Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

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Art. 22

Oh­ne Rück­sicht auf den Wohn­sitz sind aus­sch­liess­lich zu­stän­dig:

1.
für Kla­gen, wel­che ding­li­che Rech­te an un­be­weg­li­chen Sa­chen so­wie die Mie­te oder Pacht von un­be­weg­li­chen Sa­chen zum Ge­gen­stand ha­ben, die Ge­rich­te des durch die­ses Über­ein­kom­men ge­bun­de­nen Staa­tes, in dem die un­be­weg­li­che Sa­che be­le­gen ist. Je­doch sind für Kla­gen be­tref­fend die Mie­te oder Pacht un­be­weg­li­cher Sa­chen zum vor­über­ge­hen­den pri­va­ten Ge­brauch für höchs­tens sechs auf­ein­an­der fol­gen­de Mo­na­te auch die Ge­rich­te des durch die­ses Über­ein­kom­men ge­bun­de­nen Staa­tes zu­stän­dig, in dem der Be­klag­te sei­nen Wohn­sitz hat, so­fern es sich bei dem Mie­ter oder Päch­ter um ei­ne na­tür­li­che Per­son han­delt und der Ei­gen­tü­mer so­wie der Mie­ter oder Päch­ter ih­ren Wohn­sitz in dem­sel­ben durch die­ses Über­ein­kom­men ge­bun­de­nen Staat ha­ben;
2.
für Kla­gen, wel­che die Gül­tig­keit, die Nich­tig­keit oder die Auf­lö­sung ei­ner Ge­sell­schaft oder ju­ris­ti­schen Per­son oder die Gül­tig­keit der Be­schlüs­se ih­rer Or­ga­ne zum Ge­gen­stand ha­ben, die Ge­rich­te des durch die­ses Über­ein­kom­men ge­bun­de­nen Staa­tes, in des­sen Ho­heits­ge­biet die Ge­sell­schaft oder ju­ris­ti­sche Per­son ih­ren Sitz hat. Bei der Ent­schei­dung dar­über, wo der Sitz sich be­fin­det, wen­det das Ge­richt die Vor­schrif­ten sei­nes In­ter­na­tio­na­len Pri­vat­rechts an;
3.
für Kla­gen, wel­che die Gül­tig­keit von Ein­tra­gun­gen in öf­fent­li­che Re­gis­ter zum Ge­gen­stand ha­ben, die Ge­rich­te des durch die­ses Über­ein­kom­men ge­bun­de­nen Staa­tes, in des­sen Ho­heits­ge­biet die Re­gis­ter ge­führt wer­den;
4.
für Kla­gen, wel­che die Ein­tra­gung oder die Gül­tig­keit von Pa­ten­ten, Mar­ken, Mus­tern und Mo­del­len so­wie ähn­li­cher Rech­te, die ei­ner Hin­ter­le­gung oder Re­gis­trie­rung be­dür­fen, zum Ge­gen­stand ha­ben, un­ab­hän­gig da­von, ob die Fra­ge kla­ge­wei­se oder ein­re­de­wei­se auf­ge­wor­fen wird, die Ge­rich­te des durch die­ses Über­ein­kom­men ge­bun­de­nen Staa­tes, in des­sen Ho­heits­ge­biet die Hin­ter­le­gung oder Re­gis­trie­rung be­an­tragt oder vor­ge­nom­men wor­den ist oder auf­grund ei­nes Ge­mein­schafts­rechts­akts oder ei­nes zwi­schen­staat­li­chen Über­ein­kom­mens als vor­ge­nom­men gilt.
Un­be­scha­det der Zu­stän­dig­keit des Eu­ro­päi­schen Pa­tent­amts nach dem am 5. Ok­to­ber 19731 in Mün­chen un­ter­zeich­ne­ten Über­ein­kom­men über die Er­tei­lung eu­ro­päi­scher Pa­ten­te sind die Ge­rich­te ei­nes je­den durch die­ses Über­ein­kom­men ge­bun­de­nen Staa­tes oh­ne Rück­sicht auf den Wohn­sitz der Par­tei­en für al­le Ver­fah­ren aus­sch­liess­lich zu­stän­dig, wel­che die Er­tei­lung oder die Gül­tig­keit ei­nes eu­ro­päi­schen Pa­tents zum Ge­gen­stand ha­ben, das für die­sen Staat er­teilt wur­de, un­ab­hän­gig da­von, ob die Fra­ge kla­ge­wei­se oder ein­re­de­wei­se auf­ge­wor­fen wird;
5.
für Ver­fah­ren, wel­che die Zwangs­voll­stre­ckung aus Ent­schei­dun­gen zum Ge­gen­stand ha­ben, die Ge­rich­te des durch die­ses Über­ein­kom­men ge­bun­de­nen Staa­tes, in des­sen Ho­heits­ge­biet die Zwangs­voll­stre­ckung durch­ge­führt wer­den soll oder durch­ge­führt wor­den ist.

BGE

129 III 80 () from 24. September 2002
Regeste: Art. 38 GestG; Anwendbarkeit des Gerichtsstandsgesetzes auf hängige Verfahren. Eine bei Inkrafttreten des GestG hängige Klage darf wegen örtlicher Unzuständigkeit nur zurückgewiesen werden, wenn weder nach altem noch nach neuem Recht ein Gerichtsstand gegeben ist (E. 1). Art. 7 Abs. 1 und Art. 39 GestG; einheitlicher bundesrechtlicher Gerichtsstand bei subjektiver Klagenhäufung; Gerichtsstandsvereinbarung. Art. 7 Abs. 1 GestG erfasst auch die einfache passive Streitgenossenschaft, die auf einem gewissen Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Ansprüchen gegen verschiedene Beklagte beruht. Umschreibung des geforderten Zuammenhangs (E. 2.2). Die Inanspruchnahme aller passiven Streitgenossen vor dem für einen Beklagten zuständigen Gericht ist auch zuzulassen, wenn sich die Zuständigkeit für diesen aus einer Gerichtsstandsvereinbarung ergibt (E. 2.3). Beurteilung von Gültigkeit und Wirkungen einer altrechtlichen Gerichtsstandsklausel (E. 2.4).

132 III 178 () from 24. Januar 2006
Regeste: Art. 36 Abs. 2 GestG; Überweisung in Zusammenhang stehender Klagen an das zuerst angerufene Gericht. Ein Entscheid, mit welchem ein Gericht ein Verfahren in Anwendung von Art. 36 Abs. 2 GestG an das zuerst angerufene Gericht überweist, ist kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG, sondern ein selbstständiger Zwischenentscheid über die örtliche Zuständigkeit im Sinne von Art. 49 Abs. 1 OG und der eidgenössischen Berufung zugänglich (E. 1.1 und 1.2). Begriff des sachlichen Zusammenhangs. Eine Klage auf Durchführung der güterrechtlichen Auseinandersetzung und eine Scheidungsklage stehen in einem sachlichen Zusammenhang (E. 2 und 3). Für die Frage, welchem Verfahren bei in Zusammenhang stehenden Klagen der Vorrang zu gewähren ist, stellt Art. 36 GestG einzig auf die zeitliche Priorität der Rechtshängigkeit ab (E. 4). Beurteilungsspielraum des Gerichts im Rahmen von Art. 36 GestG. Im vorliegenden Fall verstösst die Überweisung der Scheidungsklage an das Gericht, wo die Klage auf Durchführung der güterrechtlichen Auseinandersetzung hängig ist, nicht gegen Bundesrecht (E. 5).

134 III 80 (4A_272/2007) from 21. November 2007
Regeste: Internationales Privatrecht; unerlaubte Handlungen, örtliche Zuständigkeit, Gerichtsstand der Konnexität (Art. 129 Abs. 3 IPRG). Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 129 Abs. 3 IPRG (E. 7.1). Diese Bestimmung erfasst auch die Produktehaftpflicht (E. 7.2). Im vorliegenden Fall sind die Genfer Gerichte örtlich zuständig mit Bezug auf vier Beklagte, die unerlaubte Handlungen im weiten Sinn begangen haben sollen, wobei drei von ihnen, mit Sitz im Ausland, zugunsten der Genfer Gerichte eine Gerichtsstandsvereinbarung mit der Klägerin geschlossen haben und die vierte ihren Sitz in einem anderen Schweizer Kanton hat (E. 7.2).

135 III 127 (5A_20/2008) from 30. September 2008
Regeste: Kollokationsklage im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Art. 321 Abs. 1 i.V.m. Art. 250 Abs. 1 SchKG); Sistierung. Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen und Beschwerdegründe (E. 1). Für die Kollokation ist einzig der Ausgang des Kollokationsprozesses und nicht derjenige eines in Belgien pendenten Prozesses massgebend. Die Sistierung des Kollokationsprozesses kommt daher nur in Betracht, wenn sie mit dem verfassungsmässigen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist vereinbar ist (E. 2-4).

138 III 11 (5A_221/2011) from 31. Oktober 2011
Regeste: Internationale Zuständigkeit zur Anordnung einer Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB; Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen; altes Lugano-Übereinkommen. Die Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB, die sich auf ein im Ausland gefälltes und in der Schweiz anerkanntes und vollstreckbar erklärtes Unterhaltsurteil stützt, fällt nicht in den Anwendungsbereich des Haager Minderjährigenschutzabkommens (E. 5). Das Verfahren um Anordnung einer solchen Schuldneranweisung ist ein Zwangsvollstreckungsverfahren im Sinne von Art. 16 Nr. 5 aLugÜ (E. 7).

142 III 466 (4A_445/2015) from 23. Juni 2016
Regeste: Art. 1 Abs. 2 Bst. a, Art. 22 Ziff. 2 und Art. 5 Ziff. 1 Bst. a LugÜ; internationale Zuständigkeit für eine Klage auf Auflösung und Liquidation einer einfachen Gesellschaft der Konkubinatspartner. Anwendung der Theorie der doppelrelevanten Tatsachen (E. 4.1). Die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit gebildete einfache Gesellschaft der Konkubinatspartner fällt in den Anwendungsbereich des Lugano Übereinkommens (E. 4.2). Auslegung des Begriffs der Gesellschaft im Sinne von Art. 22 Ziff. 2 LugÜ (E. 5). Bestimmung des Gerichtsstands am Ort, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre (Art. 5 Ziff. 1 lit. a LugÜ), wenn die Klage die Liquidation der einfachen Gesellschaft der Konkubinatspartner, welche für die Entwicklung ihrer beruflichen Aktivitäten gegründet wurde, und den Betrag, der an den klagenden Gesellschafter zu zahlen ist, zum Gegenstand hat (E. 6).

143 III 558 (4A_131/2017) from 21. September 2017
Regeste: Art. 23 Abs. 1 LugÜ; Art. 20 Abs. 2 OR; Gerichtsstandsvereinbarung mit unzulässiger Wahl des sachlich zuständigen Gerichts. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich von Art. 23 Abs. 1 LugÜ (E. 3.3). Auslegung und Ergänzung einer Gerichtsstandsvereinbarung mit teilweise unzulässigem Inhalt; Grundsatz "in favorem validitatis" (E. 4.1).

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