Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag

vom 2. April 1908 (Stand am 1. Januar 2011)


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Art. 8

Nicht­ein­tritt der Fol­gen der ver­letz­ten An­zei­ge­pflicht

 

Trotz der An­zei­ge­pflicht­ver­let­zung (Art. 6) kann der Ver­si­che­rer den Ver­trag nicht kün­di­gen:1

1.
wenn die ver­schwie­ge­ne oder un­rich­tig an­ge­zeig­te Tat­sa­che vor Ein­tritt des be­fürch­te­ten Er­eig­nis­ses weg­ge­fal­len ist;
2.
wenn der Ver­si­che­rer die Ver­schwei­gung oder un­rich­ti­ge An­ga­be ver­an­lasst hat;
3.
wenn der Ver­si­che­rer die ver­schwie­ge­ne Tat­sa­che ge­kannt hat oder ge­kannt ha­ben muss;
4.
wenn der Ver­si­che­rer die un­rich­tig an­ge­zeig­te Tat­sa­che rich­tig ge­kannt hat oder ge­kannt ha­ben muss;
5.2
wenn der Ver­si­che­rer auf das Kün­di­gungs­recht ver­zich­tet hat;
6.
wenn der An­zei­ge­pflich­ti­ge auf ei­ne ihm vor­ge­leg­te Fra­ge ei­ne Ant­wort nicht er­teilt, und der Ver­si­che­rer den Ver­trag gleich­wohl ab­ge­schlos­sen hat. Die­se Be­stim­mung fin­det kei­ne An­wen­dung, wenn die Fra­ge, auf Grund der üb­ri­gen Mit­tei­lun­gen des An­zei­ge­pflich­ti­gen, als in ei­nem be­stimm­ten Sin­ne be­ant­wor­tet an­ge­se­hen wer­den muss und wenn die­se Ant­wort sich als Ver­schwei­gen oder un­rich­ti­ge Mit­tei­lung ei­ner er­heb­li­chen Ge­fahr­stat­sa­che dar­stellt, die der An­zei­ge­pflich­ti­ge kann­te oder ken­nen muss­te.

1 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2006 (AS 2005 5245; BBl 2003 3789).
2 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2006 (AS 2005 5245; BBl 2003 3789).

BGE

96 II 204 () from 26. Februar 1970
Regeste: Anzeigepflicht beim Abschluss eines Versicherungsvertrags (Art. 4 VVG). Rücktritt des Versicherers wegen Verletzung dieser Pflicht (Art. 6 VVG). Ausschluss des Rücktrittsrechts wegen Kenntnis der verschwiegenen Tatsache oder wegen Veranlassung der unrichtigen Angabe durch den Versicherer (Art. 8 Ziff. 2-4 VVG). 1. Die Frage eines Lebensversicherers nach Erkrankungen an Bronchitis betrifft eine erhebliche Gefahrstatsache (Erw. 3). Verantwortlichkeit des Antragstellers für die Antworten auf die Fragen des Versicherers, die der Versicherungsagent in den vom Antragsteller unterzeichneten Versicherungsantrag eingetragen hat (Erw. 3, 5). 2. Kriterien, nach denen sich beurteilt, ob der Antragsteller seine Anzeigepflicht erfüllt oder verletzt habe (Erw. 4, 5, 7). 3. Der Versicherer muss sich das Wissen eines Abschlussagenten, nicht aber das Wissen eines blossen Vermittlungsagenten über Gefahrstatsachen anrechnen lassen (Erw. 6). Pflicht des Vermittlungsagenten, den Antragsteller bei der Ausfüllung des Fragebogens des Versicherers über Punkte, die dem Antragsteller unklar sind, zu belehren; Verantwortlichkeit des Versicherers für diese Belehrungen (Erw. 6, 8).

109 II 60 () from 27. Januar 1983
Regeste: Versicherungsvertrag: Rücktritt wegen Anzeigepflichtverletzung. Ob die Anzeigepflicht verletzt ist und deshalb ein Rücktrittsrecht des Versicherers nach Art. 6 VVG besteht, beurteilt sich unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Versicherungsnehmers.

111 II 388 () from 7. November 1985
Regeste: Art. 8 Ziff. 3 und 4 VVG; Aufrechterhaltung eines Versicherungsvertrags trotz Verletzung der Anzeigepflicht. 1. Die Berufung ist zulässig gegen einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 50 OG, der die Verletzung der Anzeigepflicht zum Gegenstand hat (E. 2). 2. Bei Beurteilung der Frage, ob der Versicherer vom Vertrag nicht zurücktreten könne, weil er die verschwiegene Tatsache gekannt hat oder gekannt haben muss oder weil er die unrichtig angezeigte Tatsache richtig gekannt hat oder gekannt haben muss, ist von objektiven Kriterien auszugehen und den Umständen des konkreten Falles Rechnung zu tragen. Von einem Versicherer, der einem "Zentralen Informationssystem" der Versicherungsgesellschaften angeschlossen ist, wird angenommen, dass er durch dieses von der verschwiegenen oder unrichtig angezeigten Tatsache in Kenntnis gesetzt worden ist (E. 3c, bb). Indessen kann eine Versicherungsgesellschaft nicht verpflichtet werden, sich einer Informationszentrale anzuschliessen (E. 3c, cc).

116 IA 325 () from 31. Mai 1990
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör, Anspruch auf die Erstellung von Kopien. Grundsätzlicher Anspruch auf die Herstellung von Kopien in einem gewissen Umfang bejaht.

116 II 345 () from 8. März 1990
Regeste: Ausschlussklausel in einem Versicherungsvertrag (Art. 33 VVG). 1. Kriterien zur Auslegung einer Ausschlussklausel (E. 2). 2. Eine Klausel, die vom (versicherten) Risiko des Erdrutsches allen schlechten Baugrund ausschliesst, der rutschen oder von einem Erdrutsch betroffen sein könnte, erfüllt das Erfordernis der bestimmten, unzweideutigen Fassung im Sinne von Art. 33 VVG nicht (E. 3). 3. Die Versicherungsgesellschaft, welche die für die Einschätzung des Risikos massgeblichen Elemente nicht prüft, verletzt nicht den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie sich in der Folge auf die in der Police enthaltene Ausschlussklausel beruft (E. 4).

138 III 416 (9C_680/2011) from 11. Mai 2012
Regeste: Art. 6 VVG (in der seit 1. Januar 2006 in Kraft stehenden Fassung); Vertrag der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a), Verletzung der Anzeigepflicht und Kündigung. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der verschwiegenen oder unrichtig mitgeteilten Gefahrstatsache und dem eingetretenen Schaden wirkt sich nur auf die Leistungspflicht des Versicherers nach Anzeigepflichtverletzung (Art. 6 Abs. 3 VVG) aus, aber nicht auch auf die in Art. 6 Abs. 1 und 2 VVG geregelte Gültigkeit der Vertragskündigung als solcher (E. 6).

 

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