Bundesgesetz
über die Mehrwertsteuer
(Mehrwertsteuergesetz, MWSTG)

vom 12. Juni 2009 (Stand am 1. Januar 2023)


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Art. 8 Ort der Dienstleistung

1 Als Ort der Dienst­leis­tung gilt un­ter Vor­be­halt von Ab­satz 2 der Ort, an dem der Emp­fän­ger oder die Emp­fän­ge­rin der Dienst­leis­tung den Sitz der wirt­schaft­li­chen Tä­tig­keit oder ei­ne Be­triebs­stät­te hat, für wel­che die Dienst­leis­tung er­bracht wird, oder in Er­man­ge­lung ei­nes sol­chen Sit­zes oder ei­ner sol­chen Be­triebs­stät­te der Wohn­ort oder der Ort sei­nes oder ih­res üb­li­chen Auf­ent­hal­tes.

2 Als Ort der nach­fol­gend auf­ge­führ­ten Dienst­leis­tun­gen gilt:

a.
bei Dienst­leis­tun­gen, die ty­pi­scher­wei­se un­mit­tel­bar ge­gen­über phy­sisch an­we­sen­den na­tür­li­chen Per­so­nen er­bracht wer­den, auch wenn sie aus­nahms­wei­se aus der Fer­ne er­bracht wer­den: der Ort, an dem die dienst­leis­ten­de Per­son den Sitz der wirt­schaft­li­chen Tä­tig­keit oder ei­ne Be­triebs­stät­te hat, oder in Er­man­ge­lung ei­nes sol­chen Sit­zes oder ei­ner sol­chen Be­triebs­stät­te der Wohn­ort oder der Ort, von dem aus sie tä­tig wird; als sol­che Dienst­leis­tun­gen gel­ten na­ment­lich: Heil­be­hand­lun­gen, The­ra­pi­en, Pfle­ge­leis­tun­gen, Kör­per­pfle­ge, Ehe-, Fa­mi­li­en- und Le­bens­be­ra­tung, So­zi­al­leis­tun­gen und So­zi­al­hil­fe­leis­tun­gen so­wie Kin­der- und Ju­gend­be­treu­ung;
b.
bei Dienst­leis­tun­gen von Rei­se­bü­ros und Or­ga­ni­sa­to­ren von Ver­an­stal­tun­gen: der Ort, an dem die dienst­leis­ten­de Per­son den Sitz der wirt­schaft­li­chen Tä­tig­keit oder ei­ne Be­triebs­stät­te hat, oder in Er­man­ge­lung ei­nes sol­chen Sit­zes oder ei­ner sol­chen Be­triebs­stät­te der Wohn­ort oder der Ort, von dem aus sie tä­tig wird;
c.
bei Dienst­leis­tun­gen auf dem Ge­biet der Kul­tur, der Küns­te, des Spor­tes, der Wis­sen­schaft, des Un­ter­richts, der Un­ter­hal­tung oder ähn­li­chen Leis­tun­gen, ein­sch­liess­lich der Leis­tun­gen der je­wei­li­gen Ver­an­stal­ter und der ge­ge­be­nen­falls da­mit zu­sam­men­hän­gen­den Leis­tun­gen: der Ort, an dem die­se Tä­tig­kei­ten tat­säch­lich aus­ge­übt wer­den;
d.
bei gast­ge­werb­li­chen Leis­tun­gen: der Ort, an dem die Dienst­leis­tung tat­säch­lich er­bracht wird;
e.
bei Per­so­nen­be­för­de­rungs­leis­tun­gen: der Ort, an dem die Be­för­de­rung ge­mes­sen an der zu­rück­ge­leg­ten Stre­cke tat­säch­lich statt­fin­det; der Bun­des­rat kann be­stim­men, dass bei grenz­über­schrei­ten­den Be­för­de­run­gen kur­ze in­län­di­sche Stre­cken als aus­län­di­sche und kur­ze aus­län­di­sche Stre­cken als in­län­di­sche Stre­cken gel­ten;
f.
bei Dienst­leis­tun­gen im Zu­sam­men­hang mit ei­nem Grund­stück: der Ort, an dem das Grund­stück ge­le­gen ist; als sol­che Dienst­leis­tun­gen gel­ten na­ment­lich: Ver­mitt­lung, Ver­wal­tung, Be­gut­ach­tung und Schät­zung des Grund­stückes, Dienst­leis­tun­gen im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb oder der Be­stel­lung von ding­li­chen Rech­ten am Grund­stück, Dienst­leis­tun­gen im Zu­sam­men­hang mit der Vor­be­rei­tung oder der Ko­or­di­nie­rung von Bau­leis­tun­gen wie Ar­chi­tek­tur-, In­ge­nieur- und Bau­auf­sichts­leis­tun­gen, Über­wa­chung von Grund­stücken und Ge­bäu­den so­wie Be­her­ber­gungs­leis­tun­gen;
g.
bei Dienst­leis­tun­gen im Be­reich der in­ter­na­tio­na­len Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit und der hu­ma­ni­tär­en Hil­fe: der Ort, für den die Dienst­leis­tung be­stimmt ist.

BGE

129 III 200 () from 10. Januar 2003
Regeste: Mehrwertsteuer im Zusammenhang mit der Verwertung eines Grundstücks im Konkurs; Verteilung des Erlöses (Art. 262 SchKG). Die Mehrwertsteuer, die bei der Verwertung eines Grundstücks anfällt, ist aus dem Erlös des betreffenden Grundstücks vorab zu decken (E. 2).

139 II 78 (2C_708/2011) from 5. Oktober 2012
Regeste: Art. 50, 51 Abs. 1 lit. b und Abs. 2, Art. 52 DBG; ausländische Betriebsstätte einer Unternehmung mit Sitz in der Schweiz. Grundsätzlich ist der Begriff der Betriebsstätte (Art. 51 Abs. 2 DBG) als solcher nicht unterschiedlich, je nachdem ob sich die Betriebsstätte im Inland oder im Ausland befindet (E. 2). Es dürfen jedoch etwas höhere Anforderungen an Betriebsstätten im Ausland gestellt werden als an solche in der Schweiz; in zweifelhaften Fällen sind Tätigkeiten im Ausland aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht in der Schweiz tendenziell der Steuerpflicht in der Schweiz zu unterwerfen (E. 3.1). Im vorliegenden Fall hat die Unternehmung mit Sitz in der Schweiz beweismässig nicht genügend darlegen können, dass ihre angebliche Betriebsstätte auf den Cayman Islands eine relevante Geschäftstätigkeit entfaltet (E. 3.2).

139 II 346 (2C_1100/2012) from 20. Mai 2013
Regeste: Art. 8, 10 und 45 MWSTG 2009; Ort der Dienstleistung; Mehrwertsteuerpflicht einer ausländischen Gesellschaft, welche auf Begegnungs-Websites via Internet Dienstleistungen erbringt. Bestimmung des Orts von Dienstleistungen (Art. 8 Abs. 1 MWSTG): Grundregel Empfängerortsprinzip (E. 6.3.1); Ausnahme des Erbringerortsprinzips für Dienstleistungen, die typischerweise unmittelbar gegenüber physisch anwesenden Personen erbracht werden (Art. 8 Abs. 2 lit. a MWSTG; E. 6.3.2 und 6.3.3). Keine Anwendung von Art. 8 Abs. 2 lit. a MWSTG auf Dienstleistungen, die ausschliesslich auf Begegnungs-Websites, und ohne dass eine physische Begegnung organisiert wird, angeboten werden (E. 6.3.4-6.4). Grundsatz der Steuerpflicht für Umsätze im Inland (Art. 10 Abs. 1 MWSTG), Ausnahme für Leistungen von Unternehmen mit Sitz im Ausland und Gegenausnahme für "elektronische Dienstleistungen" (Art. 10 Abs. 2 lit. b MWSTG; E. 7.1 und 7.2). Auslegung und Definition des letztgenannten Begriffs namentlich unter dem Gesichtswinkel des EU-Rechts (E. 7.3.1-7.3.5). Anwendung im konkreten Fall (E. 7.4 und 7.5).

141 II 182 (2C_882/2014) from 13. April 2015
Regeste: Art. 16 Abs. 3 und Art. 93 BV; Art. 10 EMRK; Art. 3 lit. c und e, Art. 10 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 MWSTG; Art. 14 Ziff. 1 MWSTV; Art. 68 ff. RTVG; Radio- und Fernsehempfangsgebühren; Mehrwertsteuerpflicht. Rechtliche Grundlagen der Radio- und Fernsehempfangsgebühren (E. 2). Auch Leistungen, die sich der Staat zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe beschafft, können der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen. Voraussetzung dazu ist, dass ein Leistungsaustauschverhältnis bzw. keine Subventionierung vorliegt (E. 3). Aufgrund der Entwicklung des Radio- und Fernsehrechts (E. 6.3) kann an der Qualifikation der Empfangsgebühr als Regalabgabe nicht festgehalten werden. Wer Radio- und Fernsehsendungen empfängt, nimmt ein verfassungsmässiges Recht wahr, womit keine Überlassung von Rechten im Sinne von Art. 3 lit. e MWSTG vorliegen kann (E. 6.4). Die Empfangsgebühr ist auch nicht die Gegenleistung für irgendeine andere vom Bund erbrachte Leistung (E. 6.5). Sie ist eher als Zwecksteuer oder Abgabe sui generis zu qualifizieren (E. 6.7). Die Empfangsgebühr untersteht nicht der Mehrwertsteuerpflicht (E. 6.9).

141 III 560 (5A_504/2015) from 22. Oktober 2015
Regeste: Art. 117 ff. ZPO, insb. Art. 122 ZPO; Art. 1 Abs. 2 lit. a, Art. 3 lit. c und Art. 8 Abs. 1 MWSTG; Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands im Rahmen des Zivilprozesses; Berücksichtigung der Mehrwertsteuer. Im Rahmen des Zivilprozesses ist der Staat der Empfänger der Dienstleistungen des unentgeltlichen Rechtsbeistands. Die Honorierung des Anwalts muss deshalb unter dem Titel der Mehrwertsteuer auch dann einen Betrag enthalten, wenn der durch die unentgeltliche Rechtspflege Begünstigte seinen Wohnsitz im Ausland hat (E. 2 und 3).

141 IV 344 (6B_498/2014) from 9. September 2015
Regeste: Art. 135 Abs. 1 StPO, Art. 1 Abs. 2 lit. a sowie Abs. 3 lit. c und Art. 8 Abs. 1 MWSTG; Empfänger der Dienstleistungen der amtlichen Verteidigung im Bereich des Strafverfahrens. Die amtliche Verteidigung kann die Mehrwertsteuer auf den Staat überwälzen (E. 3). Im Bereich des Strafverfahrens ist der Staat der Empfänger der Dienstleistungen der amtlichen Verteidigung. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung muss deshalb um den Betrag der Mehrwertsteuer erhöht werden, dies auch für den Fall, dass die beschuldigte Person ihren Wohnsitz im Ausland hat (E. 4).

142 II 113 (2C_91/2015) from 31. Mai 2016
Regeste: Art. 5 lit. d aMWSTG; Art. 10 und 58 Abs. 3 aMWSTG. Besteuerung von Dienstleistungen technischer und beratender Art, die eine ausländische Aktiengesellschaft einer Mehrwertsteuergruppe in der Schweiz erbringt; annäherungsweise Ermittlung der Steuer; Richtlinien über die Bankenpauschale. Besteuerung der Bezüge aufgrund des aMWSTG (E. 4 und 5). Eigenschaft als eigenständiges Steuersubjekt einer ausländischen Gesellschaft, die Dienstleistungen an eine Mehrwertsteuergruppe in der Schweiz erbringt: Ausführungen zu diesem Punkt (E. 6). In Bezug auf die grenzüberschreitenden Beziehungen werden ein Geschäftsbetrieb und eine Betriebsstätte, die in verschiedenen Ländern liegen, als eigenständige Steuersubjekte betrachtet; deren Dienstleistungen untereinander sind grundsätzlich steuerpflichtig, sofern die ausländische Struktur über eine gewisse Autonomie verfügt. Unter Vorbehalt einer Steuerumgehung begründet die Rechtspersönlichkeit einer ausländischen Einheit die Fiktion, dass diese eine unabhängige steuerrechtliche Einheit bildet (E. 7.1-7.3). Anwendung dieser Kriterien auf den vorliegenden Fall (E. 7.4 und 7.5). Methode der Pauschalabrechnung von handelsüblichen Dienstleistungen im Bankensektor (E. 8). Die Broschüren der Eidgenössischen Steuerverwaltung über die Bankenpauschale sind Verwaltungsverordnungen mit Aussenwirkung; Definition und zeitliche Anwendbarkeit (E. 9).

142 II 388 (2C_850/2014, 2C_854/2014) from 10. Juni 2016
Regeste: Art. 14 Abs. 1 und 2 lit. d aMWSTG; Art. 8 Abs. 2 lit. a und c MWSTG; Escortdamen mit unselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne der Mehrwertsteuergesetzgebung; Ort der Dienstleistung; Begriff der Dienstleistung auf dem Gebiet der Unterhaltung; Dienstleistungen, welche im Normalfall direkt gegenüber anwesenden natürlichen Personen erbracht werden. Bestätigung der Rechtsprechung, die auch unter dem neuen MWSTG anwendbar bleibt (Art. 8 Abs. 2 lit. c MWSTG), wonach die Dienstleistungen auf dem Gebiet der Unterhaltung (vgl. Art. 14 Abs. 2 lit. d aMWSTG) dadurch gekennzeichnet sind, dass sie gegenüber einem Publikum erbracht werden sollen, ohne aber auf die konkreten Bedürfnisse einer Einzelperson oder einer kleinen Gruppe von Personen ausgerichtet zu sein, im Unterschied zu den von Escortdamen zur Verfügung gestellten Dienstleistungen (E. 9.1.3 und 9.5). Ort der Dienstleistung gemäss der allgemeinen Regel von Art. 14 Abs. 1 aMWSTG für diejenigen Perioden, für welche noch die frühere Gesetzgebung anwendbar ist (E. 9.1.5). Auslegung von Art. 8 Abs. 2 lit. a MWStG für die dem neuen Recht unterstehenden Perioden (E. 9.6.1-9.6.5); als Ort der Dienstleistung gilt der Sitz der Arbeitgeberin der Escortdamen (E. 9.6.7 und 9.6.8).

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