Schweizerisches Zivilgesetzbuch

vom 10. Dezember 1907 (Stand am 1. September 2023)


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Art. 28b33

b. Ge­walt, Dro­hun­gen oder Nach­stel­lun­gen

 

1 Zum Schutz ge­gen Ge­walt, Dro­hun­gen oder Nach­stel­lun­gen kann die kla­gen­de Per­son dem Ge­richt be­an­tra­gen, der ver­let­zen­den Per­son ins­be­son­de­re zu ver­bie­ten:

1.
sich ihr an­zunä­hern oder sich in ei­nem be­stimm­ten Um­kreis ih­rer Woh­nung auf­zu­hal­ten;
2.
sich an be­stimm­ten Or­ten, na­ment­lich be­stimm­ten Stras­sen, Plät­zen oder Quar­tie­ren, auf­zu­hal­ten;
3.
mit ihr Kon­takt auf­zu­neh­men, na­ment­lich auf te­le­fo­ni­schem, schrift­li­chem oder elek­tro­ni­schem Weg, oder sie in an­de­rer Wei­se zu be­läs­ti­gen.

2 Lebt die kla­gen­de Per­son mit der ver­let­zen­den Per­son in ei­ner Woh­nung zu­sam­men, so kann sie dem Ge­richt zu­dem be­an­tra­gen, die ver­let­zen­de Per­son für ei­ne be­stimm­te Zeit aus der Woh­nung aus­zu­wei­sen. Aus wich­ti­gen Grün­den kann die­se Frist ein­mal ver­län­gert wer­den.

3 Das Ge­richt kann, so­fern dies nach den ge­sam­ten Um­stän­den als ge­recht­fer­tigt er­scheint, der kla­gen­den Per­son:

1.
für die aus­sch­liess­li­che Be­nüt­zung der Woh­nung ei­ne an­ge­mes­se­ne Ent­schä­di­gung der ver­let­zen­den Per­son auf­er­le­gen; oder
2.
mit Zu­stim­mung des Ver­mie­ters die Rech­te und Pflich­ten aus ei­nem Miet­ver­trag al­lein über­tra­gen.

3bis Es teilt sei­nen Ent­scheid den zu­stän­di­gen Kin­des- und Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­den und der zu­stän­di­gen kan­to­na­len Stel­le nach Ab­satz 4 so­wie wei­te­ren Be­hör­den und Drit­ten mit, so­weit dies zu de­ren Auf­ga­ben­er­fül­lung oder zum Schutz der kla­gen­den Per­son not­wen­dig er­scheint oder der Voll­stre­ckung des Ent­schei­des dient.34


4 Die Kan­to­ne be­zeich­nen ei­ne Stel­le, die im Kri­sen­fall die so­for­ti­ge Aus­wei­sung der ver­let­zen­den Per­son aus der ge­mein­sa­men Woh­nung ver­fü­gen kann, und re­geln das Ver­fah­ren.

33 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983 (AS 1984 778; BBl 1982 II 636). Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 2006 (Schutz der Per­sön­lich­keit ge­gen Ge­walt, Dro­hun­gen oder Nach­stel­lun­gen), in Kraft seit 1. Ju­li 2007 (AS2007 137; BBl 2005 68716897).

34 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

BGE

126 III 161 () from 23. Dezember 1999
Regeste: Art. 28 ff. ZGB, 49 und 60 OR; Verantwortlichkeit einer Druckerei für Persönlichkeitsverletzung in einer von ihr gedruckten Zeitung. Eine Klage zum Schutz der Persönlichkeit und eine Genugtuungsklage gelten auch dann als gleichzeitig im Sinn von Art. 28b Abs. 2 ZGB erhoben, wenn zunächst am Wohnsitz des Klägers Genugtuungsansprüche erhoben werden und erst später - sofern dies nach kantonalem Prozessrecht überhaupt möglich ist - auf Schutz der Persönlichkeit geklagt wird (E. 2). Bei einer Pressekampagne beginnt die einjährige Verjährungsfrist gemäss Art. 60 Abs. 1 OR solange nicht zu laufen, bis das Ende der persönlichkeitsverletzenden Publikationen erkennbar ist (E. 3). Die Klagen zum Schutz auf Persönlichkeit gemäss Art. 28a Abs. 1 und 2 ZGB können gegen Personen erhoben werden, die an der Persönlichkeitsverletzung mitgewirkt haben, ohne dass ein Verschulden vorausgesetzt wäre (E. 5a). Allerdings ist das Vorliegen eines Verschuldens für die Zusprechung von Genugtuung in den Fällen erforderlich, in denen ein Verschulden für die Zusprechung von Schadenersatz verlangt wird (E. 5b/aa; Präzisierung der Rechtsprechung). Konkretisierung der Sorgfalt, die von einer Druckerei zu verlangen ist (E. 5b/bb und cc).

134 I 140 (1C_407/2007, 1C_409/2007) from 31. Januar 2008
Regeste: Art. 82 ff. BGG; Art. 5 und 6 EMRK; Art. 9, Art. 10 Abs. 2, Art. 29 Abs. 1 und 2, Art. 31 und 32 BV; § 5, 6, 9 und 11 GSG/ZH; Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; Schutzmassnahmen gegen häusliche Gewalt nach dem zürcherischen Gewaltschutzgesetz. Zur Überprüfung von Massnahmen, die gestützt auf das zürcherische Gewaltschutzgesetz ergangen sind, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben (E. 2). Die im vorliegenden Fall auferlegten Gewaltschutzmassnahmen (Rayon- und Kontaktverbot) fallen weder unter den Begriff der Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 5 EMRK und Art. 31 BV (E. 3) noch unter den Begriff der strafrechtlichen Anklage im Sinne von Art. 6 EMRK (E. 4). Mit der Auferlegung von Gewaltschutzmassnahmen besteht die Möglichkeit der Gefährdung des durch das Zivil- und Strafrecht geschützten "guten Rufs". Der gute Ruf stellt ein "civil right" dar und fällt daher in den Schutzbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 5.2). § 9 Abs. 3 GSG/ZH geht über den bundes- und konventionsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör hinaus und garantiert das Recht des Gesuchsgegners, nach Möglichkeit mündlich angehört zu werden. Im vorliegenden Fall wurde die Gehörsverletzung geheilt (E. 5.3-5.5). § 9 Abs. 4 GSG/ZH garantiert keinen über Art. 29 Abs. 2 BV hinausgehenden absoluten Anspruch auf Beweisabnahme (E. 5.6 und 5.7). Das angeordnete Rayonverbot stellt keine unverhältnismässige Einschränkung der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers dar (E. 6).

141 IV 437 (6B_492/2015) from 2. Dezember 2015
Regeste: Art. 181 StGB; Nötigung durch Stalking. Belästigt der Täter das Opfer vielfach und über längere Dauer, ist mit der Zeit jede einzelne Handlung geeignet, die Handlungsfreiheit des Opfers derart einzuschränken, dass ihr eine mit Gewalt oder Drohung vergleichbare Zwangswirkung zukommt (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3.2). Widerrechtlichkeit der Einschränkung der Handlungsfreiheit und mehrfach versuchte Nötigung vorliegend bejaht (E. 3.3).

142 I 152 (2C_777/2015) from 26. Mai 2016
Regeste: CEDAW; Art. 3 und 8 EMRK; Art. 7, 10, 13 und 35 BV; Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG; Art. 77 VZAE. Fortbestehen des Anspruchs auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft im Falle von ehelicher Gewalt. Erforderliches Beweismass und Beweisanforderungen bei der Feststellung ehelicher Gewalt von hinreichender Intensität (E. 6.2).

144 III 257 (5A_429/2017) from 13. April 2018
Regeste: Art. 28b Abs. 1 ZGB; Massnahmen zum Schutz vor Nachstellungen. Verhältnismässigkeit, Befristung und Bestimmtheit von Massnahmen zum Schutz vor Stalking (E. 3 und 4).

 

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