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Art. 125 Geltungsbereich
1Die Bestimmungen dieses Kapitels sowie Artikel 163 gelten für öffentliche Kaufangebote für Beteiligungspapiere von Gesellschaften (Zielgesellschaften): - a.
- mit Sitz in der Schweiz, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz kotiert sind;
- b.
- mit Sitz im Ausland, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz hauptkotiert sind.
2Ist im Zusammenhang mit einem öffentlichen Kaufangebot gleichzeitig schweizerisches und ausländisches Recht anwendbar, so kann auf die Anwendung der Vorschriften des schweizerischen Rechts verzichtet werden, soweit: - a.
- die Anwendung des schweizerischen Rechts zu einem Konflikt mit dem ausländischen Recht führen würde; und
- b.
- das ausländische Recht einen Schutz der Anlegerinnen und Anleger gewährleistet, der demjenigen des schweizerischen Rechts gleichwertig ist.
3Die Gesellschaften können vor der Kotierung ihrer Beteiligungspapiere gemäss Absatz 1 in ihren Statuten festlegen, dass ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach den Artikeln 135 und 163 verpflichtet ist. 4Eine Gesellschaft kann jederzeit eine Bestimmung gemäss Absatz 3 in ihre Statuten aufnehmen, sofern dies nicht eine Benachteiligung der Aktionärinnen und Aktionäre im Sinne von Artikel 706 OR1 bewirkt.
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Art. 126 Übernahmekommission
1Die FINMA bestellt nach Anhörung der Börsen eine Kommission für öffentliche Kaufangebote (Übernahmekommission). Diese Kommission setzt sich aus sachverständigen Vertreterinnen und Vertretern der Effektenhändler, der kotierten Gesellschaften und der Anlegerinnen und Anleger zusammen. Organisation und Verfahren der Übernahmekommission sind der FINMA zur Genehmigung zu unterbreiten. 2Die Bestimmungen, die nach diesem Gesetz von der Übernahmekommission erlassen werden, bedürfen der Genehmigung durch die FINMA. 3Die Übernahmekommission überprüft die Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote (Übernahmesachen) im Einzelfall. 4Sie berichtet der FINMA einmal jährlich über ihre Tätigkeit. 5Die Übernahmekommission kann von den Parteien in Verfahren in Übernahmesachen Gebühren erheben. Der Bundesrat regelt die Gebühren. Er berücksichtigt dabei den Wert der Transaktionen und den Schwierigkeitsgrad des Verfahrens. 6Die Börsen tragen die Kosten, die nicht durch die Gebühren gedeckt sind.
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Art. 127 Pflichten des Anbieters
1Der Anbieter muss das Angebot mit wahren und vollständigen Informationen im Prospekt veröffentlichen. 2Er muss die Besitzerinnen und Besitzer von Beteiligungspapieren derselben Art gleich behandeln. 3Die Pflichten des Anbieters gelten für alle, die mit ihm in gemeinsamer Absprache handeln.
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Art. 128 Prüfung des Angebots
1Der Anbieter muss das Angebot vor der Veröffentlichung einer von der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde nach Artikel 9a Absatz 1 RAG1 zugelassenen Prüfgesellschaft oder einem Effektenhändler zur Prüfung unterbreiten. 2Die Prüfstelle prüft, ob das Angebot dem Gesetz und den Ausführungsbestimmungen entspricht.
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Art. 129 Rücktrittsrecht der Verkäuferin oder des Verkäufers
Die Verkäuferin oder der Verkäufer kann von Verträgen zurücktreten oder bereits abgewickelte Verkäufe rückgängig machen, wenn diese auf der Grundlage eines untersagten Angebots abgeschlossen oder getätigt worden sind.
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Art. 130 Veröffentlichung des Ergebnisses des Angebots und Fristverlängerung
1Der Anbieter muss das Ergebnis des öffentlichen Kaufangebots nach Ablauf der Angebotsfrist veröffentlichen. 2Werden die Bedingungen des Angebots erfüllt, so muss der Anbieter die Angebotsfrist für diejenigen Inhaberinnen und Inhaber von Aktien und anderen Beteiligungspapieren verlängern, die bisher das Angebot nicht angenommen haben.
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Art. 131 Zusätzliche Bestimmungen
Die Übernahmekommission erlässt zusätzliche Bestimmungen über: - a.
- die Voranmeldung eines Angebots vor seiner Veröffentlichung;
- b.
- den Inhalt und die Veröffentlichung des Angebotsprospekts sowie über die Bedingungen, denen ein Angebot unterworfen werden kann;
- c.
- die Regeln der Lauterkeit für öffentliche Kaufangebote;
- d.
- die Prüfung des Angebots durch eine von der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde nach Artikel 9a Absatz 1 RAG1 zugelassene Prüfgesellschaft oder einen Effektenhändler;
- e.
- die Angebotsfrist und deren Verlängerung, die Bedingungen des Widerrufs und der Änderungen des Angebots sowie die Rücktrittsfrist für den Verkäufer;
- f.
- das Handeln in gemeinsamer Absprache mit Dritten;
- g.
- ihr Verfahren.
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Art. 132 Pflichten der Zielgesellschaften
1Der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft (Art. 125 Abs. 1) legt den Inhaberinnen und Inhabern von Beteiligungspapieren einen Bericht vor, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Die im Bericht enthaltenen Informationen müssen wahr und vollständig sein. Der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft veröffentlicht den Bericht. 2Er darf von der Veröffentlichung des Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses keine Rechtsgeschäfte beschliessen, mit denen der Aktiv- oder Passivbestand der Gesellschaft in bedeutender Weise verändert würde. Beschlüsse der Generalversammlung unterliegen dieser Beschränkung nicht und dürfen ausgeführt werden, unabhängig davon, ob sie vor oder nach der Veröffentlichung des Angebots gefasst wurden. 3Die Übernahmekommission erlässt Bestimmungen über: - a.
- den Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft;
- b.
- über die Massnahmen, die unzulässigerweise darauf abzielen, einem Angebot zuvorzukommen oder dessen Erfolg zu verhindern.
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Art. 133 Konkurrierende Angebote
1Bei konkurrierenden Angeboten müssen die Inhaberinnen und Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft das Angebot frei wählen können. 2Die Übernahmekommission erlässt Bestimmungen über die konkurrierenden Angebote und deren Auswirkungen auf das erste Angebot.
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Art. 134 Meldepflicht
1Der Anbieter oder wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten über eine Beteiligung von mindestens 3 Prozent der Stimmrechte, ob ausübbar oder nicht, der Zielgesellschaft oder gegebenenfalls einer andern Gesellschaft, deren Beteiligungspapiere zum Tausch angeboten werden, verfügt, muss von der Veröffentlichung des Angebots bis zum Ablauf der Angebotsfrist der Übernahmekommission und den Börsen, an denen die Papiere kotiert sind, jeden Erwerb oder Verkauf von Beteiligungspapieren dieser Gesellschaft melden. 2Eine vertraglich oder auf andere Weise organisierte Gruppe untersteht dieser Meldepflicht nur als Gruppe. 3Die Übernahmekommission kann die Person derselben Pflicht unterstellen, die von der Veröffentlichung des Angebots an bis zum Ablauf der Angebotsfrist direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten einen gewissen Prozentsatz von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, deren Beteiligungspapiere zum Tausch angeboten werden, kauft oder verkauft. 4Haben die Gesellschaft oder die Börsen Grund zur Annahme, dass eine Inhaberin oder ein Inhaber von Beteiligungspapieren ihrer oder seiner Meldepflicht nicht nachgekommen ist, so teilen sie dies der Übernahmekommission mit. 5Die Übernahmekommission erlässt Bestimmungen über Umfang, Form und Frist der Meldung und den für die Anwendung von Absatz 3 relevanten Prozentsatz.
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Art. 135 Pflicht zur Unterbreitung des Angebots
1Wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33⅓ Prozent der Stimmrechte einer Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, muss ein Angebot unterbreiten für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft. Die Zielgesellschaften können in ihren Statuten den Grenzwert bis auf 49 Prozent der Stimmrechte anheben. 2Der Preis des Angebots muss mindestens gleich hoch sein wie der höhere der folgenden Beträge: - a.
- der Börsenkurs;
- b.
- der höchste Preis, den der Anbieter in den zwölf letzten Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat.
3Hat die Gesellschaft mehrere Arten von Beteiligungspapieren ausgegeben, so müssen die Preise für die verschiedenen Arten von Beteiligungspapieren in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. 4Die FINMA erlässt Bestimmungen über die Angebotspflicht. Die Übernahmekommission hat ein Antragsrecht. 5Gibt es hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine Person ihrer Angebotspflicht nicht nachkommt, so kann die Übernahmekommission bis zur Klärung und gegebenenfalls Erfüllung der Angebotspflicht: - a.
- das Stimmrecht und die damit zusammenhängenden Rechte dieser Person suspendieren; und
- b.
- dieser Person verbieten, direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten weitere Aktien sowie Erwerbs- oder Veräusserungsrechte bezüglich Aktien der Zielgesellschaft zu erwerben.
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Art. 136 Ausnahmen von der Angebotspflicht
1Die Übernahmekommission kann in berechtigten Fällen Ausnahmen von der Angebotspflicht gewähren, namentlich wenn: - a.
- die Stimmrechte innerhalb einer vertraglich oder auf andere Weise organisierten Gruppe übertragen werden. Die Gruppe untersteht in diesem Fall der Angebotspflicht nur als Gruppe;
- b.
- die Überschreitung aus einer Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte der Gesellschaft resultiert;
- c.
- der Grenzwert nur vorübergehend überschritten wird;
- d.
- die Beteiligungspapiere unentgeltlich oder, im Rahmen einer Kapitalerhöhung, vorzugsweise gezeichnet werden;
- e.
- die Beteiligungspapiere zu Sanierungszwecken erworben werden.
2Die Angebotspflicht entfällt, wenn die Stimmrechte durch Schenkung, Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht oder Zwangsvollstreckung erworben werden.
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Art. 137 Kraftloserklärung der restlichen Beteiligungspapiere
1Verfügt der Anbieter nach Ablauf der Angebotsfrist über mehr als 98 Prozent der Stimmrechte der Zielgesellschaft, so kann er binnen einer Frist von drei Monaten vom Gericht verlangen, die restlichen Beteiligungspapiere für kraftlos zu erklären. Der Anbieter muss zu diesem Zweck gegen die Gesellschaft Klage erheben. Die restlichen Aktionärinnen und Aktionäre können dem Verfahren beitreten. 2Die Gesellschaft gibt diese Beteiligungspapiere erneut aus und übergibt sie dem Anbieter gegen Entrichtung des Angebotspreises oder Erfüllung des Austauschangebots zugunsten der Eigentümerinnen und Eigentümer der für kraftlos erklärten Beteiligungspapiere.
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Art. 138 Aufgaben der Übernahmekommission
1Die Übernahmekommission trifft die zum Vollzug der Bestimmungen dieses Kapitels und seiner Ausführungsbestimmungen notwendigen Verfügungen und überwacht die Einhaltung der gesetzlichen und reglementarischen Vorschriften. Sie kann die Verfügungen veröffentlichen. 2Personen und Gesellschaften, die einer Meldepflicht nach Artikel 134 unterstehen, sowie Personen und Gesellschaften, die nach Artikel 139 Absätze 2 und 3 Parteistellung haben können, müssen der Übernahmekommission alle Auskünfte erteilen und Unterlagen herausgeben, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigt. 3Erhält die Übernahmekommission Kenntnis von Verletzungen der Bestimmungen dieses Kapitels oder von sonstigen Missständen, so sorgt sie für die Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes und für die Beseitigung der Missstände. 4Erhält die Übernahmekommission Kenntnis von gemeinrechtlichen Verbrechen und Vergehen sowie Widerhandlungen gegen dieses Gesetz, so benachrichtigt sie unverzüglich die zuständigen Strafverfolgungsbehörden.
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Art. 139 Verfahren vor der Übernahmekommission
1Für das Verfahren der Übernahmekommission gelten unter Vorbehalt der nachfolgenden Ausnahmen die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 19681. 2Im Verfahren in Übernahmesachen haben Parteistellung: - a.
- der Anbieter;
- b.
- die Personen, die mit dem Anbieter in gemeinsamer Absprache handeln; und
- c.
- die Zielgesellschaft.
3Aktionärinnen und Aktionäre mit mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, haben ebenfalls Parteistellung, wenn sie diese bei der Übernahmekommission beanspruchen. 4Auf Verfahren in Übernahmesachen bei der Übernahmekommission sind die gesetzlichen Bestimmungen über den Stillstand der Fristen nicht anwendbar. 5Die Einreichung von Rechtsschriften durch Telefax oder auf elektronische Weise ist im Schriftverkehr mit der Übernahmekommission zulässig und wird für die Einhaltung von Fristen anerkannt.
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Art. 140 Beschwerdeverfahren vor der FINMA
1Verfügungen der Übernahmekommission können innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der FINMA angefochten werden. 2Die Anfechtung hat schriftlich bei der FINMA zu erfolgen und ist zu begründen. Die Übernahmekommission leitet in diesem Fall ihre Akten der FINMA weiter. 3Artikel 139 Absätze 1, 4 und 5 ist auf das Beschwerdeverfahren vor der FINMA anwendbar.
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Art. 141 Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
1Gegen Entscheide der FINMA in Übernahmesachen kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 20051 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt werden. 2Die Beschwerde ist innerhalb von zehn Tagen nach Eröffnung des Entscheids einzureichen. Sie hat keine aufschiebende Wirkung. 3Auf Verfahren in Übernahmesachen vor Bundesverwaltungsgericht sind die gesetzlichen Bestimmungen über den Stillstand der Fristen nicht anwendbar.
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