Schweizerisches Zivilgesetzbuch

vom 10. Dezember 1907 (Stand am 1. September 2023)


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Art. 439

G. An­ru­fung des Ge­richts

 

1 Die be­trof­fe­ne oder ei­ne ihr na­he­ste­hen­de Per­son kann in fol­gen­den Fäl­len schrift­lich das zu­stän­di­ge Ge­richt an­ru­fen:

1.
bei ärzt­lich an­ge­ord­ne­ter Un­ter­brin­gung;
2.
bei Zu­rück­be­hal­tung durch die Ein­rich­tung;
3.
bei Ab­wei­sung ei­nes Ent­las­sungs­ge­suchs durch die Ein­rich­tung;
4.
bei Be­hand­lung ei­ner psy­chi­schen Stö­rung oh­ne Zu­stim­mung;
5.
bei Mass­nah­men zur Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit.

2 Die Frist zur An­ru­fung des Ge­richts be­trägt zehn Ta­ge seit Mit­tei­lung des Ent­scheids. Bei Mass­nah­men zur Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit kann das Ge­richt je­der­zeit an­ge­ru­fen wer­den.

3 Das Ver­fah­ren rich­tet sich sinn­ge­mä­ss nach den Be­stim­mun­gen über das Ver­fah­ren vor der ge­richt­li­chen Be­schwer­de­in­stanz.

4 Je­des Be­geh­ren um ge­richt­li­che Be­ur­tei­lung ist un­ver­züg­lich an das zu­stän­di­ge Ge­richt wei­ter­zu­lei­ten.

BGE

139 III 98 (5C_2/2012) from 17. Dezember 2012
Regeste: Art. 450 Abs. 1 ZGB; Beschwerde beim zuständigen Gericht; Regelung im Kanton Zürich. Der Zürcher Bezirksrat darf im zivilrechtlichen Bereich als Gericht im materiellen Sinn anerkannt und vom kantonalen Recht als Beschwerdeinstanz gegenüber Entscheiden der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde bezeichnet werden (E. 3 und 4).

139 III 257 (5A_299/2013) from 6. Juni 2013
Regeste: Art. 450e Abs. 4 ZGB; Anhörung der Person, die fürsorgerisch untergebracht wurde. Verpflichtung der gerichtlichen Beschwerdeinstanz, die betroffene Person persönlich anzuhören, selbst wenn Letztere bereits in erster Instanz von einer gerichtlichen Behörde angehört worden ist. Diese Verpflichtung rechtfertigt sich ebenso sehr durch das Fehlen des Erfordernisses, die Beschwerde zu begründen (Art. 450e Abs. 1 ZGB), wie durch die Notwendigkeit für die Beschwerdeinstanz, sich über die Situation des Betroffenen eine eigene Meinung zu bilden (E. 4).

142 III 732 (5A_738/2016) from 17. November 2016
Regeste: Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) des Kantons Thurgau als zuständiges Gericht im Verfahren nach Art. 439 Abs. 1 ZGB. Die KESB des Kantons Thurgau ist ein Gericht im Sinn von Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 und Art. 5 Ziff. 4 EMRK sowie Art. 439 Abs. 1 ZGB (E. 3). Zur personellen Zusammensetzung der KESB als verfügende Behörde und als Instanz gemäss Art. 439 Abs. 1 ZGB (E. 4).

142 III 795 (5A_386/2016) from 27. Oktober 2016
Regeste: Letztinstanzlicher kantonaler Entscheid betreffend Massnahmen des kantonalen Rechts (Art. 437 Abs. 2 ZGB); Rechtsmittel. Zulässiges Rechtsmittel an das Bundesgericht ist die Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG) (E. 2).

143 III 189 (5A_83/2017) from 23. Februar 2017
Regeste: Anrufung des Gerichts nach ärztlicher fürsorgerischer Unterbringung; Erfordernis eines Gutachtens bei psychischer Störung (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 3 ZGB i.V.m. Art. 450e Abs. 3 ZGB). Im Falle einer psychischen Störung ist ein Gutachten einer sachverständigen Person erforderlich (E. 3).

143 III 337 (5A_255/2017) from 18. Mai 2017
Regeste: Fürsorgerische Unterbringung zwecks Behandlung einer psychischen Störung (Art. 426 Abs. 1 ZGB); Anordnung der Behandlung ohne Zustimmung (Art. 434 Abs. 1 ZGB); zum Begriff der Anordnung. Als Anordnung im Sinn des Gesetzes gilt die von einem Oberarzt der Einrichtung unterzeichnete Verfügung, die ausdrücklich eine Zwangsmassnahme gestützt auf Art. 434 Abs. 1 ZGB für unbestimmte Zeit anordnet. Nicht erforderlich ist, dass die Art der angeordneten Zwangsmassnahme (hier die Behandlung mit bestimmten Medikamenten) in der Verfügung ausdrücklich genannt wird. Zur Bedeutung des Behandlungsplans gemäss Art. 433 Abs. 1 ZGB in diesem Zusammenhang (E. 2).

146 III 377 (5A_175/2020) from 25. August 2020
Regeste: Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB; Anrufung des Gerichts bei ärztlich angeordneter fürsorgerischer Unterbringung; interkantonale Zuständigkeit. Für die Beurteilung der Beschwerde gegen die ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbringung ist interkantonal das Gericht am Ort, wo die Unterbringung angeordnet wurde, zuständig (E. 3-6).

 

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