Schweizerische Strafprozessordnung
(Strafprozessordnung, StPO)

vom 5. Oktober 2007 (Stand am 1. Juli 2022)


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Art. 360 Anklageschrift

1 Die An­kla­ge­schrift ent­hält:

a.
die An­ga­ben nach den Ar­ti­keln 325 und 326;
b.
das Straf­mass;
c.
Mass­nah­men;
d.
Wei­sun­gen bei Ge­wäh­rung des be­ding­ten Straf­voll­zugs;
e.
den Wi­der­ruf von be­dingt aus­ge­spro­che­nen Sank­tio­nen oder Ent­las­sun­gen aus dem Sank­ti­ons­voll­zug;
f.
die Re­ge­lung der zi­vil­recht­li­chen An­sprü­che der Pri­vat­klä­ger­schaft;
g.
die Kos­ten- und Ent­schä­di­gungs­fol­gen;
h.
den Hin­weis an die Par­tei­en, dass die­se mit der Zu­stim­mung zur An­kla­ge­schrift auf ein or­dent­li­ches Ver­fah­ren so­wie auf Rechts­mit­tel ver­zich­ten.

2 Die Staats­an­walt­schaft er­öff­net die An­kla­ge­schrift den Par­tei­en. Die­se ha­ben in­nert zehn Ta­gen zu er­klä­ren, ob sie der An­kla­ge­schrift zu­stim­men oder sie ab­leh­nen. Die Zu­stim­mung ist un­wi­der­ruf­lich.

3 Lehnt die Pri­vat­klä­ger­schaft die An­kla­ge­schrift in­nert Frist nicht schrift­lich ab, so gilt dies als Zu­stim­mung.

4 Stim­men die Par­tei­en zu, so über­mit­telt die Staats­an­walt­schaft die An­kla­ge­schrift mit den Ak­ten dem ers­tin­stanz­li­chen Ge­richt.

5 Stimmt ei­ne Par­tei nicht zu, so führt die Staats­an­walt­schaft ein or­dent­li­ches Vor­ver­fah­ren durch.

BGE

142 IV 229 (6B_104/2016) from 21. Juni 2016
Regeste: Abgekürztes Verfahren (Art. 358 ff. StPO). Die Zustimmung zur Anklageschrift im abgekürzten Verfahren erfolgt gegenüber der Staatsanwaltschaft und ist unwiderruflich (Art. 360 Abs. 2 StPO). Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung wird die beschuldigte Person befragt und festgestellt, ob diese den Sachverhalt anerkennt, welcher der Anklage zu Grunde liegt, und ob diese Erklärung mit der Aktenlage übereinstimmt (Art. 361 Abs. 1 und 2 StPO). Wird die erstinstanzliche Hauptverhandlung nach erfolgter Befragung vertagt, muss diese nicht wiederholt werden (E. 2).

142 IV 307 (6B_171/2016) from 13. Juni 2016
Regeste: Art. 65 Abs. 1 StGB, Art. 358 ff. StPO; nachträgliche Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme anstelle einer Strafe; abgekürztes Verfahren. Für die nachträgliche Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme anstelle einer reinen Strafe müssen sich vor oder während des Vollzugs der Freiheitsstrafe - und damit nach der Rechtskraft des Urteils - neue Tatsachen oder Beweismittel ergeben haben, welche die Voraussetzungen einer Massnahme begründen können. Tatsachen oder Beweismittel, die dem urteilenden Gericht bereits zur Beurteilung vorlagen und deshalb Gegenstand der richterlichen Überlegungen waren, können nicht erneut eingebracht werden (E. 2.3). Dies gilt in besonderem Mass für die nachträgliche Abänderung eines Urteils, das auf einem abgekürzten Verfahren beruht (E. 2.4-2.9).

143 IV 122 (6B_616/2016) from 27. Februar 2017
Regeste: Art. 358 ff. und Art. 410 ff. StPO; Revision eines im abgekürzten Verfahren gefällten Urteils. Die Revision eines im abgekürzten Verfahren gefällten Urteils ist gestützt auf neue Tatsachen und Beweismittel im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO nicht zulässig. Bei strafbarer Einwirkung auf das abgekürzte Verfahren (Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO) und bei schwerwiegenden Willensmängeln liegt ein Revisionsgrund vor (E. 3).

144 IV 121 (6B_17/2017) from 15. März 2018
Regeste: Art. 358 ff. und Art. 410 Abs. 1 lit. b StPO; abgekürztes Verfahren und Revisionsgrund einander widersprechender Strafentscheide. Die Revision eines im abgekürzten Verfahren gefällten Urteils ist bei unverträglichem Widerspruch zu einem späteren Strafentscheid im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. b StPO nicht zulässig (E. 1.1-1.6).

144 IV 189 (6B_1023/2017) from 25. April 2018
Regeste: Art. 141, 358 ff., 362 Abs. 4 StPO; Schicksal von Erklärungen, welche die Parteien im Hinblick auf das abgekürzte Verfahren abgegeben haben, wenn dieses nach seiner Einleitung, aber vor der Beurteilung durch das erstinstanzliche Gericht scheitert. Art. 362 Abs. 4 StPO ist sinngemäss anwendbar, wenn das bereits eingeleitete abgekürzte Verfahren noch vor der gerichtlichen Beurteilung beendet wird (E. 5.2.1 und 5.2.2). Art. 362 Abs. 4 StPO statuiert einen gesetzlichen Fall der Unverwertbarkeit eines Beweises im Sinne von Art. 141 Abs. 1 zweiter Satz StPO. In dieser Situation kommt auch Art. 141 Abs. 5 StPO zum Tragen. Demnach müssen die von Art. 362 Abs. 4 StPO betroffenen Aufzeichnungen aus den Strafakten entfernt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss gehalten und danach vernichtet werden (E. 5.2.3).

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