Bundesgesetz
über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel
(Arbeitsgesetz, ArG)1

vom 13. März 1964 (Stand am 1. September 2023)

1 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2903; BBl 2007 42614269).


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Art. 27

Son­der­be­stim­mun­gen für be­stimm­te Grup­pen von Be­trie­ben oder Ar­beit­neh­mern

 

1 Be­stimm­te Grup­pen von Be­trie­ben oder Ar­beit­neh­mern kön­nen durch Ver­ord­nung ganz oder teil­wei­se von den Vor­schrif­ten der Ar­ti­kel 9–17a, 17b Ab­satz 1, 18–20, 21, 24, 25, 31 und 36 aus­ge­nom­men und ent­spre­chen­den Son­der­be­stim­mun­gen un­ter­stellt wer­den, so­weit dies mit Rück­sicht auf ih­re be­son­de­ren Ver­hält­nis­se not­wen­dig ist.61

1bis Ins­be­son­de­re wer­den klein­ge­werb­li­che Be­trie­be, für die Nacht- und Sonn­tags­ar­beit be­triebs­not­wen­dig ist, von der Be­wil­li­gungs­pflicht aus­ge­nom­men.62

1ter In Ver­kaufs­stel­len und Dienst­leis­tungs­be­trie­ben in Bahn­hö­fen, wel­che auf Grund des gros­sen Rei­se­ver­kehrs Zen­tren des öf­fent­li­chen Ver­kehrs sind, so­wie in Flug­hä­fen dür­fen Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer sonn­tags be­schäf­tigt wer­den.63

1qua­ter Auf Au­to­bahn­rast­stät­ten und an Haupt­ver­kehrs­we­gen mit star­kem Rei­se­ver­kehr dür­fen in Tank­stel­len­shops, de­ren Wa­ren- und Dienst­leis­tungs­an­ge­bot in ers­ter Li­nie auf die Be­dürf­nis­se der Rei­sen­den aus­ge­rich­tet ist, Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer sonn­tags und in der Nacht be­schäf­tigt wer­den.64

2 Sol­che Son­der­be­stim­mun­gen kön­nen ins­be­son­de­re er­las­sen wer­den

a.
für Be­trie­be der Er­zie­hung, des Un­ter­richts, der Für­sor­ge, der Kran­ken­pfle­ge, der ärzt­li­chen Be­hand­lung so­wie für Apo­the­ken;
b.
für Be­trie­be der Be­her­ber­gung, der Be­wir­tung und der Un­ter­hal­tung so­wie für Be­trie­be, die der Ver­sor­gung des Gast­ge­wer­bes bei be­son­de­ren An­läs­sen die­nen;
c.
für Be­trie­be, die den Be­dürf­nis­sen des Frem­den­ver­kehrs oder der land­wirt­schaft­li­chen Be­völ­ke­rung die­nen;
d.
für Be­trie­be, die der Ver­sor­gung mit leicht ver­derb­li­chen Gü­tern die­nen;
e.
für Be­trie­be, die der Ver­ar­bei­tung land­wirt­schaft­li­cher Er­zeug­nis­se die­nen, so­wie für Gar­ten­bau­be­trie­be, die nicht un­ter Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 Buch­sta­be e fal­len;
f.
für Forst­be­trie­be;
g.
für Be­trie­be, die der Ver­sor­gung mit Elek­tri­zi­tät, Gas oder Was­ser die­nen;
h.
für Be­trie­be, die der Ver­sor­gung von Fahr­zeu­gen mit Be­triebss­tof­fen oder ih­rer In­stand­hal­tung und In­stand­stel­lung die­nen;
i.
für Re­dak­tio­nen von Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten;
k.
für das Bo­den­per­so­nal der Luft­fahrt;
l.
für Ar­beit­neh­mer auf Bau­plät­zen und in Stein­brü­chen, für wel­che we­gen ih­rer geo­gra­phi­schen La­ge oder we­gen be­son­de­rer kli­ma­ti­scher oder tech­ni­scher Ver­hält­nis­se ei­ne be­son­de­re Ord­nung der Ar­beits­zeit er­for­der­lich ist;
m.
für Ar­beit­neh­mer, de­ren Ar­beits­zeit in er­heb­li­chem Mas­se blos­se Prä­senz­zeit ist oder de­ren Tä­tig­keit in er­heb­li­chem Mas­se Rei­sen oder ei­ne häu­fi­ge Ver­le­gung des Ar­beits­plat­zes er­for­dert.

61 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 20. März 1998, in Kraft seit 1. Aug. 2000 (AS 2000 1569; BBl 1998 1394).

62 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 1998, in Kraft seit 1. Aug. 2000 (AS 2000 1569; BBl 1998 1394).

63 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004, in Kraft seit 1. April 2006 (AS 2006 961; BBl 2004 16211629).

64 Ein­ge­fügt durch Ziff. I der BG vom 14. Dez 2012, in Kraft seit 1. Dez. 2013 (AS 2013 4081; BBl 2011 8981, 2012 437).

BGE

110 II 264 () from 20. Juni 1984
Regeste: Ausschluss eines Lohnzuschlags für Überzeitarbeit (Art. 321c Abs. 3 OR, Art. 13 ArG). Der Ausschluss eines Lohnzuschlags für Überzeitarbeit kann einem schriftlichen Vertrag auch durch Interpretation entnommen werden. Ein Verzicht im voraus auf einen solchen Zuschlag muss indes zu der im Vertrag vorgesehenen Tätigkeit in Beziehung stehen und kann nicht eine zusätzliche, andersartige Beschäftigung betreffen, umso weniger wenn diese beträchtliche Mehrarbeit mit sich bringt.

116 IB 270 () from 28. September 1990
Regeste: Ausnahmen vom Sonntagsarbeitsverbot. 1. Legitimation der Arbeitnehmerverbände (E. 1a). 2. Kognition des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements (E. 3). 3. Ratio legis des Nacht- und Sonntagsarbeitsverbots; Ausnahmen vom Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot; Begriff der wirtschaftlichen Unentbehrlichkeit; Verhältnis zwischen Nachtarbeitsverbot und Sonntagsarbeitsverbot (E. 4, 5). 4. Kriterium der Berufsüblichkeit für die Bewilligung von Frauensonntagsarbeit; Sonderschutz weiblicher Arbeitnehmer und Gleichstellung von Frau und Mann (E. 6, 7).

116 IB 284 () from 28. September 1990
Regeste: Ausnahmen vom Sonntagsarbeitsverbot. 1. Legitimation der Arbeitnehmerverbände (E. 1b). 2. Ratio legis des Nacht- und Sonntagsarbeitsverbots; Ausnahmen vom Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot; Begriff der wirtschaftlichen Unentbehrlichkeit von Nacht- und Sonntagsarbeit; Verhältnis zwischen Nachtarbeitsverbot und Sonntagsarbeitsverbot (E. 4, 5). 3. Kriterium der Berufsüblichkeit für die Bewilligung von Frauensonntagsarbeit; Sonderschutz weiblicher Arbeitnehmer und Gleichstellung von Frau und Mann (E. 6 bis 8).

120 IB 332 () from 27. Juni 1994
Regeste: Art. 18 und 19 ArG; Ladenöffnungszeiten am Sonntag. Ratio legis des Sonntagsarbeitsverbots (E. 3). Bewilligung von vorübergehender Sonntagsarbeit; Begriff des dringenden Bedürfnisses (E. 4). Bewilligung von dauernder oder regelmässig wiederkehrender Sonntagsarbeit; Begriff der technischen oder wirtschaftlichen Unentbehrlichkeit (E. 5). Es liegt nicht rechtsungleiche Behandlung vor, wenn in anderen Kantonen Sonntagsarbeit bewilligt wird (E. 6).

126 II 106 () from 28. Februar 2000
Regeste: Art. 27 Abs. 2 lit. c ArG und Art. 41 Abs. 1 ArGV 2; sonntägliche Öffnungszeiten von Geschäften. Ausnahme vom Sonntagsarbeitsverbot für Betriebe, die den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs dienen (E. 3). Definition des Fremdenverkehrs und Bedeutung des Begriffs "den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs dienen" (E. 4). Das "Shopping" stellt für sich allein nicht eine Form des Fremdenverkehrs dar (E. 5).

134 II 265 (2C_212/2008) from 3. September 2008
Regeste: Art. 18 und 27 ArG; Art. 26 ArGV 2; Verbot der Sonntagsarbeit; Ausnahme für Tankstellenshops an Hauptverkehrswegen mit starkem Reiseverkehr; Kanton Genf. Grundsatz des Verbots der Sonntagsarbeit und Übersicht über die möglichen Abweichungen hievon (E. 4.1); Streitgegenstand (E. 4.2). Zum Begriff der "Hauptverkehrswege mit starkem Reiseverkehr": Tragweite und Zielsetzung von Art. 26 Abs. 4 ArGV 2 (E. 5).

136 II 427 (2C_748/2009) from 15. Juli 2010
Regeste: Art. 16 und 17 ArG; Art. 28 Abs. 3 ArGV 1; Art. 26 ArGV 2; Nachtarbeitsverbot; Unzulässigkeit des Verkaufs von Detailhandelsartikeln in Tankstellenshops zwischen 01.00 und 05.00 Uhr morgens. Arbeitsgesetzliche Grundlagen zur Beschäftigung von Personal an Tankstellen in der Nacht (E. 2). Abweichungen vom Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot müssen "unentbehrlich" sein und sollen im Interesse eines wirksamen Arbeitnehmerschutzes die Ausnahme bilden (E. 3.2). Der Wunsch nach Detailhandelsprodukten kann ausserhalb von nächtlichen Öffnungszeiten befriedigt werden; es handelt sich dabei nicht um ein Angebot, an dem in der Nacht ein im überwiegenden öffentlichen Interesse zu befriedigendes Bedürfnis besteht (E. 3.3-3.6).

139 II 49 (2C_149/2012) from 26. Oktober 2012
Regeste: Art. 27 und 28 ArG; Art. 47 ArGV 2; Ausnahmen vom Sonntagsarbeitsverbot. Vom Arbeitsgesetz für die Sonntagsarbeit errichtetes System (E. 4). Art. 28 ArG findet auch Anwendung auf Unternehmen, welche den Spezialvorschriften von Art. 27 ArG und der ArGV 2 unterstellt sind (E. 5). Voraussetzungen, unter denen eine auf Art. 28 ArG gestützte Ausnahme erteilt werden kann (E. 6.1). Wenn ein ganzer Berufszweig Schwierigkeiten bekundet, die Bestimmungen zur Sonntagsarbeit einzuhalten, handelt es sich um ein strukturelles Problem. Dieses wäre durch eine Änderung der ArGV 2 zu beheben und nicht durch die Erteilung von Ausnahmebewilligungen an sämtliche betroffene Unternehmen (E. 6.3). Eine Herabsetzung von 26 auf 20 freie Sonntage kann nicht als geringfügige Abweichung qualifiziert werden (E. 6.4). Kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (E. 7). Erteilung einer befristeten Ausnahmebewilligung mit dem Zweck, zwischenzeitlich eine Neuorganisation des Arbeitsplans des Personals zu ermöglichen oder aber eine Änderung der ArGV 2 vorzunehmen (E. 8).

139 II 529 (2C_886/2012) from 29. Juni 2013
Regeste: Art. 4 ArG; Begriff des Familienbetriebs. Nur reine Familienbetriebe sind dem Anwendungsbereich des ArG entzogen. Unter das Gesetz fällt jegliche Person, die zum Betriebsinhaber nicht in einem der Familienverhältnisse steht, welche Art. 4 Abs. 1 ArG abschliessend aufzählt (E. 3.3). Juristische Personen gelten nicht als Familienbetriebe. Der Ausschluss vom Anwendungsbereich des ArG ist restriktiv auszulegen (E. 3.4).

140 II 46 (2C_10/2013) from 10. Januar 2014
Regeste: Art. 18 Abs. 1, Art. 20a Abs. 1, Art. 27 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c sowie Art. 71 lit. c ArG, Art. 5 Abs. 2 Bundesgesetz über die Förderung der Beherbergungswirtschaft, Art. 41 Abs. 2 aArGV 2, Art. 25 ArGV 2; Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen; Ausnahmen zu Gunsten von Betrieben in Fremdenverkehrsgebieten, die der Befriedigung spezifischer Bedürfnisse der Touristen dienen. Bundesrechtliche Regelung: Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit; Ausnahmen zu Gunsten der Betriebe in Fremdenverkehrsgebieten (E. 2.1). Vorbehalt der kantonalen und kommunalen Polizeivorschriften über die Sonntagsruhe und über die Öffnungszeiten von Betrieben, die dem Detailverkauf dienen (E. 2.5). Begriff des Betriebs im Fremdenverkehrsgebiet, der der Befriedigung spezifischer Bedürfnisse der Touristen dient (E. 2.2, 2.3 und 5.1). Insbesondere zum Begriff Fremdenverkehrsgebiet (wo der Betrieb gelegen sein muss): Relevanz der statistischen Daten über die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus (E. 3 und 4) und Tragweite der Qualifikation als Fremdenverkehrsgebiet im Sinne des Bundesgesetzes über die Förderung der Beherbergungswirtschaft (E. 5.1). Fall der Zweigniederlassung Murten der Migros Genossenschaft (E. 5.2).

 

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