Urteilskopf
115 III 28
7. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 3. Januar 1989 i.S. Brownhill Resources Inc. (Rekurs)
Regeste
Zwangsvollstreckung einer in einem ausländischen Urteil anerkannten Forderung (
Art. 81 SchKG
); Arrestaufhebungsklage (
Art. 279 Abs. 2 SchKG
).
1. Eine aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem Staat, in dem das Urteil gefällt wurde, ausgesprochene Vollstreckbarerklärung wirkt im ganzen Gebiet der Eidgenossenschaft. Ist demgegenüber das Exequatur gestützt auf kantonales Verfahrensrecht erteilt worden, so erstreckt es sich nur auf den betreffenden Kanton. Bevor die Betreibung in dem Kanton, wohin der Schuldner seinen Wohnsitz verlegt hat, fortgesetzt werden kann, muss der Gläubiger dort das ausländische Urteil vollstreckbar erklären lassen und, gestützt auf dieses Exequatur, noch einmal definitive Rechtsöffnung verlangen (E. 3).
2. Der Umstand, dass der Schuldner Arrestaufhebungsklage erhoben hat, rechtfertigt keine Sistierung des Betreibungsverfahrens (E. 4).
A.-
Der Arrestrichter von Genf bewilligte der Sigmoil Resources N.V. (Curaçao) am 30. Januar 1987 gegen die Brownhill Resources
BGE 115 III 28 S. 29
Inc. gestützt auf
Art. 271 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG
einen Arrest für eine auf Vertragsverletzungen beruhende Schadenersatzforderung.
Am 23. Februar 1987 fällte der High Court of Justice in London ein Urteil, welches die Arrestschuldnerin (unter ihrer damaligen Firma) zur Bezahlung der Forderung verpflichtete. Dieses Urteil erklärte der erstinstanzliche Richter von Genf am 6. Juli 1987 als vollstreckbar; zugleich erteilte er der Sigmoil Resources N.V., die den Arrest durch Betreibung prosequiert hatte, definitive Rechtsöffnung.
Am 9. Juni 1988 hiess der erstinstanzliche Richter von Genf eine Arrestaufhebungsklage der Brownhill Resources Inc. gut und hob den auf Verlangen der Sigmoil Resources N.V. erlassenen Arrestbefehl auf. Die Gläubigerin zog diesen Entscheid weiter, und er war zur Zeit der Fällung des vorliegenden Bundesgerichtsentscheides noch hängig.
B.-
Am 27. Juni/11. Juli 1988 wurde der Brownhill Resources Inc. - in Fortsetzung der in Genf eingeleiteten Betreibung und in einer neuen Betreibung des Betreibungsamtes Dübendorf, wohin die Schuldnerin ihren Sitz verlegt hatte - vom Betreibungsamt Dübendorf der Konkurs angedroht. Das veranlasste die Brownhill Resources Inc. zur Beschwerde an das Bezirksgericht Uster als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Die Beschwerde wurde mit Beschluss vom 19. August 1988 abgewiesen.
Diesen Beschluss zog die Brownhill Resources Inc. an das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs weiter. Sie stellte vorerst den Antrag, es sei dem Rekurs hinsichtlich der in Dübendorf laufenden Betreibung (bzw. der in Genf angehobenen Betreibung) aufschiebende Wirkung zu erteilen. Sodann verlangte sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und beantragte, die Betreibung des Betreibungsamtes Dübendorf (bzw. die Betreibung des Betreibungsamtes Genf) sei bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheides im Berufungsverfahren vor der Cour de Justice in Genf gegen das Arrestaufhebungsurteil des erstinstanzlichen genferischen Richters vom 9. Juni 1988 und, im Falle eines Weiterzugs an das Bundesgericht, bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Entscheides des Bundesgerichts zu sistieren. schliesslich beantragte die Brownhill Resources Inc., im Falle der rechtskräftigen Aufhebung des Arrestes vom 30. Januar 1987 sei
BGE 115 III 28 S. 30
die Nichtigkeit der Betreibung des Betreibungsamtes Dübendorf festzustellen.
Am 8. November 1988 beschloss die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich: "Der Rekurs wird abgewiesen, und es wird auf die Beschwerde nicht eingetreten. Damit fällt die dem Rekurs beigelegte aufschiebende Wirkung dahin."
C.-
Die Brownhill Resources Inc. rekurrierte gegen diesen Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Diese hiess den Rekurs teilweise gut und hob die Konkursandrohung vom 27. Juni/11. Juli 1988 auf. Das Betreibungsamt Dübendorf wurde angewiesen, der Sigmoil Resources N.V. eine Frist von zehn Tagen einzuräumen, um eine Vollstreckbarerklärung für den Kanton Zürich einzuholen und, aufgrund dieser Vollstreckbarerklärung, nochmals definitive Rechtsöffnung zu verlangen und den Konkurs gegebenenfalls neu anzudrohen.
Aus den Erwägungen:
2.
Die Betreibung kann fortgesetzt werden, wenn der Zahlungsbefehl rechtskräftig geworden ist.
Im vorliegenden Fall stellt sich aber vorerst die Frage, ob der Rechtsöffnungsrichter von Genf zuständig war. Obwohl das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs diesbezüglich keine ausdrückliche Vorschrift enthält, hat die Rechtsprechung seit jeher angenommen, der Gerichtsstand für das Rechtsöffnungsverfahren sei in dem Sinne bundesrechtlich geregelt, dass Rechtsöffnungsgesuche grundsätzlich beim Richter des Betreibungsortes anzubringen sind (
BGE 112 III 11
E. 1 mit Hinweis). Verlegt aber der am richtigen Ort betriebene Schuldner seinen Wohnsitz vor dem Rechtsöffnungsverfahren, so ist das Rechtsöffnungsbegehren beim Richter des neuen Wohnsitzes zu stellen; denn der allgemeine Betreibungsort ist, wie sich durch Umkehrschluss aus
Art. 53 SchKG
ergibt, während des Einleitungsverfahrens mit Einschluss des Rechtsöffnungsverfahrens veränderlich und folgt dem jeweiligen Wohnsitz des Schuldners. Indessen kann dem Schuldner zugemutet werden, sich trotz Wohnsitzverlegung noch am alten Betreibungsort auf Rechtsöffnung belangen zu lassen, wenn er dem Gläubiger die Wohnsitzverlegung nicht angezeigt und dieser auch nicht sonstwie davon erfahren hat (
BGE 112 III 11
E. 2).
BGE 115 III 28 S. 31
Die Rekurrentin hatte ihren Wohnsitz bereits nach Dübendorf verlegt, als sie am 2. März 1987 zwecks Arrestprosequierung von der Sigmoil Resources N.V. betrieben wurde. Sie bestritt indessen die örtliche Zuständigkeit des Betreibungsamtes Genf nicht und erhob eine solche Einrede auch nicht vor dem Rechtsöffnungsrichter. Dazu hatte sie tatsächlich keinen Anlass, weil eine Arrestbetreibung vorlag, die gemäss
Art. 52 SchKG
dort anzuheben ist, wo sich der Arrestgegenstand befindet. Für die besonderen Betreibungsorte der Art. 48 bis 52 SchKG gilt die aus
Art. 53 SchKG
abgeleitete Regel nicht (BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, Bern 1911, S. 192).
3.
Die Rekurrentin hält daran fest, dass die Gläubigerin das Exequatur im Kanton Zürich für das in London gefällte Urteil erlangen müsse, um die Betreibung durch Konkursandrohung fortsetzen zu können.
a) Nach der Rechtsprechung wirkt eine Vollstreckbarerklärung, die in Anwendung eines vom Bund abgeschlossenen Staatsvertrags gefällt wurde, im ganzen Gebiet der Eidgenossenschaft (
BGE 94 III 90
ff. E. 5). Es findet kein besonderes Exequaturverfahren statt, vielmehr entscheidet der Rechtsöffnungsrichter auch über die Vollstreckbarkeit (
Art. 81 Abs. 3 SchKG
;
BGE 105 Ib 43
,
BGE 101 Ia 522
E. 1a; GILLIERON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, Lausanne 1985, S. 138).
Die Schweiz hat mit Grossbritannien kein Abkommen über die Vollstreckung von Zivilurteilen geschlossen, wie sie das mit anderen Ländern getan hat (vgl. SR 0.276.191.361 ff.). Das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG; vom 18. Dezember 1987, SR 291) war noch nicht in Kraft, als die Arrestgläubigerin das Exequatur verlangte. Gemäss
Art. 29 Abs. 1 IPRG
sind Begehren auf Anerkennung oder Vollstreckung an die zuständige Behörde des Kantons zu richten, in dem die ausländische Entscheidung geltend gemacht wird.
Besteht mit einem anderen Staat kein Staatsvertrag über die Vollstreckung von Zivilurteilen, so richten sich Anerkennung und Vollstreckung nach kantonalem Recht (
BGE 105 Ia 309
f. E. 2). Zuständig für das Exequatur ist der Rechtsöffnungsrichter (vgl. JdT 1981 II 91, FN 1) oder auch ein anderer Richter. Im vorliegenden Fall geht es indessen nicht um die Anwendung des kantonalen (genferischen) Rechts, sondern um die Frage, ob eine Vollstreckbarerklärung auch im Kanton Zürich einzuholen sei, damit die Betreibung fortgesetzt werden kann. Diese Fragestellung
BGE 115 III 28 S. 32
begründet die Zuständigkeit der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts, welche nur Rügen der Verletzung von Bundesrecht prüft (
Art. 19 Abs. 1 SchKG
,
Art. 79 Abs. 1 OG
).
b) Liegt ein den Rechtsvorschlag beseitigendes Urteil eines ausserkantonalen Gerichts vor, so ist die Fortsetzung der Betreibung nicht ohne weiteres zu bewilligen; vielmehr ist der Schuldner in den Stand zu setzen, die ihm durch
Art. 81 Abs. 2 SchKG
gewährten Einreden geltend zu machen (Kreisschreiben des Bundesgerichts (Schuldbetreibungs- und Konkurskammer) Nr. 26 vom 20. Oktober 1910; BBl 1911 IV 49;
BGE 107 III 63
mit Hinweisen; JdT 1983 II 94, FN 1; JdT 1973 II 94). In gleicher Weise kann die Betreibung für eine Forderung, die auf einem ausländischen Urteil beruht und für welche - gestützt auf kantonales Recht und nicht auf einen Staatsvertrag - das Exequatur und definitive Rechtsöffnung bewilligt wurden, in einem anderen Kanton nicht ohne weiteres fortgesetzt werden. Die Vollstreckbarerklärung entfaltet ihre Wirkung nur in dem Kanton, in dem sie ausgesprochen wurde; sie ist kein rechtskräftiges Zivilurteil im Sinne von
Art. 61 BV
(
BGE 54 III 165
ff.; GILLIERON, a.a.O., S. 140, 3. Spalte unten; GULDENER, Das internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, Zürich 1951, S. 117). Wenn also der Schuldner seinen Wohnsitz in einen anderen Kanton verlegt, nachdem in einer gegen ihn erhobenen Betreibung definitive Rechtsöffnung erteilt worden ist, so kann er am neuen Wohnsitz die Einrede erheben, das der Forderung zugrunde liegende ausländische Urteil sei nicht vollstreckbar.
Der Rekurrentin, die im Kanton Zürich die Einrede des fehlenden Exequaturs erhoben hat, kann deshalb nicht Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden. Davon kann um so weniger die Rede sein, als die Rekurrentin ihren Wohnsitz nicht erst im Lauf des Betreibungsverfahrens nach Dübendorf verlegt hat, sondern schon, bevor die Betreibung gegen sie überhaupt angehoben wurde. Im übrigen ist der Gläubigerin, die den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs erhebt, entgegenzuhalten, dass sie den Rechtsöffnungsrichter in Genf angerufen hat.
c) Was die Rekursgegnerin sonst bezüglich der Vollstreckbarkeit vorbringt, vermag an dem Gesagten nichts zu ändern:
Die Rekursgegnerin beharrt darauf, dass ein Rechtsöffnungsentscheid seine Wirkung auf dem ganzen Gebiet der Schweiz entfalte. Das trifft zu, insofern die Forderung auf einem vollstreckbaren
BGE 115 III 28 S. 33
Urteil einer Behörde des Bundes oder desjenigen Kantons, in welchem die Betreibung angehoben ist, beruht (
Art. 81 Abs. 1 SchKG
). Nichts anderes wird denn auch von den von der Rekursgegnerin zitierten Autoren gesagt (AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. Auflage, Bern 1988, § 19 Rz. 36; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Band I, Zürich 1984, § 19 Rz. 31; Kommentar JAEGER/DAENIKER, N. 7 zu
Art. 80 SchKG
).
Sodann meint die Rekursgegnerin, dass der in
BGE 54 III 165
ff. vertretenen Auffassung nicht mehr gefolgt werden könne. Nur in den Fällen, wo sich inzwischen die Rechtslage geändert habe, seien die Vollstreckungsorgane nicht an den in einem anderen Kanton ergangenen Rechtsöffnungsentscheid gebunden. Diese Meinung der Rekursgegnerin ist sowenig begründet wie ihre Behauptung, der vorliegende Sachverhalt weiche in wesentlichen Punkten von jenem ab, der Gegenstand von
BGE 54 III 165
ff. gewesen ist.
Hier wie dort geht es um die Anwendung von Bundesrecht, nämlich um die Fortsetzung der Betreibung nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs. Im angefochtenen Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich werden denn auch nicht die kantonalrechtlichen Bestimmungen über die Vollstreckung von Zivilurteilen angewendet. Vielmehr beschränkt sich das Obergericht des Kantons Zürich darauf, den Rechtsöffnungsrichter von Genf als zuständig zu bezeichnen (was richtig ist) und festzustellen, dass jener Rechtsöffnungsentscheid in der ganzen Schweiz vollstreckbar sei (was unrichtig ist). Dass in
BGE 54 III 165
ff. entschieden wurde, es dürfe dem Fortsetzungsbegehren am neuen Wohnort nicht Folge geleistet werden, während im vorliegenden Fall die obere kantonale Aufsichtsbehörde zum gegenteiligen Ergebnis gekommen ist, macht keinen wesentlichen Unterschied aus.
Dass bei einer Betreibung auf Pfändung die in Genf liegenden Vermögenswerte gepfändet werden könnten, fällt ebensowenig ins Gewicht wie das Vorbringen der Rekursgegnerin, sie werde wegen
Art. 52 Satz 2 SchKG
daran gehindert, durch Konkursandrohung die Betreibung im Kanton Genf fortzusetzen. Die Zuständigkeit des Kantons, wo sich die mit Arrest belegten Vermögenswerte befinden und wo die Betreibung angehoben worden ist, wird nicht in Frage gestellt.
Es ist auch nicht von entscheidender Bedeutung, dass im vorliegenden Fall die Schuldnerin ihren Wohnsitz in den Kanton Zürich
BGE 115 III 28 S. 34
verlegt hatte, bevor das Exequatur- und das Rechtsöffnungsverfahren in Genf anhängig gemacht wurden. Wie oben (E. 2) ausgeführt, konnten diese Verfahren in Genf durchgeführt werden; jedoch erstreckt sich die dort erlangte Vollstreckbarerklärung nicht auch auf den Kanton Zürich.
d) Die Konkursandrohung - nicht aber die Betreibung an sich und der Arrest - ist daher aufzuheben, und das Betreibungsamt Dübendorf ist anzuweisen, der Gläubigerin Frist anzusetzen, um eine Vollstreckbarerklärung für den Kanton Zürich einzuholen und, gestützt darauf, definitive Rechtsöffnung zu verlangen. Die im Kanton Zürich bewilligte definitive Rechtsöffnung gestattet der Gläubigerin, die Betreibung auf Konkurs fortzusetzen.
4.
Die Rekurrentin stellt den Antrag, es sei die Betreibung Nr. 6643 des Betreibungsamtes Dübendorf bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheides der Genfer Cour de Justice über die Arrestaufhebung zu sistieren. Dieses Begehren ist zu prüfen, weil nach dem oben Gesagten nur die Konkursandrohung aufzuheben ist, währenddem der Arrest aufrechterhalten bleibt.
a) Hinsichtlich der Betreibung auf Pfändung wird die Antwort in
BGE 80 III 33
ff. gegeben: Die Fortsetzung der Betreibung am Arrestort ist auch während der Hängigkeit einer Arrestaufhebungsklage zulässig. Eine gegenteilige Auffassung findet im Gesetz keine Stütze.
Art. 279 Abs. 2 SchKG
steht weder der Anhebung der Betreibung (
Art. 278 SchKG
) noch der Fortsetzung der Betreibung auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses (
Art. 280 SchKG
) oder der Pfandverwertung entgegen.
Zwei der in
BGE 80 III 33
ff. gegebenen Begründungen werden von der Rekurrentin nicht in Frage gestellt. Art. 279 Abs. 2 letzter Satz SchKG - ist dort ausgeführt worden - bestimme lediglich, dass während des Arrestaufhebungsprozesses die Fristen des
Art. 278 SchKG
nicht laufen. Das bedeute, dass während eines solchen Prozesses der Arrest bestehen bleibe, ohne vom Gläubiger binnen der kurzen Fristen des
Art. 278 SchKG
durch Betreibung, ein Rechtsöffnungsbegehren oder eine Forderungsklage prosequiert werden zu müssen. Sodann hat das Bundesgericht in jenem Urteil darauf hingewiesen, dass der Schuldner bis zum Entscheid über die Arrestaufhebung nicht schutzlos sei, weil nach verbreiteter kantonaler Gerichtspraxis der Gläubiger auch noch im Arrestaufhebungsprozess zur Sicherheitsleistung angehalten werden könne. Diese beiden Feststellungen können Gültigkeit für die
BGE 115 III 28 S. 35
Fortsetzung der Betreibung sowohl durch Pfändung als auch durch Konkurs beanspruchen.
Die Rekurrentin bringt aber vor, dass die in
BGE 80 III 33
ff. erwähnte Haftung des Gläubigers nach
Art. 273 SchKG
für den Fall, wo sich der Arrest als ungerechtfertigt erweisen sollte, ihr im Konkurs nicht mehr helfen würde. Sie weist darauf hin, dass nach
Art. 736 Ziff. 3 OR
die Gesellschaft durch die Eröffnung des Konkurses aufgelöst werde. Deshalb könnte sie ihren Schadenersatzanspruch gar nicht mehr selber geltend machen. Allfällige, ihr nach der Liquidation noch zustehende Ansprüche würden gemäss
Art. 269 SchKG
durch das Konkursamt verwertet und der Erlös verteilt. Aus diesen Gründen, meint die Rekurrentin, dürfe bei der Betreibung auf Konkurs - anders als nach der für die Betreibung auf Pfändung geltenden Praxis - die Betreibung während des Arrestaufhebungsprozesses nicht fortgesetzt werden.
Eine Antwort auf diese Einwendung der Rekurrentin lässt sich aus
BGE 64 III 113
ff. E. 3 herauslesen, wo das Bundesgericht Stellung zur Frage der Verjährung der Schadenersatzklage nach
Art. 273 SchKG
bezogen hat. Es hat dort insbesondere ausgeführt, dass ein Wiederaufleben des Arrestes (wegen Widerrufs des Konkurses) bis zum Schluss des Konkursverfahrens denkbar wäre und dass aus diesem Grund die Verjährungsfrist für die Klage nach
Art. 273 SchKG
erst von da an zu laufen beginnen könnte. Nach dieser Rechtsprechung kann also nicht davon ausgegangen werden, dass eine auf
Art. 273 SchKG
gestützte Klage mit der Konkurseröffnung hinfällig wird; vielmehr bleibt sie - grundsätzlich - bis zum Schluss des Konkursverfahrens rechtswirksam.
b) Wenn man sich die Wirkungen der Arrestaufhebung aufgrund der Klage nach
Art. 279 Abs. 2 SchKG
vor Augen hält, versteht man, weshalb sich das Gesetz in diesem Zusammenhang nicht zur Sistierung der Betreibung äussert:
Der Arrest bedeutet nicht eigentliche Zwangsvollstreckung, sondern ist nur eine im Hinblick darauf ergriffene vorsorgliche Massnahme, die dem Gläubiger erlaubt, unter gewissen Voraussetzungen die Beschlagnahme von Vermögensstücken zu erreichen, die er nicht pfänden oder inventarisieren lassen kann, weil er die Formalitäten der Betreibung noch nicht erfüllt hat. Der Schuldner soll mit dem Arrest daran gehindert werden, über sein Vermögen zu verfügen, es beiseite zu schaffen oder auf andere Weise das Ergebnis einer hängigen oder künftigen Betreibung zu beeinträchtigen (
BGE 107 III 35
E. 2, Pra 70/1981 Nr. 194 E. 2). Daher
BGE 115 III 28 S. 36
fällt der Arrest im Augenblick der Pfändung oder der Konkurseröffnung dahin; gemäss
Art. 199 Abs. 1 SchKG
fallen die Arrestgegenstände in die Konkursmasse.
Bei Gutheissung der Klage nach
Art. 279 Abs. 2 SchKG
wird der Arrest aufgehoben. Es muss daher auch die am Arrestort gemäss
Art. 52 SchKG
angehobene Betreibung - von der nur die arrestierten Vermögenswerte erfasst werden (
BGE 110 III 29
E. 1b, 90 III 80; AMONN, a.a.O., § 10 Rz. 19) - als dahingefallen betrachtet werden, sofern der Arrestort nicht mit dem ordentlichen Betreibungsort zusammenfällt (BLUMENSTEIN, a.a.O., S. 845). Doch bleibt zu beachten, dass auch andere Gegenstände als die mit Arrest belegten von der Zwangsverwertung erfasst werden und - bei der Betreibung auf Konkurs - in die Konkursmasse fallen, wenn der Schuldner am Wohnsitz oder (wenn es sich um eine juristische Person handelt) an seinem Sitz betrieben wird (
Art. 46 Abs. 1 und 2 SchKG
). Mit der Aufhebung des Arrestes gewinnt daher der Schuldner die arrestierten Vermögenswerte so oder so nicht zurück.
Wenn also im vorliegenden Fall im Kanton Zürich der Konkurs über die Rekurrentin eröffnet würde (
Art. 52 und 280 SchKG
), so würden zwar die in Genf beschlagnahmten Vermögenswerte nach Gutheissung der Arrestaufhebungsklage aus dem Arrest entlassen, aber nichtsdestoweniger in die Konkursmasse fallen. Das Ergebnis wäre somit dasselbe, wie wenn der Arrest noch bestände und die Arrestgegenstände (nach Massgabe von
Art. 199 Abs. 1 SchKG
) in die Konkursmasse fielen.
Es rechtfertigt sich nach diesen Überlegungen nicht, die Betreibung Nr. 6643 des Betreibungsamtes Dübendorf bis zum rechtskräftigen Entscheid über die Arrestaufhebungsklage zu sistieren, wie dies die Rekurrentin verlangt hat.