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Bundesgesetz
über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf die Artikel 188–191c der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 20012,

beschliesst:

1. Kapitel: Stellung und Organisation

1. Abschnitt: Stellung

Art. 1 Oberste Recht sprechende Behörde  

1 Das Bun­des­ge­richt ist die obers­te Recht spre­chen­de Be­hör­de des Bun­des.

2 Es übt die Auf­sicht über die Ge­schäfts­füh­rung des Bun­dess­traf­ge­richts, des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts und des Bun­de­spa­tent­ge­richts aus.3

3 Es be­steht aus 35–45 or­dent­li­chen Bun­des­rich­tern und Bun­des­rich­te­rin­nen.

4 Es be­steht aus­ser­dem aus ne­ben­amt­li­chen Bun­des­rich­tern und Bun­des­rich­te­rin­nen; de­ren Zahl be­trägt höchs­tens zwei Drit­tel der Zahl der or­dent­li­chen Rich­ter und Rich­te­rin­nen.4

5 Die Bun­des­ver­samm­lung legt die Zahl der Rich­ter und Rich­te­rin­nen in ei­ner Ver­ord­nung fest.

3 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2009 über das Bun­de­spa­tent­ge­richt, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2010 513, 2011 2241; BBl 2008 455).

4 Sie­he auch Art. 132 Abs. 4 hier­nach.

Art. 2 Unabhängigkeit  

1 Das Bun­des­ge­richt ist in sei­ner Recht spre­chen­den Tä­tig­keit un­ab­hän­gig und nur dem Recht ver­pflich­tet.

2 Sei­ne Ent­schei­de kön­nen nur von ihm selbst nach Mass­ga­be der ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen auf­ge­ho­ben oder ge­än­dert wer­den.

Art. 3 Verhältnis zur Bundesversammlung  

1 Die Bun­des­ver­samm­lung übt die Ober­auf­sicht über das Bun­des­ge­richt aus.

2 Sie ent­schei­det jähr­lich über die Ge­neh­mi­gung des Vor­an­schlags, der Rech­nung und des Ge­schäfts­be­richts des Bun­des­ge­richts.

Art. 4 Sitz  

1 Sitz des Bun­des­ge­richts ist Lau­san­ne.

2 Ei­ne oder meh­re­re Ab­tei­lun­gen ha­ben ih­ren Stand­ort in Lu­zern.

2. Abschnitt: Richter und Richterinnen

Art. 5 Wahl  

1 Die Bun­des­ver­samm­lung wählt die Rich­ter und Rich­te­rin­nen.

2 Wähl­bar ist, wer in eid­ge­nös­si­schen An­ge­le­gen­hei­ten stimm­be­rech­tigt ist.

Art. 6 Unvereinbarkeit  

1 Die Rich­ter und Rich­te­rin­nen dür­fen we­der der Bun­des­ver­samm­lung noch dem Bun­des­rat an­ge­hö­ren und in kei­nem an­de­ren Ar­beits­ver­hält­nis mit dem Bund ste­hen.

2 Sie dür­fen we­der ei­ne Tä­tig­keit aus­üben, wel­che die Er­fül­lung der Amts­pflich­ten, die Un­ab­hän­gig­keit oder das An­se­hen des Ge­richts be­ein­träch­tigt, noch be­rufs­mäs­sig Drit­te vor dem Bun­des­ge­richt ver­tre­ten.

3 Sie dür­fen kei­ne amt­li­che Funk­ti­on für einen aus­län­di­schen Staat aus­üben und kei­ne Ti­tel oder Or­den aus­län­di­scher Be­hör­den an­neh­men.

4 Die or­dent­li­chen Rich­ter und Rich­te­rin­nen dür­fen kein Amt ei­nes Kan­tons be­klei­den und kei­ne an­de­re Er­werbs­tä­tig­keit aus­üben. Sie dür­fen auch nicht als Mit­glied der Ge­schäfts­lei­tung, der Ver­wal­tung, der Auf­sichts­stel­le oder der Re­vi­si­ons­stel­le ei­nes wirt­schaft­li­chen Un­ter­neh­mens tä­tig sein.

Art. 7 Nebenbeschäftigung  

1 Das Bun­des­ge­richt kann den or­dent­li­chen Rich­tern und Rich­te­rin­nen ge­stat­ten, ei­ne Ne­ben­be­schäf­ti­gung oh­ne Er­werbs­zweck aus­zuü­ben, wenn die un­ein­ge­schränk­te Er­fül­lung der Amts­pflich­ten, die Un­ab­hän­gig­keit und das An­se­hen des Ge­richts da­durch nicht be­ein­träch­tigt wer­den.

2 Es be­stimmt die Vor­aus­set­zun­gen für die­se Be­wil­li­gung in ei­nem Re­gle­ment.

Art. 8 Unvereinbarkeit in der Person  

1 Dem Bun­des­ge­richt dür­fen nicht gleich­zei­tig als Rich­ter oder Rich­te­rin­nen an­ge­hö­ren:

a.
Ehe­gat­ten, ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin­nen oder Part­ner und Per­so­nen, die in dau­ern­der Le­bens­ge­mein­schaft le­ben;
b.
Ehe­gat­ten oder ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin­nen oder Part­ner von Ge­schwis­tern und Per­so­nen, die mit Ge­schwis­tern in dau­ern­der Le­bens­ge­mein­schaft le­ben;
c.
Ver­wand­te in ge­ra­der Li­nie so­wie bis und mit dem drit­ten Grad in der Sei­ten­li­nie;
d.
Ver­schwä­ger­te in ge­ra­der Li­nie so­wie bis und mit dem drit­ten Grad in der Sei­ten­li­nie.

2 Die Re­ge­lung von Ab­satz 1 Buch­sta­be d gilt bei dau­ern­den Le­bens­ge­mein­schaf­ten sinn­ge­mä­ss.

Art. 9 Amtsdauer  

1 Die Amts­dau­er der Rich­ter und Rich­te­rin­nen be­trägt sechs Jah­re.

2 Rich­ter und Rich­te­rin­nen schei­den am En­de des Jah­res aus ih­rem Amt aus, in dem sie das 68. Al­ters­jahr vollen­den.

3 Frei ge­wor­de­ne Stel­len wer­den für den Rest der Amts­dau­er wie­der be­setzt.

Art. 10 Amtseid  

1 Die Rich­ter und Rich­te­rin­nen wer­den vor ih­rem Amts­an­tritt auf ge­wis­sen­haf­te Pflicht­er­fül­lung ver­ei­digt.

2 Die Ver­ei­di­gung er­folgt durch die Ab­tei­lung un­ter dem Vor­sitz des Prä­si­den­ten oder der Prä­si­den­tin des Bun­des­ge­richts.

3 Statt des Eids kann ein Ge­lüb­de ab­ge­legt wer­den.

Art. 115  

5 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 3 des BG vom 17. Ju­ni 2011 (Ge­su­che um Auf­he­bung der Im­mu­ni­tät), mit Wir­kung seit 5. Dez. 2011 (AS 2011 4627; BBl 2010 73457385).

Art. 12 Wohnort  

Die Rich­ter und Rich­te­rin­nen kön­nen ih­ren Wohn­ort in der Schweiz frei wäh­len; or­dent­li­che Rich­ter und Rich­te­rin­nen müs­sen je­doch das Ge­richt in kur­z­er Zeit er­rei­chen kön­nen.

3. Abschnitt: Organisation und Verwaltung

Art. 13 Grundsatz  

Das Bun­des­ge­richt re­gelt sei­ne Or­ga­ni­sa­ti­on und Ver­wal­tung.

Art. 14 Präsidium  

1 Die Bun­des­ver­samm­lung wählt aus den or­dent­li­chen Rich­tern und Rich­te­rin­nen:

a.
den Prä­si­den­ten oder die Prä­si­den­tin des Bun­des­ge­richts;
b.
den Vi­ze­prä­si­den­ten oder die Vi­ze­prä­si­den­tin.

2 Die Wahl er­folgt für zwei Jah­re; ein­ma­li­ge Wie­der­wahl ist zu­läs­sig.

3 Der Prä­si­dent oder die Prä­si­den­tin führt den Vor­sitz im Ge­samt­ge­richt und in der Ver­wal­tungs­kom­mis­si­on (Art. 17). Er oder sie ver­tritt das Ge­richt nach aus­sen.

4 Er oder sie wird durch den Vi­ze­prä­si­den­ten oder die Vi­ze­prä­si­den­tin oder, falls die­ser oder die­se ver­hin­dert ist, durch den Rich­ter oder die Rich­te­rin mit dem höchs­ten Dienstal­ter ver­tre­ten; bei glei­chem Dienstal­ter ist das hö­he­re Le­bensal­ter mass­ge­bend.

Art. 15 Gesamtgericht  

1 Das Ge­samt­ge­richt be­steht aus den or­dent­li­chen Rich­tern und Rich­te­rin­nen. Es ist zu­stän­dig für:

a.
den Er­lass von Re­gle­men­ten über die Or­ga­ni­sa­ti­on und Ver­wal­tung des Ge­richts, die Ge­schäfts­ver­tei­lung, die Durch­füh­rung der Auf­sicht über das Bun­dess­traf­ge­richt und das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, die Schlich­tung von Strei­tig­kei­ten zwi­schen Rich­tern und Rich­te­rin­nen, die In­for­ma­ti­on, die Ge­richts­ge­büh­ren so­wie die Ent­schä­di­gun­gen an Par­tei­en, amt­li­che Ver­tre­ter und Ver­tre­te­rin­nen, Sach­ver­stän­di­ge so­wie Zeu­gen und Zeu­gin­nen;
b.
Wahlen, so­weit die­se nicht durch Re­gle­ment ei­nem an­de­ren Or­gan des Ge­richts zu­ge­wie­sen wer­den;
c.
die Ver­ab­schie­dung des Ge­schäfts­be­richts;
d.
die Be­stel­lung der Ab­tei­lun­gen und die Wahl ih­rer Prä­si­den­ten und Prä­si­den­tin­nen auf An­trag der Ver­wal­tungs­kom­mis­si­on;
e.
den Vor­schlag an die Bun­des­ver­samm­lung für die Wahl des Prä­si­den­ten oder der Prä­si­den­tin und des Vi­ze­prä­si­den­ten oder der Vi­ze­prä­si­den­tin;
f.
die An­stel­lung des Ge­ne­ral­se­kre­tärs oder der Ge­ne­ral­se­kre­tä­rin und des Stell­ver­tre­ters oder der Stell­ver­tre­te­rin auf An­trag der Ver­wal­tungs­kom­mis­si­on;
g.
Be­schlüs­se be­tref­fend den Bei­tritt zu in­ter­na­tio­na­len Ver­ei­ni­gun­gen;
h.
an­de­re Auf­ga­ben, die ihm durch Ge­setz zu­ge­wie­sen wer­den.

2 Be­schlüs­se des Ge­samt­ge­richts sind gül­tig, wenn an der Sit­zung oder am Zir­ku­la­ti­ons­ver­fah­ren min­des­tens zwei Drit­tel al­ler Rich­ter und Rich­te­rin­nen teil­neh­men.

Art. 16 Präsidentenkonferenz  

1 Die Prä­si­den­ten­kon­fe­renz be­steht aus den Prä­si­den­ten und Prä­si­den­tin­nen der Ab­tei­lun­gen. Sie kon­sti­tu­iert sich selbst.

2 Die Prä­si­den­ten­kon­fe­renz ist zu­stän­dig für:

a.
den Er­lass von Wei­sun­gen und ein­heit­li­chen Re­geln für die Ge­stal­tung der Ur­tei­le;
b.
die Ko­or­di­na­ti­on der Recht­spre­chung un­ter den Ab­tei­lun­gen; vor­be­hal­ten bleibt Ar­ti­kel 23;
c.
die Ver­nehm­las­sung zu Er­las­sent­wür­fen.
Art. 17 Verwaltungskommission  

1 Die Ver­wal­tungs­kom­mis­si­on setzt sich zu­sam­men aus:

a.
dem Prä­si­den­ten oder der Prä­si­den­tin des Bun­des­ge­richts;
b.
dem Vi­ze­prä­si­den­ten oder der Vi­ze­prä­si­den­tin;
c.
höchs­tens drei wei­te­ren Rich­tern und Rich­te­rin­nen.

2 Der Ge­ne­ral­se­kre­tär oder die Ge­ne­ral­se­kre­tä­rin nimmt mit be­ra­ten­der Stim­me an den Sit­zun­gen der Ver­wal­tungs­kom­mis­si­on teil.

3 Die Rich­ter und Rich­te­rin­nen nach Ab­satz 1 Buch­sta­be c wer­den vom Ge­samt­ge­richt für zwei Jah­re ge­wählt; ein­ma­li­ge Wie­der­wahl ist zu­läs­sig.

4 Die Ver­wal­tungs­kom­mis­si­on trägt die Ver­ant­wor­tung für die Ge­richts­ver­wal­tung. Sie ist zu­stän­dig für:

a.
die Zu­tei­lung der ne­ben­amt­li­chen Bun­des­rich­ter und Bun­des­rich­te­rin­nen an die Ab­tei­lun­gen auf An­trag der Prä­si­den­ten­kon­fe­renz;
b.
die Ver­ab­schie­dung des Vor­an­schlags und der Rech­nung zu­han­den der Bun­des­ver­samm­lung;
c.
die An­stel­lung der Ge­richts­schrei­ber und Ge­richts­schrei­be­rin­nen und de­ren Zu­tei­lung an die Ab­tei­lun­gen auf An­trag der Ab­tei­lun­gen;
d.
die Be­reit­stel­lung ge­nü­gen­der wis­sen­schaft­li­cher und ad­mi­nis­tra­ti­ver Dienst­leis­tun­gen;
e.6
ei­ne an­ge­mes­se­ne Wei­ter­bil­dung des Per­so­nals;
f.
die Be­wil­li­gung von Ne­ben­be­schäf­ti­gun­gen der or­dent­li­chen Rich­ter und Rich­te­rin­nen nach An­hö­rung der Prä­si­den­ten­kon­fe­renz;
g.
die Wahr­neh­mung der Auf­sicht über das Bun­dess­traf­ge­richt und das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt;
h.
sämt­li­che wei­te­ren Ver­wal­tungs­ge­schäf­te, die nicht in die Zu­stän­dig­keit des Ge­samt­ge­richts oder der Prä­si­den­ten­kon­fe­renz fal­len.

6 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 5 des BG vom 20. Ju­ni 2014 über die Wei­ter­bil­dung, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 689; BBl 2013 3729).

Art. 18 Abteilungen  

1 Die Ab­tei­lun­gen wer­den je­weils für zwei Jah­re be­stellt. Ih­re Zu­sam­men­set­zung wird öf­fent­lich be­kannt ge­macht.

2 Bei der Be­stel­lung sind die fach­li­chen Kennt­nis­se der Rich­ter und Rich­te­rin­nen so­wie die Amtss­pra­chen an­ge­mes­sen zu be­rück­sich­ti­gen.

3 Die Rich­ter und Rich­te­rin­nen sind zur Aus­hil­fe in an­de­ren Ab­tei­lun­gen ver­pflich­tet.

Art. 19 Abteilungsvorsitz  

1 Die Prä­si­den­ten oder Prä­si­den­tin­nen der Ab­tei­lun­gen wer­den je­weils für zwei Jah­re ge­wählt.

2 Im Ver­hin­de­rungs­fall wer­den sie durch den Rich­ter oder die Rich­te­rin mit dem höchs­ten Dienstal­ter ver­tre­ten; bei glei­chem Dienstal­ter ist das hö­he­re Le­bensal­ter mass­ge­bend.

3 Der Ab­tei­lungs­vor­sitz darf nicht län­ger als sechs Jah­re aus­ge­übt wer­den.

Art. 20 Besetzung  

1 Die Ab­tei­lun­gen ent­schei­den in der Re­gel in der Be­set­zung mit drei Rich­tern oder Rich­te­rin­nen (Spruch­kör­per).

2 Über Rechts­fra­gen von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung oder auf An­trag ei­nes Rich­ters oder ei­ner Rich­te­rin ent­schei­den sie in Fün­fer­be­set­zung. Aus­ge­nom­men sind Be­schwer­den ge­gen Ent­schei­de der kan­to­na­len Auf­sichts­be­hör­den in Schuld­be­trei­bungs- und Kon­kurssa­chen.

3 In Fün­fer­be­set­zung ent­schei­den sie fer­ner über Be­schwer­den ge­gen re­fe­ren­dums­pflich­ti­ge kan­to­na­le Er­las­se und ge­gen kan­to­na­le Ent­schei­de über die Zu­läs­sig­keit ei­ner In­itia­ti­ve oder das Er­for­der­nis ei­nes Re­fe­ren­dums. Aus­ge­nom­men sind Be­schwer­den, die ei­ne An­ge­le­gen­heit ei­ner Ge­mein­de oder ei­ner an­de­ren Kör­per­schaft des kan­to­na­len Rechts be­tref­fen.

Art. 21 Abstimmung  

1 Das Ge­samt­ge­richt, die Prä­si­den­ten­kon­fe­renz, die Ver­wal­tungs­kom­mis­si­on und die Ab­tei­lun­gen tref­fen die Ent­schei­de, Be­schlüs­se und Wahlen, wenn das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt, mit der ab­so­lu­ten Mehr­heit der Stim­men.

2 Bei Stim­men­gleich­heit ist die Stim­me des Prä­si­den­ten be­zie­hungs­wei­se der Prä­si­den­tin aus­schlag­ge­bend; bei Wahlen ent­schei­det das Los.

3 Bei Ent­schei­den, die in ei­nem Ver­fah­ren nach den Ar­ti­keln 72–129 ge­trof­fen wer­den, ist Stimment­hal­tung nicht zu­läs­sig.

Art. 22 Geschäftsverteilung  

Das Bun­des­ge­richt re­gelt die Ver­tei­lung der Ge­schäf­te auf die Ab­tei­lun­gen nach Rechts­ge­bie­ten, die Bil­dung der Spruch­kör­per so­wie den Ein­satz der ne­ben­amt­li­chen Rich­ter und Rich­te­rin­nen durch Re­gle­ment.

Art. 23 Praxisänderung und Präjudiz  

1 Ei­ne Ab­tei­lung kann ei­ne Rechts­fra­ge nur dann ab­wei­chend von ei­nem frü­he­ren Ent­scheid ei­ner oder meh­re­rer an­de­rer Ab­tei­lun­gen ent­schei­den, wenn die Ver­ei­ni­gung der be­trof­fe­nen Ab­tei­lun­gen zu­stimmt.

2 Hat ei­ne Ab­tei­lung ei­ne Rechts­fra­ge zu ent­schei­den, die meh­re­re Ab­tei­lun­gen be­trifft, so holt sie die Zu­stim­mung der Ver­ei­ni­gung al­ler be­trof­fe­nen Ab­tei­lun­gen ein, so­fern sie dies für die Rechts­fort­bil­dung oder die Ein­heit der Recht­spre­chung für an­ge­zeigt hält.

3 Be­schlüs­se der Ver­ei­ni­gung der be­trof­fe­nen Ab­tei­lun­gen sind gül­tig, wenn an der Sit­zung oder am Zir­ku­la­ti­ons­ver­fah­ren min­des­tens zwei Drit­tel der or­dent­li­chen Rich­ter und Rich­te­rin­nen je­der be­trof­fe­nen Ab­tei­lung teil­neh­men. Der Be­schluss wird oh­ne Par­teiver­hand­lung und öf­fent­li­che Be­ra­tung ge­fasst; er ist für die An­trag stel­len­de Ab­tei­lung bei der Be­ur­tei­lung des Streit­fal­les ver­bind­lich.

Art. 24 Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen  

1 Die Ge­richts­schrei­ber und Ge­richts­schrei­be­rin­nen wir­ken bei der In­struk­ti­on der Fäl­le und bei der Ent­scheid­fin­dung mit. Sie ha­ben be­ra­ten­de Stim­me.

2 Sie er­ar­bei­ten un­ter der Ver­ant­wor­tung ei­nes Rich­ters oder ei­ner Rich­te­rin Re­fe­ra­te und re­di­gie­ren die Ent­schei­de des Bun­des­ge­richts.

3 Sie er­fül­len wei­te­re Auf­ga­ben, die ih­nen das Re­gle­ment über­trägt.

Art. 25 Verwaltung  

1 Das Bun­des­ge­richt ver­wal­tet sich selbst.

2 Es rich­tet sei­ne Diens­te ein und stellt das nö­ti­ge Per­so­nal an.

3 Es führt ei­ne ei­ge­ne Rech­nung.

Art. 25a Infrastruktur 7  

1 Für die Be­reit­stel­lung, die Be­wirt­schaf­tung und den Un­ter­halt der vom Bun­des­ge­richt be­nutz­ten Ge­bäu­de ist das Eid­ge­nös­si­sche Fi­nanz­de­par­te­ment zu­stän­dig. Die­ses hat die Be­dürf­nis­se des Bun­des­ge­richts an­ge­mes­sen zu be­rück­sich­ti­gen.

2 Das Bun­des­ge­richt deckt sei­nen Be­darf an Gü­tern und Dienst­leis­tun­gen im Be­reich der Lo­gis­tik selb­stän­dig.

3 Das Bun­des­ge­richt und der Bun­des­rat re­geln die Ein­zel­hei­ten der Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen dem Bun­des­ge­richt und dem Eid­ge­nös­si­schen Fi­nanz­de­par­te­ment in ei­ner Ver­ein­ba­rung. Dar­in kann die Zu­wei­sung der Zu­stän­dig­kei­ten ge­mä­ss den vor­he­ri­gen Ab­sät­zen in ein­zel­nen Punk­ten an­ders ge­re­gelt wer­den.

7 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 23. Ju­ni 2006 über die Be­rei­ni­gung und Ak­tua­li­sie­rung der To­tal­re­vi­si­on der Bun­des­rechts­pfle­ge, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4213; BBl 2006 3067).

Art. 25b Datenschutz bei der Benutzung der elektronischen Infrastruktur 8  

1 Für die Be­nut­zung der elek­tro­ni­schen In­fra­struk­tur des Bun­des­ge­richts fin­den im Rah­men sei­ner Ver­wal­tungs­tä­tig­keit die Ar­ti­kel 57i–57q des Re­gie­rungs- und Ver­wal­tungs­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­set­zes vom 21. März 19979 sinn­ge­mä­ss An­wen­dung.

2 Das Bun­des­ge­richt er­lässt die Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen.

8Ein­ge­fügt durch Ziff. II 1 des BG vom 1. Okt. 2010 (Da­ten­schutz bei der Be­nut­zung der elek­tro­ni­schen In­fra­struk­tur), in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 941; BBl 2009 8513).

9 SR 172.010

Art. 26 Generalsekretariat  

1 Der Ge­ne­ral­se­kre­tär oder die Ge­ne­ral­se­kre­tä­rin steht der Ge­richts­ver­wal­tung ein­sch­liess­lich der wis­sen­schaft­li­chen Diens­te vor. Er oder sie führt das Se­kre­ta­ri­at des Ge­samt­ge­richts, der Prä­si­den­ten­kon­fe­renz und der Ver­wal­tungs­kom­mis­si­on.

2 Er oder sie und der Stell­ver­tre­ter oder die Stell­ver­tre­te­rin wer­den auf Amts­dau­er ge­wählt. Die Amts­dau­er ent­spricht der­je­ni­gen der Rich­ter und Rich­te­rin­nen.10

10 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 1 des BG vom 14. Dez. 2012, in Kraft seit 1. Ju­li 2013 (AS 2013 1493; BBl 2011 6703).

Art. 27 Information  

1 Das Bun­des­ge­richt in­for­miert die Öf­fent­lich­keit über sei­ne Recht­spre­chung.

2 Die Ver­öf­fent­li­chung der Ent­schei­de hat grund­sätz­lich in an­ony­mi­sier­ter Form zu er­fol­gen.

3 Das Bun­des­ge­richt re­gelt die Grund­sät­ze der In­for­ma­ti­on in ei­nem Re­gle­ment.

4 Für die Ge­richts­be­richt­er­stat­tung kann das Bun­des­ge­richt ei­ne Ak­kre­di­tie­rung vor­se­hen.

Art. 28 Öffentlichkeitsprinzip  

1 Das Öf­fent­lich­keits­ge­setz vom 17. De­zem­ber 200411 gilt sinn­ge­mä­ss für das Bun­des­ge­richt, so­weit die­ses ad­mi­nis­tra­ti­ve Auf­ga­ben oder Auf­ga­ben im Zu­sam­men­hang mit der Auf­sicht über das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt und das Bun­dess­traf­ge­richt er­füllt.

2 Das Bun­des­ge­richt be­zeich­net ein Be­schwer­de­or­gan, das über Be­schwer­den ge­gen sei­ne Ver­fü­gun­gen be­tref­fend den Zu­gang zu amt­li­chen Do­ku­men­ten ent­schei­det. Es kann vor­se­hen, dass kein Schlich­tungs­ver­fah­ren durch­ge­führt wird; in die­sem Fall er­lässt es die Stel­lung­nah­me zu ei­nem Ge­such um Zu­gang zu amt­li­chen Do­ku­men­ten in Form ei­ner be­schwer­de­fä­hi­gen Ver­fü­gung.

2. Kapitel: Allgemeine Verfahrensbestimmungen

1. Abschnitt: Zuständigkeit

Art. 29 Prüfung  

1 Das Bun­des­ge­richt prüft sei­ne Zu­stän­dig­keit von Am­tes we­gen.

2 Be­ste­hen Zwei­fel, ob das Bun­des­ge­richt oder ei­ne an­de­re Be­hör­de zu­stän­dig ist, so führt das Ge­richt mit die­ser Be­hör­de einen Mei­nungs­aus­tausch.

Art. 30 Unzuständigkeit  

1 Er­ach­tet sich das Bun­des­ge­richt als nicht zu­stän­dig, so tritt es auf die Sa­che nicht ein.

2 Hat sich in ei­nem Mei­nungs­aus­tausch die Zu­stän­dig­keit ei­ner an­de­ren Be­hör­de er­ge­ben oder er­scheint die Zu­stän­dig­keit ei­ner an­de­ren Bun­des­be­hör­de als wahr­schein­lich, so über­weist das Bun­des­ge­richt die Sa­che der be­tref­fen­den Be­hör­de.

Art. 31 Vorfragen  

Ist das Bun­des­ge­richt in der Haupt­sa­che zu­stän­dig, so be­fin­det es auch über die Vor­fra­gen.

2. Abschnitt: Prozessleitung

Art. 32 Instruktionsrichter oder Instruktionsrichterin  

1 Der Prä­si­dent oder die Prä­si­den­tin der Ab­tei­lung lei­tet als In­struk­ti­ons­rich­ter be­zie­hungs­wei­se In­struk­ti­ons­rich­te­rin das Ver­fah­ren bis zum Ent­scheid; er oder sie kann einen an­de­ren Rich­ter oder ei­ne an­de­re Rich­te­rin mit die­ser Auf­ga­be be­trau­en.

2 Der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin ent­schei­det als Ein­zel­rich­ter be­zie­hungs­wei­se Ein­zel­rich­te­rin über die Ab­schrei­bung von Ver­fah­ren zu­fol­ge Ge­gen­stands­lo­sig­keit, Rück­zugs oder Ver­gleichs.

3 Die Ver­fü­gun­gen des In­struk­ti­ons­rich­ters oder der In­struk­ti­ons­rich­te­rin sind nicht an­fecht­bar.

Art. 33 Disziplin  

1 Wer im Ver­fah­ren vor dem Bun­des­ge­richt den An­stand ver­letzt oder den Ge­schäfts­gang stört, wird mit ei­nem Ver­weis oder ei­ner Ord­nungs­bus­se bis zu 1000 Fran­ken be­straft.

2 Im Fal­le bös­wil­li­ger oder mut­wil­li­ger Pro­zess­füh­rung kön­nen die Par­tei und ihr Ver­tre­ter oder ih­re Ver­tre­te­rin mit ei­ner Ord­nungs­bus­se bis zu 2000 Fran­ken und bei Wie­der­ho­lung bis zu 5000 Fran­ken be­straft wer­den.

3 Der oder die Vor­sit­zen­de ei­ner Ver­hand­lung kann Per­so­nen, die sei­ne oder ih­re An­wei­sun­gen nicht be­fol­gen, aus dem Sit­zungs­saal weg­wei­sen und mit ei­ner Ord­nungs­bus­se bis zu 1000 Fran­ken be­stra­fen.

3. Abschnitt: Ausstand von Gerichtspersonen

Art. 34 Ausstandsgründe  

1 Rich­ter, Rich­te­rin­nen, Ge­richts­schrei­ber und Ge­richts­schrei­be­rin­nen (Ge­richts­per­so­nen) tre­ten in Aus­stand, wenn sie:

a.
in der Sa­che ein per­sön­li­ches In­ter­es­se ha­ben;
b.
in ei­ner an­de­ren Stel­lung, ins­be­son­de­re als Mit­glied ei­ner Be­hör­de, als Rechts­be­ra­ter oder Rechts­be­ra­te­rin ei­ner Par­tei, als sach­ver­stän­di­ge Per­son oder als Zeu­ge be­zie­hungs­wei­se Zeu­gin, in der glei­chen Sa­che tä­tig wa­ren;
c.
mit ei­ner Par­tei, ih­rem Ver­tre­ter be­zie­hungs­wei­se ih­rer Ver­tre­te­rin oder ei­ner Per­son, die in der glei­chen Sa­che als Mit­glied der Vor­in­stanz tä­tig war, ver­hei­ra­tet sind oder in ein­ge­tra­ge­ner Part­ner­schaft oder dau­ern­der Le­bens­ge­mein­schaft le­ben;
d.
mit ei­ner Par­tei, ih­rem Ver­tre­ter be­zie­hungs­wei­se ih­rer Ver­tre­te­rin oder ei­ner Per­son, die in der glei­chen Sa­che als Mit­glied der Vor­in­stanz tä­tig war, in ge­ra­der Li­nie oder in der Sei­ten­li­nie bis und mit dem drit­ten Grad ver­wandt oder ver­schwä­gert sind;
e.
aus an­de­ren Grün­den, ins­be­son­de­re we­gen be­son­de­rer Freund­schaft oder per­sön­li­cher Feind­schaft mit ei­ner Par­tei oder ih­rem Ver­tre­ter be­zie­hungs­wei­se ih­rer Ver­tre­te­rin, be­fan­gen sein könn­ten.

2 Die Mit­wir­kung in ei­nem frü­he­ren Ver­fah­ren des Bun­des­ge­richts bil­det für sich al­lein kei­nen Aus­stands­grund.

Art. 35 Mitteilungspflicht  

Trifft bei ei­ner Ge­richts­per­son ein Aus­stands­grund zu, so hat sie dies recht­zei­tig dem Ab­tei­lungs­prä­si­den­ten oder der Ab­tei­lungs­prä­si­den­tin mit­zu­tei­len.

Art. 36 Ausstandsbegehren  

1 Will ei­ne Par­tei den Aus­stand ei­ner Ge­richts­per­son ver­lan­gen, so hat sie dem Ge­richt ein schrift­li­ches Be­geh­ren ein­zu­rei­chen, so­bald sie vom Aus­stands­grund Kennt­nis er­hal­ten hat. Die den Aus­stand be­grün­den­den Tat­sa­chen sind glaub­haft zu ma­chen.

2 Die be­trof­fe­ne Ge­richts­per­son hat sich über die vor­ge­brach­ten Aus­stands­grün­de zu äus­sern.

Art. 37 Entscheid  

1 Be­strei­tet die Ge­richts­per­son, de­ren Aus­stand ver­langt wird, oder ein Rich­ter be­zie­hungs­wei­se ei­ne Rich­te­rin der Ab­tei­lung den Aus­stands­grund, so ent­schei­det die Ab­tei­lung un­ter Aus­schluss der be­trof­fe­nen Ge­richts­per­son über den Aus­stand.

2 Über die Aus­stands­fra­ge kann oh­ne An­hö­rung der Ge­gen­par­tei ent­schie­den wer­den.

3 Soll­te der Aus­stand von so vie­len Rich­tern und Rich­te­rin­nen ver­langt wer­den, dass kei­ne gül­ti­ge Ver­hand­lung statt­fin­den kann, so be­zeich­net der Prä­si­dent be­zie­hungs­wei­se die Prä­si­den­tin des Bun­des­ge­richts durch das Los aus der Zahl der Ober­ge­richts­prä­si­den­ten und -prä­si­den­tin­nen der in der Sa­che nicht be­tei­lig­ten Kan­to­ne so vie­le aus­ser­or­dent­li­che ne­ben­amt­li­che Rich­ter und Rich­te­rin­nen, als er­for­der­lich sind, um die Aus­stands­fra­ge und nö­ti­gen­falls die Haupt­sa­che selbst be­ur­tei­len zu kön­nen.

Art. 38 Verletzung der Ausstandsvorschriften  

1 Amts­hand­lun­gen, an de­nen ei­ne zum Aus­stand ver­pflich­te­te Per­son mit­ge­wirkt hat, sind auf­zu­he­ben, so­fern dies ei­ne Par­tei in­nert fünf Ta­gen ver­langt, nach­dem sie vom Aus­stands­grund Kennt­nis er­hal­ten hat.

2 Nicht wie­der­hol­ba­re Be­weis­mass­nah­men dür­fen von der ent­schei­den­den In­stanz be­rück­sich­tigt wer­den.

3 Wird der Aus­stands­grund erst nach Ab­schluss des Ver­fah­rens ent­deckt, so gel­ten die Be­stim­mun­gen über die Re­vi­si­on.

4. Abschnitt: Parteien, Parteivertreter und -vertreterinnen, Rechtsschriften

Art. 39 Zustellungsdomizil  

1 Die Par­tei­en ha­ben dem Bun­des­ge­richt ih­ren Wohn­sitz oder Sitz an­zu­ge­ben.

2 Sie kön­nen über­dies ei­ne elek­tro­ni­sche Zu­stel­l­adres­se an­ge­ben und ihr Ein­ver­ständ­nis mit der elek­tro­ni­schen Er­öff­nung er­klä­ren.12

3 Par­tei­en, die im Aus­land woh­nen, ha­ben in der Schweiz ein Zu­stel­lungs­do­mi­zil zu be­zeich­nen. Mit­tei­lun­gen an Par­tei­en, die die­ser Auf­la­ge nicht Fol­ge leis­ten, kön­nen un­ter­blei­ben oder in ei­nem amt­li­chen Blatt er­öff­net wer­den.

12 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

Art. 40 Parteivertreter und -vertreterinnen  

1 In Zi­vil- und Strafsa­chen kön­nen Par­tei­en vor Bun­des­ge­richt nur von An­wäl­ten und An­wäl­tin­nen ver­tre­ten wer­den, die nach dem An­walts­ge­setz vom 23. Ju­ni 200013 oder nach ei­nem Staats­ver­trag be­rech­tigt sind, Par­tei­en vor schwei­ze­ri­schen Ge­richts­be­hör­den zu ver­tre­ten.

2 Die Par­tei­ver­tre­ter und -ver­tre­te­rin­nen ha­ben sich durch ei­ne Voll­macht aus­zu­wei­sen.

Art. 41 Unfähigkeit zur Prozessführung  

1 Ist ei­ne Par­tei of­fen­sicht­lich nicht im­stan­de, ih­re Sa­che sel­ber zu füh­ren, so kann das Bun­des­ge­richt sie auf­for­dern, einen Ver­tre­ter oder ei­ne Ver­tre­te­rin bei­zu­zie­hen. Leis­tet sie in­nert der an­ge­setz­ten Frist kei­ne Fol­ge, so be­stellt ihr das Ge­richt einen An­walt oder ei­ne An­wäl­tin.

2 Die vom Bun­des­ge­richt be­zeich­ne­te Ver­tre­tung hat An­spruch auf ei­ne an­ge­mes­se­ne Ent­schä­di­gung aus der Ge­richts­kas­se, so­weit sie ih­ren Auf­wand nicht aus ei­ner zu­ge­spro­che­nen Par­tei­ent­schä­di­gung de­cken kann und die Par­tei selbst zah­lungs­un­fä­hig ist. Die Par­tei hat der Ge­richts­kas­se Er­satz zu leis­ten, wenn sie spä­ter da­zu in der La­ge ist.

Art. 42 Rechtsschriften  

1 Rechts­schrif­ten sind in ei­ner Amtss­pra­che ab­zu­fas­sen und ha­ben die Be­geh­ren, de­ren Be­grün­dung mit An­ga­be der Be­weis­mit­tel und die Un­ter­schrift zu ent­hal­ten.

2 In der Be­grün­dung ist in ge­dräng­ter Form dar­zu­le­gen, in­wie­fern der an­ge­foch­te­ne Akt Recht ver­letzt. Ist ei­ne Be­schwer­de nur un­ter der Vor­aus­set­zung zu­läs­sig, dass sich ei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt oder aus an­de­ren Grün­den ein be­son­ders be­deu­ten­der Fall vor­liegt, so ist aus­zu­füh­ren, warum die je­wei­li­ge Vor­aus­set­zung er­füllt ist.14 15

3 Die Ur­kun­den, auf die sich die Par­tei als Be­weis­mit­tel be­ruft, sind bei­zu­le­gen, so­weit die Par­tei sie in Hän­den hat; rich­tet sich die Rechts­schrift ge­gen einen Ent­scheid, so ist auch die­ser bei­zu­le­gen.

4 Bei elek­tro­ni­scher Ein­rei­chung muss die Rechts­schrift von der Par­tei oder ih­rem Ver­tre­ter be­zie­hungs­wei­se ih­rer Ver­tre­te­rin mit ei­ner qua­li­fi­zier­ten elek­tro­ni­schen Si­gna­tur ge­mä­ss Bun­des­ge­setz vom 18. März 201616 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur ver­se­hen wer­den. Das Bun­des­ge­richt be­stimmt in ei­nem Re­gle­ment:

a.
das For­mat der Rechts­schrift und ih­rer Bei­la­gen;
b.
die Art und Wei­se der Über­mitt­lung;
c.
die Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen bei tech­ni­schen Pro­ble­men die Nach­rei­chung von Do­ku­men­ten auf Pa­pier ver­langt wer­den kann.17

5 Feh­len die Un­ter­schrift der Par­tei oder ih­rer Ver­tre­tung, de­ren Voll­macht oder die vor­ge­schrie­be­nen Bei­la­gen oder ist die Ver­tre­tung nicht zu­ge­las­sen, so wird ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Be­he­bung des Man­gels an­ge­setzt mit der An­dro­hung, dass die Rechts­schrift sonst un­be­ach­tet bleibt.

6 Un­le­ser­li­che, un­ge­bühr­li­che, un­ver­ständ­li­che, über­mäs­sig weit­schwei­fi­ge oder nicht in ei­ner Amtss­pra­che ver­fass­te Rechts­schrif­ten kön­nen in glei­cher Wei­se zur Än­de­rung zu­rück­ge­wie­sen wer­den.

7 Rechts­schrif­ten, die auf que­ru­la­to­ri­scher oder rechts­miss­bräuch­li­cher Pro­zess­füh­rung be­ru­hen, sind un­zu­läs­sig.

14 Fas­sung des zwei­ten Sat­zes ge­mä­ss Ziff. I 1 des Steu­er­er­lass­ge­set­zes vom 20. Ju­ni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 9; BBl 2013 8435).

15 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des Steu­er­amts­hil­fe­ge­set­zes vom 28. Sept. 2012, in Kraft seit 1. Fe­br. 2013 (AS 2013 231; BBl 2011 6193).

16 SR 943.03

17 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

Art. 43 Ergänzende Beschwerdeschrift  

Das Bun­des­ge­richt räumt den be­schwer­de­füh­ren­den Par­tei­en auf An­trag ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Er­gän­zung der Be­schwer­de­be­grün­dung ein, wenn:

a.
es ei­ne Be­schwer­de auf dem Ge­biet der in­ter­na­tio­na­len Rechts­hil­fe in Strafsa­chen als zu­läs­sig er­ach­tet; und
b.
der aus­ser­ge­wöhn­li­che Um­fang oder die be­son­de­re Schwie­rig­keit der Be­schwer­de­sa­che ei­ne Er­gän­zung er­for­dert.

5. Abschnitt: Fristen

Art. 44 Beginn  

1 Fris­ten, die durch ei­ne Mit­tei­lung oder den Ein­tritt ei­nes Er­eig­nis­ses aus­ge­löst wer­den, be­gin­nen am fol­gen­den Tag zu lau­fen.

2 Ei­ne Mit­tei­lung, die nur ge­gen Un­ter­schrift des Adres­sa­ten oder der Adres­sa­tin oder ei­ner an­de­ren be­rech­tig­ten Per­son über­bracht wird, gilt spä­tes­tens am sie­ben­ten Tag nach dem ers­ten er­folg­lo­sen Zu­stel­lungs­ver­such als er­folgt.

Art. 45 Ende  

1 Ist der letz­te Tag der Frist ein Sams­tag, ein Sonn­tag oder ein vom Bun­des­recht oder vom kan­to­na­len Recht an­er­kann­ter Fei­er­tag, so en­det sie am nächst­fol­gen­den Werk­tag.

2 Mass­ge­bend ist das Recht des Kan­tons, in dem die Par­tei oder ihr Ver­tre­ter be­zie­hungs­wei­se ih­re Ver­tre­te­rin den Wohn­sitz oder den Sitz hat.

Art. 46 Stillstand  

1 Ge­setz­lich oder rich­ter­lich nach Ta­gen be­stimm­te Fris­ten ste­hen still:

a.
vom sie­ben­ten Tag vor Os­tern bis und mit dem sie­ben­ten Tag nach Os­tern;
b.
vom 15. Ju­li bis und mit dem 15. Au­gust;
c.
vom 18. De­zem­ber bis und mit dem 2. Ja­nu­ar.

2 Ab­satz 1 gilt nicht in Ver­fah­ren be­tref­fend:

a.
die auf­schie­ben­de Wir­kung und an­de­re vor­sorg­li­che Mass­nah­men;
b.
die Wech­sel­be­trei­bung;
c.
Stimm­rechtssa­chen (Art. 82 Bst. c);
d.
die in­ter­na­tio­na­le Rechts­hil­fe in Strafsa­chen und die in­ter­na­tio­na­le Amts­hil­fe in Steu­er­sa­chen;
e.
die öf­fent­li­chen Be­schaf­fun­gen.18

18 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 7 Ziff. II 2 des BG vom 21. Ju­ni 2019 über das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 641; BBl 2017 1851).

Art. 47 Erstreckung  

1 Ge­setz­lich be­stimm­te Fris­ten kön­nen nicht er­streckt wer­den.

2 Rich­ter­lich be­stimm­te Fris­ten kön­nen aus zu­rei­chen­den Grün­den er­streckt wer­den, wenn das Ge­such vor Ab­lauf der Frist ge­stellt wor­den ist.

Art. 48 Einhaltung  

1 Ein­ga­ben müs­sen spä­tes­tens am letz­ten Tag der Frist beim Bun­des­ge­richt ein­ge­reicht oder zu des­sen Han­den der Schwei­ze­ri­schen Post oder ei­ner schwei­ze­ri­schen di­plo­ma­ti­schen oder kon­su­la­ri­schen Ver­tre­tung über­ge­ben wer­den.

2 Im Fal­le der elek­tro­ni­schen Ein­rei­chung ist für die Wah­rung ei­ner Frist der Zeit­punkt mass­ge­bend, in dem die Quit­tung aus­ge­stellt wird, die be­stä­tigt, dass al­le Schrit­te ab­ge­schlos­sen sind, die auf der Sei­te der Par­tei für die Über­mitt­lung not­wen­dig sind.19

3 Die Frist gilt auch als ge­wahrt, wenn die Ein­ga­be recht­zei­tig bei der Vor­in­stanz oder bei ei­ner un­zu­stän­di­gen eid­ge­nös­si­schen oder kan­to­na­len Be­hör­de ein­ge­reicht wor­den ist. Die Ein­ga­be ist un­ver­züg­lich dem Bun­des­ge­richt zu über­mit­teln.

4 Die Frist für die Zah­lung ei­nes Vor­schus­ses oder für ei­ne Si­cher­stel­lung ist ge­wahrt, wenn der Be­trag recht­zei­tig zu Guns­ten des Bun­des­ge­richts der Schwei­ze­ri­schen Post über­ge­ben oder ei­nem Post- oder Bank­kon­to in der Schweiz be­las­tet wor­den ist.

19 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

Art. 49 Mangelhafte Eröffnung  

Aus man­gel­haf­ter Er­öff­nung, ins­be­son­de­re we­gen un­rich­ti­ger oder un­voll­stän­di­ger Rechts­mit­tel­be­leh­rung oder we­gen Feh­lens ei­ner vor­ge­schrie­be­nen Rechts­mit­tel­be­leh­rung, dür­fen den Par­tei­en kei­ne Nach­tei­le er­wach­sen.

Art. 50 Wiederherstellung  

1 Ist ei­ne Par­tei oder ihr Ver­tre­ter be­zie­hungs­wei­se ih­re Ver­tre­te­rin durch einen an­de­ren Grund als die man­gel­haf­te Er­öff­nung un­ver­schul­de­ter­wei­se ab­ge­hal­ten wor­den, frist­ge­recht zu han­deln, so wird die Frist wie­der­her­ge­stellt, so­fern die Par­tei un­ter An­ga­be des Grun­des in­nert 30 Ta­gen nach Weg­fall des Hin­der­nis­ses dar­um er­sucht und die ver­säum­te Rechts­hand­lung nach­holt.

2 Wie­der­her­stel­lung kann auch nach Er­öff­nung des Ur­teils be­wil­ligt wer­den; wird sie be­wil­ligt, so wird das Ur­teil auf­ge­ho­ben.

6. Abschnitt: Streitwert

Art. 51 Berechnung  

1 Der Streit­wert be­stimmt sich:

a.
bei Be­schwer­den ge­gen En­dent­schei­de nach den Be­geh­ren, die vor der Vor­in­stanz strei­tig ge­blie­ben wa­ren;
b.
bei Be­schwer­den ge­gen Teil­ent­schei­de nach den ge­sam­ten Be­geh­ren, die vor der In­stanz strei­tig wa­ren, wel­che den Teil­ent­scheid ge­trof­fen hat;
c.
bei Be­schwer­den ge­gen Vor- und Zwi­schen­ent­schei­de nach den Be­geh­ren, die vor der In­stanz strei­tig sind, wo die Haupt­sa­che hän­gig ist;
d.
bei Kla­gen nach den Be­geh­ren des Klä­gers oder der Klä­ge­rin.

2 Lau­tet ein Be­geh­ren nicht auf Be­zah­lung ei­ner be­stimm­ten Geld­sum­me, so setzt das Bun­des­ge­richt den Streit­wert nach Er­mes­sen fest.

3 Zin­sen, Früch­te, Ge­richts­kos­ten und Par­tei­ent­schä­di­gun­gen, die als Ne­ben­rech­te gel­tend ge­macht wer­den, so­wie Vor­be­hal­te und die Kos­ten der Ur­teils­ver­öf­fent­li­chung fal­len bei der Be­stim­mung des Streit­werts nicht in Be­tracht.

4 Als Wert wie­der­keh­ren­der Nut­zun­gen oder Leis­tun­gen gilt der Ka­pi­tal­wert. Bei un­ge­wis­ser oder un­be­schränk­ter Dau­er gilt als Ka­pi­tal­wert der zwan­zig­fa­che Be­trag der ein­jäh­ri­gen Nut­zung oder Leis­tung, bei Leib­ren­ten je­doch der Bar­wert.

Art. 52 Zusammenrechnung  

Meh­re­re in ei­ner ver­mö­gens­recht­li­chen Sa­che von der glei­chen Par­tei oder von Streit­ge­nos­sen und Streit­ge­nos­sin­nen gel­tend ge­mach­te Be­geh­ren wer­den zu­sam­men­ge­rech­net, so­fern sie sich nicht ge­gen­sei­tig aus­sch­lies­sen.

Art. 53 Widerklage  

1 Der Be­trag ei­ner Wi­der­kla­ge wird nicht mit demje­ni­gen der Haupt­kla­ge zu­sam­men­ge­rech­net.

2 Schlies­sen die in Haupt­kla­ge und Wi­der­kla­ge gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che ein­an­der aus und er­reicht ei­ne der bei­den Kla­gen die Streit­wert­gren­ze nicht, so gilt die Streit­wert­gren­ze auch für die­se Kla­ge als er­reicht, wenn sich die Be­schwer­de auf bei­de Kla­gen be­zieht.

7. Abschnitt: Verfahrenssprache

Art. 54  

1 Das Ver­fah­ren wird in ei­ner der Amtss­pra­chen (Deutsch, Fran­zö­sisch, Ita­lie­nisch, Ru­mantsch Gri­schun) ge­führt, in der Re­gel in der Spra­che des an­ge­foch­te­nen Ent­scheids. Ver­wen­den die Par­tei­en ei­ne an­de­re Amtss­pra­che, so kann das Ver­fah­ren in die­ser Spra­che ge­führt wer­den.

2 Bei Kla­ge­ver­fah­ren wird auf die Spra­che der Par­tei­en Rück­sicht ge­nom­men, so­fern es sich um ei­ne Amtss­pra­che han­delt.

3 Reicht ei­ne Par­tei Ur­kun­den ein, die nicht in ei­ner Amtss­pra­che ver­fasst sind, so kann das Bun­des­ge­richt mit dem Ein­ver­ständ­nis der an­de­ren Par­tei­en dar­auf ver­zich­ten, ei­ne Über­set­zung zu ver­lan­gen.

4 Im Üb­ri­gen ord­net das Bun­des­ge­richt ei­ne Über­set­zung an, wo dies nö­tig ist.

8. Abschnitt: Beweisverfahren

Art. 55 Grundsatz  

1 Das Be­weis­ver­fah­ren rich­tet sich nach den Ar­ti­keln 36, 37 und 39–65 des Bun­des­ge­set­zes vom 4. De­zem­ber 194720 über den Bun­des­zi­vil­pro­zess (BZP).

2 Der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin kann die not­wen­di­gen Be­weis­mass­nah­men selbst vor­neh­men oder der zu­stän­di­gen eid­ge­nös­si­schen oder kan­to­na­len Be­hör­de über­tra­gen.

3 Zu Zeu­gen­ein­ver­nah­men, Au­gen­schein und Par­teiver­hör zieht er oder sie einen zwei­ten Rich­ter oder ei­ne zwei­te Rich­te­rin bei.

Art. 56 Anwesenheit der Parteien und Urkundeneinsicht  

1 Die Par­tei­en sind be­rech­tigt, der Be­weis­er­he­bung bei­zu­woh­nen und in die vor­ge­leg­ten Ur­kun­den Ein­sicht zu neh­men.

2 Wo es zur Wah­rung über­wie­gen­der öf­fent­li­cher oder pri­va­ter In­ter­es­sen not­wen­dig ist, nimmt das Ge­richt von ei­nem Be­weis­mit­tel un­ter Aus­schluss der Par­tei­en oder der Ge­gen­par­tei­en Kennt­nis.

3 Will das Ge­richt in die­sem Fall auf das Be­weis­mit­tel zum Nach­teil ei­ner Par­tei ab­stel­len, so muss es ihr den für die Sa­che we­sent­li­chen In­halt des­sel­ben mit­tei­len und ihr aus­ser­dem Ge­le­gen­heit ge­ben, sich zu äus­sern und Ge­gen­be­weis­mit­tel zu be­zeich­nen.

9. Abschnitt: Urteilsverfahren

Art. 57 Parteiverhandlung  

Der Ab­tei­lungs­prä­si­dent oder die Ab­tei­lungs­prä­si­den­tin kann ei­ne münd­li­che Par­teiver­hand­lung an­ord­nen.

Art. 58 Beratung  

1 Das Bun­des­ge­richt berät den Ent­scheid münd­lich:

a.
wenn der Ab­tei­lungs­prä­si­dent be­zie­hungs­wei­se die Ab­tei­lungs­prä­si­den­tin dies an­ord­net oder ein Rich­ter be­zie­hungs­wei­se ei­ne Rich­te­rin es ver­langt;
b.
wenn sich kei­ne Ein­stim­mig­keit er­gibt.

2 In den üb­ri­gen Fäl­len ent­schei­det das Bun­des­ge­richt auf dem Weg der Ak­ten­zir­ku­la­ti­on.

Art. 59 Öffentlichkeit  

1 Par­teiver­hand­lun­gen wie auch die münd­li­chen Be­ra­tun­gen und die dar­auf fol­gen­den Ab­stim­mun­gen sind öf­fent­lich.

2 Wenn ei­ne Ge­fähr­dung der Si­cher­heit, der öf­fent­li­chen Ord­nung oder der Sitt­lich­keit zu be­fürch­ten ist oder das In­ter­es­se ei­ner be­tei­lig­ten Per­son es recht­fer­tigt, kann das Bun­des­ge­richt die Öf­fent­lich­keit ganz oder teil­wei­se aus­sch­lies­sen.

3 Das Bun­des­ge­richt legt das Dis­po­si­tiv von Ent­schei­den, die nicht öf­fent­lich be­ra­ten wor­den sind, nach des­sen Er­öff­nung wäh­rend 30 Ta­gen öf­fent­lich auf.

Art. 60 Eröffnung des Entscheids  

1 Die voll­stän­di­ge Aus­fer­ti­gung des Ent­scheids wird, un­ter An­ga­be der mit­wir­ken­den Ge­richts­per­so­nen, den Par­tei­en, der Vor­in­stanz und all­fäl­li­gen an­de­ren Be­tei­lig­ten er­öff­net.

2 Hat das Bun­des­ge­richt den Ent­scheid in ei­ner münd­li­chen Be­ra­tung ge­trof­fen, so teilt es den Be­tei­lig­ten oh­ne Ver­zug das Dis­po­si­tiv mit.

3 Mit dem Ein­ver­ständ­nis der Par­tei kön­nen Ent­schei­de elek­tro­nisch er­öff­net wer­den. Sie sind mit ei­ner elek­tro­ni­schen Si­gna­tur ge­mä­ss Bun­des­ge­setz vom 18. März 201621 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur zu ver­se­hen. Das Bun­des­ge­richt re­gelt in ei­nem Re­gle­ment:

a.
die zu ver­wen­den­de Si­gna­tur;
b.
das For­mat des Ent­scheids und sei­ner Bei­la­gen;
c.
die Art und Wei­se der Über­mitt­lung;
d.
den Zeit­punkt, zu dem der Ent­scheid als er­öff­net gilt.22

21 SR 943.03

22 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 2 des BG vom 18. März 2016 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

Art. 61 Rechtskraft  

Ent­schei­de des Bun­des­ge­richts er­wach­sen am Tag ih­rer Aus­fäl­lung in Rechts­kraft.

10. Abschnitt: Kosten

Art. 62 Sicherstellung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung  

1 Die Par­tei, die das Bun­des­ge­richt an­ruft, hat einen Kos­ten­vor­schuss in der Hö­he der mut­mass­li­chen Ge­richts­kos­ten zu leis­ten. Wenn be­son­de­re Grün­de vor­lie­gen, kann auf die Er­he­bung des Kos­ten­vor­schus­ses ganz oder teil­wei­se ver­zich­tet wer­den.

2 Wenn die Par­tei in der Schweiz kei­nen fes­ten Wohn­sitz hat oder nach­weis­lich zah­lungs­un­fä­hig ist, kann sie auf Be­geh­ren der Ge­gen­par­tei zur Si­cher­stel­lung ei­ner all­fäl­li­gen Par­tei­ent­schä­di­gung ver­pflich­tet wer­den.

3 Der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin setzt zur Leis­tung des Kos­ten­vor­schus­ses oder der Si­cher­stel­lung ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist. Läuft die­se un­be­nutzt ab, so setzt der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin der Par­tei ei­ne Nach­frist. Wird der Kos­ten­vor­schuss oder die Si­cher­heit auch in­nert der Nach­frist nicht ge­leis­tet, so tritt das Bun­des­ge­richt auf die Ein­ga­be nicht ein.

Art. 63 Vorschuss für Barauslagen  

1 Je­de Par­tei hat die Ba­raus­la­gen vor­zu­schies­sen, die im Lau­fe des Ver­fah­rens in­fol­ge ih­rer An­trä­ge ent­ste­hen, und an­teils­mäs­sig die Ba­raus­la­gen, die durch ge­mein­schaft­li­che An­trä­ge der Par­tei­en oder durch das Bun­des­ge­richt von Am­tes we­gen ver­an­lasst wer­den.

2 Der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin setzt zur Leis­tung des Vor­schus­ses ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist. Läuft die­se un­be­nutzt ab, so setzt der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin der Par­tei ei­ne Nach­frist. Wird der Vor­schuss auch in­nert der Nach­frist nicht ge­leis­tet, so un­ter­bleibt die Hand­lung, de­ren Kos­ten zu de­cken sind.

Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege  

1 Das Bun­des­ge­richt be­freit ei­ne Par­tei, die nicht über die er­for­der­li­chen Mit­tel ver­fügt, auf An­trag von der Be­zah­lung der Ge­richts­kos­ten und von der Si­cher­stel­lung der Par­tei­ent­schä­di­gung, so­fern ihr Rechts­be­geh­ren nicht aus­sichts­los er­scheint.

2 Wenn es zur Wah­rung ih­rer Rech­te not­wen­dig ist, be­stellt das Bun­des­ge­richt der Par­tei einen An­walt oder ei­ne An­wäl­tin. Der An­walt oder die An­wäl­tin hat An­spruch auf ei­ne an­ge­mes­se­ne Ent­schä­di­gung aus der Ge­richts­kas­se, so­weit der Auf­wand für die Ver­tre­tung nicht aus ei­ner zu­ge­spro­che­nen Par­tei­ent­schä­di­gung ge­deckt wer­den kann.

3 Über das Ge­such um un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge ent­schei­det die Ab­tei­lung in der Be­set­zung mit drei Rich­tern oder Rich­te­rin­nen. Vor­be­hal­ten blei­ben Fäl­le, die im ver­ein­fach­ten Ver­fah­ren nach Ar­ti­kel 108 be­han­delt wer­den. Der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin kann die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge selbst ge­wäh­ren, wenn kei­ne Zwei­fel be­ste­hen, dass die Vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind.

4 Die Par­tei hat der Ge­richts­kas­se Er­satz zu leis­ten, wenn sie spä­ter da­zu in der La­ge ist.

Art. 65 Gerichtskosten  

1 Die Ge­richts­kos­ten be­ste­hen in der Ge­richts­ge­bühr, der Ge­bühr für das Ko­pie­ren von Rechts­schrif­ten, den Aus­la­gen für Über­set­zun­gen, aus­ge­nom­men sol­che zwi­schen Amtss­pra­chen, und den Ent­schä­di­gun­gen für Sach­ver­stän­di­ge so­wie für Zeu­gen und Zeu­gin­nen.

2 Die Ge­richts­ge­bühr rich­tet sich nach Streit­wert, Um­fang und Schwie­rig­keit der Sa­che, Art der Pro­zess­füh­rung und fi­nan­zi­el­ler La­ge der Par­tei­en.

3 Sie be­trägt in der Re­gel:

a.
in Strei­tig­kei­ten oh­ne Ver­mö­gens­in­ter­es­se 200–5000 Fran­ken;
b.
in den üb­ri­gen Strei­tig­kei­ten 200–100 000 Fran­ken.

4 Sie be­trägt 200–1000 Fran­ken und wird nicht nach dem Streit­wert be­mes­sen in Strei­tig­kei­ten:

a.
über So­zi­al­ver­si­che­rungs­leis­tun­gen;
b.
über Dis­kri­mi­nie­run­gen auf Grund des Ge­schlechts;
c.
aus ei­nem Ar­beits­ver­hält­nis mit ei­nem Streit­wert bis zu 30 000 Fran­ken;
d.
nach den Ar­ti­keln 7 und 8 des Be­hin­der­ten­gleich­stel­lungs­ge­set­zes vom 13. De­zem­ber 200223.

5 Wenn be­son­de­re Grün­de es recht­fer­ti­gen, kann das Bun­des­ge­richt bei der Be­stim­mung der Ge­richts­ge­bühr über die Höchst­be­trä­ge hin­aus­ge­hen, je­doch höchs­tens bis zum dop­pel­ten Be­trag in den Fäl­len von Ab­satz 3 und bis zu 10 000 Fran­ken in den Fäl­len von Ab­satz 4.

Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten  

1 Die Ge­richts­kos­ten wer­den in der Re­gel der un­ter­lie­gen­den Par­tei auf­er­legt. Wenn die Um­stän­de es recht­fer­ti­gen, kann das Bun­des­ge­richt die Kos­ten an­ders ver­tei­len oder dar­auf ver­zich­ten, Kos­ten zu er­he­ben.

2 Wird ein Fall durch Ab­stand­s­er­klä­rung oder Ver­gleich er­le­digt, so kann auf die Er­he­bung von Ge­richts­kos­ten ganz oder teil­wei­se ver­zich­tet wer­den.

3 Un­nö­ti­ge Kos­ten hat zu be­zah­len, wer sie ver­ur­sacht.

4 Dem Bund, den Kan­to­nen und den Ge­mein­den so­wie mit öf­fent­lich-recht­li­chen Auf­ga­ben be­trau­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen dür­fen in der Re­gel kei­ne Ge­richts­kos­ten auf­er­legt wer­den, wenn sie in ih­rem amt­li­chen Wir­kungs­kreis, oh­ne dass es sich um ihr Ver­mö­gens­in­ter­es­se han­delt, das Bun­des­ge­richt in An­spruch neh­men oder wenn ge­gen ih­re Ent­schei­de in sol­chen An­ge­le­gen­hei­ten Be­schwer­de ge­führt wor­den ist.

5 Meh­re­re Per­so­nen ha­ben die ih­nen ge­mein­sam auf­er­leg­ten Ge­richts­kos­ten, wenn nichts an­de­res be­stimmt ist, zu glei­chen Tei­len und un­ter so­li­da­ri­scher Haf­tung zu tra­gen.

Art. 67 Kosten der Vorinstanz  

Wird der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid ge­än­dert, so kann das Bun­des­ge­richt die Kos­ten des vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­fah­rens an­ders ver­tei­len.

Art. 68 Parteientschädigung  

1 Das Bun­des­ge­richt be­stimmt im Ur­teil, ob und in wel­chem Mass die Kos­ten der ob­sie­gen­den Par­tei von der un­ter­lie­gen­den zu er­set­zen sind.

2 Die un­ter­lie­gen­de Par­tei wird in der Re­gel ver­pflich­tet, der ob­sie­gen­den Par­tei nach Mass­ga­be des Ta­rifs des Bun­des­ge­richts al­le durch den Rechtss­treit ver­ur­sach­ten not­wen­di­gen Kos­ten zu er­set­zen.

3 Bund, Kan­to­nen und Ge­mein­den so­wie mit öf­fent­lich-recht­li­chen Auf­ga­ben be­trau­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen wird in der Re­gel kei­ne Par­tei­ent­schä­di­gung zu­ge­spro­chen, wenn sie in ih­rem amt­li­chen Wir­kungs­kreis ob­sie­gen.

4 Ar­ti­kel 66 Ab­sät­ze 3 und 5 ist sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

5 Der Ent­scheid der Vor­in­stanz über die Par­tei­ent­schä­di­gung wird vom Bun­des­ge­richt je nach Aus­gang des Ver­fah­rens be­stä­tigt, auf­ge­ho­ben oder ge­än­dert. Da­bei kann das Ge­richt die Ent­schä­di­gung nach Mass­ga­be des an­wend­ba­ren eid­ge­nös­si­schen oder kan­to­na­len Ta­rifs selbst fest­set­zen oder die Fest­set­zung der Vor­in­stanz über­tra­gen.

11. Abschnitt: Vollstreckung

Art. 69 Entscheide auf Geldleistung  

Ent­schei­de, die zur Zah­lung ei­ner Geld­sum­me oder zur Si­cher­heits­leis­tung in Geld ver­pflich­ten, wer­den nach dem Bun­des­ge­setz vom 11. April 188924 über Schuld­be­trei­bung und Kon­kurs voll­streckt.

Art. 70 Andere Entscheide  

1 Ent­schei­de des Bun­des­ge­richts, die nicht zur Zah­lung ei­ner Geld­sum­me oder zur Si­cher­heits­leis­tung in Geld ver­pflich­ten, sind von den Kan­to­nen in glei­cher Wei­se zu voll­stre­cken wie die rechts­kräf­ti­gen Ur­tei­le ih­rer Ge­rich­te.

2 Sie sind hin­ge­gen nach fol­gen­den Be­stim­mun­gen zu voll­stre­cken:

a.
nach den Ar­ti­keln 41–43 des Bun­des­ge­set­zes vom 20. De­zem­ber 196825 über das Ver­wal­tungs­ver­fah­ren: wenn das Bun­des­ge­richt in ei­ner Sa­che ent­schie­den hat, die ers­tin­stanz­lich in die Zu­stän­dig­keit ei­ner Bun­des­ver­wal­tungs­be­hör­de fällt;
b.
nach den Ar­ti­keln 74–78 BZP26: wenn das Bun­des­ge­richt auf Kla­ge hin ent­schie­den hat;
c.
nach den Ar­ti­keln 74 und 75 des Straf­be­hör­den­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­set­zes vom 19. März 201027: wenn das Bun­des­ge­richt in Strafsa­chen ent­schie­den hat, die der Bun­des­ge­richts­bar­keit un­ter­ste­hen.28

329

4 Im Fal­le man­gel­haf­ter Voll­stre­ckung kann beim Bun­des­rat Be­schwer­de ge­führt wer­den. Die­ser trifft die er­for­der­li­chen Mass­nah­men.

25 SR 172.021

26 SR 273

27 SR 173.71

28 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 5 des Straf­be­hör­den­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­set­zes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).

29 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. II 5 des Straf­be­hör­den­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­set­zes vom 19. März 2010, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).

12. Abschnitt: Ergänzendes Recht

Art. 71  

Wo die­ses Ge­setz kei­ne be­son­de­ren Be­stim­mun­gen über das Ver­fah­ren ent­hält, sind die Vor­schrif­ten des BZP30 sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

3. Kapitel: Das Bundesgericht als ordentliche Beschwerdeinstanz

1. Abschnitt: Beschwerde in Zivilsachen

Art. 72 Grundsatz  

1 Das Bun­des­ge­richt be­ur­teilt Be­schwer­den ge­gen Ent­schei­de in Zi­vil­sa­chen.

2 Der Be­schwer­de in Zi­vil­sa­chen un­ter­lie­gen auch:

a.
Ent­schei­de in Schuld­be­trei­bungs- und Kon­kurssa­chen;
b.
öf­fent­lich-recht­li­che Ent­schei­de, die in un­mit­tel­ba­rem Zu­sam­men­hang mit Zi­vil­recht ste­hen, ins­be­son­de­re Ent­schei­de:
1.
über die An­er­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­den und über die Rechts­hil­fe in Zi­vil­sa­chen,
2.
über die Füh­rung des Grund­buchs, des Zi­vil­stands- und des Han­dels­re­gis­ters so­wie der Re­gis­ter für Mar­ken, Mus­ter und Mo­del­le, Er­fin­dungs­pa­ten­te, Pflan­zen­sor­ten und To­po­gra­fi­en,
3.
über die Be­wil­li­gung zur Na­mens­än­de­rung,
4.
auf dem Ge­biet der Auf­sicht über die Stif­tun­gen mit Aus­nah­me der Vor­sor­ge- und Frei­zü­gig­keitsein­rich­tun­gen,
5.31
auf dem Ge­biet der Auf­sicht über die Wil­lens­voll­stre­cker und ‑voll­strecke­rin­nen und an­de­re erbrecht­li­che Ver­tre­ter und Ver­tre­te­rin­nen,
6.32
auf dem Ge­biet des Kin­des- und Er­wach­se­nen­schut­zes,
7.33

31 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 5 des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 2006 7001).

32 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 5 des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 2006 7001).

33 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 5 des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 2006 7001).

Art. 73 Ausnahme  

Die Be­schwer­de ist un­zu­läs­sig ge­gen Ent­schei­de, die im Rah­men des Wi­der­spruchs­ver­fah­rens ge­gen ei­ne Mar­ke ge­trof­fen wor­den sind.

Art. 74 Streitwertgrenze  

1 In ver­mö­gens­recht­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten ist die Be­schwer­de nur zu­läs­sig, wenn der Streit­wert min­des­tens be­trägt:

a.
15 000 Fran­ken in ar­beits- und miet­recht­li­chen Fäl­len;
b.
30 000 Fran­ken in al­len üb­ri­gen Fäl­len.

2 Er­reicht der Streit­wert den mass­ge­ben­den Be­trag nach Ab­satz 1 nicht, so ist die Be­schwer­de den­noch zu­läs­sig:

a.
wenn sich ei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt;
b.34
wenn ein Bun­des­ge­setz ei­ne ein­zi­ge kan­to­na­le In­stanz vor­sieht;
c.
ge­gen Ent­schei­de der kan­to­na­len Auf­sichts­be­hör­den in Schuld­be­trei­bungs- und Kon­kurssa­chen;
d.
ge­gen Ent­schei­de des Kon­kurs- und Nach­lass­rich­ters oder der Kon­kurs- und Nach­lass­rich­te­rin;
e.35
ge­gen Ent­schei­de des Bun­de­spa­tent­ge­richts.

34 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

35 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2009 über das Bun­de­spa­tent­ge­richt, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2010 513, 2011 2241; BBl 2008 455).

Art. 75 Vorinstanzen  

1 Die Be­schwer­de ist zu­läs­sig ge­gen Ent­schei­de letz­ter kan­to­na­ler In­stan­zen, des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts und des Bun­de­spa­tent­ge­richts.36

2 Die Kan­to­ne set­zen als letz­te kan­to­na­le In­stan­zen obe­re Ge­rich­te ein. Die­se ent­schei­den als Rechts­mit­tel­in­stan­zen; aus­ge­nom­men sind die Fäl­le, in de­nen:

a.37
ein Bun­des­ge­setz ei­ne ein­zi­ge kan­to­na­le In­stanz vor­sieht;
b.
ein Fach­ge­richt für han­dels­recht­li­che Strei­tig­kei­ten als ein­zi­ge kan­to­na­le In­stanz ent­schei­det;
c.38
ei­ne Kla­ge mit ei­nem Streit­wert von min­des­tens 100 000 Fran­ken mit Zu­stim­mung al­ler Par­tei­en di­rekt beim obe­ren Ge­richt ein­ge­reicht wur­de.

36 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2009 über das Bun­de­spa­tent­ge­richt, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2010 513, 2011 2241; BBl 2008 455).

37 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

38 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

Art. 76 Beschwerderecht  

1 Zur Be­schwer­de in Zi­vil­sa­chen ist be­rech­tigt, wer:

a.
vor der Vor­in­stanz am Ver­fah­ren teil­ge­nom­men hat oder kei­ne Mög­lich­keit zur Teil­nah­me er­hal­ten hat; und
b.39
durch den an­ge­foch­te­nen Ent­scheid be­son­ders be­rührt ist und ein schutz­wür­di­ges In­ter­es­se an des­sen Auf­he­bung oder Än­de­rung hat.

2 Ge­gen Ent­schei­de nach Ar­ti­kel 72 Ab­satz 2 steht das Be­schwer­de­recht auch der Bun­des­kanz­lei, den De­par­te­men­ten des Bun­des oder, so­weit das Bun­des­recht es vor­sieht, den ih­nen un­ter­stell­ten Dienst­stel­len zu, wenn der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid die Bun­des­ge­setz­ge­bung in ih­rem Auf­ga­ben­be­reich ver­let­zen kann.40

39 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

40 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

Art. 77 Schiedsgerichtsbarkeit 41  

1 Die Be­schwer­de in Zi­vil­sa­chen ist un­ge­ach­tet des Streit­werts zu­läs­sig ge­gen Ent­schei­de von Schieds­ge­rich­ten:42

a.
in der in­ter­na­tio­na­len Schieds­ge­richts­bar­keit un­ter den Vor­aus­set­zun­gen der Ar­ti­kel 190–192 des Bun­des­ge­set­zes vom 18. De­zem­ber 198743 über das In­ter­na­tio­na­le Pri­vat­recht;
b.
in der na­tio­na­len Schieds­ge­richts­bar­keit un­ter den Vor­aus­set­zun­gen der Ar­ti­kel 389–395 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. De­zem­ber 200844.45

2 Die Ar­ti­kel 48 Ab­satz 3, 90–98, 103 Ab­satz 2, 105 Ab­satz 2, 106 Ab­satz 1 so­wie 107 Ab­satz 2, so­weit die­ser dem Bun­des­ge­richt er­laubt, in der Sa­che selbst zu ent­schei­den, sind in die­sen Fäl­len nicht an­wend­bar.46

2bis Rechts­schrif­ten kön­nen in eng­li­scher Spra­che ab­ge­fasst wer­den.47

3 Das Bun­des­ge­richt prüft nur Rü­gen, die in der Be­schwer­de vor­ge­bracht und be­grün­det wor­den sind.

41 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

42 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

43 SR 291

44 SR 272

45 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

46 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

47 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 1 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

2. Abschnitt: Beschwerde in Strafsachen

Art. 78 Grundsatz  

1 Das Bun­des­ge­richt be­ur­teilt Be­schwer­den ge­gen Ent­schei­de in Strafsa­chen.

2 Der Be­schwer­de in Strafsa­chen un­ter­lie­gen auch Ent­schei­de über:

a.
Zi­vil­an­sprü­che, wenn die­se zu­sam­men mit der Strafsa­che zu be­han­deln sind;
b.
den Voll­zug von Stra­fen und Mass­nah­men.
Art. 79 Ausnahme  

Die Be­schwer­de ist un­zu­läs­sig ge­gen Ent­schei­de der Be­schwer­de­kam­mer des Bun­dess­traf­ge­richts, so­weit es sich nicht um Ent­schei­de über Zwangs­mass­nah­men han­delt.

Art. 80 Vorinstanzen  

1 Die Be­schwer­de ist zu­läs­sig ge­gen Ent­schei­de letz­ter kan­to­na­ler In­stan­zen und ge­gen Ent­schei­de der Be­schwer­de­kam­mer und der Be­ru­fungs­kam­mer des Bun­dess­traf­ge­richts.48

2 Die Kan­to­ne set­zen als letz­te kan­to­na­le In­stan­zen obe­re Ge­rich­te ein. Die­se ent­schei­den als Rechts­mit­tel­in­stan­zen. Aus­ge­nom­men sind die Fäl­le, in de­nen nach der Straf­pro­zess­ord­nung (StPO)49 ein obe­res Ge­richt oder ein Zwangs­mass­nah­men­ge­richt als ein­zi­ge kan­to­na­le In­stanz ent­schei­det.50

48 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II 1 des BG vom 17. März 2017 (Schaf­fung ei­ner Be­ru­fungs­kam­mer am Bun­dess­traf­ge­richt), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2017 5769; BBl 2013 7109, 2016 6199).

49 SR 312.0

50 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 16. Ju­ni 2023 über ei­ne Re­vi­si­on des Se­xual­straf­rechts, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 27; BBl 2018 2827; 2022 687, 1011).

Art. 81 Beschwerderecht  

1 Zur Be­schwer­de in Strafsa­chen ist be­rech­tigt, wer:

a.
vor der Vor­in­stanz am Ver­fah­ren teil­ge­nom­men hat oder kei­ne Mög­lich­keit zur Teil­nah­me er­hal­ten hat; und
b.
ein recht­lich ge­schütz­tes In­ter­es­se an der Auf­he­bung oder Än­de­rung des an­ge­foch­te­nen Ent­scheids hat, ins­be­son­de­re:
1.
die be­schul­dig­te Per­son,
2.
ihr ge­setz­li­cher Ver­tre­ter oder ih­re ge­setz­li­che Ver­tre­te­rin,
3.51
die Staats­an­walt­schaft, aus­ser bei Ent­schei­den über die An­ord­nung, die Ver­län­ge­rung und die Auf­he­bung der Un­ter­su­chungs- und Si­cher­heits­haft,
4.52
5.53
die Pri­vat­klä­ger­schaft, wenn der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid sich auf die Be­ur­tei­lung ih­rer Zi­vil­an­sprü­che aus­wir­ken kann,
6.
die Per­son, die den Straf­an­trag stellt, so­weit es um das Straf­an­trags­recht als sol­ches geht,
7.54
die Staats­an­walt­schaft des Bun­des und die be­tei­lig­te Ver­wal­tung in Ver­wal­tungs­strafsa­chen nach dem Bun­des­ge­setz vom 22. März 197455 über das Ver­wal­tungs­straf­recht.

2 Ei­ne Bun­des­be­hör­de ist zur Be­schwer­de be­rech­tigt, wenn das Bun­des­recht vor­sieht, dass ihr der Ent­scheid mit­zu­tei­len ist.56

3 Ge­gen Ent­schei­de nach Ar­ti­kel 78 Ab­satz 2 Buch­sta­be b steht das Be­schwer­de­recht auch der Bun­des­kanz­lei, den De­par­te­men­ten des Bun­des oder, so­weit das Bun­des­recht es vor­sieht, den ih­nen un­ter­stell­ten Dienst­stel­len zu, wenn der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid die Bun­des­ge­setz­ge­bung in ih­rem Auf­ga­ben­be­reich ver­let­zen kann.

51 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Ju­ni 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 468; BBl 2019 6697).

52 Auf­ge­ho­ben durch An­hang 1 Ziff. II 3 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

53 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 5 des Straf­be­hör­den­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­set­zes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).

54 Ein­ge­fügt durch Ziff. II 8 des BG vom 20. März 2008 zur for­mel­len Be­rei­ni­gung des Bun­des­rechts (AS 2008 3437; BBl 2007 6121). Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 3 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

55 SR 313.0

56 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Ju­ni 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 468; BBl 2019 6697).

3. Abschnitt: Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten

Art. 82 Grundsatz  

Das Bun­des­ge­richt be­ur­teilt Be­schwer­den:

a.
ge­gen Ent­schei­de in An­ge­le­gen­hei­ten des öf­fent­li­chen Rechts;
b.
ge­gen kan­to­na­le Er­las­se;
c.
be­tref­fend die po­li­ti­sche Stimm­be­rech­ti­gung der Bür­ger und Bür­ge­rin­nen so­wie be­tref­fend Volks­wah­len und -ab­stim­mun­gen.
Art. 83 Ausnahmen  

Die Be­schwer­de ist un­zu­läs­sig ge­gen:

a.
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der in­ne­ren oder äus­se­ren Si­cher­heit des Lan­des, der Neu­tra­li­tät, des di­plo­ma­ti­schen Schut­zes und der üb­ri­gen aus­wär­ti­gen An­ge­le­gen­hei­ten, so­weit das Völ­ker­recht nicht einen An­spruch auf ge­richt­li­che Be­ur­tei­lung ein­räumt;
b.
Ent­schei­de über die or­dent­li­che Ein­bür­ge­rung;
c.
Ent­schei­de auf dem Ge­biet des Aus­län­der­rechts be­tref­fend:
1.
die Ein­rei­se,
2.
Be­wil­li­gun­gen, auf die we­der das Bun­des­recht noch das Völ­ker­recht einen An­spruch ein­räumt,
3.
die vor­läu­fi­ge Auf­nah­me,
4.
die Aus­wei­sung ge­stützt auf Ar­ti­kel 121 Ab­satz 2 der Bun­des­ver­fas­sung und die Weg­wei­sung,
5.57
Ab­wei­chun­gen von den Zu­las­sungs­vor­aus­set­zun­gen,
6.58
die Ver­län­ge­rung der Grenz­gän­ger­be­wil­li­gung, den Kan­tons­wech­sel, den Stel­len­wech­sel von Per­so­nen mit Grenz­gän­ger­be­wil­li­gung so­wie die Er­tei­lung von Rei­se­pa­pie­ren an schrif­ten­lo­se Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der;
d.
Ent­schei­de auf dem Ge­biet des Asyls, die:
1.59
vom Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ge­trof­fen wor­den sind, aus­ser sie be­tref­fen Per­so­nen, ge­gen die ein Aus­lie­fe­rungs­er­su­chen des Staa­tes vor­liegt, vor wel­chem sie Schutz su­chen,
2.
von ei­ner kan­to­na­len Vor­in­stanz ge­trof­fen wor­den sind und ei­ne Be­wil­li­gung be­tref­fen, auf die we­der das Bun­des­recht noch das Völ­ker­recht einen An­spruch ein­räumt;
e.
Ent­schei­de über die Ver­wei­ge­rung der Er­mäch­ti­gung zur Straf­ver­fol­gung von Be­hör­den­mit­glie­dern oder von Bun­des­per­so­nal;
f.60
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der öf­fent­li­chen Be­schaf­fun­gen, wenn:
1.
sich kei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt; vor­be­hal­ten blei­ben Be­schwer­den ge­gen Be­schaf­fun­gen des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts, des Bun­dess­traf­ge­richts, des Bun­de­spa­tent­ge­richts, der Bun­des­an­walt­schaft so­wie der obe­ren kan­to­na­len Ge­richts­in­stan­zen, oder
2.
der ge­schätz­te Wert des zu ver­ge­ben­den Auf­trags den mass­ge­ben­den Schwel­len­wert nach Ar­ti­kel 52 Ab­satz 1 in Ver­bin­dung mit An­hang 4 Zif­fer 2 des Bun­des­ge­set­zes vom 21. Ju­ni 201961 über das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen nicht er­reicht;
fbis.62
Ent­schei­de des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts über Ver­fü­gun­gen nach Ar­ti­kel 32i des Per­so­nen­be­för­de­rungs­ge­set­zes vom 20. März 200963;
g.
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der öf­fent­lich-recht­li­chen Ar­beits­ver­hält­nis­se, wenn sie ei­ne nicht ver­mö­gens­recht­li­che An­ge­le­gen­heit, nicht aber die Gleich­stel­lung der Ge­schlech­ter be­tref­fen;
h.64
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der in­ter­na­tio­na­len Amts­hil­fe, mit Aus­nah­me der Amts­hil­fe in Steu­er­sa­chen;
i.
Ent­schei­de auf dem Ge­biet des Mi­li­tär-, Zi­vil- und Zi­vil­schutz­diens­tes;
j.65
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der wirt­schaft­li­chen Lan­des­ver­sor­gung, die bei schwe­ren Man­gel­la­gen ge­trof­fen wor­den sind;
k.
Ent­schei­de be­tref­fend Sub­ven­tio­nen, auf die kein An­spruch be­steht;
l.
Ent­schei­de über die Zoll­ver­an­la­gung, wenn die­se auf Grund der Ta­ri­fie­rung oder des Ge­wichts der Wa­re er­folgt;
m.66
Ent­schei­de über die Stun­dung oder den Er­lass von Ab­ga­ben; in Ab­wei­chung da­von ist die Be­schwer­de zu­läs­sig ge­gen Ent­schei­de über den Er­lass der di­rek­ten Bun­des­steu­er oder der kan­to­na­len oder kom­mu­na­len Ein­kom­mens- und Ge­winn­steu­er, wenn sich ei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt oder es sich aus an­de­ren Grün­den um einen be­son­ders be­deu­ten­den Fall han­delt;
n.
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der Kern­ener­gie be­tref­fend:
1.
das Er­for­der­nis ei­ner Frei­ga­be oder der Än­de­rung ei­ner Be­wil­li­gung oder Ver­fü­gung,
2.
die Ge­neh­mi­gung ei­nes Plans für Rück­stel­lun­gen für die vor Aus­ser­be­trieb­nah­me ei­ner Ker­n­an­la­ge an­fal­len­den Ent­sor­gungs­kos­ten,
3.
Frei­ga­ben;
o.
Ent­schei­de über die Ty­pen­ge­neh­mi­gung von Fahr­zeu­gen auf dem Ge­biet des Stras­sen­ver­kehrs;
p.67
Ent­schei­de des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts auf dem Ge­biet des Fern­mel­de­ver­kehrs, des Ra­di­os und des Fern­se­hens so­wie der Post be­tref­fend:68
1.
Kon­zes­sio­nen, die Ge­gen­stand ei­ner öf­fent­li­chen Aus­schrei­bung wa­ren,
2.
Strei­tig­kei­ten nach Ar­ti­kel 11a des Fern­mel­de­ge­set­zes vom 30. April 199769,
3.70
Strei­tig­kei­ten nach Ar­ti­kel 8 des Post­ge­set­zes vom 17. De­zem­ber 201071;
q.
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin be­tref­fend:
1.
die Auf­nah­me in die War­te­lis­te,
2.
die Zu­tei­lung von Or­ga­nen;
r.
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der Kran­ken­ver­si­che­rung, die das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ge­stützt auf Ar­ti­kel 3472 des Ver­wal­tungs­ge­richts­ge­set­zes vom 17. Ju­ni 200573 (VGG) ge­trof­fen hat;
s.
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der Land­wirt­schaft be­tref­fend:
1.74
2.
die Ab­gren­zung der Zo­nen im Rah­men des Pro­duk­ti­ons­ka­tas­ters;
t.
Ent­schei­de über das Er­geb­nis von Prü­fun­gen und an­de­ren Fä­hig­keits­be­wer­tun­gen, na­ment­lich auf den Ge­bie­ten der Schu­le, der Wei­ter­bil­dung und der Be­rufs­aus­übung;
u.75
Ent­schei­de auf dem Ge­biet der öf­fent­li­chen Kau­f­an­ge­bo­te (Art. 125‒141 des Fi­nanz­marktin­fra­struk­tur­ge­set­zes vom 19. Ju­ni 201576);
v.77
Ent­schei­de des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts über Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten zwi­schen Be­hör­den in der in­ner­staat­li­chen Amts- und Rechts­hil­fe;
w.78
Ent­schei­de auf dem Ge­biet des Elek­tri­zi­täts­rechts be­tref­fend die Plan­ge­neh­mi­gung von Stark­stro­man­la­gen und Schwach­stro­man­la­gen und die Entscheide auf diesem Gebiet betreffend Enteignung der für den Bau oder Betrieb solcher Anlagen notwendigen Rechte, wenn sich kei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt;
x.79
Ent­schei­de be­tref­fend die Ge­wäh­rung von So­li­da­ri­täts­bei­trä­gen nach dem Bun­des­ge­setz vom 30. Sep­tem­ber 201680 über die Auf­ar­bei­tung der für­sor­ge­ri­schen Zwangs­mass­nah­men und Fremd­plat­zie­run­gen vor 1981, aus­ser wenn sich ei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt oder aus an­de­ren Grün­den ein be­son­ders be­deu­ten­der Fall vor­liegt;
y.81
Ent­schei­de des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts in Ver­stän­di­gungs­ver­fah­ren zur Ver­mei­dung ei­ner den an­wend­ba­ren in­ter­na­tio­na­len Ab­kom­men im Steu­er­be­reich nicht ent­spre­chen­den Be­steue­rung;
z.82
Ent­schei­de be­tref­fend die in Ar­ti­kel 71c Ab­satz 1 Buch­sta­be b des Ener­gie­ge­set­zes vom 30. Sep­tem­ber 201683 ge­nann­ten Bau­be­wil­li­gun­gen und not­wen­di­ger­wei­se da­mit zu­sam­men­hän­gen­den in der Kom­pe­tenz der Kan­to­ne lie­gen­den Be­wil­li­gun­gen für Win­d­ener­gie­an­la­gen von na­tio­na­lem In­ter­es­se, wenn sich kei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt.

57 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 der V der BVers vom 20. Dez. 2006 über die An­pas­sung von Er­las­sen an die Be­stim­mun­gen des Bun­des­ge­richts­ge­set­zes und des Ver­wal­tungs­ge­richts­ge­set­zes, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2006 5599).

58 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 der V der BVers vom 20. Dez. 2006 über die An­pas­sung von Er­las­sen an die Be­stim­mun­gen des Bun­des­ge­richts­ge­set­zes und des Ver­wal­tungs­ge­richts­ge­set­zes, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2006 5599).

59 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 1. Okt 2010 über die Ko­or­di­na­ti­on des Asyl- und des Aus­lie­fe­rungs­ver­fah­rens, in Kraft seit 1. April 2011 (AS 2011 925; BBl 2010 1467).

60 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 7 Ziff. II 2 des BG vom 21. Ju­ni 2019 über das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 641; BBl 2017 1851).

61 SR 172.056.1

62 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 16. März 2012 über den zwei­ten Schritt der Bahn­re­form 2, in Kraft seit 1. Ju­li 2013 (AS 2012 5619, 2013 1603; BBl 2011 911).

63 SR 745.1

64 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des Steu­er­amts­hil­fe­ge­set­zes vom 28. Sept. 2012, in Kraft seit 1. Fe­br. 2013 (AS 2013 231; BBl 2011 6193).

65 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 2 Ziff. II 1 des Lan­des­ver­sor­gungs­ge­set­zes vom 17. Ju­ni 2016, in Kraft seit 1. Ju­ni 2017 (AS 2017 3097; BBl 2014 7119).

66 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 20. Ju­ni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 9; BBl 2013 8435).

67 Fas­sung ge­mä­ss Art. 106 Ziff. 3 des BG vom 24. März 2006 über Ra­dio und Fern­se­hen, in Kraft seit 1. April 2007 (AS 2007 737; BBl 2003 1569).

68 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 1 des Post­ge­set­zes vom 17. Dez. 2010, in Kraft seit 1. Okt. 2012 (AS 2012 4993; BBl 2009 5181).

69 SR 784.10

70 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. II 1 des Post­ge­set­zes vom 17. Dez. 2010, in Kraft seit 1. Okt. 2012 (AS 2012 4993; BBl 2009 5181).

71 SR 783.0

72 Be­rich­tigt von der Re­dak­ti­ons­kom­mis­si­on der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG – SR 171.10).

73 SR 173.32. Die­ser Art. ist auf­ge­ho­ben. Sie­he heu­te: Art. 33 Bst. i VGG in Ver­bin­dung mit Art. 53 Abs. 1 des BG vom 18. März 1994 über die Kran­ken­ver­si­che­rung (SR 832.10).

74 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 1 des BG vom 22. März 2013, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 34633863; BBl 2012 2075).

75 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 3 des Fi­nanz­mark­tauf­sichts­ge­set­zes vom 22. Ju­ni 2007 (AS 2008 5207; BBl 2006 2829). Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des Fi­nanz­marktin­fra­struk­tur­ge­set­zes vom 19. Ju­ni 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5339; BBl 2014 7483).

76 SR 958.1

77 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 3 des Fi­nanz­mark­tauf­sichts­ge­set­zes vom 22. Ju­ni 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5207; BBl 2006 2829).

78 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. II 1 des Ener­gie­ge­set­zes vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6839; BBl 2013 7561).

79 Ein­ge­fügt durch Art. 21 Abs. 2 des BG vom 30. Sept. 2016 über die Auf­ar­bei­tung der für­sor­ge­ri­schen Zwangs­mass­nah­men und Fremd­plat­zie­run­gen vor 1981, in Kraft seit 1. April 2017 (AS 2017 753; BBl 2016 101).

80 SR 211.223.13

81 Ein­ge­fügt durch Art. 36 Abs. 2 des BG vom 18. Ju­ni 2021 über die Durch­füh­rung von in­ter­na­tio­na­len Ab­kom­men im Steu­er­be­reich, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 703; BBl 2020 9219).

82 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 16. Ju­ni 2023 über die Be­schleu­ni­gung der Be­wil­li­gungs­ver­fah­ren für Win­d­ener­gie­an­la­gen, in Kraft seit 1. Fe­br. 2024 (AS 2023 804; BBl 2023 344, 588).

83 SR 730.0

Art. 84 Internationale Rechtshilfe in Strafsachen  

1 Ge­gen einen Ent­scheid auf dem Ge­biet der in­ter­na­tio­na­len Rechts­hil­fe in Strafsa­chen ist die Be­schwer­de nur zu­läs­sig, wenn er ei­ne Aus­lie­fe­rung, ei­ne Be­schlag­nah­me, ei­ne Her­aus­ga­be von Ge­gen­stän­den oder Ver­mö­gens­wer­ten oder ei­ne Über­mitt­lung von In­for­ma­tio­nen aus dem Ge­heim­be­reich be­trifft und es sich um einen be­son­ders be­deu­ten­den Fall han­delt.

2 Ein be­son­ders be­deu­ten­der Fall liegt ins­be­son­de­re vor, wenn Grün­de für die An­nah­me be­ste­hen, dass ele­men­ta­re Ver­fah­rens­grund­sät­ze ver­letzt wor­den sind oder das Ver­fah­ren im Aus­land schwe­re Män­gel auf­weist.

Art. 84a Internationale Amtshilfe in Steuersachen 84  

Ge­gen einen Ent­scheid auf dem Ge­biet der in­ter­na­tio­na­len Amts­hil­fe in Steu­er­sa­chen ist die Be­schwer­de nur zu­läs­sig, wenn sich ei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt oder wenn es sich aus an­de­ren Grün­den um einen be­son­ders be­deu­ten­den Fall im Sin­ne von Ar­ti­kel 84 Ab­satz 2 han­delt.

84 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 1 des Steu­er­amts­hil­fe­ge­set­zes vom 28. Sept. 2012, in Kraft seit 1. Fe­br. 2013 (AS 2013 231; BBl 2011 6193).

Art. 85 Streitwertgrenzen  

1 In ver­mö­gens­recht­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten ist die Be­schwer­de un­zu­läs­sig:

a.
auf dem Ge­biet der Staats­haf­tung, wenn der Streit­wert we­ni­ger als 30 000 Fran­ken be­trägt;
b.
auf dem Ge­biet der öf­fent­lich-recht­li­chen Ar­beits­ver­hält­nis­se, wenn der Streit­wert we­ni­ger als 15 000 Fran­ken be­trägt.

2 Er­reicht der Streit­wert den mass­ge­ben­den Be­trag nach Ab­satz 1 nicht, so ist die Be­schwer­de den­noch zu­läs­sig, wenn sich ei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt.

Art. 86 Vorinstanzen im Allgemeinen  

1 Die Be­schwer­de ist zu­läs­sig ge­gen Ent­schei­de:

a.
des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts;
b.
des Bun­dess­traf­ge­richts;
c.
der un­ab­hän­gi­gen Be­schwer­de­in­stanz für Ra­dio und Fern­se­hen;
d.
letz­ter kan­to­na­ler In­stan­zen, so­fern nicht die Be­schwer­de an das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt zu­läs­sig ist.

2 Die Kan­to­ne set­zen als un­mit­tel­ba­re Vor­in­stan­zen des Bun­des­ge­richts obe­re Ge­rich­te ein, so­weit nicht nach ei­nem an­de­ren Bun­des­ge­setz Ent­schei­de an­de­rer rich­ter­li­cher Be­hör­den der Be­schwer­de an das Bun­des­ge­richt un­ter­lie­gen.

3 Für Ent­schei­de mit vor­wie­gend po­li­ti­schem Cha­rak­ter kön­nen die Kan­to­ne an­stel­le ei­nes Ge­richts ei­ne an­de­re Be­hör­de als un­mit­tel­ba­re Vor­in­stanz des Bun­des­ge­richts ein­set­zen.

Art. 87 Vorinstanzen bei Beschwerden gegen Erlasse  

1 Ge­gen kan­to­na­le Er­las­se ist un­mit­tel­bar die Be­schwer­de zu­läs­sig, so­fern kein kan­to­na­les Rechts­mit­tel er­grif­fen wer­den kann.

2 So­weit das kan­to­na­le Recht ein Rechts­mit­tel ge­gen Er­las­se vor­sieht, fin­det Ar­ti­kel 86 An­wen­dung.

Art. 88 Vorinstanzen in Stimmrechtssachen  

1 Be­schwer­den be­tref­fend die po­li­ti­sche Stimm­be­rech­ti­gung der Bür­ger und Bür­ge­rin­nen so­wie be­tref­fend Volks­wah­len und ‑ab­stim­mun­gen sind zu­läs­sig:

a.
in kan­to­na­len An­ge­le­gen­hei­ten ge­gen Ak­te letz­ter kan­to­na­ler In­stan­zen;
b.
in eid­ge­nös­si­schen An­ge­le­gen­hei­ten ge­gen Ver­fü­gun­gen der Bun­des­kanz­lei und Ent­schei­de der Kan­tons­re­gie­run­gen.

2 Die Kan­to­ne se­hen ge­gen be­hörd­li­che Ak­te, wel­che die po­li­ti­schen Rech­te der Stimm­be­rech­tig­ten in kan­to­na­len An­ge­le­gen­hei­ten ver­let­zen kön­nen, ein Rechts­mit­tel vor. Die­se Pflicht er­streckt sich nicht auf Ak­te des Par­la­ments und der Re­gie­rung.

Art. 89 Beschwerderecht  

1 Zur Be­schwer­de in öf­fent­lich-recht­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten ist be­rech­tigt, wer:

a.
vor der Vor­in­stanz am Ver­fah­ren teil­ge­nom­men hat oder kei­ne Mög­lich­keit zur Teil­nah­me er­hal­ten hat;
b.
durch den an­ge­foch­te­nen Ent­scheid oder Er­lass be­son­ders be­rührt ist; und
c.
ein schutz­wür­di­ges In­ter­es­se an des­sen Auf­he­bung oder Än­de­rung hat.

2 Zur Be­schwer­de sind fer­ner be­rech­tigt:

a.
die Bun­des­kanz­lei, die De­par­te­men­te des Bun­des oder, so­weit das Bun­des­recht es vor­sieht, die ih­nen un­ter­stell­ten Dienst­stel­len, wenn der an­ge­foch­te­ne Akt die Bun­des­ge­setz­ge­bung in ih­rem Auf­ga­ben­be­reich ver­let­zen kann;
b.
das zu­stän­di­ge Or­gan der Bun­des­ver­samm­lung auf dem Ge­biet des Ar­beits­ver­hält­nis­ses des Bun­des­per­so­nals;
c.
Ge­mein­den und an­de­re öf­fent­lich-recht­li­che Kör­per­schaf­ten, wenn sie die Ver­let­zung von Ga­ran­ti­en rü­gen, die ih­nen die Kan­tons- oder Bun­des­ver­fas­sung ge­währt;
d.
Per­so­nen, Or­ga­ni­sa­tio­nen und Be­hör­den, de­nen ein an­de­res Bun­des­ge­setz die­ses Recht ein­räumt.

3 In Stimm­rechtssa­chen (Art. 82 Bst. c) steht das Be­schwer­de­recht aus­ser­dem je­der Per­son zu, die in der be­tref­fen­den An­ge­le­gen­heit stimm­be­rech­tigt ist.

4. Kapitel: Beschwerdeverfahren

1. Abschnitt: Anfechtbare Entscheide

Art. 90 Endentscheide  

Die Be­schwer­de ist zu­läs­sig ge­gen Ent­schei­de, die das Ver­fah­ren ab­sch­lies­sen.

Art. 91 Teilentscheide  

Die Be­schwer­de ist zu­läs­sig ge­gen einen Ent­scheid, der:

a.
nur einen Teil der ge­stell­ten Be­geh­ren be­han­delt, wenn die­se Be­geh­ren un­ab­hän­gig von den an­de­ren be­ur­teilt wer­den kön­nen;
b.
das Ver­fah­ren nur für einen Teil der Streit­ge­nos­sen und Streit­ge­nos­sin­nen ab­sch­liesst.
Art. 92 Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und den Ausstand  

1 Ge­gen selb­stän­dig er­öff­ne­te Vor- und Zwi­schen­ent­schei­de über die Zu­stän­dig­keit und über Aus­stands­be­geh­ren ist die Be­schwer­de zu­läs­sig.

2 Die­se Ent­schei­de kön­nen spä­ter nicht mehr an­ge­foch­ten wer­den.

Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide  

1 Ge­gen an­de­re selb­stän­dig er­öff­ne­te Vor- und Zwi­schen­ent­schei­de ist die Be­schwer­de zu­läs­sig:

a.
wenn sie einen nicht wie­der gutz­u­ma­chen­den Nach­teil be­wir­ken kön­nen; oder
b.
wenn die Gut­heis­sung der Be­schwer­de so­fort einen En­dent­scheid her­bei­füh­ren und da­mit einen be­deu­ten­den Auf­wand an Zeit oder Kos­ten für ein weit­läu­fi­ges Be­weis­ver­fah­ren er­spa­ren wür­de.

2 Auf dem Ge­biet der in­ter­na­tio­na­len Rechts­hil­fe in Strafsa­chen und dem Ge­biet des Asyls sind Vor- und Zwi­schen­ent­schei­de nicht an­fecht­bar.85 Vor­be­hal­ten blei­ben Be­schwer­den ge­gen Ent­schei­de über die Aus­lie­fe­rungs­haft so­wie über die Be­schlag­nah­me von Ver­mö­gens­wer­ten und Wert­ge­gen­stän­den, so­fern die Vor­aus­set­zun­gen von Ab­satz 1 er­füllt sind.

3 Ist die Be­schwer­de nach den Ab­sät­zen 1 und 2 nicht zu­läs­sig oder wur­de von ihr kein Ge­brauch ge­macht, so sind die be­tref­fen­den Vor- und Zwi­schen­ent­schei­de durch Be­schwer­de ge­gen den En­dent­scheid an­fecht­bar, so­weit sie sich auf des­sen In­halt aus­wir­ken.

85 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 1. Okt 2010 über die Ko­or­di­na­ti­on des Asyl- und des Aus­lie­fe­rungs­ver­fah­rens, in Kraft seit 1. April 2011 (AS 2011 925; BBl 2010 1467).

Art. 94 Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung  

Ge­gen das un­recht­mäs­si­ge Ver­wei­gern oder Ver­zö­gern ei­nes an­fecht­ba­ren Ent­scheids kann Be­schwer­de ge­führt wer­den.

2. Abschnitt: Beschwerdegründe

Art. 95 Schweizerisches Recht  

Mit der Be­schwer­de kann die Ver­let­zung ge­rügt wer­den von:

a.
Bun­des­recht;
b.
Völ­ker­recht;
c.
kan­to­na­len ver­fas­sungs­mäs­si­gen Rech­ten;
d.
kan­to­na­len Be­stim­mun­gen über die po­li­ti­sche Stimm­be­rech­ti­gung der Bür­ger und Bür­ge­rin­nen und über Volks­wah­len und ‑ab­stim­mun­gen;
e.
in­ter­kan­to­na­lem Recht.
Art. 96 Ausländisches Recht  

Mit der Be­schwer­de kann ge­rügt wer­den:

a.
aus­län­di­sches Recht sei nicht an­ge­wen­det wor­den, wie es das schwei­ze­ri­sche in­ter­na­tio­na­le Pri­vat­recht vor­schreibt;
b.
das nach dem schwei­ze­ri­schen in­ter­na­tio­na­len Pri­vat­recht mass­ge­ben­de aus­län­di­sche Recht sei nicht rich­tig an­ge­wen­det wor­den, so­fern der Ent­scheid kei­ne ver­mö­gens­recht­li­che Sa­che be­trifft.
Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts  

1 Die Fest­stel­lung des Sach­ver­halts kann nur ge­rügt wer­den, wenn sie of­fen­sicht­lich un­rich­tig ist oder auf ei­ner Rechts­ver­let­zung im Sin­ne von Ar­ti­kel 95 be­ruht und wenn die Be­he­bung des Man­gels für den Aus­gang des Ver­fah­rens ent­schei­dend sein kann.

2 Rich­tet sich die Be­schwer­de ge­gen einen Ent­scheid über die Zu­spre­chung oder Ver­wei­ge­rung von Geld­leis­tun­gen der Mi­li­tär- oder Un­fall­ver­si­che­rung, so kann je­de un­rich­ti­ge oder un­voll­stän­di­ge Fest­stel­lung des recht­s­er­heb­li­chen Sach­ver­halts ge­rügt wer­den.86

86 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. IV 1 des BG vom 16. Dez. 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2003; BBl 2005 3079).

Art. 98 Beschränkte Beschwerdegründe  

Mit der Be­schwer­de ge­gen Ent­schei­de über vor­sorg­li­che Mass­nah­men kann nur die Ver­let­zung ver­fas­sungs­mäs­si­ger Rech­te ge­rügt wer­den.

3. Abschnitt: Neue Vorbringen

Art. 99  

1 Neue Tat­sa­chen und Be­weis­mit­tel dür­fen nur so weit vor­ge­bracht wer­den, als erst der Ent­scheid der Vor­in­stanz da­zu An­lass gibt.

2 Neue Be­geh­ren sind un­zu­läs­sig.

4. Abschnitt: Beschwerdefrist

Art. 100 Beschwerde gegen Entscheide  

1 Die Be­schwer­de ge­gen einen Ent­scheid ist in­nert 30 Ta­gen nach der Er­öff­nung der voll­stän­di­gen Aus­fer­ti­gung beim Bun­des­ge­richt ein­zu­rei­chen.

2 Die Be­schwer­de­frist be­trägt zehn Ta­ge:

a.
bei Ent­schei­den der kan­to­na­len Auf­sichts­be­hör­den in Schuld­be­trei­bungs- und Kon­kurssa­chen;
b.87
bei Ent­schei­den auf den Ge­bie­ten der in­ter­na­tio­na­len Rechts­hil­fe in Strafsa­chen und der in­ter­na­tio­na­len Amts­hil­fe in Steu­er­sa­chen;
c.88
bei Ent­schei­den über die Rück­ga­be ei­nes Kin­des nach dem Eu­ro­päi­schen Über­ein­kom­men vom 20. Mai 198089 über die An­er­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­dun­gen über das Sor­ge­recht für Kin­der und die Wie­der­her­stel­lung des Sor­ge­rechts oder nach dem Über­ein­kom­men vom 25. Ok­to­ber 198090 über die zi­vil­recht­li­chen Aspek­te in­ter­na­tio­na­ler Kin­desent­füh­rung;
d.91
bei Ent­schei­den des Bun­de­spa­tent­ge­richts über die Er­tei­lung ei­ner Li­zenz nach Ar­ti­kel 40d des Pa­tent­ge­set­zes vom 25. Ju­ni 195492.

3 Die Be­schwer­de­frist be­trägt fünf Ta­ge:

a.
bei Ent­schei­den der kan­to­na­len Auf­sichts­be­hör­den in Schuld­be­trei­bungs- und Kon­kurssa­chen im Rah­men der Wech­sel­be­trei­bung;
b.
bei Ent­schei­den der Kan­tons­re­gie­run­gen über Be­schwer­den ge­gen eid­ge­nös­si­sche Ab­stim­mun­gen.

4 Bei Ent­schei­den der Kan­tons­re­gie­run­gen über Be­schwer­den ge­gen die Na­tio­nal­rats­wah­len be­trägt die Be­schwer­de­frist drei Ta­ge.

5 Bei Be­schwer­den we­gen in­ter­kan­to­na­ler Kom­pe­tenz­kon­flik­te be­ginnt die Be­schwer­de­frist spä­tes­tens dann zu lau­fen, wenn in bei­den Kan­to­nen Ent­schei­de ge­trof­fen wor­den sind, ge­gen wel­che beim Bun­des­ge­richt Be­schwer­de ge­führt wer­den kann.

693

7 Ge­gen das un­recht­mäs­si­ge Ver­wei­gern oder Ver­zö­gern ei­nes Ent­scheids kann je­der­zeit Be­schwer­de ge­führt wer­den.

87 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des Steu­er­amts­hil­fe­ge­set­zes vom 28. Sept. 2012, in Kraft seit 1. Fe­br. 2013 (AS 2013 231; BBl 2011 6193).

88 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des BG vom 21. Ju­ni 2013 (El­ter­li­che Sor­ge), in Kraft seit 1. Ju­li 2014 (AS 2014 357; BBl 2011 9077).

89 SR 0.211.230.01

90 SR 0.211.230.02

91 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2009 über das Bun­de­spa­tent­ge­richt, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2010 513, 2011 2241; BBl 2008 455).

92 SR 232.14

93 Auf­ge­ho­ben durch An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

Art. 101 Beschwerde gegen Erlasse  

Die Be­schwer­de ge­gen einen Er­lass ist in­nert 30 Ta­gen nach der nach dem kan­to­na­len Recht mass­ge­ben­den Ver­öf­fent­li­chung des Er­las­ses beim Bun­des­ge­richt ein­zu­rei­chen.

5. Abschnitt: Weitere Verfahrensbestimmungen

Art. 102 Schriftenwechsel  

1 So­weit er­for­der­lich stellt das Bun­des­ge­richt die Be­schwer­de der Vor­in­stanz so­wie den all­fäl­li­gen an­de­ren Par­tei­en, Be­tei­lig­ten oder zur Be­schwer­de be­rech­tig­ten Be­hör­den zu und setzt ih­nen Frist zur Ein­rei­chung ei­ner Ver­nehm­las­sung an.

2 Die Vor­in­stanz hat in­nert die­ser Frist die Vor­ak­ten ein­zu­sen­den.

3 Ein wei­te­rer Schrif­ten­wech­sel fin­det in der Re­gel nicht statt.

Art. 103 Aufschiebende Wirkung  

1 Die Be­schwer­de hat in der Re­gel kei­ne auf­schie­ben­de Wir­kung.

2 Die Be­schwer­de hat im Um­fang der Be­geh­ren auf­schie­ben­de Wir­kung:

a.
in Zi­vil­sa­chen, wenn sie sich ge­gen ein Ge­stal­tungs­ur­teil rich­tet;
b.
in Strafsa­chen, wenn sie sich ge­gen einen Ent­scheid rich­tet, der ei­ne un­be­ding­te Frei­heits­s­tra­fe oder ei­ne frei­heits­ent­zie­hen­de Mass­nah­me aus­spricht; die auf­schie­ben­de Wir­kung er­streckt sich nicht auf den Ent­scheid über Zi­vil­an­sprü­che;
c.
in Ver­fah­ren auf dem Ge­biet der in­ter­na­tio­na­len Rechts­hil­fe in Strafsa­chen, wenn sie sich ge­gen ei­ne Schluss­ver­fü­gung oder ge­gen je­de an­de­re Ver­fü­gung rich­tet, wel­che die Über­mitt­lung von Aus­künf­ten aus dem Ge­heim­be­reich oder die Her­aus­ga­be von Ge­gen­stän­den oder Ver­mö­gens­wer­ten be­wil­ligt;
d.94
in Ver­fah­ren auf dem Ge­biet der in­ter­na­tio­na­len Amts­hil­fe in Steu­er­sa­chen.

3 Der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin kann über die auf­schie­ben­de Wir­kung von Am­tes we­gen oder auf An­trag ei­ner Par­tei ei­ne an­de­re An­ord­nung tref­fen.

94 Ein­ge­fügt durch Ziff. II des BG vom 21. März 2014, in Kraft seit 1. Aug. 2014 (AS 2014 2309; BBl 2013 8369).

Art. 104 Andere vorsorgliche Massnahmen  

Der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin kann von Am­tes we­gen oder auf An­trag ei­ner Par­tei vor­sorg­li­che Mass­nah­men tref­fen, um den be­ste­hen­den Zu­stand zu er­hal­ten oder be­droh­te In­ter­es­sen einst­wei­len si­cher­zu­stel­len.

Art. 105 Massgebender Sachverhalt  

1 Das Bun­des­ge­richt legt sei­nem Ur­teil den Sach­ver­halt zu­grun­de, den die Vor­in­stanz fest­ge­stellt hat.

2 Es kann die Sach­ver­halts­fest­stel­lung der Vor­in­stanz von Am­tes we­gen be­rich­ti­gen oder er­gän­zen, wenn sie of­fen­sicht­lich un­rich­tig ist oder auf ei­ner Rechts­ver­let­zung im Sin­ne von Ar­ti­kel 95 be­ruht.

3 Rich­tet sich die Be­schwer­de ge­gen einen Ent­scheid über die Zu­spre­chung oder Ver­wei­ge­rung von Geld­leis­tun­gen der Mi­li­tär- oder Un­fall­ver­si­che­rung, so ist das Bun­des­ge­richt nicht an die Sach­ver­halts­fest­stel­lung der Vor­in­stanz ge­bun­den.95

95 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. IV 1 des BG vom 16. Dez. 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2003; BBl 2005 3079).

Art. 106 Rechtsanwendung  

1 Das Bun­des­ge­richt wen­det das Recht von Am­tes we­gen an.

2 Es prüft die Ver­let­zung von Grund­rech­ten und von kan­to­na­lem und in­ter­kan­to­na­lem Recht nur in­so­fern, als ei­ne sol­che Rü­ge in der Be­schwer­de vor­ge­bracht und be­grün­det wor­den ist.

Art. 107 Entscheid  

1 Das Bun­des­ge­richt darf nicht über die Be­geh­ren der Par­tei­en hin­aus­ge­hen.

2 Heisst das Bun­des­ge­richt die Be­schwer­de gut, so ent­schei­det es in der Sa­che selbst oder weist die­se zu neu­er Be­ur­tei­lung an die Vor­in­stanz zu­rück. Es kann die Sa­che auch an die Be­hör­de zu­rück­wei­sen, die als ers­te In­stanz ent­schie­den hat.

3 Er­ach­tet das Bun­des­ge­richt ei­ne Be­schwer­de auf dem Ge­biet der in­ter­na­tio­na­len Rechts­hil­fe in Strafsa­chen oder der in­ter­na­tio­na­len Amts­hil­fe in Steu­er­sa­chen als un­zu­läs­sig, so fällt es den Nicht­ein­tre­tens­ent­scheid in­nert 15 Ta­gen seit Ab­schluss ei­nes all­fäl­li­gen Schrif­ten­wech­sels. Auf dem Ge­biet der in­ter­na­tio­na­len Rechts­hil­fe in Strafsa­chen ist es nicht an die­se Frist ge­bun­den, wenn das Aus­lie­fe­rungs­ver­fah­ren ei­ne Per­son be­trifft, ge­gen de­ren Asyl­ge­such noch kein rechts­kräf­ti­ger En­dent­scheid vor­liegt.96

4 Über Be­schwer­den ge­gen Ent­schei­de des Bun­de­spa­tent­ge­richts über die Er­tei­lung ei­ner Li­zenz nach Ar­ti­kel 40d des Pa­tent­ge­set­zes vom 25. Ju­ni 195497 ent­schei­det das Bun­des­ge­richt in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach An­he­bung der Be­schwer­de.98

96 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des Steu­er­amts­hil­fe­ge­set­zes vom 28. Sept. 2012, in Kraft seit 1. Fe­br. 2013 (AS 2013 231; BBl 2011 6193).

97 SR 232.14

98 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2009 über das Bun­de­spa­tent­ge­richt, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2010 513, 2011 2241; BBl 2008 455).

6. Abschnitt: Vereinfachtes Verfahren

Art. 108 Einzelrichter oder Einzelrichterin  

1 Der Prä­si­dent oder die Prä­si­den­tin der Ab­tei­lung ent­schei­det im ver­ein­fach­ten Ver­fah­ren über:

a.
Nicht­ein­tre­ten auf of­fen­sicht­lich un­zu­läs­si­ge Be­schwer­den;
b.
Nicht­ein­tre­ten auf Be­schwer­den, die of­fen­sicht­lich kei­ne hin­rei­chen­de Be­grün­dung (Art. 42 Abs. 2) ent­hal­ten;
c.
Nicht­ein­tre­ten auf que­ru­la­to­ri­sche oder rechts­miss­bräuch­li­che Be­schwer­den.

2 Er oder sie kann einen an­de­ren Rich­ter oder ei­ne an­de­re Rich­te­rin da­mit be­trau­en.

3 Die Be­grün­dung des Ent­scheids be­schränkt sich auf ei­ne kur­ze An­ga­be des Un­zu­läs­sig­keits­grun­des.

Art. 109 Dreierbesetzung  

1 Die Ab­tei­lun­gen ent­schei­den in Drei­er­be­set­zung über Nicht­ein­tre­ten auf Be­schwer­den, bei de­nen sich kei­ne Rechts­fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung stellt oder kein be­son­ders be­deu­ten­der Fall vor­liegt, wenn die Be­schwer­de nur un­ter ei­ner die­ser Be­din­gun­gen zu­läs­sig ist (Art. 74 und 83–85). Ar­ti­kel 58 Ab­satz 1 Buch­sta­be b fin­det kei­ne An­wen­dung.

2 Sie ent­schei­den eben­falls in Drei­er­be­set­zung bei Ein­stim­mig­keit über:

a.
Ab­wei­sung of­fen­sicht­lich un­be­grün­de­ter Be­schwer­den;
b.
Gut­heis­sung of­fen­sicht­lich be­grün­de­ter Be­schwer­den, ins­be­son­de­re wenn der an­ge­foch­te­ne Akt von der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts ab­weicht und kein An­lass be­steht, die­se zu über­prü­fen.

3 Der Ent­scheid wird sum­ma­risch be­grün­det. Es kann ganz oder teil­wei­se auf den an­ge­foch­te­nen Ent­scheid ver­wie­sen wer­den.

7. Abschnitt: Kantonales Verfahren

Art. 110 Beurteilung durch richterliche Behörde  

So­weit die Kan­to­ne nach die­sem Ge­setz als letz­te kan­to­na­le In­stanz ein Ge­richt ein­zu­set­zen ha­ben, ge­währ­leis­ten sie, dass die­ses selbst oder ei­ne vor­gän­gig zu­stän­di­ge an­de­re rich­ter­li­che Be­hör­de den Sach­ver­halt frei prüft und das mass­ge­ben­de Recht von Am­tes we­gen an­wen­det.

Art. 111 Einheit des Verfahrens  

1 Wer zur Be­schwer­de an das Bun­des­ge­richt be­rech­tigt ist, muss sich am Ver­fah­ren vor al­len kan­to­na­len Vor­in­stan­zen als Par­tei be­tei­li­gen kön­nen.

2 Bun­des­be­hör­den, die zur Be­schwer­de an das Bun­des­ge­richt be­rech­tigt sind, kön­nen die Rechts­mit­tel des kan­to­na­len Rechts er­grei­fen und sich vor je­der kan­to­na­len In­stanz am Ver­fah­ren be­tei­li­gen, wenn sie dies be­an­tra­gen.

3 Die un­mit­tel­ba­re Vor­in­stanz des Bun­des­ge­richts muss min­des­tens die Rü­gen nach den Ar­ti­keln 95–98 prü­fen kön­nen. …99

99 Zwei­ter Satz auf­ge­ho­ben durch An­hang 1 Ziff. II 2 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung vom 19. Dez. 2008, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221).

Art. 112 Eröffnung der Entscheide  

1 Ent­schei­de, die der Be­schwer­de an das Bun­des­ge­richt un­ter­lie­gen, sind den Par­tei­en schrift­lich zu er­öff­nen. Sie müs­sen ent­hal­ten:

a.
die Be­geh­ren, die Be­grün­dung, die Be­weis­vor­brin­gen und Pro­zes­s­er­klä­run­gen der Par­tei­en, so­weit sie nicht aus den Ak­ten her­vor­ge­hen;
b.
die mass­ge­ben­den Grün­de tat­säch­li­cher und recht­li­cher Art, ins­be­son­de­re die An­ga­be der an­ge­wen­de­ten Ge­set­zes­be­stim­mun­gen;
c.
das Dis­po­si­tiv;
d.
ei­ne Rechts­mit­tel­be­leh­rung ein­sch­liess­lich An­ga­be des Streit­werts, so­weit die­ses Ge­setz ei­ne Streit­wert­gren­ze vor­sieht.

2 Wenn es das kan­to­na­le Recht vor­sieht, kann die Be­hör­de ih­ren Ent­scheid oh­ne Be­grün­dung er­öff­nen. Die Par­tei­en kön­nen in die­sem Fall in­nert 30 Ta­gen ei­ne voll­stän­di­ge Aus­fer­ti­gung ver­lan­gen. Der Ent­scheid ist nicht voll­streck­bar, so­lan­ge nicht ent­we­der die­se Frist un­be­nützt ab­ge­lau­fen oder die voll­stän­di­ge Aus­fer­ti­gung er­öff­net wor­den ist.

3 Das Bun­des­ge­richt kann einen Ent­scheid, der den An­for­de­run­gen von Ab­satz 1 nicht ge­nügt, an die kan­to­na­le Be­hör­de zur Ver­bes­se­rung zu­rück­wei­sen oder auf­he­ben.

4 Für die Ge­bie­te, in de­nen Bun­des­be­hör­den zur Be­schwer­de be­rech­tigt sind, be­stimmt der Bun­des­rat, wel­che Ent­schei­de ih­nen die kan­to­na­len Be­hör­den zu er­öff­nen ha­ben.

5. Kapitel: Subsidiäre Verfassungsbeschwerde

Art. 113 Grundsatz  

Das Bun­des­ge­richt be­ur­teilt Ver­fas­sungs­be­schwer­den ge­gen Ent­schei­de letz­ter kan­to­na­ler In­stan­zen, so­weit kei­ne Be­schwer­de nach den Ar­ti­keln 72–89 zu­läs­sig ist.

Art. 114 Vorinstanzen  

Die Vor­schrif­ten des drit­ten Ka­pi­tels über die kan­to­na­len Vor­in­stan­zen (Art. 75 bzw. 86) gel­ten sinn­ge­mä­ss.

Art. 115 Beschwerderecht  

Zur Ver­fas­sungs­be­schwer­de ist be­rech­tigt, wer:

a.
vor der Vor­in­stanz am Ver­fah­ren teil­ge­nom­men hat oder kei­ne Mög­lich­keit zur Teil­nah­me er­hal­ten hat; und
b.
ein recht­lich ge­schütz­tes In­ter­es­se an der Auf­he­bung oder Än­de­rung des an­ge­foch­te­nen Ent­scheids hat.
Art. 116 Beschwerdegründe  

Mit der Ver­fas­sungs­be­schwer­de kann die Ver­let­zung von ver­fas­sungs­mäs­si­gen Rech­ten ge­rügt wer­den.

Art. 117 Beschwerdeverfahren  

Für das Ver­fah­ren der Ver­fas­sungs­be­schwer­de gel­ten die Ar­ti­kel 90–94, 99, 100, 102, 103 Ab­sät­ze 1 und 3, 104, 106 Ab­satz 2 so­wie 107–112 sinn­ge­mä­ss.

Art. 118 Massgebender Sachverhalt  

1 Das Bun­des­ge­richt legt sei­nem Ur­teil den Sach­ver­halt zu­grun­de, den die Vor­in­stanz fest­ge­stellt hat.

2 Es kann die Sach­ver­halts­fest­stel­lung der Vor­in­stanz von Am­tes we­gen be­rich­ti­gen oder er­gän­zen, wenn sie auf ei­ner Rechts­ver­let­zung im Sin­ne von Ar­ti­kel 116 be­ruht.

Art. 119 Gleichzeitige ordentliche Beschwerde  

1 Führt ei­ne Par­tei ge­gen einen Ent­scheid so­wohl or­dent­li­che Be­schwer­de als auch Ver­fas­sungs­be­schwer­de, so hat sie bei­de Rechts­mit­tel in der glei­chen Rechts­schrift ein­zu­rei­chen.

2 Das Bun­des­ge­richt be­han­delt bei­de Be­schwer­den im glei­chen Ver­fah­ren.

3 Es prüft die vor­ge­brach­ten Rü­gen nach den Vor­schrif­ten über die ent­spre­chen­de Be­schwer­de­art.

5a. Kapitel: Revision gegen Entscheide von Schiedsgerichten in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit100100

100 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 5 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125). Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

Art. 119a  

1 Das Bun­des­ge­richt be­ur­teilt Re­vi­si­ons­ge­su­che ge­gen Ent­schei­de von Schieds­ge­rich­ten in der in­ter­na­tio­na­len Schieds­ge­richts­bar­keit un­ter den Vor­aus­set­zun­gen von Ar­ti­kel 190a des Bun­des­ge­set­zes vom 18. De­zem­ber 1987101 über das In­ter­na­tio­na­le Pri­vat­recht.

2 Für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren gel­ten die Ar­ti­kel 77 Ab­satz 2bis und 126. So­weit das Bun­des­ge­richt das Re­vi­si­ons­ge­such nicht als of­fen­sicht­lich un­zu­läs­sig oder un­be­grün­det be­fin­det, stellt es die­ses der Ge­gen­par­tei und dem Schieds­ge­richt zur Stel­lung­nah­me zu.

3 Heisst das Bun­des­ge­richt das Re­vi­si­ons­ge­such gut, so hebt es den Schieds­ent­scheid auf und weist die Sa­che zur Neu­be­ur­tei­lung an das Schieds­ge­richt zu­rück oder trifft die not­wen­di­gen Fest­stel­lun­gen.

4 Ist das Schieds­ge­richt nicht mehr voll­stän­dig, so ist Ar­ti­kel 179 des Bun­des­ge­set­zes über das In­ter­na­tio­na­le Pri­vat­recht an­wend­bar.

6. Kapitel: Klage

Art. 120  

1 Das Bun­des­ge­richt be­ur­teilt auf Kla­ge als ein­zi­ge In­stanz:

a.
Kom­pe­tenz­kon­flik­te zwi­schen Bun­des­be­hör­den und kan­to­na­len Be­hör­den;
b.
zi­vil­recht­li­che und öf­fent­lich-recht­li­che Strei­tig­kei­ten zwi­schen Bund und Kan­to­nen oder zwi­schen Kan­to­nen;
c.102
An­sprü­che auf Scha­den­er­satz und Ge­nug­tu­ung aus der Amt­stä­tig­keit von Per­so­nen im Sin­ne von Ar­ti­kel 1 Ab­satz 1 Buch­sta­ben a–cbis des Ver­ant­wort­lich­keits­ge­set­zes vom 14. März 1958103.

2 Die Kla­ge ist un­zu­läs­sig, wenn ein an­de­res Bun­des­ge­setz ei­ne Be­hör­de zum Er­lass ei­ner Ver­fü­gung über sol­che Strei­tig­kei­ten er­mäch­tigt. Ge­gen die Ver­fü­gung ist letz­tin­stanz­lich die Be­schwer­de an das Bun­des­ge­richt zu­läs­sig.

3 Das Kla­ge­ver­fah­ren rich­tet sich nach dem BZP104.

102 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 5 des Straf­be­hör­den­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­set­zes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).

103 SR 170.32

104 SR 273

7. Kapitel: Revision, Erläuterung und Berichtigung

1. Abschnitt: Revision

Art. 121 Verletzung von Verfahrensvorschriften  

Die Re­vi­si­on ei­nes Ent­scheids des Bun­des­ge­richts kann ver­langt wer­den, wenn:

a.
die Vor­schrif­ten über die Be­set­zung des Ge­richts oder über den Aus­stand ver­letzt wor­den sind;
b.
das Ge­richt ei­ner Par­tei mehr oder, oh­ne dass das Ge­setz es er­laubt, an­de­res zu­ge­spro­chen hat, als sie selbst ver­langt hat, oder we­ni­ger als die Ge­gen­par­tei an­er­kannt hat;
c.
ein­zel­ne An­trä­ge un­be­ur­teilt ge­blie­ben sind;
d.
das Ge­richt in den Ak­ten lie­gen­de er­heb­li­che Tat­sa­chen aus Ver­se­hen nicht be­rück­sich­tigt hat.
Art. 122 Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention  

Die Re­vi­si­on we­gen Ver­let­zung der Kon­ven­ti­on zum Schutz der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten vom 4. No­vem­ber 1950105 (EMRK) kann ver­langt wer­den, wenn:

a.106
der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te in ei­nem end­gül­ti­gen Ur­teil (Art. 44 EMRK) fest­ge­stellt hat, dass die EMRK oder die Pro­to­kol­le da­zu ver­letzt wor­den sind, oder den Fall durch ei­ne güt­li­che Ei­ni­gung (Art. 39 EMRK) ab­ge­schlos­sen hat;
b.
ei­ne Ent­schä­di­gung nicht ge­eig­net ist, die Fol­gen der Ver­let­zung aus­zu­glei­chen; und
c.
die Re­vi­si­on not­wen­dig ist, um die Ver­let­zung zu be­sei­ti­gen.

105 SR 0.101

106 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 1. Okt. 2021, in Kraft seit 1. Ju­li 2022 (AS 2022 289; BBl 2021300, 889).

Art. 123 Andere Gründe  

1 Die Re­vi­si­on kann ver­langt wer­den, wenn ein Straf­ver­fah­ren er­ge­ben hat, dass durch ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen zum Nach­teil der Par­tei auf den Ent­scheid ein­ge­wirkt wur­de; die Ver­ur­tei­lung durch das Straf­ge­richt ist nicht er­for­der­lich. Ist das Straf­ver­fah­ren nicht durch­führ­bar, so kann der Be­weis auf an­de­re Wei­se er­bracht wer­den.

2 Die Re­vi­si­on kann zu­dem ver­langt wer­den:

a.
in Zi­vil­sa­chen und öf­fent­lich-recht­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten, wenn die er­su­chen­de Par­tei nach­träg­lich er­heb­li­che Tat­sa­chen er­fährt oder ent­schei­den­de Be­weis­mit­tel auf­fin­det, die sie im frü­he­ren Ver­fah­ren nicht bei­brin­gen konn­te, un­ter Aus­schluss der Tat­sa­chen und Be­weis­mit­tel, die erst nach dem Ent­scheid ent­stan­den sind;
b.107
in Strafsa­chen, wenn die Vor­aus­set­zun­gen von Ar­ti­kel 410 Ab­sät­ze 1 Buch­sta­ben a und b so­wie 2 StPO108 er­füllt sind;
c.109
in Sa­chen, die An­sprü­che auf Er­satz von nu­klea­rem Scha­den be­tref­fen, aus den in Ar­ti­kel 5 Ab­satz 5 Kern­ener­gie­haft­pflicht­ge­setz vom 13. Ju­ni 2008110 ge­nann­ten Grün­den.

107 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 3 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

108 SR 312.0

109 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. II 1 des Kern­ener­gie­haft­pflicht­ge­set­zes vom 13. Ju­ni 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2022, ver­öf­fent­licht am 27. Jan. 2022 (AS 2022 43; BBl 2007 5397).

110 SR 732.44

Art. 124 Frist  

1 Das Re­vi­si­ons­ge­such ist beim Bun­des­ge­richt ein­zu­rei­chen:

a.
we­gen Ver­let­zung der Aus­stands­vor­schrif­ten: in­nert 30 Ta­gen nach der Ent­de­ckung des Aus­stands­grun­des;
b.
we­gen Ver­let­zung an­de­rer Ver­fah­rens­vor­schrif­ten: in­nert 30 Ta­gen nach der Er­öff­nung der voll­stän­di­gen Aus­fer­ti­gung des Ent­scheids;
c.
we­gen Ver­let­zung der EMRK111: in­nert 90 Ta­gen, nach­dem das Ur­teil des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs für Men­schen­rech­te nach Ar­ti­kel 44 EMRK end­gül­tig ge­wor­den ist;
d.
aus an­de­ren Grün­den: in­nert 90 Ta­gen nach de­ren Ent­de­ckung, frü­he­s­tens je­doch nach der Er­öff­nung der voll­stän­di­gen Aus­fer­ti­gung des Ent­scheids oder nach dem Ab­schluss des Straf­ver­fah­rens.

2 Nach Ab­lauf von zehn Jah­ren nach der Aus­fäl­lung des Ent­scheids kann die Re­vi­si­on nicht mehr ver­langt wer­den, aus­ser:

a.
in Strafsa­chen aus den Grün­den nach Ar­ti­kel 123 Ab­satz 1 und 2 Buch­sta­be b;
b.
in den üb­ri­gen Fäl­len aus dem Grund nach Ar­ti­kel 123 Ab­satz 1.

3 Die be­son­de­ren Fris­ten nach Ar­ti­kel 5 Ab­satz 5 Kern­ener­gie­haft­pflicht­ge­setz vom 13. Ju­ni 2008112 blei­ben vor­be­hal­ten.113

111 SR 0.101

112 SR 732.44

113 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. II 1 des Kern­ener­gie­haft­pflicht­ge­set­zes vom 13. Ju­ni 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2022, ver­öf­fent­licht am 27. Jan. 2022 (AS 2022 43; BBl 2007 5397).

Art. 125 Verwirkung  

Die Re­vi­si­on ei­nes Ent­scheids, der den Ent­scheid der Vor­in­stanz be­stä­tigt, kann nicht aus ei­nem Grund ver­langt wer­den, der schon vor der Aus­fäl­lung des bun­des­ge­richt­li­chen Ent­scheids ent­deckt wor­den ist und mit ei­nem Re­vi­si­ons­ge­such bei der Vor­in­stanz hät­te gel­tend ge­macht wer­den kön­nen.

Art. 126 Vorsorgliche Massnahmen  

Nach Ein­gang des Re­vi­si­ons­ge­suchs kann der In­struk­ti­ons­rich­ter oder die In­struk­ti­ons­rich­te­rin von Am­tes we­gen oder auf An­trag ei­ner Par­tei den Voll­zug des an­ge­foch­te­nen Ent­scheids auf­schie­ben oder an­de­re vor­sorg­li­che Mass­nah­men tref­fen.

Art. 127 Schriftenwechsel  

So­weit das Bun­des­ge­richt das Re­vi­si­ons­ge­such nicht als un­zu­läs­sig oder un­be­grün­det be­fin­det, stellt es die­ses der Vor­in­stanz so­wie den all­fäl­li­gen an­de­ren Par­tei­en, Be­tei­lig­ten oder zur Be­schwer­de be­rech­tig­ten Be­hör­den zu; gleich­zei­tig setzt es ih­nen ei­ne Frist zur Ein­rei­chung ei­ner Ver­nehm­las­sung an.

Art. 128 Entscheid  

1 Fin­det das Bun­des­ge­richt, dass der Re­vi­si­ons­grund zu­trifft, so hebt es den frü­he­ren Ent­scheid auf und ent­schei­det neu.

2 Wenn das Ge­richt einen Rück­wei­sungs­ent­scheid auf­hebt, be­stimmt es gleich­zei­tig die Wir­kung die­ser Auf­he­bung auf einen neu­en Ent­scheid der Vor­in­stanz, falls in der Zwi­schen­zeit ein sol­cher er­gan­gen ist.

3 Ent­schei­det das Bun­des­ge­richt in ei­ner Strafsa­che neu, so ist Ar­ti­kel 415 StPO114 sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.115

114 SR 312.0

115 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 3 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

2. Abschnitt: Erläuterung und Berichtigung

Art. 129  

1 Ist das Dis­po­si­tiv ei­nes bun­des­ge­richt­li­chen Ent­scheids un­klar, un­voll­stän­dig oder zwei­deu­tig, ste­hen sei­ne Be­stim­mun­gen un­ter­ein­an­der oder mit der Be­grün­dung im Wi­der­spruch oder ent­hält es Re­dak­ti­ons- oder Rech­nungs­feh­ler, so nimmt das Bun­des­ge­richt auf schrift­li­ches Ge­such ei­ner Par­tei oder von Am­tes we­gen die Er­läu­te­rung oder Be­rich­ti­gung vor.

2 Die Er­läu­te­rung ei­nes Rück­wei­sungs­ent­scheids ist nur zu­läs­sig, so­lan­ge die Vor­in­stanz nicht den neu­en Ent­scheid ge­trof­fen hat.

3 Die Ar­ti­kel 126 und 127 sind sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

8. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 130 Kantonale Ausführungsbestimmungen 116  

1 Die Kan­to­ne er­las­sen auf den Zeit­punkt des In­kraft­tre­tens ei­ner schwei­ze­ri­schen Straf­pro­zess­ord­nung Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen über die Zu­stän­dig­keit, die Or­ga­ni­sa­ti­on und das Ver­fah­ren der Vor­in­stan­zen in Strafsa­chen im Sin­ne der Ar­ti­kel 80 Ab­satz 2 und 111 Ab­satz 3, ein­sch­liess­lich der Be­stim­mun­gen, die zur Ge­währ­leis­tung der Rechts­weg­ga­ran­tie nach Ar­ti­kel 29a der Bun­des­ver­fas­sung er­for­der­lich sind. Ist sechs Jah­re nach In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes noch kei­ne schwei­ze­ri­sche Straf­pro­zess­ord­nung in Kraft, so legt der Bun­des­rat die Frist zum Er­lass der Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen nach An­hö­rung der Kan­to­ne fest.

2 Die Kan­to­ne er­las­sen auf den Zeit­punkt des In­kraft­tre­tens ei­ner schwei­ze­ri­schen Zi­vil­pro­zess­ord­nung Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen über die Zu­stän­dig­keit, die Or­ga­ni­sa­ti­on und das Ver­fah­ren der Vor­in­stan­zen in Zi­vil­sa­chen im Sin­ne der Ar­ti­kel 75 Ab­satz 2 und 111 Ab­satz 3, ein­sch­liess­lich der Be­stim­mun­gen, die zur Ge­währ­leis­tung der Rechts­weg­ga­ran­tie nach Ar­ti­kel 29a der Bun­des­ver­fas­sung er­for­der­lich sind. Ist sechs Jah­re nach In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes noch kei­ne schwei­ze­ri­sche Zi­vil­pro­zess­ord­nung in Kraft, so legt der Bun­des­rat die Frist zum Er­lass der Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen nach An­hö­rung der Kan­to­ne fest.

3 In­nert zwei Jah­ren nach In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes er­las­sen die Kan­to­ne Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen über die Zu­stän­dig­keit, die Or­ga­ni­sa­ti­on und das Ver­fah­ren der Vor­in­stan­zen im Sin­ne der Ar­ti­kel 86 Ab­sät­ze 2 und 3 und 88 Ab­satz 2, ein­sch­liess­lich der Be­stim­mun­gen, die zur Ge­währ­leis­tung der Rechts­weg­ga­ran­tie nach Ar­ti­kel 29a der Bun­des­ver­fas­sung er­for­der­lich sind.

4 Bis zum Er­lass der Aus­füh­rungs­ge­setz­ge­bung kön­nen die Kan­to­ne die Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen in die Form nicht re­fe­ren­dums­pflich­ti­ger Er­las­se klei­den, so­weit dies zur Ein­hal­tung der Fris­ten nach den Ab­sät­zen 1–3 not­wen­dig ist.

116 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 23. Ju­ni 2006 über die Be­rei­ni­gung und Ak­tua­li­sie­rung der To­tal­re­vi­si­on der Bun­des­rechts­pfle­ge, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4213; BBl 2006 3067).

Art. 131 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts  

1 Das Bun­des­ge­setz vom 16. De­zem­ber 1943117 über die Or­ga­ni­sa­ti­on der Bun­des­rechts­pfle­ge wird auf­ge­ho­ben.

2 Die Än­de­rung bis­he­ri­gen Rechts wird im An­hang ge­re­gelt.

3 Die Bun­des­ver­samm­lung kann die­sem Ge­setz wi­der­spre­chen­de, aber for­mell nicht ge­än­der­te Be­stim­mun­gen in Bun­des­ge­set­zen durch ei­ne Ver­ord­nung an­pas­sen.

117 [BS 3 531; AS 1948 485Art. 86; 1955 871Art. 118; 1959 902; 1969 737Art. 80 Bst. b, 767; 1977 237Ziff. II 3, 862Art. 52 Ziff. 2, 1323Ziff. III; 1978 688 Art. 88 Ziff. 3, 1450; 1979 42; 1980 31Ziff. IV, 1718 Art. 52 Ziff. 2, 1819Art. 12 Abs. 1; 1982 1676An­hang Ziff. 13; 1983 1886Art. 36 Ziff. 1; 1986 926Art. 59 Ziff. 1; 1987 226Ziff. II 1, 1665Ziff. II; 1988 1776 An­hang Ziff. II 1; 1989 504Art. 33 Bst. a; 1990 938 Ziff. III Abs. 5; 1992 288;1993 274Art. 75 Ziff. 1, 1945An­hang Ziff. 1; 1995 1227An­hang Ziff. 3, 4093An­hang Ziff. 4; 1996 508Art. 36, 750Art. 17, 1445An­hang Ziff. 2, 1498An­hang Ziff. 2; 1997 1155An­hang Ziff. 6, 2465An­hang Ziff. 5; 1998 2847An­hang Ziff. 3, 3033An­hang Ziff. 2; 1999 1118An­hang Ziff. 1, 3071Ziff. I 2; 2000 273An­hang Ziff. 6, 416Ziff. I 2, 505Ziff. I 1, 2355An­hang Ziff. 1, 2719; 2001 114Ziff. I 4, 894Art. 40 Ziff. 3, 1029Art. 11 Abs. 2; 2002 863Art. 35, 1904Art. 36 Ziff. 1, 2767Ziff. II, 3988 An­hang Ziff. 1; 2003 2133An­hang Ziff. 7, 3543An­hang Ziff. II 4 Bst. a, 4557 An­hang Ziff. II 1; 2004 1985An­hang Ziff. II 1, 4719An­hang Ziff. II 1; 2005 5685An­hang Ziff. 7]

Art. 132 Übergangsbestimmungen  

1 Die­ses Ge­setz ist auf die nach sei­nem In­kraft­tre­ten ein­ge­lei­te­ten Ver­fah­ren des Bun­des­ge­richts an­wend­bar, auf ein Be­schwer­de­ver­fah­ren je­doch nur dann, wenn auch der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid nach dem In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes er­gan­gen ist.

2118

3 Die Amts­dau­er der or­dent­li­chen und ne­ben­amt­li­chen Bun­des­rich­ter und Bun­des­rich­te­rin­nen, die ge­stützt auf das Bun­des­rechts­pfle­ge­ge­setz vom 16. De­zem­ber 1943119 oder den Bun­des­be­schluss vom 23. März 1984120 über die Er­hö­hung der Zahl der ne­ben­amt­li­chen Rich­ter des Bun­des­ge­richts ge­wählt wor­den sind oder die in den Jah­ren 2007 und 2008 ge­wählt wer­den, en­det am 31. De­zem­ber 2008.121

4 Die zah­len­mäs­si­ge Be­gren­zung der ne­ben­amt­li­chen Bun­des­rich­ter und Bun­des­rich­te­rin­nen ge­mä­ss Ar­ti­kel 1 Ab­satz 4 gilt erst ab 2009.122

118 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 1 des BG vom 26. Sept. 2014, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 3205; BBl 2013 7185).

119 [BS 3 531]

120 [AS 1984 748, 1992 339, 1993 879An­hang 3 Ziff. 3]

121 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 23. Ju­ni 2006 über die Be­rei­ni­gung und Ak­tua­li­sie­rung der To­tal­re­vi­si­on der Bun­des­rechts­pfle­ge, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4213; BBl 2006 3067).

122 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 23. Ju­ni 2006 über die Be­rei­ni­gung und Ak­tua­li­sie­rung der To­tal­re­vi­si­on der Bun­des­rechts­pfle­ge, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4213; BBl 2006 3067).

Art. 132a Übergangsbestimmung zur Änderung vom 20. Juni 2014 123  

Das Be­schwer­de­ver­fah­ren ge­gen Ent­schei­de, die vor dem In­kraft­tre­ten der Än­de­rung vom 20. Ju­ni 2014 die­ses Ge­set­zes er­gan­gen sind, rich­tet sich nach dem bis­he­ri­gen Recht.

123 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 20. Ju­ni 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 9; BBl 2013 8435).

Art. 133 Referendum und Inkrafttreten  

1 Die­ses Ge­setz un­ter­steht dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum.

2 Der Bun­des­rat be­stimmt das In­kraft­tre­ten.

Da­tum des In­kraft­tre­tens: 1. Ja­nu­ar 2007124

124 Art. 1 Bst. a der V vom 1. März 2006 (AS 2006 1069)

Anhang

(Art. 131 Abs. 2)

Änderung bisherigen Rechts

Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert:

125

125 Die Änderungen können unter AS 2006 1205konsultiert werden.

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