Schweizerische Strafprozessordnung
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Art. 142 Einvernehmende Strafbehörde
1 Einvernahmen werden von der Staatsanwaltschaft, den Übertretungsstrafbehörden und den Gerichten durchgeführt. Bund und Kantone bestimmen, in welchem Masse Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Behörden Einvernahmen durchführen können. 2 Die Polizei kann beschuldigte Personen und Auskunftspersonen einvernehmen. Bund und Kantone können Angehörige der Polizei bestimmen, die im Auftrag der Staatsanwaltschaft Zeuginnen und Zeugen einvernehmen können. BGE
98 IA 135 () from 23. Februar 1972
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Strafprozessrecht, Fristenlauf. Massgebend für den Beginn der Berufungsfrist nach Art. 142 StPO ist die tatsächliche Inempfangnahme des durch eingeschriebene Sendung zugestellten Urteils.
103 IA 293 () from 23. Februar 1977
Regeste: Strenge Einzelhaft; Schranken des Rechts des Untersuchungsgefangenen auf Kontakt mit seinem Verteidiger; persönliche Freiheit, Art. 3 und Art. 6 EMRK. Die strenge Einzelhaft, durch die die persönliche Freiheit eine Beschränkung erfährt, steht an sich nach waadtländischem Recht zu dem als zulässig betrachteten Zweck (Sicherung des Untersuchungsverfahrens), der sie gegebenenfalls erheischt, in keinem Missverhältnis. Die Einschränkungen, die sie mit sich bringt (Besuchsverbot, Beschränkung des Rechts frei mit seinem Anwalt zu verkehren) verstossen nicht gegen Art. 3 und Art. 6 EMRK.
115 IA 293 () from 22. März 1989
Regeste: Persönliche Freiheit; Verlängerung der Untersuchungshaft. Recht auf Einsicht in die Akten des Verfahrens; Art. 4 BV und 5 Ziff. 4 EMRK. 1. Ausnahme von der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde und Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 1). 2. Begriff des Verfahrens vor einem Gericht i. S. von Art. 5 Ziff. 4 EMRK (E. 2a). 3. Verhältnis zwischen den durch die Verfassung gewährleisteten Individualrechten und den in der EMRK enthaltenen Grundsätzen (E. 3). 4. Prozessuale Minimalanforderungen an die gerichtliche Überprüfung von Freiheitsentziehungen gemäss Art. 5 Ziff. 4 EMRK, insbesondere hinsichtlich des rechtlichen Gehörs und der kontradiktorischen Natur des Verfahrens; Untersuchung der Rechtsprechung der Strassburger Organe (E. 4). 5. a) Art. 4 BV: Recht des verhafteten Angeschuldigten, Einsicht in die wesentlichen Akten zu nehmen, welche dem die Haftverlängerung beantragenden oder verfügenden Beamten zur Verfügung standen; mögliche Beschränkungen des Einsichtsrechts zum Schutze öffentlicher oder entgegenstehender privater Interessen (E. 5). b) Aufgabe der in BGE 101 Ia 17/18 bestätigten bisherigen Rechtsprechung angesichts der Fortentwicklung des auf Art. 4 BV und die entsprechenden Grundsätze der EMRK gestützten Anspruchs des Untersuchungshäftlings auf rechtliches Gehör (E. 6eb). 6. Im vorliegenden Fall sind die in Art. 5 Ziff. 4 EMRK enthaltenen Verfahrensgarantien und der sich aus Art. 4 BV ergebende Gehörsanspruch verletzt worden (E. 6).
129 IV 141 () from 12. Februar 2003
Regeste: Art. 352 und 357 StGB; Rechtshilfegesuch um Herausgabe von eigenen internen Unterlagen der ersuchten Behörde. Das Gesuch, mit welchem ein kantonaler Untersuchungsrichter im Rahmen einer gegen Dritte geführten Strafuntersuchung von der Schweizerischen Bankenkommission verlangt, eigene interne Unterlagen herauszugeben, fällt unter die Rechtshilfe gemäss Art. 352 StGB (E. 2). Anforderungen an die Begründung des Rechtshilfegesuchs (E. 3.2). Berücksichtigung des Interesses der ersuchten Behörde an der Geheimhaltung ihrer eigenen internen Unterlagen; je vertraulicher ein Dokument ist, desto höhere Anforderungen sind an die Notwendigkeit der Einsichtnahme zum Zweck der Strafuntersuchung und an die Massnahmen zur Sicherung der Vertraulichkeit bei der Ausführung der Rechtshilfe zu stellen (E. 3.3-3.4.1). Anwendung dieser Prinzipien auf den vorliegenden Fall (E. 3.4.2-3.5).
142 IV 70 (6B_845/2015) from 1. Februar 2016
Regeste: Art. 17 Abs. 1 und Art. 311 Abs. 1 Satz 2 StPO; Zuständigkeit für den Erlass von Übertretungsstrafbefehlen. Art. 17 Abs. 1 und Art. 311 Abs. 1 Satz 2 StPO richten sich an den kantonalen Gesetzgeber. Hat ein Kanton von der in Art. 17 Abs. 1 und Art. 311 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgesehenen Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, gelangen für die Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen die gewöhnlichen Bestimmungen der StPO zur Anwendung, d.h. für die Beweiserhebung und den Erlass des Strafbefehls ist der mit dem Fall befasste Staatsanwalt zuständig (E. 3). Die Kantone können den Erlass von Übertretungsstrafbefehlen in analoger Anwendung von Art. 17 Abs. 1 StPO an Untersuchungsbeauftragte der Staatsanwaltschaft delegieren. Eine kantonale Regelung, wonach bei Übertretungen innerhalb der Staatsanwaltschaft nicht die Staatsanwälte, sondern andere Mitarbeiter für den Erlass von Strafbefehlen zuständig sind, verstösst nicht gegen übergeordnetes Recht. Erforderlich ist jedoch ein gültiger kantonaler Erlass, der dies explizit vorsieht (E. 4).
144 I 253 (1B_520/2017) from 4. Juli 2018
Regeste: Art. 29 Abs. 1 und 2, Art. 32 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 1 und 3 EMRK; Art. 147 Abs. 1, Art. 157 f., Art. 185 StPO. Zulassung der Verteidigung zur psychiatrischen Exploration der beschuldigten Person. Das Verhör des Beschuldigten und die Beweisaussagen der Parteien erfüllen andere gesetzliche Funktionen als eine forensisch-psychiatrische Begutachtung. Die sachverständige Person nimmt ausschliesslich fachspezifische Erhebungen vor, die mit dem Expertiseauftrag in engem Zusammenhang stehen. Eine eigene Befragung der beschuldigten Person durch die sachverständige Person ist spezifisch gutachtensorientiert. Folglich dürfen die Strafbehörden Äusserungen der beschuldigten Person bei einem psychiatrischen Explorationsgespräch dieser auch nicht wie Beweisaussagen zum inkriminierten Sachverhalt vorhalten. Nach einer gesetzeskonformen kontradiktorischen Ernennung und Instruktion der forensischen sachverständigen Person (unter Teilnahme der Parteien) hat die Verteidigung auf materielle Begutachtungsvorgänge durch die medizinisch-psychiatrische Fachperson (bis zum Vorliegen der Expertise) keinen direkten Einfluss mehr zu nehmen. Die Verteidigung hat weder den fachlich-methodischen Ablauf der Expertise unmittelbar zu "kontrollieren", noch die Exploration mit eigenen Fragen direkt zu ergänzen bzw. zu beeinflussen. Nach Vorliegen des Gutachtens steht es den Parteien (im Rahmen ihres gesetzlich vorgesehenen Stellungnahmerechts) frei, nötigenfalls Kritik am methodischen Vorgehen oder an den fachlichen Schlussfolgerungen des Gutachters zu äussern und entsprechende Beweis- und Ergänzungsanträge zu stellen. Ein Recht auf Zulassung der Verteidigung zur forensisch-psychiatrischen Exploration ergibt sich weder aus Art. 147 Abs. 1 StPO noch aus anderen gesetzlichen Bestimmungen. Ein solcher Anspruch lässt sich hier auch nicht aus den Grundrechten der Bundesverfassung oder der EMRK herleiten (E. 3). |