Federal court decision 95 III 1 from March 18, 1969

Date: March 18, 1969

Related articles:  Art. 8 SchKG, Art. 17 SchKG , Art. 8 SchKG, Art. 17 ff. SchKG, Art. 17 Abs. 1 SchKG, Art. 8 Abs. 1 SchKG, Art. 8 Abs. 2 und 3 SchKG, Art. 8 Abs. 2 SchKG

Related court decisions:  120 II 20 , 88 III 11, 85 III 1

Source: bger.ch

Urteilskopf

95 III 1


1. Entscheid vom 18. März 1969 i.S. X.

Regeste

1. Inwiefern unterliegen die Eintragungen der vom Betreibungsamte zu führenden Register ( Art. 8 SchKG und Art. 28 ff. der Verordnung Nr. 1 zum SchKG, vom 18. Dezember 1891) der Beschwerde nach Art. 17 ff. SchKG ? (Erw. 1 Abs. 1).
2. Die eingehenden Betreibungsbegehren sind in der Regel im Eingangs- und im Betreibungsregister (Art. 29 und 30 der VO I) einzutragen, und es bleibt alsdann dieser Eintrag bestehen, auch wenn das betreffende Amt die Betreibung wegen örtlicher Unzuständigkeit nicht durchführen kann. Erkennt das Amt aber seine örtliche Unzuständigkeit sogleich nach Eingang des Begehrens, so hat es lediglich einen Tagebuchvermerk (Art. 33 der Verordnung) vorzunehmen und ein Rückweisungsschreiben an den Gläubiger zu richten. (Erw. 1 Abs. 2).
3. Ob und in welchem Masse einem Interessenten Auskunft über Registereintragungen zu erteilen sei, muss von Fall zu Fall auf Grund des Interessennachweises entschieden werden. Es ist nicht zulässig, dem Amte hierüber zum vornherein allgemeine Weisungen zu erteilen. (Erw. 2).

Sachverhalt ab Seite 2

BGE 95 III 1 S. 2

A.- Am 21. Juni 1960 ging beim Betreibungsamt Zürich 11 ein Betreibungsbegehren für eine Forderung im Hauptbetrag von Fr. 8000.-- gegen den Rekurrenten, Rechtsanwalt, ein. Das Amt registrierte diese Betreibung, fertigte den Zahlungsbefehl aus und lud den Betriebenen telephonisch ein, ihn abzuholen. Dabei ergab sich, wie dem Amtsberichte des weitern zu entnehmen ist, dass der Rekurrent aus dem Stadtkreis 11 in den Kreis 10 weggezogen war. Hierauf teilte das Amt dem Gläubiger mit, der Zahlungsbefehl habe wegen des Wohnungswechsels des Schuldners nicht zugestellt werden können.
Der Rekurrent setzte sich seinerseits mit dem Betreibenden in Verbindung; dieser sah hieraufvon der Einleitung einer neuen Betreibung ab.

B.- Im Herbst 1968 sah sich der Rekurrent veranlasst, von den Betreibungsämtern Zürich 10 und 11 ihn betreffende Auszüge aus den Betreibungsregistern zu verlangen. Er erhielt am 12. November 1968 vom Betreibungsamt Zürich 11 die Bescheinigung,
"dass bei uns auf Ihren Namen eine Betreibung registriert ist: Betreibung Nr. 71473 vom 21. Juni 1960
Gläubiger:...
Forderung:...
Den Zahlungsbefehl konnten wir nicht zustellen, weil Sie zu jenem Zeitpunkt Ihren Wohnsitz von der ... strasse ... Zürich 11 an die ... strasse ... Zürich 10 verlegt hatten."

C.- Am 22. November 1968 führte der Rekurrent gegen das Betreibungsamt Zürich 11 Beschwerde mit dem Antrag, dieses Amt sei anzuweisen, die erwähnte Betreibung vom 21. Juni
BGE 95 III 1 S. 3
1960 "im Eingangs- bzw. überhaupt im Betreibungsregister zu streichen bzw. zu löschen". Zur Begründung wies er auf die ihm aus dem Fortbestehen solcher Einträge erwachsenden Unannehmlichkeiten hin. Für einen mit Aufträgen in Finanzgeschäften zum Teil internationaler Art beschäftigten Anwalt sei jede Betreibung kreditschädigend. Er übe den Anwaltsberuf in mehreren Kantonen aus und müsse jeweilen beim Einholen einer Zulassungsbewilligung einen Auszug aus dem Betreibungsregister vorlegen. Seien Betreibungen verzeichnet, so müsse er nachweisen, dass sie ungerechtfertigt waren. Das sei unzumutbar; die vorliegende (vom Betreibenden gänzlich fallen gelassene, nicht etwa im Kreis 10 erneuerte) Betreibung sei übrigens als nichtig zu betrachten; für deren Registrierung fehle es "an jeder sachlichen und rechtlichen Grundlage".

D.- Die untere Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde ab, ebenso die obere Aufsichtsbehörde des Kantons Zürich den vom Beschwerdeführer eingereichten Rekurs, mit Entscheid vom 20. Februar 1969. In der Begründung wird erklärt, die vorliegenden Registereinträge seien nach Vorschrift erfolgt, und es sei nicht zulässig, sie während der vorgeschriebenen Dauer der Aufbewahrung der Register zu löschen oder zu streichen. Auch der im Rekurs enthaltene Eventualantrag, das Betreibungsamt sei anzuweisen, die erwähnte Betreibung "auf Auskunftsbegehren hin nicht bekannt zu geben", könne nicht geschützt werden. Beim Nachweis eines Interesses dürfe die Einsichtnahme in die Register und die Abgabe von Auszügen nach Art. 8 SchKG nicht verweigert werden. Dem Rekurrenten sei auch nicht zuzugeben, dass über das vorliegende, vom Betreibenden selbst nicht weiter verfolgte Betreibungsbegehren jedenfalls nur beim Nachweis eines besonderen Interesses Auskunft erteilt werden dürfe. Denn das Gesetz unterscheide nicht zwischen einfachem und qualifiziertem Interesse.

E.- Diesen Entscheid zieht der Rekurrent an das Bundesgericht weiter, indem er an Haupt- und Eventualantrag festhält.

Erwägungen

Die Schuldbetr.- u. Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Art. 17 Abs. 1 SchKG unterstellt der Beschwerde jede "Verfügung" eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes. Die in Art. 8 Abs. 1 SchKG vorgeschriebene Protokollführung, insbesondere die Eintragungen in die von Art. 28 ff. der Verordnung Nr. 1 vom 18. Dezember 1891 des Bundesrates zum
BGE 95 III 1 S. 4
SchKG vorgeschriebenen Register, betreffen die innere Organisation der Ämter und stellen keine nach aussen wirkenden Verfügungen wie etwa die Eintragungen des Eigentumsvorbehaltsregisters dar. Freilich dienen jene Protokolle auch zur Orientierung irgendwelcher Personen, die ein Interesse nachweisen, und geniessen eine erhöhte Beweiskraft, auf welche sich diejenigen, zu deren Gunsten sie lauten, berufen können ( Art. 8 Abs. 2 und 3 SchKG ). Daher kann sowohl das Unterbleiben wie auch die Unklarheit oder Unrichtigkeit emer Eintragung einen Grund zur Beschwerde bilden, und ebenso die ungerechtfertigte Erteilung oder Verweigerung einer auf diese amtlichen Aufzeichnungen gestützten Auskunft. Darum geht es jedoch beim Hauptbegehren der vorliegenden Beschwerde, womit der Rekurrent die "Löschung" eines Registereintrages verlangt, nicht. Dieses Begehren richtet sich auch nicht gegen die Erhebung einer Gebühr für eine Amtsverrichtung, die aus diesem Grund auf ihre gesetzliche Grundlage zu überprüfen wäre. Vielmehr will der Rekurrent die Eintragung eines gegen ihn eingegangenen Betreibungsbegehrens nun acht Jahre später löschen lassen, weil er befürchtet, die Kenntnis dieses Eintrages durch Drittpersonen könnte ihm nachteilig sein. Allerdings ist er der Ansicht, das Betreibungsamt hätte, als es seiner örtlichen Unzuständigkeit gewahr wurde, den bereits erfolgten Eintrag sogleich annullieren sollen, um jeglicher Kundgabe desselben an Drittpersonen vorzubeugen. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Rekurrent aus diesem Gesichtspunkt ein Recht zur Beschwerde über den Registereintrag vom 21. Juni 1960 herleiten kann. Denn jedenfalls erweist sich die in diesem Punkt erhobene Rüge als unbegründet.
Zwar ist dem Rekurrenten darin beizustimmen, dass das Betreibungsamt schon vor Zustellung des bereits ausgefertigten Zahlungsbefehls von seinem Wegzug in einen anderen Betreibungskreis erfuhr. Die Zustellung unterblieb daher; es kam somit nicht zu der von der kantonalen Aufsichtsbehörde an und für sich richtig als "bloss anfechtbar, nicht nichtig" bezeichneten Betreibungshandlung ( BGE 88 III 11 ). Allein das Amt hatte sich beim Eingang des Betreibungsbegehrens gemäss der darin angegebenen Wohnadresse des Rekurrenten, wie dem Amtsbericht zu entnehmen ist, als örtlich zuständig betrachtet (und betrachten dürfen), weshalb die Eintragung im Eingangsregister (nach Art. 29 Abs. 1 der VO I) und im Betreibungsbuch
BGE 95 III 1 S. 5
bzw. in der Betreibungskarte (nach Art. 30 Abs. 1 der VO I) in Ordnung ging. Dass diese Einträge nachträglich zu "löschen" seien, weil das Betreibungsamt in Wahrheit örtlich nicht zuständig war, trifft nicht zu. Nur wenn das Amt schon beim Empfang des Betreibungsbegehrens seine Unzuständigkeit mit Sicherheit erkannt hätte, wäre es nicht am Platz gewesen, die Betreibung in der angegebenen Weise einzutragen. In diesem Falle hätte ein Tagebuchvermerk nach Art. 33 der VO I genügt (vgl. BGE 85 III 1 ff., wonach es auch für die Gebührenerhebung darauf ankommt, ob das Betreibungsamt seine Unzuständigkeit sogleich beim Empfang des Begehrens erkennt und es daher bei einem Tagebuchvermerk und einem Rückweisungsschreiben an den Gläubiger bewenden lässt, oder ob sich die Unzuständigkeit erst nach Ausführung der verlangten Betreibungshandlung ergibt: alsdann ist keine besondere Gebühr für die - natürlich erfolgte (und fortbestehende) - Einschreibung im Eingangs- und im Betreibungsregister zu erheben). Im vorliegenden Fall ist es nicht zu beanstanden, dass das Betreibungsamt die vermeintlich in seinen Kreis gehörende Betreibung in diese beiden Register eintrug, und dieser Eintrag muss nun auch während der vorgeschriebenen Dauer der Aufbewahrung des Betreibungsregisters bestehen bleiben. Mit Recht bemerkt die untere Aufsichtsbehörde: "Jede Tilgung in den Registern eines Amtes würde die Kontrolle der Geschäftsführung verunmöglichen, denn damit wäre jeder Beweis für das Tätigwerden des Amtes beseitigt."

2. Dem Rekurrenten liegt es vor allem daran, eine Bekanntgabe des erwähnten Einganges an Drittpersonen zu verhindern. Mit seinem Eventualbegehren will er daher das Betreibungsamt anweisen lassen, bei einer ihn betreffenden Auskunft jene Betreibung "nicht zu berücksichtigen bzw. nicht bekannt zu geben". Eine allgemeine Anweisung solcher Art ist jedoch unzulässig und würde dem Art. 8 Abs. 2 SchKG widersprechen. Sollte sich jemand beim Betreibungsamt Zürich 11 als dem Amt seines früheren Wohnsitzes danach erkundigen, ob und was für Betreibungen gegen den Rekurrenten angehoben und durchgeführt wurden, so wird es vom Interessennachweis abhangen, ob und inwieweit die Einsicht in das Betreibungsregister zu gewähren und welche Auskunft allenfalls in Form eines Registerauszuges zu erteilen sei: ob sie sich auf die durchgeführten Verwertungen oder auf die Ausstellung von Verlustscheinen beschränken
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oder aber alle angehobenen, wenn auch nicht bis zur Verwertung gelangten Betreibungen mitumfassen solle. Darüber kann nicht zum voraus, sondern erst beim Vorliegen des einzelnen Gesuches entschieden werden.

Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.

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