Urteilskopf
122 III 246
43. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 6. Juni 1996 i.S. Stadt Winterthur (Rekurs)
Regeste
Art. 157 SchKG
. Bezahlung der Grundstückgewinnsteuer bei der Betreibung auf Grundpfandverwertung.
Die bei der Betreibung auf Grundpfandverwertung anfallenden Grundstückgewinnsteuern sind als Kosten der Verwertung im Sinne von
Art. 157 Abs. 1 SchKG
zu betrachten und demzufolge vom Bruttoerlös abzuziehen und zu bezahlen, bevor der Nettoerlös an die Gläubiger verteilt wird (
Art. 157 Abs. 2 SchKG
).
A.-
In den von der Zürcher Kantonalbank eingeleiteten Betreibungen auf Grundpfandverwertung Nrn. 91/106'106, 91/106'234 und 91/106'235 des Betreibungsamtes Winterthur I wurden zwei Liegenschaften der B. AG in Liquidation versteigert. Die Liegenschaft Kat.Nr. 6201 wurde der Zürcher Kantonalbank zugeschlagen, während die Liegenschaft Kat.Nr. 6200 von Sch. erworben wurde.
Am 3. Mai 1995 legte das Betreibungsamt den Verteilungsplan für die Grundpfandgläubiger auf. Dabei kürzte es den zu verteilenden Erlös um den Betrag von Fr. 102'505.--; denn der Erwerber Sch. hatte - im Gegensatz zur Zürcher Kantonalbank - die Grundstückgewinnsteuer für die Liegenschaft Kat.Nr. 6200 in dieser Höhe nicht bezahlt.
B.-
Die Zürcher Kantonalbank beschwerte sich über den Verteilungsplan beim Bezirksgericht Winterthur als unterer Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, indem sie die Abänderung des Verteilungsplanes in dem Sinne verlangte, dass die Grundstückgewinnsteuer von dem zu verteilenden Erlös nicht abgezogen, sondern ebenfalls an die Hypothekargläubiger ausbezahlt werde. Die Beschwerde wurde mit Beschluss vom 4. Januar 1996 abgewiesen.
Das Obergericht des Kantons Zürich, an welches die Zürcher Kantonalbank rekurrierte, zog auch die Stadt Winterthur in das Verfahren ein. Es hiess mit Beschluss vom 25. März 1996 Rekurs und Beschwerde gut und wies das Betreibungsamt Winterthur I an, bei der Neuauflegung des Verteilungsplanes die Grundstückgewinnsteuer für die zwangsversteigerten Liegenschaften nicht von dem unter die Grundpfandgläubiger zu verteilenden Steigerungserlös abzuziehen.
C.-
In der Folge rekurrierte die Stadt Winterthur gestützt auf
Art. 19 Abs. 1 SchKG
an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Diese hiess den Rekurs gut, hob den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich auf und bestätigte den Verteilungsplan vom 3. Mai 1995 des Betreibungsamtes Winterthur I.
Aus den Erwägungen:
5.
a) Das Obergericht des Kantons Zürich hat im angefochtenen Entscheid festgestellt, dass in Ziff. 8 lit. a der Steigerungsbedingungen die Verwertungskosten (vgl.
Art. 102 VZG
[SR 281.42] i.V.m. mit
Art. 49 Abs. 1 lit. a VZG
) und in Ziff. 8 lit. d der Steigerungsbedingungen auch die Verteilungskosten den Ersteigerern der Liegenschaft ohne Anrechnung auf den Zuschlagspreis zur Zahlung überbunden worden seien. Daher hätte gemäss
Art. 157 Abs. 2 SchKG
der gesamte Steigerungserlös unter die Grundpfandgläubiger verteilt werden müssen. Indem nun aber der Betreibungsbeamte gemäss dem Verteilungsplan vom 3. Mai 1995 die noch offene Grundstückgewinnsteuer vor der Verteilung des Steigerungserlöses von diesem abgezogen habe, habe er
Art. 157 Abs. 2 SchKG
verletzt.
b) Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. In
BGE 120 III 153
E. 2b (mit Hinweisen) ist die Rechtsprechung bestätigt worden, wonach zu den Masseverbindlichkeiten im Sinne von
Art. 262 Abs. 1 SchKG
ausser den eigentlichen Konkurskosten auch die öffentlichrechtlichen Schulden gehören, welche erst nach der Konkurseröffnung entstanden sind, so insbesondere die Grundstückgewinnsteuern. Diese sind bei genauerer Betrachtung als Kosten der Verwertung, im Sinne von
Art. 262 Abs. 2 SchKG
zu betrachten (in diesem Sinne auch THOMAS KOLLER in AJP 4/95, S. 512 ff., insbesondere Ziff. 5a). Die Verwertungskosten sind vom Bruttoerlös abzuziehen und zu bezahlen, bevor der Nettoerlös an die Gläubiger verteilt wird.
Da auch bei der Betreibung auf Grundpfandverwertung, wie sie Gegenstand der vorliegenden Streitsache bildet, die Grundstückgewinnsteuer erst mit dem Zuschlag entsteht (
BGE 120 III 128
), ist nicht einzusehen, weshalb sie nicht in gleicher Weise vom Bruttoerlös abgezogen werden sollte.
Art. 157 Abs. 1 SchKG
hat denn auch denselben Inhalt wie
Art. 262 Abs. 2 SchKG
; und
Art. 157 Abs. 2 SchKG
sieht die Ausrichtung des Reinerlöses an die Pfandgläubiger vor und damit auch nichts anderes als die Auszahlung des Bruttoerlöses abzüglich der Verwertungskosten, wozu - wie dargelegt - auch die Grundstückgewinnsteuer gehört.
Somit erweist sich das Vorgehen des Betreibungsamtes Winterthur als bundesrechtskonform. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, womit der Verteilungsplan vom 3. Mai 1995 aufgehoben wurde, verletzt demgegenüber
Art. 157 SchKG
und ist daher aufzuheben.