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Schweizerische Zivilprozessordnung
(Zivilprozessordnung, ZPO)

vom 19. Dezember 2008 (Stand am 1. Januar 2023)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 122 Absatz 1 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 28. Juni 20062,

beschliesst:

1. Teil: Allgemeine Bestimmungen

1. Titel: Gegenstand und Geltungsbereich

Art. 1 Gegenstand  

Dieses Ge­setz re­gelt das Ver­fahren vor den kan­tonalen In­stan­zen für:

a.
streitige Zivilsachen;
b.
gericht­liche An­ord­nun­gen der freiwil­li­gen Gerichts­barkeit;
c.
gericht­liche Angele­gen­heiten des Schuld­be­treibungs- und Konkur­srechts;
d.
die Schiedsgerichts­barkeit.
Art. 2 Internationale Verhältnisse  

Bestim­mun­gen des Staats­ver­trag­s­rechts und die Bestim­mun­gen des Bundes­ge­set­zes vom 18. Dezem­ber 19873 über das In­ter­na­tionale Privatrecht (IPRG) bleiben vorbe­hal­ten.

Art. 3 Organisation der Gerichte und der Schlichtungsbehörden  

Die Or­gan­isa­tion der Gerichte und der Sch­lich­tungs­be­hörden ist Sache der Kantone, so­weit das Ge­setz nichts an­deres bestim­mt.

2. Titel: Zuständigkeit der Gerichte und Ausstand

1. Kapitel: Sachliche und funktionelle Zuständigkeit

Art. 4 Grundsätze  

1 Das kan­tonale Recht re­gelt die sach­liche und funk­tion­elle Zuständigkeit der Gerichte, so­weit das Ge­setz nichts an­deres bestim­mt.

2 Hängt die sach­liche Zuständigkeit vom Streit­wert ab, so er­fol­gt dessen Berech­nung nach diesem Ge­setz.

Art. 5 Einzige kantonale Instanz  

1 Das kan­tonale Recht bezeich­net das Gericht, welches als ein­zige kan­tonale In­stanz zuständig ist für:

a.
Streitigkeiten im Zusam­men­hang mit geisti­gem Ei­gentum einsch­liess­lich der Streitigkeiten be­tref­fend Nichtigkeit, In­hab­er­schaft, Lizen­zier­ung, Über­tra­gung und Ver­let­zung sol­cher Rechte;
b.
kar­tellrecht­liche Streitigkeiten;
c.
Streitigkeiten über den Geb­rauch ein­er Firma;
d.
Streitigkeiten nach dem Bundes­ge­setz vom 19. Dezem­ber 19864 ge­gen den un­laut­er­en Wettbe­w­erb, sofern der Streit­wert mehr als 30 000 Franken be­trägt oder sofern der Bund sein Klagerecht aus­übt;
e.5
Streitigkeiten nach dem Kernen­er­giehaft­p­f­licht­ge­setz vom 13. Juni 20086;
f.
Kla­gen ge­gen den Bund;
g.7
Streitigkeiten über die Ein­lei­tung und Durch­führung ein­er Son­der­unter­suchung nach den Artikeln 697c–697hbis des Ob­lig­a­tion­en­rechts (OR)8;
h.9
Streitigkeiten nach dem Kollektivan­la­genge­setz vom 23. Juni 200610, nach dem Fin­an­zmark­t­in­fra­struk­turge­setz vom 19. Juni 201511 und nach dem Fin­an­zin­sti­tutsge­setz vom 15. Juni 201812;
i.13
Streitigkeiten nach dem Wap­pens­chutzge­setz vom 21. Juni 201314, dem Bundes­ge­setz vom 25. März 195415 be­tref­fend den Schutz des Zeichens und des Na­mens des Ro­ten Kreuzes und dem Bundes­ge­setz vom 15. Dezem­ber 196116 zum Schutz von Na­men und Zeichen der Or­gan­isa­tion der Ver­ein­ten Na­tion­en und an­der­er zwis­chen­staat­lich­er Or­gan­isa­tion­en.

2 Diese In­stanz ist auch für die An­ord­nung vor­sorg­lich­er Mass­nah­men vor Ein­tritt der Recht­shängigkeit ein­er Klage zuständig.

4 SR 241

5 Fas­sung gemäss An­hang 2 Ziff. 1, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2022 43; BBl 2007 5397).

6 SR 732.44

7 Fas­sung gemäss An­hang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 2020 (Ak­tien­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2020 4005; 2022 109; BBl 2017 399).

8 SR 220

9 Fas­sung gemäss An­hang Ziff. II 4 des Fin­an­zin­sti­tutsge­set­zes vom 15. Juni 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2018 5247, 2019 4631; BBl 2015 8901).

10 SR 951.31

11 SR 958.1

12 SR 954.1

13 Einge­fügt durch An­hang 3 Ziff. II 3 des Wap­pens­chutzge­set­zes vom 21. Juni 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 3679; BBl 2009 8533).

14 SR 232.21

15 SR 232.22

16 SR 232.23

Art. 6 Handelsgericht  

1 Die Kantone können ein Fachgericht bezeichnen, welches als ein­zige kan­tonale In­stanz für han­dels­recht­liche Streitigkeiten zuständig ist (Han­dels­gericht).

2 Eine Streitigkeit gilt als han­dels­recht­lich, wenn:

a.
die geschäft­liche Tätigkeit mindes­tens ein­er Partei be­t­ro­f­fen ist;
b.
ge­gen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundes­gericht of­fen steht; und
c.
die Parteien im sch­weizerischen Han­dels­reg­ister oder in einem ver­gleich­­bar­en aus­ländis­chen Re­gister ein­getra­gen sind.

3 Ist nur die beklagte Partei im sch­weizerischen Han­dels­reg­ister oder in einem ver­gleich­bar­en aus­ländis­chen Re­gister ein­getra­gen, sind aber die übri­gen Voraus­set­zun­gen er­füllt, so hat die kla­gende Partei die Wahl zwis­chen dem Han­dels­gericht und dem or­dent­lichen Gericht.

4 Die Kantone können das Han­dels­gericht aus­ser­dem zuständig erklären für:

a.
Streitigkeiten nach Artikel 5 Ab­satz 1;
b.
Streitigkeiten aus dem Recht der Han­dels­gesell­schaften und Gen­ossen­schaf­ten.

5 Das Han­dels­gericht ist auch für die An­ord­nung vor­sorg­lich­er Mass­nah­men vor Ein­tritt der Recht­shängigkeit ein­er Klage zuständig.

Art. 7 Gericht bei Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenver­sicherung  

Die Kantone können ein Gericht bezeichnen, welches als ein­zige kan­tonale In­stanz für Streitigkeiten aus Zus­atzver­sicher­ungen zur sozialen Kranken­ver­sicher­ung nach dem Bundes­ge­setz vom 18. März 199417 über die Kranken­ver­sicher­ung zuständig ist.

Art. 8 Direkte Klage beim oberen Gericht  

1 In ver­mö­gens­recht­lichen Streitigkeiten kann die kla­gende Partei mit Zus­tim­mung der beklagten Partei direkt an das obere Gericht gelan­gen, sofern der Streit­wert mindes­tens 100 000 Franken be­trägt.

2 Dieses Gericht entscheidet als ein­zige kan­tonale In­stanz.

2. Kapitel: Örtliche Zuständigkeit

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 9 Zwingende Zuständigkeit  

1 Ein Gerichtsstand ist nur dann zwin­gend, wenn es das Ge­setz aus­drück­lich vor­schreibt.

2 Von einem zwin­genden Gerichtsstand können die Parteien nicht ab­weichen.

Art. 10 Wohnsitz und Sitz  

1 Sieht dieses Ge­setz nichts an­deres vor, so ist zuständig:

a.
für Kla­gen ge­gen eine natür­liche Per­son: das Gericht an der­en Wohns­itz;
b.
für Kla­gen ge­gen eine jur­istische Per­son und ge­gen öf­fent­lich-recht­liche An­stal­ten und Körper­schaften sow­ie ge­gen Kollekt­iv- und Kom­man­dit­ge­sell­schaften: das Gericht an der­en Sitz;
c.
für Kla­gen ge­gen den Bund: das Ober­gericht des Kan­tons Bern oder das obere Gericht des Kan­tons, in dem die kla­gende Partei ihren Wohns­itz, Sitz oder gewöhn­lichen Aufenthalt hat;
d.
für Kla­gen ge­gen ein­en Kan­ton: ein Gericht am Kan­ton­shauptort.

2 Der Wohns­itz bestim­mt sich nach dem Zivil­ge­set­zbuch (ZGB)18. Artikel 24 ZGB ist nicht an­wend­bar.

Art. 11 Aufenthaltsort  

1 Hat die beklagte Partei kein­en Wohns­itz, so ist das Gericht an ihr­em gewöhn­lichen Aufenthalt­sort zuständig.

2 Gewöhn­lich­er Aufenthalt­sort ist der Ort, an dem eine Per­son während länger­er Zeit lebt, selbst wenn die Dauer des Aufenthalts von vornherein be­fristet ist.

3 Hat die beklagte Partei kein­en gewöhn­lichen Aufenthalt­sort, so ist das Gericht an ihr­em let­zten bekan­nten Aufenthalt­sort zuständig.

Art. 12 Niederlassung  

Für Kla­gen aus dem Be­trieb ein­er geschäft­lichen oder beru­f­lichen Nieder­las­sung oder ein­er Zweignieder­las­sung ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der beklagten Partei oder am Ort der Nieder­las­sung zuständig.

Art. 13 Vorsorgliche Massnahmen  

So­weit das Ge­setz nichts an­deres bestim­mt, ist für die An­ord­nung vor­sorg­lich­er Mass­nah­men zwin­gend zuständig das Gericht am Ort, an dem:

a.
die Zuständigkeit für die Hauptsache gegeben ist; oder
b.
die Mass­nahme voll­streckt wer­den soll.
Art. 14 Widerklage  

1 Beim für die Hauptk­lage ört­lich zuständi­gen Gericht kann Wider­klage er­hoben wer­den, wenn die Wider­klage mit der Hauptk­lage in einem sach­lichen Zusam­men­hang steht.

2 Dieser Gerichtsstand bleibt auch be­stehen, wenn die Hauptk­lage aus ir­gendeinem Grund dah­in­fällt.

Art. 15 Streitgenossenschaft und Klagenhäufung  

1 Richtet sich die Klage ge­gen mehr­ere Streit­gen­ossen, so ist das für eine beklagte Partei zuständige Gericht für alle beklagten Parteien zuständig, sofern diese Zustän­digkeit nicht nur auf ein­er Gerichtsstandsver­ein­bar­ung ber­uht.

2 Stehen mehr­ere An­s­prüche ge­gen eine beklagte Partei in einem sach­lichen Zusam­men­hang, so ist jedes Gericht zuständig, das für ein­en der An­s­prüche zustän­dig ist.

Art. 16 Streitverkündungsklage  

Für die Streit­verkündung mit Klage ist das Gericht des Haupt­prozesses zuständig.

Art. 17 Gerichtsstandsvereinbarung  

1 So­weit das Ge­setz nichts an­deres bestim­mt, können die Parteien für ein­en be­ste­henden oder für ein­en kün­fti­gen Rechtsstreit über An­s­prüche aus einem bestim­mten Rechts­ver­hält­nis ein­en Gerichtsstand ver­ein­bar­en. Ge­ht aus der Ver­ein­bar­ung nichts an­deres her­vor, so kann die Klage nur am ver­ein­barten Gerichtsstand er­hoben wer­den.

2 Die Ver­ein­bar­ung muss schrift­lich oder in ein­er an­der­en Form er­fol­gen, die den Nach­weis durch Text er­mög­licht.

Art. 18 Einlassung  

So­weit das Ge­setz nichts an­deres bestim­mt, wird das an­gerufene Gericht zuständig, wenn sich die beklagte Partei ohne Einrede der fehlenden Zuständigkeit zur Sache äussert.

Art. 19 Freiwillige Gerichtsbarkeit  

In Angele­gen­heiten der freiwil­li­gen Gerichts­barkeit ist das Gericht oder die Be­hörde am Wohns­itz oder Sitz der ge­such­s­tel­lenden Partei zwin­gend zuständig, sofern das Ge­setz nichts an­deres bestim­mt.

2. Abschnitt: Personenrecht

Art. 20 Persönlichkeits- und Datenschutz  

Für die fol­genden Kla­gen und Begehren ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz ein­er der Parteien zuständig:

a.
Kla­gen aus Per­sön­lich­keits­ver­let­zung;
b.
Begehren um Ge­gendarstel­lung;
c.
Kla­gen auf Na­menss­chutz und auf An­fech­tung ein­er Na­mensän­der­ung;
d.
Kla­gen und Begehren nach Artikel 15 des Bundes­ge­set­zes vom 19. Juni 199219 über den Datens­chutz.
Art. 21 Todes- und Verschollenerklärung  

Für Ge­suche, die eine Todes- oder eine Ver­schol­len­erklärung be­tref­fen (Art. 34–38 ZGB20), ist das Gericht am let­zten bekan­nten Wohns­itz der ver­schwunden­en Per­son zwin­gend zuständig.

Art. 22 Bereinigung des Zivilstandsregisters  

Für Kla­gen, die eine Berein­i­gung des Zivil­stand­sreg­isters be­tref­fen, ist zwin­gend das Gericht zuständig, in dessen Amt­skre­is die zu berein­i­gende Beurkundung von Per­son­en­standsdaten er­fol­gt ist oder hätte er­fol­gen müssen.

3. Abschnitt: Familienrecht

Art. 23 Eherechtliche Gesuche und Klagen  

1 Für eherecht­liche Ge­suche und Kla­gen sow­ie für Ge­suche um An­ord­nung vor­sorg­lich­er Mass­nah­men ist das Gericht am Wohns­itz ein­er Partei zwin­gend zustän­dig.

2 Für Ge­suche der Auf­sichts­be­hörde in Be­treibungs­sachen auf An­ord­nung der Güter­trennung ist das Gericht am Wohns­itz der Schuld­ner­in oder des Schuld­ners zwin­gend zuständig.

Art. 24 Gesuche und Klagen bei eingetragener Partnerschaft  

Für Ge­suche und Kla­gen bei ein­getra­gen­er Part­ner­schaft sow­ie für Ge­suche um An­ord­nung vor­sorg­lich­er Mass­nah­men ist das Gericht am Wohns­itz ein­er Partei zwin­gend zuständig.

Art. 25 Feststellung und Anfechtung des Kindesverhältnisses  

Für Kla­gen auf Fest­s­tel­lung und auf An­fech­tung des Kindes­ver­hält­n­isses ist das Gericht am Wohns­itz ein­er der Parteien zwin­gend zuständig.

Art. 26 Unterhalts- und Unterstützungsklagen  

Für selbst­ständige Un­ter­halt­sk­la­gen der Kinder ge­gen ihre El­tern und für Kla­gen ge­gen un­ter­stützung­sp­f­lichtige Ver­wandte ist das Gericht am Wohns­itz ein­er der Parteien zwin­gend zuständig.

Art. 27 Ansprüche der unverheirateten Mutter  

Für An­s­prüche der un­ver­heir­at­eten Mut­ter ist das Gericht am Wohns­itz ein­er der Parteien zwin­gend zuständig.

4. Abschnitt: Erbrecht

Art. 28  

1 Für er­brecht­liche Kla­gen sow­ie für Kla­gen auf gü­ter­recht­liche Au­s­ein­ander­set­zung beim Tod eines Ehegat­ten, ein­er ein­getra­gen­en Part­ner­in oder eines ein­getra­gen­en Part­ners ist das Gericht am let­zten Wohns­itz der Erblas­ser­in oder des Erblass­ers zuständig.

2 Für Mass­nah­men im Zusam­men­hang mit dem Er­bgang ist die Be­hörde am let­zten Wohns­itz der Erblas­ser­in oder des Erblass­ers zwin­gend zuständig. Ist der Tod nicht am Wohns­itz ein­getre­ten, so macht die Be­hörde des Sterbeor­tes derjeni­gen des Wohnor­tes Mit­teilung und trifft die nöti­gen Mass­nah­men, um die Ver­mö­genswerte am Sterbeort zu sich­ern.

3 Selbst­ständige Kla­gen auf er­brecht­liche Zu­weisung eines land­wirtschaft­lichen Gew­erbes oder Grundstückes können auch am Ort der gele­gen­en Sache er­hoben wer­den.

5. Abschnitt: Sachenrecht

Art. 29 Grundstücke  

1 Für die fol­genden Kla­gen ist das Gericht am Ort, an dem das Grundstück im Grundbuch auf­gen­om­men ist oder aufzun­eh­men wäre, zuständig:

a.
ding­liche Kla­gen;
b.
Kla­gen ge­gen die Ge­meinsch­aft der Stock­werkei­gentümer­innen und Stock­werkei­gentümer;
c.
Kla­gen auf Errich­tung ge­set­z­lich­er Pfandrechte.

2 An­dere Kla­gen, die sich auf Rechte an Grundstück­en bez­iehen, können auch beim Gericht am Wohns­itz oder Sitz der beklagten Partei er­hoben wer­den.

3 Bez­ieht sich eine Klage auf mehr­ere Grundstücke oder ist das Grundstück in mehr­er­en Kreis­en in das Grundbuch auf­gen­om­men worden, so ist das Gericht an dem Ort zuständig, an dem das flächen­mässig grösste Grundstück oder der flächen­mässig grösste Teil des Grundstücks liegt.

4 Für Angele­gen­heiten der freiwil­li­gen Gerichts­barkeit, die sich auf Rechte an Grundstück­en bez­iehen, ist das Gericht an dem Ort zwin­gend zuständig, an dem das Grundstück im Grundbuch auf­gen­om­men ist oder aufzun­eh­men wäre.

Art. 30 Bewegliche Sachen  

1 Für Kla­gen, welche ding­liche Rechte, den Besitz an be­weg­lichen Sachen oder For­der­ungen, die durch Fahrnis­p­fand gesich­ert sind, be­tref­fen, ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der beklagten Partei oder am Ort der gele­gen­en Sache zuständig.

2 Für Angele­gen­heiten der freiwil­li­gen Gerichts­barkeit ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der ge­such­s­tel­lenden Partei oder am Ort der gele­gen­en Sache zwin­gend zuständig.

6. Abschnitt: Klagen aus Vertrag

Art. 31 Grundsatz  

Für Kla­gen aus Ver­trag ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der beklagten Partei oder an dem Ort zuständig, an dem die charak­ter­istische Leis­tung zu er­brin­g­en ist.

Art. 32 Konsumentenvertrag  

1 Bei Streitigkeiten aus Kon­sumenten­ver­trä­gen ist zuständig:

a.
für Kla­gen der Kon­sumentin oder des Kon­sumenten: das Gericht am Wohn­sitz oder Sitz ein­er der Parteien;
b.
für Kla­gen der An­bi­eter­in oder des An­bi­eters: das Gericht am Wohns­itz der beklagten Partei.

2 Als Kon­sumenten­ver­träge gel­ten Ver­träge über Leis­tun­gen des üb­lichen Ver­brauchs, die für die per­sön­lichen oder fa­miliären Bedür­fn­isse der Kon­sumentin oder des Kon­sumenten bestim­mt sind und von der an­der­en Partei im Rah­men ihr­er beru­f­lichen oder gew­erb­lichen Tätigkeit an­ge­boten wer­den.

Art. 33 Miete und Pacht unbeweglicher Sachen  

Für Kla­gen aus Miete und Pacht un­be­weg­lich­er Sachen ist das Gericht am Ort der gele­gen­en Sache zuständig.

Art. 34 Arbeitsrecht  

1 Für arbeit­s­recht­liche Kla­gen ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der beklagten Partei oder an dem Ort, an dem die Arbeit­nehmer­in oder der Arbeit­nehmer gewöhn­lich die Arbeit ver­richtet, zuständig.

2 Für Kla­gen ein­er stel­len­suchenden Per­son sow­ie ein­er Arbeit­nehmer­in oder eines Arbeit­nehmers, die sich auf das Arbeits­ver­mittlungs­ge­setz vom 6. Ok­to­ber 198921 stützen, ist zusätz­lich das Gericht am Ort der Geschäft­s­nieder­las­sung der ver­mit­telnden oder ver­lei­henden Per­son, mit welch­er der Ver­trag abgeschlossen wurde, zuständig.

Art. 35 Verzicht auf die gesetzlichen Gerichtsstände  

1 Auf die Gerichtsstände nach den Artikeln 32–34 können nicht zum Voraus oder durch Ein­las­sung ver­zicht­en:

a.
die Kon­sumentin oder der Kon­sument;
b.
die Partei, die Wohn- oder Geschäft­s­räume gem­i­etet oder ge­pachtet hat;
c.
bei land­wirtschaft­lichen Pachtver­hält­n­is­sen: die pachtende Partei;
d.
die stel­len­suchende oder arbeit­nehmende Partei.

2 Vorbe­hal­ten bleibt der Ab­schluss ein­er Gerichtsstandsver­ein­bar­ung nach Entste­hung der Streitigkeit.

7. Abschnitt: Klagen aus unerlaubter Handlung

Art. 36 Grundsatz  

Für Kla­gen aus un­er­laub­ter Hand­lung ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der geschädigten Per­son oder der beklagten Partei oder am Hand­lungs- oder am Er­folgs­ort zuständig.

Art. 37 Schadenersatz bei ungerechtfertigten vorsorglichen Massnahmen  

Für Schaden­er­satzk­la­gen we­gen ungerecht­fer­tigter vor­sorg­lich­er Mass­nah­men ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der beklagten Partei oder an dem Ort, an dem die vor­sorg­liche Mass­nahme an­geord­net wurde, zuständig.

Art. 38 Motorfahrzeug- und Fahrradunfälle  

1 Für Kla­gen aus Mo­tor­fahrzeug- und Fahr­radun­fäl­len ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der beklagten Partei oder am Un­fal­lort zuständig.

2 Für Kla­gen ge­gen das na­tionale Ver­sicher­ungs­büro (Art. 74 des Strassen­verkehrs­ge­set­zes vom 19. Dez. 195822; SVG) oder ge­gen den na­tionalen Garantiefonds (Art. 76 SVG) ist zusätz­lich das Gericht am Ort ein­er Zweignieder­las­sung dieser Ein­rich­tun­gen zuständig.

Art. 38a Nuklearschäden 23  

1 Für Kla­gen aus nuk­lear­en Ereign­is­sen ist zwin­gend das Gericht des Kan­tons zuständig, auf dessen Ge­biet das Ereignis ein­getre­ten ist.

2 Kann dieser Kan­ton nicht mit Sich­er­heit bestim­mt wer­den, so ist zwin­gend das Gericht des Kan­tons zuständig, in wel­chem die Kernan­lage des haft­p­f­lichti­gen In­hab­ers gele­gen ist.

3 Be­stehen nach diesen Re­geln mehr­ere Gerichtsstände, so ist zwin­gend das Gericht des Kan­tons zuständig, der die eng­ste Ver­bindung zum Ereignis auf­weist und am meisten von sein­en Aus­wirkun­gen be­t­ro­f­fen ist.

23 Einge­fügt durch An­hang 2 Ziff. 1, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2022 43; BBl 2007 5397).

Art. 39 Adhäsionsklage  

Für die Beur­teilung ad­hä­sion­s­weise gel­tend gemachter Zivil­ans­prüche bleibt die Zuständigkeit des Strafgerichts vorbe­hal­ten.

8. Abschnitt: Handelsrecht

Art. 40 Gesellschaftsrecht und Handelsregister 24  

1 Für Kla­gen aus gesell­schaft­s­recht­lich­er Ver­ant­wort­lich­keit ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der beklagten Partei oder am Sitz der Gesell­schaft zuständig.

2 Für die Wiedere­in­tra­gung ein­er gelöscht­en Recht­sein­heit ins Han­dels­reg­ister ist das Gericht am let­zten ein­getra­gen­en Sitz der gelöscht­en Recht­sein­heit zwin­gend zuständig.25

24 Fas­sung gemäss An­hang Ziff. 2 des BG vom 17. März 2017 (Han­dels­reg­is­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 957; BBl 2015 3617).

25 Einge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 17. März 2017 (Han­dels­reg­is­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 957; BBl 2015 3617).

Art. 4126  

26 Aufge­hoben durch Ziff. II 1 des BG vom 28. Sept. 2012, mit Wirkung seit 1. Mai 2013 (AS 2013 1103; BBl 2011 6873).

Art. 42 Fusionen, Spaltungen, Umwandlungen und Vermögensübertragungen  

Für Kla­gen, die sich auf das Fu­sionsge­setz vom 3. Ok­to­ber 200327 stützen, ist das Gericht am Sitz eines beteiligten Recht­strägers zuständig.

Art. 43 Kraftloserklärung von Wertpapieren und Versicherungspolicen; Zahlungsverbot  

1 Für die Kraftloserklärung von Beteili­gung­spapier­en ist das Gericht am Sitz der Gesell­schaft zwin­gend zuständig.

2 Für die Kraftloserklärung von Grundp­fandtiteln ist das Gericht an dem Ort zwin­gend zuständig, an dem das Grundstück im Grundbuch auf­gen­om­men ist.

3 Für die Kraftloserklärung der übri­gen Wer­t­papiere und der Ver­sicher­ung­spo­li­cen ist das Gericht am Wohns­itz oder Sitz der Schuld­ner­in oder des Schuld­ners zwin­gend zuständig.

4 Für Zahlungs­ver­bote aus Wech­sel und Check und für der­en Kraftloserklärung ist das Gericht am Zahlung­sort zwin­gend zuständig.

Art. 44 Anleihensobligationen  

Die ört­liche Zuständigkeit für die Er­mäch­ti­gung zur Ein­beru­fung der Gläu­bi­gerv­er­sammlung richtet sich nach Artikel 1165 OR28.

Art. 45 Kollektivanlagen  

Für Kla­gen der An­leger­innen und An­leger sow­ie der Ver­tre­tung der An­legerge­mein­schaft ist das Gericht am Sitz des je­w­eils be­t­ro­f­fen­en Be­wil­li­gung­strägers zwin­gend zuständig.

9. Abschnitt: Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

Art. 46  

Für Kla­gen nach dem Bundes­ge­setz vom 11. April 188929 über Schuld­be­treibung und Konkurs (Sch­KG) bestim­mt sich die ört­liche Zuständigkeit nach diesem Kapi­tel, so­weit das Sch­KG kein­en Gerichtsstand vor­sieht.

3. Kapitel: Ausstand

Art. 47 Ausstandsgründe  

1 Eine Gericht­sper­son tritt in den Aus­stand, wenn sie:

a.
in der Sache ein per­sön­liches In­teresse hat;
b.
in ein­er an­der­en Stel­lung, ins­beson­dere als Mit­glied ein­er Be­hörde, als Rechts­beiständ­in oder Rechtsbeistand, als Sachver­ständige oder Sachver­ständi­ger, als Zeu­gin oder Zeuge, als Me­di­at­or­in oder Me­di­at­or in der glei­chen Sache tätig war;
c.
mit ein­er Partei, ihr­er Ver­treter­in oder ihr­em Ver­treter oder ein­er Per­son, die in der gleichen Sache als Mit­glied der Vor­instanz tätig war, ver­heir­at­et ist oder war, in ein­getra­gen­er Part­ner­schaft lebt oder lebte oder eine fakt­ische Lebens­ge­meinsch­aft führt;
d.
mit ein­er Partei in gerader Linie oder in der Seiten­linie bis und mit dem drit­ten Grad ver­wandt oder ver­schwägert ist;
e.
mit der Ver­treter­in oder dem Ver­treter ein­er Partei oder mit ein­er Per­son, die in der gleichen Sache als Mit­glied der Vor­instanz tätig war, in gerader Linie oder im zweiten Grad der Seiten­linie ver­wandt oder ver­schwägert ist;
f.
aus an­der­en Gründen, ins­beson­dere we­gen Fre­und­schaft oder Feind­schaft mit ein­er Partei oder ihr­er Ver­tre­tung, be­fan­gen sein kön­nte.

2 Kein Aus­stands­grund für sich al­lein ist ins­beson­dere die Mitwirkung:

a.
beim Entscheid über die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege;
b.
beim Sch­lich­tungs­ver­fahren;
c.
bei der Recht­söffnung nach den Artikeln 80–84 Sch­KG30;
d.
bei der An­ord­nung vor­sorg­lich­er Mass­nah­men;
e.
beim Ehes­chutzver­fahren.
Art. 48 Mitteilungspflicht  

Die be­t­ro­f­fene Gericht­sper­son legt ein­en mög­lichen Aus­stands­grund rechtzeit­ig of­fen und tritt von sich aus in den Aus­stand, wenn sie den Grund als gegeben erachtet.

Art. 49 Ausstandsgesuch  

1 Eine Partei, die eine Gericht­sper­son ablehnen will, hat dem Gericht un­verzüg­lich ein ents­prechendes Ge­such zu stel­len, sobald sie vom Aus­stands­grund Ken­nt­nis er­hal­ten hat. Die den Aus­stand be­gründenden Tat­sachen sind glaubhaft zu machen.

2 Die be­t­ro­f­fene Gericht­sper­son nim­mt zum Ge­such Stel­lung.

Art. 50 Entscheid  

1 Wird der gel­tend gemachte Aus­stands­grund be­strit­ten, so entscheidet das Gericht.

2 Der Entscheid ist mit Beschwerde an­fecht­bar.

Art. 51 Folgen der Verletzung der Ausstandsvorschriften  

1 Amt­shand­lun­gen, an den­en eine zum Aus­stand ver­p­f­lichtete Gericht­sper­son mit­gewirkt hat, sind aufzuheben und zu wieder­holen, sofern dies eine Partei in­nert zehn Ta­gen ver­langt, nachdem sie vom Aus­stands­grund Ken­nt­nis er­hal­ten hat.

2 Nicht wieder­hol­bare Be­weis­mass­nah­men darf das entscheidende Gericht ber­ück­sichti­gen.

3 Wird der Aus­stands­grund erst nach Ab­schluss des Ver­fahrens ent­deckt, so gel­ten die Bestim­mun­gen über die Re­vi­sion.

3. Titel: Verfahrensgrundsätze und Prozessvoraussetzungen

1. Kapitel: Verfahrensgrundsätze

Art. 52 Handeln nach Treu und Glauben  

Alle am Ver­fahren beteiligten Per­son­en haben nach Treu und Glauben zu han­deln.

Art. 53 Rechtliches Gehör  

1 Die Parteien haben An­s­pruch auf recht­liches Ge­hör.

2 Ins­beson­dere können sie die Ak­ten ein­sehen und Kopi­en an­fer­ti­gen lassen, so­weit keine über­wie­genden öf­fent­lichen oder privaten In­teressen en­t­ge­gen­stehen.

Art. 54 Öffentlichkeit des Verfahrens  

1 Ver­hand­lun­gen und eine all­fäl­lige münd­liche Er­öffnung des Ur­teils sind öf­fent­lich. Die Entscheide wer­den der Öf­fent­lich­keit zugäng­lich gemacht.

2 Das kan­tonale Recht bestim­mt, ob die Ur­teils­ber­a­tung öf­fent­lich ist.

3 Die Öf­fent­lich­keit kann ganz oder teil­weise aus­geschlossen wer­den, wenn es das öf­fent­liche In­teresse oder das schutzwür­dige In­teresse ein­er beteiligten Per­son er­fordert.

4 Die fam­i­li­en­recht­lichen Ver­fahren sind nicht öf­fent­lich.

Art. 55 Verhandlungs- und Untersuchungsgrundsatz  

1 Die Parteien haben dem Gericht die Tat­sachen, auf die sie ihre Begehren stützen, dar­zule­gen und die Be­weis­mit­tel an­zugeben.

2 Vorbe­hal­ten bleiben ge­set­z­liche Bestim­mun­gen über die Fest­s­tel­lung des Sachver­haltes und die Be­weiser­hebung von Amtes we­gen.

Art. 56 Gerichtliche Fragepflicht  

Ist das Vor­brin­g­en ein­er Partei un­klar, wider­sprüch­lich, un­bestim­mt oder of­fen­sicht­lich un­voll­ständig, so gibt ihr das Gericht durch ents­prechende Fra­gen Gele­gen­heit zur Klarstel­lung und zur Er­gän­zung.

Art. 57 Rechtsanwendung von Amtes wegen  

Das Gericht wen­det das Recht von Amtes we­gen an.

Art. 58 Dispositions- und Offizialgrundsatz  

1 Das Gericht darf ein­er Partei nicht mehr und nichts an­deres zus­prechen, als sie ver­langt, und nicht weni­ger, als die Ge­gen­partei an­erkan­nt hat.

2 Vorbe­hal­ten bleiben ge­set­z­liche Bestim­mun­gen, nach den­en das Gericht nicht an die Parteian­träge ge­bunden ist.

2. Kapitel: Prozessvoraussetzungen

Art. 59 Grundsatz  

1 Das Gericht tritt auf eine Klage oder auf ein Ge­such ein, sofern die Prozess­voraus­set­zun­gen er­füllt sind.

2 Prozess­voraus­set­zun­gen sind ins­beson­dere:

a.
die kla­gende oder ge­such­s­tel­lende Partei hat ein schutzwür­diges In­teresse;
b.
das Gericht ist sach­lich und ört­lich zuständig;
c.
die Parteien sind partei- und prozess­fähig;
d.
die Sache ist nicht an­der­weit­ig recht­shängig;
e.
die Sache ist noch nicht recht­skräftig entschieden;
f.
der Vorschuss und die Sich­er­heit für die Prozesskos­ten sind geleistet wor­den.
Art. 60 Prüfung der Prozessvoraussetzungen  

Das Gericht prüft von Amtes we­gen, ob die Prozess­voraus­set­zun­gen er­füllt sind.

Art. 61 Schiedsvereinbarung  

Haben die Parteien über eine schiedsfähige Streit­sache eine Schiedsver­ein­bar­ung get­ro­f­fen, so lehnt das an­gerufene staat­liche Gericht seine Zuständigkeit ab, es sei denn:

a.
die beklagte Partei habe sich vorbe­haltlos auf das Ver­fahren ein­gelassen;
b.
das Gericht stelle fest, dass die Schiedsver­ein­bar­ung of­fensicht­lich un­gültig oder nicht er­füll­bar sei; oder
c.
das Schiedsgericht könne nicht be­stellt wer­den aus Gründen, für welche die im Schieds­ver­fahren beklagte Partei of­fensicht­lich ein­zustehen hat.

4. Titel: Rechtshängigkeit und Folgen des Klagerückzugs

Art. 62 Beginn der Rechtshängigkeit  

1 Die Ein­reichung eines Sch­lich­tungs­ge­suches, ein­er Klage, eines Ge­suches oder eines ge­mein­samen Scheidungs­begehrens be­grün­det Recht­shängigkeit.

2 Der Eingang dieser Eingaben wird den Parteien be­stätigt.

Art. 63 Rechtshängigkeit bei fehlender Zuständigkeit und falscher Verfahrensart  

1 Wird eine Eingabe, die man­gels Zuständigkeit zurück­gezo­gen oder auf die nicht ein­getre­ten wurde, in­nert eines Mon­ates seit dem Rück­zug oder dem Nichteintre­tensentscheid bei der zuständi­gen Sch­lich­tungs­be­hörde oder beim zuständi­gen Gericht neu eingereicht, so gilt als Zeit­punkt der Recht­shängigkeit das Datum der er­sten Ein­reichung.

2 Gleiches gilt, wenn eine Klage nicht im richti­gen Ver­fahren eingereicht wurde.

3 Vorbe­hal­ten bleiben die be­son­der­en ge­set­z­lichen Klage­fristen nach dem Sch­KG31.

Art. 64 Wirkungen der Rechtshängigkeit  

1 Die Recht­shängigkeit hat ins­beson­dere fol­gende Wirkun­gen:

a.
der Streit­ge­gen­stand kann zwis­chen den gleichen Parteien nicht an­der­weit­ig recht­shängig gemacht wer­den;
b.
die ört­liche Zuständigkeit bleibt er­hal­ten.

2 Für die Wahrung ein­er ge­set­z­lichen Frist des Privatrechts, die auf den Zeit­punkt der Klage, der Kla­gean­hebung oder auf ein­en an­der­en ver­fahren­sein­leitenden Sch­ritt ab­stellt, ist die Recht­shängigkeit nach diesem Ge­setz massgebend.

Art. 65 Folgen des Klagerückzugs  

Wer eine Klage beim zum Entscheid zuständi­gen Gericht zurück­zieht, kann ge­gen die gleiche Partei über den gleichen Streit­ge­gen­stand kein­en zweiten Prozess mehr führen, sofern das Gericht die Klage der beklagten Partei bereits zuges­tellt hat und diese dem Rück­zug nicht zus­tim­mt.

5. Titel: Die Parteien und die Beteiligung Dritter

1. Kapitel: Partei- und Prozessfähigkeit

Art. 66 Parteifähigkeit  

Parteifähig ist, wer rechts­fähig ist oder von Bundes­rechts we­gen als Partei auftre­ten kann.

Art. 67 Prozessfähigkeit  

1 Prozess­fähig ist, wer hand­lungs­fähig ist.

2 Für eine hand­lung­sun­fähige Per­son han­delt ihre ge­set­z­liche Ver­tre­tung.

3 So­weit eine hand­lung­sun­fähige Per­son ur­teils­fähig ist, kann sie:

a.
selbst­ständig Rechte aus­üben, die ihr um ihr­er Per­sön­lich­keit wil­len zuste­hen;
b.
vorläufig selbst das Nötige vorkehren, wenn Ge­fahr in Verzug ist.

2. Kapitel: Parteivertretung

Art. 68 Vertragliche Vertretung  

1 Jede prozess­fähige Partei kann sich im Prozess ver­tre­ten lassen.

2 Zur beruf­s­mässigen Ver­tre­tung sind befugt:

a.
in al­len Ver­fahren: An­wäl­tinnen und An­wälte, die nach dem An­walts­ge­setz vom 23. Juni 200032 berechtigt sind, Parteien vor sch­weizerischen Gericht­en zu ver­tre­ten;
b.
vor der Sch­lich­tungs­be­hörde, in ver­mö­gens­recht­lichen Streitigkeiten des ver­ein­facht­en Ver­fahrens sow­ie in den Angele­gen­heiten des sum­mar­ischen Ver­fahrens: pat­en­tierte Sach­wal­ter­innen und Sach­wal­ter sow­ie Recht­sagen­tinnen und Recht­sagen­ten, so­weit das kan­tonale Recht es vor­sieht;
c.
in den Angele­gen­heiten des sum­mar­ischen Ver­fahrens nach Artikel 251 die­ses Ge­set­zes: gew­erbsmässige Ver­treter­innen und Ver­treter nach Artikel 27 Sch­KG33;
d.
vor den Miet- und Arbeits­gericht­en beru­f­lich qual­i­f­iz­ierte Ver­treter­innen und Ver­treter, so­weit das kan­tonale Recht es vor­sieht.

3 Die Ver­treter­in oder der Ver­treter hat sich durch eine Voll­macht aus­zu­weis­en.

4 Das Gericht kann das per­sön­liche Er­schein­en ein­er ver­treten­en Partei an­ordnen.

Art. 69 Unvermögen der Partei  

1 Ist eine Partei of­fensicht­lich nicht im­stande, den Prozess selbst zu führen, so kann das Gericht sie auffordern, eine Ver­treter­in oder ein­en Ver­treter zu beau­ftra­gen. Leistet die Partei in­nert der an­ge­set­zten Frist keine Folge, so be­stellt ihr das Gericht eine Ver­tre­tung.

2 Das Gericht ben­a­chrichtigt die Er­wach­sen­en- und Kindes­s­chutzbe­hörde, wenn es Schutzmass­nah­men für ge­boten hält.34

34 Fas­sung gemäss An­hang 2 Ziff. 3, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2011 725; BBl 2006 7001).

3. Kapitel: Streitgenossenschaft

Art. 70 Notwendige Streitgenossenschaft  

1 Sind mehr­ere Per­son­en an einem Rechts­ver­hält­nis beteiligt, über das nur mit Wirkung für alle entschieden wer­den kann, so müssen sie ge­mein­sam kla­gen oder beklagt wer­den.

2 Rechtzeit­ige Prozesshand­lun­gen eines Streit­gen­ossen wirken auch für säu­mige Streit­gen­ossen; aus­gen­om­men ist das Er­gre­ifen von Rechts­mit­teln.

Art. 71 Einfache Streitgenossenschaft  

1 Sol­len Rechte und Pf­licht­en beur­teilt wer­den, die auf gleicharti­gen Tat­sachen oder Rechts­gründen ber­uhen, so können mehr­ere Per­son­en ge­mein­sam kla­gen oder beklagt wer­den.

2 Die ein­fache Streit­gen­os­senschaft ist aus­geschlossen, wenn für die ein­zelnen Kla­gen nicht die gleiche Ver­fahrensart an­wend­bar ist.

3 Jeder Streit­gen­osse kann den Prozess un­ab­hängig von den an­dern Streit­gen­ossen führen.

Art. 72 Gemeinsame Vertretung  

Die Streit­gen­ossen können eine ge­mein­same Ver­tre­tung bezeichnen, sonst erge­hen Zus­tel­lungen an jeden ein­zelnen Streit­gen­ossen.

4. Kapitel: Intervention

1. Abschnitt: Hauptintervention

Art. 73  

1 Wer am Streit­ge­gen­stand ein besseres Recht be­haup­tet, das beide Parteien ganz oder teil­weise aus­schliesst, kann beim Gericht, bei dem der Prozess er­stin­stan­z­lich recht­shängig ist, ge­gen beide Parteien Klage er­heben.

2 Das Gericht kann den Prozess bis zur recht­skräfti­gen Erledi­gung der Klage des Hauptint­er­veni­en­ten ein­stel­len oder die Ver­fahren ver­ein­i­gen.

2. Abschnitt: Nebenintervention

Art. 74 Grundsatz  

Wer ein recht­liches In­teresse glaubhaft macht, dass eine recht­shängige Streitigkeit zu­gun­sten der ein­en Partei entschieden werde, kann im Prozess jederzeit als Neben­partei in­ter­ven­ier­en und zu diesem Zweck beim Gericht ein In­ter­ven­tionsge­such stel­len.

Art. 75 Gesuch  

1 Das In­ter­ven­tionsge­such en­thält den Grund der In­ter­ven­tion und die Bezeich­nung der Partei, zu der­en Un­ter­stützung in­ter­ven­iert wird.

2 Das Gericht entscheidet über das Ge­such nach An­hörung der Parteien. Der Ent­scheid ist mit Beschwerde an­fecht­bar.

Art. 76 Rechte der intervenierenden Person  

1 Die in­ter­ven­i­er­ende Per­son kann zur Un­ter­stützung der Haupt­partei alle Prozess­hand­lun­gen vorneh­men, die nach dem Stand des Ver­fahrens zulässig sind, ins­beson­dere alle An­griffs- und Ver­tei­di­gungs­mit­tel gel­tend machen und auch Rechts­mit­tel er­gre­ifen.

2 Stehen die Prozesshand­lun­gen der in­ter­ven­i­er­enden Per­son mit jen­en der Haupt­partei im Wider­spruch, so sind sie im Prozess un­beacht­lich.

Art. 77 Wirkungen der Intervention  

Ein für die Haupt­partei un­gün­stiges Ergeb­nis des Prozesses wirkt auch ge­gen die in­ter­ven­i­er­ende Per­son, es sei denn:

a.
sie sei durch die Lage des Prozesses zur Zeit ihres Ein­tritts oder durch Hand­lun­gen oder Un­ter­las­sun­gen der Haupt­partei ver­hindert gewesen, An­griffs- und Ver­tei­di­gungs­mit­tel gel­tend zu machen; oder
b.
ihr un­bekan­nte An­griffs- oder Ver­tei­di­gungs­mit­tel sei­en von der Haupt­partei ab­sicht­lich oder grob­fahrlässig nicht gel­tend gemacht worden.

5. Kapitel: Streitverkündung

1. Abschnitt: Einfache Streitverkündung

Art. 78 Grundsätze  

1 Eine Partei, die für den Fall ihres Un­ter­lie­gens eine dritte Per­son be­lan­gen will oder den An­s­pruch ein­er drit­ten Per­son be­fürchtet, kann diese auffordern, sie im Prozess zu un­ter­stützen.

2 Die streit­berufene Per­son kann den Streit weit­er verkünden.

Art. 79 Stellung der streitberufenen Person  

1 Die streit­berufene Per­son kann:

a.
zu­gun­sten der Partei, die ihr den Streit verkün­det hat, ohne weit­ere Voraus­set­zun­gen in­ter­ven­ier­en; oder
b.
an­stelle der Partei, die ihr den Streit verkün­det hat, mit der­en Ein­ver­ständ­nis den Prozess führen.

2 Lehnt sie den Ein­tritt ab oder erklärt sie sich nicht, so wird der Prozess ohne Rück­sicht auf sie fort­ge­set­zt.

Art. 80 Wirkungen der Streitverkündung  

Artikel 77 gilt sinngemäss.

2. Abschnitt: Streitverkündungsklage

Art. 81 Grundsätze  

1 Die streit­verkündende Partei kann ihre An­s­prüche, die sie im Falle des Un­ter­lie­gens ge­gen die streit­berufene Per­son zu haben glaubt, beim Gericht, das mit der Hauptk­lage be­fasst ist, gel­tend machen.

2 Die streit­berufene Per­son kann keine weit­ere Streit­verkündung­sk­lage er­heben.

3 Im ver­ein­facht­en und im sum­mar­ischen Ver­fahren ist die Streit­verkündung­sk­lage un­zulässig.

Art. 82 Verfahren  

1 Die Zu­las­sung der Streit­verkündung­sk­lage ist mit der Kla­geant­wort oder mit der Rep­lik im Haupt­prozess zu bean­tra­gen. Die Rechts­begehren, welche die streit­ver­kündende Partei ge­gen die streit­berufene Per­son zu stel­len geden­kt, sind zu nennen und kurz zu be­gründen.

2 Das Gericht gibt der Ge­gen­partei sow­ie der streit­berufen­en Per­son Gele­gen­heit zur Stel­lung­nahme.

3 Wird die Streit­verkündung­sk­lage zu­gelassen, so bestim­mt das Gericht Zeit­punkt und Um­fang des be­tref­fenden Schriften­wech­sels; Artikel 125 bleibt vorbe­hal­ten.

4 Der Entscheid über die Zu­las­sung der Klage ist mit Beschwerde an­fecht­bar.

6. Kapitel: Parteiwechsel

Art. 83  

1 Wird das Streit­o­b­jekt während des Prozesses ver­äussert, so kann die Er­wer­ber­in oder der Er­wer­ber an Stelle der ver­äussernden Partei in den Prozess ein­tre­ten.

2 Die ein­tre­tende Partei haftet für die ges­amten Prozesskos­ten. Für die bis zum Parteiwech­sel aufgelaufen­en Prozesskos­ten haftet die aus­scheidende Partei sol­ida­risch mit.

3 In be­grün­deten Fäl­len hat die ein­tre­tende Partei auf Ver­lan­gen der Ge­gen­partei für die Voll­streck­ung des Entscheides Sich­er­heit zu leisten.

4 Ohne Ver­äusser­ung des Streit­o­b­jekts ist ein Parteiwech­sel nur mit Zus­tim­mung der Ge­gen­partei zulässig; be­son­dere ge­set­z­liche Bestim­mun­gen über die Recht­snach­folge bleiben vorbe­hal­ten.

6. Titel: Klagen

Art. 84 Leistungsklage  

1 Mit der Leis­tung­sk­lage ver­langt die kla­gende Partei die Ver­ur­teilung der beklagten Partei zu einem bestim­mten Tun, Un­ter­lassen oder Dulden.

2 Wird die Bezahlung eines Geld­be­tra­ges ver­langt, so ist dieser zu bezif­fern.

Art. 85 Unbezifferte Forderungsklage  

1 Ist es der kla­genden Partei un­mög­lich oder un­zu­mut­bar, ihre For­der­ung bereits zu Be­ginn des Prozesses zu bezif­fern, so kann sie eine un­bezif­ferte For­der­ung­sk­lage er­heben. Sie muss je­doch ein­en Mindes­twert an­geben, der als vorläufi­ger Streit­wert gilt.

2 Die For­der­ung ist zu bezif­fern, sobald die kla­gende Partei nach Ab­schluss des Be­weis­ver­fahrens oder nach Aus­kun­ft­ser­teilung durch die beklagte Partei dazu in der Lage ist. Das an­gerufene Gericht bleibt zuständig, auch wenn der Streit­wert die sach­liche Zuständigkeit über­steigt.

Art. 86 Teilklage  

Ist ein An­s­pruch teil­bar, so kann auch nur ein Teil eingeklagt wer­den.

Art. 87 Gestaltungsklage  

Mit der Gestal­tung­sk­lage ver­langt die kla­gende Partei die Be­gründung, Än­der­ung oder Auf­hebung eines bestim­mten Rechts oder Rechts­ver­hält­n­isses.

Art. 88 Feststellungsklage  

Mit der Fest­s­tel­lung­sk­lage ver­langt die kla­gende Partei die gericht­liche Fest­s­tel­lung, dass ein Recht oder Rechts­ver­hält­nis be­steht oder nicht be­steht.

Art. 89 Verbandsklage  

1 Ver­eine und an­dere Or­gan­isa­tion­en von ges­amtsch­weizerischer oder re­gionaler Bedeu­tung, die nach ihren Stat­uten zur Wahrung der In­teressen bestim­mter Perso­nen­grup­pen befugt sind, können in ei­genem Na­men auf Ver­let­zung der Per­sön­lich­keit der An­ge­höri­gen dieser Per­son­en­grup­pen kla­gen.

2 Mit der Verb­and­sk­lage kann bean­tragt wer­den:

a.
eine dro­hende Ver­let­zung zu ver­bi­eten;
b.
eine be­stehende Ver­let­zung zu be­seit­i­gen;
c.
die Wider­recht­lich­keit ein­er Ver­let­zung festzus­tel­len, wenn sich diese weit­er­hin störend aus­wirkt.

3 Be­son­dere ge­set­z­liche Bestim­mun­gen über die Verb­and­sk­lage bleiben vorbe­hal­ten.

Art. 90 Klagenhäufung  

Die kla­gende Partei kann mehr­ere An­s­prüche ge­gen dies­elbe Partei in ein­er Klage ver­ein­en, sofern:

a.
das gleiche Gericht dafür sach­lich zuständig ist; und
b.
die gleiche Ver­fahrensart an­wend­bar ist.

7. Titel: Streitwert

Art. 91 Grundsatz  

1 Der Streit­wert wird durch das Rechts­begehren bestim­mt. Zin­sen und Kos­ten des laufenden Ver­fahrens oder ein­er all­fäl­li­gen Pub­lika­tion des Entscheids sow­ie all­fäl­lige Even­tu­al­begehren wer­den nicht hin­zugerech­net.

2 Lautet das Rechts­begehren nicht auf eine bestim­mte Geld­summe, so set­zt das Gericht den Streit­wert fest, sofern sich die Parteien darüber nicht ein­i­gen oder ihre An­gaben of­fensicht­lich un­richtig sind.

Art. 92 Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen  

1 Als Wert wieder­kehrender Nutzun­gen oder Leis­tun­gen gilt der Kapit­al­wert.

2 Bei un­gewis­s­er oder un­bes­chränk­ter Dauer gilt als Kapit­al­wert der zwan­zig­fache Be­trag der ein­jährigen Nutzung oder Leis­tung und bei Leibren­ten der Bar­wert.

Art. 93 Streitgenossenschaft und Klagenhäufung  

1 Bei ein­fach­er Streit­gen­os­senschaft und Kla­gen­häu­fung wer­den die gel­tend gemacht­en An­s­prüche zusam­mengerech­net, sofern sie sich nicht ge­gen­seit­ig aus­schliessen.

2 Bei ein­fach­er Streit­gen­os­senschaft bleibt die Ver­fahrensart trotz Zusam­men­rech­nung des Streit­werts er­hal­ten.

Art. 94 Widerklage  

1 Stehen sich Klage und Wider­klage ge­genüber, so bestim­mt sich der Streit­wert nach dem höher­en Rechts­begehren.

2 Zur Bestim­mung der Prozesskos­ten wer­den die Streit­werte zusam­mengerech­net, sofern sich Klage und Wider­klage nicht ge­gen­seit­ig aus­schliessen.

8. Titel: Prozesskosten und unentgeltliche Rechtspflege

1. Kapitel: Prozesskosten

Art. 95 Begriffe  

1 Prozesskos­ten sind:

a.
die Gericht­skos­ten;
b.
die Parteientschädi­gung.

2 Gericht­skos­ten sind:

a.
die Pauschalen für das Sch­lich­tungs­ver­fahren;
b.
die Pauschalen für den Entscheid (Entscheidge­bühr);
c.
die Kos­ten der Be­weis­führung;
d.
die Kos­ten für die Über­set­zung;
e.
die Kos­ten für die Ver­tre­tung des Kindes (Art. 299 und 300).

3 Als Parteientschädi­gung gilt:

a.
der Er­satz not­wendi­ger Aus­la­gen;
b.
die Kos­ten ein­er beruf­s­mässigen Ver­tre­tung;
c.
in be­grün­deten Fäl­len: eine an­gemessene Umtrieb­sentschädi­gung, wenn eine Partei nicht beruf­s­mässig ver­tre­ten ist.
Art. 96 Tarife  

Die Kantone set­zen die Tarife für die Prozesskos­ten fest.

Art. 97 Aufklärung über die Prozesskosten  

Das Gericht klärt die nicht an­walt­lich ver­tretene Partei über die mut­mass­liche Höhe der Prozesskos­ten sow­ie über die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege auf.

Art. 98 Kostenvorschuss  

Das Gericht kann von der kla­genden Partei ein­en Vorschuss bis zur Höhe der mut­mass­lichen Gericht­skos­ten ver­lan­gen.

Art. 99 Sicherheit für die Parteientschädigung  

1 Die kla­gende Partei hat auf An­trag der beklagten Partei für der­en Parteientschädi­gung Sich­er­heit zu leisten, wenn sie:

a.
kein­en Wohns­itz oder Sitz in der Sch­weiz hat;
b.
zahlung­sun­fähig er­scheint, na­ment­lich wenn ge­gen sie der Konkurs er­öffnet oder ein Nachlass­ver­fahren im Gang ist oder Ver­lust­scheine be­stehen;
c.
Prozesskos­ten aus früher­en Ver­fahren schul­det; oder
d.
wenn an­dere Gründe für eine er­heb­liche Ge­fähr­dung der Parteientschädi­gung be­stehen.

2 Bei not­wendi­ger Streit­gen­os­senschaft ist nur dann Sich­er­heit zu leisten, wenn bei al­len Streit­gen­ossen eine der Voraus­set­zun­gen gegeben ist.

3 Keine Sich­er­heit ist zu leisten:

a.
im ver­ein­facht­en Ver­fahren mit Aus­nahme der ver­mö­gens­recht­lichen Streitig­keiten nach Artikel 243 Ab­satz 1;
b.
im Scheidungs­ver­fahren;
c.
im sum­mar­ischen Ver­fahren mit Aus­nahme des Rechtss­chutzes in klar­en Fäl­len (Art. 257).
Art. 100 Art und Höhe der Sicherheit  

1 Die Sich­er­heit kann in bar oder durch Garantie ein­er in der Sch­weiz niedergelasse­nen Bank oder eines zum Geschäfts­be­trieb in der Sch­weiz zu­gelassen­en Ver­siche­rung­sun­ternehmens geleistet wer­den.

2 Das Gericht kann die zu leistende Sich­er­heit nachträg­lich er­höhen, her­ab­set­zen oder auf­heben.

Art. 101 Leistung des Vorschusses und der Sicherheit  

1 Das Gericht set­zt eine Frist zur Leis­tung des Vorschusses und der Sich­er­heit.

2 Vor­sorg­liche Mass­nah­men kann es schon vor Leis­tung der Sich­er­heit an­ordnen.

3 Wer­den der Vorschuss oder die Sich­er­heit auch nicht in­nert ein­er Nachfrist geleis­tet, so tritt das Gericht auf die Klage oder auf das Ge­such nicht ein.

Art. 102 Vorschuss für Beweiserhebungen  

1 Jede Partei hat die Aus­la­gen des Gerichts vorzuschiessen, die durch von ihr bean­tragte Be­weiser­hebun­gen ver­an­lasst wer­den.

2 Bean­tra­gen die Parteien dasselbe Be­weis­mit­tel, so hat jede Partei die Hälfte vorzu­schiessen.

3 Leistet eine Partei ihren Vorschuss nicht, so kann die an­dere die Kos­ten vorschies­sen; an­dern­falls un­ter­bleibt die Be­weiser­hebung. Vorbe­hal­ten bleiben Streitigkeiten, in den­en das Gericht den Sachver­halt von Amtes we­gen zu er­forschen hat.

Art. 103 Rechtsmittel  

Entscheide über die Leis­tung von Vorschüssen und Sich­er­heiten sind mit Beschwerde an­fecht­bar.

2. Kapitel: Verteilung und Liquidation der Prozesskosten

Art. 104 Entscheid über die Prozesskosten  

1 Das Gericht entscheidet über die Prozesskos­ten in der Re­gel im En­dentscheid.

2 Bei einem Zwis­chen­entscheid (Art. 237) können die bis zu diesem Zeit­punkt entstanden­en Prozesskos­ten ver­teilt wer­den.

3 Über die Prozesskos­ten vor­sorg­lich­er Mass­nah­men kann zusam­men mit der Haupt­sache entschieden wer­den.

4 In einem Rück­weisung­sentscheid kann die obere In­stanz die Ver­teilung der Pro­zesskos­ten des Rechts­mit­telver­fahrens der Vor­instanz über­lassen.

Art. 105 Festsetzung und Verteilung der Prozesskosten  

1 Die Gericht­skos­ten wer­den von Amtes we­gen fest­ge­set­zt und ver­teilt.

2 Die Parteientschädi­gung spricht das Gericht nach den Tarifen (Art. 96) zu. Die Parteien können eine Kos­ten­note ein­reichen.

Art. 106 Verteilungsgrundsätze  

1 Die Prozesskos­ten wer­den der un­ter­lie­genden Partei aufer­legt. Bei Nichtein­tre­ten und bei Kla­ger­ück­zug gilt die kla­gende Partei, bei An­erken­nung der Klage die beklagte Partei als un­ter­lie­gend.

2 Hat keine Partei voll­ständig ob­siegt, so wer­den die Prozesskos­ten nach dem Aus­gang des Ver­fahrens ver­teilt.

3 Sind am Prozess mehr­ere Per­son­en als Haupt- oder Neben­parteien beteiligt, so bestim­mt das Gericht ihren Anteil an den Prozesskos­ten. Es kann auf solid­ar­ische Haf­tung erkennen.

Art. 107 Verteilung nach Ermessen  

1 Das Gericht kann von den Ver­teilungs­grundsätzen ab­weichen und die Prozess­kos­ten nach Er­messen ver­teilen:

a.
wenn die Klage zwar grundsätz­lich, aber nicht in der Höhe der For­der­ung gut­ge­he­is­sen wurde und diese Höhe vom gericht­lichen Er­messen ab­hängig oder die Bezif­fer­ung des An­s­pruchs schwi­erig war;
b.
wenn eine Partei in guten Treuen zur Prozess­führung ver­an­lasst war;
c.
in fam­i­li­en­recht­lichen Ver­fahren;
d.
in Ver­fahren bei ein­getra­gen­er Part­ner­schaft;
e.
wenn das Ver­fahren als ge­gen­stand­slos abges­chrieben wird und das Ge­setz nichts an­deres vor­sieht;
f.
wenn an­dere be­son­dere Um­stände vorlie­gen, die eine Ver­teilung nach dem Aus­gang des Ver­fahrens als un­bil­lig er­schein­en lassen.

1bis Das Gericht kann die Prozesskos­ten bei Ab­weisung gesell­schaft­s­recht­lich­er Kla­gen, die auf Leis­tung an die Gesell­schaft lauten, nach Er­messen auf die Gesell­schaft und die kla­gende Partei aufteilen.35

2 Das Gericht kann Gericht­skos­ten, die weder eine Partei noch Dritte ver­an­lasst haben, aus Bil­ligkeits­gründen dem Kan­ton aufer­le­gen.

35 Einge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 17. März 2017 (Han­dels­reg­is­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 957; BBl 2015 3617).

Art. 108 Unnötige Prozesskosten  

Un­nötige Prozesskos­ten hat zu bezah­len, wer sie ver­ursacht hat.

Art. 109 Verteilung bei Vergleich  

1 Bei einem gericht­lichen Ver­gleich trägt jede Partei die Prozesskos­ten nach Mass­gabe des Ver­gleichs.

2 Die Kos­ten wer­den nach den Artikeln 106–108 ver­teilt, wenn:

a.
der Ver­gleich keine Re­gel­ung en­thält; oder
b.
die get­ro­f­fene Re­gel­ung ein­seit­ig zu­lasten ein­er Partei ge­ht, welch­er die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege be­wil­ligt worden ist.
Art. 110 Rechtsmittel  

Der Kos­ten­entscheid ist selbst­ständig nur mit Beschwerde an­fecht­bar.

Art. 111 Liquidation der Prozesskosten  

1 Die Gericht­skos­ten wer­den mit den geleisteten Vorschüssen der Parteien ver­rech­net. Ein Fehl­betrag wird von der kos­ten­pf­lichti­gen Per­son nachge­fordert.

2 Die kos­ten­pf­lichtige Partei hat der an­der­en Partei die geleisteten Vorschüsse zu er­set­zen sow­ie die zuge­sprochene Parteientschädi­gung zu bezah­len.

3 Vorbe­hal­ten bleiben die Bestim­mun­gen über die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege.

Art. 112 Stundung, Erlass, Verjährung und Verzinsung der Gerichtskosten  

1 Gericht­skos­ten können ges­tun­det oder bei dauernder Mit­tel­losigkeit er­lassen wer­den.

2 Die For­der­ungen ver­jähren zehn Jahre nach Ab­schluss des Ver­fahrens.

3 Der Verzug­sz­ins be­trägt 5 Prozent.

3. Kapitel: Besondere Kostenregelungen

Art. 113 Schlichtungsverfahren  

1 Im Sch­lich­tungs­ver­fahren wer­den keine Parteientschädi­gun­gen ge­sprochen. Vor­be­hal­ten bleibt die Entschädi­gung ein­er un­ent­gelt­lichen Rechtsbeiständ­in oder eines un­ent­gelt­lichen Rechtsbeistandes durch den Kan­ton.

2 Keine Gericht­skos­ten wer­den ge­sprochen in Streitigkeiten:

a.
nach dem Gleich­s­tel­lungs­ge­setz vom 24. März 199536;
b.
nach dem Be­hinder­tengleich­s­tel­lungs­ge­setz vom 13. Dezem­ber 200237;
c.
aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäft­s­räu­men sow­ie aus land­wirt­schaft­lich­er Pacht;
d.
aus dem Arbeits­ver­hält­nis sow­ie nach dem Arbeits­ver­mittlungs­ge­setz vom 6. Ok­to­ber 198938 bis zu einem Streit­wert von 30 000 Franken;
e.
nach dem Mitwirkungs­ge­setz vom 17. Dezem­ber 199339;
f.
aus Zus­atzver­sicher­ungen zur sozialen Kranken­ver­sicher­ung nach dem Bun­des­ge­setz vom 18. März 199440 über die Kranken­ver­sicher­ung.
Art. 114 Entscheidverfahren  

Im Entscheidverfahren wer­den keine Gericht­skos­ten ge­sprochen bei Streitigkeiten:

a.
nach dem Gleich­s­tel­lungs­ge­setz vom 24. März 199541;
b.
nach dem Be­hinder­tengleich­s­tel­lungs­ge­setz vom 13. Dezem­ber 200242;
c.
aus dem Arbeits­ver­hält­nis sow­ie nach dem Arbeits­ver­mittlungs­ge­setz vom 6. Ok­to­ber 198943 bis zu einem Streit­wert von 30 000 Franken;
d.
nach dem Mitwirkungs­ge­setz vom 17. Dezem­ber 199344;
e.
aus Zus­atzver­sicher­ungen zur sozialen Kranken­ver­sicher­ung nach dem Bun­des­ge­setz vom 18. März 199445 über die Kranken­ver­sicher­ung;
f.46
we­gen Ge­walt, Dro­hun­gen oder Nachs­tel­lungen nach Artikel 28b ZGB47 oder be­tref­fend die elektron­is­che Über­wachung nach Artikel 28c ZGB.

41 SR 151.1

42 SR 151.3

43 SR 823.11

44 SR 822.14

45 SR 832.10

46 Einge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Verbesser­ung des Schutzes ge­walt­be­t­ro­f­fen­er Per­son­en, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

47 SR 210

Art. 115 Kostentragungspflicht  

1 Bei bös- oder mutwil­li­ger Prozess­führung können die Gericht­skos­ten auch in den un­ent­gelt­lichen Ver­fahren ein­er Partei aufer­legt wer­den.

2 Bei Streitigkeiten nach Artikel 114 Buch­stabe f können die Gericht­skos­ten der un­ter­lie­genden Partei aufer­legt wer­den, wenn ge­gen sie ein Ver­bot nach Artikel 28bZGB48 oder eine elektron­is­che Über­wachung nach Artikel 28cZGB an­geord­net wird.49

48 SR 210

49 Einge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Verbesser­ung des Schutzes ge­walt­be­t­ro­f­fen­er Per­son­en, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

Art. 116 Kostenbefreiung nach kantonalem Recht  

1 Die Kantone können weit­ere Be­freiun­gen von den Prozesskos­ten gewähren.

2 Be­freiun­gen, welche ein Kan­ton sich selbst, sein­en Ge­meinden und an­der­en kanto­nalrecht­lichen Körper­schaften gewährt, gel­ten auch für den Bund.

4. Kapitel: Unentgeltliche Rechtspflege

Art. 117 Anspruch  

Eine Per­son hat An­s­pruch auf un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege, wenn:

a.
sie nicht über die er­forder­lichen Mit­tel ver­fügt; und
b.
ihr Rechts­begehren nicht aus­sichtslos er­scheint.
Art. 118 Umfang  

1 Die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege um­fasst:

a.
die Be­freiung von Vorschuss- und Sich­er­heitsleis­tun­gen;
b.
die Be­freiung von den Gericht­skos­ten;
c.
die gericht­liche Be­stel­lung ein­er Rechtsbeiständ­in oder eines Rechtsbeistan­des, wenn dies zur Wahrung der Rechte not­wendig ist, ins­beson­dere wenn die Ge­gen­partei an­walt­lich ver­tre­ten ist; die Rechtsbeiständ­in oder der Rechtsbeistand kann bereits zur Vorbereit­ung des Prozesses be­stellt wer­den.

2 Sie kann ganz oder teil­weise gewährt wer­den.

3 Sie be­freit nicht von der Bezahlung ein­er Parteientschädi­gung an die Ge­gen­partei.

Art. 119 Gesuch und Verfahren  

1 Das Ge­such um un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege kann vor oder nach Ein­tritt der Recht­shängigkeit ges­tellt wer­den.

2 Die ge­such­s­tel­lende Per­son hat ihre Einkom­mens- und Ver­mö­gens­ver­hält­n­isse dar­zule­gen und sich zur Sache sow­ie über ihre Be­weis­mit­tel zu äussern. Sie kann die Per­son der gewün­scht­en Rechtsbeiständ­in oder des gewün­scht­en Rechtsbeistands im Ge­such bezeichnen.

3 Das Gericht entscheidet über das Ge­such im sum­mar­ischen Ver­fahren. Die Ge­gen­partei kann an­ge­hört wer­den. Sie ist im­mer an­zuhören, wenn die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege die Leis­tung der Sich­er­heit für die Parteientschädi­gung um­fassen soll.

4 Die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege kann aus­nahm­s­weise rück­wirkend be­wil­ligt wer­den.

5 Im Rechts­mit­telver­fahren ist die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege neu zu bean­tra­gen.

6 Aus­ser bei Bös- oder Mutwil­ligkeit wer­den im Ver­fahren um die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege keine Gericht­skos­ten er­hoben.

Art. 120 Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege  

Das Gericht ent­zieht die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege, wenn der An­s­pruch da­rauf nicht mehr be­steht oder nie be­st­anden hat.

Art. 121 Rechtsmittel  

Wird die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege ganz oder teil­weise abgelehnt oder entzo­gen, so kann der Entscheid mit Beschwerde ange­focht­en wer­den.

Art. 122 Liquidation der Prozesskosten  

1 Un­ter­liegt die un­ent­gelt­lich prozess­führende Partei, so wer­den die Prozesskos­ten wie fol­gt li­quidiert:

a.
die un­ent­gelt­liche Rechtsbeiständ­in oder der un­ent­gelt­liche Rechtsbeistand wird vom Kan­ton an­gemessen entschädigt;
b.
die Gericht­skos­ten ge­hen zu­lasten des Kan­tons;
c.
der Ge­gen­partei wer­den die Vorschüsse, die sie geleistet hat, zurück­er­stat­tet;
d.
die un­ent­gelt­lich prozess­führende Partei hat der Ge­gen­partei die Parteientschä­di­gung zu bezah­len.

2 Ob­siegt die un­ent­gelt­lich prozess­führende Partei und ist die Parteientschädi­gung bei der Ge­gen­partei nicht oder voraus­sicht­lich nicht ein­bring­lich, so wird die un­ent­gelt­liche Rechtsbeiständ­in oder der un­ent­gelt­liche Rechtsbeistand vom Kan­ton an­gemessen entschädigt. Mit der Zahlung ge­ht der An­s­pruch auf den Kan­ton über.

Art. 123 Nachzahlung  

1 Eine Partei, der die un­ent­gelt­liche Recht­sp­flege gewährt wurde, ist zur Nachzah­lung ver­p­f­lichtet, sobald sie dazu in der Lage ist.

2 Der An­s­pruch des Kan­tons ver­jährt zehn Jahre nach Ab­schluss des Ver­fahrens.

9. Titel: Prozessleitung, prozessuales Handeln und Fristen

1. Kapitel: Prozessleitung

Art. 124 Grundsätze  

1 Das Gericht leitet den Prozess. Es er­lässt die not­wendi­gen prozessleitenden Ver­fü­gun­gen zur zü­gigen Vorbereit­ung und Durch­führung des Ver­fahrens.

2 Die Prozesslei­tung kann an eines der Gerichts­mit­glieder del­e­giert wer­den.

3 Das Gericht kann jederzeit ver­suchen, eine Ein­i­gung zwis­chen den Parteien her­beizuführen.

Art. 125 Vereinfachung des Prozesses  

Zur Ver­ein­fachung des Prozesses kann das Gericht ins­beson­dere:

a.
das Ver­fahren auf ein­zel­ne Fra­gen oder auf ein­zel­ne Rechts­begehren bes­chrän­ken;
b.
ge­mein­sam eingereichte Kla­gen trennen;
c.
selbst­ständig eingereichte Kla­gen ver­ein­i­gen;
d.
eine Wider­klage vom Hauptver­fahren trennen.
Art. 126 Sistierung des Verfahrens  

1 Das Gericht kann das Ver­fahren sis­tier­en, wenn die Zweck­mässigkeit dies ver­langt. Das Ver­fahren kann na­ment­lich sis­tiert wer­den, wenn der Entscheid vom Aus­gang eines an­der­en Ver­fahrens ab­hängig ist.

2 Die Sis­tier­ung ist mit Beschwerde an­fecht­bar.

Art. 127 Überweisung bei zusammenhängenden Verfahren  

1 Sind bei ver­schieden­en Gericht­en Kla­gen recht­shängig, die mitein­ander in einem sach­lichen Zusam­men­hang stehen, so kann ein später an­gerufenes Gericht die bei ihm recht­shängige Klage an das zuerst an­gerufene Gericht über­weis­en, wenn dieses mit der Über­nahme ein­ver­standen ist.

2 Die Über­weisung ist mit Beschwerde an­fecht­bar.

Art. 128 Verfahrensdisziplin und mutwillige Prozessführung  

1 Wer im Ver­fahren vor Gericht den An­stand ver­let­zt oder den Geschäfts­gang stört, wird mit einem Ver­weis oder ein­er Ord­nungs­busse bis zu 1000 Franken be­straft. Das Gericht kann zu­dem den Aus­schluss von der Ver­hand­lung an­ordnen.

2 Das Gericht kann zur Durch­set­zung sein­er An­ord­nun­gen die Pol­izei beiz­iehen.

3 Bei bös- oder mutwil­li­ger Prozess­führung können die Parteien und ihre Vertre­tun­gen mit ein­er Ord­nungs­busse bis zu 2000 Franken und bei Wieder­holung bis zu 5000 Franken be­straft wer­den.

4 Die Ord­nungs­busse ist mit Beschwerde an­fecht­bar.

2. Kapitel: Formen des prozessualen Handelns

1. Abschnitt: Verfahrenssprache

Art. 129  

Das Ver­fahren wird in der Amtss­prache des zuständi­gen Kan­tons ge­führt. Bei meh­rer­en Amtss­prac­hen re­geln die Kantone den Geb­rauch der Sprac­hen.

2. Abschnitt: Eingaben der Parteien

Art. 130 Form 50  

1 Eingaben sind dem Gericht in Papi­er­form oder elektron­isch ein­zureichen. Sie sind zu un­terzeichnen.

2 Bei elektron­is­cher Ein­reichung muss die Eingabe mit ein­er qual­i­f­iz­ier­ten elektro­nis­chen Sig­na­tur gemäss Bundes­ge­setz vom 18. März 201651 über die elektron­is­che Sig­na­tur verse­hen wer­den. Der Bundes­rat re­gelt:

a.
das Format der Eingabe und ihr­er Beil­agen;
b.
die Art und Weise der Über­mittlung;
c.
die Voraus­set­zun­gen, unter den­en bei tech­nis­chen Prob­le­men die Na­chreichung von Dok­u­menten auf Papi­er ver­langt wer­den kann.

50 Fas­sung gemäss An­hang Ziff. II 5 des BG vom 18. März 2016 über die elektron­is­che Sig­na­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

51 SR 943.03

Art. 131 Anzahl  

Eingaben und Beil­agen in Papi­er­form sind in je einem Ex­em­plar für das Gericht und für jede Ge­gen­partei ein­zureichen; an­dern­falls kann das Gericht eine Nachfrist an­set­zen oder die not­wendi­gen Kopi­en auf Kos­ten der Partei er­stel­len.

Art. 132 Mangelhafte, querulatorische und rechtsmissbräuchliche Eingaben  

1 Män­gel wie fehlende Un­ter­s­chrift und fehlende Voll­macht sind in­nert ein­er gericht­lichen Nachfrist zu verbessern. An­dern­falls gilt die Eingabe als nicht er­fol­gt.

2 Gleiches gilt für un­leser­liche, un­ge­bühr­liche, un­ver­ständ­liche oder weitsch­wei­fige Eingaben.

3 Quer­u­lat­or­ische und rechts­miss­bräuch­liche Eingaben wer­den ohne Wei­t­eres zurück­geschickt.

3. Abschnitt: Gerichtliche Vorladung

Art. 133 Inhalt  

Die Vor­ladung en­thält:

a.
Name und Ad­resse der vorge­laden­en Per­son;
b.
die Prozess­sache und die Parteien;
c.
die Ei­genschaft, in welch­er die Per­son vorge­laden wird;
d.
Ort, Datum und Zeit des ge­forder­ten Er­schein­ens;
e.
die Prozesshand­lung, zu der vorge­laden wird;
f.
die Säum­nisfol­gen;
g.
das Datum der Vor­ladung und die Un­ter­s­chrift des Gerichts.
Art. 134 Zeitpunkt  

Die Vor­ladung muss mindes­tens zehn Tage vor dem Er­schein­ung­ster­min versandt wer­den, sofern das Ge­setz nichts an­deres bestim­mt.

Art. 135 Verschiebung des Erscheinungstermins  

Das Gericht kann ein­en Er­schein­ung­ster­min aus zureichenden Gründen ver­schieben:

a.
von Amtes we­gen; oder
b.
wenn es vor dem Ter­min dar­um er­sucht wird.

4. Abschnitt: Gerichtliche Zustellung

Art. 136 Zuzustellende Urkunden  

Das Gericht stellt den be­t­ro­f­fen­en Per­son­en ins­beson­dere zu:

a.
Vor­ladun­gen;
b.
Ver­fü­gun­gen und Entscheide;
c.
Eingaben der Ge­gen­partei.
Art. 137 Bei Vertretung  

Ist eine Partei ver­tre­ten, so er­fol­gt die Zus­tel­lung an die Ver­tre­tung.

Art. 138 Form  

1 Die Zus­tel­lung von Vor­ladun­gen, Ver­fü­gun­gen und Entscheiden er­fol­gt durch einges­chriebene Post­sendung oder auf an­dere Weise ge­gen Em­pfangs­bestä­ti­gung.

2 Sie ist er­fol­gt, wenn die Sendung von der Ad­ressat­in oder vom Ad­ressaten oder von ein­er an­ges­tell­ten oder im gleichen Haush­alt lebenden, mindes­tens 16 Jahre al­ten Per­son en­t­ge­gen­gen­om­men wurde. Vorbe­hal­ten bleiben An­weisun­gen des Gerichts, eine Urkunde dem Ad­ressaten oder der Ad­ressat­in per­sön­lich zuzus­tel­len.

3 Sie gilt zu­dem als er­fol­gt:

a.
bei ein­er einges­chrieben­en Post­sendung, die nicht abge­holt worden ist: am siebten Tag nach dem er­fol­glosen Zus­tel­lungs­ver­such, sofern die Per­son mit ein­er Zus­tel­lung rechnen musste;
b.
bei per­sön­lich­er Zus­tel­lung, wenn die Ad­ressat­in oder der Ad­ressat die An­nahme ver­wei­gert und dies von der über­brin­g­enden Per­son fest­ge­hal­ten wird: am Tag der Wei­ger­ung.

4 An­dere Sendun­gen kann das Gericht durch gewöhn­liche Post zus­tel­len.

Art. 139 Elektronische Zustellung 52  

1 Mit dem Ein­ver­ständ­nis der be­t­ro­f­fen­en Per­son können Vor­ladun­gen, Ver­fü­gun­gen und Entscheide elektron­isch zuges­tellt wer­den. Sie sind mit ein­er elektron­is­chen Sig­na­tur gemäss Bundes­ge­setz vom 18. März 201653 über die elektron­is­che Sig­na­tur zu verse­hen.

2 Der Bundes­rat re­gelt:

a.
die zu ver­wendende Sig­na­tur;
b.
das Format der Vor­ladun­gen, Ver­fü­gun­gen und Entscheide sow­ie ihr­er Beil­agen;
c.
die Art und Weise der Über­mittlung;
d.
den Zeit­punkt, zu dem die Vor­ladung, die Ver­fü­gung oder der Entscheid als zuges­tellt gilt.

52 Fas­sung gemäss An­hang Ziff. II 5 des BG vom 18. März 2016 über die elektron­is­che Sig­na­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

53 SR 943.03

Art. 140 Zustellungsdomizil  

Das Gericht kann Parteien mit Wohns­itz oder Sitz im Aus­land an­weis­en, ein Zus­tel­lungs­dom­iz­il in der Sch­weiz zu bezeichnen.

Art. 141 Öffentliche Bekanntmachung  

1 Die Zus­tel­lung er­fol­gt durch Pub­lika­tion im kan­tonalen Amts­blatt oder im Sch­wei­zerischen Han­del­samts­blatt, wenn:

a.
der Aufenthalt­sort der Ad­ressat­in oder des Ad­ressaten un­bekan­nt ist und trotz zu­mut­barer Nachforschun­gen nicht er­mit­telt wer­den kann;
b.
eine Zus­tel­lung un­mög­lich ist oder mit aus­ser­or­dent­lichen Umtrieben ver­bun­den wäre;
c.
eine Partei mit Wohns­itz oder Sitz im Aus­land en­t­ge­gen der An­weisung des Gerichts kein Zus­tel­lungs­dom­iz­il in der Sch­weiz bezeich­net hat.

2 Die Zus­tel­lung gilt am Tag der Pub­lika­tion als er­fol­gt.

3. Kapitel: Fristen, Säumnis und Wiederherstellung

1. Abschnitt: Fristen

Art. 142 Beginn und Berechnung  

1 Fristen, die durch eine Mit­teilung oder den Ein­tritt eines Ereign­isses aus­gelöst wer­den, be­ginnen am fol­genden Tag zu laufen.

2 Berech­net sich eine Frist nach Mon­aten, so en­det sie im let­zten Mon­at an dem Tag, der dies­elbe Zahl trägt wie der Tag, an dem die Frist zu laufen begann. Fehlt der ents­prechende Tag, so en­det die Frist am let­zten Tag des Mon­ats.

3 Fällt der let­zte Tag ein­er Frist auf ein­en Sam­stag, ein­en Son­ntag oder ein­en am Gericht­sort vom Bundes­recht oder vom kan­tonalen Recht an­erkan­nten Feier­tag, so en­det sie am näch­sten Werktag.

Art. 143 Einhaltung  

1 Eingaben müssen spä­testens am let­zten Tag der Frist beim Gericht eingereicht oder zu dessen Handen der Sch­weizerischen Post oder ein­er sch­weizerischen dip­loma­tischen oder kon­su­lar­ischen Ver­tre­tung übergeben wer­den.

2 Bei elektron­is­cher Ein­reichung ist für die Wahrung ein­er Frist der Zeit­punkt massgebend, in dem die Quit­tung aus­ges­tellt wird, die be­stätigt, dass alle Sch­ritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Über­mittlung not­wendig sind.54

3 Die Frist für eine Zahlung an das Gericht ist einge­hal­ten, wenn der Be­trag spätes­tens am let­zten Tag der Frist zu­gun­sten des Gerichts der Sch­weizerischen Post übergeben oder einem Post- oder Bankkonto in der Sch­weiz be­last­et worden ist.

54 Fas­sung gemäss An­hang Ziff. II 5 des BG vom 18. März 2016 über die elektron­is­che Sig­na­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

Art. 144 Erstreckung  

1 Ge­set­z­liche Fristen können nicht er­streckt wer­den.

2 Gericht­liche Fristen können aus zureichenden Gründen er­streckt wer­den, wenn das Gericht vor Fristab­lauf dar­um er­sucht wird.

Art. 145 Stillstand der Fristen  

1 Ge­set­z­liche und gericht­liche Fristen stehen still:

a.
vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern;
b.
vom 15. Ju­li bis und mit dem 15. Au­gust;
c.
vom 18. Dezem­ber bis und mit dem 2. Janu­ar.

2 Dieser Fristen­still­stand gilt nicht für:

a.
das Sch­lich­tungs­ver­fahren;
b.
das sum­mar­ische Ver­fahren.

3 Die Parteien sind auf die Aus­nah­men nach Ab­satz 2 hin­zu­weis­en.

4 Vorbe­hal­ten bleiben die Bestim­mun­gen des Sch­KG55 über die Be­treibungs­fer­i­en und den Rechtsstill­stand.

Art. 146 Wirkungen des Stillstandes  

1 Bei Zus­tel­lung während des Still­standes be­gin­nt der Fristen­lauf am er­sten Tag nach Ende des Still­standes.

2 Während des Still­standes der Fristen find­en keine Gerichts­ver­hand­lun­gen statt, es sei denn, die Parteien sei­en ein­ver­standen.

2. Abschnitt: Säumnis und Wiederherstellung

Art. 147 Säumnis und Säumnisfolgen  

1 Eine Partei ist säu­mig, wenn sie eine Prozesshand­lung nicht fristgerecht vorn­im­mt oder zu einem Ter­min nicht er­scheint.

2 Das Ver­fahren wird ohne die ver­säumte Hand­lung weit­erge­führt, sofern das Ge­setz nichts an­deres bestim­mt.

3 Das Gericht weist die Parteien auf die Säum­nisfol­gen hin.

Art. 148 Wiederherstellung  

1 Das Gericht kann auf Ge­such ein­er säu­mi­gen Partei eine Nachfrist gewähren oder zu einem Ter­min erneut vor­laden, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie kein oder nur ein leicht­es Ver­schulden trifft.

2 Das Ge­such ist in­nert zehn Ta­gen seit Weg­fall des Säum­nisgrundes ein­zureichen.

3 Ist ein Entscheid er­öffnet worden, so kann die Wieder­her­stel­lung nur in­ner­halb von sechs Mon­aten seit Ein­tritt der Recht­skraft ver­langt wer­den.

Art. 149 Verfahren der Wiederherstellung  

Das Gericht gibt der Ge­gen­partei Gele­gen­heit zur Stel­lung­nahme und entscheidet en­dgültig.

10. Titel: Beweis

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