BGE 138 IV 178 vom 18. Juni 2012

Dossiernummer: 1B_205/2012

Datum: 18. Juni 2012

Artikelreferenzen:  Art. 6 StPO, Art. 7 StPO, Art. 15 StPO, Art. 61 StPO, Art. 141 StPO, Art. 143 StPO, Art. 149 StPO, Art. 150 StPO, Art. 151 StPO, Art. 168 StPO, Art. 180 StPO, Art. 307 StPO, Art. 308 StPO, Art. 312 StPO, Art. 9 BV, Art. 10 BV , Art. 150 Abs. 1 StPO, Art. 312 Abs. 1 StPO, Art. 61 lit. a StPO, Art. 149 Abs. 1 StPO, Art. 149 Abs. 6 StPO, Art. 150 Abs. 2 StPO, Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 308 Abs. 1 StPO, Art. 308 Abs. 2 StPO, Art. 15 Abs. 2 sowie Art. 307 Abs. 2 StPO, Art. 307 Abs. 3 StPO, Art. 307 Abs. 4 StPO, Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO, Art. 180 Abs. 1 StPO, Art. 168 ff. StPO, Art. 168 Abs. 1-3 StPO, Art. 149 Abs. 2 lit. a und Art. 150 Abs. 1 StPO, Art. 150 Abs. 2 Satz 1 StPO, Art. 149 Abs. 2 StPO, Art. 10 Abs. 1 und 2 BV, Art. 150 Abs. 3 StPO, Art. 150 Abs. 4 StPO, Art. 141 Abs. 5 StPO, Art. 151 Abs. 1 lit. a StPO, Art. 308 Abs. 1 und 2 StPO, Art. 143 Abs. 1 lit. a StPO

BGE referenzen:  133 I 33, 139 IV 265 , 133 I 33

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

138 IV 178


26. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Reinhardt gegen Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach (Beschwerde in Strafsachen)
1B_205/2012 vom 18. Juni 2012

Regeste a

Art. 15 Abs. 2, Art. 61 lit. a, Art. 307 Abs. 2 und 3 und Art. 312 Abs. 1 StPO ; Mitteilungspflicht der Polizei gegenüber der Staatsanwaltschaft im Strafuntersuchungsverfahren.
Die Polizei hat der Staatsanwaltschaft die Identität der in eine Straftat involvierten Personen bekannt zu geben, soweit ihr diese bekannt ist. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen einen Polizeibeamten führt (E. 2.1-2.4).

Regeste b

Art. 149 Abs. 1, Abs. 2 lit. a, c und e und Abs. 6 sowie Art. 150 Abs. 1, 2, 3 und 4 StPO; Zusicherung von Anonymität im Strafuntersuchungsverfahren.
Sinn und Zweck der Zusicherung der Anonymität im Strafuntersuchungsverfahren ist die Geheimhaltung der Identität der betroffenen Person gegenüber Personen, die ihr Schaden zufügen könnten. Das Recht auf Anonymität besteht nicht gegenüber den Behörden wie etwa Staatsanwaltschaft und Gericht, sondern nur gegenüber denjenigen Personen, welche eine Gefährdung darstellen könnten (E. 3).

Sachverhalt ab Seite 179

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A. Am 30. August 2011 kam es (...) in Baden zu einem polizeilichen Zugriff durch die Sondereinheit "ARGUS" der Kantonspolizei Aargau, in dessen Verlauf nebst einem Tasereinsatz auch eine Schussabgabe durch einen Polizeibeamten erfolgte. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau wies gleichentags die gegen den Schützen zu eröffnende Strafuntersuchung der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach zu, woraufhin die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten, drei weitere am Einsatz beteiligte Polizeibeamten als Zeugen sowie X. als Auskunftsperson einvernahm. Das Polizeikommando verweigerte der Staatsanwaltschaft die Bekanntgabe der Identität der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten.

B. Die Staatsanwaltschaft sicherte der beschuldigten Person sowie den drei am Polizeieinsatz beteiligten Zeugen (...) Anonymität zu und unterbreitete dem Zwangsmassnahmengericht gleichentags einen Antrag auf Genehmigung der zugesicherten Anonymität. Das Zwangsmassnahmengericht trat (...) auf den Genehmigungsantrag nicht ein. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die
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Kantonspolizei die Identität der betroffenen Polizisten der Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt gegeben habe, womit weder ein Strafverfahren geführt noch über die Zusicherung der Anonymität entschieden werden könne.

C. Mit Verfügung vom 21. Dezember 2011 verpflichtete die Staatsanwaltschaft Stephan Reinhardt, Kommandant der Kantonspolizei Aargau, ihr binnen zehn Tagen nach Rechtskraft die vollständigen Personalien der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten mitsamt konkreter Einsatzfunktion schriftlich bekannt zu geben. Eine von Stephan Reinhardt dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau (...) ab, soweit es darauf eintrat.

D. Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat Stephan Reinhardt (...) Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass er nicht verpflichtet sei, der Staatsanwaltschaft die Personalien der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten schriftlich bekannt zu geben. Eventualiter sei festzustellen, dass die Weigerung, der Staatsanwaltschaft die Personalien bekannt zu geben, gerechtfertigt sei. Subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...)
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Die Staatsanwaltschaft nimmt im strafprozessualen Verfahren bis zur Einstellung oder Anklageerhebung eine leitende Rolle ein ( Art. 61 lit. a StPO [SR 312.0]). Sie hat im Untersuchungsverfahren von Amtes wegen alle für die Beurteilung einer Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen abzuklären ( Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 308 Abs. 1 StPO ). Sie hat die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person abzuklären, sofern eine Anklage oder der Erlass eines Strafbefehls zu erwarten ist ( Art. 308 Abs. 2 StPO ).

2.2 Gemäss Art. 15 Abs. 2 sowie Art. 307 Abs. 2 StPO untersteht die Polizei bei der Ermittlung von Straftaten der Aufsicht und den Weisungen der Staatsanwaltschaft. Über ihre Feststellungen und die von ihr getroffenen Massnahmen hat die Polizei der Staatsanwaltschaft Bericht zu erstatten ( Art. 307 Abs. 3 StPO ). Sie kann davon
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nur absehen, wenn zu weiteren Verfahrensschritten der Staatsanwaltschaft offensichtlich kein Anlass besteht und keine Zwangsmassnahmen oder andere formalisierte Ermittlungshandlungen durchgeführt worden sind ( Art. 307 Abs. 4 StPO ). Die Staatsanwaltschaft kann die Polizei auch nach Eröffnung der Untersuchung mit ergänzenden Ermittlungen beauftragen. Sie erteilt ihr dazu grundsätzlich schriftliche Anweisungen, die sich auf konkret umschriebene Abklärungen beschränken ( Art. 312 Abs. 1 StPO ).

2.3 Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die Polizei ihr bekannte Tatsachen, die bei der Ermittlung von Straftaten von Bedeutung sein können, der Staatsanwaltschaft grundsätzlich von sich aus mitzuteilen hat. Entsprechende Anfragen der Staatsanwaltschaft hat die Polizei angesichts der staatsanwaltlichen Weisungsbefugnis bei der Ermittlung von Straftaten zu beantworten. Insbesondere hat die Polizei der Staatsanwaltschaft auch die Identität der in eine Straftat involvierten Personen bekannt zu geben, soweit ihr diese bekannt ist. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen einen Polizeibeamten führt, wobei das kantonale Recht die Strafverfolgung der Mitglieder ihrer Vollziehungs- und Gerichtsbehörden wegen im Amt begangener Verbrechen oder Vergehen von der Ermächtigung einer Behörde abhängig machen kann ( Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO ). Vorbehalten bleiben sodann das Recht der beschuldigten Person bzw. einer Auskunftsperson, die Aussage zu verweigern (vgl. Art. 158 Abs. 1 lit. b bzw. Art. 180 Abs. 1 StPO ) sowie die Zeugnisverweigerungsrechte gemäss Art. 168 ff. StPO .

2.4 Die von der Staatsanwaltschaft vom Beschwerdeführer verlangten Informationen, nämlich die Personalien der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten mitsamt konkreter Einsatzfunktion, sind für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Schussabgabe eines am Einsatz beteiligten Polizeibeamten zweifellos von Bedeutung. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Verfügung vom 21. Dezember 2011 in Aussicht gestellt hat, beabsichtigt sie, weitere Befragungen von Zeugen und Auskunftspersonen durchzuführen. Diese Ermittlungen würden zumindest erschwert, wenn ihr die verlangten Informationen nicht bekannt gegeben würden. Als Leiter des Polizeikorps ist der Beschwerdeführer somit grundsätzlich von Bundesrechts wegen verpflichtet, der Staatsanwaltschaft die verlangten, ihm bekannten Informationen herauszugeben. Daran ändert
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der Hinweis auf die ihm nach kantonalem Personalrecht obliegenden Fürsorgepflichten nichts.

3. Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, das kantonale Recht verlange die Ermächtigung einer Behörde zur strafrechtlichen Verfolgung des betroffenen Polizeibeamten bzw. es fehle vorliegend an einer solchen Ermächtigung. Zu Recht macht er auch nicht geltend, dass er die Herausgabe der verlangten Informationen aufgrund eines strafprozessualen Auskunfts- oder Zeugnisverweigerungsrechts verweigern dürfte. Er bringt aber (sinngemäss) vor, die am Einsatz beteiligten Polizeibeamten hätten gemäss Art. 149 StPO einen Anspruch auf Wahrung ihrer Anonymität im Strafverfahren und zwar auch gegenüber der Staatsanwaltschaft, weshalb er nicht verpflichtet werden könne, die verlangten Informationen bekannt zu geben.

3.1 Besteht Grund zur Annahme, ein Zeuge, eine Auskunftsperson, eine beschuldigte Person, eine sachverständige Person oder ein Übersetzer könnte durch die Mitwirkung im Verfahren sich oder eine Person, die mit ihr oder ihm in einem Verhältnis nach Art. 168 Abs. 1-3 StPO steht, einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben oder einem anderen schweren Nachteil aussetzen, so trifft die Verfahrensleitung auf Gesuch hin oder von Amtes wegen die geeigneten Schutzmassnahmen ( Art. 149 Abs. 1 StPO ). Unter anderem kann die Verfahrensleitung der zu schützenden Person die Anonymität zusichern ( Art. 149 Abs. 2 lit. a und Art. 150 Abs. 1 StPO ). Wurde der zu schützenden Person die Wahrung ihrer Anonymität zugesichert, so trifft die Verfahrensleitung die geeigneten Massnahmen, um Verwechslungen oder Vertauschungen zu verhindern ( Art. 149 Abs. 6 StPO ). Verfahrensleitende Behörde und somit zuständig für die Anordnung von Schutzmassnahmen ist bis zur Einstellung des Verfahrens oder zur Anklageerhebung die Staatsanwaltschaft ( Art. 61 lit. a StPO , Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts [im Folgenden: Botschaft StPO], BBl 2006 1085 ff., 1189 zu Art. 146 Abs. 1). Die Staatsanwaltschaft unterbreitet die von ihr gemachte Zusicherung innert 30 Tagen dem Zwangsmassnahmengericht zur Genehmigung ( Art. 150 Abs. 2 Satz 1 StPO ). Wird einer Person die Anonymität zugesichert, bedeutet dies, dass ihre Personalien im Verfahren nicht bekannt gegeben werden und ihre wahre Identität auch nicht in den Verfahrensakten erscheint. Typischerweise erscheint in den Akten nur eine Decknummer oder der Deckname der geschützten Person (Botschaft StPO, a.a.O., S. 1189 zu Art. 147).
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3.2 Der untersuchende Staatsanwalt hat der beschuldigten Person sowie drei am Polizeieinsatz beteiligten Zeugen in Anwendung von Art. 149 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. a sowie Art. 150 Abs. 1 StPO Anonymität zugesichert. Die Frage, ob daran festzuhalten ist, wird das Zwangsmassnahmengericht zu beantworten haben ( Art. 150 Abs. 2 StPO ); sie ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Vorliegend zu beantworten ist nur die Frage, ob der Beschwerdeführer verpflichtet werden kann, der Staatsanwaltschaft die vollständigen Personalien sowie die konkrete Einsatzfunktion der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten schriftlich bekannt zu geben. Dass der Beschwerdeführer zur Herausgabe der verlangten Informationen grundsätzlich verpflichtet ist, wurde bereits ausgeführt (vgl. E. 2.1-2.4 hiervor). Zu prüfen bleibt, ob - wie er geltend macht - eine an einem Strafuntersuchungsverfahren beteiligte Person unter Umständen auch gegenüber der Staatsanwaltschaft Anonymität beanspruchen kann und er gegebenenfalls deshalb die Herausgabe der verlangten Informationen verweigern darf.

3.2.1 Haben die Strafbehörden der zu schützenden Person Anonymität zugesichert, haben sie die geeigneten Massnahmen zu treffen, um Verwechslungen oder Vertauschungen zu verhindern ( Art. 149 Abs. 6 StPO ), und zu prüfen, ob die Person, die sie vor sich haben, mit jener identisch ist, die sich hinter der Anonymität verbirgt ( BGE 133 I 33 E. 3.1 S. 41 f. sowie E. 4.1 S. 43 mit Hinweisen). Daraus folgt, dass sie die Verfahrensbeteiligten identifizieren können müssen. Zwar bringt der Beschwerdeführer vor, eine Strafbehörde könne sich vor der Einvernahme einer zu schützenden Person auch von einem Polizeibeamten bzw. vom Polizeikommandanten bestätigen lassen, dass die einvernommene Person mit jener identisch ist, die sich hinter der Anonymität verbirgt. Dieses Vorgehen sei im Hinblick auf das Verhältnismässigkeitsprinzip zu bevorzugen, weil es einen schriftlichen Vermerk der Identität in den Akten unnötig mache. Ob die Verfahrensrechte der weiteren Verfahrensbeteiligten in genügender Weise gewahrt bleiben, wenn eine Gerichtsbehörde die Identität einer zu schützenden Person nicht persönlich und anhand der Aufzeichnungen überprüft, sondern sich deren Identität einzig von einem Polizeibeamten bzw. vom Polizeikommandanten bestätigen lässt, kann vorliegend dahingestellt bleiben (vgl. dazu STEFAN WEHRENBERG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 39 zu Art. 149 StPO sowie BGE 133 I 33 E. 4.1 S. 43). Jedenfalls muss aber die Staatsanwaltschaft als bis zur
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Einstellung des Verfahrens oder zur Anklageerhebung verfahrensleitende und gegenüber der Polizei weisungsbefugte Behörde die Identität der beschuldigten Person sowie der weiteren Verfahrensbeteiligten persönlich überprüfen können.

3.2.2 Nicht zu folgen ist dem Beschwerdeführer, soweit er geltend macht, es bestehe keine gesetzliche Grundlage dafür, dass die Staatsanwaltschaft die Personalien einer zu schützenden Person ausserhalb der eigentlichen Verfahrensakten schriftlich festhalte. Wie die Vorinstanz ausgeführt hat, wird die Identität der einzuvernehmenden mit der tatsächlich einvernommenen Person in der Praxis dadurch sichergestellt, dass ihr bei der Zusicherung der Anonymität eine Nummer, ein Pseudonym oder ein fiktives Kürzel zugewiesen wird, die bzw. das in einem geheimen Dokument zusammen mit den wahren Personalien festgehalten und von der Staatsanwaltschaft bzw. vom Gericht unter Verschluss aufbewahrt wird. Bei Bedarf kann die Person dann unter Ausschluss der Parteien und der Öffentlichkeit anhand der Kennzeichnung und des geheimen Dokuments identifiziert werden. Für ein solches Vorgehen bildet Art. 149 Abs. 1 StPO , wonach die Verfahrensleitung die zum Schutz der betroffenen Person geeigneten Schutzmassnahmen trifft, eine genügende gesetzliche Grundlage. Ausserdem ist in Art. 149 Abs. 2 StPO ausdrücklich vorgesehen, dass die Verfahrensleitung die Personalien der zu schützenden Person unter Ausschluss der Parteien oder der Öffentlichkeit feststellen (lit. c) und das Akteneinsichtsrecht einschränken kann (lit. e).

3.2.3 Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, es bestehe die Möglichkeit bzw. es sei zu erwarten, dass das Zwangsmassnahmengericht die Zusicherung der Anonymität nicht genehmige. Diesfalls bestehe die Gefahr, dass die Personalien der beteiligten Polizeibeamten den weiteren Verfahrensbeteiligten bekannt würden. Auch sei davon auszugehen, dass die Verfahrensgarantien der weiteren Verfahrensbeteiligten höher gewichtet würden, sodass früher oder später auch ursprünglich als geheim angelegte Dokumente und damit die Identität der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten offenzulegen sein werden. Damit würden die Polizisten an Leib und Leben gefährdet, weshalb die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 21. Dezember 2011 ihr Recht auf Leben und persönliche Freiheit beeinträchtige ( Art. 10 Abs. 1 und 2 BV sowie § 15 der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 [SR 131.227]) und willkürlich sei ( Art. 9 BV ).
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Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, dass die am Strafverfahren beteiligten Personen möglicherweise dereinst die Identität der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten werden in Erfahrung bringen können, sofern das Zwangsmassnahmengericht die Genehmigung der von der Staatsanwaltschaft zugesicherten Anonymität rechtskräftig verweigern sollte. Die diesbezüglichen Bedenken des Beschwerdeführers hinsichtlich der Sicherheit der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten können aber auf das vorliegende Verfahren keinen Einfluss haben, weil die Polizei und damit der Beschwerdeführer nach dem in E. 2.1-2.4 Ausgeführten ohnehin verpflichtet wäre, der Staatsanwaltschaft die verlangten Informationen herauszugeben, sofern das Zwangsmassnahmengericht die Genehmigung rechtskräftig verweigern würde. Solche Bedenken sind vielmehr der Staatsanwaltschaft mitzuteilen und von dieser dem Zwangsmassnahmengericht mit dem Genehmigungsantrag zu unterbreiten ( Art. 150 Abs. 2 StPO ).
Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus geltend machen will, es bestehe die Gefahr, dass unter der Zusicherung der Anonymität erhobene Beweise den weiteren Verfahrensbeteiligten bekannt gegeben werden, erweist sich seine Rüge als unbegründet. Verweigert das Zwangsmassnahmengericht die Genehmigung, so dürfen die unter Zusicherung der Anonymität bereits erhobenen Beweise nicht verwertet werden ( Art. 150 Abs. 3 StPO ). Das Gleiche gilt, wenn ein Strafgericht zum Schluss kommt, die getroffenen Schutzmassnahmen seien mit den Verfahrensrechten der weiteren Beteiligten nicht vereinbar, zumal eine genehmigte oder erteilte Zusicherung der Anonymität sämtliche mit dem Fall betrauten Strafbehörden bindet ( Art. 150 Abs. 4 StPO ). Aufzeichnungen über unverwertbare Beweise sind aus den Akten zu entfernen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten und danach zu vernichten (Botschaft StPO, a.a.O., S. 1190 zu Art. 147 Abs. 3; vgl. auch Art. 141 Abs. 5 StPO ).

3.2.4 Sinn und Zweck der Zusicherung der Anonymität nach Art. 149 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. a sowie Art. 150 Abs. 1 StPO ist nach dem Gesagten die Geheimhaltung der Identität der betroffenen Person gegenüber Personen, die ihr Schaden zufügen könnten. Das Recht auf Anonymität besteht nicht gegenüber den Behörden wie etwa Staatsanwaltschaft und Gericht (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar, 2009, N. 9 zu Art. 150 StPO ; vgl. auch Art. 151 Abs. 1 lit. a StPO für die verdeckte Ermittlung),
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sondern nur gegenüber denjenigen Personen, welche eine Gefährdung darstellen könnten. Die Identifikation gegenüber den zuständigen Behörden (bei Kollegialgerichten zumindest gegenüber dem Vorsitzenden) ist auch im Falle von Schutzmassnahmen unverzichtbar (WEHRENBERG, a.a.O., N. 19 zu Art. 149 StPO mit Hinweis auf Art. 98b Militärstrafprozess vom 23. März 1979 [MStP; SR 322.1], wo ausdrücklich festgehalten wird, dass die Identität von Zeugen und Auskunftspersonen "gegenüber Personen, die ihnen Schaden zufügen könnten", geheim gehalten werden kann). Ohnehin undenkbar und mit Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 308 Abs. 1 und 2 StPO (vgl. E. 2.1 hiervor) unvereinbar wäre, dass die Staatsanwaltschaft nach Abschluss einer Untersuchung gegen eine Person Anklage erhebt oder einen Strafbefehl erlässt, ohne ihre Identität zu kennen. Aber auch über die Identität anderer zu schützender Verfahrensbeteiligter wie beispielsweise von Zeugen muss sich die Staatsanwaltschaft als verfahrensleitende Behörde ins Bild setzen können (vgl. Art. 143 Abs. 1 lit. a StPO ). Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass die Strafbehörden ihrer Verantwortung für die Sicherheit der zu schützenden Personen bewusst sein müssen und die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz ihrer Identität einzuhalten haben (WEHRENBERG, a.a.O., N. 18 zu Art. 150 StPO ).

3.3 Damit steht fest, dass die am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizisten im Strafuntersuchungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft keine Anonymität beanspruchen können und der Beschwerdeführer auch gestützt auf Art. 149 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. a sowie Art. 150 Abs. 1 StPO die schriftliche Bekanntgabe der verlangten Informationen nicht verweigern darf.

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