Strassenverkehrsgesetz
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Art. 32
Geschwindigkeit 1 Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen‑, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen. 2 Der Bundesrat beschränkt die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen.108 3 Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit kann für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur auf Grund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.109 4 …110 5 …111 108Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 1975, in Kraft seit 1. Jan. 1977 (AS 1975 1257, 1976 2810Ziff. II Abs. 2; BBl 1973 II 1173). 109 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2001, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 2767; BBl 1999 4462). 110Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 14. Dez. 2001, mit Wirkung seit 1. Dez. 2005 (AS 2002 2767; BBl 1999 4462). 111Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 20. März 1975, mit Wirkung seit 1. Jan. 1977 (AS 19751257, 1976 2810Ziff. II Abs. 2; BBl 1973 II 1173). BGE
91 IV 74 () from 14. Juni 1965
Regeste: 1. Verhältnis von Art. 31 Abs. 1 SVG zu Art. 32 Abs. 1 SVG. Die allgemeine Bestimmung des Art. 31 Abs. 1 ist neben Art. 32 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn die Nichtbeherrschung des Fahrzeuges einzig auf übersetzte Geschwindigkeit zurückzuführen ist (Erw. 2). 2. Art. 32 Abs. 1 SVG, Art. 4 Abs. 1 VRV. Bemessung der Geschwindigkeit nach der Sichtweite. Der Fahrzeugführer hat auf Strassen, deren Breite ein gefahrloses Kreuzen zulässt, nicht zum vorneherein damit zu rechnen, dass am Ende der Sichtweite auf seiner Fahrbahn ein entgegenkommendes Fahrzeug auftauchen könnte (Erw. 3).
91 IV 91 () from 28. Mai 1965
Regeste: Art. 36 Abs. 2 Satz 1 SVG, Art. 14 Abs. 1 VRV. 1. Vorsichtspflicht des vortrittsbelasteten Führers vor einer unübersichtlichen Verzweigung. Bedeutung des Umstandes, dass der Vortrittsberechtigte vorschriftswidrig fährt. Gleichzeitigkeit. Verhältnis zu Art. 26 Abs. 1 SVG. Gepflogenheiten Dritter. Unterschiedliche Verkehrsbedeutung der sich kreuzenden Strassen (Erw. 1). 2. Verhältnis zu Art. 32 Abs. 1 SVG. 1dealkonkurrenz ist auch innerhalb des Art. 90 Ziff. 1 SVG möglich. Strafzumessung (Erw. 2).
91 IV 141 () from 1. Oktober 1965
Regeste: Art. 32 Abs. 1 SVG. Geschwindigkeit. 1. Befugnis des Kassationshofes, die Angemessenheit einer Geschwindigkeit zu überprüfen; Grenzen dieser Prüfung (Erw. 1). 2. Bei städtischen Verkehrszentren, die an alle Fahrer besondere Anforderungen stellen, darf die Frage, welche Geschwindigkeit den Umständen angepasst sei, nicht nur vom Verhältnis zwischen einzelnen Fahrern (z.B. vom Vortritt) abhängig gemacht werden (Erw. 2).
92 IV 16 () from 21. Januar 1966
Regeste: 1. Art. 272 Abs. 6 BStP. Die Parteien haben nur Anspruch, die Akten bei den kantonalen Behörden einzusehen, nicht darauf, dass ihnen die Akten zugestellt werden (Erw. 1). 2. Art. 32 Abs. 1 SVG. Zulässige Geschwindigkeit; Bedeutung der Signale Nr. 115 und 225. Der Vortrittsberechtigte hat die Geschwindigkeit herabzusetzen, sobald damit zu rechnen ist, dass sich ein Wartepflichtiger unrichtig verhalten könnte (Erw. 2 und 3). 3. Art. 31 Abs. 1 SVG. Der Fahrzeugführer, der zu spät Massnamen ergreift, um die Gefahr eines Zusammenstosses abzuwenden, beherrscht sein Fahrzeug nicht (Erw. 2 und 3). 4. Art. 26 SVG. Diese Grundregel hat neben den besondern Verkehrsregeln der Art. 31 und 32 SVG subsidiäre Bedeutung.
92 IV 143 () from 30. September 1966
Regeste: Art. 90 Ziff. 2 Abs. 1 SVG ist nur auf rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend regelwidriges Verhalten anwendbar. Das setzt schweres Verschulden, bei fahrlässigem Handeln grobe Fahrlässigkeit voraus (Erw. 3).
93 IV 32 () from 14. April 1967
Regeste: Art. 32 Abs. 1 und 36 Abs. 2 SVG; Geschwindigkeit und Vortrittsrecht. 1. Der Vortrittsberechtigte ist nicht verpflichtet, seine Geschwindigkeit zum vorneherein zugunsten Nichtberechtigter herabzusetzen (Erw. 1). 2. Bei verdeckter Sicht nach links darf und soll er den Vortritt im Vertrauen darauf ausüben können, dass der von links kommende Fahrer dem beschränkten Überblick Rechnung trage (Erw. 2). 3. Zur Verminderung einer an sich zulässigen Geschwindigkeit ist er erst gehalten, wenn bestimmte Anzeichen dafür bestehen, dass ihn ein Wartepflichtiger in seiner Fahrt behindern könnte (Erw. 3). 4. Pflichtgemässes Verhalten eines Fahrers an einer Kreuzung, vor der ihm bloss die Sicht in die linke Seitenstrasse verdeckt war (Erw. 4).
93 IV 59 () from 22. September 1967
Regeste: 1. Art. 31 Abs. 2 und 3 VRV. Der Motorfahrzeugführer kann nachts auch dann die Abblendlichter verwenden, wenn kein Nebel über der Strasse liegt und ihm kein anderes Fahrzeug entgegenkommt oder vorausfährt (Erw. 1). 2. Art. 32 Abs. 1 und 33 Abs. 2 SVG. Überblickbar im Sinne der Sichtweite, auf die der Führer muss anhalten können, ist nachts eine Strasse im Bereiche eines Fussgängerstreifens nur, wenn der ganze Streifen beobachtet werden kann (Erw. 2).
93 IV 96 () from 6. Oktober 1967
Regeste: Art. 32 Abs. 1 SVG, Art. 4 Abs. 5 VRV. Der Führer, der innerorts über eine Strecke von 500 m mit einer Geschwindigkeit von 40 km/Std fährt, wobei sich eine Kolonne von mehreren Fahrzeugen hinter ihm bildet, behindert den gleichmässigen Verkehrsfluss nicht.
94 IV 23 () from 16. Februar 1968
Regeste: Art. 32 Abs. 1 SVG, Art. 117 StGB. 1. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei Fahren mit asymmetrischen Abblendlichtern bestimmt sich nach der geringsten Reichweite der Scheinwerfer. 2. Pflichtwidriges Verhalten eines Automobilisten, dermit 100 km/Std, aber abgeblendeten Scheinwerfern eine bereits weitgehend im Dunkeln liegende Strecke durchfahren wollte (Erw. 1). 3. Natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem Tod eines andern Fahrers (Erw. 2).
94 IV 128 () from 6. Dezember 1968
Regeste: Art. 37 Abs. 2 SVG, Art. 1 Abs. 3 und 36 Abs. 3 VRV. Pflicht des Motorfahrzeugführers, Pannen auf Autostrassen ausserhalb der Fahrbahn zu beheben.
98 II 40 () from 15. Februar 1972
Regeste: Art. 58 OR, Haftpflicht des Strasseneigentümers. 1. Grenzen der einem Kanton obliegenden Pflicht, Glatteis auf seinem Strassennetz zu bekämpfen. Pflicht des Fahrers, auf winterliche Strassenverhältnisse Rücksicht zu nehmen (Erw. 1 und 2). 2. Anwendung dieser Regeln auf einen Verkehrsunfall, der sich ausserorts auf einer vereisten Hauptstrasse ereignet hat (Erw. 3). 3. Art. 3 Abs. 1 SSV. Der Strasseneigentümer ist nicht verpflichtet, die Schleudergefahr wegen zeitweise auftretender Winterglätte, die er regelmässig bekämpfen lässt, besonders zu signalisieren (Erw. 4). 4. Art. 41 Abs. 1, 55 und 61 Abs. 1 OR. Ist der Polizeibeamte, der sich auf den Posten begab, statt den Verkehr auf der vereisten Strasse zu sichern, bis diese gesalzt werden konnte, für den Unfall mitverantwortlich (Erw. 5)?
100 IV 252 () from 1. November 1974
Regeste: Höchstgeschwindigkeit ausserorts a) Art. 32 Abs. 5 SVG ermächtigt den Bundesrat, eine generelle Beschränkung der Geschwindigkeit ausserorts anzuordnen (Erw. 1 a-e). b) Art. 1 BRB vom 10. Juli 1972 über die versuchsweise Einführung einer Höchstgeschwindigkeit ausserorts hält sich im Rahmen des Art. 32 Abs. 5 SVG (Erw. 1 f). 2. Bedingter Strafvollzug a) Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 3 Abs. 2 StGB. Unterschiedlicher Entscheid über die Gewährung und über den Widerruf des bedingten Strafvollzugs wegen unterschiedlichen Grundlagen der Voraussage (Erw. 3). b) Art. 41 Ziff. 2 Abs. 1 StGB. Weisung, während drei Jahren kein Motorfahrzeug zu führen (Erw. 2).
102 II 343 () from 15. Oktober 1976
Regeste: Art. 58 OR. Verkehrsunfall auf einer kantonalen Nebenstrasse. Haftung des Strasseneigentümers. 1. Bisherige Rechtsprechung (Erw. 1). 2. Sicherheitsschranken sind auf Bergstrassen nur an Stellen anzubringen, wo eine wirkliche Unfallgefahr besteht (Erw. 2a). 3. Randsteine sollen die Fahrbahn begrenzen, nicht von der Bahn abgekommene Fahrzeuge aufhalten (Erw. 2b). 4. Auf Bergstrassen muss der Fahrer im Winter mit Fahrrinnen, die sich im harten Schnee bilden, rechnen und seine Fahrweise darauf einstellen (Erw. 3 und 4).
103 IV 41 () from 12. Januar 1977
Regeste: Art. 32 Abs. 1 SVG; Geschwindigkeit: 1. Im Hinblick auf Aquaplaning. Eine Bestrafung wegen übersetzter Geschwindigkeit setzt voraus, dass die kritische Reibwertgrenze überschritten wurde. Wo die Grenze zwischen noch vorhandenem und fehlendem Reibwert liegt, lässt sich weder generell noch abstrakt, sondern nur im Einzelfall und konkret aufgrund feststehender Werte bezüglich der massgebenden Faktoren bestimmen (Erw. 2). 2. Im Hinblick auf ein Hindernis. Eine Geschwindigkeit ist nicht schon jedesmal dann übersetzt, wenn vor einem Hindernis nicht rechtzeitig angehalten werden konnte. Entscheidend ist, ob der Führer die Geschwindigkeit so bemessen hat, dass er innerhalb der als frei erkannten Strecke anhalten konnte, d.h. innerhalb der Strecke, auf der weder ein Hindernis sichtbar ist noch mit dem Auftauchen eines solchen gerechnet werden muss (Erw. 4).
104 IB 358 () from 24. November 1978
Regeste: Entzug des Führerausweises; Bedeutung eines Strafurteils für den Entscheid über eine Administrativmassnahme, welcher der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt. 1. Zurückhaltung der Verwaltungsbehörden hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen durch die Strafbehörden (E. 1, 2). 2. Bei der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes ist die Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht an das Erkenntnis des Strafrichters gebunden. In Fällen hingegen, in denen die rechtliche Beurteilung stark von der Würdigung der Tatsachen abhängt, die der Strafrichter besser kennt, rechtfertigt es sich, dass die Verwaltungsbehörde auch in bezug auf die rechtliche Würdigung nur mit Zurückhaltung vom Standpunkt des Strafrichters abweicht (E. 3).
108 IB 258 () from 30. August 1982
Regeste: Strassenverkehr - Führerausweisentzug (Art. 16 Abs. 2 und 3 SVG, Art. 33 Abs. 2 VZV). Werden durch eine Handlung mehrere in Art. 16 Abs. 2 und 3 SVG enthaltene Entzugsgründe gesetzt, sind bei der Bestimmung der Gesamtentzugsdauer die Konkurrenzbestimmungen des Strafrechts (Art. 68 StGB) analog anwendbar.
108 II 184 () from 13. September 1982
Regeste: Art. 58 OR; Haftung des Werkeigentümers. 1. Der Eigentümer einer Strasse haftet aus Art. 58 OR wie für jedes andere Werk, wenn er, während die Strasse gebaut oder instandgestellt wird, deren ordentliche Benützung zulässt (E. 1). 2. Verschulden des Lenkers, der eine Strasse befährt, die sich im Umbau befindet; Ausschluss der Haftung des Werkeigentümers (E. 2).
108 IV 52 () from 15. Januar 1982
Regeste: Art. 32 Abs. 2, 106 Abs. 1 SVG, Art. 115 SSV. Die Anordnung des Versuchs "Tempo 50" und dessen Signalisierung sind gesetzmässig.
109 IV 137 () from 8. September 1983
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG. Vereitelung einer Blutprobe durch Unterlassung der Meldung eines Unfalls an die Polizei. 1. Objektiver Tatbestand: Die Unterlassung der sofortigen Meldung eines Unfalls an die Polizei erfüllt den objektiven Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe, wenn der Fahrzeuglenker gemäss Art. 51 SVG zur sofortigen Meldung verpflichtet und die Benachrichtigung der Polizei möglich war und wenn bei objektiver Betrachtung aller Umstände die Polizei bei Meldung des Unfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet hätte. 2. Subjektiver Tatbestand: Eventualvorsatz genügt. Er ist gegeben, wenn der Fahrzeuglenker die die Meldepflicht sowie die die hohe Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Blutprobe begründenden Tatsachen kannte und daher die Unterlassung der gemäss Art. 51 SVG vorgeschriebenen und ohne weiteres möglichen Meldung an die Polizei vernünftigerweise nur als Inkaufnahme der Vereitelung einer Blutprobe gewertet werden kann (Präzisierung der Rechtsprechung).
113 IB 143 () from 26. Januar 1987
Regeste: Art. 4a Abs. 1 lit. b und c VRV. Die vom Bundesrat auf den 1. Januar 1985 neu festgesetzten Höchstgeschwindigkeiten 80/120 km/h haben eine genügende gesetzliche Grundlage im SVG. Art. 16 Abs. 2 SVG. Eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von mehr als 30 km/h hat ungeachtet dessen, ob die Geschwindigkeitsbeschränkung vornehmlich aus Gründen der Verkehrssicherheit oder des Umweltschutzes angeordnet wurde, den Entzug des Führerausweises zur Folge.
115 IV 248 () from 2. August 1989
Regeste: Art. 37 Abs. 1 SVG; Art. 12 Abs. 2 VRV. 1. Mit der Unaufmerksamkeit des nachfolgenden Fahrzeugführers muss der Vorausfahrende grundsätzlich nicht rechnen (E. 3). 2. Art. 12 Abs. 2 VRV untersagt lediglich das unnötigerweise plötzlich erfolgende Anhalten (E. 4). 3. Tauchen auf der Fahrbahn plötzlich Tiere auf, so stellt dies eine Gefahrensituation dar, in welcher auch bei brüskem Bremsen nicht von unnötigem Anhalten gesprochen werden kann (E. 5).
120 IB 312 () from 3. November 1994
Regeste: Art. 16 Abs. 3 lit. a, Art. 32 Abs. 1 SVG; schwere Gefährdung des Verkehrs, Nichtanpassen der Geschwindigkeit. Wer trotz starkem Regen auf der Autobahn mit einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h fährt und infolge Aquaplanings ins Schleudern gerät, gefährdet den Verkehr in schwerer Weise (E. 4c).
121 II 127 () from 26. April 1995
Regeste: Art. 105 Abs. 2 OG; richterliche Behörde. Die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern ist eine richterliche Behörde. Ihre Feststellung des Sachverhalts bindet daher das Bundesgericht, soweit sie den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat (E. 2). Art. 32 Abs. 1 SVG, Art. 4a Abs. 1 VRV; allgemeine Höchstgeschwindigkeit; Anpassen der Geschwindigkeit an die Umstände. Mit der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit darf nur unter günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen gefahren werden (E. 4a). Art. 16 Abs. 2 SVG; Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts, leichter Fall, Führerausweisentzug/Verwarnung. Eine übersetzte Geschwindigkeit stellt gerade innerorts, wo viele schwache Verkehrsteilnehmer (Fussgänger, Velofahrer) vorhanden sind, eine erhebliche Gefahr dar. Wer die allgemeine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h in Ortschaften an einer Stelle, die deutlich Innerortscharakter hat, um 27 km/h überschreitet, gefährdet den Verkehr nicht nur leicht. Wiegt auch das Verschulden nicht leicht, verletzt die Anordnung eines Führerausweisentzugs selbst bei ungetrübtem automobilistischem Leumund Bundesrecht nicht (E. 4b-d).
121 IV 230 () from 21. September 1995
Regeste: Art. 90 Ziff. 2 und 32 Abs. 1 SVG, Art. 4a Abs. 1 lit. b VRV; Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit ausserorts, grobe Verkehrsregelverletzung. Eine übersetzte Geschwindigkeit stellt auch ausserorts eine erhebliche Gefahr dar. Zu einer Milderung der Rechtsprechung, wonach bei Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um deutlich mehr als 30 km/h ungeachtet der konkreten Umstände eine grobe Verkehrsregelverletzung anzunehmen ist, besteht kein Anlass. Fragen kann man sich höchstens, ob die Praxis zu verschärfen und angesichts der insoweit teilweise abweichenden Gefahrenlage künftig danach zu unterscheiden sei, ob die Geschwindigkeitsvorschriften innerorts, ausserorts oder auf der Autobahn missachtet wurden (E. 2c).
121 IV 286 () from 31. August 1995
Regeste: Art. 18 Abs. 3, 125 Abs. 2 StGB, Art. 32 SVG, Art. 4a Abs. 1 VRV; fahrlässige schwere Körperverletzung, Geschwindigkeitsüberschreitung; Kausalität. Voraussetzungen der Fahrlässigkeit (E. 3). Mit der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit darf nur unter günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen gefahren werden (E. 4b; Bestätigung der Rechtsprechung). Das überraschende Betreten des Fussgängerstreifens auf einer belebten Strasse zur Mittagszeit ist nicht derart aussergewöhnlich, dass damit schlechterdings nicht gerechnet werden müsste (E. 4b). Bei Kollisionen zwischen einem Personenwagen und einem Fussgänger ist der Erfolg der schweren Körperverletzung schon bei einer geringfügigen Herabsetzung der Fahrgeschwindigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermeidbar. Fall eines Automobilisten, der mit 50 km/h eine Kollision verursacht hat, deren schwere Verletzungsfolgen bei einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von 40 km/h vermeidbar gewesen wären (E. 4c).
122 II 97 () from 1. April 1996
Regeste: Einsprache gegen Nationalstrassen-Ausführungsprojekt. Zulässigkeit von Feststellungsbegehren (E. 3). Verkehrslenkende Massnahmen, insbesondere Geschwindigkeitsbeschränkungen, sind nicht im nationalstrassenrechtlichen Einsprache- und Plangenehmigungsverfahren anzuordnen (E. 6a, b). Verfahren für die Änderung der Höchstgeschwindigkeit (E. 6c).
122 II 165 () from 3. April 1996
Regeste: Einsprache gegen Nationalstrassen-Ausführungsprojekt; Umweltverträglichkeitsprüfung. Zulässigkeit von privaten Bauvorhaben und Nationalstrassen-Projekten in Gebieten, in denen die in der Luftreinhalte-Verordnung festgelegten Immissionsgrenzwerte überschritten werden (E. 13). "Flankierende Massnahmen" beim Nationalstrassenbau (E. 14). Erweisen sich im Zusammenhang mit einem Nationalstrassen-Projekt sog. flankierende Massnahmen zur Luftreinhaltung auf dem bestehenden Strassennetz als erforderlich, sind diese grundsätzlich im Rahmen der Massnahmenplanung (Art. 31 und 33 LRV) anzuordnen. Sie müssen dann noch nicht bei der Projektgenehmigung festgelegt werden, wenn über die lufthygienische Situation im Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Strasse keine gesicherten Annahmen getroffen werden können, doch ist für ihre Verwirklichung auf diesen Zeitpunkt hin zu sorgen. Das gleiche gilt für verkehrslenkende Massnahmen, insbesondere Geschwindigkeitsbeschränkungen, auf der Autobahn selbst (E. 15). Die sog. flankierenden Massnahmen im Sinne von Art. 10 in Verbindung mit Art. 9 der Lärmschutz-Verordnung im Einzugsgebiet einer zukünftigen Nationalstrasse sind grundsätzlich im Rahmen der Ausführungsprojektierung anzuordnen, können aber in gewissen Fällen in einem späteren Bewilligungsverfahren festgelegt werden. Vorgehen bei Kantonsgrenzen überschreitenden Immissionen (E. 16).
122 II 228 () from 8. Juli 1996
Regeste: Art. 90 Ziff. 2, Art. 16 Abs. 3 lit. a und Art. 32 SVG; Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV; obligatorischer Führerausweisentzug. Wer die Innerorts-Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 31 km/h überschreitet, begeht objektiv immer eine schwere Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 beziehungsweise Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG. Bejahung subjektiver Tatbestandselemente auf Grund örtlicher Situation (E. 3c).
122 IV 173 () from 3. Mai 1996
Regeste: Art. 90 Ziff. 2 und Art. 32 Abs. 1 SVG, Art. 4a Abs. 1 lit. c VRV; grobe Verkehrsregelverletzung, Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit auf einer nicht richtungsgetrennten Autostrasse. Wer auf einer nicht richtungsgetrennten Autostrasse die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h oder mehr überschreitet, begeht ungeachtet der konkreten Umstände objektiv eine grobe Verkehrsregelverletzung (E. 2d).
123 II 106 () from 7. Februar 1997
Regeste: Art. 32 Abs. 1 SVG, Art. 4a Abs. 1 lit. d VRV; Art. 16 Abs. 2 SVG und Abs. 3 lit. a SVG, Art. 90 Ziff. 2 SVG; Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn; Führerausweisentzug. Zusammenfassung der Rechtsprechung betreffend die Voraussetzungen des Führerausweisentzuges (leichter, mittelschwerer und schwerer Fall) gemäss Art. 16 SVG und der qualifizierten Verkehrsregelverletzung gemäss Art. 90 Ziff. 2 SVG, vor allem im Hinblick auf Geschwindigkeitsüberschreitungen (E. 2a-c). Wird die Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um mehr als 30 km/h überschritten, ist der Führerausweis in der Regel zu entziehen (E. 2c; Bestätigung der Rechtsprechung). Ziffer 3.3.4.1 der auf den 1. September 1996 geänderten Richtlinien über die Administrativmassnahmen im Strassenverkehr widerspricht deshalb Bundesrecht (E. 2e).
124 IV 219 () from 9. Juni 1998
Regeste: Art. 35 Abs. 1 SVG, Art. 8 Abs. 3 VRV und Art. 36 Abs. 5 VRV. Wird auf einer Autobahn die Aufhebung des rechten Fahrstreifens angezeigt, beginnt die Phase des Eingliederns der Fahrzeuge in die weitergeführte Fahrspur. Das Aufschliessen auf der rechten Fahrspur bis zu deren Aufhebung ist unter Übung der gebotenen Vorsicht erlaubt, auch wenn der Fahrzeuglenker dabei an einer Kolonne, die sich auf dem linken Fahrstreifen gebildet hat, rechts vorbeifährt.
126 I 19 () from 21. Februar 2000
Regeste: Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 4 aBV, Art. 29 Abs. 2 BV); von der Anklage abweichende rechtliche Würdigung im Strafurteil. Direkt gestützt auf den Anspruch auf rechtliches Gehör hat ein Angeklagter Anspruch darauf, zu einer von der Anklage abweichenden rechtlichen Würdigung des ihm vorgeworfenen Sachverhalts Stellung nehmen zu können, wenn eine schärfere Strafe droht (E. 2c/aa; Bestätigung der Rechtsprechung); Gleiches gilt, wenn der Betroffene wegen eines anderen Straftatbestands als in der Anklage beantragt verurteilt werden soll und er nicht mit der neuen Würdigung rechnen musste, es sei denn, eine Anhörung hätte keine Auswirkung auf die Ausübung seiner Verteidigungsrechte haben können (E. 2d/bb; Präzisierung der Rechtsprechung). Eine Bestrafung wegen Verletzung einer anderen Verkehrsregel ist eine Verurteilung wegen eines anderen Straftatbestands (E. 2d/aa). Damit musste der Angeklagte im vorliegenden Fall nicht rechnen und dies hatte Auswirkungen auf die Ausübung seiner Verteidigungsrechte (E. 2e).
126 II 202 () from 30. März 2000
Regeste: Art. 16 Abs. 2 und 3 lit. a, Art. 32 Abs. 1 SVG; Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV; Art. 31 Abs. 2 VZV; Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit innerorts; Führerausweisentzug. Fall eines Arztes, der die Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h um 21 km/h überschritten hat. Mangels leichten Verschuldens Führerausweisentzug von einem Monat bestätigt trotz ungetrübten automobilistischen Leumunds und der durch den Entzug bewirkten Erschwerung der Berufsausübung. Hinweis an den Gesetzgeber, das Massnahmenrecht gegebenenfalls so auszugestalten, dass in derartigen Fällen ein bedingter Ausweisentzug oder eine Verwarnung möglich ist.
126 IV 91 () from 6. April 2000
Regeste: Art. 32 Abs. 1 SVG, 4 Abs. 1 VRV; Anpassung der Geschwindigkeit an die Sichtweite. Diese Regel gilt auch auf Autobahnen, insbesondere nachts beim Fahren mit Abblendlicht (E. 4; Bestätigung der Rechtsprechung).
129 III 65 () from 29. Oktober 2002
Regeste: Art. 44 und 58 OR, Art. 60 SVG; Verkehrsunfall; Haftung des Werkeigentümers und des Motorfahrzeughalters; Aufteilung des Schadens. Haftung des Gemeinwesens als Eigentümer einer Strasse, insbesondere im Winter (E. 1). Im vorliegenden Fall ist die Haftung zu bejahen, weil die Bildung von Eisflächen als Ursache des Schadens nicht nur voraussehbar, sondern auch vermeidbar gewesen wäre (E. 2 und 5). Aufteilung des Schadens, unter Berücksichtigung der konkurrierenden Haftung des Werkeigentümers und des Fahrzeuglenkers; Berücksichtigung des Risikos, das mit dem Betrieb des Fahrzeuges verbunden ist (E. 7).
130 IV 58 () from 26. April 2004
Regeste: Art. 111 und 18 Abs. 2 StGB; vorsätzliche Tötung; Eventualvorsatz. Abgrenzung von Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit bei einem tödlich verlaufenen Raserunfall (E. 8 und 9).
133 II 331 () from 14. Juni 2007
Regeste: Entzug des schweizerischen Führerausweises wegen Verletzung von Verkehrsregeln im Ausland; gesetzliche Grundlage (Art. 164 und 182 BV; Art. 16 ff., 57 und 106 SVG; Art. 34 VZV; Europäisches Übereinkommen über die internationalen Wirkungen des Entzuges des Führerausweises für Motorfahrzeuge). Ein Warnungsentzug wegen Widerhandlungen gegen Strassenverkehrsvorschriften im Ausland ist mangels der hiefür erforderlichen gesetzlichen Grundlage unzulässig (Änderung der Rechtsprechung; E. 5-8). Er kann nicht auf das Territorialitätsprinzip und auch nicht auf das Auswirkungsprinzip gestützt werden (E. 6.1 und 6.2). Das formelle Gesetz (SVG) enthält weder nach seinem Wortlaut noch gemäss seinem Sinn und Zweck eine ausreichend klare Grundlage (E. 6.3 und 6.4). Es enthält insbesondere keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte für die Qualifizierung des Warnungsentzugs als eine um der Verkehrssicherheit willen angeordnete Massnahme mit präventivem und erzieherischem Charakter (E. 6.4.2). Art. 34 VZV (Art. 30 Abs. 4 aVZV) reicht aus verfassungsrechtlichen Gründen als Grundlage nicht aus (E. 7). Das Europäische Übereinkommen über die internationalen Wirkungen des Entzuges des Führerausweises für Motorfahrzeuge bildet keine hinreichende Grundlage für die Anordnung eines Warnungsentzugs wegen einer Auslandtat, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei begangen wurde (E. 8). Hingegen kann ein Führerausweisentzug wegen fehlender Fahreignung (Sicherungsentzug) in Anbetracht seines sich aus dem formellen Gesetz (Art. 16d SVG) klar ergebenden Zwecks auch wegen Sachverhalten angeordnet werden, die sich im Ausland zutragen (E. 9.1). Entsprechendes gilt für den Entzug des Führerausweises wegen Wegfalls der gesetzlichen Voraussetzungen sowie wegen Missachtung von Beschränkungen und Auflagen (E. 9.2).
136 II 539 (1C_17/2010) from 8. September 2010
Regeste: Tempo-30-Zonen auf Durchgangsstrassen; Art. 3 Abs. 4 und Art. 32 Abs. 3 SVG, Art. 2a und 108 SSV sowie Art. 3 der Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen. Der Touring Club Schweiz (Sektion Bern, Landesteil Bern-Mittelland) ist zur Anfechtung einer Tempo-30-Zone auf einer Durchgangsstrasse legitimiert ("egoistische Verbandsbeschwerde"; E. 1.1). Die Errichtung von Tempo-30-Zonen ist auch auf verkehrsorientierten Durchgangsstrassen ausnahmsweise zulässig, wenn aufgrund eines Gutachtens nachgewiesen ist, dass durch diese Massnahme auf Strecken mit grosser Verkehrsbelastung der Verkehrsablauf verbessert werden kann (E. 2.2 und 3.4). Die Verordnung über die Tempo-30-Zonen und die Begegnungszonen sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, in Tempo-30-Zonen eine vom Rechtsvortritt abweichende Vortrittsregelung zu treffen, wenn die Verkehrssicherheit es erfordert (E. 2.4). Das erstellte Gutachten und das Betriebskonzept legen schlüssig dar, weshalb die Einführung einer Tempo-30-Zone mit Wechselsignalisation (Tempo 30 von 06.30 Uhr bis 19.00 Uhr, Tempo 50 in der übrigen Zeit) als nötig, zweck- und verhältnismässig einzustufen ist (E. 3.4).
137 IV 105 (6B_592/2010) from 17. März 2011
Regeste: Art. 54 StGB; Umfang der Strafbefreiung, wenn der Täter mehrere Delikte verübt hat. Fall eines Autofahrers, der mangels angepasster Geschwindigkeit an die Strassenverhältnisse fahrlässig den Tod seines besten Freundes verursachte und auf der Unfallfahrt weitere Delikte verübte. Gelangt Art. 54 StGB zur Anwendung, ist allein die Tathandlung massgebend, die unmittelbar zur Beeinträchtigung des Täters führt. Die Umstände, dass dieser unter dem Einfluss von Marihuana, ohne Tragen des Sicherheitsgurtes und mit Reifen ohne genügende Profiltiefe fuhr, haben keinen offensichtlich direkten Zusammenhang zur fahrlässigen Tötung und zur schweren Betroffenheit. Diese Delikte fallen nicht unter Art. 54 StGB (E. 2.3.4). |