Urteilskopf
103 IV 76
21. Urteil des Kassationshofes vom 6. Mai 1977 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste
Art. 58 StGB
.
1. Erklärt kantonales Recht in seinem Bereich allgemeine Bestimmungen des eidg. StGB als anwendbar, so gelten diese nicht als eidgenössisches, sondern als kantonales Recht, dessen Verletzung mit der eidg. Nichtigkeitsbeschwerde nicht gerügt werden kann (Erw. 1).
2. Die Einziehung gefährlicher Gegenstände erfordert einen unmittelbaren Zusammenhang mit einer konkreten Straftat; eine bloss allgemeine Bestimmung oder Eignung von solchen Gegenständen zu allfälliger deliktischer Verwendung rechtfertigt eine Einziehung noch nicht (Erw. 2).
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte X. am 18. Januar 1977 wegen fortgesetzter Urkundenfälschung, einfacher Körperverletzung, Sachentziehung, wiederholter Sachbeschädigung, Drohung, Hausfriedensbruches, grober Verletzung von Verkehrsregeln und Verstosses gegen die zürcherische Waffenverordnung zu 8 Monaten Gefängnis, abzüglich 4 Tage Untersuchungshaft, schob den Vollzug der Freiheitsstrafe im Sinne von
Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB
auf und ordnete eine Behandlung des Verurteilten gemäss
Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
an; zudem stellte es X. unter Schutzaufsicht. Weiter beschloss das Gericht u.a. die von der Bezirksanwaltschaft Uster beschlagnahmten folgenden Waffen samt Munition einzuziehen: 1 Pistole Walther PP, 1 Revolver "Smith & Wesson", 1 Doppelflinte Acier-Cromic, 1 Jagdgewehr mit Stecher und Zielfernrohr sowie 1 Flobertgewehr mit Zielfernrohr.
X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Aufhebung des Beschlusses betreffend Einzug der beschlagnahmten Waffen samt Munition. Die Einziehung des Flobertgewehr mit Zielfernrohr wird nicht angefochten.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Vorinstanz verfügte die angefochtene Einziehung der Feuerwaffen, weil der Beschwerdeführer damit Straftaten begangen habe. Ohne den erforderlichen Waffenschein zu besitzen, habe er in den Monaten Juni und Juli 1975 in Dübendorf und Umgebung auf Spaziergängen eine geladene Pistole mit sich getragen und dadurch gegen § 6 und 17 der
BGE 103 IV 76 S. 78
kantonalen Verordnung über den Handel mit Waffen und Munition, das Waffentragen und den Waffenbesitz vom 28. September 1942 verstossen. Diese Verordnung sieht in § 15 Abs. 3 vor, für die Einziehung von Waffen und Munition gelte
Art. 58 StGB
. Gemäss § 2 Abs. 1 des Gesetzes über das kantonale Strafrecht und den Vollzug von Strafen und Massnahmen vom 30. Juni 1974 finden zudem die allgemeinen Bestimmungen des StGB auf das kantonale Strafrecht Anwendung. Die Einziehung der beiden fraglichen Waffen erfolgte aufgrund einer nach kantonalem Recht strafbaren Handlung, und, selbst wenn das in den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses beziehungsweise des Urteils nicht ausdrücklich gesagt wird, infolge der die Anwendbarkeit von
Art. 58 StGB
auf das kantonale Strafrecht ausdehnenden Bestimmung der Waffenverordnung bzw. des Straf- und Vollzugsgesetzes.
Art. 58 Abs. 1 StGB
wurde daher von der Vorinstanz nicht als eidgenössisches, sondern als kantonales Recht angewendet (
BGE 96 I 28
E. 4 a.). Auf die Nichtigkeitsbeschwerde, mit der nur die Verletzung eidgenössischen Rechtes gerügt werden kann (
Art. 269 Abs. 1 BStP
), ist deshalb insoweit nicht einzutreten. An diesem Ergebnis vermag der Hinweis der Vorinstanz, es habe im weiteren auch zwischen der vom Beschwerdeführer verübten Drohung gemäss
Art. 180 StGB
und sämtlichen ihm zur Verfügung stehenden Waffen ein Zusammenhang bestanden, nichts zu ändern; denn diesem Hinweis kommt nach den Erwägungen im angefochtenen Urteil hinsichtlich der beiden Faustfeuerwaffen eindeutig nur der Sinn eines Eventualstandpunktes zu.
2.
Nachdem der Beschwerdeführer mit dem Flobertgewehr den Hund der Frau W. erschossen hatte, drohte er M., das nächste Mal "sei er dran". Daraus schliesst die Vorinstanz, die strafbare Drohung sei in weiterem Zusammenhang mit den verschiedenen Schusswaffen des Beschwerdeführers begangen worden, was auch die Einziehung der Doppelflinte und des Jagdgewehrs rechtfertige.
Diese Begründung ist vor
Art. 58 Abs. 1 StGB
nicht haltbar. Die Einziehung von Gegenständen setzt nach dieser Bestimmung in erster Linie voraus, dass mit ihnen eine strafbare Handlung begangen wurde oder sie zur Begehung einer solchen bestimmt waren. Erst deren Gebrauch bei Ausführung oder ihre Bestimmung zur Verübung einer strafbaren Handlung
BGE 103 IV 76 S. 79
kann sie überhaupt zu gefährlichen Sachen und damit der Konfiskation zugänglich machen. Da im einen wie im andern Fall ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer konkreten Straftat erforderlich ist, genügt die blosse allgemeine Bestimmung oder Eignung von Gegenständen zu eventueller deliktischer Verwendung nicht, um eine Einziehung zu rechtfertigen (vgl. BÖHLER, Die Einziehung im schweizerischen Strafrecht, Diss. ZH 1945, S. 97).
Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer bei Verübung der Drohung keine seiner Schusswaffen verwendet, insbesondere auch nicht das Flobertgewehr, mit welchem er unmittelbar vorher den Hund der Frau W. erschossen hatte, sondern M. lediglich mündlich in Aussicht gestellt, das nächste Mal "werde er dran sein". Die Waffen hätten ihm erst zur Ausführung eines anderen, der Drohung folgenden, sie allenfalls verwirklichenden Deliktes dienen können. Der Beschwerdeführer traf indessen keine Anstalten, seiner Drohung gemäss zu handeln. Weder wurde daher mit der Doppelflinte oder dem Jagdgewehr, die der Beschwerdeführer anlässlich der Bedrohung des M. nicht auf sich trug, mit denen er die ausgestossene Drohung aber an sich hätte wahrmachen können, es jedoch nicht tat, eine strafbare Handlung ausgeführt, noch waren sie unter diesen Umständen zur Begehung einer solchen bestimmt. Selbst die Vorinstanz nimmt nicht an, dass letzteres der Fall gewesen sei. Die durch sie angeordnete Einziehung von Doppelflinte und Jagdgewehr - und damit auch jene der zu diesen Waffen gehörenden Munition - erfolgte mithin in Verletzung von
Art. 58 Abs. 1 StGB
. Die Vorinstanz unterliess es im übrigen ohnehin anzugeben, mit welcher seiner Schusswaffen der Beschwerdeführer ihrer Ansicht nach die Drohung "in einem weiteren Sinne" begangen habe. Das Obergericht hat demzufolge den Einzugsbeschluss, soweit er angefochten wurde, aufzuheben.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, soweit auf sie einzutreten ist, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.