Schweizerisches Zivilgesetzbuch


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Art. 170

J. Aus­kunfts­pflicht

 

1 Je­der Ehe­gat­te kann vom an­dern Aus­kunft über des­sen Ein­kom­men, Ver­mö­gen und Schul­den ver­lan­gen.

2 Auf sein Be­geh­ren kann das Ge­richt den an­dern Ehe­gat­ten oder Drit­te ver­pflich­ten, die er­for­der­li­chen Aus­künf­te zu er­tei­len und die not­wen­di­gen Ur­kun­den vor­zu­le­gen.

3 Vor­be­hal­ten bleibt das Be­rufs­ge­heim­nis der Rechts­an­wäl­te, No­ta­re, Ärz­te, Geist­li­chen und ih­rer Hilfs­per­so­nen.

BGE

82 III 1 () from 20. April 1956
Regeste: Zwangsvollstreckung unter Ehegatten. Art. 173 ff. ZGB. Wird einem Ehegatten a) bei einer Verfügung im Scheidungsprozesse nach Art. 145 b) bei einer Verfügung zum Schutze der ehelichen Gemeinschaft nach Art. 170 ZGB; c) bei gerichtlicher Trennung der Ehe ausser Unterhaltsbeiträgen eine Prozessentschädigung zugesprochen, so ist auch für diese die Zwangsvollstreckung ohne Beschränkung zulässig. Art. 176 Abs. 2 ZGB.

83 II 263 () from 10. Oktober 1957
Regeste: Alimente für eheliche Kinder. Klagelegitimation der Mutter. Materielle Rechtskraft. Voraussetzungen und Funktion. Identität des Streitgegenstandes? Erhebt der rechtskräftig zu einer Zahlung verurteilte Schuldner unter Berufung auf Tatsachen, die seit Erlass des Urteils eingetreten sind, gegen seine Zahlungspflicht Einreden, so kann der Gläubiger nicht gehindert werden, neuerdings auf Zahlung zu klagen, selbst wenn er auf Grund des frühern Urteils definitive Rechtsöffnung erhalten könnte.

83 II 491 () from 12. Dezember 1957
Regeste: Vorsorgliche Massnahmen im Ehescheidungs- oder -trennungsprozess. Art. 145 ZGB. Örtliche Zuständigkeit. 1. Prüfungspflicht des Richters (Erw. 1). 2. Ob die Ehefrau bei Anhebung ihrer Klage am Orte des Prozesses selbständigen Wohnsitz erworben hatte, ist bei schweizerischer Nationalität der Parteien ausschliesslich nach schweizerischem Recht zu entscheiden, auch wenn sich der Wohnsitz des Ehemannes im Ausland befindet (Erw. 2). 3. Die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes durch Vereinbarung gibt der Ehefrau kein Recht auf Begründung eines selbständigen Wohnsitzes. Tritt aber während des getrennten Lebens eines der in Art. 170 Abs. 1 ZGB berücksichtigten Gefährdungsmomente ein, so ist diese Vorschrift analog anzuwenden (Erw. 3). 4. Wann liegt Wohnsitznahme vor? (Erw. 4).

84 III 1 () from 29. April 1958
Regeste: Zwangsvollstreckung unter Ehegatten (Art. 173 ff. ZGB). Prozessentschädigungen sind nur dann gemäss Art. 176 Abs. 2 ZGB vom Betreibungsverbot ausgenommen, wenn sie mit der Zuerkennung von Unterhaltsansprüchen zusammenhängen. Bei Prüfung der Frage, ob die dem Ehemann auferlegten periodischen Leistungen als Unterhaltsbeiträge oder aber als Haushaltungsgeld (wofür die Zwangsvollstreckung ausgeschlossen ist) anzusehen seien, haben die Betreibungsbehörden darauf abzustellen, ob die Ehegatten tatsächlich getrennt leben oder einen gemeinsamen Haushalt führen. Lohnpfändung (Art. 93 SchKG). Der Notbedarf eines getrennt lebenden Ehemannes ist ohne Rücksicht darauf, ob er zum Getrenntleben berechtigt sei oder nicht, nach Massgabe der tatsächlich vorhandenen Verhältnisse zu berechnen.

85 II 297 () from 2. Oktober 1959
Regeste: Wohnsitz der Ehefrau. Gerichtsstand für die Scheidungsklage. Hat sich die Ehefrau kraft einer ihr nach Art. 170 Abs. 1 ZGB zustehenden Berechtigung an einem andern Orte fest im Sinne von Art. 23 Abs. 1 ZGB niedergelassen, so hat sie dort ihren einzigen Wohnsitz (Art. 25 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 2 ZGB), der für sie selbst wie auch für Dritte massgebend ist und insbesondere den Gerichtsstand für eine von ihr beabsichtigte Scheidungsklage nach Art. 144 ZGB bestimmt (Erw. 1). Wird eine an diesem Ort angehobene Scheidungsklage abgewiesen mit der Begründung, die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft sei für die Klägerin nicht unzumutbar geworden (Art. 142 Abs. 1 ZGB), so ist damit der Frage nicht vorgegriffen, ob Gründe zum Getrenntleben im Sinne von Art. 170 Abs. 1 ZGB (weiterhin) bestehen (Erw. 3).

86 II 303 () from 13. September 1960
Regeste: 1. Gesuche nach Art. 169 ff. ZGB sind beim Richter des Wohnsitzes des gesuchstellenden Ehegatten anzubringen. Bestätigung der Rechtsprechung, wonach die Ehefrau, wenn sie nach Gesetz berechtigt ist, getrennt zu leben, auch ohne richterliche Bewilligung einen selbständigen Wohnsitz begründen kann. Art. 25 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 170 Abs. 1 und 2 ZGB. (Erw. 1 und 2). 2. Die von einem Ehemann schweizerischer Nationalität in Deutschland, an seinem angeblichen Wohnsitz, angehobene Scheidungsklage ist nach Art. 3 des schweizerisch/deutschen Urteilsvollstreckungsabkommens in Verbindung mit Art. 7 g Abs. 3 NAG nicht zulässig, wenn die Ehefrau nach den Normen des schweizerischen Rechtes einen selbständigen Wohnsitz in der Schweiz hat. Eine solche Klage steht daher der Beurteilung eines auf die Art. 169 ff. ZGB gestützten Gesuches der Ehefrau durch den Richter ihres Wohnsitzes nicht entgegen. (Erw. 3).

88 IV 15 () from 16. April 1962
Regeste: Art. 140 Ziff. 1 und 3 StGB. 1. Veruntreuung unter Ehegatten ist möglich (Erw. 3); 2. Die bei der Güterverbindung zum Mannesgut und zur Errungenschaft gehörenden Mobilien sind Eigentum des Ehemannes und daher für die Ehefrau fremde Sachen (Erw. 4); 3. Solche vom Ehemann während des richterlich gebotenen Getrenntlebens im ehelichen Haus zurückgelassenen Gegenstände sind der weiterhin in diesem Hause wohnenden Ehefrau anvertraut (Erw. 5).

89 I 303 () from 6. Juni 1963
Regeste: Wann ist ein auf Klage einer schweizerisch/ausländischen Doppelbürgerin in ihrem andern Heimatstaat ergangenes Scheidungsurteil in der Schweiz anzuerkennen? Art. 7 g und 7 h NAG. Ausfüllung von Gesetzeslücken. Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB. Tragweite des Art. 144 ZGB.Hat eine gebürtige Ausländerin bei der Heirat mit einem Schweizerbürger ihre angestammte Staatsangehörigkeit beibehalten, so ist die von ihr in ihrem andern Heimatstaat erlangte Ehescheidung gegen den in der Schweiz wohnhaften Ehemann von den schweizerischen Behörden anzuerkennen, - wenn die Ehefrau berechtigterweise (gemäss Art. 25 Abs. 2 und Art. 170 Abs. 1 ZGB) in ihrem andern Heimatstaat Wohnsitz genommen hatte (Erw. 2-4); - ebenso, wenn sie sich ohne solche Berechtigung in ihrem andern Heimatstaat dauernd niedergelassen hatte und ihr als Bürgerin mit gewöhnlichem Aufenthalt im dortigen Staatsgebiet ein Gerichtsstand für die Scheidungsklage zur Verfügung stand (Erw. 5); - dagegen nicht bei tatsächlichem Daueraufenthalt der Ehefrau in der Schweiz (Erw. 5). Vorbehalt der öffentlichen Ordnung der Schweiz (Erw. 6).

91 II 321 () from 18. November 1965
Regeste: Gerichtsstand der Ehescheidungsklage. Art. 144 ZGB. Ein schweizerischer Ehegatte mit Wohnsitz in der Schweiz kann die Ehescheidungsklage ausschliesslich an seinem Wohnsitz anbringen. Massgebend ist der Wohnsitz bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Streites. Das kantonale Recht bestimmt, welcher prozessuale Akt die Rechts hängigkeit herbeiführt; dagegen steht es ihm nicht zu, dem klagen den Ehegatten ausser dem in diesem Zeitpunkt bestehenden Wohn sitz noch einen andern (frühern) Wohnsitz als Gerichtsstand zur Wahl zu stellen.

91 II 412 () from 10. Dezember 1965
Regeste: Eheschutz, Art. 169 ff. ZGB. Ist die Sperrung eines Grundbuchblattes als Sicherungsmassnahme zulässig? 1. Eheschutzmassnahmen nach Art. 169 ff. ZGB unterliegen nicht der Berufung an das Bundesgericht, wohl aber der Nichtigkeitsbeschwerde aus einem der in Art. 68 OG vorgesehenen Gründe. (Erw. 1). 2. Welche Massnahmen kann der Richter im Verfahren nach Art. 169 ff. ZGB treffen? (Erw. 2). 3. Kann der Richter die Sperrung eines Grundbuchblattes verfügen: a) als vorsorgliche Massnahme im Scheidungsprozess, gemäss Art. 145 ZGB? Frage offen gelassen; b) als Eheschutzmassnahme nach Art. 169 ff. ZGB, um einem Ehegatten die Benutzung einer ihm zugewiesenen Wohnung im Hause des andern Ehegatten zu sichern? Frage verneint. (Erw. 3). 4. Kann der Richter das einem Ehegatten im Verfahren nach Art. 169 ff. ZGB zuerkannte Recht auf Benutzung einer solchen Wohnungals persönliches Recht nach Art. 959 ZGB im Grundbuch vormerken lassen? (Erw. 4). 5. Kassatorische Wirkung der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG. (Erw. 5).

91 IV 228 () from 17. Dezember 1965
Regeste: Art. 220 StGB. Vorenthalten eines Unmündigen. 1. Täter kann auch der Ehegatte sein, dem das Kind während des Scheidungsverfahrens nicht zugeteilt ist (Erw. 1). 2. Dieser Ehegatte ist dem schweizerischen Recht auch dann unterworfen, wenn er das Kind im Ausland zurückhält, der andere Ehegatte aber, dem es zugeteilt ist, in der Schweiz wohnt. 3. Unter Erfolg im Sinne von Art. 7 StGB ist der Schaden zu verstehen, um dessentwillen die Handlung unter Strafe gestellt ist. Ein solcher Schaden tritt nicht nur bei den Erfolgsdelikten im technischen Sinne, sondern auch bei den schlichten Tätigkeitsdelikten ein (Erw. 2).

100 II 65 () from 20. Juni 1974
Regeste: Eheschutzmassnahmen. Gerichtsstand für Ausländer. Der im Ausland wohnende, zum Getrenntleben berechtigte Ehegatte eines in der Schweiz wohnhaften Ausländers kann am Wohnsitz des Beklagten auf Anordnung von Massnahmen zum Schutze der ehelichen Gemeinschaft klagen. Er braucht nicht nachzuweisen, dass er in seinem ausländischen Wohnsitzstaat kein in der Schweiz vollstreckbares Urteil erwirken kann.

101 II 1 () from 25. März 1975
Regeste: Eheschutzverfahren (Art. 169 ff. ZGB); Zuständigkeit. Die Anhängigmachung einer Scheidungsklage vermag die Zuständigkeit des bereits zuvor angerufenen Eheschutzrichters nur soweit aufzuheben, als die im Eheschutzverfahren verlangten Massnahmen nicht auf die ihr vorangehende Zeit zurückwirken sollen.

101 IV 42 () from 27. Januar 1975
Regeste: Art. 181 StGB; Nötigung. 1. Die Nötigung ist nur dann strafbar, wenn der damit verfolgte Zweck oder das dazu verwendete Mittel gegen die Rechtsordnung oder die guten Sitten verstösst (Erw. 1). 2. Begriff und Rechtswidrigkeit der Gewaltanwendung (Erw. 3a u. b). 3. Rechtswidrigkeit des verfolgten Zwecks (Erw. 3c). 4. Frage des Vorsatzes (Erw. 4).

103 II 6 () from 17. März 1977
Regeste: Scheidung von Ausländern in der Schweiz; Art. 7h NAG. Scheidungsklage einer in der Schweiz wohnenden Niederländerin gegen ihren in Mexiko weilenden deutschen Ehemann. 1. Ob die Ehefrau einen selbständigen, von ihrem Ehemann unabhängigen Wohnsitz besitzt, beurteilt sich nach schweizerischem Recht (E. 1). 2. Anerkennung des schweizerischen Scheidungsgerichtsstandes durch die Niederlande, wenn die Ehegatten in der Schweiz geheiratet haben und hier bis zur Abreise des Ehemannes nach Mexiko ihren einzigen gemeinsamen Wohnsitz hatten (E. 4).

104 II 246 () from 21. Dezember 1978
Regeste: Massnahmen für die Dauer eines im Ausland eingeleiteten Scheidungsprozesses; Zuständigkeit des schweizerischen Eheschutzrichters. Die Zuständigkeit des schweizerischen Eheschutzrichters entfällt nicht schon mit der Einleitung des Scheidungsverfahrens im Ausland, sondern erst dann, wenn der ausländische Richter vorsorgliche Massnahmen für die Dauer des Prozesses angeordnet hat und diese in der Schweiz vollstreckbar erklärt worden sind.

105 II 218 () from 14. Juni 1979
Regeste: Art. 50 OG. Der Entscheid, mit dem ein oberes Gericht den Prozess zur Aussprechung der Scheidung und zur Regelung der Nebenfolgen an die erste Instanz zurückweist, ist ein selbständiger Vor- oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 50 OG (E. 1; Änderung der Rechtsprechung). Art. 142 Abs. 2 ZGB. Wann ist die Berufung auf Art. 142 Abs. 2 ZGB rechtsmissbräuchlich? (E. 3, 4).

108 III 54 () from 15. November 1982
Regeste: Art. 176 Abs. 2 ZGB; Ausnahme vom Zwangsvollstreckungsverbot unter Ehegatten. Prozessentschädigungen, die in einem Scheidungs- oder Trennungsprozess oder in einem Verfahren nach Art. 170 ZGB dem obsiegenden Ehegatten zugesprochen werden, ohne dass im gleichen Prozess auch über Unterhaltsbeiträge entschieden worden wäre, sind als Beiträge im Sinne von Art. 176 Abs. 2 ZGB zu betrachten, die vom Richter festgesetzt worden sind. Sie sind daher vom Zwangsvollstreckungsverbot unter Ehegatten ausgenommen, sofern die Gatten das Zusammenleben nach Beendigung des Verfahrens nicht wieder aufnehmen (Änderung der Rechtsprechung).

109 IA 41 () from 20. April 1983
Regeste: Art. 85 lit. a OG. Gemeindeautonomie. BG über die politischen Rechte vom 17.12.1976; V über die politischen Rechte vom 24. Mai 1978. Streichung einer Person aus dem Stimmregister einer Gemeinde. Wohnsitz. 1. Staatsrechtliche oder Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 1)? 2. Die solothurnischen Gemeinden sind auf dem Gebiete des Wahl- und Abstimmungsrechtes im allgemeinen nicht autonom (E. 2c, d). 3. Legitimation der stimmberechtigten Einwohner dieser Gemeinde zur Stimmrechtsbeschwerde bejaht (E. 3a). 4. Politischer Wohnsitz der Ehefrau: Ehefrauen, denen das Recht getrennt zu leben im Sinne des Art. 170 ZGB nicht zusteht, können keinen politischen Wohnsitz haben, der sich vom zivilrechtlichen Wohnsitz gemäss Art. 25 Abs. 1 ZGB unterscheidet (E. 4, 5).

109 II 180 () from 14. Juli 1983
Regeste: Art. 145 ZGB, 68 Abs. 1 lit. b OG, 8 des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen vom 3. Januar 1933. Vorsorgliche Massnahmen des schweizerischen Richters zu einer Scheidungsklage einer italienischen Ehefrau, die ihr schweizerisches Bürgerrecht behalten hat: der Ehemann kann dagegen keine Einrede der Rechtshängigkeit erheben mit der Begründung, dass beim italienischen Richter bereits eine Trennungsklage eingereicht sei. Identische Begehren liegen nicht vor, da sich der Gegenstand der Trennungsklage nach italienischem Recht von jenem der Scheidungsklage gemäss schweizerischem Zivilgesetzbuch unterscheidet.

111 II 308 () from 27. August 1985
Regeste: Entscheid des Eheschutzrichters betreffend Unterhaltsbeiträge; Wirkung über den Zeitpunkt hinaus, da das in der Folge ergangene Scheidungsurteil im Scheidungspunkt in Rechtskraft erwachsen ist? Es ist nicht willkürlich, die unter Berufung auf den eheschutzrichterlichen Entscheid für Unterhaltsbeiträge verlangte Rechtsöffnung zu verweigern mit der Begründung, im Scheidungspunkt sei das inzwischen ergangene Scheidungsurteil in Rechtskraft erwachsen.

111 III 1 () from 8. Februar 1985
Regeste: Art. 173 ff. ZGB; Zwangsvollstreckungsverbot unter Ehegatten. Die Parteientschädigung, die dem Ehemann im Anfechtungsprozess um die Vaterschaft des von der Ehefrau geborenen Kindes zugesprochen worden ist, untersteht dem Verbot der Zwangsvollstreckung.

117 II 218 () from 11. Juli 1991
Regeste: Anfechtung einer gerichtlich genehmigten Scheidungskonvention wegen Irrtums und Täuschung. Auskunftspflicht der Parteien im Scheidungsverfahren (Art. 24 und 28 OR). Auf die Auskunftspflicht anwendbares Recht (Art. 61 IPRG). 1. Sieht das kantonale Prozessrecht vor, dass ein gerichtlicher Vergleich wegen eines Willensmangels nur auf dem Weg der Revision angefochten werden kann, so unterliegt der Entscheid, der die Revision mangels Vorhandenseins eines Willensmangels verweigert, als Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG der Berufung (E. 1). 2. Voraussetzungen für die Irrtumsanfechtung eines gerichtlichen Vergleichs (E. 3 bis 5). - Auch ein fahrlässiger Irrtum führt grundsätzlich zur Anfechtbarkeit. Kümmert sich jedoch jemand bei Vergleichsschluss nicht um die Klärung einer bestimmten Frage, obgleich sich diese offensichtlich stellt, so darf die andere Partei daraus schliessen, dieser Punkt sei für den Partner ohne Bedeutung (E. 3b). - Ein Irrtum kann auch darin bestehen, dass jemand ein tatsächlich bereits eingetretenes Ereignis für ein zukünftiges und dessen Eintritt deshalb für unsicher hält. Demgegenüber genügt es nicht, dass eine zukünftige Entwicklung anders verlaufen ist, als der Anfechtende sie sich bei Vergleichsschluss vorgestellt hatte (E. 4b). 3. Im Scheidungsverfahren ist jeder Ehegatte verpflichtet, den andern von sich aus über sein Einkommen und Vermögen zu informieren, soweit dies für ein Geltendmachen der Ansprüche nötig ist und die Auskunft nicht auf andere Weise erhalten werden kann. Die Verletzung dieser Pflicht kann mit Blick auf den Abschluss der Scheidungskonvention eine absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR darstellen (E. 5). 4. Diese Informationspflicht ergibt sich aus dem Scheidungsrecht selber und trifft die Parteien in einem schweizerischen Scheidungsverfahren unabhängig davon, welchem Recht die Wirkungen der Ehe im allgemeinen und das Güterrecht unterstehen (E. 5a). 5. Bedeutung der Frage der Verkäuflichkeit einer Unternehmensbeteiligung für deren Bewertung im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung (E. 4a).

125 III 57 () from 21. Dezember 1998
Regeste: Einzeladoption durch einen Ehegatten (Art. 264b Abs. 2 ZGB). Aus Wortlaut, Sinn und Entstehungsgeschichte von Art. 264b Abs. 2 ZGB ergibt sich, dass eine Einzeladoption durch einen der getrennt lebenden Ehegatten nur bei einer seit mehr als drei Jahre dauernden gerichtlichen Trennung gemäss Art. 147 Abs. 1 ZGB möglich ist (E. 2).

132 III 291 () from 21. Dezember 2005
Regeste: Art. 84 Abs. 1 lit. c, Art. 86 Abs. 1 und Art. 88 OG; Art. 3, 23 und Ziff. 6 des Vorbehalts zu Art. 23 des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen; Art. 170 ZGB. Zulässigkeit der Staatsvertragsbeschwerde; Kognition des Bundesgerichts (E. 1). Die Ratifizierung des Übereinkommens durch die Schweiz; das Beweisverfahren in den USA; der Vorbehalt gemäss Art. 23 des Übereinkommens betreffend die Verweigerung von Rechtshilfeersuchen aus einem "pre-trial discovery"-Verfahren (E. 2). Die im materiellen Recht gründende Auskunftspflicht der Ehegatten nach Art. 170 ZGB kann nicht mit der Beweisbeschaffung nach US-amerikanischem Prozessrecht verglichen werden (E. 4.2). Genügt das Gesuch den Begründungsanforderungen von Art. 3 Abs. 1 lit. c des Übereinkommens nicht, ist die Vollzugsbehörde nicht verpflichtet, von sich aus Abklärungen vorzunehmen (E. 4.3.1).

132 III 598 () from 7. August 2006
Regeste: Art. 125 ZGB; Unterhaltsbeitrag zu Gunsten des Ehegatten. Die Dauer des der Ehe vorangegangenen Konkubinats ist aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falls bei der Festsetzung des Unterhaltsbeitrags zu berücksichtigen (E. 9.2). Der anspruchsberechtigte Ehegatte kann die Lebenshaltung verlangen, die ihm während der langandauernden Trennungszeit vor der Scheidung zustand, auch wenn während der ersten Jahre die Lebenshaltung durch seine eigenen Mittel sichergestellt wurde (E. 9.3).

132 III 677 () from 2. Mai 2006
Regeste: Erbschaftsklage, Art. 598 ff. ZGB; Auskunftsklage gegen Erbschaftsbesitzer. Im internationalen Verhältnis richtet sich die Zuständigkeit zur Beurteilung der Erbschaftsklage nach Art. 86 IPRG (E. 3.2 und 3.3). Voraussetzungen zur Erhebung der Erbschaftsklage (E. 3.4 und 3.5). Gegenüber Dritten als Erbschaftsbesitzer besteht ein erbrechtlicher Anspruch auf Auskunft (E. 4).

142 III 116 (4A_340/2015) from 21. Dezember 2015
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Zivilsachen; Rechtshilfeersuchen nach Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HBewUe 70) (Art. 11 Abs. 1 lit. a und Art. 12 Abs. 1 lit. b HBewUe 70; Art. 166 Abs. 2 ZPO). Anwendbares Recht (E. 2). Ablehnungsgründe: insb. Verletzung des Bankgeheimnisses (E. 3.1) und der grundlegenden Prinzipien des schweizerischen Verfahrensrechts (Anspruch auf rechtliches Gehör; E. 3.2). Verfahren der Vollstreckung nach Art. 335 ff. ZPO (E. 3.3), Beschwerde nach Art. 319 lit. a ZPO und Beschwerdelegitimation (E. 3.4).

143 III 113 (5A_295/2016) from 23. Februar 2017
Regeste: Art. 129 und 170 ZGB; Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO; Auskunftsgesuch des geschiedenen Ehegatten im Abänderungsprozess. Zur Frage, ob der materiellrechtliche Auskunftsanspruch nach Art. 170 ZGB über die Auflösung der Ehe hinaus im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Abänderung des nachehelichen Unterhalts (Art. 129 ZGB) nachwirkt (E. 4.3). Zu den Voraussetzungen, unter denen der geschiedene Ehegatte im Abänderungsprozess im Rahmen einer vorsorglichen Beweisführung (Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO) Auskünfte über das Einkommen des Exehegatten erzwingen kann (E. 4.4).

144 III 298 (5A_623/2017) from 14. Mai 2018
Regeste: Art. 283 Abs. 1 ZPO; Scheidungsverfahren; Einheit des Entscheids; Teilentscheid im Scheidungspunkt. Der Grundsatz, wonach das Gericht im Entscheid über die Ehescheidung auch über deren Folgen befindet, schliesst einen Teilentscheid im Scheidungspunkt nicht aus, wenn die Ehegatten einem Teilentscheid im Scheidungspunkt zustimmen oder wenn das Interesse des einen Ehegatten an einem Teilentscheid im Scheidungspunkt das Interesse des anderen Ehegatten an einem gleichzeitigen Entscheid von Scheidung und Scheidungsfolgen überwiegt (E. 5-8).

147 III 139 (4A_125/2020) from 10. Dezember 2020
Regeste: Auskunftsrecht nach Art. 8 Abs. 2 lit. a und Abs. 5 DSG; verfügbare Angaben über die Herkunft der Daten. Der materielle Anspruch auf Auskunftserteilung (Art. 8 Abs. 2 lit. a DSG) und die Voraussetzungen sowie der Umfang des Anspruchs auf Beweisabnahme nach Art. 150 Abs. 1 und 152 Abs. 1 ZPO sind auseinanderzuhalten. Weder der materielle Anspruch auf Auskunft nach Datenschutzgesetz noch der zivilprozessuale Anspruch auf Beweisabnahme dürfen aber zu einer verpönten Beweisausforschung missbraucht werden, indem beispielsweise das Auskunftsbegehren einzig zum Zweck gestellt wird, eine (spätere) Gegenpartei auszuforschen und Beweise zu beschaffen, an die eine Partei sonst nicht gelangen könnte (E. 1.7-1.7.2). Tragweite der Pflicht, Informationen über die Herkunft der Daten bekannt zu geben. Unter "verfügbare Angaben über die Herkunft der Daten" könen zwar auch ausserhalb der eigentlichen Datensammlung aufbewahrte Informationen fallen. Angaben über die Herkunft von Daten, die allenfalls im Gehirn einer Person gespeichert sein könnten, werden aber nicht vom Auskunftsrecht erfasst. Dass sich die Herkunft der Daten im Rahmen entsprechender Abklärungen allenfalls rekonstruieren lässt, bedeutet nicht, dass diese Angaben verfügbar im Sinne von Art. 8 Abs. 2 lit. a DSG sind (E. 3).

 

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