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Art. 91
Fahren in fahrunfähigem Zustand und Missachtung des Verbots, unter Alkoholeinfluss zu fahren 1Mit Busse wird bestraft, wer:
2Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2012 6291, 2013 4669; BBl 2010 8447). BGE
91 IV 57 () from 5. April 1965
Regeste: 1. Art. 68 Ziff. 1 StGB, 247 Abs. 1 und 2 BStP. Die Möglichkeit, mehrere strafbare Handlungen eines Beschuldigten in getrennten Verfahren zu verfolgen und zu beurteilen, darf nicht dazu benutzt werden, das materielle Recht zu umgehen. 2. Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Gemeint sind Verbrechen und Vergehen überhaupt, nicht bloss Strafhandlungen wie die zur Beurteilung stehenden, für welche der bedingte Strafvollzug gewährt wird. In erster Linie massgebend für den Entscheid über den bedingten Strafvollzug ist immer die Spezialprävention; Gründe der allgemeinen Abschreckung können lediglich mitbestimmend sein. Das gilt auch für Fälle von Fahren in angetrunkenem Zustand.
92 IV 177 () from 18. November 1966
Regeste: Art. 397 StGB. Das Verfahren muss von Bundesrechts wegen erst wiederaufgenommen werden, wenn eine neue erhebliche Tatsache dargetan ist oder ein neues erhebliches Beweismittel vorliegt (Änderung der Rechtsprechung).
93 IV 39 () from 21. April 1967
Regeste: 1. Art. 31 Abs. 2 SVG. Fahrunfähigkeit liegt vor, wenn der Führer an einem körperlichen oder geistigen Mangel leidet, der ihn an der sicheren Führung des Fahrzeuges hindert (Erw. 1). 2. Art. 91 Abs. 1 SVG, Art. 12 und 263 StGB. Wer sich schuldhaft in den Zustand der Unzurechnungsfähigkeit versetzt und in diesem Zustande angetrunken ein Motorfahrzeug führt, ist, wenn er das Vergehen des Art. 91 SVG im Sinne einer actio libera in causa vorsätzlich oder fahrlässig verschuldet hat, nach dieser Bestimmung, andernfalls nach Art. 263 StGB zu bestrafen (Erw. 2 und 3).
94 IV 85 () from 12. Juni 1968
Regeste: Art. 61 Abs. 1 StGB, Art. 102 Ziff. 2 SVG. 1. Frage offen gelassen, ob Art. 102 Ziff. 2 lit. b SVG sich auch auf die Vereitelung der Blutprobe beziehe (Erw. 1). 2. Die Veröffentlichung des Urteils ist sowohl nach Art. 102 Ziff. 2 lit. a SVG wie nach Art. 61 Abs. 1 StGB gerechtfertigt, wenn ein Führer kaum dreieinhalb Monate nach einer Verurteilung sich wieder bedenkenlos über wichtige Verkehrsverpflichtungen hinwegsetzt (Erw. 2).
95 IV 49 () from 6. Juni 1969
Regeste: Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB. Bedingter Strafvollzug bei Angetrunkenheit am Steuer. 1. Die persönlichen Verhältnisse des Täters einerseits und die besondern Umstände der Tat anderseits sind nicht getrennt, sondern zusammen zu beurteilen, wenn es darum geht, ob der Verurteilte Gewähr für dauerndes Wohlverhalten biete und nach seiner ganzen Persönlichkeit den bedingten Strafvollzug verdiene (Änderung der Rechtsprechung; Erw. 1a). 2. Im übrigen ist an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts entschieden festzuhalten (Erw. 1 b). 3. Guter Leumund und geordnete Lebensführung dürfen nicht bloss vermutet werden, sondern müssen ausgewiesen sein (Erw. 2).
95 IV 55 () from 6. Juni 1969
Regeste: Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB. Bedingter Strafvollzug bei Angetrunkenheit am Steuer. 1. Die Voraussetzungen des bedingten Strafvollzuges sind aus spezial- wie generalpräventiven Gründen selbst dann streng zu beurteilen, wenn der Täter zum ersten Mal wegen Angetrunkenheit am Steuer bestraft wird und seine bisherige Lebensführung nicht zu beanstanden ist (Erw. 1). 2. Anwendung dieses Grundsatzes auf einen Automobilisten, der von Berufs wegen Chauffeurlehrlinge auszubilden hatte und sich durch Dritte nicht davon abhalten liess, im angetrunkenen Zustand weiterzufahren (Erw. 2).
95 IV 97 () from 13. Juni 1969
Regeste: Art. 91 Abs. 1 SVG, Art. 11 StGB. Die mit der Angetrunkenheit verbundene Verminderung der Zurechnungsfähigkeit setzt die in Art. 91 SVG angedrohte Strafe nicht herab.
95 IV 144 () from 31. Oktober 1969
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG; Vereitelung der Blutprobe. Entscheidend ist, ob der Täter mit einer Blutprobe oder anderen Massnahmen rechnete oder rechnen musste.
96 I 442 () from 18. November 1970
Regeste: Kantonaler Strafprozess, Beweiswürdigung, Willkür. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts inbezug auf die Beweiswürdigung. Bedeutung des Grundsatzes in dubio pro reo (Erw. 2). Hinreichende Indizien für die Annahme - dass ein von Polizisten angehaltener Automobilist, der sich einer Blutprobe entzieht, sein Fahrzeug in angetrunkenem Zustand geführt habe (Erw. 2); - dass er sich der Blutprobe vorsätzlich entzogen habe (Erw. 3); - dass er die Wegnahme des Führerausweises durch die Polizisten als vorläufigen Entzug des Ausweises habe verstehen müssen (Erw. 5).
96 IV 82 () from 12. Juni 1970
Regeste: Art. 102 Ziff. 2 lit. b SVG. Die Veröffentlichung des Strafurteils wegen Fahrens in angetrunkenem Zustande ist nur dann zwingend vorgeschrieben, wenn sowohl die neue Verfehlung als auch die Bestrafung des Täters in die fünfjährige Frist fallen.
96 IV 102 () from 16. Oktober 1970
Regeste: Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB. Bedingter Strafvollzug bei Angetrunkenheit am Steuer. Wegen angetrunkenen Fahrens Verurteilte trifft in der Regel der Vorwurf der Hemmungs- und Rücksichtslosigkeit. Dieser kann dadurch entkräftet werden, dass die Tatumstände zwar nicht für sich allein, jedoch zusammen mit dem Vorleben den Schluss erlauben, der Verurteilte lasse sich durch eine bedingt aufgeschobene Strafe dauernd bessern. Die Tat ist daher mit den persönlichen Verhältnissen gesamthaft zu würdigen (Bestätigung der in BGE 95 IV 49 ff. und 55 ff. eingeleiteten Rechtsprechung).
98 IV 11 () from 3. März 1972
Regeste: 1. Art. 272 Abs. 1 und 2 BStP. Massgebende Urteilseröffnung für die Staatsanwaltschaft im Kanton Zürich (Erw. 1). 2. Art. 125 Abs. 2 StGB; fahrlässige Körperverletzung, dadurch begangen, dass der Halter eines Motorfahrzeuges dasselbe einem fahrunfähigen Lenker überlässt, der mit einem Fussgänger zusammenstösst. Natürliche Ursächlichkeit, adaequater Kausalzusammenhang (Erw. 3), Verschulden (Erw. 4).
98 IV 159 () from 7. September 1972
Regeste: Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Bedingter Strafvollzug bei Fahren in angetrunkenem Zustand. 1. Zusammenfassung der geltenden Grundsätze (Erw. 1). 2. Es ist unzulässig, bei einer den Wert von zwei Promille übersteigenden Angetrunkenheit den bedingten Strafvollzug einzig auf Grund des Blutalkoholgehalts auszuschliessen (Erw. 2). 3. Würdigung der gesamten Umstände (Erw. 3).
98 IV 289 () from 15. Dezember 1972
Regeste: Art. 91 Abs. 1 SVG; Fahren in angetrunkenem Zustand. 1. Bei der Ermittlung der Angetrunkenheit stellt der Wert von 0,8 Gewichtspromille Alkohol im Blut keine absolute Grenze nach unten dar. 2. Krankheit, Übermüdung oder bestimmte Heilmittel können die Alkoholverträglichkeit herabsetzen, so dass ein Blutalkoholgehalt ab 0,5 Gewichtspromille etwa eine Angetrunkenheit im Sinne des Gesetzes zu bewirken vermag.
100 IV 9 () from 7. Juni 1974
Regeste: Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Bedingter Strafvollzug bei Fahren in angetrunkenem Zustand. Bestätigung der Rechtsprechung.
100 IV 133 () from 16. Dezember 1974
Regeste: Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Bedingter Strafvollzug bei Fahren in angetrunkenem Zustand. Bestätigung der Rechtsprechung.
100 IV 258 () from 26. August 1974
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG; Vereitelung der Blutprobe. 1. Diese Bestimmung erfasst nicht nur die Fahrzeugführer, sondern alle Personen, die sich auf Grund von Art. 55 Abs. 1 SVG einer Blutprobe unterziehen müssen (Erw. 3). 2. Zur Vereitelung der Blutprobe genügt, dass der Täter mit einer solchen rechnete oder rechnen musste (Erw. 4, Bestätigung der Rechtsprechung).
102 IV 40 () from 23. Februar 1976
Regeste: Vereitelung der Blutprobe (Art. 91 Abs. 3 SVG). 1. Wer nach einem Selbstunfall sein schwer beschädigtes Fahrzeug stehen lässt, muss mit einer polizeilichen Untersuchung rechnen, bei der auch eine Blutprobe durchgeführt wird. (Erw. 2a). 2. Abs. 1 und 3 von Art. 91 SVG können realiter konkurrieren (Erw. 2b).
103 IV 49 () from 5. April 1977
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG. Vereitelung der Blutprobe. Das Widersetzen oder Entziehen ist vollendet, sobald die unverzügliche Entnahme der Blutprobe verhindert wird.
103 IV 110 () from 25. März 1977
Regeste: 1. Prüfungsbefugnis des Kassationshofes bei Erfahrungssätzen der Wissenschaft (Erw. 3). 2. Art. 91 Abs. 1 SVG; Fahren in angetrunkenem Zustand. Grundsätzliche Annahme der Angetrunkenheit im Falle eines sog. Schluss-Sturz-Trunkes, auch wenn der im Venenblut gefundene Alkoholspiegel 0,8%o nicht erreicht (Erw. 2, 4).
104 IB 194 () from 10. November 1978
Regeste: Entzug des Führerausweises; Fehlen der gesetzlichen Grundlage. Die Vereitelung der Blutprobe im Sinne von Art. 91 Abs. 3 SVG stellt mangels gesetzlicher Grundlage keinen Entzugsgrund dar.
104 IV 35 () from 11. Januar 1978
Regeste: Art. 91 Abs. 1 SVG, Art. 63, 41 StGB. 1. Eventualvorsätzliches Fahren in angetrunkenem Zustand (E. 1). 2. Das Ausmass der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch angetrunkene Fahrzeuglenker ist beim Verschulden zu berücksichtigen. Sozialer Zwang zum Trinken ist kein Entlastungsgrund (E. 2a und b). 3. Verweigerung des bedingten Strafvollzuges (E. 3).
104 IV 288 () from 1. Dezember 1978
Regeste: 1. Art. 269 Abs. 1 BStP. Mit der Nichtigkeitsbeschwerde kann gerügt werden, es sei zu Unrecht kantonales Recht statt Bundesrecht angewendet worden (E. 2). 2. Art. 335 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Art. 106 Abs. 3 SVG. Die Kantone sind zum Erlass eines ergänzenden Übertretungsstrafrechts im Gebiet des Strassenverkehrs nur insoweit befugt, als diese kantonalen Vorschriften nicht Motorfahrzeuge, Fahrräder oder Eisenbahnfahrzeuge betreffen. Art. 106 Abs. 3 SVG ist lex specialis im Verhältnis zu Art. 335 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Daraus folgt, dass der Automobilist, der andere Fahrzeugführer mit der Lichthupe auf eine Radarkontrolle aufmerksam macht, nicht gestützt auf kantonales Recht bestraft werden kann (E. 3).
105 IB 18 () from 9. Februar 1979
Regeste: Art. 17. Abs. 1 lit. d SVG. Entzug des Führerausweises, wenn der Führer innert fünf Jahren seit Ablauf eines früheren Entzugs wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand erneut in diesem Zustand gefahren ist; Bindung der Rekursbehörde an das Ergebnis des früheren Administrativverfahrens.
105 IV 343 () from 23. November 1979
Regeste: 1. Art. 273 Abs. 1 lit. b und 277 bis Abs. 1 BStP. Ob der Grad der Alkoholisierung rechtsgenüglich festgestellt worden ist, um als erwiesen zu gelten, ist eine Frage der Beweiswürdigung und daher mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht anfechtbar (Erw. 2 a). 2. Art. 91 SVG. Der Täter ist strafbar, sobald seine Fahrfähigkeit merklich beeinträchtigt ist. Dass er fahrunfähig sei, braucht nicht nachgewiesen zu werden, selbst wenn eine Blutalkoholkonzentration von 0,8%0 nicht festgestellt ist (Erw. 2 c).
108 IB 258 () from 30. August 1982
Regeste: Strassenverkehr - Führerausweisentzug (Art. 16 Abs. 2 und 3 SVG, Art. 33 Abs. 2 VZV). Werden durch eine Handlung mehrere in Art. 16 Abs. 2 und 3 SVG enthaltene Entzugsgründe gesetzt, sind bei der Bestimmung der Gesamtentzugsdauer die Konkurrenzbestimmungen des Strafrechts (Art. 68 StGB) analog anwendbar.
108 IV 107 () from 17. Februar 1982
Regeste: Art. 55 Abs. 1 SVG, Art. 2 Abs. 2 VRV. Bedeutung des gesetzlichen Kriteriums "Blutalkoholkonzentration" beim Nachweis der Angetrunkenheit. Rechtmässigkeit der getroffenen Regelung. Indem Art. 2 Abs. 2 VRV für den Nachweis der Angetrunkenheit genügen lässt, dass die einen bestimmten Grenzwert überschreitende Alkoholmenge, die nach der Blutalkoholkonzentration bemessen wird, im Zeitpunkt der Fahrt konsumiert, also im Körper vorhanden, aber möglicherweise noch nicht ins Blut gelangt war, wurde der Beweis der Angetrunkenheit in dem durch Art. 55 Abs. 1 SVG vorgezeichneten Sinne geordnet und die Delegationsnorm nicht überschritten.
109 IV 137 () from 8. September 1983
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG. Vereitelung einer Blutprobe durch Unterlassung der Meldung eines Unfalls an die Polizei. 1. Objektiver Tatbestand: Die Unterlassung der sofortigen Meldung eines Unfalls an die Polizei erfüllt den objektiven Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe, wenn der Fahrzeuglenker gemäss Art. 51 SVG zur sofortigen Meldung verpflichtet und die Benachrichtigung der Polizei möglich war und wenn bei objektiver Betrachtung aller Umstände die Polizei bei Meldung des Unfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet hätte. 2. Subjektiver Tatbestand: Eventualvorsatz genügt. Er ist gegeben, wenn der Fahrzeuglenker die die Meldepflicht sowie die die hohe Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Blutprobe begründenden Tatsachen kannte und daher die Unterlassung der gemäss Art. 51 SVG vorgeschriebenen und ohne weiteres möglichen Meldung an die Polizei vernünftigerweise nur als Inkaufnahme der Vereitelung einer Blutprobe gewertet werden kann (Präzisierung der Rechtsprechung).
110 IV 92 () from 16. November 1984
Regeste: Art. 286 StGB; Hinderung einer Amtshandlung. Die verbale Weigerung, sich einem Atemlufttest (wegen angeblichen Fahrens in angetrunkenem Zustand) zu unterziehen, stellt keine Hinderung einer Amtshandlung dar.
111 IV 92 () from 20. September 1985
Regeste: Art. 91 Abs. 1; 95 Ziff. 1 Abs. 1 SVG. Führen eines Motorfahrzeugs. Wer ein Auto auf ebener Strecke umparkiert, indem er es, ohne den Motor anzulassen, neben der geöffneten linken Türe gehend, vorwärts schiebt, führt nicht ein Motorfahrzeug im Sinne der genannten Gesetzesbestimmungen.
114 IV 148 () from 15. Dezember 1988
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG. Vereitelung einer Blutprobe. 1. Vereitelung einer Blutprobe durch Unterlassen der Unfallmeldung mangels Vorsatz verneint, da der Fahrzeuglenker den Drittschaden - wenn auch aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit - nicht bemerkte und sich somit seiner Meldepflicht nicht bewusst war (E. 2b). 2. Vereitelung einer Blutprobe durch Nachtrunk mangels Vorsatz verneint, da der Nachtrunk im konkreten Fall nicht vernünftigerweise nur damit erklärt werden konnte, dass der Fahrzeuglenker die Anordnung einer Blutprobe als sehr wahrscheinlich erkannte und deren Zweck vereiteln wollte (E. 3).
114 IV 154 () from 16. November 1988
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG. Vereitelung einer Blutprobe. Der Fahrzeugführer, der seinen Wagen nach einem folgenlos gebliebenen Schleudermanöver parkiert und sich zu Fuss davonmacht, weil er wegen seines von der Polizei beobachteten Schleuderns eine Kontrolle befürchtet, erfüllt nicht den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe. Der Fahrzeugführer ist in dieser Situation mangels Eintritts eines Drittschadens nicht verpflichtet, die Polizei zu benachrichtigen bzw. sich ihr zur Verfügung zu halten und darf seine Flucht zu Fuss fortsetzen, auch wenn er merkt, dass er von einem Polizeibeamten verfolgt wird.
115 IV 51 () from 3. März 1989
Regeste: 1. Art. 91 Abs. 3 SVG; Vereitelung einer Blutprobe. Bestätigung der Rechtsprechung, wonach die hohe Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Blutprobe genügt (E. 3 und 4). Kann trotz der pflichtwidrigen Unterlassung der Unfallmeldung mittels der dem Fahrzeuglenker doch noch abgenommenen Blutprobe die Blutalkoholkonzentration im massgebenden Zeitpunkt zuverlässig ermittelt werden, füllt mangels Eintritts des tatbestandsmässigen Erfolges lediglich eine Verurteilung wegen versuchter Vereitelung einer Blutprobe in Betracht (E. 5). 2. Art. 251 StGB; Urkundenqualität von Fotokopien. Das Datum auf der Fotokopie eines von einem Treuhänder an eine Behörde gesandten Briefes ist bestimmt und geeignet, gegenüber dem Klienten des Treuhänders und seinem Anwalt den Zeitpunkt der Versendung des Originals an die Behörde zu beweisen. Der Treuhänder, der auf der dem Anwalt seines Klienten übergebenen Fotokopie seines Briefes an die Behörde das Datum änderte, das im konkreten Fall von Bedeutung war, machte sich der Urkundenfälschung schuldig (E. 6).
116 IB 113 () from 1. Oktober 1990
Regeste: Umwandlung der Saison- in eine Jahresaufenthaltsbewilligung. Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, Abkommen vom 10. August 1964 zwischen der Schweiz und Italien über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz (Italienerabkommen). 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen die Umwandlung der Saison- in eine Jahresaufenthaltsbewilligung verweigernden Entscheid, der in Anwendung von Art. 12 des Italienerabkommens ergeht, ist zulässig (E. 1 und 2). 2. Voraussetzung der Bewilligungserteilung nach Art. 12 des Italienerabkommens ist, dass sich der Ausländer in der Schweiz wohl verhalten hat; namentlich darf er nicht zu schweren Klagen Anlass gegeben oder einen Ausweisungsgrund gesetzt haben (E. 3a und b). 3. Die Verweigerung einer Jahresbewilligung setzt die Vornahme einer Interessenabwägung sowie die Wahrung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes voraus (E. 3c). 4. Es ist widersprüchlich, die Umwandlung der Saisonbewilligung mit der Anrufung eines Fernhaltegrundes zu verweigern, dem Ausländer jedoch erneut eine Saisonbewilligung zu erteilen (E. 4).
116 IV 4 () from 27. April 1990
Regeste: Art. 63 und Art. 48 Ziff. 2 StGB; Art. 163-165 ZGB. Grundsätze für die Bussenbemessung beim haushaltführenden Ehegatten.
116 IV 71 () from 26. März 1990
Regeste: Fahren in angetrunkenem Zustand (Art. 91 Abs. 1 SVG); Beteiligung daran (Art. 24 f. StGB); Überlassen eines Fahrzeugs an eine nicht fahrfähige Person (Art. 2 Abs. 3 VRV). Beim Tatbestand des Fahrens in angetrunkenem Zustand kann nur Täter sein, wer das Fahrzeug führt. Personen, die nicht massgeblich an der Führung des Fahrzeugs beteiligt sind, können lediglich, je nach den konkreten Umständen, wegen Anstiftung oder Gehilfenschaft zu Fahren in angetrunkenem Zustand und/oder wegen Überlassens eines Fahrzeugs an eine nicht fahrfähige Person verurteilt werden (Änderung der Rechtsprechung).
116 IV 75 () from 20. März 1990
Regeste: Fahren in angetrunkenem Zustand; Atemlufttest als Beweismittel (Art. 55 Abs. 2 und Art. 91 Abs. 1 SVG, Art. 138 VZV; Art. 249 BStP). Das Ergebnis eines Atemlufttests (im konkreten Fall 1,8%o) kann ohne Verletzung von Bundesrecht jedenfalls dann bei der Ermittlung des Alkoholisierungsgrades des Fahrzeuglenkers als Beweismittel mitberücksichtigt werden, wenn eine Blutprobe, etwa wegen der Weigerung des Fahrzeuglenkers, nicht abgenommen werden konnte.
116 IV 97 () from 19. Juli 1990
Regeste: Bedingter Strafvollzug. Die resozialisierende Wirkung des Vollzugs kurzer Freiheitsstrafen ist zwar umstritten, doch kann der Vollzug solcher Strafen namentlich gegenüber an sich sozial integrierten Tätern, die sich noch nie im Strafvollzug befunden haben, eine Schock- und Warnungswirkung zeitigen. Der Richter hat zu prüfen, ob der von ihm angeordnete Vollzug einer früheren Freiheitsstrafe von kurzer Dauer auf den Täter eine solche Wirkung habe, und er muss eine allfällige Schock- und Warnungswirkung im Rahmen seiner Entscheidung über die Gewährung des bedingten Vollzugs hinsichtlich der neuen Strafe mitberücksichtigen (E. 2b).
116 IV 233 () from 22. November 1990
Regeste: Art. 51 Abs. 1, Art. 92 Abs. 1 SVG, Art. 54 Abs. 2, Art. 96 VRV; Sicherung der Unfallstelle; anwendbare Strafbestimmung. Art. 54 Abs. 2 VRV, der keine Verkehrsregel darstellt und sich auf Art. 106 Abs. 1 SVG stützt, begründet keine neue, selbständige Pflicht, sondern konkretisiert nur Art. 51 Abs. 1 SVG. Die Unterlassung der sofortigen Benachrichtigung der Polizei zum Zwecke der unverzüglichen Beseitigung einer Gefahr ist daher ausschliesslich nach Art. 92 Abs. 1 SVG zu bestrafen. Allein bei der Verletzung von VRV-Bestimmungen mit gesetzesvertretendem Charakter findet Art. 96 VRV Anwendung. Zwischen den Strafbestimmungen von 92 Abs. 1 SVG und Art. 96 VRV besteht kein qualitativer Unterschied, so dass die irrtümliche Anwendung der einen anstelle der anderen mangels Auswirkung auf das Strafmass im Ergebnis Bundesrecht nicht verletzt.
116 IV 364 () from 19. Dezember 1990
Regeste: Vorsätzliches Fahren in angetrunkenem Zustand (Art. 91 Abs. 1 SVG), fahrlässige Widerhandlung gegen Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VRV; Notstandshilfe (Art. 34 Ziff. 2 StGB). 1. Rechtfertigung einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt (Blutalkoholkonzentration von knapp 2 Gew.%o) durch Notstandshilfe? (E. 1). 2. Widerhandlungen gegen Verkehrsregeln im Rahmen einer Fahrt mit Rettungswillen können auch dann durch Notstandshilfe gerechtfertigt sein, wenn sie unbewusst fahrlässig begangen werden. Rechtfertigung in bezug auf das fahrlässige Nichtentfernen bzw. Belassen der "L"-Tafel (E. 2).
117 IV 186 () from 26. Juni 1991
Regeste: Art. 91 Abs. 1 SVG, Art. 25 StGB; Gehilfenschaft zu Fahren in angetrunkenem Zustand. Gehilfenschaft zu Fahren in angetrunkenem Zustand kann auch durch Förderung des Alkoholkonsums des Motorfahrzeuglenkers begangen werden (Bestätigung der Rechtsprechung). Durch das wechselseitige Bestellen und Bezahlen von "Runden" alkoholischer Getränke durch die Teilnehmer an einem Trinkgelage wird nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Alkoholkonsum der Beteiligten gefördert. Subjektiv ist erforderlich, dass der Gehilfe zur Zeit der (eventual)vorsätzlichen Erbringung seines Tatbeitrages auch weiss oder damit rechnet, dass der Fahrzeuglenker schon zu dieser Zeit eine Trunkenheitsfahrt zumindest in Kauf nimmt.
117 IV 292 () from 22. August 1991
Regeste: Fahren in angetrunkenem Zustand (Art. 91 Abs. 1 SVG); Zurechnungsfähigkeit, "actio libera in causa" (Art. 10 ff. StGB). Eine alkoholbedingte Verminderung der Zurechnungsfähigkeit ist auch beim Tatbestand des Fahrens in angetrunkenem Zustand beachtlich, wenn keine (eventual)vorsätzliche "actio libera in causa" vorliegt. Darstellung der für den unzurechnungsfähigen und für den vermindert zurechnungsfähigen Fahrzeuglenker bei (eventual)vorsätzlicher respektive fahrlässiger "actio libera in causa" im einzelnen in Betracht fallenden Rechtsfolgen.
117 IV 297 () from 27. September 1991
Regeste: Art. 41 und Art. 63 StGB; Art. 91 SVG. Die Gleichstellung einer Verurteilung wegen Vereitelung einer Blutprobe mit einer solchen wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand hinsichtlich der Strafzumessung und in bezug auf die Frage der Gewährung des bedingten Strafvollzugs rechtfertigt sich, wenn die Möglichkeit bestand, dass der Fahrzeuglenker bei korrektem Verhalten aufgrund des Ergebnisses der Analyse einer Blutprobe wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand verurteilt worden wäre.
118 IV 1 () from 10. März 1992
Regeste: Art. 11 StGB. Verminderung der Zurechnungsfähigkeit, Strafmilderung. Bei verminderter Zurechnungsfähigkeit ist die Strafe, die bei voller Zurechnungsfähigkeit ausgefällt worden wäre, auch dann entsprechend dem Grad der Verminderung zu reduzieren, wenn die Tat objektiv schwer wiegt. Dies gilt auch für eine alkoholbedingte Verminderung der Zurechnungsfähigkeit beim Tatbestand des Fahrens in angetrunkenem Zustand, wenn keine "actio libera in causa" vorliegt.
119 IA 332 () from 23. September 1993
Regeste: Art. 4 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK: Unschuldsvermutung. Kostenauflage an den wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand Beschuldigten trotz Einstellung des Verfahrens. Ergibt die Blutprobe einen massgeblichen Wert von weniger als 0,8%o Blutalkoholgehalt und bestehen keine weiteren Anzeichen für die Angetrunkenheit des Beschuldigten, so dürfen ihm die Kosten der Untersuchung nicht auferlegt werden (E. 1).
120 IB 120 () from 7. Januar 1994
Regeste: Auslieferung an die Republik Slowenien. Anwendbarkeit des zwischen der Schweiz und Serbien am 28. November 1887 abgeschlossenen Auslieferungsvertrages in bezug auf die Republik Slowenien (E. 1). Das landesinterne Recht darf die Rechtshilfe- bzw. Auslieferungsvoraussetzungen gegenüber vorrangigem Vertragsrecht nicht erschweren, wohl aber erleichtern (E. 1a). Da beidseitige Strafbarkeit jedenfalls nach Art. 35 IRSG zu bejahen ist, kann im vorliegenden Fall offenbleiben, ob die Gegenstand des Ersuchens bildenden Straftaten auch von Art. I des Vertrages erfasst werden (E. 3b). Die vom Verfolgten geltend gemachten familiären und beruflichen Gründe stehen der verlangten Auslieferung nicht entgegen, ebensowenig der von ihm angerufene Grundsatz der Verhältnismässigkeit (E. 3c und d).
120 IV 73 () from 20. April 1994
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG n.F.; Vereitelung einer Blutprobe. Die vorsätzliche pflichtwidrige Unterlassung der Meldung eines Unfalls erfüllt auch nach dem neuen Recht dann den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe, wenn die Anordnung der Blutprobe nach den gesamten relevanten Umständen sehr wahrscheinlich war und der Fahrzeuglenker diese die hohe Wahrscheinlichkeit der Massnahme begründenden Umstände kannte. In diesem Fall musste er im Sinne von Art. 91 Abs. 3 SVG n.F. mit einer Blutprobe rechnen.
120 V 224 () from 29. Juli 1994
Regeste: Art. 37 Abs. 2 und 3 UVG. - Zur Abgrenzung der Bestimmungen von Art. 37 Abs. 2 und 3 UVG (Erw. 2c). - Begriff des Vergehens gemäss Art. 37 Abs. 3 UVG (Erw. 2d). Art. 37 Abs. 3 UVG, Art. 91 Abs. 1 SVG, Art. 12 StGB, Art. 263 StGB. Kürzung oder Verweigerung von Geldleistungen nach Unfällen, die sich beim Führen eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand ereignet haben (Erw. 3). Art. 37 Abs. 3 UVG. - Art. 37 Abs. 3 UVG räumt kein Entschliessungsermessen in dem Sinne ein, dass der UVG-Versicherer frei darüber entscheiden könnte, ob eine Sanktion zu verfügen ist oder nicht (Erw. 4b). - Bestätigung der SUVA-Praxis, wonach bei Unfällen unter Alkoholeinfluss der Kürzungssatz vom Ausmass der Trunkenheit abhängig ist (Erw. 4c).
121 II 134 () from 4. Mai 1995
Regeste: Art. 16 Abs. 3 lit. g und 17 Abs. 1 SVG; Vereitelung der Blutprobe, Dauer des Führerausweisentzuges. Die Mindestentzugsdauer von zwei Monaten resp. von einem Jahr (Art. 17 Abs. 1 lit. b und d SVG), vorgesehen für Fahren in angetrunkenem Zustand, gilt nicht bei Vereitelung der Blutprobe (E. 3c). Doch kann sich die Behörde bei der Bemessung der Entzugsdauer daran orientieren, wenn die Möglichkeit bestand, dass der Fahrzeuglenker ohne die Vereitelung wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand verurteilt worden wäre (E. 3d).
121 II 257 () from 7. Juli 1995
Regeste: Art. 6 EMRK; Art. 4 BV; Art. 89 Abs. 2 und 131 Abs. 1 BdBSt: Rechtmässigkeit der Vollständigkeitsbescheinigung; Auskunftspflicht in einem Steuerhinterziehungsverfahren; Aussageverweigerungsrecht in eigener Sache und Unschuldsvermutung; Grundsatz "ne bis in idem". Der Steuerpflichtige kann gestützt auf Art. 89 Abs. 2 BdBSt verpflichtet werden, eine Vollständigkeitsbescheinigung beizubringen. Im Falle der Weigerung ist er gemäss Art. 131 Abs. 1 BdBSt strafbar (E. 3). Die im Verlauf eines Steuerhinterziehungsverfahrens gestützt auf Art. 131 Abs. 1 BdBSt ausgesprochene Busse verletzt weder das Aussageverweigerungsrecht in eigener Sache noch die Unschuldsvermutung (E. 4). Die Zuwiderhandlungen gegen Art. 131 Abs. 1 und Art. 129 Abs. 1 BdBSt können unabhängig voneinander verfolgt werden, ohne dass der Grundsatz "ne bis in idem" verletzt wäre (E. 5). Bemessung der Busse im vorliegenden Fall (E. 6).
121 II 273 () from 7. Juli 1995
Regeste: Art. 6 EMRK; Art. 4 BV; Art. 89 Abs. 2 und 131 Abs. 1 BdBSt; Widerruf von Verfügungen; Auskunftspflicht im Steuerhinterziehungsverfahren; Unschuldsvermutung und Aussageverweigerungsrecht; Grundsatz "ne bis in idem". Der Widerruf von Veranlagungsverfügungen (Nachsteuerverfügungen) während laufender Rechtsmittelfrist ist zulässig (E. 1). Im Steuerhinterziehungsverfahren kann der Steuerpflichtige gestützt auf Art. 89 Abs. 2 BdBSt verpflichtet werden, Belege über die Herkunft der hinterzogenen Beträge vorzulegen; weigert er sich, so kann er nach Art. 131 Abs. 1 BdBSt gebüsst werden (E. 2). Diese Busse verletzt weder die Unschuldsvermutung noch das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen (E. 3). Der Grundsatz "ne bis in idem" schliesst nicht aus, dass der Steuerpflichtige, der wiederholten Aufforderungen zur Vorlage derselben Belege nicht nachkommt, jedesmal gebüsst wird (E. 4).
124 IV 127 () from 30. April 1998
Regeste: Art. 286 StGB und 305 Abs. 1 StGB; Hinderung einer Amtshandlung; Selbstbegünstigung. Wer sich durch Flucht einer Ausweiskontrolle durch einen Polizeibeamten entzieht, um einer Strafverfolgung zu entgehen, macht sich der Hinderung einer Amtshandlung schuldig (Bestätigung der Rechtsprechung).
124 IV 175 () from 17. Juni 1998
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG; Vereitelung einer Blutprobe. Der Fahrzeuglenker, der vor dem Eintreffen der benachrichtigten Polizei den Ort des Geschehens verlässt, erfüllt den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe nur, wenn er gleichzeitig die Meldepflichten bei Unfall mit Personen- oder mit Sachschäden verletzt und wenn die Anordnung der Blutprobe nach den gesamten relevanten Umständen sehr wahrscheinlich war und er diese die hohe Wahrscheinlichkeit der Massnahme begründenden Umstände kannte (Bestätigung der Rechtsprechung). Fall eines Fahrzeuglenkers, der nach einer lautstarken Auseinandersetzung mit seiner Freundin wegfährt und mangels Eintritts eines Drittschadens nicht verpflichtet ist, sich der Polizei für weitere Abklärungen zur Verfügung zu halten, auch wenn diese eine Blutprobe angeordnet hätte.
125 IV 242 () from 20. Oktober 1999
Regeste: Schwere Körperverletzung (Art. 122 Abs. 1 StGB); Verbreiten menschlicher Krankheiten (Art. 231 Ziff. 1 StGB); Vorsatz (Art. 18 Abs. 2 StGB). Übertragung des HI-Virus durch ungeschützten Sexualkontakt. Die HIV-Infektion ist schon als solche objektiv eine schwere (lebensgefährliche) Körperverletzung und eine gefährliche übertragbare menschliche Krankheit (E. 2). Vorsatz im konkreten Fall bejaht (E. 3).
125 IV 283 () from 13. November 1999
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG; Art. 51 Abs. 1 SVG, Art. 54 Abs. 1 und 2 VRV; Vereitelung der Blutprobe, Verhaltenspflichten bei einem Unfall. Dienen die Verhaltenspflichten nicht der Abklärung des Unfalls, sondern einzig der Sicherung des Verkehrs, kann ihre Missachtung nicht zur Verurteilung wegen Vereitelung der Blutprobe führen.
126 IV 53 () from 20. Januar 2000
Regeste: Art. 51 Abs. 3 und Art. 91 Abs. 3 SVG, Art. 23 Abs. 1 StGB; Unterlassung der Meldung eines Unfalls an die Polizei, Vereitelung einer Blutprobe, untauglicher Versuch. Fall eines Lenkers, der bei einem Selbstunfall keinen Drittschaden verursacht hat und somit zur Meldung nicht verpflichtet war, die Verursachung eines Drittschadens aber als möglich angesehen und in Kauf genommen hat. Bestätigung des Schuldspruchs wegen untauglichen Versuchs der Vereitelung einer Blutprobe (E. 2).
126 IV 84 () from 1. März 2000
Regeste: Art. 24 ff. StGB, Art. 90 Ziff. 2 SVG, Mittäterschaft bei Verkehrsdelikten. Mittäter einer groben Verletzung von Verkehrsregeln kann auch sein, wer das Fahrzeug nicht selbst gelenkt hat; so im Besonderen derjenige, welcher die im Zusammenhang mit Versicherungsbetrügen vom Fahrzeuglenker verschuldeten Verkehrsunfälle mitgeplant und gewollt hat (E. 1 und 2).
128 II 182 () from 10. April 2002
Regeste: Art. 17 Abs. 1 lit. b und d SVG, Art. 33 Abs. 2 VZV; Entzug des Führerausweises, Rückfall. Der Rückfall eines Motorfahrzeuglenkers ist kein Element des Verschuldens. Er darf bei der Festsetzung der Entzugsdauer i.S. von Art. 33 Abs. 2 VZV nur unter dem Gesichtspunkt des automobilistischen Leumunds berücksichtigt werden (E. 3a). Im konkreten Fall falsche Gewichtung des Verschuldens (E. 3b), des automobilistischen Leumunds (E. 3c) und willkürliche Feststellung der beruflichen Massnahmeempfindlichkeit (E. 3d).
128 IV 193 () from 25. Juni 2002
Regeste: Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB; bedingter Strafvollzug. Bei einem schweren Rückfall von Fahren in angetrunkenem Zustand vermag auch eine bereits lang andauernde Alkoholtotalabstinenz eine günstige Prognose nur zu rechtfertigen, wenn bestimmte Rahmenbedingungen deren weitere konsequente Einhaltung gewährleisten, beispielsweise regelmässige Überprüfung durch einen unabhängigen Facharzt und Garantien für die Durchführung unabhängiger Kontrollen (E. 3).
128 IV 272 () from 20. September 2002
Regeste: Art. 1 StGB, Art. 31 Abs. 2 und Art. 100 Ziff. 3 SVG; Grundsatz "nulla poena sine lege", Verantwortung des angetrunkenen Begleiters eines Lernfahrers. Der Begleiter eines Fahrschülers ist nicht ein gewöhnlicher Beifahrer; er ist an der Führung des Fahrzeugs beteiligt und macht sich als Führer strafbar, wenn er in angetrunkenem Zustand einen Fahrschüler begleitet (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 3).
129 II 82 () from 9. Oktober 2002
Regeste: Art. 14 Abs. 2 lit. c, Art. 16 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1bis SVG, Art. 30 Abs. 1 VZV; Sicherungsentzug des Führerausweises, Anforderungen an die Abklärung der Trunksucht. Begriff der Trunksucht im verkehrsmedizinischen Sinne (E. 4). Ein Gutachten, das die Fahreignung wegen Trunksucht allein gestützt auf einen pathologischen CDT-Wert, den Rückfall des Täters und seine Bestreitung eines Alkoholmissbrauchs verneint, bildet keine hinreichende Grundlage für die Anordnung eines Sicherungsentzugs (E. 6).
129 IV 290 () from 26. August 2003
Regeste: Art. 55 Abs. 2 SVG und Art. 138 Abs. 1 VZV; Blutprobe, Bestimmung der Blutalkoholkonzentration. Der Vorrang der Blutprobe gemäss Art. 55 Abs. 2 SVG und Art. 138 Abs. 1 VZV bedeutet insbesondere, dass der Richter an den Minimal- und den Maximalwert der Blutalkoholbestimmung gebunden ist. Innerhalb dieses Rahmens kann er auch andere Beweismittel heranziehen, wenn sie für eine genauere Bestimmung der Blutalkoholkonzentration im massgeblichen Zeitpunkt Beweiswert besitzen (E. 2.7).
129 V 354 () from 25. Juni 2003
Regeste: Art. 7 Abs. 1 IVG: Kürzung der Leistungen. Die Leistungen werden gekürzt, wenn die versicherte Person die Invalidität durch einen Unfall wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand selbst herbeigeführt hat. Dies gilt selbst dann, wenn der Strafrichter zufolge schwerer Betroffenheit gemäss Art. 66bis StGB von der Strafverfolgung abgesehen hat. In analoger Anwendung der Praxis der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt ist der Umfang der Kürzung auch im Bereich der Invalidenversicherung von der Blutalkoholkonzentration abhängig.
130 IV 32 () from 18. März 2004
Regeste: Art. 31 Abs. 2 SVG, Art. 2 Abs. 1 VRV, Art. 90 Ziff. 1 und 2 SVG; Fahren unter Einfluss von Cannabis. Beim Fahren unter Drogeneinfluss muss eine allfällige Fahrunfähigkeit aufgrund des konkreten Verhaltens des Fahrzeuglenkers nachgewiesen werden (E. 3.2). Wer wegen des Einflusses von Cannabis ein Fahrzeug in nicht fahrfähigem Zustand führt, erfüllt den Tatbestand der groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG (E. 5.2).
130 IV 72 () from 18. Juni 2004
Regeste: Art. 29 BV, Art. 397 StGB; Revision, Strafbefehl. In Anbetracht der prozessualen Besonderheiten des Strafbefehls ist ein dagegen gerichtetes Revisionsgesuch als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren, wenn es sich auf Tatsachen stützt, welche der Verurteilte von Anfang an kannte, ohne berechtigten Grund verschwieg und in einem ordentlichen Einspracheverfahren hätte vorbringen können (E. 2).
131 IV 36 () from 22. Dezember 2004
Regeste: Vereitelung einer Blutprobe (Art. 91 Abs. 3 SVG); Verbot des Selbstbelastungszwangs (Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 14 Ziff. 3 lit. g UNO-Pakt II über bürgerliche und politische Rechte). Die Verurteilung des Fahrzeuglenkers wegen Vereitelung einer Blutprobe, begangen durch Verletzung von bestimmten Verhaltenspflichten nach einem Unfall mit Drittschaden sowie durch Nachtrunk, verstösst nicht gegen das Verbot des Selbstbelastungszwangs (E. 2 und 3).
134 V 277 (8C_11/2008) from 10. Juni 2008
Regeste: Art. 21 Abs. 1 und 2, Art. 82 Abs. 1 ATSG; Art. 37 Abs. 3, Art. 38 UVG (gültig gewesen bis 31. Dezember 2002); Kürzung von Geldleistungen für Hinterlassene. Beibehaltung einer Leistungskürzung wegen Ausübung eines Verbrechens oder Vergehens durch den Versicherten gestützt auf Art. 37 Abs. 3 UVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) auch unter der Herrschaft des ATSG (E. 2 und 3).
134 V 315 (9C_852/2007) from 2. Juli 2008
Regeste: Art. 21 Abs. 1 ATSG; Art. 7 Abs. 1 IVG (in der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung); Art. 49 Abs. 2 lit. a UVV; Art. 133 StGB; Kürzung oder Verweigerung von Geldleistungen. Begriff des Verschuldens, das zu einer Leistungskürzung oder sogar zur Verweigerung der Leistung führen kann (E. 4.5.1.1). Verweigerung der ganzen Rente im Falle eines Versicherten, welcher bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen zwei Personengruppen mit Einsatz von Schusswaffen schwere Kopfverletzungen erlitt (E. 2 und 4.5.3).
137 IV 249 (6B_46/2011) from 27. September 2011
Regeste: a Widerruf der bedingten Strafe; Änderung der Vorstrafe zur Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung von Art. 49 StGB (Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Es widerspricht der ratio legis der Bestimmung von Art. 46 Abs. 1 StGB, eine (rechtskräftige) Vorstrafe zulasten des Verurteilten zu ändern. Das Verfahren ist nicht anwendbar, um eine Vorstrafe in eine schwerere Sanktion umzuwandeln (E. 3.4.3).
138 IV 120 (6B_684/2011) from 30. April 2012
Regeste: Art. 49 Abs. 1 und 2 StGB; Präzisierung des Begriffs der Gleichartigkeit der Strafen; Vollzug bei kumulativ verhängten Strafen. Eine Erhöhung der Zusatzstrafe im Falle einer (teilweisen) retrospektiven Konkurrenz (Art. 49 Abs. 2 StGB) ist in Anwendung von Art. 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen. Die Bildung einer Gesamtstrafe ist nur bei gleichartigen Strafen möglich, während ungleichartige Strafen kumulativ zu verhängen sind (BGE 137 IV 57). Mehrere gleichartige Strafen liegen vor, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (konkrete Methode). Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen vorsehen, genügt nicht (E. 5). Bei der Frage, ob die kumulierten Strafen bedingt oder unbedingt auszusprechen sind, ist nicht auf die aus Freiheits- und Geldstrafe zusammengesetzte Gesamtsanktion (wie bei gleichartig asperierten Strafen) abzustellen. Vielmehr sind die einzelnen Strafen je für sich zu betrachten (E. 6).
138 IV 258 (1B_432/2011) from 20. September 2012
Regeste: Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG, Art. 115 ff. StPO, Art. 90 Ziff. 1 SVG; Begriff des Geschädigten bei Verkehrsunfällen ohne Körperschaden. Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid wegen Rechtsverweigerung (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG): Verzicht auf das Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils (E. 1.1). Geschädigtenstellung nach Art. 115 Abs. 1 StPO als Voraussetzung für die Berechtigung zur Beschwerde in Strafsachen als Privatkläger (E. 2.1). Als geschädigte Person gilt, wer Träger des Rechtsguts ist, das durch die fragliche Strafbestimmung vor Verletzung oder Gefährdung unmittelbar geschützt werden soll (E. 2.2-2.4). Übersicht über die unterschiedlichen Lehrmeinungen zum Rechtsgut, das mit Art. 90 Abs. 1 SVG geschützt wird (E. 3). Unmittelbar geschützt ist der reibungslose Ablauf der Fortbewegung auf öffentlichen Strassen. Individualinteressen wie Leib und Leben oder das Eigentum bzw. Vermögen werden nur mittelbar geschützt (E. 3.1, 3.2 und 4.1). Hat eine Person bei einem Verkehrsunfall ausschliesslich einen materiellen Schaden erlitten, so ist sie im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO nicht in ihren Rechten unmittelbar verletzt. Sie ist somit gestützt auf Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG nicht zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert (E. 4).
139 II 95 (1C_201/2012) from 12. Dezember 2012
Regeste: Art. 55 Abs. 2 und 3 lit. a, Art. 16c Abs. 2 lit. d, Art. 16d Abs. 1 SVG; Führerausweisentzug; Führen eines Motorfahrzeuges unter Drogeneinfluss; Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel. Gesetzliche Grundlage und Voraussetzungen der Anordnung einer Abklärung, ob eine Person ein Motorfahrzeug unter Drogeneinfluss lenkte. Die Kontrolle des Drogenkonsums des Betroffenen erweist sich im vorliegenden Fall als rechtswidrig (E. 2). Allgemeine Grundsätze zur Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel im Verwaltungsverfahren (E. 3.1). System des parallelen Straf- und Administrativverfahrens im Strassenverkehrsrecht (E. 3.2). Beim Führerausweisentzug nach Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG handelt es sich um einen Sicherungsentzug; dieser beruht auf einer unwiderlegbaren gesetzlichen Vermutung der fehlenden Fahreignung, welche sich auf einschlägige Vortaten des Lenkers stützt (E. 3.4.1 und 3.4.2). Die Administrativbehörde kann diese Massnahme nicht gestützt auf einen Sachverhalt verfügen, den der Strafrichter wegen der Rechtswidrigkeit des betreffenden Beweismittels ausgeschlossen hat (E. 3.4.3). In Frage kommt allerdings noch ein Sicherungsentzug gestützt auf Art. 16 Abs. 1 und Art. 16d Abs. 1 SVG (E. 3.5).
142 IV 324 (6B_756/2015) from 3. Juni 2016
Regeste: Art. 91a Abs. 1 SVG; Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit. Der an einem Unfall beteiligte Fahrzeuglenker muss grundsätzlich damit rechnen, dass er sich einer Alkoholkontrolle unterziehen muss (E. 1.1.3).
143 IV 49 (6B_646/2016) from 3. Januar 2017
Regeste: Art. 97 Abs. 3 StGB, Art. 1 Abs. 2 lit. j und Art. 36 JStG; Jugendstrafverfahren, Ende der Verfolgungsverjährung. Art. 97 Abs. 3 StGB hat entgegen dem Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 lit. j JStG auch im Jugendstrafrecht Gültigkeit. Auch in einem Jugendstrafverfahren tritt die Verjährung nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist nach Art. 36 JStG ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist (E. 1).
143 IV 175 (1B_401/2016) from 14. Februar 2017
Regeste: Art. 329 Abs. 2 und 393 Abs. 1 lit. b StPO; Zulässigkeit der Beschwerde gegen den Sistierungsentscheid des erstinstanzlichen Gerichts. Der vom erstinstanzlichen Gericht in Anwendung von Art. 329 Abs. 2 StPO ergangene Entscheid betreffend die Sistierung und die Rückweisung zur Ergänzung der Untersuchung ist ein verfahrensleitender Entscheid. Damit ist die Beschwerde nur beim Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils zulässig (E. 2.2).
143 IV 361 (6B_360/2016, 6B_361/2016) from 1. Juni 2017
Regeste: Art. 222 Abs. 1 StGB; fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst. Die beiden Beschuldigten hatten je zwei Feuerwerksraketen gezündet. Eine dieser vier Raketen verursachte eine Feuersbrunst. Es konnte nicht ermittelt werden, welcher der beiden Beschuldigten die brandauslösende Rakete gezündet hatte. Die Vorinstanz ging von einer gemeinsam vorgenommenen Gesamthandlung aus und verurteilte beide Beschuldigten wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst (E. 4.5). Die beiden Beschuldigten hatten zwar gemeinsam beschlossen, Feuerwerksraketen zu zünden. Im Übrigen blieb es aber jedem von ihnen überlassen, beim Anzünden der jeweiligen Rakete die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten zu beachten. Die fehlende Möglichkeit, einem von zwei Beschuldigten eine sorgfaltswidrige Erfolgsverursachung nachzuweisen, kann nicht zur Annahme einer strafrechtlichen Gesamtverantwortung führen (E. 4.9-4.11).
145 IV 206 (6B_451/2019) from 18. Juni 2019
Regeste: Art. 91, 95, 96 und 97 SVG, 145 VZV, 18 VTS; Führen eines Motorfahrrads mit qualifizierter Alkoholkonzentration, ohne Bewilligung, ohne Kontrollschilder, ohne Versicherungsschutz und missbräuchliche Verwendung von Kontrollschildern. Motorfahrräder können den motorlosen Fahrzeugen nicht ausnahmslos gleichgesetzt werden. Der Führer eines Motorfahrrads kommt nicht in den Genuss der privilegierten Form des Straftatbestands des Fahrens in fahrunfähigem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 lit. c SVG. Der Motorfahrradfahrer in alkoholisiertem oder fahrunfähigem Zustand ist als Führer eines Motorfahrzeugs zu bestrafen (E. 1.4). Das Führen eines Motorfahrrads ohne Führerausweis oder trotz Führerausweisentzugs wird von Art. 95 Abs. 1 lit. a und b SVG erfasst. Der Übertretungstatbestand von Art. 95 Abs. 4 lit. a SVG gelangt ausschliesslich auf Fahrradfahrer zur Anwendung (E. 2.3). Der Führer eines Motorfahrrads ohne Kontrollschilder und ohne die vorgeschriebene Versicherung fällt unter den Tatbestand von Art. 145 Ziff. 3 und 4 VZV, welcher Art. 96 Abs. 1 und 2 SVG als lex specialis vorgeht (E. 3.3.1). Wer hingegen Kontrollschilder verwendet, die nicht für sein Motorfahrrad bestimmt sind, macht sich des Missbrauchs von Schildern im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG strafbar, während Art. 145 Ziff. 3 Abs. 3 VZV nicht zur Anwendung gelangt (E. 3.3.2).
146 IV 88 (6B_614/2019) from 3. Dezember 2019
Regeste: Art. 91a Abs. 1 i.V.m. Art. 55 Abs. 1 und 2 SVG und Art. 10 Abs. 2 SKV; Verweigerung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit; Betäubungsmittelvortests; hinreichende Verdachtsmomente zur Durchführung; Beweiswert. Für die Durchführung von Vortests nach Art. 10 Abs. 2 SKV genügen geringe Anzeichen einer durch Betäubungs- oder Arzneimittel beeinträchtigten Fahrfähigkeit; eines hinreichenden Tatverdachts, wie er zur Anordnung strafprozessualer Zwangsmassnahmen nach Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO erforderlich ist, bedarf es nicht (E. 1.4.2). Art. 91a SVG ist ein Erfolgsdelikt. Der Tatbestand ist erfüllt, wenn die zuverlässige Ermittlung der Fahrunfähigkeit mittels der im Gesetz vorgesehenen Untersuchungsmethoden durch aktiven oder passiven Widerstand verunmöglicht wird, d.h. definitiv nicht mehr möglich ist. Die Verweigerung von Betäubungsmittelvortests genügt hierzu nicht, da diesen lediglich eine Indikatorfunktion zukommt und sie nicht geeignet sind, den relevanten medizinischen Zustand der betroffenen Person zum Abnahme- bzw. Fahrzeitpunkt exakt festzustellen (E. 1.6.2 und 1.6.3).
147 IV 225 (6B_1429/2020) from 8. April 2021
Regeste: Art. 91 Abs. 2 lit. a und Art. 91 Abs. 2 lit. b SVG; Konkurrenz zwischen Fahren in fahrunfähigem Zustand unter qualifiziertem Alkoholeinfluss und Fahren in fahrunfähigem Zustand aus anderen Gründen. Infolge des zugrunde liegenden unterschiedlichen deliktischen Willens besteht zwischen Fahrunfähigkeit unter qualifiziertem Alkoholeinfluss (Art. 91 Abs. 2 lit. a SVG) und Fahrunfähigkeit aus anderen Gründen (Art. 91 Abs. 2 lit. b SVG) echte Konkurrenz im Sinne von Art. 49 StGB (E. 1). |