Schweizerische Zivilprozessordnung
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Art. 229 Neue Tatsachen und Beweismittel
1 In der Hauptverhandlung werden neue Tatsachen und Beweismittel nur noch berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und:
2 Hat weder ein zweiter Schriftenwechsel noch eine Instruktionsverhandlung stattgefunden, so können neue Tatsachen und Beweismittel zu Beginn der Hauptverhandlung unbeschränkt vorgebracht werden. 3 Hat das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären, so berücksichtigt es neue Tatsachen und Beweismittel bis zur Urteilsberatung. 81 Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2015 (Gewerbsmässige Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3643; BBl 2014 8669). Court decisions
139 III 457 (4A_346/2013) from Oct. 22, 2013
Regeste: Art. 6 und 243 ZPO; Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Handels- und Mietgericht. Begriff der "geschäftlichen Tätigkeit" nach Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO (E. 3). Das Handelsgericht ist für Streitigkeiten, die gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO nach dem vereinfachten Verfahren zu beurteilen sind, nicht zuständig; die Regelung der Verfahrensart geht jener über die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts vor (E. 4). Begriff des "Kündigungsschutzes" nach Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO (E. 5).
142 III 402 (4A_636/2015) from June 21, 2016
Regeste: Vereinfachtes Verfahren (Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO). Zum "Kündigungsschutz" im Sinne dieser Norm gehören auch Streitigkeiten betreffend die Ausweisung eines Mieters, welche nur die Gültigkeit einer Kündigung zum Gegenstand haben, ohne dass sich Fragen des Kündigungsschutzes im engeren Sinne (Anfechtbarkeit der Kündigung oder Erstreckung des Mietverhältnisses) stellen (E. 2).
142 III 413 (4A_619/2015) from May 25, 2016
Regeste: Art. 310, 311, 316, 317, 328 ZPO; Verfahren und Novenrecht in der Berufungsinstanz. Grundsätze des Berufungsverfahrens (E. 2.2.1 und 2.2.2); Kognition des Berufungsgerichts und letztmöglicher Zeitpunkt, in dem im Berufungsverfahren Noven vorgebracht werden können (E. 2.2.3-2.2.5); Verhältnis zur Revision (E. 2.2.6).
143 III 272 (4A_511/2016) from May 2, 2017
Regeste: Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO; Revision aufgrund nachträglich erfahrener erheblicher Tatsachen oder gefundener entscheidender Beweismittel. Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO übernimmt den Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG (E. 2.1). Voraussetzungen, die für die Revision gemäss Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO erfüllt sein müssen (E. 2.2). Massgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die Tatsachen vor oder nach dem Entscheid entstanden sind, wenn die Revision des Berufungsurteils verlangt wird (E. 2.3). Anwendung auf den vorliegenden Fall (E. 2.4).
143 III 297 (5A_256/2016) from June 9, 2017
Regeste: Art. 28 und 28a Abs. 1 Ziff. 3 ZGB; Persönlichkeitsverletzung durch Mitwirkung an einer Medienkampagne. Art. 28a Abs. 3 ZGB i.V.m. Art. 42 Abs. 2 und Art. 423 OR sowie Art. 85 ZPO; Substanziierung des Gewinnherausgabeanspruchs. Art. 28a Abs. 3 ZGB i.V.m. Art. 49 OR sowie Art. 152, 157 und 168 Abs. 1 lit. f ZPO; Nachweis erlittener seelischer Unbill. Zu den Voraussetzungen, unter denen die Beteiligung an einer Medienkampagne einer übermässigen Einmischung in die Individualität des Betroffenen gleichkommt und eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung darstellt, die sich auch durch ein öffentliches Informationsinteresse nicht rechtfertigen lässt (E. 6). Zum (Neben-)Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung, der dem Verletzten mit Blick auf die Substanziierung seines (nach Massgabe von Art. 42 Abs. 2 OR zu schätzenden) Gewinnherausgabeanspruchs zusteht (E. 8). Zur Tauglichkeit von Parteiverhör und Beweisaussage als Beweismittel im Streit um die infolge der Persönlichkeitsverletzung erlittene seelische Unbill (E. 9).
144 III 67 (4A_338/2017) from Nov. 24, 2017
Regeste: Art. 229 ZPO; Zeitpunkt des Aktenschlusses. Recht der Parteien, sich zweimal unbeschränkt zu äussern; Grundsätze. Eine (zeitliche) Auftrennung von Einreichen neuer Beweismittel und Vorbringen neuer Tatsachen ist unzulässig (E. 2).
144 III 117 (4A_557/2017) from Feb. 21, 2018
Regeste: Art. 229, 253 ZPO; summarisches Verfahren; Aktenschluss. Aktenschluss im summarischen Verfahren (E. 2).
144 III 175 (4A_417/2017) from March 14, 2018
Regeste: Feststellungsinteresse bei einer negativen Feststellungsklage im Geltungsbereich des Lugano-Übereinkommens (LugÜ). Das Rechtsschutzinteresse wird im LugÜ nicht geregelt, es bestimmt sich nach Landesrecht (E. 3). Als Prozessvoraussetzung ist das Feststellungsinteresse dem Prozessrecht zuzuordnen und untersteht der lex fori (E. 4). Offenlassung, ob das effet-utile-Prinzip ausserhalb des Regelungsbereichs des LugÜ bei der Auslegung nationalen Rechts zu berücksichtigen ist (E. 5.1). Im internationalen Verhältnis ist das Interesse des Feststellungsklägers, bei bevorstehendem Gerichtsverfahren einen ihm genehmen Gerichtsstand zu sichern, als genügendes Rechtsschutzinteresse zu qualifizieren (E. 5.2-5.4).
146 III 55 (4A_70/2019) from Aug. 6, 2019
Regeste: Art. 225 und 229 ZPO; Novenrecht, Aufteilung der Replik, Dupliknoven. Thematische Beschränkung der Replik und Novenrecht (E. 2.3-2.4). Voraussetzungen für die Entgegnung von Dupliknoven mit (echten und unechten) Noven (E. 2.5).
146 III 97 (4A_328/2019) from Dec. 9, 2019
Regeste: Art. 232 Abs. 2 ZPO; Schriftliche Schlussvorträge. Verzichten die Parteien gemeinsam auf die mündlichen Schlussvorträge und beantragen, schriftliche Parteivorträge einzureichen, hat das Gericht nicht Gelegenheit zu einem zweiten Vortrag zu geben (E. 3).
146 III 194 (4A_180/2020) from July 6, 2020
Regeste: Art. 228 ff. ZPO; Hauptverhandlung; Videokonferenz. Die Parteien haben Anspruch auf rechtskonforme Abhaltung der Hauptverhandlung, soweit sie nicht gemeinsam auf eine solche verzichten. Es fehlt im Anwendungsbereich der ZPO an einer rechtlichen Grundlage, die Hauptverhandlung ohne Einverständnis aller Parteien im Rahmen einer Videokonferenz durchzuführen (E. 3). Hinweis auf die in casu nicht anwendbare Verordnung vom 16. April 2020 über Massnahmen in der Justiz und im Verfahrensrecht im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht) (E. 4).
146 III 237 (5A_366/2019) from June 19, 2020
Regeste: Art. 219 i.V.m. Art. 229 Abs. 1 und 2 ZPO; Aktenschluss im summarischen Verfahren bei zweitem Schriftenwechsel. Wird im Summarverfahren ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet, sind darin unbeschränkt Noven zulässig. Der Aktenschluss tritt nach dem zweiten Schriftenwechsel ein. Nachher sind Noven nur noch unter den Voraussetzungen von Art. 229 Abs. 1 ZPO zulässig (E. 3.1; Klärung der in BGE 144 III 117 offengelassenen Frage). Die Gerichte haben eindeutig anzugeben, ob sie einen formellen zweiten Schriftenwechsel anordnen oder lediglich das Replikrecht gewähren wollen (E. 3.2).
146 III 413 (4A_207/2019) from Aug. 17, 2020
Regeste: Widerklage (Art. 224 Abs. 1 ZPO); gerichtliche Fragepflicht gegenüber der beklagten Partei (Art. 56 ZPO). Die in Anwendung von Art. 56 ZPO eingeräumte Frist, um die Klageantwort zu ergänzen, schiebt den letztmöglichen Moment, um widerklageweise Begehren zu stellen, den Art. 224 Abs. 1 ZPO auf die Einreichung der Klageantwort festsetzt, nicht hinaus (E. 4.2).
146 III 416 (4A_583/2019) from Aug. 19, 2020
Regeste: Art. 229 Abs. 1 und Art. 60 i.V.m. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO; Einschränkung des Patentanspruchs, Novenrecht, Rechtsschutzinteresse. Eine ausserhalb des Zivilprozesses geschaffene Einschränkung des Patentanspruchs ist novenrechtlich nicht anders zu behandeln als eine (unbedingt oder bloss eventualiter erklärte) Patenteinschränkung im Zivilprozess (E. 4). Die Zulässigkeit von Noven, deren Entstehung vom Willen der Parteien abhängt (sog. Potestativ-Noven), entscheidet sich danach, ob sie trotz zumutbarer Sorgfalt im Sinne von Art. 229 Abs. 1 lit. b ZPO nicht vorher vorgebracht werden konnten (E. 5). Der Sorgfaltsnachweis setzt voraus, dass die Dupliknoven kausal waren für die danach vorgenommene Patenteinschränkung; diese hat ohne Verzug zu erfolgen (E. 6). Berücksichtigung des Wegfalls des Rechtsschutzinteresses nach Art. 60 i.V.m. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO von Amtes wegen; Gegenstandslosigkeit des Verfahrens, nachdem das ursprüngliche Patent, auf das sich die Klage stützte, infolge der vorgenommenen Einschränkung nicht mehr existierte (E. 7). |