. 2 VZG und Art. 1 Abs. 2 OR; Nichthaften des Ersteigerers einer Stockwerkeinheit für fällige Beiträge an die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten. Die Bestimmungen der von den Miteigentümern vereinbarten Nutzungs- und Verwaltungsordnung können dem Rechtsnachfolger eines Miteigentümers nur insoweit im Sinne von Art. 649a ZGB entgegengehalten werden, als sie einen unmittelbaren Bezug zur gemeinschaftlichen Verwaltung und Nutzung der Sache haben. Das trifft nicht zu auf eine Bestimmung, wonach der Erwerber einer Stockwerkeinheit solidarisch mit dem Veräusserer für die Bezahlung von fälligen gemeinschaftlichen Kosten und Lasten hafte (E. 3). Voraussetzungen, unter denen bei der Zwangsverwertung eines Grundstücks der Ersteigerer verpflichtet sein kann, Zahlungen über den Zuschlagspreis hinaus zu leisten (E. 4). Stillschweigende Äusserung eines Verpflichtungswillens (E. 5)?

131 III 459 () from 16. Juni 2005
Regeste: Art. 712m ZGB; Beschlüsse der Stockwerkeigentümer; Minderheitenschutz; Rechtsmissbrauchsverbot und Gleichbehandlungsgebot. Die gesetzlichen Bestimmungen über das Stockwerkeigentum gewährleisten den Schutz der Minderheit nur in verfahrensmässiger Hinsicht. Bezogen auf den Inhalt der zu treffenden Beschlüsse gebietet der Grundsatz der schonenden Rechtsausübung, dass die Mehrheit von verschiedenen gleichwertigen Entscheidungsmöglichkeiten diejenige wählt, die die Interessen der Minderheit nicht oder am wenigsten beeinträchtigt. Zusätzlich verbietet der Grundsatz der Gleichbehandlung Unterscheidungen ohne sachlichen Grund, sofern die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im konkreten Einzelfall ein gewisses erhebliches Mindestmass erreicht (E. 5).

134 III 481 (5A_149/2007) from 10. Juli 2008
Regeste: Art. 712m Abs. 2, Art. 68 ZGB; Wahl des Verwalters und des Abwarts einer Stockwerkeigentümergemeinschaft sowie Festsetzung der Entschädigung; Ausschliessung vom Stimmrecht. Aufgrund des Verweises in Art. 712m Abs. 2 ZGB findet die Vorschrift über die Ausschliessung vom Stimmrecht (Art. 68 ZGB) auf die Stockwerkeigentümerversammlung Anwendung (E. 3.4). Bei der Wahl des Verwalters handelt es sich nicht um ein Rechtsgeschäft i.S. von Art. 68 ZGB, sondern um einen internen Verwaltungsakt, sodass auch ein Stockwerkeigentümer an einem Beschluss teilnehmen kann, welcher seine Wahl zum Verwalter betrifft (E. 3.5). Rechtsgeschäfte gemäss Art. 68 ZGB sind hingegen der Beschluss auf Leistung einer Entlöhnung für die Tätigkeit als Verwalter (E. 3.6) und die Wahl eines Abwarts sowie der Beschluss auf Leistung einer Entlöhnung für dessen Tätigkeit (E. 3.7), sodass der betreffende Stockwerkeigentümer an dieser Beschlussfassung nicht stimmberechtigt ist. Ist ein Stockwerkeigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen, so gilt dies auch dann, wenn er einen nicht vom Stimmrecht ausgeschlossenen Stockwerkeigentümer vertritt (E. 3.8). Unter Verletzung von Art. 68 ZGB abgegebene Stimmen sind als ungültig zu betrachten und nicht zu zählen. Die Nichtteilnahme an einer Versammlung steht einer Berufung auf Art. 68 ZGB nicht entgegen (E. 3.9).

136 III 174 (5A_729/2009) from 26. März 2010
Regeste: Art. 2, 75 und 712m Abs. 2 ZGB; Anfechtung eines Beschlusses der Stockwerkeigentümerversammlung, welcher nach einer den formellen Anforderungen nicht genügenden Einberufung gefasst wurde; Grundsatz von Treu und Glauben. Ein Stockwerkeigentümer kann einen Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung anfechten, dem er nicht zugestimmt hat (Art. 75 ZGB i.V.m. Art. 712m Abs. 2 ZGB). Beruft er sich auf einen Verfahrensfehler, zwingt ihn jedoch Art. 2 ZGB dazu, den Mangel vor der Beschlussfassung über die betroffene Frage zu beanstanden, um dessen unmittelbare Behebung zu ermöglichen (E. 5.1).

139 III 297 (5A_246/2012) from 17. April 2013
Regeste: Art. 82 Abs. 1 SchKG; provisorische Rechtsöffnung, Schuldanerkennung; Kosten des Miteigentums. Die von der Versammlung der Stockwerkeigentümer genehmigte Kostenabrechnung in Verbindung mit dem vom betriebenen Eigentümer unterzeichneten Reglement über die Verwaltung und Benutzung des Stockwerkeigentums stellt keine Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG dar (E. 2.1-2.3). Verpfändet der betriebene Eigentümer zur Sicherung bestimmter Kosten einen Schuldbrief, der nur nach Tilgung dieser Kosten herauszugeben ist, stellt dies in Verbindung mit einer von der Versammlung der Stockwerkeigentümer einstimmig genehmigten Kostenabrechnung hingegen einen provisorischen Rechtsöffnungstitel dar (E. 2.4).

140 III 561 (5A_44/2014) from 10. November 2014
Regeste: Art. 209 Abs. 4 zweiter Satz ZPO; Frist zur Einreichung der Klage nach Erteilung der Klagebewilligung. Mit den "weiteren besonderen gesetzlichen Klagefristen", welche in Art. 209 Abs. 4 zweiter Satz ZPO vorbehalten werden, sind Fristen prozessualer Natur gemeint (E. 2).

143 III 537 (5A_79/2017) from 17. November 2017
Regeste: Art. 712m ZGB; Art. 69 GBV; Stockwerkeigentum, das vor Erstellung des Gebäudes begründet wurde; Entscheid der Versammlung der Stockwerkeigentümer in Verletzung einer zwingenden Quorumsbestimmung. Entscheid der Versammlung der Stockwerkeigentümer in Verletzung einer zwingenden Quorumsbestimmung: Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit? (E. 4.2). Stellung der noch nicht gebauten Stockwerkeigentumseinheit; Recht ihres Eigentümers, an der Versammlung der Stockwerkeigentümer teilzunehmen (E. 4.3).

145 III 121 (5A_340/2017) from 11. Dezember 2018
Regeste: Art. 712l Abs. 2 ZGB; Stockwerkeigentum; Passivlegitimation bei Störungen, die von gemeinschaftlichen Bauteilen ausgehen. Störereigenschaft und Passivlegitimation des Störers (E. 4.1). Umfang der Passivlegitimation der Stockwerkeigentümergemeinschaft (E. 4.3). Verselbständigung der Stockwerkeigentümergemeinschaft und Abgrenzung zur Gesamtheit der Stockwerkeigentümer als Miteigentümer (E. 4.3.3). Interne und externe Angelegenheiten der Stockwerkeigentümer (E. 4.3.4). Beschlusskompetenzen und Beschlussfassung der Stockwerkeigentümerversammlung (E. 4.3.5). Anfechtungsklage gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft und Klage gegen die Gesamtheit der Stockwerkeigentümer (E. 4.3.6).

146 III 7 (5A_919/2018) from 6. November 2019
Regeste: Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 und 798 Abs. 2 ZGB; Bauhandwerkerpfandrecht; Stockwerkeigentum. Verteilung des Bauhandwerkerpfandrechts bei Bauarbeiten an mehreren Stockwerkeinheiten (E. 2, 4.1 und 4.4.1).

 

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