Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 182216

Men­schen­han­del

 

1 Wer als An­bie­ter, Ver­mitt­ler oder Ab­neh­mer mit ei­nem Men­schen Han­del treibt zum Zwe­cke der se­xu­el­len Aus­beu­tung, der Aus­beu­tung sei­ner Ar­beits­kraft oder zwecks Ent­nah­me ei­nes Kör­per­or­gans, wird mit Frei­heits­s­tra­fe oder Geld­stra­fe be­straft. Das An­wer­ben ei­nes Men­schen zu die­sen Zwe­cken ist dem Han­del gleich­ge­stellt.

2 Han­delt es sich beim Op­fer um ei­ne min­der­jäh­ri­ge217 Per­son oder han­delt der Tä­ter ge­werbs­mäs­sig, so ist die Stra­fe Frei­heits­s­tra­fe nicht un­ter ei­nem Jahr.

3 In je­dem Fall ist auch ei­ne Geld­stra­fe aus­zu­spre­chen.

4 Straf­bar ist auch der Tä­ter, der die Tat im Aus­land ver­übt. Die Ar­ti­kel 5 und 6 sind an­wend­bar.

216Fas­sung ge­mä­ss Art. 2 Ziff. 1 des BB vom 24. März 2006 über die Ge­neh­mi­gung und die Um­set­zung des Fa­kul­ta­tiv­pro­to­kolls vom 25. Mai 2000 zum Über­eink. über die Rech­te des Kin­des, be­tref­fend den Ver­kauf von Kin­dern, die Kin­der­pro­sti­tu­ti­on und die Kin­der­por­no­gra­fie, in Kraft seit 1. Dez. 2006 (AS 2006 5437; BBl 2005 2807).

217 AS 2012 7501

BGE

89 IV 85 () from 10. Mai 1963
Regeste: 1. Zwischen Art. 182 Ziff. 2 Abs. 1 und 187 StGB besteht unechte Gesetzeskonkurrenz (Erw. 2). 2. Art. 187 Abs. 2 StGB. Der Täter muss die Frau bewusstlos oder widerstandsunfähig gemacht haben, bevor er sie geschlechtlich missbraucht. Subjektive Voraussetzungen (Erw. 3).

98 IV 97 () from 13. Juni 1972
Regeste: 1. Art. 187 Abs. 2 StGB. Die Gewaltanwendung des Täters muss die Widerstandskräfte der Frau in einem solchen Masse lahmlegen, dass irgendwelche Bewegungen, zu denen das Opfer noch fähig ist, das Vorhaben des Angreifers weder zu vereiteln noch zu beeinträchtigen vermögen (Erw. 1). 2. Art. 187 StGB schliesst die Anwendung von Art. 182 Ziff. 2 Abs. 1 StGB aus, wenn zwischen der Freiheitsberaubung und der Notzucht ein derart enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass die Handlungen des Täters bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erscheinen (Erw. 2).

101 IV 154 () from 11. August 1975
Regeste: 1. Art. 139 StGB. Der Tatbestand des Raubes ist objektiv dann nicht gegeben, wenn die Widerstandsunfähigkeit des Angegriffenen durch diesen selbst und nicht durch den Täter herbeigeführt worden ist (Erw. 1). 2. Art. 129 StGB. Wer einen völlig Betrunkenen in einer regnerischen, aber nicht besonders kalten Novembernacht mit Hut und Mantel bekleidet unter dem Vordach einer Baracke zurücklässt, bringt diesen in der Regel nicht in eine unmittelbare Lebensgefahr (Erw. 2). 3. Art. 182 StGB. Wer einen völlig Betrunkenen gegen dessen vermutlichen Willen an einen andern Aufenthaltsort verbringt, macht sich der Freiheitsberaubung nicht schuldig (Erw. 3).

101 IV 402 () from 3. Oktober 1975
Regeste: 1. Art. 182 Ziff. 1 StGB, Freiheitsberaubung, Rechtsirrtum. Rechtswidrige Festnahme eines mutmasslichen Täters durch Privatpersonen (Erw. 1b). 2. Art. 144 StGB. Hehlerei an gestohlenen Blankopässen. Vorsatz des Hehlers (Erw. 2). 3. Art. 179 Abs. 1 StGB, Verletzung des Briefgeheimnisses. Strafantragsberechtigt ist der Adressat des Briefes, nicht der Dritte, an den der Inhalt der Sendung weiterzuleiten war (Erw. 3).

104 IV 170 () from 7. September 1978
Regeste: Art. 181 und 182 StGB. Nötigung und Freiheitsberaubung. Der Täter, der sein Opfer während mindestens zweieinhalb Stunden festhält und ernsthaft bedroht in der Absicht, es einerseits von der Abwehr tätlicher Angriffe sowie von Hilferufen abzuhalten und ihm andrerseits eine Flucht zu verunmöglichen, ist wegen Nötigung und Freiheitsberaubung strafbar. Die Handlungsweise erschöpft sich nicht in der Körperverletzung.

112 IV 65 () from 12. Dezember 1986
Regeste: 1. Art. 18 und 21 StGB. Der eventualvorsätzliche Versuch ist im schweizerischen Recht strafbar. 2. Art. 68 Ziff. 1 StGB. Zwischen Freiheitsberaubung/Entführung nach Art. 182/183 StGB und Frauenhandel (Art. 202 StGB) kann Idealkonkurrenz bestehen.

119 IV 216 () from 3. September 1993
Regeste: Art. 183 Ziff. 2 und Art. 184 Abs. 4 StGB; qualifizierte Entführung. Eine Entführung, die mehr als zehn Tage gedauert hat, erfüllt den qualifizierten Tatbestand (E. 2d und e). Eine Entführung ist beendet, wenn das Opfer seine Freiheit wieder erlangt hat, d.h. frühestens wenn das Herrschaftsverhältnis Täter-Opfer beendet ist (E. 2f).

119 IV 224 () from 29. Januar 1993
Regeste: Art. 21 Abs. 1 StGB; Art. 187 aStGB; versuchte Notzucht. Wer, nachdem er sein Opfer eingesperrt hat, um es zu missbrauchen, sehr aggressiv wird und unmittelbar bedroht, überschreitet den letzten entscheidenden Schritt zur Tatbegehung; er macht sich deshalb einer versuchten Notzucht schuldig (E. 2). Art. 187 Abs. 2 aStGB; Art. 190 Abs. 3 StGB; qualifizierte Notzucht. Eine qualifizierte Notzucht begeht, wer dem Opfer besondere Leiden zufügt, die weit über das hinausgehen, was zur Begehung des Grundtatbestandes notwendig ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter das Opfer mit einer derartigen Gewalt würgt, dass es um sein Leben fürchtet (E. 3).

134 IV 82 (6B_109/2007) from 17. März 2008
Regeste: Art. 2 und Art. 42 Abs. 4 StGB; Anwendung des milderen Rechts im neuen Sanktionensystem; Sanktionierung im Rahmen der sogenannten Schnittstellenproblematik. Darstellung der Grundzüge des neuen Sanktionensystems (E. 3-5). Bei der Wahl der Sanktionsart für Strafen zwischen sechs Monaten und einem Jahr bildet die Zweckmässigkeit ein wichtiges Kriterium (E. 4.1). Systematische Darstellung des intertemporalen Kollisionsrechts (E. 6 und 7). Anwendung von Art. 42 Abs. 4 StGB im Sanktionsbereich der sogenannten Schnittstellenproblematik im Strassenverkehrsstrafrecht (E. 8). Bei unechter Gesetzeskonkurrenz sind konsumierte Übertretungen mit einer zusätzlichen Busse zu bestrafen (E. 8.3).

140 I 353 (1C_653/2012) from 1. Oktober 2014
Regeste: Art. 13 Abs. 1 und Art. 123 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK; Polizeigesetz des Kantons Zürich; verdeckte Vorermittlung, Chatroom-Überwachung, Schutz des Post- und Fernmeldeverkehrs. Zuständigkeit der Kantone zur Regelung der präventiven Polizeitätigkeit, die nicht an einen Tatverdacht anknüpft und sich nicht auf die Strafprozessordnung des Bundes stützt (E. 5). Übersicht über die Regelung der verdeckten Vorermittlung und der Informationsbeschaffung im Internet gemäss dem Polizeigesetz (E. 6). Verdeckte Vorermittlung: Die kantonale Bestimmung (§ 32e PolG/ZH) bezieht sich auf schwere Delikte im Sinne von Art. 286 Abs. 2 StPO. Für die Durchführung wird auf die Art. 151 und 287-298 StPO verwiesen. Damit wird verhindert, dass die verdeckten Vorermittler als "agents provocateurs" tätig werden. Die Regelung entspricht den rechtsstaatlichen Anforderungen in Bezug auf die richterliche Genehmigung sowie die Verfahrensrechte und den Rechtsschutz der betroffenen Personen (E. 7). Chatroom-Überwachung: § 32f Abs. 2 PolG/ZH lässt die Überwachung der Kommunikation auf virtuellen Kommunikationsplattformen zu, die nur einem beschränkten Benutzerkreis zugänglich sind (sog. Closed User Groups). Eine solche Informationsbeschaffung kann mit einem Eingriff in die Privatsphäre und in das Fernmeldegeheimnis verbunden sein (E. 8.4). Sie betrifft grundsätzlich alle Benutzer dieser Kommunikationsmittel. Es handelt sich um eine sehr weit gehende Überwachungsmethode, die das Sammeln und Auswerten von Informationen aus den Privatbereichen einer Vielzahl von Personen erlaubt, gegen die überhaupt kein Verdacht für rechtswidriges Verhalten vorliegt (E. 8.7.2.1). Die Bestimmung ist mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip nicht vereinbar, weil keine richterliche Genehmigung der Überwachung vorgeschrieben ist, keine nachträgliche Mitteilung an die Betroffenen erfolgt und ihnen auch kein Rechtsschutz gewährt wird (E. 8.7.2.4). Hinweis auf die Bestimmungen der StPO zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (E. 8.8).

144 IV 377 (1B_401/2018) from 10. Dezember 2018
Regeste: Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, 136 und 299 Abs. 1 StPO; Zulässigkeit der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen die unentgeltliche Rechtspflege gewährenden Entscheid; Recht der Privatklägerschaft auf unentgeltliche Rechtspflege im Vorverfahren. Hebt eine kantonale Behörde eine Verfügung der Staatsanwaltschaft auf und weist sie die Sache zum neuen Entscheid an die Staatsanwaltschaft zurück, führt das bei dieser im Allgemeinen zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil, da sie sich gezwungen sieht, einen Entscheid zu treffen, den sie als rechtswidrig erachtet, ohne diesen in der Folge in Frage stellen zu können. So verhält es sich insbesondere, wenn die kantonale Behörde in der Sache gestützt auf eine Begründung - hier: das Verfahrensstadium - entscheidet, welche die Staatsanwaltschaft endgültig bindet (E. 1). Die Privatklägerschaft hat das Recht auf unentgeltliche Rechtspflege im Vorverfahren während der - späteren - staatsanwaltschaftlichen Untersuchung (Art. 299 Abs. 1 in fine StPO; Bestätigung der Rechtsprechung). Dieses Recht hat die Privatklägerschaft auch im - vorherigen - polizeilichen Ermittlungsverfahren (Art. 299 Abs. 1 StPO; E. 2).

 

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