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Art. 4 Langues nationales
Les langues nationales sont l’allemand, le français, l’italien et le romanche. Court decisions
81 I 119 () from May 17, 1955
Regeste: Handels- und Gewerbefreiheit, Gewaltentrennung, Unverletzlichkeit des Hausrechts, Eigentumsgarantie. Zürcherische Verordnung über den Verkehr mit Heilmitteln vom 2. September 1954. 1. Zulässigkeit des Verbots, eine Drogerie als "Drugstore" zu bezeichnen (§ 46 VO). 2. Zulässigkeit von Bestimmungen über die Kontrolle der Arzneimittelbetriebe (Recht der Kontrollorgane, Auskünfte zu verlangen, Geschäftspapiere einzusehen und die Geschäftsräume zu betreten, § 51 VO). 3. Unzulässigkeit einer Bestimmung über die Beschlagnahme und Verwertung gewisser Einrichtungsgegenstände (§ 56 VO). Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit des polizeilichen Eingriffs.
81 I 177 () from June 8, 1955
Regeste: Parkingmeter. Kantonale Vorschriften, wonach das Aufstellen von Fahrzeugen auf öffentlichem Boden an gewissen Stellen nur während einer bestimmten Zeit und nur gegen Einwurf eines Geldstücks in den der Kontrolle der zeitlichen Beschränkung dienenden Parkingmeter gestattet ist. Anfechtung wegen Verletzung der Art. 4, 30 Abs. 2, 46 Abs. 2 BV und 71 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 MFG. 1. Verhältnis des Art. 71 Abs. 6 MFG zu Art. 46 Abs. 2 BV und des Art. 71 Abs. 1 Satz 2 MFG zu Art. 30 Abs. 2 BV. Zuständigkeit des Bundesgerichts oder des Bundesrates zur Beurteilung von Beschwerden wegen Verletzung dieser Vorschriften? (Erw. 5 a und 6 a). 2. Die Schaffung von Parkflächen mit Parkingmeter - ist mit Art. 4 BV vereinbar (Erw. 3 und 4); - stellt keine nach Art. 71 Abs. 6 MFG oder 46 Abs. 2 BV unzulässige Doppelbesteuerung dar (Erw. 5 b); - verstösst jedenfalls dann nicht gegen Art. 30 Abs. 2 oder 71 Abs. 1 Satz 2 (Verbot kantonaler Weggelder bzw. Durchgangsgebühren), wenn in angemessenem Abstand davonParkplätze vorhanden sind, auf denen unentgeltlich parkiert werden kann (Erw. 6 b).
81 I 321 () from Dec. 7, 1955
Regeste: Art. 4, 58, 61 BV. Rechtsöffnung auf Grund eines Schiedsgerichtsurteils, das in einem andern Kanton als dem des Betreibungsortes gefällt ist. 1. Art. 61 BV kann durch Gewährung der Rechtsöffnung nicht verletzt werden. Kann das Bundesgericht auf Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4 und 58 BV hin frei prüfen, ob der Rechtsöffnungsrichter den Schiedsspruch als gerichtliches Urteil habe anerkennen dürfen? (Erw. 1). 2. Das in der Kollektiv-Konvention der schweizerischen Uhrenindustrie vorgesehene Schiedsgericht bietet hinreichende Gewähr für eine unabhängige Rechtsprechung (Erw. 3).
81 IV 128 () from Feb. 10, 1955
Regeste: 1. Art. 249, 273 Abs. 1 lit. b, 277 bis Abs. 1 BStP. Der Kassationshof hat die Beweiswürdigung, die den tatsächlichen Feststellun. gen der kantonalen Behörde zugrunde liegt, auch nicht auf Ermessensüberschreitung hin zu überprüfen (Erw. 1). 2. Art. 25 Abs. 1, 27 Abs. 1 MFG. Unzulässige Geschwindigkeit innerorts und an Strassenkreuzung (Erw. 2).
82 I 157 () from June 20, 1956
Regeste: Eigentumsgarantie. Gegenüber einer öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkung ist die Berufung auf die Eigentumsgarantie zulässig, wenn damit die Aufhebung der Beschränkung verlangt, nicht dagegen, wenn bloss Anspruch auf Entschädigung erhoben wird und hiefür der Rechtsweg zur Verfügung steht (Erw. 2). Wann stellt das für einen Teil eines Grundstücks aufgestellte Bauverbot eine materielle Enteignung dar? (Erw. 3).
82 I 167 () from Nov. 21, 1956
Regeste: Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 84 Abs. 2 OG). Wenn ein in der Schweiz zu einer Gesamtstrafe Verurteilter vom Ausland unter Vorbehalt gewisser Nichtauslieferungsdelikte zum Strafvollzug ausgeliefert wird und deshalb die Gesamtstrafe nachträglich durch Ausscheidung der auf diese Delikte entfallenden Quote aufgeteilt wird, so kann dieser Entscheid wegen Verletzung des Grundsatzes der Spezialität der Auslieferung (und wegen Ermessensüberschreitung) bei der Bestimmung jener Quote mit Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 268 ff. BStP und daher nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden.
82 I 223 () from Nov. 7, 1956
Regeste: Verkauf elektrischer Apparate. Art. 31 und 4 BV. 1. Ist es mit Art. 31 BV vereinbar, im Absatzgebiet eines öffentlichen Elektrizitätswerkes nicht nur die Ausführung von Hausinstallationen, sondern auch den Verkauf elektrischer Apparate dem Werk und den dafür konzessionierten privaten Geschäften vorzubehalten? (Erw. 2). 2. Die Auffassung, die Verkaufsbewilligung brauche nur an Installationsgeschäfte erteilt und könne andern Verkaufsgeschäften generell verweigert werden, verstösst im vorliegenden Falle gegen Art. 4 BV, da diese Beschränkung mit den massgebenden Bestimmungen unvereinbar ist und sich auf keine sachlichen Gründe stützen kann (Erw. 3).
82 I 234 () from Dec. 5, 1956
Regeste: Persönliche Freiheit. Die Verfügung, durch die der Zeuge im Vaterschaftsprozess verpflichtet wird, sich einer Blutuntersuchung zu unterziehen, stellt einen Eingriff in seine persönliche Freiheit dar und bedarf daher einer gesetzlichen Grundlage. Die zivilprozessualen Vorschriften über die Zeugnispflicht genügen nicht als gesetzliche Grundlage.
82 I 242 () from Dec. 5, 1956
Regeste: Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in der Schweiz. Die Vollstreckung eines ausländischen Zivilurteils in der Schweiz setzt voraus, dass es nach dem Rechte des Staates, in dem es ergangen ist, nicht nur in Rechtskraft erwachsen, sondern auch vollstreckbar ist. Ein rechtskräftiges deutsches Urteil, dessen Vollstreckbarkeit nachträglich von einem deutschen Gericht in Anwendung von § 769 deutscher ZPO einstweilen eingestellt worden ist, darf daher während der Dauer dieser Massnahme nicht in der Schweiz gemäss Art. 6 des deutsch-schweizerischen Vollstreckungsabkommens für vollstreckbar erklärt werden.
82 II 186 () from July 5, 1956
Regeste: Anerkennung einer Vaterschaftsklage; Anfechtung wegen Willensmangels (Art. 23 ff. OR, Art. 7 ZGB). Frist. Absichtliche Täuschung? Grundlagenirrtum?
83 I 16 () from March 27, 1957
Regeste: Art. 84 Abs. 1 lit. c O G, Art. 90 Abs. 1 lit. b OG. Das Bundesgericht prüft die Anwendung von Staatsverträgen mit dem Ausland frei (Erw. 1); es berücksichtigt dabei auch neue tatsächliche und rechtliche Vorbringen (Erw. 2). Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951. Wer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens? (Erw. 3). Wann sind Flüchtlinge von der cautio judicatum solvi befreit? (Erw. 4).
83 I 92 () from Feb. 13, 1957
Regeste: Doppelbesteuerung. Welchem Kanton steht die Besteuerung der Gratifikation zu, die einem Steuerpflichtigen, der seinen Wohnsitz während des Steuerjahres in einen andern Kanton verlegt, vor dem Wegzug vom Arbeitgeber ausgerichtet worden ist?
83 I 100 () from March 13, 1957
Regeste: Doppelbesteuerung. 1. Verhältnis der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Doppelbesteuerung zu einer damit verbundenen Beschwerde wegen Willkür und zu einem gleichzeitig gegen die Besteuerung im einen Kanton ergriffenen kantonalen Rechtsmittel (Erw. 1). 2. In welchem Kanton hat ein Steuerpflichtiger, dessen Vermögen und Vermögensertrag infolge Wohnsitzwechsels oder Erbgangs im Laufe des Steuerjahres der Steuerhoheit zweier Kantone untersteht, die auf seinen Aktien bezogenen Jahresdividenden zu versteuern? (Erw. 3-5).
83 I 111 () from March 13, 1957
Regeste: Handels- und Gewerbefreiheit, Gewaltentrennung. 1. Die Verwaltung darf in der Regel nicht ohne materielle gesetzliche Grundlage in die Freiheitsrechte eingreifen. 2. Gemäss Art. 39 lit. b aarg. KV kann der Regierungsrat Vollziehungs- und Notverordnungen, nicht aber selbständige Rechtsverordnungen erlassen. Verfassungswidrigkeit der aarg. Verordnung über die Vorführung von Filmen vom 11. Juli 1953.
83 I 152 () from May 8, 1957
Regeste: Einsicht in Verwaltungsakten. Kann ein Privater Einsichtnahme in Akten einer Verwaltungsbehörde (Vormundschaftsbehörde) verlangen - unmittelbar auf Grund von Art. 4 BV? (Erw. 5). - auf Grund einer kantonalen Vorschrift, nach welcher das Recht auf Einsicht in "öffentliche Urkunden" ein "rechtliches Interesse" voraussetzt (§ 231 zürch. EG zum ZGB)? (Erw. 6).
83 I 237 () from Sept. 18, 1957
Regeste: Namensänderung, rechtliches Gehör. Dem Gesuch um Änderung des Namens eines bei der Ehescheidung der Mutter zugesprochenen Kindes darf nicht entsprochen werden, ohne dass dem Vater Gelegenheit gegeben wird, dazu Stellung zu nehmen.
83 I 242 () from Sept. 25, 1957
Regeste: 1. Art. 32 quater Abs. 1 BV räumt dem Bürger kein verfassungsmässiges Recht ein, dessentwegen er staatsrechtliche Beschwerde führen könnte (Erw. 1). 2. Können die Kantone auf Grund von Gewohnheitsrecht die Bedürfnisklausel auf den Kleinhandel mit geistigen Getränken anwenden? (Erw. 3).
83 I 250 () from Oct. 23, 1957
Regeste: Art. 4 und 31 BV. 1. Personen, die eine wissenschaftliche Berufsart im Sinne des Art. 33 BV ausüben, geniessen die Handels- und Gewerbefreiheit. Sie dürfen von den Kantonen nur den Beschränkungen unterworfen werden, die sich aus Art. 31 Abs. 2 und Art. 33 BV ergeben. 2. Darf die Bewilligung zur Ausübung des Berufs eines Zahnarztes von der Niederlassung im Kanton abhängig gemacht werden?
83 III 92 () from Dec. 5, 1957
Regeste: Rekurs an das Bundesgericht. Beginn der Rekursfrist (Art. 19 SchKG, Art. 77 Abs. 2 OG) bei Zustellung des angefochtenen Entscheides an einen Postfachinhaber, der aus wichtigen Gründen verhindert ist, der Einladung zur Abholung der Sendung am Postschalter sogleich Folge zu leisten. Grundpfandversteigerung. Der Titular einer ins Lastenverzeichnis aufgenommenen, von einem andern Gläubiger durch noch hängige Klage bestrittenen fälligen Pfandforderung kann (wenigstens für sich allein) nicht wirksam auf die Barzahlung verzichten (Art. 47 VZG).
84 I 7 () from Jan. 29, 1958
Regeste: Schätzung landwirtschaftlicher Heimwesen und Liegenschaften. Art. 5 ff. LEG. Unter welchen Voraussetzungen können die Schätzungsbehörden auf eine formell rechtskräftig gewordene Schätzung zurückkommen?
84 I 77 () from May 2, 1958
Regeste: Wehrsteuer; Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland. Die Einkünfte eines in der Schweiz wohnenden Hochschulprofessors aus der Lehrtätigkeit an einer deutschen Universität unterliegen der Wehrsteuer für Einkommen nicht, werden aber für die Bestimmung des Satzes dieser Steuer berücksichtigt.
84 I 89 () from May 14, 1958
Regeste: Kantonale Abgaben. 1. Nach einem feststehenden allgemeinen Rechtsgrundsatz dürfen öffentliche Abgaben nur erhoben werden, wenn eine gesetzliche Grundlage dafür besteht (Erw. 2). 2. Vorschriften über die Erhebung einer Gebühr für die Bewilligung zum Hausieren gestatten nicht, eine solche Abgabe auch für den Betrieb von Warenverkaufsautomaten zu erheben (Erw. 3). 3. Gewohnheitsrecht als Grundlage für die Erhebung einer öffentlichen Abgabe? (Erw. 4).
84 I 98 () from April 2, 1958
Regeste: Besteuerung des Ertrags der Selbsthilfegenossenschaften. Art. 4 und 31 BV. Bestimmung eines kantonalen Steuergesetzes, wonach ein Teil der Rückvergütungen, Rabatte und ähnlichen Leistungen, welche eine Selbsthilfegenossenschaft ihren Mitgliedern auf deren Bezügen gewährt, zum steuerbaren Ertrag zu rechnen ist. Anwendung dieser Bestimmung im Falle, wo die Genossenschaft den Mitgliedern und Nichtmitgliedern die gleichen Vergünstigungen gewährt.
84 I 161 () from July 2, 1958
Regeste: 1. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV. Neue, im kantonalen Verfahren zulässige, aber nicht geltend gemachte Vorbringen sind vor Bundesgericht grundsätzlich ausgeschlossen (Erw. 1). 2. Art. 954 Abs. 1 ZGB; Gebühren für die Grundbuchvermessung und deren Nachführung. Abgrenzung von Gebühr und Gemengsteuer; Grundsätze für die Bemessung von Gebühren (Erw. 3, 4).
84 I 217 () from Nov. 26, 1958
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde wegen Art. 4 BV. Zulässigkeit der Beschwerde gegen einen Beweisbeschluss in einer Zivilrechtsstreitigkeit, die der Berufung an das Bundesgericht unterliegt? Kantonales Zivilprozessrecht; Willkür. Kann der Beklagte im Vaterschaftsprozess verpflichtet werden, sich einer anthropologisch-erbbiologischen Expertise zu unterziehen?
84 I 232 () from Nov. 12, 1958
Regeste: Art. 86 Abs. 2, Art. 87 OG. Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs; Verhältnis der staatsrechtlichen Beschwerde zu den ausserordentlichen kantonalen Rechtsmitteln. Rügen, die mit einem ausserordentlichen kantonalen Rechtsmittel erhoben werden können, können nicht auch mit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen das Sachurteil geltend gemacht werden. Ausnahme, wenn die Ergreifung des ausserordentlichen kantonalen Rechtsmittels eine leere Formalität bliebe.
84 II 91 () from March 20, 1958
Regeste: Art. 836 ZGB, Gesetzliche Pfandrechte des kantonalen Rechts. Das gesetzliche, im Range allen übrigen Pfandrechten vorgehende, Grundpfandrecht für die Grundstückgewinnsteuer des Kantons Zürich gemäss § 157 des zürch. Gesetzes über die direkten Steuern und § 194 lit. e EG/ZGB verstösst nicht gegen Bundesrecht (Art. 836 ZGB). Bedeutung dieser Bestimmung.
84 II 469 () from July 22, 1958
Regeste: 1. Gerichtsstand des Heimatortes für die Scheidungsklage. Art. 7 g Abs. 1 NAG. Diesen Gerichtsstand kann ein im Ausland wohnender schweizerischer Ehegatte in Anspruch nehmen, auch wenn er Doppelbürger ist, und zwar auch bei Wohnsitz in seinem andern Heimatstaat; - insbesondere die gebürtige Schweizerin, die durch Heirat mit einem Ausländer dessen Staatsangehörigkeit erworben und daneben ihr Schweizerbürgerrecht gemäss Art. 9 des Bürgerrechtsgesetzes von 1952 beibehalten hat. Unanwendbarkeit von Art. 22 Abs. 3 ZGB (Erw. 1). 2. Einrede des ausschliesslichen einheitlichen Scheidungsgerichtsstandes mit Berufung auf die Klage, die der in der Schweiz beklagte Ehegatte selbst an seinem Wohnsitz im Ausland erhoben hat. Einrede verworfen, weil die in der Schweiz angehobene Klage als erste rechtshängig geworden war (Erw. 2). 3. Einrede der abgeurteilten Sache gestützt auf das inzwischen ergangene Urteil über die im Ausland angehobene Klage. Voraussetzungen dieser Einrede nicht erfüllt (Erw. 3).
85 I 17 () from Jan. 21, 1959
Regeste: Derogatorische Kraft des Bundesrechts. Eine kantonale Regelung des Spar- oder Vorzahlungsvertrages, wonach der Vertragsschluss einer behördlichen Bewilligung bedarf und diese nur erteilt wird, wenn der Vertrag in schriftlicher Form abgeschlossen ist und inhaltlich einer Reihe von die Vertragsfreiheit beschränkenden und in das Zivilrecht eingreifenden Vorschriften entspricht, ist bundesrechtswidrig.
85 I 73 () from May 13, 1959
Regeste: Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Entscheid, durch den eine vormundschaftliche Behörde die von einem Ehegatten nachgesuchte Zustimmung zu einem während der Ehe abgeschlossenen Ehevertrag erteilt hat, darf von der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde nicht ohne Anhörung dieses Ehegatten aufgehoben werden.
85 I 81 () from April 29, 1959
Regeste: Nach dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung dürfen Steuern und Abgaben nur beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und lediglich in dem vom Gesetz festgelegten Umfang erhoben werden. § 43 der Vollziehungsverordnung vom 25. Oktober 1939 zum solothurnischen Gesetz betreffend die direkten Staats- und Gemeindesteuern vom 24. September 1939 ist gesetzwidrig.
85 I 91 () from Feb. 18, 1959
Regeste: Doppelbesteuerung. 1. Die Einrede, ein Kanton habe sein Besteuerungsrecht durch verspätete Geltendmachung verwirkt, kann nur von den am Doppelbesteuerungsstreit beteiligten Kantonen, nicht vom Steuerpflichtigen selbst erhoben werden (Erw. 1). 2. Behandlung der Einmann-Immobiliengesellschaft, des Verkaufs ihrer sämtlichen Aktien und des dabei erzielten Gewinns imkantonalen und interkantonalen Steuerrecht. Anwendungsbereich der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise (Erw. 2). 3. Der beim Verkauf sämtlicher Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft erzielte Gewinn untersteht der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons (Erw. 3).
85 I 137 () from Oct. 21, 1959
Regeste: Armenrecht. Art. 4 BV. Für das Rechtsöffnungsverfahren kann die unentgeltliche Prozessführung weder unmittelbar auf Grund von Art. 4 BV noch, wie ohne Willkür angenommen werden darf, auf Grund der Bestimmungen der ZPO über das Armenrecht beansprucht werden.
85 I 140 () from June 17, 1959
Regeste: Kantonaler Zivilprozess, Sicherstellung für Gerichtskosten und Parteientschädigung. Kantonale Bestimmung, wonach die Klagpartei kautionspflichtig ist, wenn es sich um eine Aktiengesellschaft handelt, die sich in Liquidation befindet (§ 59 Ziff. 5 zürch. ZPO). Beschwerde wegen Willkür, rechtsungleicher Behandlung und Verletzung des Bundesrechts gegen den Entscheid, der auf Grund dieser Bestimmung auch die Konkursmasse einer Aktiengesellschaft kautionspflichtig erklärt.
85 I 191 () from Sept. 2, 1959
Regeste: 1. a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann mit einer ergänzenden oder eventuellen staatsrechtlichen Beschwerde in gemeinsamer Eingabe vereinigt werden. b) Verletzungen der Bundesverfassung können gegenüber einem der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegenden kantonalen Entscheid zugleich mit diesem Rechtsmittel gerügt werden. Art. 104 Abs. 1 und Art. 107 OG (Erw. 1). 2. Wann ist ein blosser Zwischenentscheid oder eine prozessleitende Verfügung mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar? Wann mit staatsrechtlicher Beschwerde? Art. 97 ff. und Art. 87 OG (Erw. 2).
85 I 204 () from Oct. 7, 1959
Regeste: Art. 4 BV. Rechtliches Gehör im Steuerverfahren. Auslegung kantonaler Verfahrensvorschriften. Anwendung der unmittelbar aus Art. 4 BV herzuleitenden Verfahrensregeln zur Sicherung des rechtlichen Gehörs (Erw. 1). Grenzen der freien Rechtsfindung der Verwaltung und der Gerichte. Formelle Rechtsverweigerung durch überspitzten Formalismus, der die Durchführung des materiellen Rechts in unhaltbarer Weise erschwert (Erw. 3). Das bündnerische Steuerverfahren schliesst die kumulative Einsprache nicht aus (Erw. 2-5).
85 I 225 () from Nov. 11, 1959
Regeste: Eigentumsgarantie; Erfordernis der gesetzlichen Grundlage für die Auflage, dass beim Bau eines neuen Gebäudes genügend Einstellplätze für Motorfahrzeuge errichtet werden. Vorschriften, die dem Gemeinwesen die Strassenpolizei übertragen und die Sicherheit des Verkehrs gefährdende Vorrichtungen verbieten, stellen keine genügende gesetzliche Grundlage dar.
85 I 276 () from March 25, 1959
Regeste: Kantonale Handänderungsabgabe, Willkür. Kantonale Vorschrift, wonach beim "Übergang von Grundstücken auf einen neuen Eigentümer" eine Handänderungsgebühr zu entrichten ist. Anwendung auf die Begründung eines selbständigen und dauernden Baurechts.
85 I 282 () from Dec. 2, 1959
Regeste: Art. 89 OG. Beschwerdefrist bei Zulassung zum Eid. Das "bedingte Urteil" im Sinne des § 160 der baselstädtischen ZPO umfasst einen Beweisbescheid auf Abnahme eines Beweismittels (Eid, Handgelübde) einerseits, ein alternatives Sachurteil auf Gutheissung oder Abweisung der Klage anderseits. Mit Bezug auf den Beweisbescheid läuft die Beschwerdefrist von der Eröffnung des "bedingten Urteils" an, mit Bezug auf das Sachurteil von dem Zeitpunkt an, da der vorbehaltene Beweis geleistet bzw. nicht erbracht worden ist.
86 I 4 () from March 30, 1960
Regeste: Art. 4 BV. Rechtsverweigerung durch überspitzten Formalismus im Zivilprozess. Ist die von emem Vertreter abgegebene Appellationserklärung ungültig, weil er nicht spätestens gleichzeitig eine schriftliche Vollmacht eingereicht hat?
86 I 10 () from Jan. 20, 1960
Regeste: Kantonales Steuerrecht. Willkür. Wohnsitz und allgemeines Steuerdomizil des (von seiner Ehefrau seit Jahren völlig getrennt lebenden) Schweizers, der Angestellter einer schweizerischen Maschinenfabrik ist, für diese seit zehn Jahren im Ausland an verschiedenen Orten Montagearbeiten leistet und gelegentlich für Ferienaufenthalte und zu Instruktionszwecken in die Schweiz zurückkehrt.
86 I 18 () from March 2, 1960
Regeste: Kantonale Handänderungsabgabe, Willkür. Kantonale Bestimmung, wonach beim "Übergang von Grundstücken auf einen neuen Eigentümer" eine Handänderungsgebühr zu entrichten ist. Anwendung auf den durch Kaufvertrag erfolgten Übergang einer Liegenschaft von einer aufgelösten G.m.b.H. an eine neu gegründete A.-G. Anwendungsbereich der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Handänderungsabgaberecht.
86 I 38 () from April 7, 1960
Regeste: Art. 86 Abs. 2, Art. 87 OG. Ausnahme vom Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs, wenn die Ergreifung des kantonalen Rechtsmittels eine reine Formalität bliebe. Mit der Beschwerde gegen den Endentscheid kann auch ein ihm vorausgegangener Zwischenentscheid angefochten werden, soweit er noch Bedeutung hat.
86 I 86 () from March 16, 1960
Regeste: Kantonaler Zivilprozess; Zeugnisverweigerungsrecht. 1. Ist die Vorschrift, wonach der Richter die Zeugen über das Zeugnisverweigerungsrecht zu belehren hat, eine Ordnungs- oder eine Gültigkeitsvorschrift? (Erw. 2). 2. Auslegung einer Vorschrift, wonach die Partei und die mit ihr nahe verwandten Zeugen die Antwort auf Fragen über solche Tatsachen verweigern können, welche die Ehre der Partei berühren. Die Annahme, ausserehelicher Geschlechtsverkehr sei für eine ledige Frau auf keinen Fall ehrenrührig, ist unhaltbar und willkürlich (Erw. 3).
86 I 101 () from May 25, 1960
Regeste: Art. 88 OG. Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Verweigerung einer Baubewilligung.
86 I 137 () from June 1, 1960
Regeste: Art. 4 BV; Art. 322 ZGB. Die von den Erben des ausserehelichen Vaters geschuldeten Unterhaltsbeiträge an das aussereheliche Kind werden durch die Waisenrenten der Sozialversicherung (SUVA, AHV) nicht getilgt.
86 I 146 () from June 16, 1960
Regeste: Art. 88 OG. Inwieweit ist ein Grundeigentümer zur Anfechtung einer der Eröffnung oder Durchführung einer Güterzusammenlegung oder Baulandumlegung dienenden Anordnung legitimiert?
86 I 187 () from June 3, 1960
Regeste: Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung, BG vom 16. März 1955. 1. Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Gründe. Bleibt neben diesem Rechtsmittel Raum für eine staatsrechtliche Beschwerde? (Erw. 2, 3). 2. Zuständigkeit des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft (Erw. 4). 3. Bedingte Bewilligung des Betriebes einer Kiesgrube im Einzugsgebiet von Grundwasserfassungen (Erw. 5-13). 4. Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Erw. 14).
86 I 272 () from Nov. 23, 1960
Regeste: Art. 4 und 31 BV. Handels- und Gewerbefreiheit; Grundsatz der Verhältnismässigkeit polizeilicher Eingriffe und der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen. 1. Vorschriften. welche die Schliessung der Ladengeschäfte an einem Werktag anordnen, um dem Personal die nötige Freizeit zu sichern, halten vor Art. 31 BV stand (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 1). 2. In entsprechender Weise können die Gastwirtschaften zur Schliessung an einem Tag der Woche verpflichtet werden (Erw. 2). Wie weit kann dieses Gebot auf Hotelbetriebe Anwendung finden? (Erw. 3).
86 I 281 () from Dec. 21, 1960
Regeste: Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen rechtswidriger Begünstigung Dritter durch einen kantonalen Erlass. Präzisierung der Rechtsprechung (Erw. 1). Rechtsgleichheit. Handels- und Gewerbefreiheit. Kantonales Gesetz, das den Zahntechnikern, die eine besondere Prüfung bestehen, die Abdrucknahme für die Herstellung von Gebissen und die Einpassung derselben gestattet. Die Übergangsbestimmung, welche diese Prüfung denjenigen Zahntechnikern erlässt, die bisher jahrelang verbotenerweise solche Arbeiten im Munde der Patienten vorgenommen haben, verstösst gegen Art. 4 und 31 BV (Erw. 2).
86 II 235 () from June 30, 1960
Regeste: Notwegrecht (Art. 694 ZGB). Entstehung. Benützung des Weges vor Eintragung des gemäss Entscheid der zuständigen Behörde einzuräumenden Notwegrechts. Inhalt des gesetzlichen Anspruchs auf einen Notweg. Wahl zwischen mehrern Wegen, die dem Kläger einen genügenden Zugang zur öffentlichen Strasse vermitteln; Vorrang der Interessen des Beklagten. Kann der Kläger auf einen Weg verwiesen werden, der nicht unmittelbar über das Land des Beklagten zur öffentlichen Strasse führt, sondern auch noch das Land eines Dritten beansprucht, dem gegenüber der Kläger kein Wegrecht besitzt, der aber gezwungen ist, dem Kläger den Durchgang zu gestatten, damit dieser ihm Gegenrecht gewährt? Neuregelung des Notwegrechts im Fall einer Veränderung der Verhältnisse.
87 I 3 () from Jan. 25, 1961
Regeste: Art. 4 BV. Rechtsverweigerung durch überspitzten Formalismus im Zivilprozess. Auslegung von § 283 Abs. 1 thurg. ZPO, wonach die Berufungserklärung gegen Urteile der Bezirksgerichte bei deren Kanzlei abzugeben ist. Unhaltbarrkeit der Annahme, dass eine am letzten Tag der Berufungsfrist der Post übergebene Berufungserklärung deshalb, weil sie an das Bezirksgericht und nicht an die Bezirksgerichtskanzlei adressiert war, nicht rechtzeitig bei der zu ihrer Entgegennahme zuständigen Behörde eingegangen und auf sie daher nicht einzutreten sei.
87 I 10 () from March 1, 1961
Regeste: Art. 4 BV und Art. 81 Lit. A Ziff. 1 solothurn. KV. Die rechtsanwendende Behörde darf nur dann vom klaren Wortlaut eines Rechtssatzes abweichen, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Anwendung dieses Grundsatzes auf die Auslegung einer zunächst in einem Gesetz aufgestellten und dann in die Kantonsverfassung aufgenommenen Bestimmung betreffend die Befreiung von der Erbschaftssteuer.
87 I 61 () from Feb. 1, 1961
Regeste: 1. Art. 86 Abs. 2 und 3 OG. Muss die staatsrechtliche Beschwerde auch dann in erster Linie gegen den Entscheid über das ausserordentliche kantonale Rechtsmittel und nicht gegen das ihm zugrunde liegende Sachurteil gerichtet werden, wenn der kantonale Instanzenzug nicht erschöpft zu werden braucht, der Beschwerdeführer aber gleichwohl vom kantonalen Rechtsmittel Gebrauch gemacht hat? Frage offen gelassen (Erw. 2). 2. Art. 61 BV hat nicht nur die Vollstreckung, sondern auch die Anerkennung von Urteilen anderer Kantone zum Gegenstand; den Urteilen sind der Vergleich, die Klageanerkennung, der Klagerückzug und die Klageverwirkung gleichzusetzen (Erw. 3). 3. Die Gerichte eines Kantons haben das Recht eines andern Kantons dort, wo es Platz greift, von Amtes wegen anzuwenden (Erw. 4 a). 4. Einwendungen gegen die Vollstreckung und Anerkennung von Urteilen anderer Kantone (Erw. 5). Die Vereinbarung eines Gerichtsstands schliesst im Zweifel die Klage am Wohnsitz der beklagten Partei nicht aus (Erw. 5 a).
87 I 73 () from March 29, 1961
Regeste: Schweiz./deutsches Vollstreckungsabkommen vom 2. November 1929. Art. 6: Ob ein auf Geldzahlung lautendes Urteil in der Schweiz zu vollstrecken sei, ist von Bundesrechts wegen (Art. 81 Abs. 3 SchKG) im Rechtsöffnungsverfahren zu entscheiden (Erw. 1). Art. 2 Ziff. 2: Wirkungsdauer der in einem zivilrechtlichen Vertrag enthaltenen Gerichtsstandsklausel (Erw. 5). Art. 4 Abs. 1: Der für das Verfahren vor Landgerichten und höheren deutschen Gerichten geltende Anwaltszwang verstösst nicht gegen den schweizerischen ordre public (Erw. 6 b). Art. 7 Ziff. 1: Die Ausfertigung eines deutschen Versäumnisurteils gilt auch dann, wenn sie keine Entscheidungsgründe enthält, als "vollständig" (Erw. 6 c).
87 I 97 () from March 8, 1961
Regeste: Art. 4 BV; Art. 80 und 131 SchKG; Art. 60 VVG. Das Urteil, das den Versicherungsnehmer zu Schadenersatzleistungen an den Geschädigten verpflichtet, stellt für den Geschädigten, der sich die Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Haftpflichtversicherer hat abtreten lassen und diesen nun dafür betreibt, keinen Rechtsöffnungstitel dar.
87 I 100 () from May 3, 1961
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV. Voraussetzungen nach Art. 87 OG. Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (Erw. 1 und 3). Anspruch auf rechtliches Gehör. Glarnerisches Rechtbot. Verhältnis des bundesrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör zu den kantonalen Verfahrensvorschriften (Erw. 4). Rechtsnatur und Wirkungen des glarnerischen Rechtbots (Erw. 5). Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (und des kantonalen Zivilprozessrechts?) durch Erlass eines Spezialrechtbots (Verbot gegen bestimmte Personen, § 288 Abs. 2 glar. ZPO) auf einseitiges Begehren einer Partei ohne Anhörung der Gegenpartei (Erw. 6 und 7). Formelle Natur des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Erw. 8).
87 I 153 () from June 21, 1961
Regeste: Art. 4 BV. Rechtliches Gehör in Verwaltungssachen. Der Enteignete hat einen Anspruch darauf, angehört zu werden, bevor die zuständige Behörde dem Enteigner die vorzeitige Besitzeinweisung bewilligt.
87 I 157 () from March 8, 1961
Regeste: Kantonales Steuerrecht, Willkür Handänderungssteuer mit progressivem Satz. Nach solothurnischem Recht bildet das einzelne übertragene Grundstück die Berechnungsgrundlage für den Steuersatz. Die Abgabewerte mehrerer gleichzeitig (oder annähernd gleichzeitig) erworbener Grundstücke dürfen nur dann zusammengerechnet werden, wenn diese zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengewachsen sind und sie als einheitliches Wirtschaftsgut in den Handel gebracht werden.
87 I 163 () from July 12, 1961
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde gegen einen Steuerentscheid wegen Verletzung des in einem Niederlassungsvertrag mit dem Ausland enthaltenen Gundsatzes der Gleichbehandlung. Zuständigkeit und Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 1 und 3). Kantonales Steuerrecht. Willkür. Kantonale Bestimmung, wonach die Erbschaftssteuer für die nach ZGB mit Standesfolge anerkannten Kinder 1% und für Adoptivkinder 4% beträgt. Welcher Satz gilt für aussereheliche Kinder, welche ein deutscher Staatsangehöriger nach deutschem Recht adoptiert hat, weil die Legitimation durch Heirat mit der Mutter sowie die Anerkennung mit Standesfolge nach Art. 303 ZGB unmöglich waren und die Ehelichkeitserklärung nach deutschem Recht ausgeschlossen schien? (Erw. 4 und 5.)
87 I 172 () from May 10, 1961
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde aus Art. 4 BV gegen Zwischentscheide (Art. 87 OG). Zulässigkeit der Beschwerde gegen einen Entscheid, mit dem eine Steuerrekursbehörde eine Sache in Gutheissung eines Wiedererwägungsgesuchs des Fiskus an die untere Instanz zurückweist, soweit mit der Beschwerde die Zulässigkeit des Wiedererwägungsgesuchs angefochten wird (Erw. 2). Revision von kantonalen Steuerentscheiden. Art. 4 BV. Unter welchen Voraussetzungen dürfen Steuerrekursbehörden ohne gesetzliche Grundlage auf Wiedererwägungsgesuche des Fiskus gegen ihre Entscheide eintreten und diese zum Nachteil des Steuerpflichtigen abändern? (Erw. 3).
87 I 213 () from July 5, 1961
Regeste: Art. 88 OG. Die Neufestsetzung der Gemeindegrenzen kann von der Gemeinde nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden.
87 I 241 () from May 3, 1961
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses an der Beschwerdeführung; Ausnahmen (Erw. 2). Formelle Rechtsverweigerung. Liegt eine solche vor, wenn eine Behörde über ein Feststellungsbegehren nicht im Dispositiv entscheidet und zu den damit aufgeworfenen Fragen nur in den Motiven ihres Entscheids Stellung nimmt (Erw. 3)? Fremdenpolizeirecht, Willkür. Gesuch eines Arbeitsgebers um Erteilung der Bewilligung zur Anstellung ausländischer Arbeitskräfte. Für die Beurteilung dieses Gesuchs massgebende Gesichtspunkte Erw. 6).
87 I 268 () from Oct. 4, 1961
Regeste: Handels- und Gewerbefreiheit, Reklame. Befugnis des Gewerbetreibenden zur Reklame, insbesondere zum Hinweis auf besondere Vorzüge der angebotenen Waren und Dienste. Grenzen der Reklame. Anwendung auf die Vermietung von Zimmern an Passanten und Feriengäste.
87 I 275 () from July 12, 1961
Regeste: Filmzensur; Vereins- und Pressfreiheit, Willkür, rechtsungleiche Behandlung. 1. Das Bundesgericht kann die kantonalen Behörden anweisen, eine zu Unrecht verweigerte Polizeierlaubnis zu erteilen (Erw. 1). 2. Zulässigkeit und Tragweite einer Vereinbarung zwischen den Behörden und einem Filmklub über die Handhabung der Filmzensur? (Erw. 2). 3. Anwendung der für öffentliche Filmvorführungen vorgeschriebenen Vorzensur auf die von einem Filmklub ausschliesslich für seine Mitglieder veranstalteten Vorführungen. Verletzung des kantonalen Rechts und des allgemeinen Grundsatzes, dass die Privatsphäre der polizeilichen Kontrolle entzogen ist? (Erw. 3 a.) Verletzung der Vereinsfreiheit oder der Pressfreiheit? (Erw. 3 b und 4.) 4. Unterstehen die Vorführungen des Filmklubs der Zensur, so gebietet die Rechtsgleichheit, dass ihm auch die den Kinobesitzern eingeräumten kantonalen Rechtsmittel gegen Zensurmassnahmen zur Verfügung stehen müssen (Erw. 5).
87 I 326 () from Sept. 15, 1961
Regeste: Einspruch gegen Liegenschaftskäufe. Die Kantone können das Einspracherecht in einem engeren Umfang einführen, als es nach Art. 19 und 21 EGG möglich wäre (Erw. 1 und 2). Kantonale Ordnung, welche die in Art. 19 Abs. 1 lit. a und b EGG vorgesehenen Einspruchsgründe der Spekulation und des Güteraufkaufs nur beschränkt zulässt, insbesondere den Einspruch allgemein dann ausschliesst, wenn der Käufer des landwirtschaftlichen Heimwesens oder Grundstücks es selber bewirtschaften kann und will. Anwendung im Falle eines Bauern, der bereits Eigentümer eines Heimwesens ist und ein weiteres hinzukauft (Erw. 2-4).
87 I 337 () from Nov. 8, 1961
Regeste: Disziplinarische Entlassung von Schülern aus der öffentlichen Sekundarschule. Art. 4 BV. Anspruch der Eltern auf rechtliches Gehör im Entlassungsverfahren. Darf die Entlassung ohne vorherige Verwarnung verfügt werden?
87 I 349 () from June 29, 1961
Regeste: Art. 31 BV. Reklame an Tankstellen. Die Anordnung, dass Tankstellen nur zwei von der Strasse aus sichtbare Markenkennzeichen führen dürfen, von denen das eine auf eine Benzinmarke und das andere auf die vom Betriebsinhaber vertretene Automarke entfällt, verfügt über eine gesetzliche Grundlage; sie ist trotz gewisser Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Wettbewerb polizeilicher Natur.
87 I 362 () from May 17, 1961
Regeste: Eigentumsgarantie, Art. 4 BV. Die Abwehr übermässiger Immissionen ist auch Sache des öffentlichen Rechts. Polizeilicher Schutz vor Ruhestörung und Geruchsbelästigung.
87 I 371 () from Oct. 25, 1961
Regeste: Art. 87 OG: Nichtanfechtbarkeit des Zwischenentscheides, mit dem im Sinne von § 272 luz. ZPO die Revision bewilligt wird.
87 I 441 () from Nov. 22, 1961
Regeste: fzArt. 4 BV; Verordnung über die Mietzinskontrolle und die Beschränkung des Kündigungsrechts. Der Mieter, der die Mietsache dauernd untervermietet, hat keinen Anspruch auf Kündigungsschutz; der Untermieter seinerseits ist dem Eigentümer gegenüber mietnotrechtlich nicht geschützt.
87 I 515 () from Dec. 13, 1961
Regeste: Eigentumsgarantie, Art. 4 BV. Wann liegt ein "schönes Landschaftsbild" im Sinne kantonaler Natur- und Heimatschutzvorschriften vor?
87 II 364 () from Dec. 12, 1961
Regeste: Haftung des (Armen-)Anwalts (Art. 398 OR) für die Folgen der Versäumung der Frist für die Vaterschaftsklage (Art. 308 ZGB). Pflichten des Anwalts im Falle, dass Zweifel darüber bestehen können, ob die Frist durch ein vor seiner Beauftragung gestelltes Gesuch um Ladung zu einem Aussöhnungsversuch gewahrt sei. Schaden infolge Verletzung dieser Pflichten. Nachweis, dass die Vaterschaftsklage bei Einhaltung der Frist geschützt worden wäre. Ist die Ersatzpflicht wegen nur leichter Fahrlässigkeit des Anwalts (Art. 43 Abs. 1 OR) oder wegen Mitverschuldens seiner Klienten (Art. 44 Abs. 1 OR) zu ermässigen?
88 I 1 () from Jan. 31, 1962
Regeste: Sperrfrist für die Veräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke (Art. 218 OR). Begriff des von der Sperrfrist ausgenommenen "Baulandes" im Sinne von Art. 218 Abs. 2 OR.
88 I 11 () from April 11, 1962
Regeste: Art. 4 BV. Rechtliches Gehör. Bei der Anordnung vorsorglicher Massnahmen braucht den Parteien nicht der volle Rechtsschutz eines ordentlichen Prozessverfahrens gewährt zu werden. Anforderungen an die Glaubhaftmachungdes Anspruchs des Gesuchstellers (Erw. 5 a). Beweislastverteilung (Erw. 5 b). Fristansetzung zur Anhebung des ordentlichen Prozesses (Erw. 6).
88 I 18 () from Jan. 24, 1962
Regeste: Art. 4 BV. Benutzung der öffentlichen Gewässer im Gemeingebrauch. Wenn das vom Staat auf Grund seines Regals verliehene Recht des Fischfangs auf einer bestimmten Flussstrecke während des übungs- und wettkampfmässigen Befahrens dieser Strecke mit bestimmten Booten nicht ausgeübt werden kann, darf die mit der Oberaufsicht über die öffentlichen Gewässer betraute kantonale Behörde diese Übungs- und Wettfahrten zeitlich beschränken, gleichgültig ob es sich dabei um einfachen oder gesteigerten Gemeingebrauch handelt.
88 I 57 () from May 23, 1962
Regeste: Monopol für Hausinstallationen. Art. 31 BV. 1. Ist es mit Art. 31 BV vereinbar, dass eine Gemeinde das tatsächliche Monopol der Belieferung mit Wasser, Gas oder Elektrizität auf die Ausführung von Hausinstallationen ausdehnt? (Erw. 3). 2. Wenn eine Gemeinde sich mit Hausinstallationen überhaupt nicht befasst, diese ganz dem privaten Gewerbe überlässt und sich darauf beschränkt, Installationsvorschriften zu erlassen, deren Einhaltung zu kontrollieren und die Ausführung von Installationen der Bewilligungspflicht zu unterwerfen, kann von einem Monopol nicht die Rede sein und geniesst das Installationsgewerbe den Schutz des Art. 31 BV (Erw. 4, 5). 3. Eine solche Gemeinde darf die Erteilung der Bewilligung für Wasserinstallationen an einen in einer Nachbargemeinde ansässigen Installateur nicht davon abhängig machen, dass er in der Gemeinde einen im Handelsregister eingetragenen Geschäftssitz (Hauptsitz oder Zweigniederlassung) aufweise und eine Werkstätte besitze (Erw. 6).
88 I 71 () from May 16, 1962
Regeste: Beschränkung des Kündigungsrechts. Art. 2 Üb.-Best. der BV und Art. 4 BV. Die Kantone dürfen bei der Einführung der bundesrechtlichen Beschränkungen des Kündigungsrechts nicht nurderen örtlichen, sondern, auch den sachlichen Geltungsbereich beschränken. Eine kantonale Bestimmung, nach welcher diese Beschränkungen nur für Mietverträge über Wohnungen mit einem Jahreszins bis zu einem bestimmten Betrag gelten, ist daher nicht bundesrechtswidrig (Erw. 2). Verstösst eine solche Bestimmung gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit? (Erw. 3).
88 I 141 () from Oct. 24, 1962
Regeste: Art. 4 BV; Art. 35 lit. c VMK. Die Kündigung einer für einen Arbeitnehmer benötigten Wohnung ist gerechtfertigt, wenn die Betriebsführung erheblich erschwert würde, falls der Arbeitnehmer nicht in der betreffenden Wohnung untergebracht werden könnte.
88 I 144 () from Oct. 24, 1962
Regeste: Art. 4 BV, Armenrecht. Der Entscheid darüber, ob eine Partei im Vaterschaftsprozess Anspruch auf Anordnung einer anthropologisch-erbbiologischen Begutachtung habe, ist dem Sachrichter vorbehalten und darf nicht vom Richter vorweggenommen werden, der über das Armenrecht zu befinden hat.
88 I 145 () from July 10, 1962
Regeste: Zonenplan. Rechtsungleiche Behandlung. Darf ein Zonenplan eine grössere als für das übrige Gebiet einer Zone geltende Bodenausnützung vorsehen für ein Grundstück, dessen Eigentümer auf die Verwirklichung eines nach den bisherigen Zonenvorschriften zulässigen Bauprojektes verzichtet hat im Hinblick auf die daraufhin in Angriff genommene Revision des Zonenplans und im Vertrauen auf die in der Folge nicht eingehaltene behördliche Zusicherung über die nach dem revidierten Zonenplan zulässige Ausnützung.
88 I 149 () from May 23, 1962
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde, Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges. Dass das fakultative Referendum gegen ein Gesetz nicht ergriffen wurde, schliesst die staatsrechtliche Beschwerde gegen das Gesetz nicht aus (Erw. 2). Verfassungsmässigkeit eines kantonalen Gesetzes; Zulässigkeit der Gesetzesdelegation. Art. 45, 59 und 60 luzern. K V. Art. 4 BV. Kantonale Verfassungsbestimmung, wonach die Mitglieder des Grossen Rates für ihre Teilnahme an den Rats- und Kommissionssitzungen ein Taggeld nebst Reiseentschädigung beziehen und "ein Gesetz das Nähere bestimmt". Kann dieses Gesetz a) den Grossen Rat ermächtigen, die Höhe des Taggeldes und der Reiseentschädigung in einem (dem fakultativen Referendum nicht unterstehenden) Dekret festzusetzen? (Erw. 4). b) dem Rats- und den Kommissionspräsidenten sowie den Mitgliedern gewisser Kommissionen Zulagen zum ordentlichen Taggeld gewähren? (Erw. 5).
88 I 202 () from Sept. 26, 1962
Regeste: Art. 4 BV; Art. 218 OR. Die Annahme, die Sperrfrist für die Veräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke beginne auch mit dem Eigentumswechsel infolge Erbgangs zu laufen, ist nicht willkürlich.
88 I 207 () from Nov. 21, 1962
Regeste: Art. 4 BV. Willkür. Beschränkung des Kündigungsrechts im Geltungsbereich der Mietzinsüberwachung. Verhältnis von Art. 63 Abs. 1 zu Art. 64 VMK.
88 I 217 () from Oct. 10, 1962
Regeste: Kantonale Handänderungssteuer; Willkür. Verkauf von Bauland in Verbindung mit einem Werkvertrag, durch den sich der Verkäufer verpflichtet, auf dem verkauften Land ein Gebäude zu erstellen. Berechnung der Handänderungssteuernur auf dem Kaufpreis für das Land oder auf dem Gesamtpreis für das Land und das Gebäude?
88 I 224 () from Oct. 31, 1962
Regeste: Art. 4 BV. Voraussetzungen für den Widerruf oder die Abänderung einer Baubewilligung nach Beginn der Bauarbeiten.
88 I 260 () from Nov. 14, 1962
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. 1. Die Beschwerde gegen Vollzugs- und Bestätigungsakte ist grundsätzlich nur insoweit, als diese selbständig ein verfassungsmässiges Recht verletzen, nicht auch wegen Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Verfügungen zulässig. Eine Ausnahme gilt nur für Beschwerden wegen Verletzung unverzichtbarer und unverjährbarer Rechte, zu denen nicht nur die Niederlassungsfreiheit, sondern noch weitere fundamentale Rechte gehören (Erw. 1). 2. Selbständige Verfügung oder blosser Vollzugsakt? (Erw. 2). Persönliche Freiheit. Bedeutung ihrer Gewährleistung in den Kantonsverfassungen (Erw. 3).
88 I 303 () from Dec. 7, 1962
Regeste: Rindviehzucht: Zuchtstierschau, Herdebuchwesen (Landwirtschaftsgesetz vom 3. Oktober 1951 und Verordnung des Bundesrates vom 29. August 1958). 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Beschwerdegründe und Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 1-3). 2. Ausschluss eines Stiers von der Verwendung zur Zucht. Gesetzmässigkeit der Verordnungsvorschriften über die Organisation des Herdebuchwesens und die gebietsweise Beschränkung der staatlichen Förderung der Viehrassen (Erw. 4-11).
88 II 252 () from May 10, 1962
Regeste: 1. Sinn und Tragweite der Artikel 686, 695, 696 und 702 ZGB (Erw. 1 und 2). 2. Der Eigentümer, und ebenso der Inhaber eines Baurechts, ist grundsätzlich im Rahmen der geltenden Bauvorschriften in der baulichen Gestaltung des Grundstücks frei. Das blosse Vorhandensein einer Baute oder baulichen Anlage erzeugt keine Einwirkungen auf andere Grundstücke im Sinne des Art. 684 ZGB. Voraussetzungen der Anwendung des Art. 679 ZGB gegenüber einem Eigentümer oder Bauberechtigten. (Erw. 3). 3. Grund und Gegenstand eines Anspruchs auf Beseitigung nach Art. 641 Abs. 2 ZGB (Erw. 4). 4. Pflicht zur Einfriedigung, kantonales Recht, Art. 697 Abs. 2 ZGB (Erw. 5). 5. Altrechtliche Dienstbarkeit. Inwieweit fällt neben dem Grundbucheintrag der Dienstbarkeitsvertrag in Betracht? Inwieweit ist eidgenössisches, inwieweit kantonales Recht anwendbar? Ausfüllung von Vertragslücken bei einer "ungemessenen" Dienstbarkeit. (Erw. 6, a bis d). Mehrbelastung im Sinne des Art. 739 ZGB, Kriterien (Erw. 6, e).
88 II 386 () from Sept. 18, 1962
Regeste: Unentgeltliche Rechtspflege, Art. 152 OG, kann von juristischen Personen nicht beansprucht werden.
89 I 1 () from Feb. 27, 1963
Regeste: Armenrecht. Art. 4 BV. Wird ein Kind von seinem Vater auf Anfechtung der Ehelichkeit belangt und ist ihm daher zur Wahrung seiner Interessen im Prozess gemäss Art. 392 Ziff. 2 ZGB ein Beistand zu ernennen, so ist dieses Amt einer Person zu übertragen, die den Prozess selber führen kann. Nur wenn eine solche im Vormundschaftskreise nicht zu finden ist, hat das Kind Anspruch auf Beigabe eines Armenanwaltes.
89 I 8 () from Feb. 13, 1963
Regeste: Sperrfrist für die Weiterveräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke. Voraussetzungen der Ausnahmebewilligung nach Art. 22.18bis OR. Umfang des Ermessens der Bewilligungsbehörde. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts.
89 I 11 () from Feb. 13, 1963
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde (Art. 87 und 88 OG). Voraussetzungen der Willkürbeschwerde gegen einen Zwischenentscheid (Erw. 1). Legitimation des Inhabers eines Baurechts zur 8cschwerde wegen Verweigerung der Baubewilligung (Erw. 2). Rechtliches Gehör in Verwaltungssachen. Wer um eine Ausnahmebewilligung (hier: für ein Bauvorhaben) nachsucht und dabei seine Auffassung darlegen kann, hat keinen Anspruch, sich zu den daraufhin von der Bewilligungsbehörde eingeholten internen Berichten zu äussern (Erw. 3). Willkür, rechtsungleiche Behandlung. Verweigerung der Bewilligung zur Umwandlung der für landwirtschaftliche Zwecke benutzten Ein- und Ausfahrt an einer öffentlichen Strasse in eine solche für eine Tankstelle und Service-Station (Erw. 4-6).
89 I 20 () from March 13, 1963
Regeste: Art. 4 BV. Baubewilligungsverfahren. Es ist nicht willkürlich, wenn der Regierungsrat als Rekursinstanz ein Baugesuch auf Grund des zur Zeit seiner Entscheidung geltenden Gemeindebaureglementes beurteilt und ein von der Gemeinde erlassenes, ihm zur Genehmigung unterbreitetes, aber von ihm (noch) nicht genehmigtes neues Baureglement nicht berücksichtigt, gleichgültig aus welchen Gründen er es (noch) nicht genehmigt hat.
89 I 27 () from Jan. 23, 1963
Regeste: Handels- und Gewerbefreiheit. Rechtsgleichheit. Ladenschluss. Allgemein verbindlicher Erlass. Art. 4 und 31 BV, 84 OG 1. Der Beschluss eines Berufsverbandes über die Schliessung gewisser Ladengeschäfte stellt nach seiner Genehmigung durch die kantonale Behörde einen allgemein verbindlichen Erlassdar, der mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden kann (Erw. 1). 2. Polizeiliche Massnahmen im Sinne von Art. 31 Abs. 2 BV dürfen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht verletzen und müssen die unmittelbar miteinander konkurrierenden Gewerbegenossen gleich behandeln. Diesen Grundsätzen entspricht eine Massnahme, welche - die Schliessung der Apotheken an einem halben Werktag pro Woche anordnet, um dem Personal die gesetzlich vorgeschriebene Freizeit zu verschaffen, auch wenn für die Drogerien keine entsprechende Anordnung getroffen wird; - die Festsetzung des Schliessungshalbtags und seine Verlegung von einer polizeilichen Bewilligung abhängig macht; - jede Warenlieferung während des Schliessungshalbtages verbietet (Erw. 2-4). 3. Der Grundsatz der Rechtsgleichheit ist nicht verletzt, wenn die wöchentliche Schliessung an einem halben Werktag den Apotheken vorgeschrieben wird, gegenüber anderen freien Berufen aber keine entsprechenden Massnahmen getroffen werden.
89 I 65 () from Jan. 30, 1963
Regeste: Gerichtsstandsklausel. Die Annahme, die Vereinbarung eines Gerichtsstandes schliesse die Klage am ordentlichen Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten nicht aus - verstösst nicht gegen die Art. 58 und 59 BV (Erw. 1). - ist in casu mit dem Wortlaut und Sinn der Klausel vereinbar und nicht willkürlich (Erw. 2).
89 I 71 () from April 18, 1963
Regeste: Ka ntonales Zivilprozessrecht, Willkür, rechtsungleiche Behandlung. Kantonale Bestimmung, wonach die während der Gerichtsferien ablaufenden Fristen bis zum siebenten Tage nach dem Ende der Ferien verlängert werden. Wann endigen die in den ersten Tagen nach den Gerichtsferien ablaufenden Fristen?
89 I 80 () from March 20, 1963
Regeste: Wahlbeschwerde. 1. Zu den "kantonalen Wahlen" im Sinne von Art. 85 lit. a OG gehören auch die Gemeindewahlen (Erw. 1). 2. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei Wahlbeschwerden (Erw. 3). 3. Wann hat die Unterlassung des Einspruchs gegen das Wahl- und Abstimmungsverfahren die Verwirkung des Rechts zur Anfechtung des Wahl- oder Abstimmungsergebnisses wegen Verfahrensmängeln zur Folge? (Erw. 4). 4. Gemeinsamer Gemeinderat zweier für die Verwaltung vereinigter Gemeinden des Kantons Freiburg. Sind, beim Fehlen einer gesetzlichen Regelung, die Mitglieder des Gemeinderates durch beide Gemeinden gemeinsam zu wählen, oder hat jede Gemeinde nur die auf sie entfallenden Mitglieder zu wählen? (Erw. 5).
89 I 92 () from March 20, 1963
Regeste: Persönliche Freiheit. Blutuntersuchung im Ehelichkeitsanfechtungs- und im Vaterschaftsprozess. 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Beweisbeschluss, durch den die Blutuntersuchung angeordnet wird (Erw. 1). 2. Legitimation des dem Kind im Ehelichkeitsanfechtungsprozess bestellten Beistands, sich der Blutentnahme beim Kind zu widersetzen (Erw. 2). Rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Beistands? (Erw.5). 3. Die persönliche Freiheit wird durch das ungeschriebene Verfassungsrecht des Bundes gewährleistet (Erw. 3). 4. Die Blutentnahme für eine Untersuchung stellt einen Eingriff in die durch die persönliche Freiheit geschützte körperliche Unversehrtheit dar. Die Pflicht zur Hergabe von Blut in einem Zivilprozess darf daher nur beim Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage, nicht in Ausfüllung einer Gesetzeslücke angenommen werden (Bestätigung der Rechtsprechung) (Erw. 4).
89 I 125 () from Feb. 2, 1963
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs (Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG). Urteile der Kammern des Obergerichts des Kantons Luzern können wegen willkürlicher Beweiswürdigung, Aktenwidrigkeitoder Willkür in der Anwendung oder Auslegung kantonaler Prozessvorschriften mit staatsrechtlicher Beschwerde erst angefochten werden, nachdem beim Gesamtobergericht Kassationsbeschwerde geführt worden ist.
89 I 153 () from July 10, 1963
Regeste: Art. 4 BV. Namensänderung, rechtliches Gehör. Der Vater, dem bei der Scheidung die elterliche Gewalt entzogen worden ist, hat grundsätzlich Anspruch darauf, von der Begründung des für seine Kinder gestellten Namensänderungsgesuches Kenntnis zu erhalten und dazu im einzelnen Stellung zu nehmen; er ist nicht bloss nach seiner Zustimmung zu befragen.
89 I 158 () from June 12, 1963
Regeste: Armenrecht. Art. 4 BV. Voraussetzungen des bundesrechtlichen Armenrechtsanspruchs (Erw. 2). Aussichtslosigkeit eines Verantwortlichkeitsprozesses gegen einen Anwalt, der es im Vaterschaftsprozess als Vertreter von Mutter und Kind unterlassen hat, einen Antrag auf Durchführung einer anthropologisch-erbbiologischen Begutachtung zu stellen? (Erw. 3).
89 I 170 () from June 12, 1963
Regeste: Kantonales Enteignungsrecht, Art. 4 BV. Rückforderungsrecht des Enteigneten mangels Verwendung der enteigneten Sache für den bei der Enteignung vorgesehenen Zweck. Eine Verlängerung der Verwendungsfrist ist nach basellandschaftlichem Recht auch noch nach Ablauf der Frist möglich (Erw. 2). Unverschuldete Unmöglichkeit der Werkvollendung innert Frist (Erw. 3).
89 I 188 () from June 5, 1963
Regeste: Eigentumsgarantie. Baubeschränkungen in der Landwirtschaftszone: Die gesetzliche Grundlage ist vorhanden, wenn sich das kantonale Gesetzesrecht ohne Willkür so auslegen lässt, dass darauf die im Baureglementder Gemeinde vorgesehenen Eigentumsbeschränkungen gestützt werden können (Erw. 1). - Öffentliches Interesse; Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (Erw. 2). Zoneneinteilung: Ermessen der Gemeinden bei der Abgrenzung der Zonen (Erw. 3).
89 I 201 () from March 20, 1963
Regeste: Legitimation der Gemeinde zur staatsrechtlichen Beschwerde. Gemeindeautonomie. 1. Als Trägerin öffentlicher Gewalt ist die Gemeinde zur staatsrechtlichen Beschwerde nur legitimiert, wenn sie ihre Autonomieverteidigt oder wenn sie Entscheidungen anficht, durch welche ihre Existenz oder der Bestand ihres Gebietes in Frage gestellt werden. Wann ist letzteres der Fall? (Erw. 1). 2. Den Entscheid, durch welchen eine kantonale Behörde den bisher bestrittenen Verlauf der Grenze zwischen zwei Gemeinden festlegt, wegen Verletzung von Art. 4 BV (Willkür und Verweigerung des rechtlichen Gehörs) anzufechten, ist die Gemeinde nicht legitimiert, während die Rüge, dass der Entscheid von einer unzuständigen kantonalen Behörde gefällt worden sei und daher die Gemeindeautonomie verletze, unbegründet ist (Erw. 2 und 4).
89 I 233 () from July 10, 1963
Regeste: Art. 88 OG, Art. 4 BV. 1. Der Private, dem eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung zur entgeltlichen Besorgung übertragen worden ist, kann sich gegen den Entzug dieser Funktion mit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV zur Wehr setzen (Erw. 2). 2. Rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren: Der Dritte, dessen rechtlich geschützte Interessen durch die im Verfahren zu treffende Verfügung unmittelbar berührt werden, hat Anspruch darauf, im Verfahren gehört zu werden (Erw. 3). 3. Willkürliche Umteilung von Tierbeständen, die einem Tierarzt im Tuberkulose- und Bangbekämpfungsverfahren zur Kontrolle zugewiesen worden sind? (Erw. 4).
89 I 253 () from June 5, 1963
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Begriff der anfechtbaren Verfügung. Abgrenzung zwischen Hoheitsakten und privatrechtlichen Willenserklärungen der Verwaltungsbehörden (Erw. 4). Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung im allgemeinen und zur Beschwerde dagegen, dass das fakultative Referendum durch einen Erlass oder Verwaltungsakt des Regierungsrates umgangen wird (Erw. 5). Grundsatz der Gewaltentrennung. Fakultatives Referendum. Beschluss des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt, durch welchen einer privaten Firma eine Baurechtsdienstbarkeit eingeräumt wird an einem staatlichen Grundstück, auf dem sich bereits ein Gebäude befindet. Anfechtung dieses Beschlusses durch Stimmberechtigte, weil der Baurechtsvertrag nach § 39 lit. e und f KV der Genehmigung durch den Grossen Rat und der Genehmigungsbeschluss des Grossen Rates gemäss § 29 KV dem fakultativen Referendum unterliege. Schutz der Beschwerde, weil der Baurechtsvertrag a) die "Veräusserung einer Liegenschaft" im Sinne von § 39 lit. e KV in sich schliesst (Erw. 10-12), b) als "wichtiger Vertrag" im Sinne von § 39 lit. f KV zu betrachten ist (Erw. 13-16), und c) im Widerspruch zu einem mangels Ergreifung des Referendums rechtskräftig gewordenen Grossratsbeschluss über die Verwendung des betreffenden Grundstücks und Gebäudes steht (Erw. 17).
89 I 278 () from Sept. 18, 1963
Regeste: Art. 88 OG: Dem in einem Submissionsverfahren nicht berücksichtigten Bewerber fehlt die Legitimation zur Beschwerde.
89 I 298 () from Sept. 18, 1963
Regeste: Markenrecht. Schutzverweigerung gegenüber international hinterlegter Marke wegen Täuschungsgefahr über die Herkunft der Ware. Madrider Abkommen Art. 5. Pariser Verbandsübereinkunft (Fassung von Lissabon 1958) Art. 6 Abs. 1. MSchG Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2. Frage der Zulässigkeit geographischer Angaben. Verwendung der Firma als Marke.
89 I 324 () from May 31, 1963
Regeste: Milchstatut: Aufhebung einer Milchsammelstelle. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Legitimation zur Beschwerde. 2. Zusammenlegung von Milchsammelstellen (Errichtung einer Zentrale); Voraussetzungen.
89 I 353 () from Oct. 30, 1963
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör in Verwaltungssachen. Willkürliche Missachtung der im kantonalen Wirtschaftsgesetz enthaltenen Vorschrift, dass die auf die Ausschreibung des Patentgesuchs hin eingegangenen Einsprachen dem Patentbewerber zur Kenntnis zu bringen sind und dieser das Recht hat, sich dazu vernehmen zu lassen. Aufhebung des die Patenterteilung verweigernden Entscheids ohne Rücksicht darauf, ob Aussicht besteht, dass die Vernehmlassung des Patentbewerbers zu einem andern Entscheid führen wird.
89 I 358 () from Nov. 13, 1963
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Art. 86 Abs. 2, Art. 87 OG. Der Entscheid einer Steuerrekursbehörde, mit dem die Streitfrage grundsätzlich beurteilt und die Veranlagung aufgehoben, die Sache jedoch zur Neufestsetzung der Steuer an die Veranlagungsbehördezurückgewiesen wird, ist ein Zwischenentscheid, gegen den nicht unmittelbar, sondern erst im Anschluss an die daraufhin ergangene neue Veranlagung staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV erhoben werden kann (wobei diese Veranlagung nicht nochmals bei der Rekursbehörde angefochten zu werden braucht). Kantonales Steuerrecht. Willkür. Die basel-städtische Kapitalgewinnsteuer (§§ 55 ff. des StG vom 22. Dezember 1949) ist, wie ohne Willkür angenommen werden kann, nicht eine Gewinnsteuer, sondern eine Mehrwertsteuer und darf auch auf dem bei einer Schenkung in Erscheinung tretenden Mehrwert erhoben werden.
89 I 389 () from Oct. 9, 1963
Regeste: Art. 84, 85 OG: Unzulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen kantonale Verfassungsvorschriften. Unzulässigkeit der Abstimmungsbeschwerde a) wenn eine Anordnung in Frage steht, welche vor der Abstimmung hätte angefochten werden können, b) wenn es an einer der Beschwerde vorausgegangenen kantonalen Entscheidung über das Abstimmungsverfahren fehlt.
89 I 402 () from Oct. 23, 1963
Regeste: Art. 88 OG: Dem Grundeigentümer fehlt die Legitimation, um die Nichtgenehmigung eines Gestaltungsplanes mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten, mit dem die sonst anwendbaren Bauvorschriften den Bedürfnissen einer beschränkten Zahl von Parzellen angepasst werden.
89 I 425 () from Nov. 27, 1963
Regeste: Art. 4 BV, Art. 34 VMK. Es ist nicht willkürlich, der getrennt lebenden Ehefrau, die den Mietvertrag nicht als Mieterin unterzeichnet hat, selbst dann das Recht abzusprechen, in eigenem Namen gegen die Kündigung des Vertrages Einsprache zu erheben, wenn sie auf Grund einer richterlichen Anordnung die eheliche Wohnung allein benutzt und der Ehemann von einer Einsprache Abstand nimmt (Erw. 2). Wann hat die Mieterschutzbehörde vorfrageweise die obligationenrechtliche Gültigkeit der Kündigung zu prüfen? (Erw. 4).
89 I 464 () from Nov. 20, 1963
Regeste: Eigentumsgarantie; Natur- und Heimatschutz. 1. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts mit Bezug auf die gesetzliche Grundlage von Massnahmen des Natur- und Heimatschutzes (Erw. 2). 2. Inwiefern kann Gemeinderecht die gesetzliche Grundlage für Eigentumsbeschränkungen bilden? (Erw. 3b). 3. Bedeutung der Genehmigung von Gemeinderecht durch eine kantonale Behörde (Erw. 3a, b). 4. Auslegung und Anwendung von Art. 96 des schaffhausischen EG ZGB. Frage des öffentlichen Interesses (Erw. 4).
89 I 478 () from Nov. 6, 1963
Regeste: Kantonales Baupolizeirecht. Eigentumsgarantie. Willkür. Ist eine Gemeinde, die sich zur Aufstellung eines Zonenplans veranlasst sieht, auf Grund ihrer allgemeinen Befugnis zum Erlass baupolizeilicher Vorschriften berechtigt, ihr Gemeindebaureglement in dem Sinne abzuändern, dass die Bestimmung, wonach Wohngebäude drei Geschosse aufweisen dürfen, ersetzt wird durch die Bestimmung, dass bis zum Inkrafttreten eines Zonenplans (im ganzen Gemeindegebiet) nur Ein- und Zweifamilienhäuser mit nicht mehr als 2 Geschossen erstellt werden dürfen?
89 I 513 () from Dec. 11, 1963
Regeste: Art. 4 BV, Art. 88 und 90 OG. 1. Beschwerdeführungsbefugnis des Nachbars. Eine Beschränkung der eigenen Baumöglichkeit, derentwegen dem Nachbar die staatsrechtliche Beschwerde offen steht, kann sich u.U. auch aus der einem andern Grundeigentümer erteilten Höherbaubewilligung ergeben (Erw. 2). 2. Willkürliche Anwendung einer allgemeinen Bestimmung an Stelle der einschlägigen Sondervorschrift. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaues bildet keinen Grund, um Abweichungen von zwingenden baupolizeilichen Vorschriften zu gestatten (Erw. 3). 3. Kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde; Ausnahme bei Beschwerden wegen Verweigerung einer Polizeibewilligung (Erw. 5).
89 I 533 () from Dec. 4, 1963
Regeste: Strassenfreiheit. Parkingmetergebühren. Tragweite von Art. 37 Abs. 2 BV, wonach für den Verkehr auf Strassen, die im Rahmen ihrer Zweckbestimmung der Öffentlichkeit zugänglich sind, keine Gebühren erhoben werden dürfen (Erw. 4 a, b). Inwieweit gilt die Gebührenfreiheit auch für den sog. ruhenden Verkehr? (Erw. 4 c). Art. 37 Abs. 2 BV hindert die Gemeinwesen nicht, Teile des bisher unentgeltlich benützbaren öffentlichen Bodens als Parkfelder zu bezeichnen und darauf das Aufstellen von Fahrzeugen nur während einer bestimten Zeit und nur gegen eine durch Einwurf einer Münze in eine Parkuhr (Parkingmeter) zu entrichtende Gebühr zu gestatten, sofern in angemessenem Abstand davon genügend Parkplätze vorhanden sind, auf denen Fahrzeuge unentgeltlich aufgestellt werden können (Erw. 4 d).
89 IV 195 () from Dec. 3, 1963
Regeste: Art. 204 StGB. Unzüchtige Veröffentlichungen. Ob illustrierte Druckschriften erotischen Inhalts nach dem gesunden Volksempfinden als unzüchtig zu gelten haben, bestimmt sich weniger nach Einzelheiten als nach dem Gesamteindruck, den sie beim Leser oder Betrachter hinterlassen; Umstände, welche die Wirkung solcher Schriften beeinflussen können.
90 I 1 () from Feb. 19, 1964
Regeste: Art. 4 BV. Verbot eines Kiosks an Strassenkreuzung. Begriff des Störers im Verkehrspolizeirecht (Erw. 1a). Inwiefern dürfen verkehrspolizeiliche Anordnungen in tatsächlicher Hinsicht auf Erfahrungssätze gestützt werden? (Erw. 1b).
90 I 8 () from Feb. 5, 1964
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Voraussetzungen der Replik (Art. 93 Abs. 3 OG). Begriff der Gegenpartei (Art. 93 Abs. 1 OG) und Folgen einer unrichtigen Bezeichnung derselben in der Beschwerdeschrift (Erw. 1 und 2). Widerruf einer Baubewilligung. Beurteilung der Voraussetzungen des Widerrufs nach der Rechtslage zur Zeit des Widerrufs oder zur Zeit des letzten kantonalen Entscheids? (Erw. 5 a). Strassenprojekt und auf Grund desselben verhängte Bausperre als Gründe des Widerrufs (Erw. 5 b, c). Auslegung einer Bestimmung, wonach der Widerruf nur zulässig ist, solange mit den "Bauarbeiten" noch nicht begonnen worden ist; Berücksichtigung von Abbrucharbeiten und von Arbeiten, die schon vor Erteilung der Baubewilligung in Angriff genommen worden sind? (Erw. 6).
90 I 18 () from April 22, 1964
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Verhältnis zu kantonalen Rechtsmitteln, die nur zu beschränkter Überprüfung eines Entscheids führen (Erw. 1). Kantonales Steuerrecht. Willkür. Rechtsungleiche Behandlung. Kantonale Vorschrift, wonach Einkommen und Vermögen alle zwei Jahre einzuschätzen sind. Die Vorschrift lässt sich nicht als blosse Ordnungsvorschrift auffassen, sondern ist zwingend (Erw. 2 a). Folgt aus ihr, dass die Einschätzung im Laufe der zwei Jahre vorzunehmen oder doch einzuleiten ist, ansonst das Recht dazu verwirkt ist? (Erw. 2 b). Rechtsungleiche Behandlung? (Erw. 3).
90 I 41 () from March 25, 1964
Regeste: Stiftungen. Wann ist die Aufsichtsbehörde zur Prozessführung namens der Stiftung befugt? (Erw. 1). Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit. Willkür. Verletzung eines interkantonalen Konkordates. Anwendung der kantonalen Bestimmungen über Steuerbefreiung nur auf Institutionen, die sich im Kanton gemeinnützig betätigen, oder auch auf ausserkantonale Institutionen? (Erw. 2). Auslegung einer interkantonalen Gegenrechtsvereinbarung über die Steuerfreiheit von Vermögenszuwendungen an Gemeinwesen und private Institutionen des andern Kantons (Erw. 3).
90 I 51 () from Jan. 27, 1964
Regeste: Wiedereinsetzung in den früheren Stand, Art. 47 PatG. Ein Verschulden des vom Patentbewerber beigezogenen Patentanwalts und seiner Hilfspersonen ist in analoger Anwendung von Art. 101 Abs. 1 OR dem Patentbewerber anzurechnen (Erw. 1, 2 a). Art. 101 Abs. 2 OR ist auf das Verhältnis des Patentbewerbers zum Amt nicht analog anwendbar (Erw. 2 b). Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Patentanwalts bei der Überwachung seines Personals (Erw. 4). Verstoss gegen die Rechtsgleichheit? (Erw. 5).
90 I 77 () from April 29, 1964
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Mit einer erst im Anschluss an eine Anwendungsverfügung erhobenen staatsrechtlichen Beschwerde kann die Verfassungswidrigkeit eines allgemein verbindlichen Erlasses nur insoweit geltend gemacht werden, als seine Bestimmungen auf den Beschwerdeführer angewendet worden sind (Erw. 1). Doppelbesteuerung. Bündnerische "Staatstaxe", die der Finanzierung des Kantonsstrassennetzes dient und von gewissen, im Kanton weilenden Personen nach Massgabe der Zahl der Übernachtungen erhoben wird. Rechtliche Natur der Abgabe (Erw. 3). Anwendbarkeit von Art. 46 Abs. 2 BV auf sie (Erw. 4). Unzulässigkeit der Erhebung von den Eigentümern von Ferienhäusern, ihren Angehörigen und nichtzahlenden Gästen, sofern diese Personen ihr ordentliches Steuerdomizil in einem andern Kanton als Graubünden haben (Erw. 5).
90 I 86 () from April 29, 1964
Regeste: Kurtaxen. Doppelbesteuerung. Rechtsungleiche Behandlung. Willkür. Rechtsnatur der Kurtaxe; Steuer, Gebühr oder Vorzugslast? (Erw. 3). Voraussetzungen der Anwendbarkeit des Doppelbesteuerungsverbotes auf Kurtaxen (Erw. 4). Verletzung der Rechtsgleichheit durch Erhebung der Kurtaxen - auch von den Eigentümern von Ferienhäusern? - nur von Personen ohne Wohnsitz am Kurort? - von den Dienstboten der Feriengäste? (Erw. 5). Willkürliche Bemessung der einem Ferienhauseigentümer auferlegten Pauschaltaxe? (Erw. 6).
90 I 137 () from March 18, 1964
Regeste: Art. 4 BV, Art. 9 BAU. Haftung für Schaden aus Aufschub von Umzugsterminen. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei Beschwerden wegen Verletzung des Art. 4 BV (Erw. 2). Art. 1 Abs. 2 ZGB ist nur beim Vorliegen echter Lücken des Gesetzes anwendbar (Erw. 3). Die Annahme, der Vermieter hafte dem neuen Mieter für den Schaden, der diesem aus dem (dem früheren Mieter bewilligten) Aufschub des Umzugstermins erwächst, lässt sich nicht auf Art. 9 BAU, dagegen ohne Willkür auf Art. 258 OR stützen (Erw. 3, 4).
90 I 145 () from July 8, 1964
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Zulässigkeit neuer Vorbringen? (Erw. 1 Abs. 2). Kantonales Steuerrecht. Willkür. Bedeutung des in Art. 19 Abs. 1 der Zürcher KV aufgestellten Grundsatzes der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Erw. 1 Abs. 3 und 4). Besteuerung des Einkommens nach Massgabe des im Vorjahr erzielten Ergebnisses. Anspruch des Steuerpflichtigen auf eine Zwischeneinschätzung im Falle einer im Veranlagungsjahr eintretenden Änderung des Einkommens infolge "dauernder Änderung der Erwerbsgrundlagen" (§ 59 lit. e des Zürcher Steuergesetzes vom 8. Juli 1951); wann liegt eine solche Änderung vor? (Erw. 2).
90 I 153 () from Sept. 16, 1964
Regeste: Kantonales Steuerrecht, Willkür. Stellt das "Pflichtanteilkapital", zu dessen Einzahlung jeder Mieter einer Wohnung einer Baugenossenschaft verpflichtet ist, Darlehen und damit Fremdkapital der Genossenschaft dar oder gehört es zum steuerbaren Eigenkapital?
90 I 159 () from March 18, 1964
Regeste: Art. 4 BV. Rechtsgleichheit, Allgemeinheit der Steuer. Es verstösst gegen die Rechtsgleichheit, die Billetsteuer nur auf dem Minigolfspiel und nicht auch auf dem Kegelschub zu erheben (Erw. 2). Der Umstand, dass das Gesetz in anderen Fällen nicht, oder nicht richtig, angewendet worden ist, gibt dem Einzelnen grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden (Erw. 3).
90 I 169 () from Sept. 23, 1964
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde von Stimmberechtigten gegen die Genehmigung der Staatsrechnung durch den solothurnischen Kantonsrat. Ist der Stimmberechtigte legitimiert, mit der Beschwerde geltend zu machen, dass eine vom Volke bewilligte Ausgabe nicht aus allgemeinen Staatsmitteln gedeckt werden dürfe, die Staatsrechnung im Sinne der Festsetzung eines höheren Rechnungsüberschusses zu berichtigen sei und der Kantonsrat über diesen Überschuss erneut Beschluss zu fassen habe? (Erw. 2). Der Kantonsrat hat, da der Beschluss keine neue Ausgabe zur Folge hat, damit seine Ausgabenkompetenz (Art. 31 Ziff. 6 KV) nicht überschritten, noch hat er gesetzliche Bestimmungen willkürlich missachtet (Erw. 3).
90 I 177 () from Sept. 23, 1964
Regeste: Wirtschaftsgewerbe. Eigentumsgarantie. Handels- und Gewerbefreiheit. Willkür. Bestimmung des kantonalen Wirtschaftsgesetzes, wonach die Vergrösserung eines der Bedürfnisklausel unterstellten Wirtschaftsbetriebes einer behördlichen Bewilligung bedarf, welche nur erteilt wird, wenn die Vergrösserung einem Bedürfnis entspricht und dem öffentlichen Wohl nicht zuwiderläuft. - Die Anwendung der Bestimmung auf Betriebe mit "ehehaften Tavernenrechten" im Kanton Zürich verstösst weder gegen die Eigentumsgarantie (Erw. 3, 4) noch gegen die Handels- und Gewerbefreiheit (Erw. 6). - Als Vergrösserung des Betriebs gilt, wie ohne Willkür angenommen werden kann, nicht nur die Erweiterung der Bodenfläche der Wirtschaftsräume, sondern auch ein Umbau, der zu einem vermehrten Alkoholausschank führt, wie z.B. die Einrichtung einer ständig geöffneten Bar in einem bisher nur gelegentlich zum Wirten benutzten Raum (Erw. 5).
90 I 206 () from Oct. 14, 1964
Regeste: Art. 4 BV; Art. 680, 686 und 702 ZGB. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Bauvorschriften der Kantone und Gemeinden. Die Annahme, die schwyzerischen Gemeinden seien nur zum Erlass öffentlich-rechtlicher Bauvorschriften befugt und die Abstandsvorschriften der Bauverordnung der Gemeinde Lachen seien öffentlich-rechtlicher Natur, ist nicht willkürlich.
90 I 217 () from July 8, 1964
Regeste: Kantonales Steuerrecht. Wirtschaftliche Betrachtungsweise, Willkür. Im Falle der Steuerumgehung dürfen die Steuerbehörden ohne Willkür auf den wirtschaftlichen Sachverhalt statt auf die zivilrechtliche Form abstellen. Ein Darlehen, das eine A.-G. bei der Gründung von dem sie beherrschenden Aktionär erhält, darf daher dem steuerbaren Kapital zugerechnet werden, wenn die A.-G. zum Zwecke der Steuerumgehung mit einem unzureichenden Grundkapital ausgestattet worden ist (Erw. 2). Anwendung dieser Grundsätze auf eine Immobiliengesellschaft (Erw. 3). Rechtsungleiche Behandlung? (Erw. 4).
90 I 227 () from Oct. 7, 1964
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde, Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges. Kantonale Rechtsmittel im Sinne von Art. 86 Abs. 2 OG sind nur solche, bei deren Ergreifung Anspruch auf einen Bescheid besteht, was bei der Petition oder bei der nach der aargauischen Verwaltungspraxis zulässigen "Aufsichtsbeschwerde" nicht zutrifft (Erw. 2). Güterzusammenlegung, Willkür. Neuzuteilungen und insbesondere die Zerstückelung eines Grundstücks sind willkürlich, wenn damit ein dem Güterzusammenlegungsverfahren fremder Zweck verfolgt wird (Erw. 4).
90 I 233 () from July 8, 1964
Regeste: 1. Das Bundesgericht weicht nur dann nicht ohne Not von der Auslegung einer kantonalen Verfassungsbestimmung durch ein kantonales Organ ab, wenn die Bestimmung nicht selber ein Grundrecht gewährleistet, und wenn die Auslegung vom kantonalen Parlament (oder vom Volk) ausgegangen ist (Erw. 3). 2. Dass der Steuerpflichtige gemäss § § 36 und 37 des solothurnischenSteuergesetzes bei der Veräusserung eines ererbten oder ihm geschenkten Gegenstandes des Privatvermögens auch den Mehrwert zu versteuern hat, der während der Besitzesdauer des Rechtsvorgängers angewachsen ist, verstösst nicht gegen Art. 62 der Kantonsverfassung (Erw. 4, 5).
90 I 249 () from Oct. 28, 1964
Regeste: Art. 88 OG. Aktuelles Interesse an der Beschwerdeführung. Verwirkung des Beschwerderechts durch vorbehaltlose Erfüllung des angefochtenen Entscheides.
90 I 283 () from Dec. 2, 1964
Regeste: Güterzusammenlegung. Willkür. 1. Die Bewertung der in eine Güterzusammenlegung einbezogenen Grundstücke wird nach Erledigung allfälliger dagegen erhobener kantonaler Rechtsmittel grundsätzlich für alle Beteiligten verbindlich und kann bei der Neuzuteilung nicht mehr in Frage gestellt werden. Kann die Bewertung, nach Abweisung der kantonalen Rechtsmittel, selbständig oder erst in Verbindung mit der Neuzuteilung mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV angefochten werden? (Erw. 5). 2. Auslegung und Anwendung des Grundsatzes, dass jedem Grundeigentümer für die eingeworfenen Grundstücke "nach Möglichkeit Ersatz in Land von ähnlicher Beschaffenheit und Lage zuzuweisen" ist. Umfang des dabei den zuständigen kantonalen Behörden zustehenden Ermessens. Behandlung von Land, das in einer Bauzone liegt oder für das doch Baulandpreise bezahlt werden (Erw. 6).
90 I 307 () from Dec. 3, 1964
Regeste: Grundstückkauf. Ausübung eines Vorkaufsrechtes. Legitimation des Käufers zur Beschwerde gegen die bevorstehende Eintragung des Dritten. 1. Legitimation des Käufers zur allgemeinen Aufsichtsbeschwerde nach Art. 104 GBV. (Erw. 1). 2. Zweck einer solchen Beschwerde; was für Begehren sind zuläszig? (Erw. 2). 3. Erlöschen des Vorkaufsrechtes nach Art. 14 Abs. 2 EGG: Die Frist von drei Monaten wird nur durch eine vollständige Anmeldung des Kaufvertrages in Lauf gesetzt. (Erw. 3 a). 4. Weder die Grundbuchbeschwerde noch die damit verbundene staatsrechtliche Beschwerde lässt sich auf materiellrechtliche Gründe stützen, die das Grundbuchamt mit Recht der gerichtlichen Beurteilung vorbehielt. (Erw. 3 b und 4).
90 I 328 () from Dec. 16, 1964
Regeste: Eigentumsgarantie; Enteignung. Offentliches Interesse als Voraussetzung der Enteignung. Erschliessung von Bauland als Aufgabe im öffentlichen Interesse. Das öffentliche Interesse wird durch gleichlaufende private Interessen nicht ausgeschlossen, solange diese nicht offensichtlich die Oberhand haben. Abänderbarkeit von Strassen- und Baulinienplänen.
90 I 334 () from Dec. 16, 1964
Regeste: Eigentumsgarantie; Natur- und Heimatschutz; rechtliches Gehör. 1. Beschwerderecht der Gemeinde gegen einen Erlass, der zu ihrem Finanzvermögen gehörende Grundstücke betrifft (Erw. 1b). 2. Sind die betroffenen Grundeigentümer vor Erlass eines Landschaftsschutzplanes anzuhören? (Frage offen gelassen; Erw. 2). 3. Freie Prüfung der gesetzlichen Grundlagen weitreichender Landschaftsschutzmassnahmen (Erw. 3). Begriff der schützenswerten "Landschaft" (Erw. 3 a) und der "Verunstaltung" (Erw. 3 b). Verhältnismässigkeit von Landschaftsschutzmassnahmen (Erw. 3 c).
90 II 34 () from March 24, 1964
Regeste: 1. Grundstückkauf. Subjektiv wesentliche Vertragsbestimmung, die zur Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung (Art. 657 ZGB, 216 OR) bedarf, sofern ihr Gegenstand seiner Natur nach in den Rahmen eines Kaufvertrages fällt (Erw. 2). 2. Gänzliche Nichtigkeit eines Vertrages wegen Formmangels (Art. 20 Abs. 2 OR); Feststellung von Amtes wegen; Fehlen eines Rechtsmissbrauches (Erw. 3 und 4). 3. Berufungsverfahren. Zulässigkeit einer Aenderung des Klagegrundes (Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung statt Schadenersatz). a) Das Verbot neuer Begehren steht einer solchen Änderung nicht entgegen (Art. 55 Abs. 1 lit. b i.f. OG); b) Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 43, 63 Abs. 1 und 3 OG) (Erw. 6). 4. Das Bundesgericht hat seinem Entscheid die tatsächlichen Feststellungen der letzten kantonalen Instanz zugrunde zu legen (Art. 63 Abs. 2 OG). Ist ihm dies beim gegebenen Aktenstand nicht möglich, so hat es die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 64 Abs. 1 OG); diese kann jedoch die Akten nur ergänzen, soweit das kantonale Prozessrecht dies zulässt (Erw. 7 und 8).
90 II 467 () from Oct. 2, 1964
Regeste: Editionspflicht des in Güterverbindung lebenden Ehemannes bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsprozess: a) Er hat kraft Bundesrechtes Auskunft über das von ihm verwaltete eheliche Vermögen zu geben und die gemachten Angaben zu belegen. b) Die Auskunftspflicht trifft in casu auch die von ihm beherrschte Aktiengesellschaft. c) Werden gegen ihn gerichtete Editionsbegehren der Ehefrau, die formell und inhaltlich dem kantonalen Prozessrecht entsprechen, abgewiesen, so ist Art. 8 ZGB verletzt.
91 I 1 () from March 31, 1965
Regeste: Art. 4 BV, Art. 174 SchKG. Es ist nicht willkürlich, eine erst nach der erstinstanzlichen Konkurseröffnung erfolgte Tilgung der Betreibungsforderung im Rechtsmittelverfahren überhaupt nicht oder nur dann zu berücksichtigen, wenn die verspätete Zahlung entschuldbar ist und ernsthaft damit zu rechnen ist, dass der Schuldner seinen Verpflichtungen in der Folge wieder aus eigenen Mitteln wird nachkommen können. Voraussetzungen einer Praxisänderung.
91 I 23 () from Jan. 20, 1965
Regeste: Bäuerliches Vorkaufsrecht. Art. 6 ff. EGG. Die Kantone sind nicht befugt, den Entscheid darüber, ob ein bestimmtes Heimwesen ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EGG und damit Gegenstand des Vorkaufsrechts sei, einer Verwaltungsbehörde zuzuweisen; hierüber hat im Streitfall der ordentliche Richter vorfrageweise zu entscheiden.
91 I 46 () from March 3, 1965
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Art. 84 Abs. 2 und Art. 88 OG. 1. Wenn eine bundesrechtliche Bestimmung (hier: Art. 18 Abs. 1 des BG über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 = ANAG) einen kantonalen Entscheid als "endgültig" bezeichnet, so schliesst dies die staatsrechtliche Beschwerde nicht aus. 2. Auf die staatsrechtliche Beschwerde, mit welcher ein Ausländer die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung in einem Kanton wegen Verletzung des Internationalen Abkommens von Genf über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 sowie wegen willkürlicher Anwendung des ANAG anficht, kann nicht eingetreten werden, weil - die Verletzung des Genfer Abkommens gemäss Art. 125 Abs. 1 lit. c OG durch Beschwerde beim Bundesrat gerügt werden kann - der Ausländer zur Beschwerdewegen Willkür bei der Anwendung des ANAG nicht legitimiert ist.
91 I 81 () from May 12, 1965
Regeste: Quellensteuer, Verfassungsmässigkeit gesetzlicher Erlasse, Rechtsgleichheit. Art. 4 BV. 1. Art. 4 BV bindet nicht nur den Richter und die Verwaltung, sondern auch den Gesetzgeber. Dessen Erlasse müssen sich deshalb auf ernsthafte Gründe stützen lassen und dürfen weder sinn- und zwecklos sein noch rechtliche Unterscheidungen treffen, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden tatsächlichen Verhältnissen nicht ersichtlich ist (Erw. 2). 2. Darin, dass nach § 116 bis Abs. 1 des aargauischen Gesetzes über die ordentlichen Staats- und Gemeindesteuern vom 5. Februar 1945 /6. Dezember 1964 ausländische Arbeitnehmer, welche keine fremdenpolizeiliche Niederlassungsbewilligung besitzen, der Quellensteuer unterstellt werden können, liegt keine rechtsungleiche Behandlung (Erw. 3).
91 I 90 () from May 5, 1965
Regeste: Art. 4 BV, Art. 88 OG. Die Parteien haben im Verwaltungsstreitverfahren schon unmittelbar auf Grund des Art. 4 BV ein Recht auf Teilnahme an einem Augenschein. Die Rüge der Verletzung dieses Anspruchs und des Rechts auf prozessuale Gleichbehandlung steht auch einer Partei zu, die nicht zur Anfechtung des Sachurteils befugt ist.
91 I 94 () from May 12, 1965
Regeste: Abänderung von Verwaltungsakten, Abbruch eines nicht bewilligten Bauteiles. Art. 4 BV. Die Baubewilligung ist eine Verwaltungsverfügung und wird als solche zwar formell, aber nicht materiell rechtskräftig. Ob eine materiell rechtswidrige Verfügung zurückgenommen oder abgeändert werden darf, hängt - soweit darüber nicht positive Vorschriften bestehen - von einer Abwägung der Interessen ab, die einerseits an der Verwirklichung des objektiven Rechtes und anderseits an der Vermeidung von Rechtsunsicherheit bestehen. Abwägung dieser Interessen, wenn nicht der Baubewilligung entsprechend gebaut wurde.
91 I 98 () from May 12, 1965
Regeste: Ladenschluss, Willkür, Handels- und Gewerbefreiheit. Art. 4 und 31 BV. 1. Die Annahme, § 2 des aargauischen Gesetzes über den Ladenschluss vom 14. Februar 1940 ermächtige die Gemeinden zur Anordnung eines ganztägigen Ladenschlusses unter der Woche, ist nicht willkürlich (Erw. 1). 2. Gewerbepolizeiliche Massnahmen sind gestützt auf Art. 31 Abs. 2 BV zulässig, dürfen aber den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht verletzen und müssen alle Gewerbegenossen gleich behandeln (Erw. 2 a und b). 3. Vorschriften, welche die Schliessung der Ladengeschäfte während einer bestimmten Zeitspanne an Werktagen anordnen, um den Ladeninhabern und dem Personal die nötige Freizeit zu verschaffen, sind gewerbepolizeiliche Vorschriften zum Schutze der öffentlichen Gesundheit und als solche mit Art. 31 BV vereinbar. Dies gilt beim heutigen Stand der Dinge grundsätzlich auch dann, wenn angeordnet wird, die Ladengeschäfte während eines ganzen Werktages geschlossen zu halten (Erw. 2 c-g).
91 I 110 () from Feb. 17, 1965
Regeste: Art. 84 OG. Die in einer Kantonsverfassung enthaltene Bestimmung, wonach alle Gesetze vom Grossen Rat einer doppelten Beratung unterworfen werden müssen, begründet kein Individualrecht, dessen Verletzung mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht werden kann (Erw. 2). Organisation der Kirchgemeinden im Kanton Luzern. Kantonale Gesetzesbestimmung, welche die Kirchgemeinden ermächtigt, in ihrer Organisation zu bestimmen, dass die Pfarrer von Amtes wegen der "Vertretung der Bürgerschaft" angehören, welcher gewisse Befugnisse der Gemeindeversammlung übertragen werden können. Diese Gesetzesbestimmung verletzt weder den Grundsatz der Rechtsgleichheit (Art. 4 BV) noch § 95 luzern. KV (Erw. 4 und 5). Verstösst sie gegen eine ungeschriebene Verfassungsnorm, dass ein Parlament nur aus gewählten Mitgliedern bestehen kann? (Erw. 6).
91 I 144 () from Jan. 29, 1965
Regeste: 1. Begriff des Störers auf dem Gebiet des Gewässerschutzes (Erw. 2). 2. Angemessenheit einer Verfügung zum Schutz von Grundwasser (Erw. 3). 3. Ist die dem Pächter auferlegte Pflicht, einen Grundwasserteich einzuzäunen, zulässig? (Erw. 5).
91 I 173 () from June 16, 1965
Regeste: Handänderungssteuer, Art. 4 BV. 1. Die luzernische Handänderungsgebühr ist eine Steuer, nicht eine Gebühr im Rechtssinn (Erw. 2). 2. Es ist in der Regel nicht willkürlich, wenn bei der Besteuerung auf den wirtschaftlichen Gehalt eines Tatbestandes abgestellt wird. Die Annahme, § 1 des luzernischen Gesetzes über die Handänderungsgebühr vom 30. Juni 1897 erfasse neben der rechtlichen auch die wirtschaftliche Handänderung, verstösst deshalb nicht gegen Art. 4 BV (Erw. 3). 3. Anzunehmen, es werde ein fertiges Haus von einer Vertragspartei auf die andere übertragen, ist nicht willkürlich, wenn ein Haus im Rohbau verkauft wird, der Verkäufer für die Vollendung des Baues zu sorgen hat und Kauf- und Werkvertrag so voneinander abhängig sind, dass es ohne den einen nicht zum Abschluss des andern gekommen wäre (Erw. 4). Dies gilt selbst dann, wenn die Parteien des Kauf- und Werkvertrages nicht dieselben sind (Erw. 5 und 6).
91 I 200 () from July 7, 1965
Regeste: Art. 2 Ueb. Best. BV; Art. 321 StGB; Art. 4 BV. 1. Die Verletzung der derogatorischen Kraft eidgenössischer strafrechtlicher Bestimmungen ist in der Regel mit der Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichtes geltend zu machen; die staatsrechtliche Beschwerde ist dafür nur in Ausnahmefällen gegeben. Kantonale Bestimmungen über die Zeugnispflicht der Anwälte verstossen nicht gegen Art. 321 StGB. 2. Bevor die Aufsichtsbehörde einen Anwalt vom Berufsgeheimnis entbindet, hat sie ihn anzuhören. 3. Darf der Anwalt verpflichtet werden, als Zeuge über die Mitteilungen auszusagen, welche ein Klient ihm im Rahmen des Anwaltsverhältnisses machte, sofern der Klient selber das Zeugnis über die betreffenden Tatsachen verweigern kann?
91 I 241 () from Sept. 15, 1965
Regeste: Feriengesetz, Willkür und rechtsungleiche Behandlung, Handels- und Gewerbefreiheit, Eintreten auf Beschwerde, Art. 4, 31 und 64 BV, sowie Art. 2 Ueb. Best. BV. 1. Die in § 3 Abs. 2 des solothurnischen Gesetzes über die Gewährung von Ferien vom 8. Dezember 1946/25. Oktober 1964 enthaltene Regelung, wonach allgemeine Feiertage, die in die Ferien fallen, nicht als Ferientage gelten, verstösst nicht gegen Art. 4 und 31 BV (Erw. 4 und 5). 2. Kantonales Recht wegen eines Widerspruches zu noch nicht in Kraft gesetztem Bundesrecht aufzuheben, ist nicht möglich; sowenig eine staatsrechtliche Beschwerde gegen einen Erlass zulässig ist, für den die erforderliche bundesrätliche Genehmigung verweigert worden ist, sowenig kann das Bundesgericht im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren einem derartigen Entscheid des Bundesrates vorgreifen (Erw. 6).
91 I 249 () from June 24, 1965
Regeste: Gemeindesteuern, Art. 4 BV. 1. Auslegung und Anwendung kantonalen Gesetzesrechtes überprüft das Bundesgericht nur unter dem Gesichtswinkel von Art. 4 BV (Erw. 1). 2. Steuern dürfen nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und lediglich in dem vom Gesetz festgelegten Umfange erhoben werden (Erw. 3). 3. § 141 Abs. 6 des basellandschaftlichen Gesetzes über die kantonalen Steuern vom 7. Juli 1952, wonach die Gemeinden "berechtigt sind, die Staatssteuereinschätzung allgemein auch für die Gemeindesteuer als gültig zu erklären", ermächtigt die Gemeinden nur, für die Gemeindesteuern entweder das bisherige System der Besteuerung nach Gemeindegesetz beizubehalten, oder als Ganzes das System der Staatssteuer gemäss kantonalem Steuergesetz zu zu übernehmen (Erw. 4 und 5).
91 I 266 () from Sept. 15, 1965
Regeste: Politisches Stimmrecht, Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes, Gültigkeit eines Wahlzettels, Verweigerung des rechtlichen Gehörs, Ausstand bei Erwahrungsbeschluss, Art. 85 lit a OG, Art. 4 BV. 1. Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, die Auslegung anderer kantonaler Vorschriften aber, sofern sie nicht das schon von Bundesrechts wegen gewährleistete Stimmrecht nach Umfang und Inhalt betreffen, nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel von Art. 4 BV (Erw. 2). 2. Willkürlichkeit der Annahme, ein mit Klebspuren versehener Wahlzettel sei bei der Auszählung nicht mit der für die Gültigkeit des Zettels erforderlichen Kontrollmarke versehen gewesen? AufGrund von § 13 Abs. 1 des aargauischen Gesetzes über die Verhältniswahl des Grossen Rates vom 10. Januar 1921 kann ohne Willkür angenommen werden, es sei Sache des Wählers, dafür zu sorgen, dass sein Wahlzettel als gültig gekennzeichnet sei. (Erw. 3). 3. Das vom Bundesrecht gewährleistete Stimmrecht gibt dem Bürger einen Anspruch darauf, dass kein Wahlergebnis anerkannt wird, das den freien Willen der Wählerschaft nicht zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt (Erw. 4). 4. Im Verfahren betreffend Erwahrung eines Wahlergebnisses ist der sich unmittelbar aus Art. 4 BV ergebende Anspruch auf rechtliches Gehör schon dann gewahrt, wenn die Argumente, die für oder gegen die Erwahrung sprechen, als solche den entscheidenden Instanzen zur Kenntnis gebracht werden (Erw. 6). 5. Behörden, die Rechtssätze aufstellen, binden damit auch sich selber (Erw. 7).
91 I 312 () from Nov. 10, 1965
Regeste: Verkaufswagengebühr, Überprüfung der Verfassungsmässigkeit kantonalen Rechtes, Rechtsgleichheit, Handels- und Gewerbefreiheit. Art. 4 und 31 BV. 1. Wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens geltend gemacht, eine Bestimmung des kantonalen Rechtes sei bundesverfassungswidrig, so können sich die Verwaltungsbehörden der Prüfung dieser Frage nicht entschlagen (Erw. 3 lit. a). 2. Die Belastung von Kantonseinwohnern und Kantonsfremden mit unterschiedlichen Hausiergebühren (hier Verkaufswagengebühren) verstösst grundsätzlich gegen die Rechtsgleichheit und gegen die Handels- und Gewerbefreiheit (Erw. 3 lit. b).
91 I 340 () from Sept. 29, 1965
Regeste: Eigentumsgarantie, Heimatschutz, gesetzliche Grundlage. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts in bezug auf die gesetzliche Grundlage der Unterstellung von Gebäuden unter Denkmalschutz. Begriff der "Altertümer" und der "Denkmäler" im Sinne kantonaler Heimatschutzvorschriften.
91 I 399 () from Oct. 27, 1965
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV gewährleistet dem Einzelnen die Freiheit, nur von dem zuständigen Richter Recht nehmen zu müssen, und gibt ihm Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts, insbesondere hinsichtlich der Frage der Unabhängigkeit des urteilenden Gerichts.
91 I 409 () from May 26, 1965
Regeste: Art. 88, 90 OG; Art. 4 BV, Eigentumsgarantie. 1. Ausnahmen vom Grundsatz der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger (Erw. I 1). 2. Der einzelne Bürger ist berechtigt, vorfrageweise eine Verletzung der Gemeindeautonomie geltend zu machen (Erw. I 2). 3. Der Nachbar ist befugt, gegen die Erteilung der Baubewilligung an einen Dritten staatsrechtliche Beschwerde zu erheben, sofern die Anwendung von kantonalen und gemeindlichen Bauvorschriften auf dem Spiele steht, die neben dem Gemeinwohl auch dem Schutze des Nachbars dienen (Änderung der Rechtsprechung). Zu diesen Vorschriften können auch Immissionsbeschränkungen gehören (Erw. I 3). 4. Die kantonale Verwaltung ist bei der Erstellung von Bauten für Verwaltungszwecke grundsätzlich an das Gemeindebaurecht gebunden. Ausnahmen hiervon (Erw. II).
91 I 480 () from March 31, 1965
Regeste: Art. 90 OG; Art. 4 und 116 BV, Sprachenfreiheit; Privatschulwesen. 1. Staatsrechtliche Beschwerden gegen die Verweigerung, den Entzug und die Einschränkung einer Polizeierlaubnis haben nicht bloss kassatorische Funktion. Rechtsnatur der Bewilligung zum Betrieb einer Privatschule nach Zürcher Recht (Erw. I). 2. Die Sprachenfreiheit ist ein ungeschriebenes Grundrecht des Bundes (Erw. II/1). Sie steht unter dem Vorbehalt des Art. 116 BV. Die Massnahmen, welche die Kantone gestützt darauf zur Erhaltungder vier überlieferten Sprachgebiete der Schweiz treffen, haben den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren (Erw. II/2); sie bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts mit Bezug auf die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts (Erw. II/3). 3. Die Kantone können gestützt auf Art. 116 BV die Unterrichtssprache auch für die Privatschulen festlegen (Erw. II/2). Zulässigkeit der Vorschrift, dass die Schüler nach Ablauf einer bestimmten Frist dem Unterricht in der Landessprache folgen können müssen und dass sie hernach in eine Schule überzutreten haben, die den Unterricht in der Landessprache erteilt (Erw. II/3 b). 4. Voraussetzungen für den Entzug und die Einschränkung der Bewilligung zum Betrieb einer Privatschule nach Zürcher Recht (Erw. III).
91 III 27 () from March 18, 1965
Regeste: Anfechtung des Arrestbefehls. Art. 279 Abs. 1 SchKG. Von Bundes wegen ist gegen die Verweigerung eines Arrestgesuches kein Rechtsmittel gegeben; es steht aber den Kantonen frei, für diesen Fall Rechtsmittel einzuräumen.
91 IV 117 () from June 8, 1965
Regeste: Art. 117 StGB; fahrlässige Tötung, dadurch begangen, dass die Opfer in ein wegen Lawinengefahr gesperrtes Gebiet zu einer Zeit erhöhter, von massgeblicher Seite öffentlich bekanntgegebener Schneebrettgefahr geführt wurden. Natürliche Ursächlichkeit (Erw. 2), adaequater Kausalzusammenhang (Erw. 3), Verschulden (Erw. 4).
92 I 5 () from March 9, 1966
Regeste: Grundbuchgebühren. Rechtsungleiche Behandlung. Art. 4 BV. Eine Ordnung, wonach die Grundbuchgebühr für die Vormerkung der Miete und Pacht 1 bis 2,5‰ der Summe der während der Vormerkungsdauer zu bezahlenden Miet- oder Pachtzinse beträgt, während die Gebühr für die Vormerkung aller übrigen persönlichen Rechte Fr. 3.- bis Fr. 50.- ausmacht, ist mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit unvereinbar.
92 I 18 () from April 15, 1966
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Prozessrecht. Berechnung der Rechtsmittelfrist, wenn der angefochtene Entscheid dem Inhaber eines Postfachs mit eingeschriebener Sendung zugestellt und die Eingangsanzeige an einem Samstag in das Postfach gelegt wird.
92 I 73 () from May 25, 1966
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör. 1. Eine irrtümliche Rechtsmittelbelehrung gibt keinen Anspruch darauf, dass auf ein vom kantonalen Prozessrecht nicht vorgesehenes Rechtsmittel eingetreten werde (Erw. 2a). 2. Verweigerung des rechtlichen Gehörs durch eine entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut erfolgende Einschränkung der Überprüfungsbefugnis (Erw. 3c).
92 I 88 () from April 27, 1966
Regeste: Kantonale Handänderungssteuer, Willkür. Bemessung der Handänderungssteuer im Falle der Erhebung dieser Abgabe bei der Abtretung eines frei übertragbaren Kaufrechts. Ist es willkürlich, die Abgabe nicht nur auf dem Entgelt für die Abtretung des Kaufrechts, sondern auch auf dem im Kaufrechtsvertrag vereinbarten Kaufpreis für das Grundstück zu berechnen?
92 I 100 () from March 9, 1966
Regeste: Art. 31 und 4 BV; Taxigewerbe. 1. Die Vorschrift, den Ein- und Austritt seiner Chauffeure der Gewerbepolizei zu melden, stellt eine nach Art. 31 BV zulässige Massnahme gegenüber dem Taxihalter dar. Grundsatz der Verhältnismässigkeit im Hinblick auf diese Meldepflicht. 2. Die polizeiliche Aufsicht über die Taxichauffeure, die weiter geht als die über andere Berufe, hält wegen der besonderen Gefahren des Gewerbes vor Art. 4 BV stand.
92 I 104 () from April 27, 1966
Regeste: Art. 4 BV. Willkürliche Verweigerung einer Baubewilligung? Voraussetzung für die Ausnahmebewilligung von der Zonenordnung, wenn ein Baugrundstück in verschiedenen Bauzonen liegt. Ausnahmen hinsichtlich der Ausnützungziffer sind zurückhaltend zu bewilligen.
92 I 185 () from Oct. 26, 1966
Regeste: Anspruch auf rechtliches Gehör im Zivil- und Strafprozess. Die Prozessparteien haben schon unmittelbar auf Grund von Art. 4 BV Anspruch auf Einsicht in ein vom Richter eingeholtes Gutachten. Anwendung dieses Grundsatzes auf das psychiatrische Gutachten über den Geisteszustand des Beschuldigten, das die zweite Instanz in einem im Zivilprozess durchgeführten Ehrverletzungsprozess von Amtes wegen einholte und auf Grund dessen sie an Stelle der von der ersten Instanz ausgefällten Strafe die Versorgung nach Art. 15 StGB anordnete.
92 I 189 () from Oct. 3, 1966
Regeste: Art. 4 BV, Art. 174 SchKG. Die Frage, ob der Berufungsrichter Tatsachen, die erst nach dem erstinstanzlichen Konkurserkenntnis eingetreten sind, berücksichtigen dürfe, wird in der Rechtsprechung der Kantone teils verneint, teils (unter Einschränkungen) bejaht. Weder die eine noch die andere Lösung ist willkürlich.
92 I 201 () from Sept. 28, 1966
Regeste: Art. 59 BV. Die Forderungsklage, mit welcher Ansprüche aus einem Mietvertrag geltend gemacht werden, ist auch dann eine persönliche Ansprache, wenn es sich um die Miete an einem Grundstück handelt.
92 I 205 () from July 13, 1966
Regeste: Eigentumsgarantie; Art. 4 BV, rechtliches Gehör. 1. Legitimation des Nachbarn zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Erteilung einer Baubewilligung an einen Dritten (Bestätigung der Rechtsprechung) (Erw. 2). 2. Das Bundesgericht prüft die Rüge, die kantonale Instanz habe statt des massgebenden kantonalen Rechts Bundesrecht angewandt, dann frei, wenn ausserdem geltend gemacht wurde, es sei durch die unrichtige Grenzziehung in verfassungsmässige Rechte des Beschwerdeführers eingegriffen worden (Erw. 3). 3. Die PTT unterstehen für ihre Bauten dem Grundsatze nach sowohl in materieller als auch in formeller Hinsicht dem kantonalen und dem kommunalen Baupolizeirecht (Erw. 5 und 6). 4. Verweigerung des rechtlichen Gehörs dadurch, dass die kantonale Instanz dem Einsprecher, der im Baubewilligungsverfahren der Gemeinde obgesiegt hat, keine Gelegenheit gibt, sich zu den Vorbringen der Gegenpartei zu äussern (Erw. 8).
92 I 213 () from July 13, 1966
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Zulässigkeit der Beschwerde gegenüber einem vom Bundesrecht als "endgültig" bezeichneten kantonalen Entscheid (Erw. 1). Beginn der Frist zur Beschwerde gegen einen Entscheid, der als eingeschriebene Sendung zugestellt und von der Post dem erwachsenen Sohn des in den Ferien weilenden Adressaten ausgehändigt wird (Erw. 2 a). Wiederherstellung gegen die Folgen der Versäumung einer Frist (Art. 35 OG). Irrtum über das zutreffende Rechtsmittel als unverschuldetes Hindernis, innert der Frist zu handeln? Das Wiederherstellungsgesuch ist innert 10 Tagen nach Wegfall des Hindernisses nicht nur einzureichen, sondern auch zu begründen (Erw. 2 b).
92 I 253 () from Oct. 5, 1966
Regeste: Art. 4 BV; Beweislast im Steuerverfahren. Die Frage der Beweislastverteilung stellt sich auch in einem von der Untersuchungsmaxime beherrschten Verfahren. Beweislastverteilung im Steuerverfahren (Erw. 2). Wer trägt die Beweislast für die Wahrung von Fristen, insbesondere bei uneingeschriebener Zustellung behördlicher Akte? (Erw. 3)
92 I 259 () from Dec. 21, 1966
Regeste: Art. 4 BV; Beweisabnahme im Verwaltungsverfahren. Wann können beweisbildende Auskünfte nach Bündner Recht auf dem Wege der "amtlichen Erhebung" eingeholt werden? Ausschluss der telephonischen Vernehmung von Zeugen. In einem Verfahren, das einen Eingriff in die persönliche Freiheit zum Gegenstand hat, hat der Betroffene grundsätzlich Anspruch darauf, vom Ergebnis des Beweisverfahrens Kenntnis zu nehmen und dazu Stellung zu beziehen.
92 I 271 () from Oct. 26, 1966
Regeste: Art. 4 und 58 BV 1. Art 58 Abs. 1 BV gibt dem Einzelnen auch einen Anspruch auf richtige Besetzung eines Gerichts (und eines Schiedsgerichts). Ob dieser Anspruch gewahrt sei, prüft das Bundesgericht frei (Erw. 4). 2. Ein Schiedsrichter ist befangen, wenn seine Ehefrau als Anwältin beim Rechtsvertreter derjenigen Partei arbeitet, die ihn zum Schiedsrichter ernannt hat (Erw. 5).
92 I 298 () from Oct. 18, 1966
Regeste: Handelsregister, nationale Bezeichnung in einer Firma; Art. 944 Abs. 2 OR, Art. 45 Abs. 1 und 2 HRegV. Art. 46 Abs. 3 HRegV betr. die Zulässigkeit territorialer Bezeichnungen in substantivischer Form ist auf nationale Bezeichnungen nicht anwendbar (Erw. 3). Tragweite des Begriffs "besondere Umstände" in Art. 45 HRegV (Erw. 4). Frage der Zulässigkeit des Zusatzes "(Schweiz)" für die schweizerische Niederlassung eines ausländischen Konzerns (Erw. 5, 6).
92 I 331 () from Sept. 22, 1966
Regeste: Sperrfrist für die Weiterveräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke; Ausnahmen (Art. 218, 218 bis OR). 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1). 2. Besetzung der kantonalen Rekurskommission: Die Auffassung, dass die Beschwerdeführer rechtsgültig auf die Mitwirkung eines von fünf Kommissionsmitgliedern verzichten konnten, ist nicht willkürlich (Erw. 2). 3. Unter die Sperrfrist fällt auch die Ausübung eines Kaufsrechts (Erw. 3). 4. Begriff des Baulandes (Art. 218 Abs. 2 OR): Massgebend ist, ob das Grundstück nach den objektiven Verhältnissen sofort überbaut werden kann. Auf Verlangen der Beteiligten hat die für die Erteilung von Baubewilligungen zuständige kantonale Behörde einen förmlichen, weiterziehbaren Vorentscheid über diese Frage zu treffen (Erw. 4, 5). 5. Wichtige Gründe für eine Ausnahme von der Sperre (Art. 218 bis OR) können sich auch aus den persönlichen Verhältnissen der Vertragspartner ergeben, insbesondere aus finanziellen Schwierigkeiten des Veräusserers (Erw. 6).
92 I 369 () from Dec. 7, 1966
Regeste: Gemeindeautonomie. Art. 40 Abs. 2 bünd. KV. Legitimation der Gemeinde (als Trägerin öffentlicher Gewalt) zur staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 1). Gegenstand und Umfang der bundesgerichtlichen Prüfung (Erw. 3). Eine Bestimmung, die dem Gemeinderat verbietet, ausserhalb des eigentlichen Bauzonengebietes Wasser- und Stromanschlüsse zu bewilligen, verletzt weder die Eigentumsgarantie noch Art. 4 des bünd. Bau- und Planungsgesetzes (Erw. 4 und 5a).
92 I 427 () from Nov. 28, 1966
Regeste: Fiskalische Belastung des Tabaks, Preisschutz, Ordnungsbusse (Art. 127 Abs. 1 lit. d, Art. 146 AHVG; Art. 94 der Verordnung des Bundesrates betreffend die fiskalische Belastung des Tabaks vom 30. Dezember 1947 /4. Juni 1962). 1. Begriff der Konsumenten-Selbsthilfeorganisation im Sinne von Art. 94 Abs. 4 lit. a der Tabaksteuerverordnung (Erw. 2). 2. Überprüfung der Gesetz- und Verfassungsmässigkeit der auf gesetzlicher Delegation beruhenden Verordnungen des Bundesrates; Klarstellung der Rechtsprechung (Erw. 3, 4). 3. Die in Art. 94 Abs. 4 lit. a der Tabaksteuerverordnung enthaltene Bestimmung, welche nur den Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen und nicht auch den übrigen Kleinhändlern erlaubt, aus eigener Initiative über 8 % hinausgehende Rabatte zu gewähren, verstösst gegen Art. 4 BV. Sie wird in casu nicht angewendet, und die angefochtenen Ordnungsbussen werden aufgehoben (Erw. 5, 6).
92 I 450 () from Dec. 7, 1966
Regeste: Art. 4 BV; Willkür 1. Beiträge und Gebühren; Begriff und Arten (A, Erw. 2). 2. Die Vorschrift eines Gemeindereglements, die dem Eigentümer sog. Altbauten eine Kausalabgabe zur Finanzierung der zu erstellendenKläranlage auferlegt, ist mit Art. 4 BV vereinbar (A, Erw. 3 und 4). Dasselbe gilt für eine Bestimmung, nach welcher der Gemeinderat für gewisse Arten von Liegenschaften die öffentlichen Entgeltsabgaben von Fall zu Fall festsetzen darf (B, Erw. 1 und 2).
92 I 475 () from Dec. 21, 1966
Regeste: Kantonales Enteignungsrecht. Art. 4 BV und Eigentumsgarantie. Bemessung der Entschädigung für eine Liegenschaft, die der Enteignete in Kenntnis der bevorstehenden Enteignung kurz vorher zu einem übersetzten Preis gekauft hat.
92 I 503 () from May 11, 1966
Regeste: Art. 4 BV, Eigentumsgarantie; Kanalisationsanschluss. 1. Ist die Rechtsmittelinstanz, welche die Sache zur Neubeurteilung zurückgewiesen hat, bei Anfechtung des neuen Urteils der Unterbehörde an ihren eigenen Rückweisungsentscheid gebunden? (Frage für das basellandschaftliche Verwaltungsverfahren offen gelassen.) 2. a) Die Eigentumsgarantie hat die Bedeutung einer Instituts- und einer Bestandesgarantie. Sie gibt keinen Anspruch auf Leistungen des Staates, insbesondere nicht auf Anschluss eines Grundstücks an eine öffentliche Kanalisation. b) Bedeutung des Art. 4 BV für die Beziehungen zwischen einer öffentlichen Anstalt und deren Benutzern. Mit Rücksicht auf die begrenzte Leistungsfähigkeit eines Kanalisationsnetzes kann der Anschluss von ausserhalb des Kanalisationsperimeters gelegenen Grundstücken an dasselbe verweigert werden. c) Voraussetzungen für den Anschluss an das Kanalisationsnetz nach basellandschaftlichem Recht. 3. Ausnahmen von der Anschlusspflicht. Diese setzen voraus, dass der Grundeigentümer selber in der Lage ist, die Abwasser soweit unschädlich zu machen, als der Gewässerschutz erfordert. 4. Lösung der Abwasserfrage als Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung.
93 I 1 () from March 15, 1967
Regeste: Art. 88 OG; Art. 4 BV; Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG. 1. Der Ausländer kann gegen bestimmte fremdenpolizeiliche Verfügungen, namentlich gegen den Widerruf der Aufenthaltsbewilligung, staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV führen (Erw. 1; Änderung der Rechtsprechung). 2. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei der Anfechtung fremdenpolizeilicher Verfügungen (Erw. 3). 3. Begriff des Verhaltens, das im Sinne des Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG "Anlass zu schweren Klagen" gibt (Erw. 3 a). Inwiefern fallen ehebrecherische Beziehungen hierunter? (Erw. 3 b). Eine Aufenthaltsbewilligung ist beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nur zu widerrufen, wenn diese Massnahme nach den Umständen als angemessen erscheint (Erw. 4). 4. Fremdenpolizeirecht und Rechtsgleichheit (Erw. 1a, 5).
93 I 17 () from March 8, 1967
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV; wann ist die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG) ausnahmsweise nicht erforderlich? (Erw. 2). Kurtaxe. Niederlassungsfreiheit. Doppelbesteuerung. Eine Ordnung, welche die Eigentümer von Ferienhäusern (und deren Gäste) nicht gleich den am Orte Niedergelassenen von der Kurtaxe befreit, verstösst nicht gegen Art. 45 Abs. 6 BV (Erw. 4). Voraussetzungen der Anwendbarkeit von Art. 46 Abs. 2 BV auf die von den Ferienhauseigentümern erhobene Kurtaxe. Bedeutung der Höhe der Kurtaxe und der Verwendung ihres Ertrages (Erw. 5).
93 I 83 () from March 17, 1967
Regeste: 1. Art. 1 Abs. 1 lit. d, 15 Abs. 1 VG. Die Strafverfolgung von Mitgliedern der Eidg. Bankenkommission bedarf einer Ermächtigung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes (Erw. 1). 2. Art. 15 VG, Art. 32 und 303 StGB. Sinn und Zweck des Vorverfahrens, in dem über die Ermächtigung entschieden wird. Die Eidg. Bankenkommission ist verpflichtet, strafbare Handlungen, die ihren Aufgabenkreis betreffen, den Strafbehörden anzuzeigen. Inhalt und Grenzen dieser Pflicht (Erw. 2). 3. Art. 4 BV, Art. 15 Abs. 3 VG. Darf die Ermächtigung zur Strafverfolgung von Amtspersonen ohne Anhörung des Anzeigers verweigert werden (Erw. 3)?
93 I 106 () from May 3, 1967
Regeste: Finanzierung der Erstellung und des Betriebs einer Abwasserreinigungsanlage einer Gemeinde. Mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit vereinbar ist eine Ordnung, nach welcher für die nicht durch eine kantonale Subvention und durch Gemeindesteuern gedeckten Baukosten von den Hauseigentümern ein Beitrag erhoben wird, der nach der Brandversicherungssumme ihrer Gebäude bemessen ist, während die Wasserverbraucher nur eine Gebühr zur Deckung der Betriebskosten zu entrichten haben (Erw. 4 und 5). Form und Bekanntmachung der vom Gemeindeparlament und vom Gemeinderat gefassten Beschlüsse (Erw. 3 und 4 a).
93 I 125 () from Feb. 3, 1967
Regeste: Art. 88 OG: Legitimation von Berufsverbänden zur staatsrechtlichen Beschwerde; Voraussetzungen. Art. 4 BV: Befugnis der kantonalen Behörden, die Anfechtung der Patenterteilung für eine Wirtschaft an einen Dritten durch den Berufsverband nicht zuzulassen, wenn der Kanton von der ihm durch Art. 31ter Abs. 1 BV erteilten Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht hat.
93 I 130 () from Feb. 22, 1967
Regeste: Eigentumsgarantie. Art. 4 BV. Materielle Enteignung. Zeitpunkt für die Bemessung der Entschädigung. Bundesrechtliche Eigentumsgarantie; Bedeutung, Verhältnis zu entsprechenden Garantien in den Kantonsverfassungen (Erw. 3). Umfang der Überprüfung des Bundesgerichts bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Verletzung der Eigentumsgarantie (Erw. 4). Sind die Vorschriften über die formelle Enteignung direkt oder analog auf die materielle Enteignung anwendbar? (Erw. 6). Zeitpunkt für die Bemessung der Entschädigung bei enteignungsähnlichen Eigentumsbeschränkungen. Die Annahme, mangels gesetzlicher Vorschrift sei der Tag des Inkrafttretens der Eigentumsbeschränkung massgebend, - verstösst jedenfalls dann nicht gegen die Eigentumsgarantie, wenn die enteignungsähnliche Wirkung für den Betroffenen erkennbar ist und er seine Entschädigungsansprüche sofort geltend machen kann (Erw. 7 b und 9); - ist angesichts der Unterschiede zwischen formeller und materieller Enteignung (Erw. 7 a) auch mit Art. 4 BV vereinbar (Erw. 7 c). Haftung des Enteigners für verspätete Beurteilung und Auszahlung der Entschädigung? (Erw. 8).
93 I 209 () from July 5, 1967
Regeste: Kantonales Prozessrecht. Willkür. Ueberspitzter Formalismus. Auslegung einer Bestimmung der StPO, wonach ein Irrtum in der Bezeichnung eines Rechtsmittels unschädlich ist. Die Annahme, in der Erhebung einer "Einsprache" gegen ein nur der Appellation unterliegendes Strafurteil liege keine gültige Appellation, verstösst gegen Art. 4 BV, da sie mit dem Sinn und Zweck der genannten Bestimmung unvereinbar ist und einen überspitzten Formalismus darstellt.
93 I 228 () from May 17, 1967
Regeste: Art. 31, 4 und 58 BV; 26 ElG 1. Das Aufsichtsrecht der Verleihungsbehörde über den Beliehenen erstreckt sich nicht auf Gebiete, die ausserhalb des Konzessionsbereiches liegen. (Erw. 2). 2. Gehören die Beziehungen eines privaten Elektrizitätswerks zu den einzelnen Installateuren und zu den Stromverbrauchern dem öffentlichen oder dem privaten Recht an? (Erw. 3 und 4).
93 I 247 () from May 3, 1967
Regeste: Zuweisung eines unüberbauten Grundstücks zu einer der Trennung von Gemeinden dienenden Freihaltezone (Bauverbotszone). Erfordernis des öffentlichen Interesses. Gewichtiges öffentliches Interesse an einem breiten Trenngürtel am Stadtrand von Zürich (Erw. 3 a). Bedeutung des Umstands, dass die Stadt Zürich beabsichtigt, in dem dazu bestimmten Gebiet einen Friedhof mit den dazu gehörigen Hochbauten anzulegen (Erw. 3 b, c).
93 I 254 () from May 17, 1967
Regeste: Ausbeutung von Kiesgruben. Abstand von der öffentlichen Strasse. Naturschutz. Die einer Polizeierlaubnis beigefügte Auflage bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Erw. 2). Abstand der Kiesgruben von der öffentlichen Strasse; gesetzliche Grundlage, rechtsgleiche Behandlung, Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Erw. 2 a-c). Wiederauffüllung der Kiesgruben nach der Ausbeutung. Inwiefern besteht im Kanton Zürich eine gesetzliche Grundlage, um die Wiederauffüllung auch in Landschaften ohne "bedeutenden Schönheitswert" vorzuschreiben? (Erw. 3).
93 I 278 () from May 31, 1967
Regeste: Arrestkaution (Art. 273 Abs. 1 SchKG). Art. 17 der Haager Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht (IÜ). Art. 4 BV. Art. 17 IUe bezieht sich nur auf eigentliche Prozesskautionen und ist daher nicht anwendbar auf die Sicherheitsleistung, zu welcher der Arrestgläubiger (ohne Rücksicht auf seinen Wohnsitz und seine Staatsangehörigkeit) gemäss Art. 273 Abs. 1 SchKG verhalten werden kann (Erw. 4). Begriff des Schadens, für den der Arrestgläubiger bei ungerechtfertigtem Arrest haftet. Die Annahme, dass dazu auch die dem Arrestschuldner im Arrestprosequierungsprozess erwachsenden Kosten gehören, ist nicht willkürlich (Erw. 5).
93 I 313 () from June 28, 1967
Regeste: Ausgabenreferendum 1. Überlässt es eine kantonale Verfassung ausdrücklich dem Gesetzgeber zu bestimmen, ob und welche Beschlüsse des Grossen Rates von finanzieller Tragweite dem fakultativen Referendum zu unterstellen sind, dann tritt das Bundesgericht auf die Rüge der Verletzung entsprechender Gesetzesvorschriften ein (Erw. 3b). Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 4). 2. Begriff der "Ausgabe" und der "Anlage" (Erw. 5). Die Beteiligung des Staates mit bis zu Fr. 2,5 Mio an einer Zentralstelle für elektronische Datenverarbeitung ist eine Ausgabe im Sinne des st. gallischen Ausgabenreferendums (Erw. 6 und 7).
93 I 338 () from Sept. 20, 1967
Regeste: Bauverbot für die Zeit zwischen der öffentlichen Auflegung eines kommunalen Bau- und Strassenlinienplans und der Genehmigung desselben durch die kantonale Behörde. Voraussetzungen, unter denen ein solches Bauverbot mit der Eigentumsgarantie vereinbar ist und ohne Entschädigung hingenommen werden muss. Änderung der Rechtslage, wenn das an sich vorübergehende Bauverbot schon verhältnismässig lange (hier: seit über 5 Jahre) besteht?
93 I 354 () from March 17, 1967
Regeste: Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB: Steuerpflicht von Liegenschaftsgewinnen. 1. Buchführungspflicht einer ländlichen Gastwirtschaft (Erw. 2). 2. Gehört bei einem Gasthof mit Landwirtschaftsbetrieb der - landwirtschaftlich genutzte - Boden zum Geschäfts- oder Privatvermögen? Zuteilung, wenn die landwirtschaftlichen Grundstücke mit Einschluss der verkauften hypothekarisch belastet worden sind, um den Umbau des Gasthofes zu finanzieren (Erw. 3). 3. Eine Wertzerlegung in Privat- und Geschäftsvermögen kommt nicht in Frage, wenn der Landwirtschaftsbetrieb als Teil des Gastwirtschaftsbetriebes zu betrachten ist (Erw. 5).
93 I 390 () from June 23, 1967
Regeste: Übernahme von Brotgetreide des Bundes. 1. Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid der Eidg. Getreidekommission: Streitwert (Erw. 1). 2. Eine formell rechtskräftige Zuteilung inländischen Getreides für eine bestimmte Periode darf zu Ungunsten des Müllers abgeändert werden, wenn er die Verwaltung durch unrichtige Meldungen irregeführt hat (Erw. 2). 3. Verjährung des Anspruchs des Bundes auf Zuteilung: Art. 57 des Getreidegesetzes ist analog anwendbar (Erw. 3). 4. Verweigerung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor der Eidg. Getreidekommission? (Erw. 5).
93 I 401 () from Nov. 9, 1967
Regeste: Vaterschaftsklage. Sicherstellung von Unterhaltsansprüchen. Art. 87 OG; Art. 321 ZGB. 1. Die richterliche Verfügung, durch welche der Vaterschaftsbeklagte verpflichtet wird, i.S. von Art. 321 ZGB Unterhaltsbeiträge zu hinterlegen, kann mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV angefochten werden (Erw. 2). 2. Die Sicherstellungspflicht des Vaterschaftsbeklagten für mutmassliche Kosten des Unterhalts des Kindes ist auf drei Monate beschränkt (Erw. 4 und 5).
93 I 406 () from Sept. 20, 1967
Regeste: Elektrische Hausinstallationen. Art. 31 und 4 BV. Rechtsnatur der Bewilligung zur Ausführung solcher Installationen (Erw. 1). Sofern die Ausführung der Installationen nicht Gegenstand eines Gemeindemonopols, sondern lediglich von einer Bewilligung (Polizeierlaubnis) abhängig ist, darf diese einem auswärtigen Installateur verweigert werden, wenn die rasche Behebung von Störungen und Ausführung von Reparaturen durch den Installateur infolge der Entfernung zwischen seinem Geschäftssitz und dem Ort der Installation nicht mehr sichergestellt ist (Erw. 3). Die Annahme, dass dies bei einer Entfernung von 26 km nicht mehr zutreffe, verstösst weder gegen Art. 31 noch gegen Art. 4 BV (Erw. 4 und 5).
93 I 427 () from Oct. 4, 1967
Regeste: Gemeindeautonomie; Art. 54 solothurn. KV und 4 BV. Wann liegt Gemeindeautonomie vor und wann betrachtet das Bundesgericht sie als verletzt? Eine Verletzung ist auch dann anzunehmen, wenn die kantonale Instanz eine ihr zustehende Rechtskontrolle willkürlich ausgeübt hat (Erw. 3c a.E.) (Ergänzung der Rechtsprechung). Die analoge Anwendung von § 30 des solothurnischen Normalbaureglements auf spezielle Bebauungspläne und die damit verbundene Zweckmässigkeitsprüfung verletzt die Gemeindeautonomie nicht (Erw. 4).
93 I 437 () from May 17, 1967
Regeste: Finanzausgleich zwischen Gemeinden. Art. 4 BV, 19, 48, 51 und 55 zürch. KV, 85 lit. a OG. 1. Bedeutung des in § 59 des Zürcher Wahlgesetzes vorgesehenen "Beleuchtenden Berichts" (Erw. 2). 2. Ziele des kantonalen Finanzausgleichs (Erw. 4). 3. Dass ein kantonales Gesetz besonders gut stehende Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen zum Zwecke des Finanzausgleichs zu Beiträgen an den Staat verhält, verletzt die oben genannten Verfassungsbestimmungen nicht (Erw. 5-9).
93 I 450 () from Oct. 11, 1967
Regeste: Art. 86 und 87 OG; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs, Zwischenentscheid. Der Entscheid der Steuerrekursbehörde, der die Kapitalgewinnsteuer aufeinen bestimmten Betrag herabsetzt, die Berechnung des geschuldeten Steuerbetrages aber der Steuerbehörde überlässt, ist ein Zwischenentscheid, der keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteilzur Folge hat. Will der Beschwerdeführer die Veranlagung nur mit Bezug auf die von der Rekurskommission bereits festgestellten Steuerfaktoren anfechten, so braucht er die kantonalen Rechtsmittel nicht noch einmal zu erschöpfen. (Bestätigung der Rechtsprechung).
93 I 525 () from Dec. 13, 1967
Regeste: Stimmrecht. Grossratswahlen. Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Anfechtung der Grossratswahlen im Bezirk Luzern-Stadt wegen Missachtung der Vorschrift, wonach die von den Parteien zur Verfügung gestellten Kandidatenlisten (neben der amtlichen Blanko-Liste) im Urnenlokal aufzulegen sind. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 4 und 5). Einfluss der behaupteten Unregelmässigkeit auf das Wahlergebnis? (Erw. 4). Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde und Aufhebung des Validierungsbeschlusses des Grossen Rates wegen ungenügender Untersuchung der im kantonalen Wahlrekurs aufgestellten Behauptungen - dass die Stadtkanzlei die ihr gelieferten Listen der beschwerdeführenden Partei an die Urnenlokale hätte verteilen sollen (Erw. 6); - dass den Vertretern der beschwerdeführenden Partei verweigert worden sei, ihre Listen in den Urnenlokalen aufzulegen (Erw. 7).
93 I 554 () from Oct. 18, 1967
Regeste: Kantonales Enteignungsrecht. Art. 4 BV und Eigentumsgarantie. Berechnung der Enteignungsentschädigung bei Teilenteignung auf Grund der Differenz zwischen dem Wert des Gesamtgrundstücks vor und dem Wert des Restgrundstücks nach der Enteignung. Zulässigkeit dieser Berechnungsmethode (Erw. 3 und 4). Anwendung der Methode auf die Enteignung für die Anlage einer Strasse. Wenn der Überbauungsplan, der die Strasse erstmals vorsah, gleichzeitig mit einem Zonenplan erlassen wurde, durch den das betreffende Gebiet in eine Zone mit höherer Ausnützung versetzt wurde, ist es willkürlich, bei der Ermittlung der Enteignungsentschädigung den Wert des Gesamtgrundstücks vor der Umzonung dem Wert des Restgrundstücks nach der Umzonung gegenüberzustellen (Erw. 5).
93 I 597 () from Sept. 29, 1967
Regeste: Art. 105 OG. Das Bundesgericht kann Erhebungen über den Sachverhalt durchführen oder anordnen, wenn es nach pflichtgemässem Ermessen findet, dass dazu Anlass besteht (Erw. 7). Sperrfrist für die Weiterveräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke. Art. 218 ff. OR. Mit einer früher gemäss Art. 218bis OR erteilten Bewilligung, ein landwirtschaftliches Grundstück vor Ablauf der Sperrfrist zum Zwecke der Überbauung zu veräussern, ist der Entscheidung darüber, ob das Grundstück nunmehr Bauland im Sinne des Art. 218 Abs. 2 OR sei und daher der Sperre nicht mehr unterstehe, nicht vorgegriffen (Erw. 5). Begriff des Baulandes. Bestätigung der in BGE 92 I 338/9 begründeten Rechtsprechnung (Erw. 6). Ein Grundstück, dessen Überbauung zur Zeit von der zuständigen kantonalen Behörde mangels einer genügenden Möglichkeit der Abwasserbeseitigung nicht bewilligt wird, ist noch kein Bauland (Erw. 7). Unter die Sperrfrist fällt auch die Einräumung eines Kaufsrechtes, das vor Ablauf der Frist ausgeübt werden kann (Erw. 8). Wichtige Gründe für eine Abkürzung der Sperrfrist (Art. 218bis OR)? (Erw. 9).
93 I 609 () from Dec. 13, 1967
Regeste: Gemeindesteuern. Willkür. Verhältnis des im basellandschaftlichen Gemeindegesetz vom 14. März 1881 auch für Aktiengesellschaften vorgesehenen Systems der Einkommens- und Vermögensbesteuerung zum System der Gewinnund Kapitalbesteuerung gemäss kantonalem Steuergesetz vom 7. Juli 1952. Auslegung von § 141 Abs. 6 des kantonalen Steuergesetzes, wonach die Gemeinden "berechtigt sind, die Staatssteuereinschätzung allgemein auch für die Gemeindesteuer als gültig zu erklären". Änderung der Rechtsprechung von BGE 91 I 249 ff.
93 I 632 () from Nov. 14, 1967
Regeste: Gewaltentrennung. Gebühr. Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage gilt nicht für blosse Kanzleigebühren; Begriff derselben (Erw. 2 und 3). Das Filmgesetz des Kantons Wallis vom 12. November 1915 stellt für die Erhebung einer andern als einer Kanzleigebühr keine gesetzliche Grundlage dar (Erw. 4 und 5).
93 I 648 () from Dec. 8, 1967
Regeste: Bundesgesetz über die Anlagefonds. Auflösung eines Fonds durch Beschluss der Aufsichtsbehörde. 1. Der Sachwalter braucht die Jahresfrist für den Antrag an die Aufsichtsbehörde nicht unter allen Umständen voll auszunützen. Er muss die erforderlichen Erhebungen beförderlich vornehmen. Sobald er zum Schluss gelangt ist, dass die Auflösung des Fonds unvermeidlich und dringlich sei, muss er sie beantragen. Die Aufsichtsbehörde muss ihrerseits raschestens diesem Antrag Folge geben, wenn ihre eigene Prüfung ergibt, dass er begründet ist (Erw. 4). 2. Die Aufsichtsbehörde ist nicht verpflichtet, vor dem Enstcheid den Anlegern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und ihnen insbesondere zu ermöglichen, zu diesem Zweck eine Versammlung abzuhalten (Erw. 5).
93 I 703 () from Sept. 20, 1967
Regeste: Eigentumsgarantie Öffentliches Interesse an der Schaffung von Freihaltezonen (Grünzonen). Grundsatz der Verhältnismässigkeit und Notwendigkeit der Eigentumsbeschränkungen.
93 II 204 () from April 27, 1967
Regeste: Vorkaufsrecht der Nachkommen gemäss Art. 12 des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG). Das Gemeinwesen erwirbt ein ganzes landwirtschaftliches Heimwesen, benötigt aber davon nur einen Teil zur Erfüllung öffentlicher (oder andrer in Art. 10 lit. b EGG genannter) Aufgaben: a) Das Vorkaufsrecht kann sich nur auf das ganze Rechtsgeschäft beziehen, nicht auf einzelne Teile des Heimwesens beschränkt werden (Erw. 5). b) Das Rechtsgeschäft als Ganzes ist dann dem Vorkaufsrecht entzogen, wenn es in überwiegendem Masse der Erfüllung einer der genannten Aufgaben dient (Erw. 6).
93 II 230 () from May 12, 1967
Regeste: Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 88 OG). Erfordernis eines aktuellen und praktischen Interesses. Prüfung einer zivilrechtlichen Vorfrage, von deren Lösung abhängt, ob ein solches Interesse bestehe (Erw. 3 a). Verantwortlichkeit des Grundeigentümers. Begriff der Überschreitung des Eigentumsrechts im Sinne von Art. 679 ZGB. Eine solche liegt nicht schon im Bestehenlassen eines für die Nachbarn gefährlichen Zustands des Grundstücks, wenn dieser Zustand nicht infolge der gegenwärtigen oder frühern Bewirtschaftung oder Benützung des Grundstücks, sondern ausschliesslich infolge von Naturereignissen eingetreten ist. Fall eines Grundstücks, von dem verwittertes Gestein abzustürzen droht (Erw. 3 b). Ist der Grundeigentümer kraft eines ungeschriebenen Rechtssatzes verpflichtet, einen ausschliesslich durch Naturereignisse geschaffenen Gefahrzustand zu beseitigen? (Erw. 3 c).
94 I 1 () from March 6, 1968
Regeste: Kantonales Feriengesetz; Rückwirkungsklausel. Ein kantonales Gesetz, nach welchem den Arbeitnehmern mindestens drei Wochen Ferien zu gewähren sind, ist privatrechtlicher Natur. Soll die in einem solchen Erlass enthaltene Rückwirkungsklausel nicht gegen Art. 4 BV verstossen, muss sie sich auf beachtenswerte (triftige) Gründe stützen lassen.
94 I 18 () from Feb. 7, 1968
Regeste: Sanitäre Hausinstallationen. Art. 31 und 4 BV. Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung beim Ausführen von Hausinstallationen. Unterscheidung des sog. gemischten Systems vom Fall, wo sich die gemeindeeigene Installationswerkstätte mit privaten Firmen in freier Konkurrenz misst (Erw. 3). Frage des Festhaltens an der bisherigen Rechtsprechung betreffend die Monopolisierung von Hausinstallationen durch die Gemeinde offengelassen, da in Grenchen auf dem Gebiete der sanitären Hausinstallationen freie Konkurrenz herrscht (Erw. 4). Es verletzt Art. 31 BV, einer in Biel ansässigen Firma, welche über 10 mit Funkruf ausgestattete Servicewagen verfügt, die Bewilligung zum Ausführen sanitärer Hausinstallationen in Grenchen zu verweigern (Erw. 5 und 6).
94 I 37 () from Jan. 24, 1968
Regeste: Kantonale Minimalsteuer auf Liegenschaften juristischer Personen. Eine Minimalsteuer von 2‰ des Verkehrswertes, die von allen juristischen Personen ohne Rücksicht auf ihren Sitz zu bezahlen Ist und nur erhoben wird, wenn und soweit sie die ordentlichenSteuern der betreffenden Steuerpflichtigen übersteigt, verstösst nicht gegen das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung.
94 I 52 () from Jan. 24, 1968
Regeste: Natur- und Heimatschutz. 1. Erfordernis der gesetzlichen Grundlage. a) Wann stellt das Verbot anderer als landwirtschaftlicher Bauten einen besonders schweren Eingriff in das Eigentum dar und prüft deshalb das Bundesgericht frei, ob die gesetzliche Grundlage genüge? (Erw. 2 a). b) Begriff der (schutzwürdigen) Landschaft im Sinne von § 182 Abs. 1 zürch. EG zum ZGB (Erw. 2 b). 2. Erfordernis des öffentlichen Interesses. Erhaltung der noch unberührten Umgebung eines Naturschutzreservates im Kanton Zürich als im öffentlichen Interesse liegend. Abwägung dieses öffentlichen Interesses mit den entgegenstehenden privaten Interessen der betroffenen Grundeigentümer (Erw. 3). 3. Tragweite und Bedeutung des Verbots anderer Bauten als solcher, die für die Ausübung der "herkömmlichen" Land- und Waldwirtschaft notwendig sind (Erw. 4).
94 I 63 () from Jan. 24, 1968
Regeste: Gemeindeautonomie. Ist die in BGE 93 I 154 ff. und 427 ff. erfolgte Änderung der Rechtsprechung darüber, wann eine Gemeinde in bezug auf die Rechtsetzung autonom sei und wann diese Autonomie verletzt sei, auf die Rechtsanwendung (Anwendung von Gemeinderecht durch die Gemeindebehörden) auszudehnen? Frage offen gelassen.
94 I 82 () from March 15, 1968
Regeste: Fiskalische Belastung des Tabaks, Preisschutz, Ordnungsbusse (Art. 127 Abs. 1 lit. d, Art. 146 AHVG; Art. 94 der Verordnung des Bundesrates betreffend die fiskalische Belastung des Tabaks vom 30. Dezember 1947/4. Juni 1962/6. Oktober 1967). 1. Art. 94 Abs. 1 der Tabaksteuerverordnung, welcher die auf den Packungen der Tabakfabrikate angegebenen Kleinhandelspreise grundsätzlich als verbindlich erklärt, ist durch Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG gedeckt und daher gültig (Erw. 2). 2. Ordnungsbusse (Art. 146 AHVG) wegen Überschreitung der in Art. 94 Abs. 4 lit. a der Tabaksteuerverordnung festgelegten Höchstgrenze des Rabatts. Hat der Täter die Ordnung an mehreren aufeinander folgenden Tagen verletzt, so darf ihm für jeden Tag eine Busse auferlegt werden. Bemessung der Bussen (Erw. 3).
94 I 111 () from March 6, 1968
Regeste: Wertzuwachssteuer, Enteignung Umfang der bundesgerichtlichen Prüfungsbefugnis (Erw. 3). Die Eigentumsgarantie als Grenze der Besteuerung; Frage offen gelassen, da die Voraussetzungen für die Annahme einer sog. konfiskatorischen Besteuerung hier ohnehin fehlen (Erw. 4a). Art. 92 EntG hindert nicht, auf der Expropriationsentschädigung eine Wertzuwachssteuer zu erheben (Erw. 4b). Auslegung der einschlägigen Vorschriften eines Gemeindesteuerreglements ist mit Art. 4 BV vereinbar (Erw. 5).
94 I 127 () from Feb. 21, 1968
Regeste: Eigentumsgarantie. Art. 88 und 90 OG. 1. Staatsrechtliche Beschwerde. Legitimation des Bürgers, vorfrageweise eine Verletzung der Gemeindeautonomie geltend zu machen (Erw. 3). Zulässigkeit neuer rechtlicher Vorbringen? (Erw. 5). 2. Eigentumsgarantie. a) Gesetzliche Grundlage für die Einteilung eines Grundstücks in eine Zone für öffentliche Werke und Anlagen im Kt. BaselLandschaft (Erw. 6). b) Öffentliches Interesse. Das Bundesgericht prüft grundsätzlich frei, ob das öffentliche Interesse einen Eingriff in das Privateigentum rechtfertigt und schwerer wiegt als das Interesse des betroffenen Grundeigentümers(Änderung der Rechtsprechung); dabei übt es aber Zurückhaltung, soweit örtliche Verhältnisse zu würdigen sind oder sich ausgesprochene Ermessensfragen stellen (Erw. 7 a). Abwägung des in einem zukünftigen, unsichern Bedürfnis nach Inanspruchnahme eines Grundstücks für die Erweiterung einer öffentlichen Anstalt bestehenden öffentlichen Interesses mit dem entgegenstehenden privaten Interesse (Erw. 7 b).
94 I 138 () from Jan. 24, 1968
Regeste: 1. Art. 88 OG. Der Baugesuchsteller, der nicht Eigentümer des Baugrundstücks ist und keine anderweitigen Rechte daran hat, kann gegen die Abweisung seines Baugesuches staatsrechtliche Beschwerde führen (Anderung der Rechtsprechung). 2. Eigentumsgarantie; Verweigerung der Baubewilligung für eine Tankstelle. Gewohnheitsrecht als gesetzliche Grundlage öffentlichrechtlicher Eigentumsbeschränkungen; die Normblätter der Vereinigung Schweizerischer Strassenfachmänner beinhalten kein Gewohnheitsrecht. Bedeutung von Art. 3 Abs. 4 SVG. Voraussetzungen für den Erlass einer Polizeinotverfügung.
94 I 143 () from March 6, 1968
Regeste: Art. 86 Abs. 2, Art. 87 und 90 lit. b OG. Inwieweit sind neue Vorbringen zulässig zur Begründung staatsrechtlicher Beschwerden, welche die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges voraussetzen?
94 I 199 () from Jan. 31, 1968
Regeste: Verteilung der Parteirollen im Patentnichtigkeitsprozess; Art. 86 Abs. 1 2. Halbsatz PatG. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen sich äusserlich als Zwischenentscheid darstellenden letztinstanzlichen kantonalen Entscheid. Hat der Angeschuldigte die Einrede der Nichtigkeit des Patentes des Strafanzeigers erhoben, dann verletzt die zuständige Behörde in keinem Fall Art. 4 BV, wenn sie ihm die Klägerrolle im Nichtigkeitsprozess zuteilt. Hingegen ist es willkürlich, dem Angeschuldigten Frist zur Feststellungsklage betreffend die Rechtsbeständigkeit seines eigenen Patentes anzusetzen.
94 I 205 () from June 26, 1968
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Begriff des Zwischenentscheids und des nicht wiedergutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 87 OG. Kantonaler Zivilprozess. Verbotsverfahren. Auslegung des § 263 aarg. ZPO, wonach "allgemeine Verbote durch Anbringen von Warnungstafeln oder auf andere angemessene Weise genügend bekanntzumachen" sind. Mit Wortlaut und Sinn dieser Bestimmung unvereinbar ist die Annahme, dass bei Erlass des Verbots des Befahrens eines Privatwegs mit Motorfahrzeugen die Warnungstafel die ganze Verbotsverfügung enthalten müsse, das Signal Nr. 201 gemäss Art. 16 SSV keine genügende Bekanntmachung darstelle und das im Anschluss an das Aufstellen dieses Signals eingelegte Rechtsmittel gegen das Verbot daher verfrüht und unzulässig sei.
94 I 305 () from May 15, 1968
Regeste: Art. 4 BV (Gewohnheitsrecht im Steuerrecht); Art. 87 OG (Substitution von Motiven); Die Staatsverfassung des Kantons St. Gallen (Art. 54,55) steht der Bildung von Gewohnheitsrecht nicht im Wege (Erw. 1); Voraussetzungen für die Bildung von Gewohnheitsrecht (Erw. 2); wenn das Steuergesetz keinen Tatbestand enthält, der zur Besteuerung Anlass geben könnte, liegt keine echte Gesetzeslücke vor (Erw. 3); Bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 4 BV ist die Substitution von Motiven, die die oberste kantonale Instanz ausdrücklich abgelehnt hat, nicht zulässig (Erw. 4).
94 I 312 () from May 7, 1968
Regeste: Zivilprozessrecht, Art. 4 BV. Nicht willkürlich ist die Auslegung von § 31 der thurgauischen ZPO, wonach die Legitimation zur Sache üblicherweise dem Veräusserer erhalten bleibt, der Prozess also zwischen den bisherigen Parteien fortzusetzen ist. Begriff der Prozesstandschaft, bzw. der Befugnis zur Prozessführung (Erw. b).
94 I 336 () from July 3, 1968
Regeste: Abänderung eines Zonenplans. Zur Frage der Rechtsnatur der baulichen Planungsmassnahmen. Die Festlegung der baulichen Ausnützung eines einzelnen Grundstücks und die Genehmigung des hierauf vom Grundeigentümer ausgearbeiteten Überbauungsplans sind Einzelverfügungen. Für deren Abänderung zum Nachteil des Grundeigentümers gelten daher die Grundsätze für die Abänderung nicht von allgemein verbindlichen Erlassen, sondern von Verwaltungsakten (Erw. 3). Anwendung dieser Grundsätze. Wann gehen die Anforderungen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dem öffentlichen Interesse an der Abänderung der Ordnung vor? (Erw. 4).
94 I 347 () from July 10, 1968
Regeste: Abänderung von Zonenplänen. Voraussetzungen, unter denen die ein grösseres Gebiet betreffende Festlegung der baulichen Ausnützung zum Nachteil der Grundeigentümer abgeändert werden darf. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts.
94 I 358 () from Sept. 18, 1968
Regeste: Vollstreckbarerklärung einer in Deutschland ergangenen Kostenentscheidung. Handelt es sich um die dem unterlegenen Kläger auferlegten Prozesskosten, so gehen die Bestimmungen der Internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht vom 1. März 1954 (IUe) denjenigen des schweiz.-deutschen Vollstreckungsabkommens vom 2. November 1929 vor (Erw. 2, 3). Nach Art. 19 IUe ist im Exequaturverfahren nicht zu prüfen, ob die Kostenentscheidung oder der ihr zugrunde liegende Hauptentscheid gegen den ordre public des Vollstreckungsstaates verstosse (Erw. 4).
94 I 365 () from Oct. 2, 1968
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Zwischenentscheid. Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges. Der Entscheid, durch den die letzte kantonale Instanz in Rechtsöffnungssachen die provisorische Rechtsöffnung bewilligt oder verweigert, kann mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV angefochten werden, da - der Entscheid kein Zwischenentscheid, sondern ein Endentscheid im Sinne des Art. 87 OG ist (Erw. 3; Änderung der Rechtsprechung); - weder die dem Schuldner bei Bewilligung der Rechtsöffnung offen stehende Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2 SchKG) noch die vom Gläubiger im Falle der Verweigerung zu erhebende Forderungsklage (Art. 79 SchKG) ein "kantonales Rechtsmittel" im Sinne des Art. 86 Abs. 2 OG darstellt (Erw. 4). Provisorische Rechtsöffnung. Willkür. Unter welchen Voraussetzungen darf in der Betreibung gegen die nicht existierende Firma "X & Co." provisorische Rechtsöffnung gegen X. erteilt werden? (Erw. 6).
94 I 392 () from June 28, 1968
Regeste: Gesetz- und Verfassungsmässigkeit der auf gesetzlicher Delegation beruhenden Verordnungen des Bundesrates. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts; weitere Klarstellung der Rechtsprechung (Erw. 3). Ausländische Anlagefonds; Bewilligung der öffentlichen Werbung in der Schweiz. Art. 6 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung zumBundesgesetz über die Anlagefonds, wonach die Bewilligung nur erteilt wird, wenn die ausländische Fondsleitung als ihren ständigen Vertreter in der Schweiz eine hier niedergelassene grosse Bank bestellt, ist weder gesetz- noch verfassungswidrig (Erw. 4-6).
94 I 412 () from May 7, 1968
Regeste: Verwaltungsgerichtliche Beschwerde, Zulässigkeit. Mit der in Art. 218 quater OR vorgesehenen verwaltungsgerichtlichen Beschwerde können nur Entscheide kantonaler Verwaltungsbehörden angefochten werden.
94 I 435 () from Oct. 2, 1968
Regeste: Steuerliche Behandlung des versicherungstechnischen Deckungskapitals beim verhältnismässigen Schulden- und Schuldzinsenabzugs. Wie bei der Lebensversicherung mit bestimmter Leistungspflicht im Einzelfall, ist auch bei der Rentenversicherung das versicherungstechnische Deckungskapital unter dem Gesichtspunkt von Art. 46 Abs. 2 BV als Schuld zu betrachten. Das gilt auch im Falle einer genossenschaftlich organisierten Pensionskasse, sofern diese das Deckungskapital für die auszuzahlenden Renten nach den Regeln der Versicherungsmathematik ermitteln kann. Der verhältnismässige Schuldzinsenabzug ist bei solchen Pensionskassen ebenfalls nach dem mittleren Hypothekarzinsfuss zu berechnen.
94 I 501 () from Sept. 27, 1968
Regeste: Alkoholgesetz: Konzessionen für die gewerbsmässige Herstellung von Spezialitätenbranntwein dürfen nur erneuert werden, wenn die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Landes es rechtfertigen.
94 I 513 () from Dec. 18, 1968
Regeste: Veranlagungsverjährung bei periodischen Steuern. Aus den Vorschriften über die Veranlagungsperiode ist, wie ohne Willkür angenommen werden kann, nicht abzuleiten, dass die Veranlagung im Laufe der Veranlagungsperiode vorzunehmen oder doch einzuleiten sei, ansonst sie verwirke (Erw. 1, 2). Analoge Anwendung der Vorschriften über die Bezugsverjährung auf die Veranlagungsverjährung (Erw. 3). Treu und Glauben im öffentlichen Recht. Unmittelbar aus Art. 4 BV folgender Anspruch des Bürgers auf vertrauenswürdiges, gewissenhaftes Verhalten der Verwaltungsbehörden und auf Schutz des berechtigten Vertrauens auf behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden. Freie Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts inbezug auf die Frage, ob dieser Anspruch verletzt sei. (Erw. 4 a). Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben auf die Geltendmachung von Steueransprüchen nach Ablauf der Veranlagungsperiode (Erw. 4 b).
94 I 551 () from Nov. 6, 1968
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Zur Frage der Legitimation des Geschädigten im Strafprozess (Erw. 1). Inwieweit ist derjenige, der in der Sache selbst nicht legitimiert ist, zur Rüge von Verfahrensmängeln legitimiert? (Erweiterung der Rechtsprechung; Erw. 2). Rechtliches Gehör. Eine Rechtsmittelinstanz ist zum Eintreten auf Rügen und Anträge nur insoweit verpflichtet, als sie zu deren Beurteilung zuständig ist (Erw. 3). Strafverfahren im Kanton Basel-Landschaft: - Zuständigkeit des Obergerichts als Beschwerdeinstanz gegenüber Einstellungsbeschlüssen der Überweisungsbehörde (Erw. 3). - Stellung des Geschädigten im Untersuchungsverfahren (Erw. 4).
94 I 649 () from Dec. 18, 1968
Regeste: Entzug des Wirtschaftspatentes und Schliessung der Wirtschaft. Kantonale Vorschrift, wonach in allen Fällen, in denen das (persönliche) Wirtschaftspatent "erlischt", die Schliessung der Wirtschaft zu verfügen ist. Darf gestützt auf diese Vorschrift eine Wirtschaft auch dann geschlossen werden, wenn sie verpachtet ist und dem Pächter das Patent wegen Verlusts des guten Leumunds entzogen wird? Legitimation des Eigentümers der Wirtschaft zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Schliessung (Erw. 1). Willkürliche Auslegung der erwähnten Vorschrift? (Erw. 4). Vereinbarkeit der Vorschrift mit Art. 4 und 31 BV? (Erw. 5 und 6).
94 II 151 () from Nov. 5, 1968
Regeste: Der Abschluss eines Werkvertrages führt nicht zur (stillschweigenden) Haftungsbefreiung des Eigentümers gegenüber Hilfspersonen des Unternehmers (Erw. 2). Haftung des Eigentümers nach Art. 58 OR gegenüber Hilfspersonen eines Unternehmers, der mit der Instandstellung eines Werkes (Auswechseln von Holzmasten) betraut ist (Erw. 3-6)
95 I 1 () from Jan. 29, 1969
Regeste: Kantonales Prozessrecht, überspitzter Formalismus. Art. 4 BV. Kantonale Vorschrift, wonach die gegen ein Strafurteil appellierende Partei innert der Appellationsfrist von 10 Tagen bei der Strafgerichtskanzlei einen Betrag (Vorschuss) von Fr. 20.- bzw. 10.- zu hinterlegen hat. - Willkürliche Auslegung der Vorschrift? (Erw. 1). - Wann ist ein prozessualer Formalismus überspitzt und mit Art. 4 BV unvereinbar? (Erw. 2 a). - Die erwähnte Vorschrift hält vor Art. 4 BV nur stand, wenn der appellierenden Partei, die den Vorschuss nicht fristgemäss leistet, eine kurze Nachfrist angesetzt wird (Erw. 2 b).
95 I 6 () from Jan. 29, 1969
Regeste: Kantonales Steuerrecht; Rückwirkung. Wann lässt sich die Rückwirkung eines Steuererlasses durch beachtenswerte triftige Gründe rechtfertigen und daher mit Art. 4 BV vereinbaren?
95 I 12 () from March 19, 1969
Regeste: Ausübung der Heiltätigkeit im Kanton Appenzell A. Rh. Bei Beschwerden wegen Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen Gewerbepolizeirechts frei, wenn ein besonders schwerer Eingriff in die freie Erwerbstätigkeit in Frage steht (Erw. 3). Neue kantonale Bestimmung, wonach die wie bisher grundsätzlich freie Heiltätigkeit inskünftig nur "vertrauenswürdigen" Personen gestattet ist. - Vereinbarkeit der Vorschrift mit Art. 4 und 31 BV (Erw. 4 und 5). - Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit; Bedeutung von Vorstrafen, zu denen der Heiltätige in andern Kantonen insbesondere wegen der dort unzulässigen Reklame verurteilt wurde (Erw. 6). - Das wegen dieser Vorstrafen ohne vorherige Warnung ausgesprochene Verbot der vom Betroffenen im Kanton seit über 20 Jahren unbeanstandet ausgeübten Heiltätigkeit verstösst gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Erw. 7).
95 I 33 () from Jan. 22, 1969
Regeste: Gemeindeautonomie. Sie ist auch verletzt, wenn die zuständige kantonale Behörde eine autonome Satzung der Gemeinde willkürlich anwendet (Änderung der Rechtsprechung) (Erw. 2). Die angefochtene Auslegung von Art. 32 der St. Moritzer Bauordnung durch den bündnerischen Grossen Rat hält dem Vorwurf der Willkür stand (Erw. 4).
95 I 49 () from Feb. 5, 1969
Regeste: Gemeindeverbände. Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Legitimation der öffentlich-rechtlichen Körperschaften im allgemeinen (Erw. 1). Beschwerde des zur gemeinsamen Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe gegründeten Verbands von Gemeinden (Zweckverband) gegen einen von der kantonalen Aufsichtsbehörde über die Gemeinden gefällten Entscheid. - Legitimation des Zweckverbands zur Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV? (Erw. 2). - Legitimation zur Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie nur dann, wenn dem Zweckverband nach der KV oder nach der kantonalen Gemeindegesetzgebung Autonomie zukommt, was im Kanton Solothurn nicht der Fall ist (Erw. 3).
95 I 97 () from April 30, 1969
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Der Entscheid, durch den die vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts verweigert wird, ist ein Endentscheid im Sinne des Art. 87 OG (Erw. 2). Bauhandwerkerpfandrecht an Grundeigentum einer Gemeinde. Die Art. 9 und 10 des BG vom 4. Dezember 1947 über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts schliessen, wie ohne Willkür angenommen werden kann, ein Bauhandwerkerpfandrecht (Art. 837 Ziff. 3 ZGB) an einem zum Verwaltungsvermögen einer Gemeinde gehörenden Grundstück aus (Erw. 4 a). Widmung als Voraussetzung der Überführung einer Sache vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen (Erw. 4 b).
95 I 103 () from Jan. 29, 1969
Regeste: Recht auf Einsicht in die Akten eines abgeschlossenen Verfahrens; Art. 4 BV. Der Grundsatz der Rechtsgleichheit verlangt nicht nur die Einsicht in Akten eines laufenden Verfahrens. Vielmehr gebietet er auch, dass jeder Bürger seine Rechte stetsfort mit allen von der Rechtsordnung zugelassenen Mitteln wahren könne. Eine solche umfassende Rechtswahrung setzt u.U. die Einsicht in die Akten eines abgeschlossenen Verfahrens voraus (Änderung der Rechtsprechung). Dieser Anspruch ist aber nur gegeben, wenn der Rechtsuchende ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht.
95 I 111 () from March 12, 1969
Regeste: Kantonales Verwaltungsverfahren. Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Der Eigentümer einer Liegenschaft, der durch eine Verwaltungsverfügung verpflichtet wird, sie durch Sachverständige schätzen zu lassen, wird durch diese Verfügung in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt. Er ist daher legitimiert - gegen die Anordnung der Schätzung ein kantonales Rechtsmittel, das dem von einer Verfügung "Betroffenen" zusteht, zu ergreifen und damit die Zulässigkeit der Schätzung und die Zuständigkeit der sie anordnenden Behörde zu bestreiten (Erw. 3) - gegen die Weigerung der kantonalen Rechtsmittelinstanz, auf das Rechtsmittel einzutreten, staatsrechtliche Beschwerde zu erheben (Erw. 2). Anwendungslereich des in Art. 618 ZGB vorgesehenen Schatzungsverfahrens (Erw. 5).
95 I 130 () from March 12, 1969
Regeste: Art. 4 BV. Vermögensgewinnsteuer. Eine (kommunale) Ordnung, nach welcher auch dann, wenn die Anlagekosten bekannt sind, die Differenz zwischen dem Veräusserungserlös und dem bisherigen Vermögenssteuerwert (mit gewissen Zuschlägen bei Grundstücken) den steuerbaren Vermögensgewinn darstellt, lässt sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen, führt zu rechtsungleicher Behandlung der Steuerpflichtigen und verstösst daher gegen Art. 4 BV (Erw. 6). Dagegen ist es nicht erforderlich, dass die Geldentwertung bei der Berechnung des steuerbaren Gewinns auf Grundstücken berücksichtigt wird (Erw. 7).
95 I 144 () from April 2, 1969
Regeste: Monopol für das Ausführen elektrischer Hausinstallationen 1. Die Verwaltungsjustizbehörde, die in ihrem Entscheid auf ein sog. Parteigutachten abstellt, ohne der andern Partei Gelegenheit zur Vernehmlassung zu diesem Gutachten gegeben zu haben, verletzt dadurch Art. 4 BV (Erw. 2). 2. Das Monopol eines Gemeindewerks betreffend Ausführen elektrischer Hausinstallationen ist unzulässig, a) wenn es mit fiskalischen Interessen begründet wird (Begriff des fiskalischen Interesses); b) wenn es mit sicherheitspolizeilichen Überlegungen begründet wird (Änderung der Rechtsprechung). Dagegen kann sich das Monopol aus andern Gründen des öffentlichen Wohls rechtfertigen (Erw. 4). Dem öffentlichen Interesse der Strombezüger an rascher Behebung von Störungen am Freileitungsnetz und andern Werkanlagen kann u.U. durch geeignete Bedingungen und Auflagen an die zugelassenen privaten Installateure genügt werden. (Erw. 7).
95 I 155 () from May 14, 1969
Regeste: Elektrische Hausinstallationen; Art. 4 BV. Abklärung des Sachverhalts bei der Prüfung der Frage, ob das Monopol zum Ausführen elektrischer Hausinstallationen zulässig sei.
95 I 193 () from May 7, 1969
Regeste: Öffentlichrechtlicher und privatrechtlicher Immissionenschutz. Legitimation der Nachbarn zur staatsrechtlichen Beschwerde bei Verweigerung des öffentlichrechtlichen Schutzes (Erw. 1). Verhältnis zwischen öffentlichrechtlichem und privatrechtlichem Immissionenschutz (Erw. 3). Auslegung des § 1 des solothurn. Gesetzes vom 6. Mai 1882 über öffentliche Gesundheitspflege, der den Staat und die Gemeinden berechtigt und verpflichtet, "zum Zweck der möglichsten Abhaltung und Beseitigung gesundheitsschädlicher Einflüsse die nötigen Massnahmen zu treffen". Begriff der Gesundheitsschädlichkeit. Anwendung auf die von einer Geflügelmastfarm ausgehenden Staub- und Geruchsimmissionen (Erw. 4 und 5).
95 I 202 () from July 9, 1969
Regeste: Sicherheitsleistung wegen Flucht- und Kollusionsgefahr. Art. 4 BV. Die Sicherheit kann nur solange aufrechterhalten werden, als ein Haftgrund besteht. Sie kann aber auch dann mit Fluchtgefahr begründet werden, wenn der Beschuldigte die zu erwartende Freiheitsstrafe voraussichtlich nicht zu erstehen vermag.
95 I 206 () from May 7, 1969
Regeste: Kleinhandel mit geistigen Getränken. Bedürfnisklausel. Anwendung der Bedürfnisklausel auf die Übertragung eines Kleinhandelspatentes auf einen andern Inhaber und auf eine andere Liegenschaft. Ermessen der kantonalen Behörde und Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts. Bedeutung des Umstandes, dass das Patent von einem kleinen Ladengeschäft auf ein bedeutendes Warenhaus übertragen werden soll.
95 I 243 () from March 19, 1969
Regeste: Nutzung öffentlicher Gewässer. Ist ein Gewässer nach dem kantonalen Recht öffentlich und steht es im Gemeingebrauch, obwohl der Boden, den es bedeckt (Strandboden, Flussbett), Privateigentum der Anstösser ist, so ist, wenn ein Anstösser durch Ausbaggerung eines Hafenbeckens weitere Teile seines Grundstücks unter Wasser setzt, anzunehmen, dass dieses Wasser ebenfalls Teil des öffentlichen Gewässers ist und im Gemeingebrauch steht (Erw. 2). Das ständige Stationieren von Booten in diesem Wasser kann dann als konzessionspflichtige Sondernutzung betrachtet werden (Erw. 3). Gewaltentrennung. Gebühren. Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage gilt nicht nur für Verwaltungsgebühren, sondern auch für Konzessions- oder Nutzungsgebühren (Erw. 4).
95 I 253 () from July 9, 1969
Regeste: Art. 86, 87 OG. Der Entscheid, mit dem in der Wechselrechtsbetreibung der Rechtsvorschlag bewilligt wird, stellt einen mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbaren Endentscheid dar (Erw. 1-3). Bezahlung des Checks unter einer auflösenden Bedingung? Erw.4).
95 I 313 () from Oct. 8, 1969
Regeste: Art. 82 SchKG. Unzuständigkeit des Rechtsöffnungsrichters zur Prüfung der Rechtzeitigkeit des Rechtsvorschlages.
95 I 322 () from Oct. 8, 1969
Regeste: Kantonale Handänderungssteuer; gesetzliche Grundlage. Ergänzt die rechtsanwendende Behörde den klaren Wortlaut einer Steuerbefreiungsvorschrift, indem sie auf Voraussetzungen abstellt, die im Gesetzestext nicht enthalten sind, dann ist dieses Vorgehen unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV von vornherein nicht zulässig, wenn es der Behörde darum geht, eine Gesetzeslücke zu füllen. Im Rahmen der blossen Gesetzesauslegung ist ein solches Abweichen vom klaren Wortlaut nur dann frei von Willkür, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass der Gesetzestext nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Anwendung dieser Grundsätze im Falle von § 4 lit. c des luzernischen Gesetzes betreffend die Handänderungsgebühren.
95 I 356 () from Sept. 17, 1969
Regeste: Kantonaler Strafprozess, notwendige Verteidigung, Öffentlichkeit der Verhandlung. § 33 Abs. 3 Ziff. 1 luzern. StPO, wonach der Angeklagte in Kriminalfällen vor Kriminalgericht und Obergericht durch einen gewählten oder amtlichen Verteidiger verteidigt werden muss, - verstösst nicht gegen die persönliche Freiheit (Erw. I 1 und 2); - ist vereinbar mit § 20 Abs. 1 KV, wonach es jedem Bürger freigestellt ist, seine Rechtssachen persönlich zu verfechten (Erw. I 3). Aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung (§ 168 StPO) folgt, wie ohne Willkür angenommen werden kann, kein Recht der Zuhörer, an der Verhandlung Bild- oder Tonaufnahmen zu machen (Erw. II).
95 I 366 () from June 13, 1969
Regeste: Güterzusammenlegung, Gewinnbeteiligung des früheren Eigentümers. 1. Bei Güterzusammenlegungen haben die Betroffenen aufgrund der Eigentumsgarantie Anspruch auf wertgleichen Realersatz (Erw. 4). 2. Beteiligung des früheren Eigentümers am Gewinn im Falle der Veräusserung von Land durch den neuen Eigentümer. a) Das Gewinnbeteiligungsrecht - ist eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung (Erw. 5) - liegt im öffentlichen Interesse (Erw. 6 a). b) Gegen die Eigentumsgarantie und gegen Art. 4 BV verstösst eine kantonale Ordnung des Gewinnbeteiligungsrechts, welche - vorschreibt, dass bei der Berechnung des Gewinns der "landwirtschaftliche" und nicht der wirkliche Verkehrswert dem Verkaufserlös gegenüberzustellen ist (Erw. 6 c); - unberücksichtigt lässt, dass auch das dem Anspruchsberechtigten neu zugeteilte Land im Werte gestiegen ist (Erw. 6 d).
95 I 414 () from Oct. 8, 1969
Regeste: Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege für die Klage aufgrund von Art. 271 Ziff. 5 SchKG. Die unentgeltliche Rechtspflege darf dem Kläger nicht verweigert werden, wenn die Betreibung, in welcher der provisorische Verlustschein ausgestellt wurde, im Zeitpunkt der Arrestnahme bereits erloschen war.
95 I 422 () from Oct. 29, 1969
Regeste: Grosshandel mit Heilmitteln. Art. 31 und 4 BV. Kantonale Ordnung, wonach der Grosshandel mit Heilmitteln einer Bewilligung unterliegt und diese nur an vertrauenswürdige Personen erteilt werden darf. Anwendbarkeit dieser Ordnung - auf Heilmittel, die von der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel als für den Verkauf in Apotheken und Drogerien geeignet befunden worden sind; - auf ausserkantonale Firmen, welche die Apotheken und Drogerien im Kanton beliefern (Erw. 6). Begriff der Vertrauenswürdigkeit. Naturarzt, dem im Kanton Appenzell A.Rh. bei Inkrafttreten des neuen Gesundheitsgesetzes jede weitere Heiltätigkeit und Ausübung eines pharmazeutischen Berufes wegen Zuwiderhandlung gegen Gesundheitsgesetze anderer Kantone verboten wurde und der nun in einem andern Kanton Grosshandel mit Heilmitteln betreibt. Darf ihm aufgrund des genannten Berufsverbotes die Belieferung der Apotheken und Drogerien im Kanton Appenzell A.Rh. mit zwei ungefährlichen Heilmitteln mangels Vertrauenswürdigkeit verweigert werden? (Erw. 7).
95 I 439 () from Oct. 1, 1969
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Die in Art. 87 OG enthaltene Beschränkung gilt nicht für Beschwerden, mit denen neben der Verletzung des Art. 4 BV noch andere Rügen erhoben werden (Erw. 1). Bankgeheimnis und kantonales Strafprozessrecht. Derogatorische Kraft des Bundesrechts. Verhältnis des kantonalen Strafprozessrechts zum Bankgeheimnis - inbezug auf die Zeugenpflicht und die Pflicht zur Herausgabe von Akten (Erw. 2 b Abs. 1). - inbezug auf das Akteneinsichtsrecht des Geschädigten. Abwägung der sich einander entgegenstehenden Interessen. Bedeutung des Umstands, dass der Geschädigte ein ausländischer Staat ist. Tragweite von Art. 321 Ziff. 3 und Art. 273 Abs. 2 StGB (Erw. 2 b-d).
95 I 451 () from Oct. 1, 1969
Regeste: Akteneinsichtsrecht des Geschädigten im Strafverfahren. Art. 4 BV. Rechtliches Interesse als Voraussetzung des Akteneinsichtsrechts (Erw. 3 b). Verhältnis des Akteneinsichtsrechts zum Bankgeheimnis (Erw. 3 c).
95 I 453 () from Sept. 17, 1969
Regeste: Volle Entschädigung bei Enteignung nach bernischem Recht; Methoden der Ermittlung (Erw. 2); Entschädigung für die Abtretung einer privaten Strasse, an welcher Wegedienstbarkeiten bestanden und der Enteignete auch inskünflig den Gemeingebrauch ausüben kann; Bestimmung nach der Differenzmethode (Erw. 4); Kontrolle der Berechnung nach der statistischen und Ertragswertmethode (Erw. 5 und 6); Wann wirkt sich eine Baulinie als materielle Enteignung aus? (Erw. 7).
95 I 512 () from Nov. 19, 1969
Regeste: Verjährung öffentlichrechtlicher Ansprüche, insbesondere des Anspruchs auf Aufnahme in eine Beamtenversicherungskasse (hier: Sparversicherung). Es kann ohne Willkür angenommen werden, - dass öffentlichrechtliche Ansprüche des Privaten gegenüber dem Gemeinwesen auch ohne ausdrückliche Vorschrift verjähren (Erw. 3); - dass nicht nur Geldforderungen, sondern auch andere öffentlichrechtliche Ansprüche der Verjährung unterliegen (Erw. 4). Wann beginnt der Anspruch auf Aufnahme in die Versicherungskasse für das Personal des Kantons Zürich zu verjähren? Unhaltbarkeit der Annahme, dass der Beamte (schon vor der Aufnahme in die Kasse) monatlich fällig werdende Ansprüche auf Staatsbeiträge an die Kasse habe und sein Aufnahmeanspruch mit diesen Ansprüchen verjähre (Erw. 5).
95 I 546 () from Nov. 12, 1969
Regeste: Art. 4 BV (Rechtsgleichheit) und Eigentumsgarantie. Das Ziehen einer Arkadenbaulinie stellt eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung dar und kommt der Planung eines neuen Verkehrsweges gleich. Bestehen für den betreffenden Strassenzug noch keine derartigen Bauvorschriften, so verstösst ein Bebauungsplan, der sich lediglich auf zwei Grundstücke bezieht und den Eigentümern die Pflicht zum Einbau einer Fussgängerarkade auferlegt, gegen Art. 4 BV (Erw. 2) und gegen die Eigentumsgarantie (Erw. 3 b), wenn auch für die Planung einer solchen Arkade grundsätzlich ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht.
95 I 556 () from Dec. 12, 1969
Regeste: Art. 86, 96 Abs. 2 OG. Der Beschwerdeentscheid des Regierungsrates des Kantons St. Gallen gegen einen Beschluss eines Gemeindeparlamentes ist, wenn die Verletzung von Volksrechten geltend gemacht wird, nicht letztinstanzlich (Erw. 3); Voraussetzungen, unter denen das Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde der zuständigen letztinstanzlichen kantonalen Behörde überweisen kann (Erw. 4).
95 II 204 () from March 14, 1969
Regeste: Berufung gegen Vorentscheid über die örtliche Zuständigkeit, Art. 49 OG. Art. 278 Abs. 2 SchKG enthält keine bundesrechtliche Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit für die Arrestprosequierungsklage.
95 II 639 () from Dec. 4, 1969
Regeste: Einrede der abgeurteilten Sache. In Prozessen über Ansprüche aus dem Bundeszivilrecht kann mit der Berufung an das Bundesgericht nicht bloss geltend gemacht werden, die Vorinstanz habe die auf ein rechtskräftiges kantonales Urteil gestützte Einrede der abgeurteilten Sache zu Unrecht geschützt, sondern auch, sie habe diese Einrede zu Unrecht verworfen (Änderung der Rechtsprechung).
96 I 11 () from Feb. 4, 1970
Regeste: Art. 4 BV; Grundsatz von Treu und Glauben. Eine unrichtige behördliche Auskunft oder Zusicherung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen bindend (Bestätigung der Rechtsprechung).
96 I 19 () from March 6, 1970
Regeste: Art. 4 BV; Anspruch aufrechtliches Gehör im Strafprozess. Die Prozesspartei hat schon unmittelbar auf Grund von Art. 4 BV Anspruch darauf, vom Ergebnis des Beweisverfahrens Kenntnis zu nehmen und dazu Stellung zu beziehen.
96 I 24 () from March 18, 1970
Regeste: Kantonales Strafrecht und Strafprozessrecht. Art. 4 BV. Bedeutung der Bestimmung, wonach niemand gerichtlich verfolgt werden darf "ausser in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen" (Erw. 2). Nulla poena sine lege: - Strafnormen als zulässiger Inhalt von Verordnungen (Erw. 4a). - Zuständigkeit der luzernischen Gemeinden zum Erlass von Strafbestimmungen, insbesondere auf dem Gebiete der Lärmbekämpfung, mit der sich auch § 46 des luzern. EGzStGB befasst (Erw. 4b-d). Ein kantonales Strafgesetz, das für seinen Bereich die allgemeinen Bestimmungen des eidg. StGB als anwendbar erklärt, verweist damit, wie ohne Willkür angenommen werden kann, nicht auf die beim Erlass des kantonalen Gesetzes bestehenden, sondern auf die jeweils geltenden Bestimmungen des StGB (Erw. 6).
96 I 34 () from March 18, 1970
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Anforderungen an die Begründung (Erw. 1-3). Rechtsanwälte, Verbot aufdringlicher Empfehlung (§ 7 Abs. 2 zürch. Anwaltsgesetz). Gegen dieses Verbot verstösst, wie ohne Willkür angenommen werden kann, ein Anwalt, der in einem Branchenregister - seinen Namen und akademischen Titel fett drucken lässt (Erw. 5) - sich als "Alt-Nationalrat" bezeichnet (Erw. 6).
96 I 39 () from Feb. 4, 1970
Regeste: Güterzusammenlegung; Willkür. Umfang der bundesgerichtlichen Prüfungsbefugnis. Der Grundsatz, wonach das neuzugeteilte Land auch hinsichtlich der Fläche dem früheren Besitzstand zu entsprechen hat, gilt nur in der Regel und unter dem Vorbehalt, dass seiner Verwirklichung keine technischen Schwierigkeiten entgegenstehen. Lassen sich sachliche Gründe dafür anführen, einem Grundeigentümer eine erheblich geringere Fläche zuzuteilen, dann liegt eine Verletzung von Art. 4 BV nicht vor.
96 I 45 () from Jan. 28, 1970
Regeste: Gewaltentrennung, Gesetzesdelegation. Umfang der dem Regierungsrat des Kantons Zürich zustehenden Rechtsetzungsbefugnis auf dem Gebiete der Quellensteuer (Erw. 2). Rechtsgleichheit bei der Rechtsetzung. Überprüfung des Quellensteuertarifs für verheiratete Ehegatten, die beide hauptberuflich erwerbstätig sind. Vergleich dieses Tarifs mit demjenigen für Steuerpflichtige, deren Ehefrauen nicht hauptberuflich erwerbstätig sind, sowie mit dem Tarif, der für die der ordentlichen Steuer unterworfenen Steuerpflichtigen gilt (Erw. 3 und 4).
96 I 53 () from Feb. 11, 1970
Regeste: Erbschaftssteuer für Adoptivkinder. Art. 4 BV und 2 Üb.-Best. BV. Abstufung der Erbschaftssteuer nach dem Verwandtschaftsgrad. Behandlung der Adoptivkinder. Ein kantonales Gesetz, das für Adoptivkinder einen viermal höheren Steuersatz als für leibliche Kinder vorsieht und bei ihnen einen wesentlich kleineren Betrag steuerfrei lässt, verstösst weder gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit noch gegen denjenigen der derogatorischen Kraft des Bundesrechts.
96 I 88 () from April 13, 1970
Regeste: Art. 49 Ziff. 3 StGB; 100 lit. f OG. Der Entscheid auf Umwandlung einer nichtbezahlten Busse in Haft kann nicht mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden.
96 I 97 () from April 29, 1970
Regeste: Art. 4 BV und Eigentumsgarantie; Art. 699 ZGB. Art. 699 ZGB stellt eine sog. Doppelnorm dar, d.h. einen Rechtssatz, der zugleich öffentlichrechtliche und privatrechtliche Vorschriften enthält (Erw. 2). Zuständigkeit des Bundesgerichts als Staatsgerichtshof; Überprüfungsbefugnis (Erw. 3). Freier Zutritt zum Wald i.S. von Art. 699 ZGB; Anwendungsfall aus dem Kanton Zürich (Erw. 3 b).
96 I 104 () from March 18, 1970
Regeste: Ungeschriebene verfassungsmässige Rechte. Voraussetzungen ihrer Anerkennung (Erw. 1). Friedhöfe. Gestaltung der Grabmäler. Zulässigkeit einer Vorschrift, welche die Bewilligung zur Aufstellung eines Grabmals von der Erfüllung ästhetischer Voraussetzungen abhängig macht (Erw. 2). Willkürliche oder rechtsungleiche Anwendung dieser Vorschrift auf eine für ein Familiengrab bestimmte Rehplastik? (Erw. 3).
96 I 123 () from Jan. 28, 1970
Regeste: Entschädigung wegen materieller Enteignung. Begriff der materiellen Enteignung. Anwendung bei öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen, die unmittelbar durch den Gesetzgeber angeordnet werden. Die Entschädigungspflicht des Gemeinwesens entfällt jedenfalls für Eingriffe und Beschränkungen, die ausschliesslich oder vorwiegend der Abwehr konkreter Gefahren dienen, die der öffentlichen Sicherheit oder den Rechtsgütern Einzelner drohen. Dies trifft zu für die Bestimmung, die gegenüber Waldrändern einen Gebäudeabstand von 20 m vorschreibt, und für den Entscheid, mit dem die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für Land an einem Steilhang verweigert wird.
96 I 130 () from March 25, 1970
Regeste: Baulandumlegung, Landabtretung für Erschliessungsstrassen, gesetzliche Grundlage. Die Einbeziehung eines Grundstücks in eine Baulandumlegung ist in der Regel auch dann kein "besonders schwerer Eingriff" in das Eigentum, wenn die Betroffenen dabei Land für die Erstellung von Erschliessungsstrassen abzugeben haben. Ob eine genügende gesetzliche Grundlage für diese Abtretung vorhanden sei, prüft daher das Bundesgericht nur aus dem Gesichtspunkt der Willkür (Erw. 3). Aufgrund der Bestimmungen, welche die Baulandumlegung regeln, dürfen auch Landabtretungen für Erschliessungsstrassen vorgenommen und im Umlegungsverfahren durchgeführt werden, sofern dafür nicht ausdrücklich das Enteignungsverfahren vorgeschrieben ist (Erw. 4 und 6).
96 I 138 () from Feb. 25, 1970
Regeste: Chiropraktorenberuf; zulässiger Inhalt einer kantonalen Verordnung. Art. 4 und 31 BV, Grundsatz der Gewaltentrennung. Es ist mit den genannten Verfassungsgrundsätzen vereinbar, von den beim Inkrafttreten der neuen Verordnung schon im Kanton Bern tätigen Chiropraktoren eine vorwiegend praktische Prüfung zu verlangen.
96 I 193 () from June 3, 1970
Regeste: Berufung. Offensichtlich auf Versehen beruhende Feststellung einer Tatsache (Art. 55 lit. d und Art. 63 Abs. 2 OG). Die Rüge, der kantonale Richter habe die Behauptung einer für die Anwendung des Bundesrechts erheblichen Tatsache versehentlich als unbestritten betrachtet, kann mit der Berufung an das Bundesgericht erhoben werden (und daher gemäss § 345 zürch. ZPO nicht Gegenstand der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde sein).
96 I 219 () from June 24, 1970
Regeste: Bestrafung wegen Teilnahme an einer nicht bewilligten Demonstration. 1. Die Versammlungsfreiheit und die Meinungsäusserungsfreiheit sind durch ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete Freiheitsrechte. Stellt auch die "Demonstrationsfreiheit" ein solches Recht dar? (Erw. 4). 2. Auslegung und gesetzliche Grundlage der vom Stadtrat von Zürich erlassenen Vorschrift, wonach die Veranstaltung von Versammlungen und Umzügen auf dem öffentlichen Grunde der vorgängigen Bewilligung der Polizeibehörde bedarf (Erw. 6). 3. Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem ungeschriebenen Verfassungsrecht des Bundes und mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Erw. 7).
96 I 234 () from April 29, 1970
Regeste: Gemeindeautonomie Ist der Kanton zum Erlass von Vorschriften befugt, welche in den Autonomiebereich der Gemeinde eingreifen, so steht dieser grundsätzlich das Recht zu, sich dazu vernehmen zu lassen; dieser Anspruch auf rechtliches Gehör ist in der Gemeindeautonomie selbst enthalten (Erw. 2). Verhältnis von § 182 zürch. EG/ZGB (Kompetenz des Regierungsrats zum Erlass von Vorschriften auf dem Gebiete des Heimat- und Naturschutzes) zu § 68 a zürch. Baugesetz (Befugnis der Gemeinde zum Erlass einer Bauordnung mit Zonenplan) (Erw. 3). Das Bachsertal stellt eine schützenswerte Landschaft i.S. von § 182 EG/ZGB dar; die bezügliche Schutzverordnung vom 3. Juli 1969 verletzt die Gemeindeautonomie nicht (Erw. 4-6).
96 I 297 () from Sept. 16, 1970
Regeste: Kartellgesetz, Preisbindung der zweiten Hand, vorsorgliche Massnahme, Willkür. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV gegen den Entscheid, mit dem der Richter vorsorgliche Massnahmen gemäss Art. 10 KG anordnet (Erw. 1). Kognition des Bundesgerichts (Erw. 2). Beweislastverteilung im kantonalen Verfahren (Erw. 3). Verfügung, welche die Bierbrauereien für die Dauer des ordentlichen Prozesses zur Belieferung eines Discountgeschäfts, dieses aber zur Einhaltung eines bestimmten (unter dem bisher vom Bierkartell festgesetzten Ansatzliegenden) Detailverkaufspreises von Flaschenbier verpflichtet. Voraussetzungen solcher Preisbindung der zweiten Hand nach Art. 5 lit. e KG. Überprüfung unter dem beschränkten Gesichtswinkel des Art. 4 BV.
96 I 314 () from Sept. 23, 1970
Regeste: Rechtsverweigerung durch überspitzten Formalismus im Zivilprozess. Kantonale Bestimmung, wonach der Appellant innert 10 Tagen seit Eröffnung des motivierten Urteils bei der ersten Instanz die Berufung zu erklären und innert 30 Tagen bei der zweiten Instanz die doppelte erstinstanzliche Gerichtsgebühr nebst einer Einschreibgebühr einzuzahlen sowie unter Angabe der Anträge die "Durchführung" der Appellation zu erklären hat. Stellt es einen überspitzten Formalismus dar, wenn auf die Appellation deshalb nicht eingetreten wird, weil - die zu leistenden Beträge an die erste statt an die zweite Instanz überwiesen wurden? (Erw. 1). - bei der zweiten Instanz keine Durchführungserklärung eingereicht wurde? (Erw. 2).
96 I 324 () from July 1, 1970
Regeste: Entschädigung für die Lieferung von Trinkwasser; Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde; Verweigerung des rechtlichen Gehörs, Willkür. Legitimation der öffentlich-rechtlichen Körperschaften im allgemeinen (Erw. 1). Ist eine Genossenschaft, die im Kanton Wallis eine Quelle gefasst hat und eine Ortschaft mit Trinkwasser versorgt, eine juristische Person des Privatrechts (Art. 828 ff. OR) oder eine öffentlichrechtliche Körperschaft? (Erw. 3). Ist die Munizipalgemeinde zur Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV legitimiert, wenn Gegenstand des angefochtenen Entscheids nicht das Verwaltungsvermögen als solches, sondern die Entschädigung für dessen Benutzung ist? (Erw. 4). Eigentumsverhältnisse an Quellen, die vor der Schaffung der Munizipalgemeinde den Walliser Burgergemeinden gehörten (Erw. 5).
96 I 334 () from July 1, 1970
Regeste: Schiedsvertrag; kantonales Beschwerdeverfahren. Die Gültigkeit des Schiedsvertrages ist Voraussetzung der Zuständigkeit des Schiedsrichters und wie diese von Amts wegen zu prüfen. Die Gültigkeit des Schiedsvertrages berührende Tatsachen, von denen das Gericht Kenntnis hat, sind in jedem Prozesstadium zu berücksichtigen. Eine erst im Beschwerdeverfahren nach § 278 ZPO-BL erhobene Einrede, mit der eine solche Tatsache geltend gemacht wird, ist zu hören.
96 I 350 () from July 8, 1970
Regeste: Eigentumsgarantie; Entschädigung wegen materieller Enteignung; Gewässerschutz. Begriff der materiellen Enteignung; gegen den Störer gerichtete polizeiliche Massnahmen zur konkreten Gefahrenabwehr stellen jedenfalls dann entschädigungslos zulässige Eigentumsbeschränkungen dar, wenn die zuständige Behörde zu diesem Zweck ein von Gesetzes wegen bestehendes Verbot konkretisiert und in bezug auf eine beabsichtigte Grundstücksnutzung bloss die stets zu beachtenden polizeilichen Schranken der Eigentumsfreiheit festsetzt. Ein solcher Fall liegt vor, wenn dem Eigentümer eines in der Nähe einer bestehenden Grundwasserfassung gelegenen und bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstücks gestützt auf Art. 4 Abs. 2 GSchG untersagt wird, darauf eine Kiesgrube zu betreiben.
96 I 369 () from June 9, 1970
Regeste: Gemeindeautonomie; unbestimmter Rechtsbegriff, Ermessen. Hat die Gemeinde im Einzelfall einen dem autonomen Gemeinderecht angehörenden unbestimmten Rechtsbegriff anzuwenden, so steht ihr ein Beurteilungsspielraum offen, wenn ein Grenzfall vorliegt und vorwiegend örtliche Verhältnisse zu würdigen sind. Greift die zuständige kantonale Behörde in diesen Beurteilungsspielraum ein und hebt sie eine vertretbare Entscheidung der Gemeinde auf, so verletzt sie die Gemeindeautonomie, denn sie masst sich damit eine Überprüfungsbefugnis an, die im wesentlichen einer Ermessenskontrolle gleichkommt und dem Wesen der Gemeindeautonomie widerspricht.
96 I 433 () from Oct. 7, 1970
Regeste: Art. 4 BV; Missachtung von Vorschriften eines Gesamtarbeitsvertrags. Eine gesamtarbeitsvertragliche Bestimmung, wonach bei der Berechnung der vereinbarten periodischen Lohnerhöhungen vom tatsächlich bezahlten Gehalt auszugehen ist, hat normative Wirkung; ihre Missachtung stellt eine Verletzung von klarem Recht und damit einen Verstoss gegen Art. 4 BV dar.
96 I 442 () from Nov. 18, 1970
Regeste: Kantonaler Strafprozess, Beweiswürdigung, Willkür. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts inbezug auf die Beweiswürdigung. Bedeutung des Grundsatzes in dubio pro reo (Erw. 2). Hinreichende Indizien für die Annahme - dass ein von Polizisten angehaltener Automobilist, der sich einer Blutprobe entzieht, sein Fahrzeug in angetrunkenem Zustand geführt habe (Erw. 2); - dass er sich der Blutprobe vorsätzlich entzogen habe (Erw. 3); - dass er die Wegnahme des Führerausweises durch die Polizisten als vorläufigen Entzug des Ausweises habe verstehen müssen (Erw. 5).
96 I 453 () from Oct. 7, 1970
Regeste: Vermögenssteuer für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke; Art. 4 BV. Ein kantonales Gesetz, das in Zonen mit andauernder Baulandnachfrage landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, insbesondere diejenigen, die eigentumsrechtlich nicht zu einem Landwirtschafts- oder Gärtnereibetrieb gehören, höher als zum Ertragswert besteuert, verstösst nicht gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit.
96 I 521 () from Dec. 16, 1970
Regeste: Rechtsverweigerung durch überspitzten Formalismus im Strafprozess Enthält eine Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich des im Zusammenhang mit der Berufungserklärung zu leistenden Kostenvorschusses lediglich einen Hinweis auf entsprechende gesetzliche Bestimmungen, und setzt die obere Instanz dem Rechtssuchenden, der den erforderlichen Vorschuss nicht rechtzeitig geleistet hat, keine Nachfrist an, so macht sie sich einer Rechtsverweigerung durch überspitzten Formalismus schuldig, wenn sie auf das Rechtsmittel nicht eintritt mit der Begründung, der Kostenvorschuss sei nicht vorschriftsgemäss geleistet worden.
96 I 525 () from Nov. 18, 1970
Regeste: Gerichtspolizei im Strafprozess. Art. 4 BV. Grundlagen und Tragweite des Rechts des Angeschuldigten und seines Anwalts, Mängel der Strafuntersuchung vor dem Strafrichter zu rügen (Erw. 2). Wann sind die Grenzen zulässiger Kritik überschritten und darf der Anwalt wegen "unanständigen Benehmens" gegenüber den Behörden der Strafrechtspflege und gegenüber einem Experten mit einer Ordnungsbusse bestraft werden? (Erw. 3).
96 I 531 () from Dec. 16, 1970
Regeste: Willkür; kantonales Strafprozessrecht, Kostenauflage. Fall von Überbindung der Kosten einer eingestellten Strafuntersuchung an den Anzeiger wegen leichtfertiger und mutwilliger Anzeigeerstattung.
96 I 557 () from Nov. 25, 1970
Regeste: Eigentumsgarantie. Begriff der Eigentumsgarantie; Verhältnis der Institutsgarantie zur Bestandesgarantie. Voraussetzungen für die Zulässigkeit von öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen. Sieht ein kantonales Forstgesetz einen Waldabstand von 20 m vor, so ist für diese Eigentumsbeschränkung ein hinreichendes öffentliches Interesse vorhanden (Bestätigung der Rechtsprechung).
96 I 560 () from Sept. 16, 1970
Regeste: Kantonale Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen der juristischen Personen. Rechtsgleichheit, Handels- und Gewerbefreiheit, Doppelbesteuerung, Verhältnis zur eidg. Warenumsatzsteuer. 1. Eine Minimalsteuer, die auf den Bruttoeinnahmen oder dem Umsatz berechnet und von den sog. "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen erhoben wird, ist im Rahmen eines auf dem Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beruhenden Steuergesetzes zulässig und verstösst an sich weder gegen Art. 4 noch 31 BV (Erw. 3). 2. Mit Art. 4 (und 31) BV vereinbar ist es, - dass die Minimalsteuer nur von den juristischen Personen zu entrichten ist (Erw. 4 a), - dass die Steuer nur auf den einen gewissen Betrag übersteigenden Bruttoeinnahmen berechnet wird (Erw. 4 c), - dass der Steuersatz für alle Branchen des Detailhandels gleich und überdies höher als derjenige für Engroshandels- und Fabrikationsunternehmungen ist (Erw. 4 f), - dass der Steuersatz 0,75 Promille beträgt (Erw. 4 e), - nicht dagegen, dass der Steuersatz progressiv. d.h. auf den einen bestimmten Betrag übersteigenden Bruttoeinnahmen höher ist (Erw. 4 d). 3. Die Minimalsteuer verletzt die Steuerhoheit des Bundes (Art. 41ter Abs. 2 lit. a BV) nicht (Erw. 5) und verstösst dann nicht gegen Art. 46 Abs. 2 BV, wenn sie bei einer Betriebsstätte nicht auf dem ganzen im Kanton erzielten, sondern nur auf dem um den Vorausanteil des Sitzkantons gekürzten Umsatz berechnet wird (Erw. 6).
96 I 598 () from Nov. 18, 1970
Regeste: Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Art. 88 OG. Der durch eine strafbare Handlung Geschädigte kann mit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Einstellung der Strafuntersuchung geltend machen, die ihm durch das kantonale Recht eingeräumten Parteirechte seien verletzt worden, nicht dagegen, die Einstellungsverfügung beruhe auf willkürlicher Beweiswürdigung oder Rechtsanwendung (Bestätigung der Rechtsprechung).
96 I 606 () from Nov. 17, 1970
Regeste: Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Art. 26, 27, 29, 30 Abs. 1, und 35 Abs. 1 und 2. 1. Form und Inhalt der verwaltungsrechtlichen Entscheide (Erw. 1 und 2). 2. Der Beschwerdeführer muss die Möglichkeit haben, von der vorläufigen Verfügung Kenntnis zu nehmen, damit er sich über ihren Inhalt äussern kann; es handelt sich hier um eine der Voraussetzungen zur Ausübung des Rechts auf Äusserung, das einenwesentlichen Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches Gehör bildet (Erw. 3). Art. 944 Abs. 1 und 2 OR, Art. 38, 44, 45 und 46 HRegV. 3. Zulässigkeit der Bezeichnungen "centre" und "leasing" als Bestandteil einer Firma (Erw. 4 a). 4. Bestehen eines schutzwürdigen Interesses für die Verwendung einer nationalen oder territorialen Bezeichnung in einer Firma (Erw. 4 b).
96 I 617 () from Dec. 16, 1970
Regeste: Art. 4 BV; Treu und Glauben im öffentlichen Recht; Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Zuwiderhandlung gegen das Gewässerschutzgesetz. Die Aufhebung eines von der Verwaltungsbehörde erlassenen Verbotes muss weder in gleicher Form noch ausdrücklich erfolgen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben können behördliche Zusicherungen oder sonstiges Verhalten der Behörden genügen. Verweigerung des rechtlichen Gehörs durch Nichtabnahme von Beweisen für solche behördliche Zusicherungen.
96 I 718 () from Nov. 25, 1970
Regeste: Verweigerung des rechtlichen Gehörs, Gemeindeautonomie, Eigentumsgarantie. Gehörsverweigerung: Inwieweit ist eine Behörde unter dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV verpflichtet, eine Verfügung zu begründen? (Erw. I/5). Gemeindeautonomie: Das Kriterium der "relativ erheblichen Entscheidungsfreiheit" gilt sinngemäss auch beim Entscheid darüber,ob der Gemeinde im konkreten Fall ein Anspruch auf autonome Rechtsanwendung zusteht. Das den zürcherischen Gemeinden nach dem kantonalen Jagdgesetz vorbehaltene Recht zur freien Gestaltung ihres Jagdreviers steht grundsätzlich unter dem Schutz der Gemeindeautonomie. Dieser Schutz reicht indessen nur soweit, als dieses Recht nicht durch die Vorschriften des Jagdgesetzes (z.B. § 2bis JG) selbst eingeschränkt wird (Erw. II). Eigentumsgarantie: Die Rechte des Jagdpächters aus dem öffentlichrechtlichen Jagdpachtvertrag stellen wohlerworbene Rechte dar und stehen unter dem Schutz der Eigentumsgarantie (Erw. IV/2).
96 II 15 () from March 5, 1970
Regeste: Tragweite des Anspruchs auf Anhörung nach Art. 374 Abs. 1 ZGB. Die zu entmündigende Person ist nicht nur zum Entmündigungsgrund als solchem zu befragen, sondern es ist ihr Gelegenheit zu geben, zu allen wesentlichen Einzeltatsachen Stellung zu nehmen, welche zur Entmündigung führen sollen. Der Anspruch auf Anhörung deckt sich nicht mit dem aus Art. 4 BV folgenden Anspruch auf rechtliches Gehör. Hat sich die zu entmündigende Person in einem Entmündigungsverfahren zu allen Einzeltatsachen äussern können, so ist Art. 374 Abs. 1 ZGB auch dann Genüge getan, wenn der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde.
96 II 262 () from Aug. 3, 1970
Regeste: Art. 35 OG. Ein unverschuldetes Hindernis im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn zwei Abteilungen des Bundesgerichts zu einer bestimmten Frage eine abweichende Rechtsprechung entwickeln, aber nur eine Abteilung die einschlägigen Entscheide veröffentlicht und eine Partei im Vertrauen auf die publizierte Rechtsprechung ein Rechtsmittel ergreift, das sich nachträglich als unrichtig erweist (Erw. 1). Beginn der zehntätigen Frist des Art. 35 OG (Erw. 2).
97 I 1 () from Feb. 10, 1971
Regeste: Art. 87 OG. Ablehnung eines Experten im Patentprozess wegen Befangenheit; der Beschluss, mit dem die Abberufung abgelehnt wird, ist mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar (Erw. 1). Ablehnung des Experten; Verfahren; Willkür der Annahme von Befangenheit? (Erw. 2).
97 I 7 () from Feb. 3, 1971
Regeste: Kantonales Verwaltungsrecht, Aufsichtsgewalt der obern über die untern Verwaltungsbehörden, Willkür. Unter welchen Voraussetzungen kann eine obere Verwaltungsbehörde einen formell rechtskräftigen Rekursentscheid einer unteren Verwaltungsbehörde aufheben? (Erw. 1 und 2). Anwendung auf die durch den Regierungsrat des Kantons Zürich erfolgte Aufhebung des Entscheids eines Bezirksrates, der einer Gemeinde die Befugnis zur Festsetzung von Gewässerabständen abspricht (Erw. 3 und 4).
97 I 14 () from Jan. 27, 1971
Regeste: Kantonale Handänderungs- und Grundstückgewinnsteuer. Willkür. Wenn die Witwe und die Kinder eines Bauunternehmers zur Fortführung des Geschäftsbetriebs eine Kommanditgesellschaft mit der Witwe als unbeschränkt haftender Teilhaberin und den Kindern als Kommanditären gegründet haben, so kann ohne Willkür angenommen werden, dass dadurch die Erbengemeinschaft aufgelöst worden sei und dass daher die später mit der Liquidation der Kommanditgesellschaft erfolgte Übertragung der Liegenschaften auf die einzelnen Erben keine handänderungs- und grundstückgewinnsteuerfreie "Handänderung infolge Erbteilung" im Sinne von § 161 Abs. 3 und 180 lit. a zürch. StG darstelle (Erw. 1). Ist die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer deshalb unzulässig, weil es sich dabei um eine Realteilung handelt, bei der kein Gewinn im Sinne von § 161 StG realisiert wird? Rechtsnatur der zürcherischen Grundstückgewinnsteuer (Erw. 2).
97 I 97 () from March 29, 1971
Regeste: Art. 4 BV, Fristenlauf. Berechnung der Berufungsfrist nach Art. 185 SchKG, wenn der anfechtbare Entscheid dem Inhaber eines Postfachs zugestellt und die Eingangsanzeige an einem Samstag in das Postfach gelegt wird (Bestätigung der Rechtsprechung).
97 I 100 () from May 12, 1971
Regeste: Kantonales Prozessrecht, Rechtsmittelfristen, Treu und Glauben. Ist die gesetzliche Ordnung der Rechtsmittelfristen unklar oder zweideutig, so verstösst es gegen Treu und Glauben und damit gegen Art. 4 BV, sie anders auszulegen, als sie vom Rechtsuchenden in guten Treuen verstanden werden.
97 I 107 () from May 5, 1971
Regeste: Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Art. 4 BV. Kantonales Strafprozessrecht. Der Privatkläger kann, obwohl in der Sache selbst nicht legitimiert, mit staatsrechtlicher Beschwerde rügen, die Klage sei aus einer Erwägung, die offensichtlich der kantonalen StPO widerspricht, von der Hand gewiesen worden. Es ist nicht willkürlich, die Strafklage von der Hand zu weisen, wenn die geltend gemachte Tat zwar unter Strafe gestellt ist, es aber offensichtlich an einem hinreichenden Verdacht fehlt.
97 I 112 () from March 3, 1971
Regeste: Entschädigung für materielle Enteignung. Der Umstand, dass Bauerwartungsland, das in ein Naturschutzgebiet einbezogen wird, an den Wald grenzt und Bauten auf diesem Land einen Waldabstand einzuhalten hätten, darf bei der Bestimmung des Verkehrswerts des Landes als wertvermindernder Faktor berücksichtigt werden.
97 I 116 () from March 3, 1971
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Voraussetzungen, unter denen mit dem Entscheid der letzten kantonalen Instanz auch derjenige der untern Instanz angefochten werden kann (Erw. 1). Legitimation juristischer Personen zur Beschwerde wegen Verletzung von Art. 49 BV? (Erw. 3 a). Bezeichnung von Privatschulen. Kantonale Vorschrift, wonach Privatschulen sich so zu bezeichnen haben, dass über ihren nichtstaatlichen Charakter kein Zweifel besteht. Verbot, eine private Schule zur Ausbildung von Pfarrern auf Hochschulstufe als "Freie Evangelisch-Theologische Hochschule" zu bezeichnen. Vereinbarkeit dieses Verbots mit Art. 49 BV (Erw. 3 b), 56 und 31 BV (Erw. 4) und.Art. 4 BV (Erw. 5)?
97 I 125 () from Jan. 27, 1971
Regeste: Kantonales Steuerrecht. Treu und Glauben. Willkür. Bedeutung des Grundsatzes von Treu und Glauben und des daraus folgenden Verbots widersprüchlichen Verhaltens im Steuerrecht. Verhältnis dieses Grundsatzes zum Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Besteuerung (Erw. 3). Voraussetzungen, unter denen der Erbe sich unrichtige Angaben, die der Erblasser in früheren Steuerverfahren gemacht hat, im Hinblick auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens entgegenhalten lassen muss (Erw. 4).
97 I 193 () from Feb. 17, 1971
Regeste: Art. 4 BV und Art. 2 Ueb. Best. BV; Grundbuchvermessungsgebühren. 1. Moderation von Vermessungsgebühren nach bernischem Recht. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 1-3). 2. Die bernischen Gemeinden, die einen eigenen Vermessungsdienst unterhalten, sind berechtigt, die als Entgelt für die Nachführungsarbeiten zu erhebende Gebühr in einem Gemeindeerlass zu ordnen (Erw. 5 a). 3. Bedarf die Gebühr einer gesetzlichen Grundlage im formellen Sinn? (Erw. 5 b). 4. Bei der Bemessung einer Gebühr hat das bezugsberechtigte Gemeinwesen dem sog. Kostendeckungsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen und das Gebot der rechtsgleichen Behandlung zu beachten. Der stadtbernische Tarif über die Nachführungsarbeiten vom 7. Dezember 1960 genügt diesen Anforderungen nicht (Erw. 6-8).
97 I 221 () from June 2, 1971
Regeste: Glaubens- und Kultusfreiheit (Art. 49 und 50 BV). Gestaltung der Bestattungsfeier. Staatsrechtliche Beschwerde. 1. Unzuständigkeit des Bundesgerichts zur Beurteilung von Beschwerden wegen Verletzung von Art. 53 Abs. 2 BV (Erw. 1a). 2. Ausnahme vom Grundsatz der kassatorischen Funktion der staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 1b) 3. Voraussetzungen, unter denen mit dem Entscheid der letzten kantonalen Instanz auch derjenige der untern Instanz angefochten werden kann (Erw. 3a). 4. Legitimation einer kirchliche Zwecke verfolgenden Körperschaft zur Beschwerde wegen Verletzung von Art. 50 BV. Wieweit kann sich eine solche Körperschaft auch auf Art. 49 BV berufen? (Erw. 3c). 5. Aus Art. 49 und 50 BV ergibt sich keine Pflicht der staatlichen Behörden, dafür zu sorgen, dass die Gestaltung der Bestattungsfeier dem letzten Willen des Verstorbenen entspricht (Erw. 4).
97 I 262 () from July 7, 1971
Regeste: Art. 88 OG. Legitimation der ausserehelichen Mutter zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte gegenüber einem Entscheid über die Stellung des Kindes unter Vormundschaft oder elterliche Gewalt (Art. 311 Abs. 2 ZGB). (Änderung der Rechtsprechung.)
97 I 320 () from June 9, 1971
Regeste: Kantonales Strafverfahren. Ausschluss eines Sachverständigen. Willkür. Der Sachverständige, der mit einem andern, im gleichen Prozess wegen Befangenheitsanschein ausgeschlossenen Experten enge Kontakte unterhalten und dabei auch die im Prozess zu beantwortende Gutachterfrage erörtert hat, erweckt den Anschein der Befangenheit, welcher für den Experten nach bernischem Strafprozessrecht einen von Amtes wegen zu beachtenden Unfähigkeitsgrund darstellt.
97 I 329 () from May 12, 1971
Regeste: Art. 89 OG, Massgeblichkeit der tatsächlichen Zustellung des kantonalen Entscheides bei Benützung der Post. Solothurnischer Gebührentarif für die Nachführung der Vermessungswerke vom 25. November 1938. Charakter der Gebühr als Entgelt für eine staatliche Leistung; massgebende Gesichtspunkte für die Bemessung. Eine Gebühr von 7‰ des Verkehrswertes der abgetrennten Parzelle verstösst, wenn sie zum objektiven Wert der staatlichen Leistung in einem offensichtlichen Missverhältnis steht, gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und wird zur Gemengsteuer.
97 I 337 () from July 7, 1971
Regeste: Gebühr für Anschluss an eine neue Kanalisation. Liegt in der Anwendung des im Hinblick auf die neue Kanalisation aufgestellten Tarifs auf bereits vor seinem Erlass angeschlossene Liegenschaften eine (unzulässige) Rückwirkung? (Erw. 2). Kantonales Verwaltungsverfahren. Rechtsverweigerung. Ist eine Rekursinstanz, die in Gutheissung eines Rekurses einen neuen Sachentscheid fällt, verpflichtet, sich mit den vor der Vorinstanz erhobenen, von dieser nicht beurteilten Einwendungen des Rekursgegners auseinanderzusetzen? (Erw. 3).
97 I 349 () from June 25, 1971
Regeste: Verzinsung von Entschädigungen wegen materieller Enteignung nach zürcherischem Recht; Art. 4 BV (Willkür). Es ist nicht willkürlich, auf altrechtliche Fälle die Bestimmung von § 183bis EG/ZGB analog anzuwenden, welche einen gleitenden Zinssatz vorsieht.
97 I 481 () from Sept. 15, 1971
Regeste: Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen der Aktiengesellschaft (Art. 706 OR); vorsorgliche Verfügung gemäss Art. 32 Abs. 2 HRegV; kantonales Zivilprozessrecht; derogatorische Kraft des Bundesrechts; Willkür (Art. 4 BV). 1. Behauptet der Beschwerdeführer, der angefochtene Entscheid verstosse gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 Ueb. Best. BV), so kann auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden, wenn diese Rüge mit zivilrechtlicher Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 Abs. 1 lit. a OG erhoben werden kann (Erw. 1a). 2. Der letztinstanzliche kantonale Entscheid über ein Gesuch um Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäss Art. 326 Ziff. 3 bern. ZPO in Verbindung mit Art. 32 Abs. 2 HRegV ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG (Erw. 1 b). 3. Die Voraussetzungen einer vorsorglichen Massnahme gemäss Art. 32 Abs. 2 HRegV werden durch das kantonale Prozessrecht umschrieben; der kantonale Richter handelt nicht willkürlich, wenn er gestützt auf Art. 326 Ziff. 3 bern. ZPO annimmt, eine derartige Massnahme rechtfertige sich nur in denjenigen Fällen, in denen der anzuhebende Hauptprozess nach den glaubhaften Vorbringen des Gesuchstellers als aussichtsreich erscheine (Erw. 3).
97 I 488 () from Aug. 10, 1971
Regeste: Art. 84, 86 OG, Vollstreckung von Schiedssprüchen. Anfechtbarkeit des Urteils über eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Schiedsurteil. Beschränkung der Kognition. Der Schiedsspruch ist einem in der ganzen Schweiz vollstreckbaren Zivilurteil gleichzustellen, sofern das Schiedsgericht Gewähr für unabhängige Rechtsprechung bietet. Fehlen dieser Voraussetzung, wenn es Verbandsorgan ist. Anwendung auf einen Sportverband?
97 I 573 () from July 12, 1971
Regeste: Einsprache und Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Nationalstrassenprojekte. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über Pläne, aufgrund deren Land enteignet werden kann (Erw. 1 b). Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts als Verwaltungsgericht im allgemeinen (Erw. 3). Einsprache und Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Nationalstrassenprojekte (Art. 27 NSG). - Anspruch des Grundeigentümers auf Stellungnahme zur generellen Projektierung? (Erw. 2 c). - Mit der gegen das Ausführungsprojekt gerichteten Einsprache (Art. 27 NSG) kann auch die im generellen Projekt (Art. 19, 20 NSG) festgelegte Linienführung angefochten werden (Erw. 1a). - Interessen, die bei der von Art. 5 NSG geforderten Interessenabwägung zu berücksichtigen sind. Umfang der Überprüfung dieser Interessenabwägung und der ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen durch das Bundesgericht, insbesondere soweit sich technische Fragen stellen, die durch fachkundige Instanzen des Kantons und des Bundes abgeklärt worden sind. Anwendung auf die Linienführung einer Expressstrasse durch die Stadt Zürich (Erw. 4 und 5).
97 I 609 () from Dec. 22, 1971
Regeste: Konkurseröffnung; Kostenvorschuss; Willkür. Der Kostenvorschuss im Sinne von Art. 169 Abs. 2 SchKG muss vor der Konkurseröffnung eingefordert werden. Der Konkursrichter, der den Gläubiger erst nach der Konkurseröffnung zur Vorschussleistung auffordert und mit der Mitteilung des Konkursdekrets zuwartet, bis der verlangte Betrag eingetroffen ist, verstösst gegen das Willkürverbot.
97 I 619 () from Oct. 13, 1971
Regeste: Namensänderung, rechtliches Gehör. Der unmittelbar aus Art. 4 BV abgeleitete Anspruch des Vaters, zu einem Gesuch um Änderung des Namens seines bei der Ehescheidung der Mutter zugeteilten Kindes Stellung nehmen zu können (BGE 83 I 239, 89 I 155), besteht nur bis zur Mündigkeit des Kindes.
97 I 624 () from Sept. 22, 1971
Regeste: Verjährung von Entschädigungsansprüchen aus materieller Enteignung. Der Entschädigungsanspruch für ein Bauverbot, das im Kanton Freiburg in einem 1945 erlassenen und vom Staatsrat 1948 genehmigten Gemeindebaureglement aufgestellt wurde, veraährte, wie ohne Willkür angenommen werden kann, auch mangels einer ausdrücklichen Vorschrift nach Ablauf von zehn Jahren seit dem Inkrafttreten des Baureglements.
97 I 643 () from Sept. 22, 1971
Regeste: Eigentumsgarantie, Landschaftsschutz; Anhörung der betroffenen Gemeinden nach solothurnischem Recht. 1. In welcher Form sind die solothurnischen Gemeinden beim Erlass von Landschaftsschutzmassnahmen anzuhören? (Erw. 2). 2. Voraussetzungen des Schutzes von stadtnahen Erholungs- und Ausflugsgebieten, insbesondere von Anhöhen und Hängen, die für das Landschaftsbild charakteristisch sind; Interessenabwägung (Erw. 5). 3. Schutzbereich der Eigentumsgarantie; ob Landschaftsschutzmassnahmen mit der Eigentumsgarantie vereinbar sind, hängt nicht davon ab, ob die kantonalen Behörden allfällige finanzielle Auswirkungen derartiger Eigentumsbeschränkungen gebührend berücksichtigt haben (Erw. 6).
97 I 651 () from Oct. 6, 1971
Regeste: Berichtigung eines fehlerhaften Strassenlinienplans. Natur und Voraussetzungen der Berichtigung im Gegensatz zur Änderung von Plänen. Stellung des von der Berichtigung betroffenen Grundeigentümers. Grundsatz von Treu und Glauben.
97 I 653 () from Nov. 17, 1971
Regeste: Handels- und Gewerbefreiheit, gesteigerter Gemeingebrauch, Taxigewerbe. Handels- und Gewerbefreiheit und Benützung des öffentlichen Bodens im allgemeinen (Erw. 5 a). Bewilligung zum Führen eines Taxibetriebes. Unterscheidung von Bewilligungen, deren Inhaber die auf öffentlichem Boden zur Verfügung stehenden Standplätze benützen dürfen, und Bewilligungen, deren Inhaber hievon ausgeschlossen sind. Voraussetzungen, unter denen diese Unterscheidung mit Art. 4 und 31 BV vereinbar ist (Erw. 5 b).
97 I 680 () from Oct. 13, 1971
Regeste: Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG. Die Bewilligung des Arrests (Arrestbefehl, Art. 272 SchKG) ist ein Endentscheid im Sinne des Art. 87 OG (Erw. 2). Ein kantonales Rechtsmittel, vor dessen Durchführung die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV gegen den Arrestbefehl nach Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG unzulässig ist, bildet - die Arrestaufhebungsklage (Art. 279 Abs. 2 SchKG), mit der der Schuldner den Arrestgrund bestreiten kann (Erw. 3 a); - nicht die Arrestprosequierung (Art. 278 SchKG), in der der Schuldner Bestand, Fälligkeit und Höhe der Arrestforderung bestreiten kann; er kann daher mit einer unmittelbar gegen den Arrestbefehl gerichteten staatsrechtlichen Beschwerde geltend machen, die diesem zugrunde liegende Annahme, der Gläubiger habe eine verfallene Forderung glaubhaft gemacht, sei willkürlich und verletze Art. 4 BV (Änderung der Rechtsprechung; Erw. 3 b).
97 I 769 () from Dec. 22, 1971
Regeste: Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Beweis der Rechtzeitigkeit des Strafantrags. Der Privatkläger ist legitimiert, mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend zu machen, dass die Untersuchungsbehörde das Strafverfahren offensichtlich zu Unrecht wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung eingestellt habe (Erw. 1). Frist zum Strafantrag; Beginn, Beweislast (Erw. 2, 3). Eine Untersuchungsbehörde, die ein Ehrverletzungsverfahren mangels rechtzeitigen Strafantrags einstellt, ohne die vom Kläger für die Rechtzeitigkeit angebotenen Beweise abzunehmen, verweigert dem Kläger das rechtliche Gehör (Erw. 4).
97 I 778 () from Sept. 15, 1971
Regeste: Art. 4 BV; bernische Vermögenssteuer, amtlicher Wert Der amtliche Wert von baurechtsbelasteten Grundstücken darf ohne Verletzung von Art. 4 BV aufgrund des kapitalisierten Ertragswerts ermittelt werden. Die gegenwärtig gültige bernische Ordnung ist nicht verfassungswidrig.
97 I 784 () from Sept. 15, 1971
Regeste: Art. 4 BV; zürcherisches Steuerrecht; Ertragssteuer juristischer Personen, Grundstückgewinnsteuer. Es verstösst nicht gegen Art. 4 BV, die von einer Aktiengesellschaft bezahlten oder in der Bilanz zurückgestellten Grundstückgewinnsteuern als steuerbaren Ertrag im Sinne von § 45 Abs. 1 StG zu behandeln.
97 I 792 () from Oct. 20, 1971
Regeste: Eigentumsgarantie und Art. 4 BV; Pflicht zur Erstellung privater Parkflächen, Festsetzung einer Ersatzabgabe. 1. Die im Baurecht der Stadt Zug vorgesehene Pflicht, bei Neu- und Umbauten auf privatem Grund Parkgelegenheiten zu schaffen, verstösst nicht gegen die Eigentumsgarantie (Erw. 2-4). 2. Es ist mit dem Gebot der Rechtsgleichheit vereinbar, eine solche Pflicht nur den Erstellern von Neu- und Umbauten, nicht aber auch den Eigentümern bestehender Bauten aufzuerlegen (Erw. 5a). 3. Für den Fall, dass die Erstellung privater Parkflächen unmöglich oder mit unverhältnismässigen Kosten verbunden ist, kann die Bezahlung einer Ersatzabgabe vorgesehen werden; Rechtsnatur dieser Abgabe (Erw. 6). 4. Wieweit kann der kantonale Gesetzgeber die Befugnis zur Festsetzung der Ersatzabgabe dem kommunalen Gesetzgeber übertragen? (Erw. 7). 5. Bemessung der Ersatzabgabe (Erw. 8).
97 I 809 () from Dec. 15, 1971
Regeste: Eigentumsgarantie, Art. 4 BV; materielle Enteignung. 1. Verhältnis zwischen formeller und materieller Enteignung; Bemessungszeitpunkt für die Entschädigung bei materieller Enteignung (Erw. 1). 2. Wird die Enteignungsentschädigung nicht im Zeitpunkt der Bemessung ausbezahlt, so kann das Gemeinwesen verpflichtet werden, diese Leistung von dem Tage an zu verzinsen, an dem der Entschädigungsanspruch erstmals in unverkennbarer Weise geltend gemacht wird (Erw. 3 a). Willkürliche Anwendung dieser Regel im vorliegenden Falle (Erw. 3 b).
97 I 831 () from Dec. 22, 1971
Regeste: Disziplinarrecht der Anwälte. Verletzung des Berufsgeheimnisses. Der Entscheid, mit dem ein Anwalt disziplinarisch bestraft wird, ist kein Straferkenntnis im Sinne von Art. 268 Ziff. 3 BStP (Erw. 1). Verhältnis des kantonalen Disziplinarrechts zum eidgenössischen Strafrecht. Art. 321 StGB schliesst die disziplinarische Ahndung der Verletzung des Berufsgeheimnisses der Anwälte nicht aus (Erw. 2). Zum Begriff des Berufsgeheimnisses und der unzulässigen Offenbarung desselben (Erw. 4).
97 I 839 () from Sept. 22, 1971
Regeste: Persönliche Freiheit; Untersuchungshaft. 1. Begriff der persönlichen Freiheit (Erw. 3). 2. Grundsätzliches über die Zulässigkeit von Freiheitsbeschränkungen der Untersuchungsgefangenen (Erw. 4 und 5). 3. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 6). 4. Das den Untersuchungsgefangenen des Bezirksgefängnisses Zürich auferlegte Verbot des direkten Bezugs einer beliebigen Zeitung und des Gebrauchs eines eigenen Transistorradios verstösst nicht gegen das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Erw. 8).
97 I 890 () from Nov. 2, 1971
Regeste: Art. 4 BV; zürcherische Fähigkeitsprüfung für Rechtsanwälte, Anforderungen an die praktische Tätigkeit als Zulassungsbedingung.
97 IV 210 () from July 9, 1971
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und 253 StGB, Art. 52 ff. BG über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948. Erschleichung einer falschen Eintragung in das schweizerische Luftfahrzeugregister.
97 IV 229 () from July 20, 1971
Regeste: 1. Art. 272 Abs. 6 BStP. Diese Bestimmung gibt den Parteien keinen Anspruch auf eine weitergehende Akteneinsicht, als sie ihnen im kantonalen Verfahren zustand. 2. Art. 249 BStP. Dieser Grundsatz betrifft nicht Beweisbeschränkungen, die sich daraus ergeben, dass das kantonale Recht aus anderen Gründen als der Beweiswürdigung gewisse Beweismittel nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässt.
98 IA 1 () from March 8, 1972
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör in Verwaltungssachen. Der Bürger ist vor dem Erlass einer ihn belastenden Verwaltungsverfügung von Bundesrechts wegen jedenfalls dann anzuhören, wenn das öffentliche Interesse keine sofortige Entscheidung verlangt und die einmal getroffene Massnahme weder mit einem ordentlichen, eine freie Überprüfung gestattenden Rechtsmittel angefochten noch von der verfügenden Behörde selber uneingeschränkt in Wiedererwägung gezogen werden kann. Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Übertragung eines Kleinhandelspatentes für geistige Getränke ohne Anhörung des bisherigen Patentinhabers.
98 IA 10 () from Jan. 26, 1972
Regeste: Art. 4 BV; Akteneinsicht. Wieweit darf dem Sachwalter eines Anlagefonds in einem gegen die frühere Fondsleitung eröffneten Strafverfahren Akteneinsicht gewährt werden?
98 IA 14 () from March 22, 1972
Regeste: Entschädigung für die Untersuchungshaft. Hat der freigesprochene Angeklagte nach dem massgebenden kantonalen Recht einen Anspruch auf Entschädigung für ausgestandene, nicht durch schuldhaftes Verhalten verursachte oder verlängerte Untersuchungshaft, so darf ihm eine solche Entschädigung selbst dann nicht verweigert werden, wenn weiterhin ein Verdacht auf ihm lastet und er nur nach dem Grundsatz in dubio pro reo freigesprochen wurde.
98 IA 35 () from March 1, 1972
Regeste: Eigentumsgarantie, gesetzliche Grundlage. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 2). Zulässigkeit analoger Anwendung von Eigentumsbeschränkungen aus dem Gesichtspunkt der Willkür (Erw. 3 a). Analoge Anwendung des Verbots von "Dachaufbauten" auf "Dacheinschnitte" (Erw. 3 b).
98 IA 43 () from March 1, 1972
Regeste: Bau privater Quartierstrassen, Eigentumsgarantie, derogatorische Kraft des Bundesrechts Kantonale Ordnung, wonach private Strassen zur Erschliessung von Bauland mangels Einigung der beteiligten Grundeigentümer auf deren Kosten von der Gemeinde erstellt werden können und dieser dafür das Enteignungsrecht erteilt werden kann. - Diese Ordnung verstösst nicht gegen Bundesrecht (Erw. 2 c). - Die zweckmässige Erschliessung von Bauland kann auch dann im öffentlichen Interesse liegen, wenn sie den privaten Interessenten überlassen wird (Erw. 3). - Zulässigkeit der Erteilung des Enteignungsrechts an Private (Erw. 4).
98 IA 73 () from Feb. 2, 1972
Regeste: Art. 4 BV, Art. 85 lit. a OG; rechtliches Gehör; politische Stimmberechtigung, Pressefreiheit, Beeinflussung einer kantonalen Volksabstimmung durch Presse und Fernsehen. 1. Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Verfahren über eine Einsprache gegen eine kantonale Volksabstimmung (Erw. 2). 2. Grundsätzliches zum Entscheid darüber, ob im Vorfeld einer Volksabstimmung die Presse oder Radio und Fernsehen in unzulässiger Weise auf die freie Willensbildung der Stimmbürger eingewirkt haben (Erw. 3). 3. Unter welchen Voraussetzungen besteht von Bundesrechts wegen ein Anspruch auf Nachzählung eines Abstimmungsergebnisses? (Erw. 4).
98 IA 86 () from Feb. 2, 1972
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV. Der beim Verkauf sämtlicher oder der überwiegenden Mehrheit der Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft erzielte Gewinn untersteht der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons (Bestätigung der Rechtsprechung). Dies schliesst eine vorgängige Besteuerung des auf den Aktien entstandenen, noch nicht realisierten Wertzuwachses durch den Wohnsitzkanton des Aktionärs aus.
98 IA 129 () from May 10, 1972
Regeste: Anspruch auf rechtliches Gehör unmittelbar aufgrund des Art. 4 BV. Auf welche Weise ist dem Schüler, der aus einer öffentlichen Schule disziplinarisch entlassen werden soll, vorher Gelegenheit zu geben, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen?
98 IA 135 () from Feb. 23, 1972
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Strafprozessrecht, Fristenlauf. Massgebend für den Beginn der Berufungsfrist nach Art. 142 StPO ist die tatsächliche Inempfangnahme des durch eingeschriebene Sendung zugestellten Urteils.
98 IA 151 () from March 22, 1972
Regeste: Kantonale Vermögenssteuer, Bewertung von Liegenschaften, rechtsgleiche Behandlung. Kantonale Ordnung, nach welcher bei Wohn- und Geschäftsliegenschaften das Mittel des Ertrags- und Verkehrswertes zu Beginn der zweijährigen Veranlagungsperiode den Steuerwert bildet. Mit dieser Ordnung unvereinbar ist die Praxis der Steuerverwaltung, nach welcher der beim Erwerb einer Liegenschaft ermittelte Steuerwert bis zur nächsten Handänderung (Veräusserung oder Erbgang) beibehalten werden kann (Erw. 6). Unter welchen Voraussetzungen kann derjenige, dessen Liegenschaft gesetzmässig bewertet worden ist, verlangen, gleich behandelt zu werden wie diejenigen, deren Liegenschaften gesetzwidrig zu niedrig eingeschätzt worden sind? (Erw. 7).
98 IA 163 () from March 29, 1972
Regeste: Art. 4 BV; Art. 2 Üb. Best. BV; Handänderungsabgabe. Art. 7 Abs. 1 des bernischen Gesetzes über die Handänderungs- und Pfandrechtsabgaben vom 15. November 1970 (Besteuerung der anlässlich eines Grundstückerwerbs mitveräusserten Zugehör) verstösst weder gegen Art. 4 BV noch gegen die derogatorische Kraft des Bundesrechts.
98 IA 169 () from Feb. 9, 1972
Regeste: Art. 4 BV; Mehrwertbeiträge; Ausbau einer Gemeindestrasse. 1. Rechtsnatur (Bestätigung der Rechtsprechung) (Erw. 2). 2. Berechnungsart (Erw. 3 und 4).
98 IA 179 () from March 22, 1972
Regeste: Beamtenrecht. Willkür. Werden die Besoldungen des Staatspersonals vom Gesetzgeber allgemein erhöht, so sind die Verwaltungsbehörden, sofern weder das Gesetz noch eine Übergangsbestimmung dies vorsieht, nicht befugt, einzelne Beamte oder Beamtenkategorien in frühere Jahresstufen ihrer Besoldungsklasse zurückzuversetzen.
98 IA 185 () from April 21, 1972
Regeste: Art. 4 BV; Grundbuch. Ein vollzogener Grundbucheintrag kann nicht auf dem Beschwerdeweg angefochten werden.
98 IA 326 () from May 26, 1972
Regeste: Art. 87 OG. Gegen Überweisungsbeschlüsse in Strafsachen kann, da es an den in Art. 87 OG genannten Voraussetzungen fehlt, nicht wegen Verletzung von Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde geführt werden (Bestätigung der Rechtsprechung).
98 IA 329 () from May 31, 1972
Regeste: Verfahren; Meinungsaustausch zwischen Bundesrat und Bundesgericht, Art. 96 Abs. 2 OG. Hat der Bundesrat gestützt auf die in einem Meinungsaustausch erfolgte Einigung über die Zuständigkeit eine Beschwerde in ihrer Gesamtheit beurteilt, so kann sein Entscheid vom Bundesgericht nicht überprüft werden. Der Vorwurf, der Bundesrat habe dabei nicht über sämtliche Rügen entschieden, ist mit Revisionsgesuch bei diesem selbst zu erheben (Erw. 2). Grundsatz der Kompetenzattraktion (Erw. 3).
98 IA 340 () from Sept. 27, 1972
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege im Scheidungsprozess. Ein im kantonalen Rechtsmittelverfahren gestelltes Begehren um Erhöhung der vom erstinstanzlichen Gericht zugesprochenen Unterhaltsbeiträge (Art. 156 Abs. 2 ZGB) ist nicht schon deshalb aussichtslos, weil im Falle der Gutheissung dieses Antrags unter Umständen in den betreibungsrechtlichen Notbedarf des Unterhaltspflichtigen eingegriffen werden müsste.
98 IA 348 () from June 21, 1972
Regeste: 1. Prozessuales. a) Art. 87 OG. Ein letztinstanzlicher, die provisorische Rechtsöffnung verweigernder Entscheid ist ein Endentscheid (Erw. 1). b) Art. 90 OG. Kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 1). c) Art. 87 OG. Substitution von Motiven (Erw. 3 a.A.). 2. Art. 4 BV; Art. 227 a ff. OR. Möbelkauf. Es ist nicht willkürlich, als Umgehung der Bestimmungen über den Vorauszahlungs- bzw. Abzahlungskauf zu betrachten - einen Barkauf, der wirtschaftlich die Wirkung eines solchen Vertrags hat (Erw. 3); - eine Vereinbarung über die Aufhebung eines Kaufvertrags, wonach eine in monatlichen Raten abzuzahlende relativ hohe Konventionalstrafe bei einem künftigen Kauf angerechnet wird (Erw. 2).
98 IA 356 () from Oct. 4, 1972
Regeste: Art. 4 und 58 BV, Art. 5 Üb. Best. BV; Disziplinarverfahren gegen Rechtsanwalt. 1. Keine Verletzung von Art. 5 Üb. Best. BV, wenn Basler Anwalt in Bern diszipliniert wird (Erw. 1). 2. Zuständigkeit der Berner Anwaltskammer gegenüber Basler Rechtsanwalt, der im Kanton Bern Prozesse führt und sich auf einem dort gelegenen Grundstück Grundpfandtitel ausstellen lässt (Erw. 2). 3. Die Berner Anwaltskammer durfte ohne Willkür die Standesregeln des bernischen Anwaltsverbandes nebst dem Advokatengesetz als Grundlage für den Disziplinarentscheid heranziehen (Erw. 3 a). 4. Wann verletzt der Rechtsanwalt durch finanzielle Bindungen zu seinem Klienten seine Pflicht zur Unabhängigkeit (Erw. 3 b)?
98 IA 362 () from July 12, 1972
Regeste: Verordnung über die Benützung der Räume der Universität. 1. Der Anspruch auf Benützung der Universitätsräume ergibt sich aus dem Zweck der öffentlichen Anstalt und nicht aus den Freiheitsrechten (Presse-, Vereins-, Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit). 2. Die Gestaltung der Beziehungen zwischen der öffentlichen Anstalt und ihren Benützern unterliegt den für alle Verwaltungstätigkeit geltenden Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, Rechtsgleichheit und Verhältnismässigkeit. 3. Bewilligungspflicht für Veranstaltungen ausserhalb des eigentlichen Lehrbetriebs. - Verbot von Versammlungen agitatorisch-provokativen Charakters (Erw. 5). - Haftung des Bewilligungsinhabers für Schäden an Universitätsgut. Verstoss gegen Bundesrecht? (Erw. 8). - Kautionspflicht des Bewilligungsinhabers (Erw. 9). Verbot von Geldsammeln und Beschränkung des Drucksachenverkaufs (Erw. 6 u. 7).
98 IA 374 () from June 28, 1972
Regeste: Art. 4 und 22ter BV; Revision von Zonenplänen. Voraussetzungen emer Zuweisung von bisher im Baugebiet gelegenen Grundstücken zum sog. Übrigen Gemeindegebiet (Erw. 4 und 5). Interessenabwägung im konkreten Fall (Erw. 6).
98 IA 381 () from July 5, 1972
Regeste: Eigentumsgarantie (materielle Enteignung) und Art. 4 BV (Willkür); Landschaftsschutz. 1. Rechtszustand vor Inkrafttreten des Art. 22ter Abs. 3 BV (Erw. 1a). Verhältnis der Willkürrüge zur Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie mit Bezug auf die Kognition des Bundesgerichts (Erw. 1b). 2. In der Beschränkung einer künftig möglichen Nutzung liegt nur dann eine materielle Enteignung, wenn sich im massgebenden Zeitpunkt nach den Umständen annehmen liess, diese Nutzung lasse sich sehr wahrscheinlich in naher Zukunft verwirklichen (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 2). Umstände, die bei der Prognose zu berücksichtigen sind (Erw. 3).
98 IA 388 () from Sept. 20, 1972
Regeste: Baulinienplan mit Sonderbauvorschriften. Besondere Natur des Bebauungs- oder Gestaltungsplans. Zeitliche Rechtsanwendung; Fall, in welchem die sinngemässe Anwendung der für die Baubewilligung geltenden Regeln nicht willkürlich ist (Erw. 2). Ausnützungsziffer: Begriff. Verlagerung des gesamten Bauvolumens auf einen Teil des Grundstücks (Erw. 5a).
98 IA 409 () from May 17, 1972
Regeste: Gestaltung der amtlichen Publikation in den Gemeinden; Art. 4 BV, Meinungsfreiheit, Vereinsfreiheit, persönliche Freiheit. 1. Wird der angefochtene Entscheid von der beschwerdebeklagten Verwaltungsbehörde nachträglich ergänzt oder abgeändert, so prüft das Bundesgericht im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich nur noch die Rechtslage, wie sie sich nach Erlass der zusätzlichen Verfügung darbietet (E. 1). 2. Eine Gemeindevorschrift, welche zwei am Orte verbreitete politische Tageszeitungen als amtliche Publikationsorgane bezeichnet, verstösst nicht gegen Art. 4 BV, wenn sämtliche in den Zeitungen erscheinenden öffentlichen Mitteilungen auch im Anschlagkasten der Gemeinde veröffentlicht werden. Eine derartige Publikationsordnung ist auch mit den Grundrechten der Meinungsfreiheit, der Vereinsfreiheit und der persönlichen Freiheit vereinbar (E. 2-5).
98 IA 460 () from Nov. 22, 1972
Regeste: Art. 4 BV; Grundsatz von Treu und Glauben, rechtliches Gehör. Treu und Glauben: Die Auskunft eines Sachbearbeiters ohne Entscheidungsbefugnis über den Stand eines Gesuchs bindet die Behörde nicht. Rechtliches Gehör: Anforderungen an die Begründungspflicht im Verwaltungsverfahren unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV.
98 IA 508 () from June 28, 1972
Regeste: Persönliche Freiheit; Art. 4 BV; Todesfeststellung, Obduktionen und Organverpflanzungen. 1. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch gegen Verwaltungsverordnungen (Dienstanweisungen) staatsrechtliche Beschwerde erhoben werden (Präzisierung der Rechtsprechung; Erw. 1). 2. Das Recht auf Leben ist im Grundrecht der persönlichen Freiheit mitenthalten und gilt uneingeschränkt. § 44 der zürcherischen Verordnung über die kantonalen Krankenhäuser vom 25. März 1971, wonach der Tod nach den Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften festzustellen ist, verstösst nicht gegen die Verfassung (Erw. 3-6). 3. Eine kantonale Vorschrift, wonach Obduktionen und Organverpflanzungen nur dann ausgeführt werden dürfen, wenn der Betroffene oder seine nächsten Angehörigen keinen Einspruch erhoben haben, hält vor der Verfassung stand; das Grundrecht der persönlichen Freiheit erheischt keine ausdrückliche Zustimmung zur Vornahme solcher Eingriffe in den toten Körper (Erw. 8-10).
98 IA 568 () from Nov. 29, 1972
Regeste: Art. 4 BV. Kantonales Steuerrecht. Voraussetzungen für die Nichtigkeit einer Verwaltungsverfügung (Erw. 4). Voraussetzungen für die Revision eines rechtskräftigen Steuerentscheides; kein Revisionsgrund liegt vor, wenn der Entscheid auf einer unzureichenden gesetzlichen Grundlage beruhte (Erw. 5).
98 IA 574 () from Dec. 20, 1972
Regeste: Art. 4 BV (Willkür); interkommunale Doppelbesteuerung (Wallis). Art. 46 Abs. 2 BV ist auf die Doppelbesteuerung durch mehrere Gemeinden desselben Kantons nicht anwendbar. Verweist aber das kantonale Recht für die interkommunale Steuerausscheidung ausdrücklich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur interkantonalen Doppelbesteuerung, so werden die von dieser Rechtsprechung aufgestellten Regeln zum Inhalt kantonalen Rechts,dessen Anwendung das Bundesgericht auf eine Verletzung von Art. 4 BV hin überprüfen kann. Fall der Steuerausscheidung zwischen zwei Walliser Gemeinden.
98 IA 596 () from Dec. 20, 1972
Regeste: Art. 31 und 33 BV, Art. 5 Üb. Best. BV; Ausübung des Anwaltsberufs (Kt. Thurgau). 1. Ist in einem Kanton für Anwälte eine verfassungsmässig zulässige Bewilligungspflicht durch Gesetz eingeführt, so besteht damit auch die gesetzliche Grundlage für das sich aus der Natur der Sache ergebende, selbstverständliche Erfordernis der persönlichen Vertrauenswürdigkeit, auch wenn das Gesetz diese Voraussetzung nicht ausdrücklich nennt. Gesetzliche Grundlage auch aufgrund von Gewohnheitsrecht? (Erw. 1 a). 2. Ist die Ausübung des Anwaltsberufs bewilligungspflichtig und einer besondern Aufsicht unterstellt, so bedarf der dauernde Entzug der Bewilligung wegen nachträglichen Wegfalls einer wesentlichen Voraussetzung nicht noch einer besondern gesetzlichen Grundlage (Erw. 1c).
98 IA 602 () from Nov. 29, 1972
Regeste: Stimmrecht. Ständeratswahl im Kanton Basel-Stadt. Behördliche Informationspflicht und Stimmgeheimnis. 1. Wird eine Wahlbeschwerde statt vom Grossen Rat vom Regierungsrat erledigt, so kann dadurch nicht die von Gesetzes wegen ausgeschlossene Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts als Rechtsmittelinstanz begründet werden (Erw. 1). 2. Unrichtige Rechtsmittelbelehrung als unverschuldetes Hindernis im Sinne von Art. 35 OG (Erw. 4). 3. Umfang der Informationspflicht der Behörde über die eingegangenen Wahlvorschläge (Erw. 9). 4. Verletzung des Stimmgeheimnisses durch unzulänglich eingerichtete Wahllokale (Erw. 10 a und b).
98 IA 627 () from Dec. 13, 1972
Regeste: Art. 85 lit. a OG, kantonale Wahlen. Anfechtung eines Validierungsbeschlusses des Grossen Rates von Basel-Stadt betreffend Grossratswahlen. Auslegung von § 33 Abs. 2 KV über die Amtszeitbeschränkung (Erw. 3 und 4). Rechtsgleichheit (Erw. 4 d). Ist der Grundsatz von Treu und Glauben gegenüber dem Wähler verletzt, wenn die Wahl einer Person nachträglich wegen Nichtwählbarkeit nicht validiert wird (Erw. 6)?
98 IA 649 () from Nov. 22, 1972
Regeste: Art. 88 OG. Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Fremdenpolizeirecht. Der Ausländer, der keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer neuen Aufenthaltsbewilligung hat, ist zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen deren Verweigerung nicht legitimiert. (Bestätigung der Rechtsprechung).
98 IA 653 () from June 22, 1972
Regeste: Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Art. 88 OG. Das Vorgehen der Behörde bei der Besetzung einer Stelle kann vom unberücksichtigt gebliebenen Bewerber nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden. (Bestätigung der Rechtsprechung).
98 IA 659 () from Nov. 29, 1972
Regeste: Eigentumsgarantie, Art. 22ter BV. Ehehaftes Tavernenrecht im Kanton Luzern. 1. Das auf einem Haus ruhende Tavernenrecht ist notwendig mit dem Grundstück verbunden und kann nicht losgelöst von diesem allein mit dem Haus verknüpft sein (Erw. 4). 2. Das ehehafte Tavernenrecht ist nach der luzernischen Gesetzgebung ein wohlerworbenes Privatrecht und steht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie. Voraussetzungen für dessen Aufhebung (Erw. 5).
98 IB 21 () from Jan. 28, 1972
Regeste: Warenumsatzsteuer: Steuerpflicht eines Bildhauers. Rechtsungleiche Behandlung?
98 IB 85 () from April 28, 1972
Regeste: Fremdenpolizeirecht; Widerruf der Aufenthaltsbewilligung (Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG). - Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Kognitionsbefugnis des Bundesgerichtes. - Ob die Voraussetzungen für den Widerruf der Aufenthaltsbewilligung gegeben sind, ist Rechts- und Tatfrage; der Fremdenpolizeibehörde, die den Begriff des "zu schweren Klagen" Anlass gebenden Ausländers auf den Einzelfall anzuwenden hat, ist jedoch ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt. Ermessensfrage ist, ob, bei erfüllten Voraussetzungen, die Aufenthaltsbewilligung auch wirklich widerrufen werden soll. - Die das Massnahmerecht handhabende Behörde hat die Frage, ob ein Fall schwer wiegt, nach fremdenpolizeilichen Gesichtspunkten zu beantworten; sie braucht sich deshalb mit der strafrechtlichen Würdigung des Sachverhaltes nicht zu befassen.
98 IB 120 () from March 24, 1972
Regeste: Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei und Vollziehungsverordnung dazu (FPolG; FPolV); Bundesgesetz über den Natur-und Heimatschutz (NHG); Rodung in einer Schutzwaldung. 1. Kreis der nach Art. 12 NHG zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimierten Vereinigungen (Erw. 1). 2. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 2). 3. Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen nach Art. 26 FPolV und Art. 3 NHG beim Entscheid über die Bewilligung der Rodung (Erw. 4 a und b). 4. Wo innerhalb des Regulierungsperimeters zum Ersatz für eine Rodung aufgeforstet werden soll, ist Ermessensfrage (Erw. 4 c).
98 IB 156 () from March 29, 1972
Regeste: Warenmustertaxe; BG vom 2. Oktober 1924 betreffend den Postverkehr (PVG) und Vollziehungsverordnung I zum PVG vom 1. September 1967/12. Mai 1971 (VV I). 1. Musterkataloge, die kleine Warenproben enthalten, sind Warenmuster und nicht Drucksachen (Erw. 2). 2. Art. 46 Abs. 1 der VV I zum PVG, wonach die Warenmustertaxe des Art. 15 Abs. 1 PVG auf die Rücksendungen von Warenmustern vom Kunden an den Verkäufer nicht zur Anwendung kommt, widerspricht dem PVG (Erw. 3).
98 IB 167 () from March 10, 1972
Regeste: Bedingte Entlassung, Art. 38 StGB, 26 ff. VwG. 1. Die Einsichtnahme in die Akten über die bedingte Entlassung darf dem Verurteilten, der darum nachsucht, grundsätzlich nicht verweigert werden, soweit nicht die Bedingungen des Art. 27 VwG für einzelne Aktenstücke erfüllt sind (Erw. 1). 2. Hat der Verurteilte die Akteneinsicht erst nach Erlass des Entscheids über die bedingte Entlassung verlangt, so wird bei Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dieser Entscheid aufgehoben, sondern einzig derjenige über die Verweigerung der Akteneinsicht (Erw. 2). 3. Da das Bundesgericht nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der untern Behörde setzt, ist es nicht Rekursinstanz mit voller Kognition; Gehörsverweigerung kann daher nicht von ihm wiedergutgemacht werden (Erw. 3).
98 IB 241 () from Sept. 29, 1972
Regeste: Gewässerschutz; Ableitung von Abwässern aus einem Wohnhaus. 1. Anwendbares Recht (Erw. 1). 2. Es ist sowohl nach dem alten wie auch nach dem neuen Gewässerschutzgesetz zulässig, eine für den Umbau eines Wohnhauses erteilte Abwasserableitungsbewilligung, die lediglich eine Verbesserungnicht aber die vollständige Sanierung der bisherigen Verhältnisse vorsieht, zu widerrufen, wenn sich herausstellt, dass in Wirklichkeit nicht ein Umbau sondern ein Neubau geplant ist (Erw. 2 und 3). 3. Der Widerruf der Abwasserableitungsbewilligung widerspricht hier auch nicht den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts (Erw. 4).
98 IB 333 () from Sept. 29, 1972
Regeste: Art. 97 ff. OG: Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen auf kantonales Verfahrensrecht sich stützenden Nichteintretensentscheid (Erw. 1a)? Rechtsmittelbelehrung: Ein ungeschriebener bundesrechtlicher Grundsatz, wonach die Kantone auch ohne ausdrückliche Vorschrift des kantonalen oder Bundesrechts zur Rechtsmittelbelehrung verpflichtet sind, besteht nicht (Erw. 2 a). Schreibt das Verfahrensrecht die Rechtsmittelbelehrung nicht vor, so ist es nicht der Willkür der Behörden überlassen, Verfügungen und Entscheide mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen oder nicht; sie haben eine einheitliche Praxis einzuhalten (Erw. 2 c). Art. 53 Abs. 1 NSG. Art. 6 SVG und Art. 80 Abs. 6 SSV.: Zulässigkeit von Reklamen und Ankündigungen im Bereich der Rastplätze von Autobahnen (Erw. 3 a und b)? Die Auflage, dass die Lichtreklame an einer Autobahnraststätte nur aus der Anfahrtsrichtung her sichtbar sein darf, verletzt Bundesrecht nicht (Erw. 3 c).
98 IB 489 () from Dec. 1, 1972
Regeste: Rodungsbewilligung. 1. Beschwerdelegitimation gesamtschweizerischer Vereinigungen nach Art. 12 NHG (Erw. 1). 2. Zulässigkeit der Erneuerung eines früher bereits einmal abgewiesenen Rodungsgesuchs bei der zuständigen Behörde? Verschiebung der Zuständigkeit zur Erteilung der Rodungsbewilligung zwischen dem ersten und dem zweiten Gesuch; Nichtanwendbarkeit der Grundsätze über den Widerruf von Verwaltungsakten (Erw. 2). 3. Vorzeitiges Abholzen des in Frage stehenden Waldes (Erw. 3). 4. Voraussetzungen für die Erteilung einer Rodungsbewilligung; Kognitionsbefugnis des Bundesgerichts bei der Beurteilung der Frage, ob sich ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis für die Rodung nachweisen lässt (Erw. 4). 5. Bedeutung des Erfordernisses der Standortgebundenheit; unter Umständen kann eine relative Standortgebundenheit genügen (Erw. 6). 6. Öffentliches Interesse an touristischer Entwicklung einer Gemeinde fällt bei Abwägung der für und gegen eine Rodung sprechenden Momente schwer ins Gewicht; Kognitionsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 7). 7. Im Zusammenhang mit der Prüfung eines Rodungsgesuchs ist gegebenenfalls auch das an der Stelle des zu rodenden Waldes geplante Bauwerk unter dem Gesichtspunkt von Natur- und Heimatschutz zu prüfen; rechtliche Tragweite der Aufnahme eines Gebietes in das sogenannte KLN-Inventar; Interessenabwägung (Erw. 8).
98 II 272 () from Nov. 9, 1972
Regeste: Anordnung der Erbschaftsverwaltung; Weigerung der zuständigen Behörde, den Willensvollstrecker gemäss Art. 554 Abs. 2 ZGB zum Erbschaftsverwalter zu ernennen. Berufung an das Bundesgericht? Ein Verfahren, das die Anordnung einer Erbschaftsverwaltung und die Frage betrifft, ob der Willensvollstrecker oder jemand anders zum Erbschaftsverwalter zu ernennen sei, ist grundsätzlich keine Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44/46 OG, so dass der letztinstanzliche kantonale Entscheid in einem solchen Verfahren nicht der Berufung an das Bundesgericht unterliegt. Eine Ausnahme gilt höchstens dann, wenn geltend gemacht wird, der Willensvollstrecker dürfe wegen einer vom Erblasser geschaffenen oder ihm doch bekannt gewesenen Doppelstellung und einer daraus sich ergebenden schweren Interessenkollision nicht zum Erbschaftsverwalter ernannt werden.
98 II 276 () from Nov. 9, 1972
Regeste: Willkürliche Weigerung, dem Willensvollstrecker die Erbschaftsverwaltung zu übertragen (Art. 554 Abs. 2 ZGB, Art. 4 BV). 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 84 Abs. 2, 86 Abs. 2 und 87 OG; Erw. 1-3). 2. Die Übertragung der Erbschaftsverwaltung an den Willensvollstrecker darf nicht schon deshalb abgelehnt werden, weil zwischen ihm und den Erben Spannungen bestehen und die Erben erklären, dass er ihr Vertrauen nicht geniesse. Das Misstrauen der Erben gegen den Willensvollstrecker kann seine Ernennung zum Erbschaftsverwalter nur dann hindern, wenn Tatsachen dargetan sind, die ernstliche Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit rechtfertigen (Erw. 4).
98 II 365 () from Nov. 28, 1972
Regeste: Art. 43 Abs. 1 OG. Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte kann mit der Berufung nicht gerügt werden (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 2). Kartellgesetz. Art. 8 KG. Zulässigkeit der Berufung (Erw. 1). Art. 4 KG. Vorkehr: Liefersperre und Marktausschluss (Verdeutlichung der Rechtsprechung; Erw. 3 b und c). Erheblichkeit der Behinderung (Verdeutlichung der Rechtsprechung; Erw. 3 d). Art. 5 Abs. 2 KG. Rechtfertigung der Kartellvorkehr. Überwiegende schutzwürdige Interessen (Verdeutlichung der Rechtsprechung; Erw. 4 a). Art. 5 Abs. 2 lit. e KG. Angemessene Preisbindung: Kundendienst. Zulässigkeit der Preisspaltung. Frage offen gelassen (Erw. 4 b-e).
98 IV 212 () from June 15, 1972
Regeste: Art. 307, 24 StGB. Falsches Zeugnis; Anstiftung dazu. 1. Zeugnisfähigkeit Tatverdächtiger (Erw. 1). 2. Anstiftung zu falscher Aussage als Zeuge oder als Angeschuldigter? (Erw. 2 c).
99 IA 1 () from Feb. 28, 1973
Regeste: Art. 4 BV; Wechselbetreibung. Art. 991 Ziffer 8 OR: Unterschrift des Ausstellers als Bestandteil des gezogenen Wechsels. Fehlen einer Kollektivunterschrift beim Handeln im Namen einer juristischen Person. Analoge Anwendung von Art. 998 OR? (Erw. 1 und 2). Einreden aus Art. 1007 OR: Bedeutung der Eintragung der Kollektivunterschrift im Handelsregister (Erw. 3 a).
99 IA 22 () from March 28, 1973
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör im Disziplinarverfahren. Sofortige vorläufige Einstellung eines Chefarztes am Kantonsspital in seinem Amt, nachdem ein Gutachten zum Schluss gekommen ist, der Arzt habe einen schweren Kunstfehler begangen und dadurch den Tod eines Patienten mitverursacht. Kein Verstoss gegen Art. 4 BV, dass die Aufsichtsbehörde dem Arzt vor der vorläufigen Einstellung im Amt keine Gelegenheit gegeben hat, zum Gutachten Stellung zu nehmen.
99 IA 42 () from April 6, 1973
Regeste: Verbot einer Reklametafel; rechtliches Gehör, Eigentumsgarantie, Verfahren. 1. Die in Art. 87 OG vorgesehene Beschränkung gilt nicht für Beschwerden, mit denen neben der Rüge der Verletzung von Art. 4 BV noch selbständige andere Verfassungsrügen erhoben werden, auf die eingetreten werden muss (Erw. 1). 2. Umfang des rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren (Erw. 3). 3. Gegenüber baupolizeilichen Beschränkungen des Grundeigentums kann nicht Art. 31 BV angerufen werden (Erw. 4). 4. Verbot einer das Orts- und Landschaftsbild verunstaltenden Reklametafel. Eigentumsgarantie; gesetzliche Grundlage, Interessenabwägung (Erw. 5).
99 IA 52 () from Jan. 24, 1973
Regeste: Art. 85 lit. a OG. Verletzung des politischen Stimmrechtes durch unrichtige Ermittlung des Abstimmungsergebnisses. Auslegung von Art. 79 des freiburgischen Gesetzes über die Gemeinden und Pfarreien vom 19. Mai 1894, wonach ein Gemeindeversammlungsbeschluss die "absolute Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder" auf sich zu vereinen hat.
99 IA 60 () from Feb. 7, 1973
Regeste: Gemeindeautonomie, Treu und Glauben; Wasser- und Kanalisationsanschluss; Gewässerschutz. Die Vorschrift in Art. 55 Abs. 1 des neuen bernischen Baugesetzes vom 7. Juni 1970 über das anwendbare Recht kann ohne Willkür auch für den Übergang vom alten Gesetz über die Bauvorschriften vom 26. Januar 1958 zum neuen Recht für massgebend erklärt werden (Erw. 2). Soweit das übergeordnete kantonale oder eidgenössische Recht keine zwingenden Vorschriften enthält, sind die bernischen Gemeinden zur autonomen Rcchtsetzung auf dem Gebiet des Baurechts befugt (Erw. 3). Diese Autonomie ist verletzt, wenn eine kantonale Behörde willkürlich annimmt, eine gestützt auf das autonome kommunale Recht getroffene Verfügung der Gemeinde, wonach einem Bauwilligen der Anschluss an die Wasserversorgung und an die Gemeindekanalisation verweigert wird, verstosse gegen den bundesrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben (Erw. 4 und 5). Die Gemeindeautonomie wird jedoch nicht verletzt, wenn im konkreten Fall ohne Willkür davon ausgegangen werden darf, dass das kantonale Gesetzesrecht eine Verweigerung der erwähnten Anschlüsse nicht zulässt (Erw. 6). Vorbehalt des BG über den Gewässerschutz vom 8. Oktober 1971 (Erw. 7).
99 IA 71 () from April 4, 1973
Regeste: Gemeindeautonomie; Parkplatz-Ersatzabgabe. Auslegung von Art. 2 Ziff. 10 des Schaffhauserischen Baugesetzes, der die Gemeinden ermächtigt, bei Neu- und Umbauten den Bau privater Abstellplätze oder den Einkauf in bereits bestehende öffentliche Abstellplätze vorzuschreiben. Die Gemeinde ist in ihrer Autonomie nicht verletzt, wenn ihr die kantonale Behörde aufgrund dieser Vorschrift das Recht verwehrt, anstelle des Baues von Parkplätzen die Entrichtung einer Ersatzabgabe vorzusehen.
99 IA 104 () from Jan. 31, 1973
Regeste: Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde; Art. 88 OG. Strafprozess; Legitimation des Geschädigten und des Anzeigers (Präzisierung der Rechtsprechung).
99 IA 113 () from April 6, 1973
Regeste: Zürcherische Gesetzgebung über das Bauwesen und die Gewässer. Eidg. Gewässerschutzgesetz vom 8. Oktober 1971. Befehl der kantonalen Behörde, einen Wohnwagen, den der Eigentümer ständig auf seinem Grundstück stehen lässt, samt Nebeneinrichtungen zu entfernen. 1. Die ausdrücklich bloss auf kantonales Recht gestützte Anordnung unterliegt insoweit, als sie der Sache nach in Anwendung bundesrechtlicher Vorschriften über den Gewässerschutz ergangen ist, nicht der staatsrechtlichen Beschwerde, sondern der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1). 2. Neue Einwendungen, die in einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Willkür erhoben werden, sind in der Regel unzulässig (Erw. 4 a). 3. Übergangsrecht: Anwendbarkeit neuer Vorschriften auf ein im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits hängiges Verfahren (Erw. 4 b betr. das kantonale Recht; Erw. 9 betr. das eidg. Gewässerschutzgesetz). 4. Der Beseitigungsbefehl lässt sich ohne Willkür auf die kantonalen Vorschriften für Gebäude gründen, soweit er den Wohnwagen und die funktionell eng mit ihm verbundenen Nebeneinrichtungen betrifft, dagegen nicht in bezug auf eine Abwassergrube, die nach der Entfernung des Wohnwagens noch als Wasserspeicher für die Pflege eines Gartens verwendbar ist (Erw. 3 und 6). 5. Der Befehl, die Grube zu beseitigen, kann auch nicht auf die bundesrechtliche Ordnung des Gewässerschutzes gestützt werden (Erw. 10).
99 IA 143 () from July 11, 1973
Regeste: Art. 4 BV; Willkürliche Auslegung von Bauvorschriften. Es ist willkürlich, eine kantonale Vorschrift, wonach der Bau von Hochhäusern nur bewilligt werden darf, wenn sie die Umgebung nicht wesentlich benachteiligen, so auszulegen, dass übermässiger Schattenwurf zwar als wesentliche Benachteiligung angesehen, bei der Prüfung eines konkreten Hochhausprojektes aber nur darauf abgestellt wird, ob dessen Schattenwurf allein, d.h. ohne Rücksicht auf die Schattenwirkungen bereits bestehender Bauten, ein Nachbargrundstück wesentlich benachteiligt. Dies gilt um so mehr, wenn eine kommunale Vorschrift den Bau von Hochhäusern, die ausdrücklich kein Nachbargrundstück durch Schattenwurf unzumutbar beeinträchtigen dürfen, nur im Rahmen von Gesamtüberbauungen zulässt.
99 IA 154 () from July 11, 1973
Regeste: Art. 4 BV, Rechtsgleichheit; Beiträge der Grundeigentümer an die Strassenbaukosten. Das Reglement der Gemeinde Hallau, das die Eigentümer von Grundstücken im Baugebiet grundsätzlich zu Beitragsleistungen verpflichtet, die Eigentümer von Grundstücken der Kernzone jedoch davon befreit, verstösst gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit.
99 IA 164 () from June 27, 1973
Regeste: Art. 4 BV; Willkür. Besteuerung landwirtschaftlich genutzten Baulandes. Willkürliche Abweichung vom Gesetzeswortlaut.
99 IA 247 () from Aug. 13, 1973
Regeste: Bewilligung eines Kernkraftwerkes; Art. 4 BV, Art. 22ter BV, Gemeindeautonomie. 1. Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden; Verhältnis zwischen Art. 86 und 87 OG (Erw. 1). 2. Kognition bei Beschwerden wegen Verletzung der Eigentumsgarantie (Erw. 2). 3. Umfang und Schutz der Autonomie der aargauischen Gemeinden im Bereiche der Rechtsanwendung (Erw. 3). 4. Legitimation des Nachbarn zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Erteilung der Baubewilligung an einen Dritten (Erw. 4 u. 6). 5. Kompetenzen von Bund und Kanton bei der Bewilligung von Kernkraftwerken. Ob die Umgebung eines Kernkraftwerkes vor den meteorologischen Auswirkungen und Lärmimmissionen der Kühltürme genügend geschützt ist, wird im bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren nach Atomenergiegesetz abschliessend geprüft (Erw. 5).
99 IA 262 () from April 4, 1973
Regeste: Persönliche Freiheit; Strafvollzug und Untersuchungshaft. 1. Legitimation zur Anfechtung allgemeinverbindlicher Erlasse (hier: einer kantonalen Verordnung über die Bezirksgefängnisse) (Erw. I). 2. Allgemeine Voraussetzungen für Eingriffe in die persönliche Freiheit (Erw. II). 3. Untersuchungshaft und Strafvollzug als besondere Rechtsverhältnisse; gesetzliche Grundlage der damit verbundenen Freiheitsbeschränkungen (Erw. III). 4. Grundsätzliches über Zweck und Grenzen freiheitsbeschränkender Massnahmen in Untersuchungshaft und Strafvollzug. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (Erw. IV). 5. Verfassungsrechtliche Prüfung einzelner Vorschriften der angefochtenen Gefängnisverordnung (Erw. V, Ziff. 1-20): - Mitnahme persönlicher Effekten in die Zelle (Ziff. 1), - Lichterlöschen (Ziff. 2), - Selbstbeschäftigung und Gemeinschaftsarbeit (Ziff. 3 u. 20), - Verdienstanteil (Ziff. 4), - Freizeitarbeit (Ziff. 5), - Selbstverpflegung (Ziff. 6), - Gaben Dritter (Ziff. 7), - Spaziergänge (Ziff. 8), - Bibliotheksbenützung (Ziff. 9), - Zeitungen, Zeitschriften und Lehrbücher (Ziff. 10 u. 18), - Radioempfang (Ziff.11), - Besuche (Ziff. 12), - Korrespondenzen (Ziff. 13), - Disziplinarstrafen (Ziff. 14-16), - Einzelhaft für Untersuchungsgefangene (Ziff. 17), - Einzelhaft zu Beginn des Strafvollzuges (Ziff. 18).
99 IA 305 () from June 27, 1973
Regeste: Art. 4 BV; Art. 181 Abs. 2 ZGB; Willkür; behördliche Genehmigung von Eheverträgen, die während der Ehe abgeschlossen werden. Unter dem Gesichtswinkel von Art. 4 BV ist nicht zu beanstanden, wenn die Vormundschaftsbehörde im Rahmen ihrer Prüfung auch die Kinderinteressen berücksichtigt (Bestätigung der Rechtsprechung). Die Vormundschaftsbehörde handelt jedoch willkürlich, wenn sie den Kindern der vertragschliessenden Ehegatten vom Inhalt des Ehevertrags Kenntnis gibt. Ebenso verstösst es gegen Art. 4 BV, den Kindern ein Beschwerderecht zur Anfechtung des Genehmigungsbeschlusses einzuräumen.
99 IA 312 () from July 3, 1973
Regeste: Erstreckung des Mietverhältnisses. Art. 267 c lit. c OR. Ist Eigenbedarf nach den Umständen ernsthaft begründet, so sind die Interessen des Eigentümers und des Mieters nicht gegeneinander abzuwägen.
99 IA 331 () from June 13, 1973
Regeste: Art. 4 BV; Baupolizeirecht. 1. Die Auslegung kantonalen Gesetzes- und Verordnungsrechtes durch die zuständige kantonale Behörde prüft das Bundesgericht auch im Rahmen einer Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür (Erw. 1). 2. Befugnisse des schaffhauserischen Regierungsrates als Aufsichtsbehörde in Bausachen (Erw. 2). 3. Die Erstellung von Ferien- und Wochenendhäusern ausserhalb des im generellen Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebietes verstösst gegen Art. 20 des eidg. Gewässerschutzgesetzes vom 8. Oktober 1971 (Erw. 3).
99 IA 344 () from July 20, 1973
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Steuerrecht. Besteuerung des Mietwertes eines vom Eigentümer selbstbenutzten Ferienhauses.
99 IA 389 () from Oct. 10, 1973
Regeste: Taxihalterbewilligung; Voraussetzungen. 1. Die Kompetenz zum Erlass gewerbepolizeilicher Vorschriften über das Taxiwesen steht grundsätzlich den Kantonen zu (Erw. 2). 2. Auch die Führung eines Taxibetriebes ohne besondere Beanspruchung öffentlichen Bodens darf der Bewilligungspflicht unterstellt werden (Erw. 3 a). 3. Zulässigkeit einer gesetzlichen Tarifordnung (Erw. 3 b). 4. Die Vorschrift, wonach der Taxihalter über ausreichende Abstellmöglichkeiten auf privatem Grund verfügen muss, verstösst nicht gegen das Gebot der Rechtsgleichheit (Erw. 3 e).
99 IA 394 () from Oct. 10, 1973
Regeste: Taxihalterbewilligung; Handels- und Gewerbefreiheit bei Benützung öffentlichen Bodens. 1. Legitimation zur Anfechtung allgemeinverbindlicher Erlasse; Beschwerdelegitimation von Verbänden (Erw. 1). 2. Wirkungsbereich des Art. 31 BV bei Benützung öffentlichen Bodens zu gewerblichen Zwecken. Zulässigkeit einer Vorschrift, wonach der Taxihalter im Kanton seinen Geschäftssitz oder eine Zweigniederlassung haben muss (Erw. 2). 3. Es ist verfassungsrechtlich zulässig, die Bewilligung zur Benützung öffentlicher Standplätze (A-Bewilligung) nur solchen Taxiunternehmen zu erteilen, welche für einen 24-stündigen Bestell- und Fahrdienst während des ganzen Jahres Gewähr bieten (Erw. 3).
99 IA 407 () from May 24, 1973
Regeste: Persönliche Freiheit. Anthropologisch-erbbiologisches Gutachten im Vaterschaftsprozess. Das Bundesrecht gesteht dem Vaterschaftsbeklagten grundsätzlich das Recht zu, die Anordnung eines anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens zu verlangen. Es ist jedoch eine Frage des kantonalen Rechts, ob und wie die Erhebung eines solchen Beweises erzwungen werden kann. Stellt die Anordnung, wonach sich eine Partei einer anthropologischerbbiologischen Begutachtung zu unterziehen hat, einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar? Anforderungen an die gesetzlicheGrundlage, auf die eine solche Anordnung gestützt werden könnte, falls die Frage bejaht würde.
99 IA 417 () from Nov. 27, 1973
Regeste: Art. 20 Abs. 1 und Art. 66 OR. 1. Die Überweisung von Geld, das für Bestechungszwecke bestimmt ist, von einer Gesellschaft auf eine andere mit der Weisung, es einem Dritten zur Verfügung zu halten, macht den Auftrag weder rechtswidrig noch unsittlich. 2. Verstösst der Beauftragte gegen die Weisung, so kann er sich nicht auf Art. 66 OR berufen, um der Schadenersatzforderung des Auftraggebers aus Vertrag oder aus unerlaubter Handlung zu entgehen.
99 IA 430 () from July 11, 1973
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege im Vaterschaftsprozess. Der Umstand, dass das Kind einen von der Vormundschaftsbehörde bestellten Beistand hat, ist kein Grund, ihm einen Rechtsbeistand im Armenrecht zu verweigern (Präzisierung der Rechtsprechung).
99 IA 437 () from Oct. 17, 1973
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege im Vaterschaftsprozess. Weder der Mutter noch dem Kind kann die unentgeltliche Rechtspflege wegen eines schuldhaften Verhaltens der Mutter (insbesondere wegen selbstverschuldeter Armut) verweigert werden. Wo die Klageeinreichung an eine Frist gebunden ist, kann dies auch nicht mit der Begründung geschehen, die Mutter sei imstande, die notwendigen Mittel für den Prozess selber zu verdienen.
99 IA 444 () from Jan. 24, 1973
Regeste: Art. 4 BV. Gemeinderecht; Wahlen in Gemeindekommissionen; Minderheitenschutz. 1. Zulässiger Rechtsbehelf für die Anfechtung kantonal letztinstanzlicher Entscheide über indirekte Kommissionswahlen ist die staatsrechtliche Beschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. a OG (Erw. 1); 2. Voraussetzungen für die Beschwerdelegitimation einer politischen Partei (Erw. 2); 3. Gemeindebeschwerde wegen angeblicher Missachtung des im kantonalen und kommunalen Recht vorgesehenen Minderheitenschutzes bei Kommissionswahlen. Umfang der regierungsrätlichen Kognition im Weiterziehungsverfahren (Erw. 3); 4. Dürfen Listenverbindungen, die für die Wahlen ins Gemeindeparlament vereinbart worden sind, auch bei den Kommissionswahlen berücksichtigt werden? Beurteilung eines Falles aus der Gemeinde Zollikofen (Erw. 4).
99 IA 459 () from Oct. 17, 1973
Regeste: Art. 4 BV. Handänderungssteuer; Verkauf von Aktien; wirtschaftliche Betrachtungsweise. Der Verkauf der Gesamtheit oder überwiegenden Mehrheit der Aktien einer Immobiliengesellschaft kann ohne Verletzung von Art. 4 BV in wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Verkauf der der AG gehörenden Grundstücke gleichgestellt und damit der Handänderungssteuer unterworfen werden. Hingegen ist es, jedenfalls aufgrund der luzernischen Gesetzgebung, mit Art. 4 BV nicht vereinbar, auch den Übergang der Mehrheitsbeteiligung an Betriebsgesellschaften in bezug auf die im Eigentum der Gesellschaft befindlichen Grundstücke der Handänderungssteuer zu unterstellen.
99 IA 473 () from March 7, 1973
Regeste: Art. 22ter BV; Enteignung, Verhältnismässigkeit des Eingriffs. Zulässig ist derjenige Eingriff ins Eigentum, der zur zweckmässigen Realisierung des öffentlichen Werkes erforderlich ist. Für die Erstellung eines Schulhauses muss sich das Gemeinwesen nicht mit einer Baurechtsdienstbarkeit begnügen. Es ist das volle Eigentum abzutreten.
99 IA 504 () from June 13, 1973
Regeste: Derogatorische Kraft des Bundesrechts (Art. 2 Üb. Best. BV), persönliche Freiheit, Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 BV); Vorschriften über die Strassenprostitution. 1. Eine Bestimmung, welche die Übertretung von polizeilichen Vorschriften über die Strassenprostitution unter Strafe stellt, verstösst nicht gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, Erw. 2; 2. Verhältnis des Grundrechts der persönlichen Freiheit zu den anderen Freiheitsrechten (hier: Handels- und Gewerbefreiheit), Erw. 3; 3. Die stadtzürcherischen Vorschriften über die Strassenprostitution verstossen bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen die Verfassung, Erw. 4.
99 IA 535 () from June 20, 1973
Regeste: Art. 85 lit. a OG, Art. 4 BV; Landratsbeschluss über die Erhöhung der kantonalen Motorfahrzeugabgaben; Gewaltentrennung, Willkür. 1. Im Kanton Basel-Landschaft ist eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Verkehrssteuern vorhanden (Erw. 3). 2. Für die Zulässigkeit einer Gesetzesdelegation an das kantonale Parlament sind nicht die gleichen Kriterien massgebend wie für die Delegation an die Exekutive. § 1 des kantonalen Gesetzes aus dem Jahre 1910, der den Landrat ermächtigt, die Verkehrsabgaben festzusetzen, verstösst nicht gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung (Erw. 4). 3. Die Erhöhung der basellandschaftlichen Verkehrsabgaben um 40% ist angesichts der vom Kanton zu tragenden Kosten für das Strassenwesen vertretbar (Erw. 5).
99 IA 561 () from Dec. 19, 1973
Regeste: Art. 4 BV; Namensänderung (Art. 30 ZGB). Kindern aus geschiedener Ehe, die der Mutter zugeteilt und nach deren Wiederverheiratung in die Familie des Stiefvaters aufgenommen wurden, kann, wenn wichtige Gründe dies im konkreten Fall rechtfertigen, die Annahme des Familiennamens des Stiefvaters gestattet werden; die Zustimmung des leiblichen Vaters, der immerhin angehört werden muss und dessen Interessen ebenfalls zu berücksichtigen sind, ist keine rechtlich notwendige Voraussetzung.
99 IA 571 () from Oct. 31, 1973
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Steuerrecht. Haushaltungsabzug für Alleinstehende; willkürliche Abweichung vom Gesetzeswortlaut.
99 IA 630 () from Oct. 24, 1973
Regeste: Art. 43 Abs. 4 und Art. 60 BV Das baselstädtische Gesetz betr. die kantonale Altershilfe verstösst insoweit gegen Art. 43 Abs. 4 und Art. 60 BV, als es für Nichtkantonsbürger längere Karenzfristen vorsieht als für Kantonsbürger.
99 IA 638 () from June 20, 1973
Regeste: Art. 4, 22ter, 31 Abs. 1 BV; Art. 2 Üb. Best. BV; Art. 85 lit. a OG. Verfassungsmässigkeit der basel-landschaftlichen Reichtumsteuer; Anforderungen an die Einheit der Materie bei Gesetzesinitiativen. 1. Frist zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen Erlasse (Erw. 2). 2. Legitimation (Erw. 4). 3. Bei Gesetzesinitiativen sind an die Einheit der Materie weniger hohe Anforderungen zu stellen als bei Verfassungsinitiativen und beim Finanzreferendum (Verdeutlichung der Rechtsprechung). Die Verbindung einer Vorlage zur Einführung der Reichtumsteuer mit einer Revision des Steuergesetzes (hier: teilweise Steuerbefreiung für AHV- und IV-Renten) in einer einzigen formulierten Gesetzesinitiative verstösst nicht gegen das Stimmrecht der Bürger (Erw. 5). 4. Die basel-landschaftliche Reichtumsteuer gehört als Einkommens- und Gewinnsteuer zu den allgemeinen Steuern (Hauptsteuern) und ist deshalb unter dem Gesichtswinkel der Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 Abs. 1 BV) nicht zu beanstanden (Erw. 6). 5. Bietet die Eigentumsgarantie (Art. 22ter BV) Schutz vor einer sog. konfiskatorischen Besteuerung? Frage offengelassen, da im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle nicht gesagt werden kann, die basel-landschaftliche Reichtumsteuer wirke konfiskatorisch (Erw. 7). 6. Die basel-landschaftliche Reichtumsteuer verstösst nicht gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Erw. 8). 7. Bedeutung der unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Grundsätze der Allgemeinheit, Gleichmässigkeit und Verhältnismässigkeit der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Überprüfungsbefugnis des Verfassungsrichters im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle (Erw. 9). 8. Mit der Einführung der basel-landschaftlichen Reichtumsteuer auf den 1. Januar 1973 ist keine unzulässige Rückwirkung verbunden (Erw.11).
99 IA 697 () from Nov. 7, 1973
Regeste: Art. 4 BV und Art. 62 KV/SO (Gewaltentrennung). Rechtsnatur der solothurnischen Fleischschaugebühr (Erw. 2). Frage der gesetzlichen Grundlage (Erw. 3; teilweise Änderung der Rechtsprechung).
99 IA 712 () from Dec. 19, 1973
Regeste: Art. 4 und 22ter BV; Zonenplanung. Rechtsschutz des Grundeigentümers bei der Revision von Zonenplänen und Zonenvorschriften. Herabsetzung der Ausnützungsziffer.
99 IB 159 () from July 13, 1973
Regeste: Verfahren (OG/VwG). - Prüfung der Gesetz- und Verfassungsmässigkeit einer Verordnungsvorschrift im bundesgerichtlichen Verfahren (Erw. 1 a). - Zulässigkeit von Feststellungsbegehren bei schutzwürdigem Interesse (Erw. 1 b). Schlachtviehordnung (SVO): Einfuhrkontingentierung für Rindsnierstücke. - Grundsätze der mengenmässigen Beschränkung der Einfuhr (Erw. 3). - Rechtmässigkeit der Umschreibung der Einfuhrberechtigung (Erw. 4 a), der Festsetzung der Gruppenkontingente (Erw. 4 b), der Bestimmung der Kontingentsberechnungsgrundlagen (Erw. 4 c) sowie des Überschussverwertungssystems (Erw. 4 d).
99 IB 185 () from July 13, 1973
Regeste: Schlachtviehordnung (SVO): Einfuhrberechtigung für Rindsnierstücke. - Begriff des Grossisten und des Lieferers in Grossverteilermengen nach Art. 12 lit. c SVO (Erw. 1). - Verfassungs- und Gesetzmässigkeit der durch Art. 12 SVO getroffenen Ordnung (Erw. 2).
99 IB 321 () from Feb. 2, 1973
Regeste: Bodenverbesserungen; Art. 703 ZGB. 1. st a) Art. 703 Abs. 1 ZGB ist eine öffentlichrechtliche Vorschrift des Bundes. Ihre Auslegung und Anwendung ist Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1 a). b) Rügen im Zusammenhang mit der Durchführung einer Bodenverbesserung sind mit der staatsrechtlichen Beschwerde geltend zu machen (Erw. 1 b, c). 2. Begriff der Bodenverbesserung i.S. von Art. 703 Abs. 1 ZGB. - Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts; Bedeutung des Entscheids des Bundesrates über die Gewährung von Bundesbeiträgen (Erw. 5). - Wasserversorgungen sind Bodenverbesserungswerke (Erw. 6). - Begriff und Umfang des landwirtschaftlichen Interesses (Erw. 7). 3. Erfordernis des öffentlichen Interesses (Erw. 8). 4. Rügen im Zusammenhang mit der Gründungsversammlung werden nach den für die Stimmrechtsbeschwerde geltenden Grundsätzen beurteilt (Erw. 2). - Verwirkung des Rechts auf Beanstandung des Verfahrens. - Anforderungen an die Einladung zur Gründungsversammlung.
99 IB 351 () from Nov. 9, 1973
Regeste: Art. 43 StGB; Massnahmen an geistig Abnormen. 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen einen Entscheid des Staatsrates des Kantons Freiburg, der eine Verfügung des Strafvollzuges sein will (Erw. 1). 2. Der Vollzug einer Verwahrung gemäss Art. 43 StGB muss sich auf eine gültige richterliche Anordnung dieser Massnahme stützen (Erw. 3). 3. Anspruch auf rechtliches Gehör beim Vollzug einer Massnahme, deren Anordnung längere Zeit zurückliegt (Erw. 4).
99 IB 392 () from Dec. 21, 1973
Regeste: Verfahren: Art. 97 ff. OG. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen auf kantonales Verfahrensrecht sich stützenden Nichteintretensentscheid (Erw. 1). Entfernung widerrechtlich angepflanzter Reben: Art. 1 und 7 BB über vorübergehende Massnahmen zugunsten des Rebbaues: Auslegung der Ausnahmebestimmung des Art. 1 Abs. 1 zweiter Satz BB (Erw. 2a). Die Pflicht, widerrechtlich angepflanzte Reben auszureuten (Art. 7 BB), trifft den Eigentümer der Parzelle schlechthin und kann nicht auf dem Wege der Veräusserung oder der Verpachtung des Grundstückes beseitigt werden (Erw. 2b).
99 IB 472 () from June 29, 1973
Regeste: Steueramnestie gemäss BG vom 15. März 1968. Der Einwand des Steuerpflichtigen, die Erfassung eines von ihm im Geschäftsjahr 1968 verbuchten Mehrwerts bei der ordentlichen Veranlagung für die kantonalen Einkommenssteuern 1969/70 laufe auf eine Nachforderung früher hinterzogener Steuern und damit auf eine Umgehung der Amnestie hinaus, ist vom Bundesgericht im direkten verwaltungsrechtlichen Prozess zu beurteilen (entgegen BGE 71 I 178/179). Inwieweit kann das Gericht dabei die Anwendung des kantonalen Steuerrechts überprüfen?
99 III 18 () from Aug. 10, 1973
Regeste: Arrestierung von Dividendencoupons. 1. Die Forderung auf Auszahlung von Dividenden aus Namenaktien kann nur mit den entsprechenden Coupons, in denen sie verbrieft ist, arrestiert werden (Erw. 3). 2. Dividendencoupons können nur am Orte ihrer Lage arrestiert werden. Befinden sie sich nicht an dem im Arrestbefehl angegebenen Ort, so fällt der Arrest ins Leere (Erw. 4). 3. Art. 4 BV schreibt den kantonalen Aufsichtsbehörden nicht vor, dem Beschwerdeführer die Vernehmlassung des Betreibungsamtes zur Einsichtnahme zuzustellen, wenn die angefochtene Verfügung bestätigt wird (Erw. 6).
100 IA 1 () from Jan. 23, 1974
Regeste: Art. 87 OG, Letztinstanzlicher Endentscheid. Der Entscheid des Grossen Rats über die Aufhebung der parlamentarischen Immunität ist ein letztinstanzlicher Endentscheid (Erw. 1). Bedingte parlamentarische Immunität. Die Ermächtigung zur Strafverfolgung ist Prozessvoraussetzung (Erw. 2). In ihrer Erteilung liegt keine (unzulässige) Rückwirkung (Erw. 3).
100 IA 28 () from April 3, 1974
Regeste: Art. 4 BV; Kostenvorschuss. 1. Die Motive der staatsrechtlichen Urteile als verbindliche Weisungen an den kantonalen Richter (Erw. 2). 2. Die Prüfung eines Ausstands- oder Ablehnungsbegehrens darf der Richter nicht von einer Sicherstellung der diesbezüglichen Kosten abhängig machen (Erw. 3).
100 IA 41 () from March 13, 1974
Regeste: Art. 4 BV; Verordnung über die Schiffahrt auf dem Sempachersee. 1. Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1a). 2. Legitimation zur Anfechtung allgemeinverbindlicher Erlasse (E. 1b). 3. Das Verbot, Kajütboote mit über 5,5 m Länge oder Wasserfahrzeuge mit Wohn- und Schlafeinrichtungen auf dem Sempachersee in Verkehr zu bringen oder zu stationieren, verstösst nicht gegen Art. 4 BV (E. 2 und 3).
100 IA 89 () from March 27, 1974
Regeste: Art. 4 BV; Gemeindeautonomie; Art. 48 KV Zürich. Gemeindereglemente sind als ungebührliche Verletzung der Rücksichten der Billigkeit aufzuheben, wenn die getroffene Ordnung Art. 4 BV und den daraus abgeleiteten Prinzipien nicht entspricht. Netzausbau eines kommunalen Elektrizitätswerkes: Eine sachlich nicht begründete Beschränkung der Beitragspflicht der Benützer auf grosse Bauvorhaben verstösst gegen Art. 4 BV (Erw. 4 und 6).
100 IA 119 () from Jan. 23, 1974
Regeste: Forderung aus Dienstvertrag. Willkürliche Beweiswürdigung im Zivilprozess. Einseitige Berücksichtigung eines Briefwechsels und Ausserachtlassung weiterer Korrespondenz in der gleichen Sache. Staatsrechtliche Beschwerde. Voraussetzungen, unter denen mit dem Entscheid der letzten kantonalen Instanz auch derjenige der untern Instanz angefochten werden kann (Erw. 1). Mit der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils erübrigt sich die auf Willkür beschränkte Prüfung der gegen das letztinstanzliche kantonale Urteil gerichteten Rügen (Erw. 6). Sieht das kantonale Recht für die in Anwendung von Art. 343 Abs. 4 OR ergangenen Urteile ein Rechtsmittel vor, so braucht dieses kein ordentliches zu sein (Erw. 6). Die Kostenbefreiung gemäss Art. 343 Abs. 3 OR schliesst die Auferlegung einer Parteientschädigung nicht aus (Erw. 7).
100 IA 180 () from Feb. 13, 1974
Regeste: Art. 4 BV und persönliche Freiheit. Gesuch um Ernennung eines Offizialverteidigers. Aktuelles Interesse an der Beschwerdeführung nach der Hauptverhandlung (Erw. 1). Neben dem auf Art. 4 BV abgestützten Verteidigungsanspruch gi bt es keinen direkt aus der persönlichen Freiheit ableitbaren verfassungsrechtlichen Anspruch auf Beigabe eines Offizialverteidigers (Erw. 4 a). Die Untersuchungshaft an sich vermag kein gemäss Art. 4 BV zu schützendes Bedürfnis nach Beigabe eines Offizialverteidigers zu verschaffen. § 10 Abs. 3 lit. c der Basler StPO, welcher auch beilänger dauernder Haft die Beigabe vom konkreten Schutzbedürfnis abhängig macht, verstösst nicht gegen das von der Verfassung geforderte Mindestmass an Rechtsschutz (Erw. 4 b).
100 IA 223 () from June 5, 1974
Regeste: Kommunaler Gestaltungsplan, der eine Landumlegung vorsieht; Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie? 1. Erfordernis des öffentlichen Interesses, Grundsatz der Verhältnismässigkeit und des wertgleichen Realersatzes (E. 3a). 2. Voraussetzungen und zulässiger Umfang von Landabzügen für Verkehrs- und andere öffentliche Anlagen (E. 3b, c).
100 IA 255 () from Feb. 13, 1974
Regeste: Kirchensteuer; Art. 49 Abs. 6 BV. Besteuerung konfessionell gemischter Familien. 1. Die Haushaltbesteuerung ist zulässig, sofern nur ein der Kirchenzugehörigkeit der einzelnen Familienglieder entsprechender Bruchteil der vollen Steuer erhoben wird. (Bestätigung der Rechtsprechung.) 2. Die Haftung des konfessionsfremden Ehemannes für die Kirchensteuer seiner Ehefrau ergibt sich schon aus der familienrechtlichen Unterhaltspflicht. (Bestätigung der Rechtsprechung.)
100 IA 263 () from July 3, 1974
Regeste: Art. 67 und 90 KV Schaffhausen, Art. 4 BV; Aufsicht über das Finanzgebaren der Gemeinden. 1. Legitimation (Erw. 1). 2. Keine Verletzung der politischen Rechte der Gemeindebürger durch die regierungsrätliche Festsetzung eines dem Willen der Mehrheit der Stimmberechtigten nicht entsprechenden Steuerfusses; Voraussetzung einer solchen Massnahme (Erw. 3 b und c). 3. Ein ungeschriebenes Verfassungsrecht, das die demokratische Grundordnung garantieren soll, besteht weder im Bund noch im Kanton Schaffhausen (Erw. 4b).
100 IA 272 () from Feb. 22, 1974
Regeste: Gemeindeautonomie auf dem Gebiete des Gewässerschutzes: Die Gesetzgebung des Bundes lässt nicht Raum für eine Autonomie der Gemeinden bei der Anwendung des in Art. 28 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung des Bundesrates verwendeten Begriffes des "engeren Baugebietes".
100 IA 287 () from Sept. 18, 1974
Regeste: Gemeindeautonomie; Zulassung zu einem Kleinhallenbad. Umfang der Autonomie der Gemeinde, wo sie aus eigener Initiative Einrichtungen erstellt und betreibt. Dürfen die kantonalen Behörden einen Gemeindeerlass lediglich auf seine Rechtmässigkeit überprüfen, so ist die Gemeindeautonomie verletzt, wenn sie zu Unrecht eine Rechtsverletzung annehmen (Erw. 2). Die Benützung einer Anstalt setzt regelmässig eine Zulassung voraus (Erw. 3 a). Der sachlich begründete, einer vernünftigen Begrenzung des Benützerkreises dienende Ausschluss Auswärtiger von der Benützung kommunaler Anstalten, die nach ihrer Aufnahmekapazität auf die Bedürfnisse der Einwohnerschaft zugeschnitten sind, ist nicht verfassungswidrig (Erw. 3 b).
100 IA 312 () from Dec. 11, 1974
Regeste: Beamtenrecht; Abgabe eines Anteils der Einnahmen aus privater Erwerbstätigkeit an den Staat Die Abgabe eines Anteils der Einnahmen aus der privatärztlichen Tätigkeit der Chefärzte des Kantonsspitals Zürich stellt eine Sonderleistung im Rahmen des Dienstverhältnisses dar (E. 3 und 4). In bezug auf die Ausübung der privatärztlichen Tätigkeit können sich die Chefärzte nicht auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen (E. 4). Frage der wohlerworbenen Rechte an den Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit (E. 5). Willkürliche Erhöhung der Abgabe? (E. 6). Das Arztgeheimnis wird nicht verletzt, wenn für die Behandlung ambulanter Privatpatienten über die Spitalverwaltung Rechnung gestellt wird (E. 7).
100 IA 322 () from Dec. 11, 1974
Regeste: Beamtenrecht; Gewaltentrennung, Rechtsgleichheit. Überschreitung der Verordnungsbefugnis durch den Landrat? (E. 3) Kein Anspruch auf absolute Rechtsgleichheit (E.4b). Teuerungsanpassung durch monatliche Ausgleichung verbunden mit jährlich einmaliger Nachzahlung; der Anspruch auf Nachzahlung kann jedenfalls davon abhängig gemacht werden, dass der Beamte am Ende des für die Berechnung derselben massgeblichen Zeitabschnitts noch im Dienst steht (E. 4d). Die Treueprämie weist die gleichen Merkmale auf wie die Gratifikation, weshalb sie an die Voraussetzung geknüpft werden kann, dass der Beamte am Jahresende noch im Staatsdienst steht (E. 5).
100 IA 348 () from Dec. 18, 1974
Regeste: Art. 4 und 22ter BV. Abbruch einer widerrechtlich erstellten Baute; staatliche Ersatzvornahme; Deckung der Kosten. 1. Legitimation (Erw. 1b). 2. Zuständigkeit zur Anordnung der Ersatzvornahme (Erw. 2). 3. Zu den Abbrucharbeiten gehört auch die Herstellung eines ordnungsgemässen Terramzustandes (Erw. 3). 4. Sicherstellung der Kosten der Ersatzvornahme. Umfang von gesetzlichen Grundpfandrechten. Unzulässige Geltendmachung eines staatlichen Pfandrechtes am Abbruchmaterial (Erw. 4).
100 IA 357 () from Oct. 30, 1974
Regeste: Art. 4 und 31 BV; Disziplinarrecht des Anwaltes. Disziplinarmassnahmen haben dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu entsprechen; Missachtung dieses Grundsatzes, wenn gegenüber einem Anwalt, der wegen Urkundenfälschung zu vier Monaten Gefängnis unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges bei einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt wurde, allein auf Grund dieses Strafurteils die schwerste Disziplinarmassnahme der dauernden Einstellung in der Berufsausübung angeordnet wird (E. 3 u. 4).
100 IA 386 () from Dec. 11, 1974
Regeste: Art. 85 lit. a OG, Art. 4 BV; Ungültigerklärung einer kantonalen Volksinitiative wegen Verletzung einer Formvorschrift. 1. Ein gesetzliches Formerfordernis, wonach auf jedem Unterschriftenbogen die Namen und Wohnadressen der Mitglieder des Initiativkomitees anzugeben sind, verstösst nicht gegen Art. 4 BV (E. 2 a, b). 2. Verletzt eine Behörde den Art. 4 BV, wenn sie eine diesem Formerfordernis nicht entsprechende Initiative für ungültig erklärt, nachdem sie den gleichen Formmangel gegenüber den gleichen Initianten bei einem früheren Volksbegehren irrtümlich nicht beanstandet hat? (E. 2 c).
100 IA 418 () from Oct. 30, 1974
Regeste: Art. 84 Abs. 1 lit. b OG 1. Ein Konkordat kommt gegenüber dem Kantonseinwohner nicht als internes kantonales Recht, sondern als Konkordatsrecht zur Anwendung, weshalb auch dieser Bürger sich wegen Verletzung von Konkordaten beschweren kann (Präzisierung der Rechtsprechung) (Erw. 2 b). 2. Die Anwendung von Konkordaten, die allgemein verbindliches Recht enthalten, überprüft das Bundesgericht frei (Erw. 3). 3. Vorrang des Konkordatsrechtes über das kantonale Recht, das nicht auf Verfassungsstufe steht (Erw. 4). 4. Auslegung von Konkordatsrecht (Präzisierung der Rechtsprechung) (Erw. 5 a.). Art. 21 und 22 des Konkordates über das Interkantonale Technikum Rapperswil. Diese Konkordatsbestimmungen verbieten es dem Kanton Schwyz nicht, von den in seinem Gebiet wohnhaften, das Technikum Rapperswil besuchenden Schülern einen Beitrag an diejenigen Leistungen zu verlangen, die er jährlich für den Technikumsbetrieb zu erbringen hat (Erw. 5 b).
100 IA 427 () from Sept. 18, 1974
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Gemeindeautonomie. Der Private kann die Rüge der Autonomieverletzung nicht als selbständigen Beschwerdegrund vorbringen, sondern nur zur Unterstützung anderweitiger Verfassungsrügen, zu denen er legitimiert ist. Voraussetzungen, unter denen eine Autonomieverletzung mittels Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG gerügt werden kann.
100 IA 462 () from Oct. 30, 1974
Regeste: Art. 116 Abs. 1 und 2 BV. 1. Sprachenfreiheit als ungeschriebenes Grundrecht der Bundesverfassung; kantonale Kompetenz zur Ordnung der Unterrichtssprache in den öffentlichen Schulen; Territorialitätsprinzip (Erw. 2 a und b). 2. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (Erw. 3 a); keine willkürliche Auslegung des kantonalen Rechtes durch die Kantonsbehörden (Erw. 3 c). 3. Fehlende Verletzung der Sprachenfreiheit (Erw. 4).
100 IB 1 () from April 5, 1974
Regeste: Initiativengesetz. - Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Feststellungsentscheid der Schweiz. Bundeskanzlei, dass eine Volksinitiative nicht zustande gekommen ist (Erw. 1). - Rechtliches Gehör: Bei einer Ungültigkeitserklärung hat die Schweiz. Bundeskanzlei den Initianten Gelegenheit zu geben, sich vorgängig der Verfügung zu den angeblichen Ungültigkeitsgründen zu äussern (Erw. 2). - Inhalt und Zweck von Art. 4 Abs. 2 Initiativengesetz: Diese Bestimmung setzt nicht voraus, dass sich die Initianten bereits zu Beginn der Unterschriftensammlung schlüssig werden, ob sie den Initiativtext in einer oder in mehreren Amtssprachen zur Unterschrift auflegen wollen; sie bezweckt, dass die unterzeichnenden Bürger erkennen können, welches der massgebliche Text der Initiative ist, und soll den Eidg. Räten Klarheit und Sicherheit darüber geben, welche Fassung einer in mehreren Sprachen unterbreiteten Initiative die massgebende ist (Erw. 3).
100 IB 208 () from July 5, 1974
Regeste: Gewässerschutz; Art. 18 und 19 GSchG. Bauten sind innerhalb des Kanalisationsperimeters nur zu bewilligen, soweit das Bauvorhaben den Berechnungsgrundlagen der Kanalisation entspricht und die erforderliche Leitung besteht oder in absehbare Zeit gebaut wird.
100 II 8 () from Feb. 14, 1974
Regeste: Schatzfund (Art. 723 ZGB); gutgläubiger Eigentumserwerb (Art. 714 Abs. 2 und 933 ZGB). - Begriff des Schatzes (Erw. 2a), der Fahrnisbaute (Erw. 2b), der anvertrauten Sache im Sinne von Art. 933 ZGB (Erw. 3). - Anforderungen an die Aufmerksamkeit einer Bank beim Kauf von alten Goldmünzen (Erw. 4).
100 IV 98 () from April 19, 1974
Regeste: 1. Voraussetzungen, unter denen die gemäss Art. 35 Abs. 3 SSV durch Signal Nr. 321 (Parkplatz mit Parkuhr) angezeigte Beschränkung der Parkzeit vor Art. 37 Abs. 2 BV standhält (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 2). 2. Der Strafrichter ist unter gewissen Voraussetzungen zur Ü berprüfung der Rechtsbeständigkeit - unter Ausschluss der Angemessenheit - einer Verwaltungsverfügung (hier: Parksignalisation) befugt (Erw. 3).
100 V 126 () from July 18, 1974
Regeste: Art 45 VwG. Eine Zwischenverfügung, wonach die Akteneinsicht nicht dem Versicherten selber, sondern für ihn nur seinem Vertreter gewährt wird, ist nicht selbständig anfechtbar.
101 IA 1 () from Jan. 29, 1975
Regeste: Art. 4 BV. Grundstückgewinnsteuer. Wieweit ist das Honorar des Generalunternehmers bei der Ermittlung der Grundstückgewinnsteuer als wertvermehrende Aufwendung anzurechnen? Auf die Besteuerung eines künstlichen, fiktiven Gewinnes darf die Praxis der Steuerbehörden nicht hinauslaufen (E. 3). Der Steuerpflichtige kann grundsätzlich auch ohne strikten Nachweis beanspruchen, dass zumindest ein wesentlicher Teil des üblichen Generalunternehmerhonorars als wertvermehrende Aufwendung angerechnet wird (E. 4).
101 IA 17 () from Feb. 13, 1975
Regeste: Art. 4 BV; Akteneinsicht im Strafverfahren. Eine kantonale Bestimmung, wonach dem Angeschuldigten und seinem Verteidiger volle Akteneinsicht erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens gewährt wird, verstösst nicht gegen Art. 4 BV (E. 3).
101 IA 19 () from Feb. 26, 1975
Regeste: Verjährung öffentlichrechtlicher Geldforderungen. Sind öffentlichrechtliche Geldforderungen stets als verjährbar anzusehen? (Frage offengelassen, E. 4a). Im Tessiner Steuersystem kann die Verjährung der Steuerschuld auch während des Veranlagungsverfahrens eintreten (E. 4b).
101 IA 26 () from Feb. 26, 1975
Regeste: Veranlagung einer Immobiliengesellschaft: Art und Weise der Berücksichtigung der Passivzinsen eines Baukredites. Aktivierung der Zinsen eines Baukredites auf dem Liegenschaftskonto. Falls eine solche Aktivierung als zulässig betrachtet wird, darf der entsprechende Betrag nicht in der ihm wesensfremden Erfolgsrechnung aufgeführt werden. Unterschied zwischen der Aktivierung solcher Zinsen und der Aufwertung der Liegenschaften (E. 4). Die Zahlung eines Zinses an einen Aktionär für einen von ihm gewährten Baukredit kann der Ausschüttung einer Dividende nur in dem Masse gleichgestellt werden, als der Baukredit der Gesellschaft von einem Dritten - Nichtaktionär - unter üblichen Bedingungen nicht gewährt worden wäre (E. 5).
101 IA 34 () from March 12, 1975
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege. Ob der Prozess genügende Erfolgsaussichten hat, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Einreichung des Armenrechtsgesuches. Fallen die Voraussetzungen für das erteilte Armenrecht nachträglich dahin, kann es für die künftige Prozessführung entzogen werden. Es ist unzulässig, den Entscheid über das Armenrechtsgesuch für einen zunächst nicht aussichtslos erscheinenden Prozess bis zu den gerichtlichen Beweiserhebungen hinauszuschieben und bei nachträglich zu Tage tretender Aussichtslosigkeit das Armenrecht für das gesamte Verfahren zu verweigern (Erw. 2).
101 IA 67 () from March 19, 1975
Regeste: Europäische Menschenrechtskonvention; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges. Das Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges gilt auch für alle Fälle, wo die Verletzung von solchen Rechten der Konvention gerügt wird, die den verfassungsmässigen Rechten der Bürger im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. a OG entsprechen (E. 2).
101 IA 73 () from May 28, 1975
Regeste: Art. 4 BV; Fahr- und Reitverbot entlang der Töss. Rechtsnatur der örtlichen Verkehrsanordnungen.
101 IA 82 () from June 4, 1975
Regeste: Rückwirkungsverbot; Art. 4 BV, Art. 5 Nidwald. KV Anwendung eines Steuergesetzes, wonach Schenkungen, die fünf Jahre vor dem Tod des Schenkers erfolgten, besteuert werden, auf Schenkungen, die zur Zeit der alten Steuernorm, welche nur eine Zweijahresfrist vorsah, vollzogen waren: unzulässige Rückwirkung, wenn der Schenker erst nach der nach Ablauf der Zweijahresfrist erfolgten Inkraftsetzung der neuen Steuerbestimmung stirbt; massgeblicher Beziehungspunkt ist die Schenkung, nicht der Tod des Schenkers.
101 IA 88 () from June 6, 1975
Regeste: 1. Keine Verletzung des aus Art. 4 BV fliessenden Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn ein Angeklagter in seinem mündlichen Vortrag vor Gericht deshalb unterbrochen oder zeitlich beschränkt wird, weil seine Ausführungen unnötig weitschweifig sind oder nicht zur Sache gehören (Erw. 2). 2. Ob der Beizug eines amtlichen Verteidigers erforderlich ist, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalles ab, wobei die Schwierigkeiten, die die Strafsache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bietet, an den Fähigkeiten, den prozessualen Erfahrungen des Angeklagten und den gerichtlichen Vorkehren zu messen sind (Erw. 3e).
101 IA 92 () from June 25, 1975
Regeste: Art. 4 BV, Treu und Glauben; Steuerveranlagung, Kapitalgewinnsteuer. Auslegung von Art. 37 Abs. 3 des solothurnischen Steuergesetzes; Behandlung von Obligationen wie Beteiligungsrechte aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (E. 1). Qualifizierung eines Schreibens einer kantonalen Behörde als Steuerabkommen oder lediglich als Auskunft über die für einen bestimmten Sachverhalt massgebliche Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung (E. 2). Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördlich erteilten, nicht ungesetzlichen Bescheid; Voraussetzungen (E. 3).
101 IA 102 () from June 25, 1975
Regeste: Art. 4 BV Willkür, Rechtsverweigerung. Bundesrechtlicher Anspruch auf Beweisabnahme im Zivilprozess. Beweis muss im kantonalen Verfahren nach den massgeblichen Prozessvorschriften formrichtig und rechtzeitig angeboten worden sein (E. 3). Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Nichtabnahme einer Expertise, welche als taugliches Beweismittel erscheint (E. 4).
101 IA 116 () from July 9, 1975
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Steuerrecht, Treu und Glauben. 1. Unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes vermag in der Regel nur eine individuell-konkrete Zusicherung der Verwaltung an den Bürger eine Abweichung vom Gesetz zu rechtfertigen. Wer sich auf eine dem Steuergesetz widersprechende Vollziehungsvorschrift der Verwaltung verlassen und entsprechende Dispositionen getroffen hat, besitzt daher keinen Anspruch, abweichend vom Gesetz besteuert zu werden (E. 2a). 2. Ausnahmsweise kann aber auch in Fällen dieser Art der Vertrauensschutz dem Legalitätsprinzip vorgehen, wenn besondere Voraussetzungen erfüllt sind (E. 2b).
101 IA 148 () from May 21, 1975
Regeste: Meinungsäusserungsfreiheit; Untersuchungshaft, Briefkontrolle. 1. Begriff der "Meinung", deren freie Äusserung durch das ungeschriebene Verfassungsrecht des Bundes gewährleistet ist (E. 2). 2. Das in Art. 53 Abs. 3 der zürcherischen Verordnung über die Bezirksgefängnisse enthaltene Verbot der Weiterleitung von Briefen mit "ungebührlichem Inhalt" verstösst an sich nicht gegen die Verfassung (E. 3; Bestätigung von BGE 99 Ia 288/9). 3. Die auf Grund dieser Bestimmung vorgenommene Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit ist nur dann verhältnismässig, wenn der Begriff "ungebührlich" in einem bestimmten, engen Sinne ausgelegt wird (E. 4). 4. Zurückhaltende Anwendung des Art. 53 Abs. 3 VO geboten, wenn der Brief an die Ehefrau gerichtet ist (E. 4 u. 5).
101 IA 161 () from May 12, 1975
Regeste: Art. 87 OG. Nicht wiedergutzumachender Nachteil als Folge eines Zwischenentscheides im Strafverfahren. Ein Zwischenentscheid, mit dem ein Gesuch des Angeschuldigten um Durchführung einer formellen oder einer zusätzlichen Untersuchung abgewiesen wird, hat in der Regel keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil i.S. von Art. 87 OG zur Folge (Bestätigung der Rechtsprechung).
101 IA 169 () from May 7, 1975
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör im Strafprozess. Verweigerung des rechtlichen Gehörs dadurch, dass dem Angeklagten nicht ermöglicht wird, den Entlastungsbeweis zu führen.
101 IA 172 () from June 17, 1975
Regeste: Art. 4 BV und Meinungsäusserungsfreiheit; Entzug der Wahlfähigkeit eines Lehrers. 1. Verhältnis von strafrechtlicher Verurteilung und besonderer Verwaltungsmassnahme (E. 2). 2. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei disziplinarischen Massnahmen gegenüber kantonalen Beamten (E. 3). 3. Eine strafrechtliche Verurteilung kann die Funktion einer verwaltungsinternen Verwarnung erfüllen (E. 4). 4. Verhältnismässigkeit der disziplinarischen Massnahme (E. 5). 5. Strafrechtliche Schranken der Meinungsäusserungsfreiheit (E. 6).
101 IA 182 () from June 17, 1975
Regeste: Art. 4 BV; Freiburger Gesetz vom 25. September 1974 über die Besteuerung der Schiffe. Rechtliche Natur der Schiffssteuer (E. 1). Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes, der die Steuer für ausserhalb des Kantons ansässige Schiffshalter auf das Doppelte erhöht, verstösst gegen den Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung (E. 2). Eingeschränkte Befugnis des Verfassungsrichters zur Überprüfung des Steuertarifs an sich (E. 3).
101 IA 188 () from Sept. 17, 1975
Regeste: Art. 4 BV; Strassenzufahrtsbeschränkungen. Bewilligung der Einfahrt von einer Hauptstrasse und Verbot der entsprechenden Ausfahrt: gesetzliche Grundlage (E. 2a); Angemessenheit (E. 2b); rechtsungleiche Behandlung (E. 3); Widerrufsvorbehalt (E. 4); Reversanmerkung im Grundbuch (E. 5); Begründungspflicht (E. 6a); Kostenauflage für die Zufahrtserstellung (E. 6b).
101 IA 193 () from Sept. 17, 1975
Regeste: Art. 4 BV; Kanalisationsanschlussgebühr; rechtsungleiche Behandlung. 1. Rechtsnatur der Anschlussgebühr (E. 2 und 3). 2. Zulässigkeit der unterschiedlichen Belastung mit Abgaben je nach dem Wohnsitz des Pflichtigen (E. 4); Kriterien: Steueraufkommen (E. 5a) und Erhöhung der Baukosten (E. 5b). 3. Voraussetzung eines Eingreifens des Bundesgerichts bei rechtsungleicher Behandlung (E. 6).
101 IA 205 () from Oct. 1, 1975
Regeste: Art. 4 BV, Rechtsungleichheit und Willkür, Baubewilligung. Willkürliche Auslegung des Betriebsbegriffs im kantonalen Baugesetz.
101 IA 231 () from July 9, 1975
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Art. 4 BV. Ungültigerklärung einer kantonalen Volksinitiative wegen inhaltlicher Unvereinbarkeit mit dem Bundesrecht. Rückwirkung von Gesetzen. 1. Kognition des Bundesgerichtes (E. 1). 2. Inwieweit ist der mit der zürcherischen Volksinitiative "Rettet Regensberg" vorgeschlagene Gesetzesentwurf, der durch ein rückwirkendes Bauverbot die Beseitigung bestehender Bauten vorsieht, bundesrechtlich zulässig? Schranke der Rechtsgleichheit (E. 3).
101 IA 298 () from Sept. 17, 1975
Regeste: Art. 4 BV; Disziplinarrecht des Beamten. 1. Voraussetzung der Beschwerdeergänzung (E. 2). 2. Verfolgungsverjährung von Disziplinarfehlern (E. 3). 3. Rechtliches Gehör: Zustellung der Vernehmlassung der Gegenpartei und Anzeige des Akteneingangs (E. 4a); Begründungspflicht (E. 4c). 4. Willkürliche Beweiswürdigung: widersprechende Aussagen (E. 5a); Verhältnis von Straf- und Disziplinarverfahren (E. 5b). 5. Grundsatz der Verhältnismässigkeit von Disziplinarmassnahmen; Kriterium der besonderen Anforderungen an das bekleidete Amt (E. 6).
101 IA 309 () from Sept. 24, 1975
Regeste: Art. 4 BV. Rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren. 1. Wird in einem Bewilligungsverfahren das Gutachten einer verwaltungsexternen Expertenkommission eingeholt, so ist dieses dem betroffenen Gesuchsteller zur Stellungnahme zu unterbreiten (E. 1b). 2. Der Äusserungsberechtigte hat Anspruch auf unmittelbare Einsicht in das Gutachten; eine bloss indirekte Kenntnisnahme durch mündliche Auskunft genügt nicht (E. 2a). 3. Voraussetzungen, unter denen ein Verzicht auf Ausübung des Gehörsanspruches angenommen werden darf (E. 2b und c).
101 IA 314 () from Sept. 24, 1975
Regeste: Art. 4 und 22ter BV; nachträgliche Baubewilligung. Für Bauten, die aufgrund einer besonderen bundesrechtlichen Ermächtigung (Art. 164 Abs. 3 MO) ohne Baubewilligung errichtet worden sind, kann nach Wegfall der ursprünglichen Zwecksetzung ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren durchgeführt werden.
101 IA 317 () from Oct. 1, 1975
Regeste: Art. 4 BV, Willkür, Treu und Glauben im öffentlichen Recht; Baubewilligung, Fristenlauf bei privatrechtlichen Einsprachen. Auslegung: Sinn einer Bestimmung im Zusammenhang mit anderen Vorschriften massgeblich (E. 2). Vertrauen in behördliche Rechtsauskunft (E. 3).
101 IA 332 () from Nov. 26, 1975
Regeste: Art. 4 BV, rechtliches Gehör. Wer in einer Eingabe an ein Gericht verschiedene Adressen angibt, hat nicht Anspruch darauf, dass die Zustellung der Gerichtsurkunden an alle aufgeführten Adressen erfolgen muss, sondern nur, dass sie an eine derselben vorzunehmen ist.
101 IA 392 () from Nov. 5, 1975
Regeste: Gemeindeautonomie, Art. 4 und 49 BV; Friedhofreglement. 1. Befugnis der Gemeindeexekutive zur Beschwerdeführung (E. 1). 2. Zu Unrecht verweigerte Genehmigung des autonomen Gemeinderechts? Kognition des Bundesgerichts (E. 2a). 3. Die Regelung, dass auf einem Friedhof als Grabmäler nur Kreuze zulässig sind, verletzt die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Eine solche Regelung hält vor diesem Grundrecht auch dann nicht stand, wenn durch eine Ausnahmebewilligung die Verwendung eines anderen Grabzeichens gestattet werden kann (E. 3b). 4. Verbot von Grabmälern aus Stein; Vereinbarkeit mit Art. 4 BV (E. 4).
101 IA 443 () from Nov. 19, 1975
Regeste: Beamtenrecht; Änderung der Ausrichtung von Teuerungszulagen Schutz der Besoldungsansprüche der Beamten gegenüber Massnahmen des Gesetzgebers (E. 2a und b) (Bestätigung der Rechtsprechung). Bedeutung der Eigentumsgarantie (E. 2c). Begründung wohlerworbener Rechte durch gesetzliche oder individuelle Zusicherungen (E. 3). Schutz durch Grundsätze aus Art. 4 BV (E. 4).
101 IA 463 () from Dec. 17, 1975
Regeste: Art. 4 BV; Gesamtarbeitsvertrag, Verweigerung einer Lohnerhöhung. Es ist willkürlich, allein aus dem Umstand, dass ein Gastarbeiter im Dezember in seine Heimat zurückfährt und seine Arbeit beim gleichen Arbeitgeber im Januar oder anfangs Februar wieder aufnimmt, zu schliessen, es sei ein neues Arbeitsverhältnis begründet worden. Unhaltbare Auslegung einer gesamtarbeitsvertraglichen Bestimmung.
101 IA 484 () from Nov. 5, 1975
Regeste: Art. 31 BV. Kantonale Ladenschlussvorschriften; Wahl des wöchentlichen Schliessungshalbtages. Die Ladenschlussordnung der Stadt Olten, welche sämtliche Verkaufsgeschäfte am Montagnachmittag zur Schliessung verpflichtet, verstösst gegen Art. 31 BV. Den Ladeninhabern ist bei der Festsetzung des wöchentlichen Schliessungshalbtages eine gewisse Wahlmöglichkeit einzuräumen (im konkreten Fall jedenfalls zwischen Montagvormittag und Montagnachmittag).
101 IA 542 () from Dec. 17, 1975
Regeste: Art. 88 OG. Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Genehmigung eines kommunalen Gestaltungsplanes.
101 IB 143 () from June 27, 1975
Regeste: Ausverkaufsordnung (AO): Unterstellung eines Sonderverkaufes unter die Bewilligungspflicht Verfassungs- und Gesetzmässigkeit von Art. 3 und Art. 9 AO; Anwendbarkeit auf Sonderverkäufe der Bekleidungsindustrie; Abgrenzung gegenüber den sog. Wanderlagern.
101 IB 270 () from Nov. 28, 1975
Regeste: Entzug des Führerausweises wegen Verletzung von Verkehrsregeln. 1. Verhältnis zwischen strafrechtlicher Sanktion einer Verkehrsregelverletzung und Führerausweisentzug (Bestätigung der Rechtsprechung) (Erw. 1). 2. Unter welchen Voraussetzungen berechtigen zusätzliche Beweismassnahmen die Verwaltungsbehörden, vom Erkenntnis des Strafrichters abzuweichen? (Erw. 2).
101 IB 351 () from Oct. 16, 1975
Regeste: Art. 35 VwG, Art. 103 lit. b OG: In Strafvollzugssachen ist das eidg. Justiz- und Polizeidepartement berechtigt, wegen ungenügender Begründung des kantonalen Entscheides beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen.
101 IB 361 () from Nov. 25, 1975
Regeste: Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Handelsregister. Art. 103 lit. a OG. Legitimation zur Beschwerde der Gründer einer noch nicht eingetragenen Aktiengesellschaft (Erw. 1). Art. 944 Abs. 1 OR, 44 Abs. 1 HRegV. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts. Sachbegriffe ohne Kennzeichnungskraft dürfen nicht als alleiniger Inhalt einer Firma anerkannt werden. Unzulässigkeit der Firma "Inkasso AG" (Erw. 5). Voraussetzungen, unter denen eine Verwaltungsbehörde ihre Praxis ändern darf (Erw. 6).
101 IV 129 () from April 17, 1975
Regeste: Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3 StGB. Es ist ein Verstoss gegen Art. 4 BV gegeben, wenn das Gericht in Fragen, deren Beantwortung besondere Fachkenntnisse voraussetzt, von den Folgerungen einer Expertise gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3 StGB abweicht, ohne dass begründete Tatsachen deren Überzeugungskraft ernstlich erschüttern.
101 IV 247 () from July 4, 1975
Regeste: 1. Art. 269 BStP. Die Vereinigung von Nichtigkeitsbeschwerde und staatsrechtlicher Beschwerde in einer gemeinsamen Eingabe ist nur zulässig, wenn die beiden Rechtsmittel auseinandergehalten und getrennt behandelt werden (Erw. 1). 2. Art. 397 StGB. Die Wiederaufnahme kann auf ein neues Gutachten gestützt werden, wenn es geeignet ist, eine neue Tatsache zu beweisen (Erw. 2). 3. Art. 13 StGB. Von einer weitern psychiatrischen Begutachtung darf abgesehen werden, wenn voraussichtlich keine wesentlich neuen Tatsachen mehr festgestellt werden können (Erw. 2).
101 IV 371 () from Sept. 12, 1975
Regeste: I. Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951. Die Verletzung des Art. 32 des genannten Vertrages kann mit Beschwerde beim Bundesrat im Sinne von Art. 73 Abs. 1 lit. b VwG gerügt werden (Erw. I). II. Strafprozessuale Beschlagnahme. Verhältnis zum Bundesrecht. 1. Eine aufgrund kantonalen Rechts in einer vom Strafgesetzbuch beherrschten Rechtssache erlassene Verfügung stellt eine der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 268 BStP unterliegende Bundesstrafsache dar (Erw. 1). 2. Die in Anwendung kantonalen Rechts verfügte Beschlagnahme von Vermögenswerten des Angeschuldigten zur Deckung der Gefangenschaftskosten ist öffentlichrechtlicher Art und kann deshalb nicht mit eidg. Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden (Erw. 3a). 3. Die in einer kantonalen Strafprozessordnung vorgesehene Beschlagnahme von (mit der Straftat in keinem Zusammenhang stehenden) Vermögensstücken des Angeschuldigten zur Sicherstellung privatrechtlicher Schadenersatzansprüche ist bundesrechtswidrig (Erw. 3b). 4. Die strafprozessuale Beschlagnahme von Vermögensstücken des Angeschuldigten widerspricht Art. 59 Abs. 2 StGB nur dann nicht, wenn ausschliesslich solche Gegenstände mit Beschlag belegt werden, welche bei rechtswidriger Aneignung nicht in das Eigentum des Angeschuldigten übergegangen sind (Erw. 4).
101 V 220 () from Sept. 4, 1975
Regeste: Verfügungen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt, die zu Streitigkeiten gemäss Art. 120 Abs. 1 lit. a KUVG Anlass geben können, unterliegen der Beschwerde. Bundesrechtswidrig ist die Auffassung, wonach solche Streitigkeiten keine Rechtsmittel-, sondern Klagefälle seien, in denen der kantonale Richter nicht über die Parteibegehren hinausgehen dürfe (Änderung der Rechtsprechung). Art. 121 Abs. 1 KUVG. Es erschwert die Durchsetzung des materiellen Bundesrechts in ungebührlicher Weise, vom Beschwerdeführer die Angabe des Invaliditätsgrades zu verlangen, der seines Erachtens für die Rentenbemessung den Ausschlag geben sollte.
102 IA 7 () from Feb. 4, 1976
Regeste: Art. 4 BV; Feuerwehrabgabe. 1. Delegation rechtsetzender Befugnisse vom kantonalen an den kommunalen Gesetzgeber; Voraussetzungen (E. 3b). 2. Willkürlich breite Festsetzung der abgabepflichtigen Altersklassen in einem Fall, wo das Feuerwehrkorps aus einer beschränkten Zahl besonders ausgebildeter Freiwilligen besteht? (E. 5) 3. Bemessung der Ersatzabgabe; Verhältnismässigkeitsprinzip (E. 6b).
102 IA 23 () from Feb. 18, 1976
Regeste: Art. 4 BV; Postulationsfähigkeit des amtlich verteidigten Angeklagten. Die Rückweisung einer Eingabe des Angeklagten mit der Begründung, dieser werde amtlich verteidigt, verletzt den bundesrechtlichen Gehörsanspruch jedenfalls dann, wenn es sich um ein förmliches Rechtsmittel handelt und der amtliche Verteidiger selber nicht innert Frist gehandelt hat.
102 IA 28 () from March 3, 1976
Regeste: Art. 4 BV; Disziplinarrecht des Anwaltes. Disziplinarische Sanktionen mit überwiegendem Strafcharakter, wie Verweis und Busse, fallen unter den Grundsatz ne bis in idem.
102 IA 31 () from March 3, 1976
Regeste: Art. 4 BV; Rückwirkungsverbot. Vor dem Inkrafttreten neuer Steuervorschriften eingetretene Tatsachen dürfen als Elemente der Bemessung verwendet werden, wenn es um die Bestimmung des Steuerobjektes geht; das gilt nicht, wenn es sich um die nachträgliche, spezielle Besteuerung des abgeschlossenen Tatbestandes eines Kapitalgewinnes handelt (Präzisierung der Rechtsprechung).
102 IA 38 () from May 5, 1976
Regeste: Art. 4 BV und Art. 2 Übergangsbestimmungen zur BV; Grundstückgewinnsteuer bei Übertragung eines Grundstückes auf die Ehefrau zum Ausgleich ihrer güterrechtlichen Ansprüche bei Scheidung. 1. Es ist nicht willkürlich, eine Ausnahmebestimmung in bezug auf die Grundstückgewinnsteuer bei Handänderungen infolge Aufhebung der ehelichen Gütergemeinschaft nicht auch auf die Auflösung einer der Güterverbindung unterstehenden Ehe anzuwenden (E. 2b). 2. Eine Gesetzesbestimmung, die in bezug auf die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer bei Auflösung einer Ehe durch Scheidung einen Unterschied macht zwischen Ehen, die der Güterverbindung unterstehen und solchen, die der Gütergemeinschaft unterstellt sind, ist nicht rechtsungleich (E. 3d) und verstösst auch nicht gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (E. 4).
102 IA 46 () from May 12, 1976
Regeste: Anstösserbeiträge, Art. 4 BV. Die Auferlegung von Anstösserbeiträgen an den Ausbau einer öffentlichen Strasse ist willkürlich, wenn die gesetzlichen Bestimmungen über die Planauflage und die Benachrichtigung der beitragspflichtigen Grundeigentümer vor der Erstellung des Werkes nicht eingehalten werden (E. 2).
102 IA 50 () from Feb. 4, 1976
Regeste: Benützung öffentlichen Grundes zu politischen Zwecken; Art. 85 lit. a OG, Meinungsäusserungsfreiheit, Versammlungsfreiheit. 1. Für die Zulassung einer den Gemeingebrauch übersteigenden Benützung öffentlichen Grundes können, selbst wenn es um die Ausübung ideeller Freiheitsrechte geht, neben rein polizeilichen Gesichtspunkten auch andere öffentliche Interessen massgebend sein; doch hat die Behörde bei der Interessenabwägung dem besonderen Gehalt der berührten Freiheitsrechte Rechnung zu tragen. Kognition des Bundesgerichtes. Verhältnis der Meinungsäusserungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit zu den durch Art. 85 lit. a OG geschützten Befugnissen politischer Betätigung (E. 3). 2. Überprüfung der Verfassungsmässigkeit einzelner Bestimmungen der vom Stadtrat von Zürich am 5. Juli 1972 erlassenen "Vorschriften über die Benützung öffentlichen Grundes zu politischen Zwecken": a) Es ist zulässig, an öffentlichen Ruhetagen sowie an den übrigen Tagen in der Zeit zwischen 22.00 und 07.00 Uhr politische Veranstaltungen auf öffentlichem Grund allgemein auszuschliessen; hingegen ist es verfassungswidrig, das für die öffentlichen Ruhetage vorgesehene Verbot auf die Vortage hoher Feiertage auszudehnen (E. 4). b) Es ist zulässig, die Errichtung von Zeichnungsstellen für Initiativ- und Referendumsbegehren sowie für Petitionen auf öffentlichem Grund auf die Dauer von längstens sechs Monaten zu beschränken (E. 5). c) Es ist verfassungswidrig, Veranstaltungen zu Wahlen und Abstimmungen auf öffentlichem Grund generell erst in den letzten beiden Wochen vor dem Wahl- oder Abstimmungswochenende zuzulassen (E. 6).
102 IA 69 () from Jan. 21, 1976
Regeste: Gemeindeautonomie (Graubünden). Rückwirkung von Erlassen. 1. Autonomie der Bündner Gemeinden im Bereiche der kommunalen Elektrizitätsversorgung. Kognition des Bundesgerichtes in bezug auf die Handhabung allgemeiner ungeschriebener Verfassungsgrundsätze (E. 2). 2. Rückwirkende Erhebung von Stromanschlussgebühren. Fehlendes Vorliegen "triftiger Gründe" für die Rückwirkung (E. 3).
102 IA 92 () from April 7, 1976
Regeste: Kantonales Baurecht. Verfahren. 1. Legitimation des Nachbarn zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Erteilung einer Baubewilligung (E. 1). 2. Abfassung der Anträge in einer kantonalen Verwaltungsbeschwerde. Überspitzter Formalismus (E. 2).
102 IA 153 () from May 5, 1976
Regeste: Art. 4 BV, Art. 2 ÜbBest. BV; Konkurseröffnung. 1. Die Frage der Zulassung, Beschränkung oder des Ausschlusses echter Nova im Berufungsverfahren nach Art. 174 SchKG ist im Sinne von Art. 25 Ziff. 2 SchKG eine solche des kantonalen Rechts (E. 2a). 2. Der grundsätzliche Ausschluss echter Nova im Berufungsverfahren nach Art. 174 SchKG ist mit den allgemeinen Grundsätzen des Konkursrechts, insbesondere der Untersuchungsmaxime, vereinbar (E. 2b). 3. Im Berufungsverfahren nach Art. 174 SchKG ist weder der allgemeine Ausschluss von Noven noch die Zulassung bestimmter Noven willkürlich. Die Berufungsinstanz muss jedoch die Berücksichtigung von erst nach dem Konkurserkenntnis eingetretenen Tatsachen an objektive Voraussetzungen knüpfen und bei der Überprüfung dieser Voraussetzungen den Grundsatz der Gleichbehandlung befolgen (E. 3).
102 IA 185 () from Feb. 4, 1976
Regeste: Art. 84 Abs. 1 OG, Anfechtungsobjekt der staatsrechtlichen Beschwerde. Begriff der "kantonalen Erlasse oder Verfügungen" im Sinne von Art. 84 Abs. 1 OG. Eine an die Gemeinden gerichtete Weisung der kantonalen Behörde, über eine bestimmte baurechtliche Frage Rechtsnormen zu erlassen, greift nicht in die Rechtsstellung des Bürgers ein und ist daher nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar. Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise auch derartige interne Anordnungen Gegenstand einer staatsrechtlichen Beschwerde bilden können.
102 IA 196 () from July 16, 1976
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde; Art. 88 OG. Legitimation zur Anfechtung der Abweisung einer Aufsichtsbeschwerde nach § 132 des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes vom 29. Januar 1911? Frage offengelassen (E. 1). Europäische Menschenrechtskonvention; Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden. Verhältnis zwischen Art. 86 und 87 OG (E. 3).
102 IA 211 () from June 23, 1976
Regeste: Art. 4 BV; Öffentlichkeit der Hauptverhandlung im Strafverfahren. Ist die geschlossene Durchführung der Hauptverhandlung zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen geboten, so verletzt der Ausschluss der Öffentlichkeit Art. 4 BV auch dann nicht, wenn ein derartiger Ausschlussgrund im kantonalen Prozessrecht nicht vorgesehen ist. Die öffentliche Durchführung eines Strafverfahrens, in welchem dem Angeklagten zur Last gelegt wird, er habe Geschäftsgeheimnisse verraten, kann mit triftigen Gründen als widersprüchlich und mit dem Bundesrecht nicht vereinbar bezeichnet werden.
102 IA 220 () from June 30, 1976
Regeste: Art. 4 und 22ter BV, Steuerveranlagung 1. Hat die Steuerpflicht während der Berechnungsperiode begonnen, so ist es nicht willkürlich, bei der Veranlagung für die folgende Steuerperiode auf das Ergebnis des ersten Geschäftsjahres abzustellen, auch wenn dies im kantonalen Recht nicht ausdrücklich vorgesehen ist (E. 1). 2. Konjunkturbedingt hohe Gewinne sind keine ausserordentlichen Gewinne in dem Sinne, dass sie nicht mehr als einmal Grundlage der steuerrechtlichen Veranlagung bilden könnten (E. 2). 3. Bei der Beurteilung, ob eine Steuer allgemein oder im Einzelfall konfiskatorisch wirkt, ist die Belastung des Steuerpflichtigen über einen längeren Zeitraum zu überprüfen. Es genügt nicht, dass sich die verpönte Wirkung durch die Verkettung ausserordentlicher Umstände einmal zufällig ergibt, sondern sie muss nach Sinn und Zweck der Regelung generell und dauernd beabsichtigt oder jedenfalls in Kauf genommen sein (E. 3).
102 IA 238 () from Sept. 9, 1976
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Steuerrecht. § 19 des zürcherischen Steuergesetzes; Begriff der Erwerbstätigkeit, Abgrenzung gegenüber der privaten Vermögensverwaltung. Auch eine mit privaten Mitteln und auf privates Risiko durchgeführte Spekulation kann Teil der Erwerbstätigkeit bilden, wenn sie mit dem gewerbsmässigen Betrieb eines Unternehmens, das dem betreffenden Privaten gehört oder an dem er massgeblich beteiligt ist, in engem Zusammenhang steht. Besteuerung des Gewinnes, den der Geschäftsführer und praktische Alleininhaber einer mit Vermittlungsgeschäften sich befassenden AG beim Kauf und Wiederverkauf von Aktien erzielt.
102 IA 243 () from June 15, 1976
Regeste: Art. 4 und 22ter BV; Denkmalschutz, Entschädigung 1. Zulässigkeit von neuen rechtlichen und tatsächlichen Vorbringen im bundesgerichtlichen Verfahren (E. 2). 2. Die Unterschutzstellung eines Gebäudes kann eine materielle Enteignung bewirken; ob eine solche vorliegt, beurteilt sich nach dem Mass, in welchem dem Eigentümer die gegenwärtige oder in naher Zukunft mögliche Nutzung untersagt oder ihm ein Sonderopfer auferlegt wird (E. 6). 3. Mit Art. 22ter BV ist nicht vereinbar, wenn der Eigentümer im Falle einer materiellen Enteignung nur die Wahl hat, das Grundstück dem Staat gegen volle Entschädigung heimzuschlagen oder aber auf jede Entschädigung für den eingetretenen Minderwert zu verzichten (Änderung der Rechtsprechung; E. 6). 4. Verweigerung der Baubewilligung; hat ein Baugesuch im Zeitpunkt der Einreichung dem geltenden Recht entsprochen, so kann eine Entschädigung für die nutzlos gewordenen Aufwendungen ohne Verletzung von Art. 4 BV nicht verweigert werden, wenn gerade die Einreichung des Baugesuches Anlass zur Änderung der Bauordnung gegeben hat und die Absicht der Behörden, die Realisierung des Projekts auf diese Weise zu verhindern, für den Eigentümer nicht voraussehbar war (E. 7).
102 IA 254 () from March 3, 1976
Regeste: Kantonale Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen der juristischen Personen. Rechtsgleichheit, Handels- und Gewerbefreiheit. Doppelbesteuerung. 1. Ein progressiver Minimalsteuer-Tarif verstösst dann nicht gegen Art. 4 und 31 BV, wenn der ihm entsprechende "Sollertragssatz" eine bestimmte, geringe Höhe nicht übersteigt und er sich grundsätzlich proportional zum Umsatz verhält (Präzisierung der Rechtsprechung) (E. 2). 2. Es ist mit Art. 4, 31 und 46 Abs. 2 BV vereinbar, vom Gesamtumsatz der interkantonalen Unternehmungen auszugehen - für die Festlegung des Minimalsteuersatzes (E. 4b); - für den Abzug des steuerfreien Betrages (E. 4c); - für die Berechnung des Vorausanteils für den Sitzkanton (E. 4d).
102 IA 321 () from Sept. 21, 1976
Regeste: Zulassung zur Universität; Erfordernis des guten Leumundes. Persönliche Freiheit; Art. 4 BV; Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Überprüfung einer Anordnung, durch die einem Maturanden wegen in der Rekrutenschule begangener militärischer Delikte (Aufforderung zur Verletzung militärischer Dienstpflichten, Untergrabung der militärischen Disziplin usw.) die Immatrikulation an der Universität Bern für die Dauer eines Jahres verweigert wird. 1. Die Massnahme berührt weder den Schutzbereich der persönlichen Freiheit (E. 3a) noch jenen der Meinungsäusserungsfreiheit (E. 3b). Ihre Zulässigkeit beurteilt sich einzig nach Art. 4 BV (E. 3c). 2. Prüfung der Verfassungsmässigkeit der angewendeten Reglementsbestimmung, wonach an der Universität nur zugelassen wird, wer sich über einen "guten Leumund" ausweist: a) Mit der Aufstellung dieses Erfordernisses hat der Regierungsrat die ihm durch das kantonale Universitätsgesetz übertragenen Kompetenzen nicht willkürlich überschritten (E. 4a). b) Pflicht zur vorherigen Anhörung des Senates (E. 4b). c) Frage der materiellen Verfassungsmässigkeit der Vorschrift, Funktion der konkreten Normenkontrolle (E. 4c). 3. Es ist mit Art. 4 BV grundsätzlich vereinbar, den Eintritt in die Universität nicht nur von einer genügenden Vorbildung abhängig zu machen, sondern zur Sicherung eines ungestörten Hochschulbetriebes auch an die charakterliche Eignung des Bewerbers gewisse Anforderungen zu stellen; doch muss dabei der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gewahrt bleiben (E. 5).
102 IA 331 () from Sept. 21, 1976
Regeste: Art. 4 und 22ter BV. Revision von Zonenplänen; Rechtssicherheit, Treu und Glauben. Zusicherungen über die Fortdauer eines Zonenplanes oder einer bestimmten Zoneneinteilung sind unter dem Gesichtswinkel von Treu und Glauben nur bindend, wenn sie von dem zur Planänderung zuständigen Organ ausgehen. Liegt diese Kompetenz beim Gemeindegesetzgeber, so kann sich der Grundeigentümer im Falle einer Zonenplanrevision nicht unter Hinweis auf die Erklärungen oder auf das Verhalten der kommunalen Verwaltungsorgane über eine Verletzung von Treu und Glauben beschweren. Der Gemeindegesetzgeber hat aber auch ohne Vorliegen einer ihn selber bindenden Garantie dem Gebot der Rechtssicherheit Rechnung zu tragen.
102 IA 339 () from Oct. 13, 1976
Regeste: Art. 4 BV; Grundstückgewinnsteuer. Unzulässigkeit der "aufgespaltenen" Haltezeitberechnung für Bestandteile desselben Grundstückes wegen Fehlens der erforderlichen gesetzlichen Grundlage.
102 IA 342 () from Oct. 13, 1976
Regeste: Art. 4 BV. Grundstückgewinnsteuer. Wirtschaftliche Betrachtungsweise. Es ist willkürlich, bei der Bestimmung des Zeitpunktes der Gewinnrealisierung zwar anzunehmen, jemand habe die wirtschaftliche Verfügungsmacht über ein Gebäude, nicht aber über den dazu gehörenden Boden.
102 IA 352 () from Oct. 25, 1976
Regeste: Art. 4 BV. Kantonales Steuerrecht; Zwischenveranlagung. Es ist willkürlich, eine Zwischenveranlagung vorzunehmen: - auf einen Zeitpunkt, an dem sich kein Zwischentaxationsgrund verwirklicht hat; - auf den Beginn einer Veranlagungsperiode.
102 IA 363 () from Dec. 7, 1976
Regeste: Art. 4 BV, Art. 85 SchKG; Verlustschein als Beweismittel für den Bestand einer Forderung, welche der Betreibungsforderung zur Verrechnung gegenübergestellt wird? Ein vom Betreibungsschuldner vorgelegter, gegen den Betreibungsgläubiger ausgestellter Verlustschein kann in den Verfahren gemäss Art. 81 und 85 SchKG nicht als zum Beweis für den Bestand einer Gegenforderung taugliche Urkunde anerkannt werden, auch dann nicht, wenn der Schuldner keine andere Möglichkeit hat, diesen Bestand zu beweisen (E. 2b, c).
102 IA 387 () from May 19, 1976
Regeste: Subventionsrecht; Regelung der privatärztlichen Tätigkeit der Chefärzte der subventionierten Krankenhäuser. Anfechtbarkeit eines an die subventionierten Krankenhäuser gerichteten Kreisschreibens. Es verstösst weder gegen das Legalitäts- und das Gewaltentrennungsprinzip, noch gegen die Handels- und Gewerbefreiheit, wenn die Zürcher Gesundheitsdirektion den subventionierten Krankenhäusern Weisungen erteilt zur Regelung der Abgaben, die die Chefärzte für die Ausübung privatärztlicher Tätigkeit zu entrichten haben, und den Spitälern bei Nichtbefolgung dieser Empfehlungen entsprechende Subventionskürzungen androht.
102 IA 397 () from July 14, 1976
Regeste: Gemeindeautonomie; Benützungsgebühren. 1. Vertretung der Gemeinde in Verwaltungsstreitigkeiten (E. 1). 2. Gemeindeautonomie: Autonomie der Tessiner Gemeinden hinsichtlich der Errichtung, der Organisation und der Verwaltung von Trinkwasserversorgungsbetrieben; direktes rechtliches Monopol solcher Betriebe (E. 3). 3. Ist ein von der Gemeindeexekutive - statt vom Gemeindegesetzgeber - erlassener Tarif eine genügende gesetzliche Grundlage? Frage offengelassen (E. 3). 4. Verwaltungsgebühren und Benützungsgebühren: a) Wie die Verbrauchstaxe stellt auch die Gebühr für den Anschluss ans Trinkwasserversorgungsnetz eine Benützungsgebühr dar (E. 5a); b) Anwendung des Kostendeckungsprinzips auf Verwaltungsgebühren, des Äquivalenz- oder Adäquanzprinzips auf Benützungsgebühren; Unterscheidungskriterien (E. 5b). 5. Benützungsgebühr und Beitrag. Unterscheidungskriterien im allgemeinen und für den besonderen Fall des Anschlusses an ein Versorgungsnetz (E. 6). 6. Kantonaler Entscheid, der den kommunalen Versorgungsbetrieb hindert, die ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen; Verletzung der Gemeindeautonomie im konkreten Fall. Kann die Gemeinde auf die Erhebung von Vorzugslasten verwiesen werden? Frage offengelassen (E. 7).
102 IA 418 () from Nov. 24, 1976
Regeste: Schenkungssteuer; Art. 4 BV. 1. Auslegung eines Ehe- und Erbvertrags; Nacherbeneinsetzung? (E. 3.) 2. Im Kanton Zürich kann ein Erbauskauf ohne Verletzung von Art. 4 BV der Schenkungssteuer unterworfen werden (E. 4).
102 IA 426 () from Dec. 22, 1976
Regeste: Art. 4 BV; Wirtschaftspatentpflicht. Unterstellung eines sogenannten Privatclubs, in dem gegen Entgelt Getränke durch einen Automaten bezogen werden können, unter das zürcherische Wirtschaftsgesetz.
102 IA 430 () from Nov. 17, 1976
Regeste: Art. 22ter BV, Gemeindeautonomie; Nichtgenehmigung eines Zonenplans. 1. Beschwerdebefugnis einzelner Mitglieder einer Erbengemeinschaft? (E. 3.) 2. Die hilfsweise Anrufung der Gemeindeautonomie ist immer dann zulässig, wenn der Beschwerdeführer legitimiert ist, eine Verletzung anderweitiger verfassungsmässiger Rechte zu rügen (E. 8a.) 3. Öffentliches Interesse an der Kleinhaltung der Bauzone (E. 4b); Überprüfung der Zonenplanung der Gemeinde Lostorf (E. 5). 4. Die Nichtgenehmigung einer kommunalen Zonenplanung, in welcher eine bereits zu grosse Bauzone zusätzlich erweitert wird, verletzt die Gemeindeautonomie nicht, auch wenn der Genehmigungsbehörde nur eine beschränkte Zweckmässigkeitskontrolle zusteht (E. 8d).
102 IA 438 () from Nov. 17, 1976
Regeste: Art. 4 und 31 BV; Bewilligung für Taxibetrieb. 1. Bei der Verteilung der städtischen Taxistandplätze verletzt die strikte Anwendung des Anciennitätsprinzips verbunden mit der grundsätzlichen Beschränkung auf eine Bewilligung pro Taxihalter Art. 4 und 31 BV nicht (E. 3-6). 2. Die abweichende Behandlung von Taxiunternehmern, die schon vor Erlass der anwendbaren Taxiverordnung über mehrere Bewilligungen verfügten, verstösst nicht gegen das Gebot rechtsgleicher Behandlung (E. 8). 3. Vertrauensschutz bei der Erneuerung einer befristeten Bewilligung (E. 7).
102 IA 468 () from Oct. 6, 1976
Regeste: Kirchensteuerpflicht juristischer Personen; Art. 49 Abs. 6 BV, Art. 4 BV, Art. 9 EMRK. Die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen ist mit Art. 49 Abs. 6 BV und Art. 4 BV grundsätzlich vereinbar (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung). Sie verstösst auch nicht gegen Art. 9 EMRK.
102 IA 483 () from Dec. 1, 1976
Regeste: Art. 4 BV und 2 ÜbBest. BV; definitive Rechtsöffnung für Steuerforderung. 1. Es ist nicht willkürlich anzunehmen, Art. 168 Abs. 2 des bernischen Steuergesetzes, wonach Steuerforderungen in öffentliche Inventare oder auf Rechnungsrufe einzugeben sind, sei eine blosse Ordnungsvorschrift, von deren Einhaltung die Haftung der Erben für diese Forderungen nicht abhänge (E. 4). 2. Die Art. 589/590 ZGB sind auf öffentlichrechtliche Forderungen nicht anwendbar, wenn nicht das öffentliche Recht deren Geltung ausdrücklich vorbehält. Eine abweichende kantonale Regelung oder Praxis verletzt somit den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts nicht und verstösst auch nicht gegen Sinn und Geist des Bundesprivatrechts (E. 5 und 6).
102 IA 493 () from March 17, 1976
Regeste: Schiedsgerichtsbarkeit des Schiedsgerichts der Internationalen Handelskammer (IHK); Interkantonales Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit vom 27. März 1969; Art. 58 BV, Art. 1 UWG. 1. Bestellung eines einzigen Schiedsrichters durch das Schiedsgericht der IHK gemäss Art. 7 (2) Abs. 3 der Vergleichs- und Schiedsordnung der IHK (VSO). Art. 58 BV (E. 2). 2. Legitimation zur Geltendmachung einer Verletzung des Konkordats. Die Bestimmungen der VSO über Zahl und Bestellung der Schiedsrichter durch die Parteien gehen denjenigen des Konkordats (Art. 10 und 11) vor (E. 4). 3. Überprüfung der Anwendung von Art. 7 (2) Abs. 3 VSO durch das Bundesgericht (E. 5). 4. Art. 1 UWG. Abmachung über die Befugnis gewisse Maschinen herzustellen. Vertragsbruch. Schiedsurteil, das die Herstellung und den Verkauf von Maschinen verbietet, solange diese gewisse Merkmale aufweisen, die von der Abmachung erfasst werden (E. 12). 5. Wirkungen der Gutheissung einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Entscheid einer kant. Behörde, die die Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Schiedsurteil abgewiesen hat (E. 13).
102 IA 513 () from Feb. 11, 1976
Regeste: Kantonales Steuerverfahren. 1. Kantonale Beschwerde gegen eine Einschätzung, die der Steuererklärung des Steuerpflichtigen entspricht (E. 1). 2. Beginn des Fristenlaufes für die Beschwerde (E. 2).
102 IA 516 () from May 5, 1976
Regeste: Wahrung des Berufsgeheimnisses im Rahmen eines Strafverfahrens - Durchsuchung und Beschlagnahme von Dokumenten. 1. Die Durchsuchung von Akten beim Träger eines Berufsgeheimnisses, der selbst Beschuldigter in einem Strafverfahren ist, setzt die Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen voraus. 2. Zu einer unterschiedslosen Durchsuchung und Beschlagnahme aller in einer Notariatskanzlei verwahrten Dokumente kann die Strafverfolgungsbehörde selbst dann nicht schreiten, wenn dringender Verdacht dafür besteht, dass der Notar eine strafbare Handlung begangen hat. 3. Die Organe der Strafjustiz sind an das Amtsgeheimnis gebunden und zur Zurückerstattung von Dokumenten, die für das betreffende Strafverfahren unerheblich sind, verpflichtet. 4. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts.
102 IB 64 () from Jan. 30, 1976
Regeste: Gewässerschutz: BG vom 8. Oktober 1971 (GSchG); Allgemeine Gewässerschutzverordnung des Bundesrates vom 19. Juni 1972 (AGSchV). - GSchG als Rechtsgrundlage für eine kantonale Abbruchverfügung. - Bewilligung für den Bau von Hütten, die der Alpwirtschaft dienen: Auslegung des revidierten Art. 27 AGSchV; sachliches Bedürfnis und Notwendigkeit des Bauens ausserhalb der Bauzone; Zweckentfremdungsverbot.
102 IB 245 () from Nov. 5, 1976
Regeste: Eintragung des Namens in die Zivilstandsregister Die Partikel "Freiherr von" kann in die schweizerischen Zivilstandsregister nicht eingetragen werden, auch wenn sie im Ausland als Bestandteil des Namens gilt.
102 IB 249 () from Nov. 26, 1976
Regeste: Art. 45 Ziff. 3 StGB, Art. 4 BV. Rückversetzung in den Massnahmevollzug. Bedingt Entlassenen ist vor der Rückversetzung in den Vollzug einer Massnahme nach Art. 42-44 StGB das rechtliche Gehör zu gewähren. Schriftliche Anhörung genügt.
102 II 427 () from Dec. 7, 1976
Regeste: Kartellgesetz. Kartellähnliche Organisation, Begriff der stillschweigenden Abstimmung des Verhaltens (Art. 3 lit. b KG; E. 3 und 4a). Massnahme, die darauf abzielt, eine im Gesamtinteresse erwünschte Struktur des Verkaufs von Zeitungen und Zeitschriften zu fördern (Art. 5 Abs. 2 lit. c KG; E. 5).
103 IA 1 () from Jan. 25, 1977
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltlicher Rechtsbeistand im Strafverfahren. Unhaltbare Auslegung einer kantonalrechtlichen Bestimmung betreffend die Beiordnung eines Offizialverteidigers (E. 1). Unmittelbar aus Art. 4 BV ergibt sich - unbekümmert um die Frage der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Straffalles - im allgemeinen schon dann ein Anspruch auf unentgeltliche Verteidigung, wenn der Angeklagte mit einer Strafe zu rechnen hat, für welche wegen ihrer Höhe die Gewährung des bedingten Vollzuges ausgeschlossen ist (E. 2).
103 IA 8 () from Feb. 9, 1977
Regeste: Art. 4 BV; strafprozessuale Beschlagnahme. 1. Zweck und Bedeutung der strafprozessualen Beschlagnahme. Es ist nicht verfassungswidrig, in Anwendung von § 83 der Zürcher Strafprozessordnung einen vom Angeschuldigten verpfändeten Vermögenswert mit Beschlag zu belegen (Erw. II/5 und Erw. III/1b). 2. Der Pfandgläubiger wird durch die strafprozessuale Beschlagnahme nicht in seiner Rechtslage beeinträchtigt und ist daher nicht zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Erw. III/1).
103 IA 20 () from March 16, 1977
Regeste: Art. 4 BV. Grundstückgewinnsteuer; widersprüchliches Verhalten der Behörde. Lässt sich die kantonale Steuerbehörde in der gleichen Sache einmal von der Rücksicht auf die äussere rechtliche Form eines Unternehmens und ein anderes Mal von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise leiten, so verletzt sie Art. 4 BV.
103 IA 26 () from March 30, 1977
Regeste: Art. 4 BV; Kanalisationsanschlussgebühr. Die Pflicht zur Leistung einer Kanalisationsanschlussgebühr trifft grundsätzlich den Grundeigentümer im Zeitpunkt des Anschlusses; die Belastung des Eigentümers im Zeitpunkt der Veranlagung und Rechnungstellung bedarf einer klaren gesetzlichen Grundlage.
103 IA 31 () from March 30, 1977
Regeste: Art. 4 und 22ter BV: Kanalisationsanschlussgebühr. 1. Legitimation der Stockwerkeigentümergemeinschaft zur staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1c). 2. Das Bundesgericht nimmt keine Substitution der Begründung vor, wenn der dafür erhebliche Sachverhalt im kantonalen Verfahren nicht beweismässig festgestellt wurde (E. 3a). 3. Stehen dem unentgeltlichen Kanalisationsanschlussrecht gleichwertige Leistungen des Pflichtigen gegenüber, liegt kein Abgabevergünstigungsvertrag vor. Verhältnis des Vertrages zu einem später erlassenen Kanalisationsreglement (E. 2). 4. Welche Auswirkungen haben veränderte tatsächliche Verhältnisse auf den Bestand öffentlich-rechtlicher Verträge? (E. 3b).
103 IA 47 () from April 27, 1977
Regeste: Art. 31 BV und Art. 2 ÜbBest. BV; gewerbsmässige Parteivertretung im Rechtsöffnungsverfahren. Die Kantone sind berechtigt, die gewerbsmässige Vertretung der Parteien in gerichtlichen Zwischenverfahren der Schuldbetreibung den patentierten Anwälten vorzubehalten; Art. 27 SchKG findet hier keine Anwendung (Bestätigung der Rechtsprechung).
103 IA 55 () from March 22, 1977
Regeste: Art. 84 OG; Rechtsmittel bei Begutachtung in Strafsachen. 1. Unterlässt oder verweigert der Richter die Anordnung einer vom Bundesstrafrecht vorgeschriebenen Begutachtung des Angeklagten, so steht diesem die Nichtigkeitsbeschwerde offen, was die staatsrechtliche Beschwerde ausschliesst (Bestätigung der Rechtsprechung, Erw. 1a). 2. Wird das Gutachten selbst oder werden die von der kantonalen Behörde daraus gezogenen Schlüsse angefochten, so steht deren Beweiswürdigung in Frage. Dagegen ist nicht Nichtigkeits-, sondern staatsrechtliche Beschwerde zu führen (Praxisänderung, Erw. 1b).
103 IA 58 () from Feb. 16, 1977
Regeste: Art. 88 OG; Beschwerdelegitimation öffentlichrechtlicher Korporationen. Eine öffentlichrechtliche Anstalt des Kantons (hier: eine Beamtenpensionskasse) kann, auch wenn sie über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, gegen einen Entscheid der ihr in ihrem hoheitlichen Funktionsbereich übergeordneten staatlichen Rechtsmittelinstanz nicht staatsrechtliche Beschwerde führen.
103 IA 76 () from March 2, 1977
Regeste: Art. 4 BV; Beschwerde gegen die Ernennung des Sachwalters. Wo eine obere kantonale Nachlassbehörde besteht (Art. 294 Abs. 2 SchKG), können sowohl der Schuldner als auch die Gläubiger gegen die Ernennung des Sachwalters Beschwerde führen. Der Entscheid der oberen kantonalen Nachlassbehörde ist mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar.
103 IA 85 () from March 2, 1977
Regeste: Art. 4 BV; Gebühr für öffentliche Beurkundung. Anwendung der verfassungsrechtlichen Grundsätze über die Bemessung einer Verwaltungsgebühr auf das Honorar für die öffentliche Beurkundung durch ein freies Berufsnotariat.
103 IA 95 () from March 30, 1977
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Strafrecht. Verletzung des Grundsatzes nulla poena sine lege durch eine ausdehnende Auslegung des Begriffes Waffentragen auf den blossen Waffenbesitz.
103 IA 107 () from June 29, 1977
Regeste: Art. 4 BV. Steuerrecht; Schätzung des Mietwertes von Eigentumswohnungen. Es verstösst nicht gegen Art. 4 BV, gestützt auf das zürcherische Steuerrecht bei der Schätzung des Mietwertes von Eigentumswohnungen abweichend von der für Einfamilienhäuser geltenden Praxis nicht die sog. Basiswert-Methode, sondern die Vergleichsmethode anzuwenden. Tragweite des Vertrauensschutzprinzipes (Bestätigung der Rechtsprechung).
103 IA 115 () from June 29, 1977
Regeste: Art. 4 BV; Vermögensgewinnsteuer; Besteuerung des Gewinns aus dem Verkauf von Gratisaktien. 1. Bei Gratisaktien erfolgt der Erwerb im Sinne von Art. 77 Abs. 2 des bernischen Steuergesetzes im Zeitpunkt der Ausgabe (Erw. 3 und Erw. 4). 2. Als Erwerbspreis der Gratisaktien gilt ihr Verkehrswert im Zeitpunkt der Ausgabe (Erw. 5).
103 IA 130 () from July 13, 1977
Regeste: Art. 4 BV; eidgenössische Genehmigung kantonaler Erlasse, abstrakte Normenkontrolle. Die eidgenössische Genehmigung eines kantonalen Erlasses schliesst dessen nochmalige Überprüfung in einem abstrakten Normenkontrollverfahren vor den zuständigen kantonalen und eidgenössischen Rechtsmittelinstanzen nicht aus.
103 IA 137 () from July 13, 1977
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör im Strafprozess. In welchen Fällen muss dem Angeschuldigten nach der Aufhebung eines kantonalen Strafurteils durch das Bundesgericht vor der Neubeurteilung Gelegenheit zur Äusserung gegeben werden?
103 IA 182 () from May 25, 1977
Regeste: Gemeindeautonomie; Genehmigung von Zonenplänen (Graubünden). 1. Autonomie der Bündner Gemeinden bei der Festlegung von Zonenplänen (E. 2). 2. Voraussetzungen, unter denen die kommunale Zonenplanung auf kantonale Strassenbauprojekte keine Rücksicht zu nehmen braucht: - wenn dem Kanton eigene adäquate Planungsmittel zur Verfügung stehen (Frage offen gelassen; E. 3a); - wenn die Verwirklichung des kantonalen Bauvorhabens zu ungewiss ist (E. 3b). 3. Unklarheiten des kantonalen Genehmigungsbeschlusses (E. 3c).
103 IA 191 () from June 8, 1977
Regeste: Gemeindeautonomie; Rechtsetzungsbefugnisse der bernischen Gemeinden auf dem Gebiete des Ladenschlusses (Abendverkauf). 1. Beginn der Beschwerdefrist bei Anfechtung eines dem fakultativen Referendum unterstehenden Erlasses; verfrühte Einreichung der Beschwerde (E. 1). 2. Engt der kantonale Gesetzgeber den von ihm einmal festgelegten Umfang der kommunalen Rechtsetzungsbefugnis nachträglich durch Gesetzesänderung ein, so liegt hierin keine Verletzung der Gemeindeautonomie, solange nicht in unmittelbar durch die Verfassung gewährleistete Rechtsetzungsbefugnisse eingegriffen wird (E. 3). 3. Eine Gemeinde kann im Rahmen einer Autonomiebeschwerde nicht die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte rügen (E. 4a). Hingegen kann sie sich auf gewisse allgemeine Verfassungsgrundsätze berufen (E. 4b).
103 IA 199 () from Feb. 9, 1977
Regeste: Schweiz.-deutsches Vollstreckungsabkommen vom 2. Nov. 1929. Die Vollstreckung eines deutschen Versäumnisurteils, das in Übereinstimmung mit der deutschen Zivilprozessordnung weder eine Sachverhaltsdarstellung noch Entscheidungsgründe enthält, verletzt den schweizerischen ordre public nicht (Bestätigung der Rechtsprechung).
103 IA 233 () from June 22, 1977
Regeste: Art. 4 BV; Steuerausscheidung gegen über dem Ausland aufgrund des kantonalen Rechts. 1. Kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1). 2. Ist für die Steuerausscheidung gegenüber dem Ausland ausschliesslich das kantonale Recht massgebend, so erfolgt die Überprüfung durch das Bundesgericht auch dann nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür, wenn das kantonale Recht die bundesrechtlichen Grundsätze zur Vermeidung der interkantonalen Doppelbesteuerung als anwendbar erklärt (E. 2). 3. Es ist nicht willkürlich, wenn die Steuerausscheidung hinsichtlich des Ertrags einer international tätigen Versicherungsgesellschaft nach Quoten geschieht und die Quoten aufgrund der Prämieneinnahmen ermittelt werden, sofern auf diese Weise die Bedeutung der Betriebsstätten für die Erzielung des Gesamtertrags richtig zum Ausdruck gebracht wird (E. 3, E. 4a); diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle nicht erfüllt (E. 4b).
103 IA 242 () from July 13, 1977
Regeste: Art. 4 BV; gesetzliche Grundlage im Abgaberecht; Rechtsgleichheit; Willkürverbot. 1. Ausnahmen von der allgemeinen Steuerpflicht bedürfen der Grundlage in einem formellen Gesetz (E. 2). 2. Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung bei gesetzwidriger Praxis (E. 3). 3. Wenden kantonale Behörden eine gesetzwidrige Verordnung während langer Zeit in Kenntnis des genannten Mangels an und wollen sie diese auch in Zukunft zur Anwendung bringen, kann der Bürger verlangen, dass die gesetzwidrige Begünstigung, die der Erlass gewährt, auch ihm zuteil werde (E. 4).
103 IA 310 () from Sept. 21, 1977
Regeste: Versammlungsfreiheit, polizeiliche Generalklausel; Art. 5 BV. Erlass eines Verbots für jegliche politische Versammlung auf dem Gebiet einer jurassischen Gemeinde durch die bernische Regierung aufgrund der polizeilichen Generalklausel. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts. Verhältnismässigkeitsprinzip. Rechtsgleiche Behandlung.
103 IA 329 () from March 23, 1977
Regeste: Kompetenzkonflikt zwischen eidgenössischen und kantonalen Behörden, Art. 83 lit. a OG; Art. 24bis, quater und quinquies BV; Art. 4 und Art. 7 AtG; Bau eines Atomkraftwerkes. Kompetenzkonflikt gemäss Art. 83 lit. a OG (E. 2). Die von der zuständigen Bundesbehörde erteilte Bewilligung betreffend Standort eines Atomkraftwerkes erlaubt dem Bewilligungsempfänger nicht, die Atomanlage an dem für den Bau bestimmten Ort zu erstellen, ohne Rücksicht zu nehmen auf die kantonale und kommunale Zoneneinteilung. Im Hinblick auf das Kernkraftwerk Verbois muss der Kanton Genf eine Umzonung (von Landwirtschafts- in Industriezone) vornehmen (E. 3 bis E. 6). Ist die Kompetenz des Kantons in dieser Hinsicht beschränkt? Frage offen gelassen (E. 7). Der Kanton hat sich auch über die Konzession oder Bewilligung für die Benützung der öffentlichen Gewässer zur Kühlung des Kernkraftwerkes auszusprechen (E. 8).
103 IA 356 () from Sept. 28, 1977
Regeste: Schiedsgerichtsbarkeit. 1. Schiedsgerichtsurteile sind keine kantonalen Entscheide im Sinne von Art. 84 Abs. 1 OG und können weder unmittelbar noch im Anschluss an einen kantonalen Rechtsmittelentscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (E. 1b). 2. Kognition des Bundesgerichts bei Überprüfung des kantonalen Rechtsmittelentscheids (E. 2). 3. Umfang der Begründungspflicht der kantonalen Rechtsmittelinstanz, die eine Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 36 lit. f des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit zu beurteilen hat (E. 3).
103 IA 360 () from Nov. 8, 1977
Regeste: Verfahren (Anfechtung von Erlassen, Erschöpfung des Instanzenzuges); Lotteriewesen. 1. Das in Art. 86 Abs. 2 OG niedergelegte Erfordernis der Erschöpfung des Instanzenzuges gilt auch für die Anfechtung von Erlassen. Kann ein Erlass in einem kantonalen Normenkontrollverfahren - wie es z.B. in §§ 68 ff. des aargauischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vorgesehen ist - angefochten werden, so ist von diesem kantonalen Rechtsbehelf Gebrauch zu machen, bevor staatsrechtliche Beschwerde erhoben wird (E. 1a). 2. Verfassungsrechtliche Überprüfung eines auf bundesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden kantonalen Erlasses. Die Kantone können verbieten, dass Lotterieveranstaltungen im Sinne von Art. 2 des eidg. Lotteriegesetzes (Tombola bei Unterhaltungsanlässen) durch Personen durchgeführt oder organisiert werden, welche diese Tätigkeit berufs- oder gewerbsmässig ausüben (E. 2).
103 IA 394 () from Oct. 5, 1977
Regeste: Art. 4 BV, Art. 85 lit. a OG, § 35 Abs. 3 KV; Numerus-clausus bei der Zulassung zu einem staatlichen Lehrerseminar. 1. Ein soziales Grundrecht auf Bildung bzw. Mittelschulbildung ist weder aus dem Verfassungsrecht des Bundes noch des Kantons Basel-Landschaft abzuleiten (E. 2a). Dagegen hat der Einzelne aufgrund von Art. 4 BV Anspruch auf rechtsgleiche und willkürfreie Behandlung beim Zugang zu den staatlichen Bildungseinrichtungen. 2. Zulässigkeit des Numerus-clausus: a) Ein Numerus-clausus bei der Zulassung zu einer staatlichen Bildungseinrichtung ist mit Art. 4 BV vereinbar, wenn die Gründe für seine Einführung und die Vollzugsregelung im einzelnen vor dem Verfassungsrecht standhalten (E. 2b). - Ein Numerus-clausus zum Zwecke der Ausbildungslenkung nach dem zukünftigen Lehrerbedarf hält grundsätzlich vor Art. 4 BV stand (E. 2b/aa). - Es ist mit Art. 4 BV vereinbar, bei der Durchführung des Numerus-clausus auf die Eignung des Bewerbers abzustellen (E. 2b/bb). b) Wer Zutritt zu einer staatlichen Bildungseinrichtung verlangt, deren Ausbildung zur Ausübung eines öffentlichen Amtes (z.B. des Lehrerberufes an einer öffentlichen Schule) befähigt, kann sich nicht auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen. Das genannte Grundrecht gewährleistet die Berufswahlfreiheit nur für die privatwirtschaftlichen Berufe (E. 2c). 3. Zulässigkeit der Gesetzesdelegation: a) Der Gesetzesvorbehalt und die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit der Gesetzesdelegation gelten grundsätzlich auch in der Leistungsverwaltung (E. 3a). b) Eine gesetzliche Ermächtigung an die Exekutive, bei der Zulassung zu einem staatlichen Lehrerseminar einen Numerus-clausus zum Zwecke der Ausbildungslenkung nach dem zukünftigen Lehrerbedarf einzuführen, muss zumindest Art und Zweck der Massnahme in der Delegationsnorm nennen. § 8 Abs. 3 des Maturitätsschulgesetzes des Kantons Basel-Landschaft erfüllt diese Anforderungen nicht (E. 3b).
103 IA 407 () from Oct. 21, 1977
Regeste: Art. 4 BV. Strafprozess. 1. Gerichtsbesetzung. Fall eines Appellationsrichters, der bei der Hauptverhandlung und der Urteilsberatung mitgewirkt hat, aber der Urteilsverkündung nicht beiwohnt. - Das Verfassungsrecht des Bundes enthält keine Vorschrift über das Quorum bei mündlicher Urteilseröffnung. Der Angeklagte ist auch nicht beschwert durch die Abwesenheit eines Richters bloss bei der Urteilsverkündung (Erw. 2b). 2. Pflicht zur Urteilsbegründung. Ein Appellationsgericht kann, soweit es das angefochtene Urteil bestätigt und auch mit der Begründung einig geht, auf die Begründung im Urteil der ersten Instanz verweisen. Anders ist es, wenn der Appellant vor der zweiten Instanz beachtliche Gründe vorbringt, zu denen die erste Instanz noch nicht Stellung bezogen hat (Erw. 3a).
103 IA 410 () from Oct. 26, 1977
Regeste: Art. 4 BV; Schiedsgericht. Abgrenzung von rechtlich erfassten und ausserrechtlichen Vorgängen beim Vereinswechsel eines Eishockeyspielers der Nationalliga.
103 IA 414 () from Nov. 18, 1977
Regeste: Art. 4 BV; Zahlung von Auslagen aus dem Verdienstanteil. Die Verfügung, während des Freiheitsentzuges aus dem Sperrkonto eines Gefangenen eine Auslage zu bezahlen, bedarf gemäss Art. 377 Abs. 2 StGB einer entsprechenden Vorschrift in der Anstaltsverordnung.
103 IA 426 () from Oct. 19, 1977
Regeste: Art. 4 und Art. 31 BV; Standesrecht der Rechtsanwälte. 1. Beschwerdebefugnis; die Verwarnung oder Ermahnung eines Rechtsanwalts beeinträchtigt dessen rechtlich geschützte Interessen (E. 1b). 2. Abgrenzung zwischen beruflicher und ausserberuflicher Tätigkeit des Rechtsanwalts im Sinne von § 10 des baselstädtischen Anwaltsgesetzes (E. 3). 3. Dem Rechtsanwalt steht im Gerichtsverfahren ein Recht auf freie Kritik zu. Pflichtwidrig handelt er nur, wenn er eine Rüge wider besseres Wissen oder in ehrverletzender Form erhebt (E. 4). 4. Dieselben Grundsätze gelten für das Begnadigungsverfahren des Kantons Basel-Stadt (E. 5); sie sind in concreto nicht verletzt (E. 6).
103 IA 455 () from Oct. 5, 1977
Regeste: Wohnsitzpflicht der Beamten. Die Wohnsitzpflicht der Beamten verstösst weder gegen Art. 45 BV noch gegen Art. 8 EMRK (E. 4). Eine auf sachlichen Gründen beruhende Änderung der Bewilligungspraxis (Bewilligung des auswärtigen Wohnsitzes) lässt sich mit Art. 4 BV vereinbaren (E. 6a). Verletzung der Grundsätze von Treu und Glauben und der Rechtsgleichheit? Frage im vorliegenden Fall verneint (E. 6b-d).
103 IA 490 () from Sept. 2, 1977
Regeste: Art. 4 BV; keine willkürliche Anwendung kantonalen Strafprozessrechts. Der Angeklagte hat kein unbeschränktes Recht auf Zeugenladung. Der Richter kann das Beweisverfahren schliessen, wenn er aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und er ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, diese Überzeugung werde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert. Bezüglich erheblicher Aktenstücke besteht kein absolutes Einsichtsrecht. Dieses ist Beschränkungen unterworfen, wie sie durch öffentliche Interessen des Staates oder berechtigte Geheimhaltungsinteressen privater Drittpersonen bedingt sein können.
103 IA 494 () from Dec. 6, 1977
Regeste: Bundesrechtsmässigkeit eines ausserordentlichen kant. Rechtsmittels gegen die Bewilligung des Arrestes. Art. 279 Abs. 1 SchKG schliesst nicht aus, dass die Kantone gegen die Bewilligung des Arrestes ein ausserordentliches Rechtsmittel vorsehen, das sich hinsichtlich der Beschwerdegründe und der sonstigen prozessualen Ausgestaltung im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde hält. Die zürcherische Nichtigkeitsbeschwerde nach § 344 aZPO erfüllt diese Voraussetzung.
103 IA 501 () from May 4, 1977
Regeste: Art. 4 BV; Baurecht (Fälligkeit von Perimeterbeiträgen). Auslegung und Anwendung einer Vorschrift, die einen unbestimmten Rechtsbegriff enthält.
103 IA 505 () from Oct. 12, 1977
Regeste: Art. 4 BV (Treu und Glauben); Kanalisationsanschlussgebühr, öffentlichrechtlicher Vertrag. 1. Grundsatz von Treu und Glauben: Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 1). 2. Auslegung öffentlichrechtlicher Verträge (E. 2). 3. Zulässigkeit öffentlichrechtlicher Verträge (E. 3a); Rechtmässigkeit eines Vertrags, der vorsieht, dass für den Anschluss eines Grundstücks an die Kanalisation bei Erstellung eines Fabrikneubaus Gebühren nach Massgabe des bei Vertragsschluss geltenden Reglements zu entrichten sind (E. 3b). 4. Nach den Regeln von Treu und Glauben kann nicht jeder rechtliche Mangel eines öffentlichrechtlichen Vertrags zu dessen Ungültigkeit führen. Die Rechtswirkungen des Vertrags sind - grundsätzlich gleich wie im Falle fehlerhafter Verwaltungsverfügungen - unter Abwägung des Interesses nach richtiger Durchführung des objektiven Rechts und des Vertrauensschutzinteresses des Bürgers zu bestimmen (E. 4).
103 IA 531 () from Oct. 26, 1977
Regeste: Art. 4 BV; Vollstreckung ausländischer Zivilurteile; ordre public. Verstoss gegen den schweizerischen ordre public, wenn im ausländischen Verfahren eine beim unzuständigen Gericht eingereichte Rechtsschrift weder von Amtes wegen an das zuständige Gericht weitergeleitet noch an den Absender retourniert wurde, obwohl sie noch innert Frist bei der richtigen Behörde hätte eingereicht werden können?
103 IA 544 () from Dec. 13, 1977
Regeste: Art. 4 und Art. 31 BV. Zulassung zum kantonalen Patentierungskurs für Bergführer. Übertragung hoheitlicher Befugnisse an eine private Organisation. 1. Der Entscheid über die Zulassung zum kantonalen Bergführerkurs ist hoheitlicher Natur (E. 5a). 2. Wird der Entscheid über die Zulassung einer bestimmten Kategorie von Bewerbern einer privaten Organisation (dem Schweizerischen Alpen-Club) übertragen, so ist der Kanton dafür verantwortlich, dass diese die ihr delegierten Verwaltungsbefugnisse in verfassungskonformer Weise ausübt (E. 5c). 3. Verfassungsrechtliche Überprüfung des Erfordernisses, wonach ein Bewerber militärdiensttauglich bzw. militärdienstpflichtig sein muss. Es ist verfassungswidrig, einem Bewerber die Absolvierung des Bergführerkurses allein deshalb zu verwehren, weil er wegen Dienstverweigerung bestraft und aus der Armee ausgeschlossen worden ist (E. 6).
103 IA 577 () from Nov. 9, 1977
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde gegen einen von der zuständigen Behörde noch nicht genehmigten Erlass; Art. 89 OG. Die staatsrechtliche Beschwerde gegen einen kommunalen Erlass, der noch der Genehmigung durch die kantonale Behörde bedarf, ist zulässig, wenn diese vor der Urteilsfällung erfolgt. Bis zum Zeitpunkt der Genehmigung kann das Bundesgericht die Instruktion aussetzen (Erweiterung der Rechtsprechung) (E. 2). Benützungsgebühr, Trinkwassergebühr. Bei der Festlegung des Tarifs für die Benützung einer Sache (hier: Wasser), die von einem öffentlichen Betrieb geliefert wird, kann nicht nur der Menge sondern auch der Art und Weise des Verbrauchs Rechnung getragen werden. Unter diesem Gesichtspunkt sind die normale Spitzenbelastung und ausserordentliche Spitzenbelastung der Anlage, soweit sie ihre Ausmasse und ihre Kapazität (hier: die Wasserfassungen und -leitungen) beeinflussen, massgebend (E. 5-7).
103 IB 134 () from April 1, 1977
Regeste: Verfahren; Art. 97 ff. OG. Rüge der Verletzung kantonaler Ausstandsvorschriften. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde? (E. 2). Tierseuchenverordnung (TSV). 1. Die Anordnung der in Art 21 Ziff. 16 TSV vorgeschriebenen Massnahmen durch die kantonalen Behörden erfordert nicht die Zustimmung des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes gemäss Art. 54 Abs. 2 Tierseuchengesetz (E. 3). 2. Gesetzmässigkeit von Art. 21 Ziff. 16 TSV (E. 4 u. E. 5).
103 IB 144 () from March 18, 1977
Regeste: Verfahren; Art. 97 ff. OG. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen auf kantonales Verfahrensrecht sich stützenden Nichteintretensentscheid (E. 2a). 2. Nichteintreten mangels Legitimation nach kantonalem Verfahrensrecht. Sieht ein Kanton für eine Streitigkeit des Bundesverwaltungsrechts, welche mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht weitergezogen werden kann, eine Beschwerdeinstanz vor, so darf er hinsichtlich der Beschwerdebefugnis nicht strengere Anforderungen stellen als sie Art. 103 lit. a OG für die Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorsieht (E. 3). 3. Art. 103 lit. a OG. Anfechtung einer Baubewilligung durch die Eigentümerin einer benachbarten Liegenschaft. Schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Abänderung der Baubewilligung im konkreten Fall bejaht (E. 4).
103 IB 192 () from May 6, 1977
Regeste: Verrechnungssteuer; Auskunftspflicht gegenüber der Steuerbehörde. Pflicht des Steuerpflichtigen, der Steuerbehörde Belege und andere Urkunden vorzulegen (Art. 39 VStG). Berücksichtigung von Urkunden, die erst vor dem Bundesgericht eingereicht werden (Art. 105 OG). Begehren auf Einvernahme von Zeugen.
103 IB 313 () from July 1, 1977
Regeste: Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Art. 97 Abs. 1 OG; Art. 5 VwVG. Wann können Verfügungen, die sich auf kantonales Recht stützen, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden?
103 II 69 () from April 26, 1977
Regeste: Vorsorgliche Massnahmen nach UWG. 1. Sieht der kantonale Richter bei vorsorglichen Massnahmen nach UWG gestützt auf kantonales Zivilprozessrecht davon ab, eine Klagefrist gemäss Art. 12 Abs. 1 UWG anzusetzen, so kann dies mit der Nichtigkeitsbeschwerde gerügt werden (Art. 68 Abs. 1 lit. a OG). Eine gegen den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid eingereichte staatsrechtliche Beschwerde kann als Nichtigkeitsbeschwerde entgegengenommen werden (E. 2). 2. Bei vorsorglichen Massnahmen nach UWG muss eine Klagefrist im Sinne von Art. 12 Abs. 1 UWG angesetzt werden (E. 3 und E. 4).
103 II 120 () from May 17, 1977
Regeste: Vorsorgliches Arbeitsverbot. 1. Art. 87 OG. Staatsrechtliche Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen; Voraussetzungen (E. 1). 2. Art. 340c Abs. 2 OR. Kein Wegfall des Konkurrenzverbotes, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis von sich aus kündigt (E. 2a). 3. Art. 340b Abs. 3 OR. Dass und unter welchen Voraussetzungen ein einstweiliger Rechtsschutz möglich ist, bestimmt das kantonale Recht (E. 2b). Rechtfertigung eines vorsorglichen Arbeitsverbotes nach Bundesrecht; willkürliche Anforderungen (E. 3 und E. 4)?
103 II 145 () from May 17, 1977
Regeste: Art. 4 BV, Art. 1096 Ziff. 7 OR. Ob eine Unterschrift, die der Aussteller eines Eigenwechsels am Rande der Urkunde quer zum übrigen Wechseltext anbringt, den Unterzeichner verpflichtet, ist umstritten. Es ist deshalb nicht willkürlich, die Frage zu verneinen.
103 II 170 () from July 15, 1977
Regeste: Art. 420 Abs. 2 ZGB; Beschwerderecht des Dritten. Die Verneinung des Beschwerderechts des Dritten gegen einen Beschluss der Vormundschaftsbehörde gestützt auf Art. 177 Abs. 3 ZGB, womit die Genehmigung eines Interzessionsgeschäftes der Ehefrau des Schuldners mit dem Dritten verweigert wurde, ist nicht willkürlich.
103 II 190 () from June 7, 1977
Regeste: Art. 2 Abs. 1 OR ist auch dann anwendbar, wenn sich die Parteien über alle objektiv und subjektiv wesentlichen Punkte geeinigt, aber die Regelung von Nebenpunkten nicht vorbehalten haben. Fehlt es an einer Absprache über die Nebenpunkte, so hindert das das Zustandekommen des Vertrages nicht; vielmehr wird vermutet, dass der Vertrag insoweit zustandegekommen sei, als die Parteien eine Einigung erzielt haben.
103 II 287 () from Dec. 6, 1977
Regeste: Vorsorgliche Massnahmen nach Art. 77 ff. PatG. 1. Art. 77 Abs. 2 PatG. Vom Gesuchsgegner, der die aus Art. 67 Abs. 1 sich ergebende und gegen ihn wirkende Vermutung zu widerlegen hat, darf nicht mehr als ein Wahrscheinlichkeitsbeweis verlangt werden (E. 2). Wie kann dieser Wahrscheinlichkeitsbeweis erbracht werden (E. 2 und E. 3)? 2. Art. 79 Abs. 2 PatG. Von einer vorsorglichen Massnahme kann auf Grund dieser Bestimmung nur abgesehen werden, wenn die Sicherheit bereits geleistet worden ist (E. 5).
103 V 190 () from Dec. 19, 1977
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 Satz 1 EMRK. - Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf die Verwaltungsgerichte? Frage offen gelassen (Erw. 2a). - Die darin enthaltene Garantie, dass gerichtliche Verfahren ohne unnötige Verzögerung durchzuführen sind, bringt für die schweizerische Rechtsordnung kein neues Recht (Erw. 2b). Art. 4 BV. Eine unrechtmässige Rechtsverzögerung liegt dann vor, wenn die Umstände, welche zur unangemessenen Verlängerung des Verfahrens führten, objektiv nicht gerechtfertigt sind.
104 IA 6 () from Feb. 15, 1978
Regeste: Art. 4 BV. Parteientschädigung im Verwaltungsverfahren. Auslegung einer kantonalen Vorschrift, wonach dem obsiegenden Beschwerdeführer, dem im Verwaltungsverfahren Anwaltskosten entstanden sind, eine Parteientschädigung zuzusprechen ist. Abweichung vom klaren Gesetzeswortlaut.
104 IA 9 () from March 1, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Parteientschädigung im Verwaltungsbeschwerdeverfahren. 1. Im Beschwerdeverfahren vor kantonalen Verwaltungsbehörden besteht ein Anspruch auf Parteientschädigung nur soweit, als das kantonale Recht dies vorsieht; unmittelbar aus Art. 4 BV lässt sich kein solcher Anspruch herleiten (E. 1). 2. Auslegung von § 5 Abs. 2 des thurgauischen Gesetzes über die Administrativstreitigkeiten vom 14. März 1866, wonach der obsiegenden Partei eine "angemessene Kostenentschädigung" zugesprochen werden "kann" (E. 2).
104 IA 14 () from Feb. 15, 1978
Regeste: Art. 4 BV; definitive Rechtsöffnung. Zum urkundlichen Beweis der Tilgung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 SchKG genügt die Berufung auf die Vermutung von Art. 89 Abs. 1 OR nicht.
104 IA 17 () from Feb. 16, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Art. 6 Ziff. 3 EMRK; Strafuntersuchung. Eine Vorschrift, welche die Zulassung des Verteidigers zur Einvernahme des Angeschuldigten in das Ermessen des Untersuchungsbeamten stellt, ist verfassungsmässig (E. 4). Sie wird nicht willkürlich angewendet, wenn der Verteidiger von der ersten Befragung ohne Angabe besonderer Gründe ausgeschlossen wird (E. 3).
104 IA 22 () from March 15, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Grundstückgewinnsteuer. Angebliche, vom Bauherrn selber erbrachte generalunternehmerische Leistungen sind nur dann als wertvermehrende Aufwendungen anzurechnen, wenn sie soweit möglich nachgewiesen werden (Ergänzung der Rechtsprechung).
104 IA 26 () from March 15, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Begriff der Verfügung. Der Beschluss über die Nichtwiederwahl eines Lehrers ist nach basellandschaftlichem Verwaltungsprozessrecht eine anfechtbare Verfügung.
104 IA 31 () from March 22, 1978
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege. § 106 Abs. 1 der Solothurner Zivilprozessordnung verstösst gegen Art. 4 BV, soweit nach dieser Bestimmung regelmässig, nicht nur bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten zu berücksichtigen ist, ob der Gesuchsteller seine Mittellosigkeit selbst verschuldet hat. Rechtsmissbrauch ist nur anzunehmen, wenn der Gesuchsteller gerade im Hinblick auf den zu führenden Prozess auf einen Erwerb verzichtet (Bestätigung der Rechtsprechung).
104 IA 35 () from Feb. 8, 1978
Regeste: Kantonales Strafprozessrecht. Art. 4 BV, persönliche Freiheit. 1. Auslegung von Art. 180 Abs. 3 der Schaffhauser StPO, wonach eine Anklageschrift keine "Verdachtsgründe" enthalten darf. Es verstösst nicht gegen das Willkürverbot, wenn in der Anklageschrift gegen einen Gefängnisarzt, dem fahrlässige Tötung eines Untersuchungsgefangenen durch ungenügende medizinische Betreuung vorgeworfen wird, bei der Darstellung des Sachverhaltes auch die Gründe für die Anordnung und Verlängerung der Untersuchungshaft - unter Angabe der dem Verstorbenen zur Last gelegten Delikte - erwähnt werden (E. 4). 2. Darin, dass durch die Verlesung der Anklageschrift in öffentlicher Verhandlung der gute Ruf des Opfers beeinträchtigt wird, liegt kein Eingriff in die persönliche Freiheit seiner Angehörigen; Abgrenzung des Schutzbereiches dieses Grundrechtes (E. 5a).
104 IA 65 () from March 22, 1978
Regeste: Art. 4 BV; kommunale Zonenplanung, Gehörsanspruch des Grundeigentümers. Beim Erlass eines kommunalen Zonenplanes sind die betroffenen Grundeigentümer in geeigneter Form individuell anzuhören, bevor über die Zoneneinteilung ihrer Grundstücke definitiv entschieden wird. Dieser Gehörsanspruch besteht auch dann, wenn der neue Zonenplan die Nutzungsmöglichkeiten des Grundstückes gegenüber der bisher geltenden Zonenordnung nicht einschränkt. Will die Kantonsregierung die im kommunalen Planfestsetzungsverfahren beschlossene Zoneneinteilung nicht genehmigen, so muss sie, bevor sie eine Änderung des Planes anordnet, die hievon betroffenen Grundeigentümer anhören. Eine nochmalige Anhörung ist nicht erforderlich, wenn die Betroffenen ihre Einwände gegen die von der Kantonsregierung beabsichtigte Zoneneinteilung schon im kommunalen Verfahren vorgebracht haben.
104 IA 69 () from June 21, 1978
Regeste: Art. 4 BV. Rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren. 1. Voraussetzungen, unter denen Berichte verwaltungsinterner Fachstellen dem am Verfahren beteiligten Privaten zur Stellungnahme unterbreitet werden müssen. 2. Der am Verwaltungsverfahren beteiligte Private hat grundsätzlich Anspruch darauf, an den Beweiserhebungen der Verwaltungsorgane teilzunehmen. Eine Ausnahme gilt für Beweiserhebungen, die ihren Zweck nur erfüllen können, wenn sie unangemeldet erfolgen. In derartigen Fällen ist der Gehörsanspruch gewahrt, wenn nachträglich das festgehaltene Beweisergebnis zur Stellungnahme unterbreitet wird.
104 IA 72 () from May 3, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Voraussetzungen des Anspruchs auf Bestellung, eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes in Verfahren, die ganz oder vorwiegend von der Offizialmaxime beherrscht werden (hier: Verfahren betr. Abänderung des Scheidungsurteils in Bezug auf die Kinderzuteilung).
104 IA 88 () from March 8, 1978
Regeste: Art. 4, 31, 55 BV sowie Meinungsäusserungsfreiheit, Informationsfreiheit und Art. 10 EMRK; Information der Öffentlichkeit durch Regierung und Verwaltung. 1. Die Meinungsäusserungsfreiheit und die Pressefreiheit gewährleisten die Freiheit der Meinung, die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Meinungen einschliesslich der Freiheit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten (E. 4). 2. Die von der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit miterfasste Informationsfreiheit verpflichtet die Behörden indessen nicht, Informationen bekanntzugeben. Sofern sie freilich über ihre Tätigkeit informieren und Auskunft erteilen, sind sie an das Rechtsgleichheitsgebot und an das Willkürverbot gebunden (E. 5). 3. Die Bündner Richtlinien für die Information der Öffentlichkeit durch Regierung und Verwaltung vom 12. Juli 1976 verstossen nicht gegen die genannten Grundrechte (E. 6-12).
104 IA 105 () from March 8, 1978
Regeste: Art. 4 BV und Art. 2 ÜbBest. BV; Fristversäumnis im Zivilprozess. 1. Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden (E. 2b; Bestätigung der Rechtsprechung). 2. Eine kantonale zivilprozessuale Regelung, die bloss wegen Nichtleistung des Kostenvorschusses eine erneute gerichtliche Geltendmachung des Klageanspruchs ausschliesst, verstösst gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (E. 4) und wegen Unverhältnismässigkeit und überspitztem Formalismus auch gegen Art. 4 BV (E. 5).
104 IA 113 () from Jan. 25, 1978
Regeste: Art. 4 BV, Gewaltentrennung; Delegation der Befugnis an den Regierungsrat zur Erhebung von Kollegiengeldern an der Universität. Anforderungen an die gesetzliche Grundlage und die Gesetzesdelegation bei der Erhebung einer Benützungsgebühr.
104 IA 120 () from Feb. 8, 1978
Regeste: Raumplanung; Art. 22ter BV, Gemeindeautonomie. 1. Rechtsmittelmöglichkeiten gegen kommunale Zonenpläne nach bündnerischem Verfahrensrecht; Aufspaltung des kantonalen Beschwerdeweges; Überprüfung der Gesetz- und Verfassungsmässigkeit einer angefochtenen Zoneneinteilung durch zwei verschiedene, hierarchisch gleichgeordnete kantonale Beschwerdeinstanzen (Regierung und Verwaltungsgericht); Nachteile eines derartigen Vorgehens (E. 1). 2. Greift eine kantonale Beschwerdeinstanz in die kommunale Zonenplanung ein, weil sie im Vorgehen der Gemeinde einen Verstoss gegen die Eigentumsgarantie erblickt, so kann die Gemeinde mittels Autonomiebeschwerde rügen, dass die kantonale Instanz die Tragweite dieses Grundrechtes verkenne und die Eigentumsgarantie zu Unrecht als verletzt ansehe. Ob der Eingriff in die kommunale Autonomie auf einer richtigen Auslegung dieses verfassungsmässigen Individualrechtes beruht, prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (E. 2b). 3. Verkleinerung des Baugebietes; Auszonung eines Grundstückes; Interessenabwägung (E. 3).
104 IA 131 () from April 26, 1978
Regeste: Gemeindeautonomie (Aargau); Etappierung von Bauzonen; Nichtgenehmigung einer kommunalen Bauvorschrift; Verfahren. 1. Verfahren: a) Zu den Rechtsbehelfen, von denen nach Art. 86 Abs. 2 OG zur Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges Gebrauch zu machen ist, gehört auch das in §§ 68 ff des aargauischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vorgesehene abstrakte Normenkontrollverfahren; Bestätigung der Rechtsprechung (E. 1). b) Bei der Anfechtung von Erlassen kann mit der im Anschluss an den kantonalen Rechtsmittelentscheid erhobenen staatsrechtlichen Beschwerde, unabhängig von der Kognition der kantonalen Rechtsmittelinstanz, auch noch die Aufhebung der angefochtenen Vorschrift selber verlangt werden (E. 2a). c) Hat die kantonale Rechtsmittelinstanz das Vorliegen der gerügten Verfassungsverletzung zu Unrecht verneint, so verletzt ihr Entscheid seinerseits das betreffende Verfassungsrecht (E. 2b). 2. Autonomie der aargauischen Gemeinden im Bereiche des Bau- und Planungswesens. Sinn und Tragweite der dem aargauischen Grossen Rat nach § 147 des kantonalen Baugesetzes zustehenden Zweckmässigkeitskontrolle. Bundesgerichtliche Kognition bezüglich der Ausübung dieser Zweckmässigkeitskontrolle (E. 3). 3. Unterscheidung zwischen Erschliessungsetappierung und Baugebietsetappierung. Überprüfung eines Beschlusses des Grossen Rates, durch den die Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Tägerig abgeändert und anstelle der von den Gemeindebürgern beschlossenen Erschliessungsetappierung eine Baugebietsetappierung vorgeschrieben wird. Keine Verletzung der Gemeindeautonomie (E. 4).
104 IA 148 () from March 1, 1978
Regeste: Art. 84 und Art. 88 OG; Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde. 1. Anfechtbar i.S. von Art. 84 Abs. 1 OG sind Hoheitsakte, die eine kant. Behörde als Trägerin öffentlicher Gewalt erlässt und die eine oder mehrere Personen zu einem bestimmten Tun, Unterlassen oder Dulden verpflichten. Diese Voraussetzungen erfüllt die Anordnung nicht, wonach die kant. Regierung die Durchführung der Feststellung der Angetrunkenheit gemäss SVG mittels öffentlicher Ausschreibung vergibt, und die insofern vom vorausgehenden Zirkular (Dienstanweisung) des kant. Polizeikommandos, das diese Untersuchungen einer bestimmten Person übertrug, abweicht (E. 1). 2. Gemäss Art. 88 OG ist nur derjenige legitimiert, der durch den angefochtenen Hoheitsakt in seinen rechtlich geschützten Interessen berührt wird (E. 2a). Legitimation im vorliegenden Fall verneint (E. 2b).
104 IA 161 () from March 1, 1978
Regeste: Art. 4 BV; administrative Entlassung eines Beamten. 1. Rechtsnatur der Verwaltungsverordnung. Die rechtliche Grundordnung eines Beamtenverhältnisses ist keine Verwaltungsverordnung, sondern hat Rechtssatzcharakter (E. 2). 2. Verhältnis administrativer und disziplinarischer Entlassung eines Beamten (E. 3a). Weiterbeschäftigung des Beamten während einer beschränkten Zeit trotz administrativer Entlassung (E. 3b).
104 IA 167 () from March 22, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Veröffentlichung und Inkrafttreten kantonaler Erlasse. Es ist mit Art. 4 BV grundsätzlich nicht vereinbar, kantonale Erlasse vor ihrer Veröffentlichung anzuwenden.
104 IA 181 () from Sept. 20, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Ausgestaltung des kantonalen Rechtsmittelverfahrens gegen Zonenpläne. Die bündnerische Praxis, wonach kommunale Zonenpläne, je nach Art der erhobenen Rüge, entweder mit verfassungsrechtlicher Beschwerde bei der Regierung oder mit Rekurs beim Verwaltungsgericht anzufechten sind, wobei keine der beiden Beschwerdeinstanzen eine vollumfängliche Prüfung vornimmt, verstösst gegen Art. 4 BV. Zuständig ist nach der heutigen Rechtslage einzig die Regierung, welche auf verfassungsrechtliche Beschwerde hin die Rechtmässigkeit einer angefochtenen Zoneneinteilung vollumfänglich zu prüfen hat.
104 IA 187 () from Nov. 8, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Zulassung zur kantonalen Grundbuchverwalterprüfung. Es ist verfassungswidrig, einem Bewerber die Zulassung zur Grundbuchverwalterprüfung allein deshalb zu verwehren, weil er wegen Dienstverweigerung aus einer religiös-ethischen Überzeugung und in schwerer Gewissensnot bestraft und aus der Armee ausgeschlossen worden ist.
104 IA 196 () from Feb. 8, 1978
Regeste: Art. 31 Abs. 2 BV; Ausübung der Coiffeurberufe. Kantonale Beschränkungen der Handels- und Gewerbefreiheit (E. 2). Genfer Reglement, das die Bewilligung zur Errichtung oder zum Betrieb eines Coiffeursalons von der Voraussetzung abhängig macht, dass dieser unter die Aufsicht eines Coiffeurs, der im Besitz des eidgenössischen oder eines gleichwertigen Fähigkeitsausweises ist, gestellt wird. Fehlende gesetzliche Grundlage dieser Beschränkung (E. 3).
104 IA 201 () from June 7, 1978
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde; anfechtbare Verfügung. Die Prüfungsbefugnis eines kantonalen Verwaltungsgerichts ist eine beschränkte, wenn es den Entscheid der untern Instanz nur auf Ermessensmissbrauch oder -überschreitung hin prüfen kann. In einem solchen Fall kann der Beschwerdeführer zusammen mit dem Entscheid der letzten kantonalen Instanz hinsichtlich der Ermessensbetätigung auch jenen der untern Instanz anfechten, welcher unbeschränkte Kognition zustand (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 1). Art. 31ter und Art. 32quater BV; Bedürfnisklausel. 1. Voraussetzungen, unter denen nach Art. 31ter und Art. 32quater BV einschränkende Massnahmen zulässig sind; Rechtslage im Kanton Tessin gemäss dem Gesetz über die Gaststätten vom 11. Oktober 1967 (E. 5a-c). 2. Muss dann, wenn die Verweigerung eines Wirtschaftspatents aus wirtschaftspolitischen Gründen in Frage steht, zweierlei geprüft werden, nämlich einmal, ob die Eröffnung der neuen Gaststätte eine Gefahr für die Existenz der bestehenden Betriebe schafft und, bejahendenfalls, zweitens, ob die Eröffnung einem Bedürfnis, d.h. einem überwiegenden öffentlichen Interesse, entspricht? Frage offen gelassen (E. 5d), da eine Gesetzgebung wie jene des Kantons Tessin, die eine solche doppelte Prüfung vorsieht, auf jeden Fall nicht verfassungswidrig ist (E. 5e und f). Anforderungen an die Begründung eines Urteils, das weitgehend vom Ermessen der Behörde abhängt. Wenn bei Anwendung einer Norm das Ermessen ausgeübt wird, so sind unter dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV an die Begründung des Entscheids umso höhere Anforderungen zu stellen, je grösser der Spielraum des Ermessens ist und je zahlreicher die tatsächlichen Elemente sind, auf welche sich die Ermessensbetätigung bezieht (E. 5g).
104 IA 215 () from June 21, 1978
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Prinzip der Einheit der Materie. 1. Eine abstrakte Normkontrolle von kantonalen Verfassungsbestimmungen kann das Bundesgericht nicht durchführen (Bestätigung der Rechtsprechung). Die Bundesversammlung hat die Übereinstimmung kantonaler Verfassungsbestimmungen mit dem Bundesrecht, inkl. der von der EMRK gewährleisteten Rechte mit verfassungsrechtlichem Inhalt, zu prüfen (E. 1b und c). 2. Prinzip der Einheit der Materie. Anwendung desselben auf den Verfassungsentwurf des Kantons Bern in seinen neuen Grenzen (E. 2).
104 IA 284 () from Feb. 22, 1978
Regeste: Art. 84 Abs. 1 lit. a OG, Art. 62 Abs. 4 KV-SO und Art. 4 BV; Staatssteuer. 1. Begriff des verfassungsmässigen Rechts im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. a OG (E. 2); Art. 62 Abs. 4 KV-SO, der bestimmt, dass von jedem Einkommen ein zum Leben unbedingt notwendiger Betrag steuerfrei ist, gewährleistet dem Bürger ein solches Recht (E. 3). 2. Möglichkeit des Verfassungswandels; Art. 62 Abs. 4 KV-SO kommt in der Gegenwart nur mehr die Bedeutung zu, dass bestimmte Abzüge (Sozialabzüge) gewährt werden müssen (E. 4). 3. Die gesetzliche Regelung, wonach einem Alleinstehenden, der einen eigenen Haushalt führt, ein grösserer Sozialabzug gewährt wird, als einem Alleinstehenden ohne eigenen Haushalt, verstösst nicht gegen Art. 4 BV (E. 5).
104 IA 297 () from Aug. 28, 1978
Regeste: Art. 12 ff. KV-GE; Art. 240 GE/StPO; Art. 5 EMRK. Verlängerung der Haft, wenn gegen den die Person verurteilenden Entscheid Berufung eingereicht worden und das Urteil der Berufungsinstanz seinerseits Gegenstand einer Kassationsbeschwerde beim Kassationsgericht des Kantons Genf ist. Prüfung der Gesetzmässigkeit dieses Freiheitsentzugs mit Bezug auf die Bestimmungen der kantonalen Verfassung und der kantonalen Strafprozessordnung sowie des Art. 5 EMRK.
104 IA 305 () from Nov. 1, 1978
Regeste: Art. 4 BV und Gewaltentrennung; Numerus-clausus bei der Zulassung zu einem staatlichen Lehrerseminar. 1. Legitimation zur Anfechtung von Erlassen; Voraussetzungen (E. 1). 2. Zulässigkeit der Gesetzesdelegation: die gesetzliche Ermächtigung an die Exekutive, quantitative Zulassungsbeschränkungen einzuführen, muss als "Grundzüge der Regelung" zumindest Art und Zweck der Massnahmen, die für deren Durchführung zuständige Behörde und die Auswahlkriterien in der Delegationsnorm nennen. Art. 66 des Unterrichtsgesetzes des Kantons Wallis erfüllt diese Anforderungen nicht (E. 3). 3. Gewohnheitsrecht als gesetzliche Grundlage: Erfordernis einer Lücke des geschriebenen Rechts und eines unabweislichen Bedürfnisses, sie zu füllen; in casu verneint (E. 4).
104 IA 321 () from Sept. 27, 1978
Regeste: Art. 4 BV. Rechtliches Gehör. Verletzung des rechtlichen Gehörs bei ausgangsgemässer Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen im Zivilprozess ohne Prüfung des begründeten Antrags der unterliegenden Partei auf Kostenteilung.
104 IA 323 () from Dec. 20, 1978
Regeste: Unentgeltliche Rechtspflege im Zivilprozess. 1. Haager Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht; Anwendbarkeit der Bestimmungen über das Armenrecht auf einen im Ausland wohnhaften Schweizer, der in der Schweiz einen Prozess führt? 2. Art. 4 BV; Nachweis der Bedürftigkeit; Glaubhaftmachung genügt, wenn der im Ausland wohnhafte Schweizer die zumutbaren Vorkehren zum Nachweis der Prozessarmut getroffen hat. In jedem Fall steht es der zuständigen Behörde frei, weitere Erkundungen von Amtes wegen einzuholen.
104 IA 328 () from July 5, 1978
Regeste: Eigentumsgarantie; Tessiner Baurecht; Ausnützungsziffer; Anwendung auf in verschiedenen Bauzonen gelegene Grundstücke. 1. Ausnützungsziffern stellen im allgemeinen keinen schweren Eingriff in die Eigentumsgarantie dar. Die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts ist somit in solchen Fällen auf Willkür beschränkt (E. 4). 2. Begriff der Überbauungs- und Ausnützungsziffer. Das Tessiner Baurecht zieht beide in Rechnung (E. 5). 3. Liegen zwei benachbarte Grundstücke in verschiedenen Bauzonen, so ist es nicht willkürlich, bei der Ermittlung der anrechenbaren Landfläche des einen den nicht ausgeschöpften Teil der Ausnützungsziffer des andern Grundstücks nicht zu berücksichtigen (E. 5).
104 IA 336 () from Nov. 1, 1978
Regeste: Güterzusammenlegung; gesetzliche Grundlage für eine Gewinnbeteiligung des früheren Eigentümers. 1. Das Institut der Gewinnbeteiligung ist nicht notwendiger Wesensbestandteil einer Güterzusammenlegung (E. 4a). 2. Einschränkende Auslegung einer Kompetenzabtretung vom kantonalen Gesetzgeber an eine kommunale öffentlichrechtliche Körperschaft (E. 4b und c). 3. Die Gewinnbeteiligungspflicht als schwerwiegende Eigentumsbeschränkung (E. 4d).
104 IA 343 () from July 5, 1978
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Ungültigerklärung einer Initiative. 1. Natur einer Initiative nach neuenburgischem Recht, die auf Erweiterung der Volksrechte gerichtet ist (Verfassungs- oder Gesetzesinitiative) (E. 2 und 3). 2. Grundsätze der Auslegung eines Initiativtextes; Anwendung derselben auf den konkreten Fall (E. 4).
104 IA 360 () from Dec. 13, 1978
Regeste: Kantonale Wahlen. Wahllistenverbindung. 1. a) Legitimation politischer Parteien zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen eine Wahl (E. 1a). b) Kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1b). 2. Nach waadtländischem Recht zuständige Behörde für die Entgegennahme von Listenverbindungserklärungen (E. 2). 3. Eine Listenverbindungserklärung, die den Stimmbürgern nicht auf irgendeine Weise bekannt gemacht worden ist, ist unwirksam (E. 3).
104 IA 377 () from Oct. 4, 1978
Regeste: 1. Inhalt und Umfang der von der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit miterfassten Informationsfreiheit (E. 2). 2. Bedeutung des Rechtsgleichheitsgebots bei der Abgabe von Presseunterlagen durch die Behörden (E. 3).
104 IA 381 () from Nov. 1, 1978
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde der Gemeinde zur Wahrung ihrer Existenz oder des Bestandes ihres Gebietes. 1. Im Rahmen einer solchen Beschwerde kann die Gemeinde die Willkürrüge nur erheben, wenn diese mit der Rüge wegen Verletzung der Existenz- oder Bestandesgarantie eng zusammenhängt (E. 1). 2. Die Gemeinde ist auch dann zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid sich darauf beschränkt, einer anderen Gemeinde ein bisher umstrittenes Gebiet zuzusprechen (Änderung der Rechtsprechung) (E. 3). 3. Auch bei Beschwerden der Gemeinden bezüglich ihrer Existenz oder des Bestandes ihres Gebietes prüft das Bundesgericht alle Fragen, die nicht die Auslegung und Anwendung besonderer Normen der Verfassungsstufe betreffen, bloss auf Willkür (E. 6b). Gebietshoheit über die Alp von Campo la Torba im Sambuco-Tal, Gegenstand eines jahrhundertealten Streites zwischen den Gemeinden Fusio im Maggiatal und Airolo im Livinental. Prüfung des Entscheides des Regierungsrates, der die Alp zum integrierenden Bestandteil des Gebietes von Fusio erklärt, im Lichte rechtsgeschichtlicher Gutachten, historischer Dokumente - insbesondere der Abschiede der Tagsatzung - und der geographischen Lage (E. 7 bis E. 9).
104 IA 408 () from Dec. 13, 1978
Regeste: Kantonales Zivilprozessrecht. Art. 4 BV, vorsorgliche Massnahmen gemäss Art. 31 MSchG. 1. Überprüfungsbefugnis des zürcherischen Kassationsgerichts hinsichtlich prozessualer und materiellrechtlicher Rügen (E. 3). 2. Ist in einem Streit um vorsorgliche Massnahmen nach MSchG die Frage, ob der Kläger "glaubhaft gemacht" hat, dass die Gegenpartei sein Markenrecht verletzt hat, materieller oder prozessualer Natur? Begriff des "Glaubhaftmachens" (E. 4 und 5).
104 IA 440 () from Dec. 13, 1978
Regeste: Art. 4 und 56 BV; Gewaltentrennung; Schaffung einer öffentlichrechtlichen studentischen Körperschaft. 1. Die Schaffung einer öffentlichrechtlichen Körperschaft ohne Zwangsmitgliedschaft verletzt die Vereinsfreiheit nicht (E. 3). 2. Die Schaffung einer öffentlichrechtlichen Körperschaft bedarf formeller gesetzlicher Grundlage (E. 4). Erfordernis im vorliegenden Fall nicht erfüllt (E. 5).
104 IA 448 () from April 26, 1978
Regeste: Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und Spanien vom 31. August 1883. - Haftbefehl gegen einen spanischen Anwalt, provisorische Haftentlassung desselben gegen Kaution; dieser war zuerst Wahlverteidiger eines Beschuldigten, wurde dann von diesem als Zeuge angerufen und in dieser Eigenschaft wegen Teilnahme an den seinem Ex-Klienten zur Last gelegten Straftaten verhaftet. - "Salvus-conductus"-Klausel.
104 IA 465 () from Nov. 22, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Verweigerung des rechtlichen Gehörs im Rechtsöffnungsverfahren. Holt der Betriebene die Vorladung zur Rechtsöffnungsverhandlung zwar innert der ihm von der Post angesetzten Abholungsfrist von sieben Tagen, jedoch erst nach dem Verhandlungstermin ab, so ist - abgesehen von Fällen offensichtlichen Rechtsmissbrauchs - der Rechtsöffnungsentscheid auf Beschwerde des Betriebenen wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (E. 3).
104 IB 28 () from Jan. 25, 1978
Regeste: Enteignungsrecht für den Bezug der zur Erstellung eines Werkes erforderlichen Baustoffe; Art. 4 lit. c EntG. 1. Bei Ausübung des ihnen in Art. 39 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 NSG übertragenen Enteignungsrechtes können sich die Kantone unterschiedslos auf alle Bestimmungen des EntG stützen, welche die Voraussetzungen, den Umfang und den Gegenstand der Enteignung regeln, insbesondere auf die Art. 1, Art. 4 und Art. 5 EntG (E. 3). 2. Einzige im EntG gestellte Bedingung für die Inanspruchnahme des Enteignungsrechtes zum Abbau (Bezug) der in einem Grundstück liegenden Baustoffe ist, dass bei deren Beschaffung aus einem weiter entfernten Ort sehr schwere Unzukömmlichkeiten wegen übermässiger Kosten oder technischer Schwierigkeiten der Herbeischaffung entständen; hingegen ist nicht erforderlich, dass der fragliche Grundeigentümer eine übertriebene Entschädigung verlangt oder es rundweg ablehnt, die Ausbeutung gütlich einzuräumen. Auslegung von Art. 4 lit. c EntG aufgrund seiner Entstehungsgeschichte, aufgrund der unter Herrschaft des früheren EntG von 1850 vom Bundesrat entwickelten Praxis und aufgrund des Zweckes und des Wesens des Rechtsinstitutes der Enteignung selbst (E. 5). 3. Ist die genannte Bedingung im vorliegenden Fall erfüllt? (E. 7).
104 IB 119 () from July 12, 1978
Regeste: Verfahren; rechtliches Gehör. 1. Ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über die Verweigerung einer Bewilligung nach Art. 4 Abs. 3 BMR unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit dieser kann auch eine Verletzung des verfassungsmässigen Gehörsanspruchs gerügt werden. Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1). 2. Tragweite des aus Art. 4 BV folgenden Anspruchs der Parteien auf Teilnahme an einem Augenschein. Voraussetzungen, unter denen die Verwaltungsorgane einen Augenschein unangemeldet oder ohne Beizug der Parteien vornehmen dürfen (E. 2).
104 IB 129 () from Sept. 29, 1978
Regeste: Verfahren. Beamtenrecht; vorläufige Dienstenthebung gemäss Art. 52 BtG. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Auslegung des Art. 100 lit. a OG; Ausschlussgrund hier verneint (E. 1). 2. Die vorläufige Dienstenthebung gemäss Art. 52 BtG ist nicht als Zwischenverfügung, sondern als Endverfügung einzustufen (E. 2). 3. Die vorläufige Dienstenthebung gemäss Art. 52 BtG darf nicht ohne vorgängige Anhörung des Betroffenen erfolgen. Auslegung von Art. 30 Abs. 2 lit. e VwVG. (E. 3-7).
104 IB 205 () from Feb. 3, 1978
Regeste: Schlachtviehordnung. Überprüfung einer bundesrätlichen Verordnung durch ein Departement (E. 2). Gesetz- und Verfassungsmässigkeit von Art. 17 Abs. 3 SV in der Fassung von 1976 (E. 3, 4). Vereinbarkeit der sofortigen Inkraftsetzung des revidierten Art. 17 Abs. 3 SV mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit und mit Art. 4 BV (E. 5). Liegt in der sofortigen Anwendung des revidierten Art. 17 Abs. 3 SV auf neue Kontingentsberechnungen eine unzulässige Rückwirkung? Frage verneint (E. 6).
104 IB 385 () from March 17, 1978
Regeste: Besteuerung eines durch eine Erbengemeinschaft bei Veräusserung oder Verwertung von Geschäftsliegenschaften erzielten Kapitalgewinns (Art. 21 Abs. 1 lit. d und Art. 43 WStB; Art. 19 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Steuergesetz des Kantons Tessin vom 11. April 1950). 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Veranlagung betreffend die Wehrsteuer bzw. der staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Veranlagung betreffend die kantonalen Steuern. Ein Erbe, der nicht in dem gemäss Art. 77 ff. WStB für die angefochtene Veranlagung zuständigen Kanton Wohnsitz hat, ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht legitimiert; er kann indessen als Mitbeteiligter im Sinn von Art. 110 OG betrachtet werden (E. 2a/b). 2. Verhältnis zwischen der Einkommenssteuer und der Spezialsteuer betreffend Grundstückgewinne. Rechtslage in verschiedenen Kantonen und im besonderen im Kanton Tessin gemäss dem Steuergesetz von 1950 sowie dem Gesetz betreffend die Grundstückgewinnsteuer vom 17. Dezember 1964 (E. 5-7). 3. Entstehung der Steuerforderung gegenüber einer Erbengemeinschaft: Die Steuerforderung entsteht erst mit der Veräusserung oder einer auf die Dauer ausgerichteten und endgültigen Verwertung der vom Erbgang betroffenen Geschäftsliegenschaften, sofern nicht alle oder einzelne Erben durch eine ausdrückliche Erklärung die Überführung ihres Anteils aus dem Geschäftsvermögen in ihr Privatvermögen herbeiführen (E. 8-E. 14: Wehrsteuerrecht; E. 15: kant. Recht). 4. Wertzerlegung einer gemischt genutzten Liegenschaft. Vereinbarkeit des Merkblatts der Eidg. Steuerverwaltung vom 23. Juli 1969 über die Besteuerung von Gewinnen aus teils geschäftlich und teils privat genutzten Liegenschaften (s. ASA 38, 128 ff. u. 131 ff.; Rivista tributaria ticinese 1969, 108 ff.) mit dem WStB (E. 18a).
104 II 222 () from May 31, 1978
Regeste: Art. 4 BV; Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis: Unentgeltlichkeit des Verfahrens. Art. 343 Abs. 3 OR über die Unentgeltlichkeit des Verfahrens gilt auch in Streitigkeiten über prozessuale Nebenpunkte.
104 IV 68 () from May 31, 1978
Regeste: 1. Art. 269 BStP. Die Vereinigung von Nichtigkeitsbeschwerde und staatsrechtlicher Beschwerde in einer gemeinsamen Eingabe ist nur zulässig, wenn beide Rechtsmittel hinsichtlich Antrag und Begründung klar auseinandergehalten werden (Erw. 2). 2. Art. 271 Abs. 1 BStP, Art. 58 und Art. 60 StGB. a) Eine auf den Zivilweg verwiesene adhäsionsweise geltend gemachte Schadenersatzforderung ist nicht mit der Strafklage "beurteilt" (Erw. 3b). b) Die Einziehung von Verbrechensgut zuhanden des Staates gemäss Art. 58 StGB wird nicht zur Befriedigung eines Zivilanspruchs verhängt (Erw. 3c). c) Ein auf Art. 60 StGB gestütztes Begehren des Geschädigten betrifft keinen Zivilanspruch (Erw. 3d).
104 V 19 () from Jan. 19, 1978
Regeste: Art. 67 Abs. 3 KUVG. Deltasegeln an sich ist kein Wagnis, kann es aber umständehalber sein.
104 V 174 () from Aug. 28, 1978
Regeste: Art. 45 VwVG, 101 lit. a OG und 30ter KUVG. Eine Zwischenverfügung des Schiedsgerichts gemäss Art. 25 KUVG, welche das Ausstandsbegehren gegen einen mitwirkenden Schiedsrichter abweist, ist selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar (Erw. 1). Art. 25 Abs. 4 KUVG. Ein Schiedsrichter kann nicht deswegen als befangen abgelehnt werden, weil er bereits am vorangegangenen Vermittlungsverfahren vor der Schlichtungsinstanz mitgewirkt hat (Erw. 2 und 3).
104 V 209 () from Dec. 4, 1978
Regeste: Art. 71 und 121 Abs. 1 KUVG, Art. 12 und 13 VwVG. - Umfang der Pflicht zur Beweisabnahme. - Bedeutung der von der SUVA während des Administrativverfahrens eingeholten Gutachten für den Sozialversicherungsprozess.
105 IA 2 () from Jan. 17, 1979
Regeste: Art. 4 BV, Grundsatz der Gewaltentrennung. Gesetzliche Grundlage zur Erhebung einer Gemengsteuer. 1. § 371 des solothurnischen EGzZGB stellt keine genügende Grundlage zur Erhebung der Promillegebühr dar (E. 1). 2. Gewohnheitsrechtliche Grundlage der solothurnischen Promillegebühr? Gewohnheitsrecht vermag eine formell-gesetzliche Grundlage im Prinzip auch dann nicht zu ersetzen, wenn die zu erhebende Steuer einst eine den heutigen Anforderungen entsprechende gesetzliche Grundlage besass und ihr nachträglich verlustig ging (E. 2a). Im konkreten Fall fehlen zudem die Voraussetzungen für die Bildung von Gewohnheitsrecht (E. 2b).
105 IA 15 () from March 28, 1979
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Presse- und Meinungsäusserungsfreiheit. 1. Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges. Gleichzeitige Anfechtung eines kantonalen Entscheides mit staatsrechtlicher Beschwerde und mit einem kantonalen Rechtsmittel (E. 2). 2. Wer wegen Missachtung einer mit einer Bewilligung verbundenen Auflage bestraft wird, kann im Rahmen einer erst an den Strafentscheid anschliessenden staatsrechtlichen Beschwerde, vorbehältlich gewisser Ausnahmen, die Frage der Verfassungsmässigkeit der Bewilligungsverfügung nicht mehr aufwerfen (E. 3). 3. Das Aufstellen eines Informationsstandes auf öffentlichem Grund zur Verteilung von Flugblättern darf als gesteigerter Gemeingebrauch auch dann bewilligungspflichtig erklärt werden, wenn die Ausübung ideeller Freiheitsrechte in Frage steht. Beim Entscheid über die Zurverfügungstellung eines öffentlichen Standplatzes darf die Behörde, innerhalb gewisser Schranken, auch den Inhalt der zur Verteilung bestimmten Flugblätter berücksichtigen bzw. die Bewilligung in dieser Hinsicht an gewisse Auflagen knüpfen (E. 4).
105 IA 26 () from Jan. 31, 1979
Regeste: Untersuchungshaft; persönliche Freiheit, Art. 5 Ziff. 1 und 3 EMRK. 1. Ausnahme vom Grundsatz der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde; Zulässigkeit des Antrages auf Anordnung der Haftentlassung (E. 1). 2. Haftgrund der Wiederholungsgefahr (E. 3c). Vereinbarkeit dieses Haftgrundes mit Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK (E. 4a). 3. Zulässige Dauer der Untersuchungshaft; Art. 5 Ziff. 3 EMRK (E. 4b). 4. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf der Fortgang der Untersuchung nicht gehindert werden; von den Untersuchungsbehörden wird erwartet, dass sie die wesentlichen Akten im Doppel haben (E. 4b). 5. Die Erfüllung des verfassungsmässigen Anspruches auf eine minimale körperliche Bewegungsmöglichkeit (täglich ein halbstündiger Spaziergang an der frischen Luft) darf nicht von der Einwilligung zum vorzeitigen Strafantritt abhängig gemacht werden (E. 5a).
105 IA 36 () from May 10, 1979
Regeste: Staats- und Beamtenhaftung. Zeitlicher Geltungsbereich der durch den revidierten Art. 21 der Walliser Kantonsverfassung neu eingeführten direkten Staatshaftung.
105 IA 43 () from March 9, 1979
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation. 1. Die Zulässigkeit und Höhe einer Gebühr überprüft das Bundesgericht grundsätzlich nach Massgabe von Art. 4 BV. Ist die Rechtmässigkeit der Gebühr indessen abhängig von der Zulässigkeit einer Eigentumsbeschränkung, so kann auch die Eigentumsgarantie angerufen werden (E. 1b). 2. Der Mieter ist befugt, sich gegen Eingriffe in das Eigentum zu wehren, wenn er dadurch in seinen Rechten als Mieter betroffen wird (E. 1c).
105 IA 47 () from April 5, 1979
Regeste: Beschwerde privater wegen Verletzung des Art. 4 BV und der Gemeindeautonomie. Ein Privater kann im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung seiner verfassungsmässigen Rechte nur dann vorfrageweise eine Verletzung der Gemeindeautonomie rügen, wenn an sich auf die Beschwerde wegen Verletzung seiner verfassungsmässigen Rechte eingetreten werden kann.
105 IA 49 () from May 16, 1979
Regeste: Verwaltungsverfahren; rechtliches Gehör. Haben die Verwaltungsorgane einen Augenschein, dem für die rechtserhebliche Abklärung des umstrittenen Sachverhaltes wesentliche Bedeutung zukam, nicht in Anwesenheit des beteiligten Privaten oder seines Vertreters durchgeführt, so wurde jener in seinem aus Art. 4 BV abgeleiteten Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
105 IA 54 () from May 4, 1979
Regeste: Art. 88 OG, Art. 4 BV; Erbschaftssteuer. 1. Drittpersonen steht die Beschwerdebefugnis nicht zu, wenn sie in einem Verfahren nur dadurch betroffen sind, dass sie sich einem Steuerpflichtigen gegenüber verpflichtet haben, eine geschuldete Steuer zu übernehmen (E. 1b). 2. Im Erbschaftssteuerrecht ist grundsätzlich ein Vergleich zwischen den Erben zu berücksichtigen, wenn durch diesen ernsthafte Zweifel an der erbrechtlichen Lage beseitigt werden und wenn sich die getroffene Vereinbarung nicht offensichtlich gegen den Fiskus richtet (E. 2 und 3a).
105 IA 67 () from May 11, 1979
Regeste: Art. 4, 31 und 33 BV; Anwaltsmonopol in Steuersachen. 1. Legitimation der Partei zur staatsrechtlichen Beschwerde, wenn eine von ihr bevollmächtigte Person nicht als Parteivertreter zugelassen wurde (E. 1b). 2. Anwaltsmonopol und Handels- und Gewerbefreiheit: a) Inwiefern hat eine gesetzliche Ordnung der gewillkürten Parteivertretung die Handels- und Gewerbefreiheit zu beachten (E. 4)? b) Öffentliche Interessen, welche Einschränkungen der gewillkürten Parteivertretung rechtfertigen können (E. 5). c) Ist es mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip vereinbar, die gewillkürte Parteivertretung vor der obersten kantonalen Steuerjustizbehörde allein den Rechtsanwälten vorzubehalten? (Frage offen gelassen). Überblick über den Rechtszustand in den Kantonen (E. 7).
105 IA 91 () from June 27, 1979
Regeste: Art. 4 BV, Meinungsäusserungsfreiheit; Standaktion auf öffentlichem Grund. 1. Das Aufstellen von Ständen auf öffentlichem Grund darf bewilligungspflichtig erklärt werden; Bestätigung der Rechtsprechung (E. 2). 2. Ermessen der Behörde; zu berücksichtigende Interessen (E. 3). 3. Interessenabwägung in einem Fall, in welchem die Gesuchsteller die Bewilligung von fünf Standaktionen innerhalb eines Zeitraumes von rund eineinhalb Monaten auf demselben öffentlichen Platz anbegehrt haben (E. 4).
105 IA 104 () from March 21, 1979
Regeste: Art. 13 EMRK; die Tatsache, dass Verfügungen des Staatsanwalts nicht bei einer kantonalen Rekursinstanz angefochten werden können, stellt keine Verletzung der EMRK dar, wenn sie das Bundesgericht unmittelbar aufgrund einer staatsrechtlichen Beschwerde prüfen kann.
105 IA 107 () from March 29, 1979
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde, Subsidiarität (Art. 84 Abs. 2 OG). Die staatsrechtliche Beschwerde ist unzulässig, wenn die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Verfügung steht, sie ist es, selbst wenn die Frist für die Einreichung der letztgenannten nur zehn Tage beträgt, weil der angefochtene Entscheid eine Zwischenverfügung ist (Art. 106 OG).
105 IA 108 () from May 9, 1979
Regeste: Art. 88 OG. Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen Pläne. Anfechtung einer Planungszone wegen Nichteinbezug eines Drittgrundstückes.
105 IA 113 () from May 21, 1979
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege. Begriff der Aussichtslosigkeit eines Zivilprozesses.
105 IA 115 () from July 19, 1979
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege. Die Auffassung, eine gerichtliche Abschreibungsverfügung, welche gestützt auf die Erklärung des Gesuchstellers betreffend den Rückzug seines Begehrens um unentgeltliche Prozessführung getroffen wurde, könne wegen behaupteter Willensmängel nicht mit einem Rechtsmittel, sondern nur durch Klage in einem neuen, selbständigen Prozess angefochten werden, ist unhaltbar (E. 1). Eine Fehleinschätzung der Prozesschancen kann keinen wesentlichen, d.h. rechtlich beachtlichen Irrtum darstellen (E. 2).
105 IA 120 () from June 1, 1979
Regeste: Art. 4 BV; Prinzip der gleichen Besoldung der Geschlechter. Unabhängig von finanziellen Schwierigkeiten eines Kantons steht Lehrerinnen der Anspruch auf gleiche Besoldung mit Wirkung vom Datum der angefochtenen Anstellungsverfügung zu.
105 IA 122 () from July 10, 1979
Regeste: Art. 4 BV. Eine Behörde handelt willkürlich, wenn sie ein öffentlichrechtliches Dienstverhältnis nachträglich in eine zivilrechtliche Anstellung umdeutet, weil es angeblich gewissen Vorschriften des Beamtenrechts nicht entspricht.
105 IA 127 () from Aug. 15, 1979
Regeste: Anspruch auf angemessene Parteientschädigung desjenigen, dessen Rechtsmittel in einer Strafsache vollumfänglich oder teilweise gutgeheissen wird. 1. Die schweizerische Rechtsordnung kennt keinen allgemeinen und unbestrittenen Grundsatz, wonach die kantonalen Behörden dem in einem Strafverfahren obsiegenden Beschwerdeführer auch bei Fehlen entsprechender Gesetzesbestimmungen eine Parteientschädigung zusprechen müssen (E. 2b). 2. Weder Art. 5 noch Art. 6 EMRK gewährleisten einen solchen Anspruch (E. 3).
105 IA 134 () from March 2, 1979
Regeste: Art. 4 und 22ter BV; Gewaltentrennung; Verfassungsmässigkeit der Abschöpfung von Planungsmehrwerten. 1. Begriff der Mehrwertabschöpfung (E. 2). 2. Die Eigentumsgarantie gewährt in ihrer Form als Institutsgarantie einen Schutz vor konfiskatorischer Besteuerung (E. 3a). Eine Abschöpfung von bis zu 60 Prozent des durch Planungsmassnahmen verursachten Mehrwerts verletzt die Eigentumsgarantie nicht (E. 3b). 3. Die Erhebung von Mehrwertabgaben verstösst nicht gegen die Rechtsgleichheit (E. 4a). 4. Mehrwertabgaben unterliegen grundsätzlich den gleichen Anforderungen an die gesetzliche Grundlage wie Steuern (E. 5b). Unzulänglichkeit der gesetzlichen Regelung im vorliegenden Fall (E. 5c).
105 IA 157 () from July 10, 1979
Regeste: Art. 4 und 58 BV; Ausstand eines Gerichts in seiner Gesamtheit. 1. Tragweite von Art. 58 Abs. 1 BV im allgemeinen; Verhältnis zum kantonalen Prozessrecht; Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 3-5). 2. Aus Art. 58 Abs. 1 BV ergibt sich, dass der Ausstand eines Gerichts in seiner Gesamtheit nur aus erheblichen Gründen bewilligt werden soll (E. 6a und b). 3. Abwägung im konkreten Fall (E. 6c).
105 IA 172 () from Oct. 3, 1979
Regeste: Art. 4 und 58 BV; Besetzung des urteilenden Gerichts. 1. Tragweite von Art. 58 Abs. 1 BV im allgemeinen: Verhältnis zu Art. 4 BV und zum kantonalen Gerichtsverfassungsrecht; Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 2 und 3). 2. Verletzung von Art. 58 Abs. 1 BV durch willkürliche Auslegung des kantonalen Gerichtsverfassungsrechts? (E. 4). 3. Anderweitige Verletzung von Art. 58 Abs. 1 und Art. 6 EMRK? (E. 5 und 6).
105 IA 190 () from July 24, 1979
Regeste: Art. 4 BV; kantonale Prüfung. Kognition des Bundesgerichts bei staatsrechtlichen Beschwerden gegen kantonale Examensentscheide.
105 IA 193 () from July 10, 1979
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör. Allgemeine Voraussetzungen des aus Art. 4 BV folgenden Minimalanspruches auf rechtliches Gehör.
105 IA 205 () from Oct. 3, 1979
Regeste: Hafterstreckung; rechtliches Gehör. Art. 4 BV, Art. 5 EMRK. Aus Art. 4 BV ergibt sich kein Rechtsanspruch des Untersuchungsgefangenen auf Anhörung vor jeder Hafterstreckung. Hingegen muss ihm - auch nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK - eine Beschwerdemöglichkeit gegen die Haftverlängerung eingeräumt werden. Das Recht, ein Haftentlassungsgesuch stellen zu können, kann dieser Beschwerdemöglichkeit gleichgestellt werden.
105 IA 207 () from May 11, 1979
Regeste: Art. 4 BV; Kanalisationsbaubeitrag, öffentlichrechtlicher Vertrag. 1. Zulässigkeit öffentlichrechtlicher Verträge (E. 2a). 2. Durchsetzung öffentlichrechtlicher Verträge; Erhebung von Einwendungen, mit denen die Gültigkeit des Vertrags bestritten wird (E. 2b). 3. Wann bewirkt ein inhaltlicher Mangel die Ungültigkeit eines den Bürger belastenden öffentlichrechtlichen Vertrags (E. 2b)? Geltendmachung von Willensmängeln (E. 2c).
105 IA 214 () from Oct. 12, 1979
Regeste: Art. 4 BV; Rückerstattung von Gebühren. Es verstösst gegen Art. 4 BV, die Rückerstattung von Bewilligungsgebühren für das Aufstellen von Geldspielautomaten zu verweigern, wenn infolge einer Gesetzesänderung der Betrieb dieser Automaten während der Bewilligungsdauer verboten wird.
105 IA 219 () from Sept. 26, 1979
Regeste: Art. 4 und 22ter BV; Strandwegprojekt, Interessen der Seeanstösser. Der Anstoss eines Grundstückes an ein öffentliches Gewässer bildet - abweichende kantonale Vorschriften vorbehalten - lediglich einen für den Eigentümer günstigen tatsächlichen Zustand, der im öffentlichen Interesse geändert werden kann. Die tatsächliche Vorzugsstellung verschafft dem Anstösser kein unter dem Schutz der Eigentumsgarantie stehendes Recht auf Fortbestand des Seeanstosses (E. 2). Das Strandwegprojekt verletzt den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht (E. 3).
105 IA 223 () from Oct. 24, 1979
Regeste: Planungszonen gemäss § 346 des zürcherischen Planungs- und Baugesetzes. - Öffentliches Interesse an einer Planungszone; Sinn und Zweck der Planungszonen, welche die Durchführung einer Richtplanung (des kantonalen Gesamtplanes) sichern (E. 2 a-d). - Inwiefern können die durch die Planungszonen bewirkten Eingriffe angefochten werden, inwiefern ist zuzuwarten bis die Nutzungsplanung vorliegt? Rechtsschutz unter dem neuen RPG (E. 2 d, e).
105 IA 271 () from May 4, 1979
Regeste: Nichtwiederwahl eines kantonalen Beamten 1. a) Sofern das kantonale Recht den Beamten keinen Anspruch auf Wiederwahl gewährt, greift die Wahlbehörde durch die Nichterneuerung des Beamtenverhältnisses nicht in rechtlich geschützte Interessen des Beamten ein, so dass diesem aufgrund von Art. 88 OG die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde fehlt (E. 2 a-c). b) Hingegen kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund von Art. 4 BV zustehen (E. 2d). 2. Vor der bloss antragstellenden Behörde besteht unmittelbar gestützt auf Art. 4 BV kein Anspruch auf rechtliches Gehör (E. 3b).
105 IA 307 () from May 4, 1979
Regeste: Vollstreckung eines kanadischen Zivilurteils gemäss § 323 der solothurnischen ZPO. Erfordernis der gesetzlichen Vorladung zur Urteilsverhandlung gemäss § 323 Abs. 2 lit. c ZPO; willkürliche Anwendung dieser Bestimmung verneint (E. 3). Völkerrechtliche Zulässigkeit der Postzustellung von ausländischen Gerichtsakten? (E. 3.) Verstoss gegen Treu und Glauben durch Geltendmachen eines Fehlers in der Zustellung der Vorladung? (E. 4.)
105 IA 349 () from July 13, 1979
Regeste: Anfechtung der Weisungen der Finanzdirektion an die Steuerbehörden über die Neueinschätzung der Liegenschaften. 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte (E. 2 und 3). a) Anfechtung von Verwaltungsverordnungen (Präzisierung der Rechtsprechung, E. 2a). b) Legitimation zur Anfechtung von Verfügungen und Erlassen wegen Privilegierung Dritter (E. 3). 2. Zulässigkeit der Stimmrechtsbeschwerde (E. 4). Erlasse der Verwaltung, die nach der verfassungsrechtlichen Ordnung zum vorneherein nicht der Volksabstimmung unterliegen, sind nicht mit Stimmrechtsbeschwerde anfechtbar. Zulässig ist einzig die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gewaltentrennung. Die Stimmrechtsbeschwerde kann auch nicht gegen Einzelverfügungen der Verwaltung ergriffen werden, mit der Begründung, dass die Verfügung im Ergebnis einer Gesetzesänderung gleichkomme.
105 IA 379 () from Oct. 31, 1979
Regeste: Persönliche Freiheit; Art. 6 EMRK. Es bedeutet weder eine Verletzung des Grundrechts der persönlichen Freiheit noch der Europäischen Menschenrechtskonvention, wenn das Recht des unbeaufsichtigten Verkehrs mit den Untersuchungs- und Sicherheitsgefangenen nur dem Verteidiger selbst, nicht aber seinen Hilfspersonen gewährt wird.
105 IA 396 () from Dec. 12, 1979
Regeste: Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK. Aufgrund dieser Vorschrift ist dem Angeklagten - von gewissen Ausnahmefällen abgesehen - wenigstens einmal während des Strafverfahrens Gelegenheit zu geben, der Einvernahme von Belastungszeugen beizuwohnen und Ergänzungsfragen zu stellen oder aber nach Einsicht in das Einvernahmeprotokoll schriftlich Ergänzungsfragen an diese Zeugen zu stellen.
105 IB 49 () from June 29, 1979
Regeste: Erwerb des Schweizer Bürgerrechts (Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 57 Abs. 6 BüG). 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide, welche sich auf das BüG stützen (E. 1a). 2. Diejenige Mutter ist "von Abstammung Schweizer Bürgerin" im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. a und 57 Abs. 6 BüG, die das Bürgerrecht von Gesetzes wegen von ihrem Vater oder ihrer Mutter erworben hat oder die durch behördlichen Beschluss aufgrund des Kindesverhältnisses zu ihrem Vater oder ihrer Mutter Schweizer Bürgerin geworden ist (E. 2c-5a). 3. Nicht von Abstammung Schweizer Bürgerin ist die Mutter, die das Bürgerrecht unabhängig von der Beziehung zu schweizerischen Vorfahren erworben hat (E. 5b).
105 IB 72 () from June 1, 1979
Regeste: Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Liste der Ausweise, die zur prüfungsfreien Zulassung oder zur Zulassung mit reduzierter bzw. umfassender Aufnahmeprüfung in das erste Semester der ETH berechtigen. 1. Art. 100 lit. k OG ist im Fall der Anerkennung eines ausländischen Maturitätszeugnisses nicht anwendbar (E. 1c). 2. Der Schweizerische Schulrat darf mit einem dem Bundesrat nicht zur Genehmigung unterbreiteten Reglement nicht eines seiner Reglemente abändern, die vom Bundesrat genehmigt worden sind (Grundsatz des Parallelismus der Rechtssetzungsformen).
105 IB 84 () from March 7, 1979
Regeste: Wehrsteuer, kantonale Ertragssteuer; verdeckte Gewinnausschüttung. Es ist mit dem WStB nicht vereinbar, wenn sich die Veranlagungsbehörde beim Entscheid darüber, ob durch den Verkauf einer Liegenschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung getätigt worden sei, an den im Rahmen der Vermögenssteuer ermittelten Schätzungswert der Liegenschaft gebunden erachtet (E. 2). Hinsichtlich der kantonalen Ertragssteuer verstösst diese Auffassung gegen Art. 4 BV (E. 3).
105 IB 154 () from July 13, 1979
Regeste: Schweizerbürgerrecht, Wiedereinbürgerung. Art. 21 BüG. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiet des Schweizerbürgerrechts (E. 1). 2. Materielle Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 21 BüG (E. 2). 3. Frist zur Einreichung eines Gesuchs nach Art. 21 BüG. Wiederherstellung der Frist gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben? Frage offen gelassen (E. 3-5).
105 IB 265 () from June 27, 1979
Regeste: Art. 26bis Abs. 1 FPolV; Untergang der Wieder- und Ersatzaufforstungspflicht durch Zeitablauf. 1. Auch nicht vermögensrechtliche Ansprüche des öffentlichen Rechts können der Verjährung unterliegen (E. 3a). Ausnahme bei Polizeigütern (E. 3b). 2. Übertragung der Unterscheidung von Veranlagungs- und Bezugsverjährung im Abgaberecht auf die Frage der Verjährbarkeit der Wieder- oder Ersatzaufforstungspflicht (E. 4). 3. Die Befugnis der Behörden, nach einer wiederrechtlichen Rodung eine Ersatz- oder Wiederaufforstung anzuordnen, ist auf 30 Jahre befristet (Verwirkungsfrist), analoger Beizug der Regel von Art. 662 ZGB (E. 6a und b). Vorbehalt des Schutzes von Treu und Glauben und des gutgläubigen Erwerbs (E. 6c). 4. Verjährbarkeit der konkret angeordneten Ersatz- oder Wiederaufforstungspflicht; Frage offen gelassen (E. 5).
105 IB 416 () from Sept. 11, 1979
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959. Entsiegelung von im Rahmen eines Rechtshilfeverfahrens beschlagnahmten Akten. Verhältnis zwischen Entsiegelungsverfahren und Rechtshilfeverfahren im Kanton Zürich.
105 II 35 () from March 6, 1979
Regeste: Weisseln der Decken einer Wohnung beim Auszug des Mieters. Art. 4 BV; Art. 271 Abs. 2 OR und Art. 5 BMM. Unter der Herrschaft des BMM ist es selbst bei entsprechenden vertraglichen Abreden willkürlich, den Mieter zu verpflichten, bei seinem Auszug die Kosten für das Weisseln der Decken der gemieteten Wohnung zu übernehmen.
105 II 273 () from Nov. 6, 1979
Regeste: Art. 168 OR. Gerichtliche Hinterlegung einer streitigen Forderung. 1. Schutzwürdiges Interesse als Voraussetzung zur staatsrechtlichen Beschwerde. Verstösse gegen Art. 4 BV und andere Verfassungsbestimmungen (E. 1). 2. Der Schuldner hat die Identität der streitigen Ansprüche zumindest glaubhaft zu machen, wenn die Voraussetzungen der Hinterlegung nach kantonalem Recht vom Richter vorfrageweise zu prüfen sind (E. 2). 3. Erwächst ein Prozessvergleich über gegenseitige Forderungen in Rechtskraft, so kann der Schuldner die Vergleichssumme nicht mit der Begründung hinterlegen, dass ein Dritter sie ebenfalls beansprucht (E. 3). 4. Der Richter handelt willkürlich, wenn er die Hinterlegung gleichwohl bewilligt (E. 4).
105 III 33 () from May 10, 1979
Regeste: Beschwerdeverfahren; rechtliches Gehör. Wird die Rechtsstellung eines Beteiligten im Beschwerdeverfahren zu seinem Nachteil abgeändert, ohne dass ihm Gelegenheit gegeben worden wäre, sich zur Beschwerde zu äussern, so verletzt dies den durch Art. 4 BV gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör. Eine Gehörsverweigerung kann jedoch nicht mit dem Rekurs im Sinne von Art. 19 SchKG, sondern nur mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden.
105 IV 161 () from June 1, 1979
Regeste: Art. 13 StGB. Rechtsmittel gegen die Ablehnung einer Begutachtung. Ob die Begutachtung eines Angeklagten in Verkennung der in Art. 13 StGB genannten Voraussetzungen abgelehnt wurde, ist eine Frage des Bundesrechts, die mit Nichtigkeitsbeschwerde dem Bundesgericht unterbreitet werden kann. Wird dagegen zur Begründung eines Begehrens um ergänzende neue Begutachtung die Beweiskraft oder Schlüssigkeit eines vorhandenen älteren Gutachtens oder dessen richterliche Würdigung angefochten, so geht es um Fragen der Beweiswürdigung, die allenfalls mit kantonaler Kassationsbeschwerde oder mit staatsrechtlicher Beschwerde zur Entscheidung zu stellen sind.
105 IV 172 () from July 31, 1979
Regeste: Strafrechtliche Verantwortlichkeit des Mitglieds des Verwaltungsrates einer AG für strafbare Handlungen Dritter im Geschäftsbetrieb. Einem Verwaltungsratsmitglied kommt nicht schon Kraft seiner gesellschaftsrechtlichen Funktion Garantenstellung zu; entscheidend ist vielmehr seine tatsächliche Position im Unternehmen. Der Garant ist als Vorsatztäter strafbar, wenn er die Tatbestandsverwirklichung erkennt oder als möglich voraussieht und sie dennoch nicht nach seinen Möglichkeiten in ihrer Wirkung aufhebt oder verhindert, weil er sie will oder zumindest in Kauf nimmt.
105 IV 264 () from Aug. 29, 1979
Regeste: Art. 121, 121bis und 121quater der eidgenössischen Starkstromverordnung. Gesetzmässigkeit der Vorschriften, in denen Materialien und elektrische Apparate für Haushaltinstallationen der Prüfungspflicht unterstellt und die Kontrollaufgaben des Eidgenössischen Starkstrominspektorats dem Inspektorat des Schweizerischen Elektrotechnischen Vereins (SEV) übertragen werden mit der Ermächtigung, ein Reglement über die Durchführung der Prüfungen und ein Verzeichnis der prüfpflichtigen Materialien und Apparate aufzustellen.
105 V 1 () from Jan. 15, 1979
Regeste: Ende der Beitragspflicht und Beginn des Anspruchs auf die Altersrente. - Das Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK gilt nur in bezug auf die in der Konvention ausdrücklich genannten Rechte und Freiheiten. Es enthält kein über die Konvention hinausgehendes allgemeines Rechtsgleichheitsgebot. - Die unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau in Art. 3 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 AHVG ist nicht konventionswidrig.
105 V 186 () from Sept. 10, 1979
Regeste: Art. 110 OG. Parteien im Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht, wenn die erste Verwaltungsverfügung Gegenstand einer Beschwerde an eine Verwaltungsbehörde - hier das Eidgenössische Departement des Innem - gewesen ist (Erw. 1). Art. 104 OG. Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts in Fällen, in denen es um die Aufnahme eines Arzneimittels in die Spezialitätenliste geht, wobei die Wirtschaftlichkeit streitig ist. Art. 12 Abs. 6 KUVG, Art. 4 Vo VIII und Art. 6 Vf 10. Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels: Begriff; Fall des Flussema.
105 V 248 () from Nov. 30, 1979
Regeste: Art. 128 Abs. 1 AHVV. - Übersicht über Lehre und Praxis zur Frage der Unterschrift auf Verfügungen. - Für Beitragsverfügungen ist die Unterschrift kein Gültigkeitserfordernis.
106 IA 1 () from Jan. 18, 1980
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Beschwerdeverfahren. Eine kantonale Rechtsmittelbehörde, die nach der gesetzlichen Ordnung freie Überprüfungsbefugnis hat, kann ihre Kognition ohne Verstoss gegen Art. 4 BV auf das Vorliegen von Willkür beschränken, wenn sie über die Bewertung von Examensleistungen zu entscheiden hat. Anders verhält es sich, wenn die Auslegung und Anwendung von Rechtssätzen streitig ist oder Verfahrensmängel gerügt worden sind.
106 IA 4 () from May 21, 1980
Regeste: Art. 4 BV; Vollstreckung eines Scheidungsurteils, rechtliches Gehör. Wann hat der Gesuchsteller im Vollstreckungsverfahren Anspruch darauf, zu den Einwendungen der Gegenpartei Stellung zu nehmen?
106 IA 7 () from June 18, 1980
Regeste: Art. 4 BV; Strafverfahren. Der in einem Strafverfahren Beschuldigte ist nicht zu Aussagen verpflichtet und darf deshalb nicht mit Sanktionen belegt werden, wenn er die Aussage verweigert. Dies gilt auch dann, wenn die Strafuntersuchung gegen den Betroffenen noch nicht formell eröffnet ist, aber unmittelbar bevorsteht. Anstaltsrechtlich begründete Aussagepflicht eines Strafgefangenen, der eines Offizialdelikts verdächtigt wird?
106 IA 9 () from March 12, 1980
Regeste: Verwirkung von Perimeterbeiträgen. Auslegung einer Bestimmung, nach der der Perimeterentscheid spätestens im Zeitpunkt der Vollendung des Werkes öffentlich aufzulegen ist.
106 IA 13 () from Feb. 20, 1980
Regeste: Art. 4 BV; unrichtige Rechtsmittelbelehrung, unklarer Gesetzeswortlaut. 1. Wann darf sich eine Partei oder ihr Rechtsvertreter auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung verlassen? (E. 3; Zusammenfassung der Rechtsprechung.) 2. Behandlung des Falles, in welchem der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zwar die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung erkennt, aber zusätzlich durch einen unklaren Gesetzeswortlaut irregeführt wird (E. 4).
106 IA 38 () from Jan. 30, 1980
Regeste: Negativer Kompetenzkonflikt auf dem Gebiete der Lebensmittelpolizei. - Welches Recht ist im Kompetenzkonfliktsverfahren nach Art. 83 lit. a OG heranzuziehen (E. 2)? - Art. 69bis BV, Art. 28 Abs. 1 und Art. 56 Abs. 1 LMG. Auch bei importierten Waren sind die kantonalen Behörden für die Prüfung und für den Erlass der notwendigen Massnahmen zuständig (E. 3-8). Auslegung dieser Bestimmungen, namentlich nach der historischen (E. 5) und nach der teleologischen Methode (E. 7).
106 IA 52 () from Feb. 6, 1980
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges; anfechtbare Verfügung. Die Revision im Sinne von § 67 lit. a und b des zürcherischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes gehört zu den ausserordentlichen kantonalen Rechtsmitteln, die vor der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV zu ergreifen sind. Eine Ausnahme ist dann zu machen, wenn die streitige prozessuale Frage im angefochtenen Entscheid bereits behandelt wurde und die Revision daher auf eine Wiedererwägung hinausliefe (Präzisierung der Rechtsprechung, E. 1b). Ist die Prüfungsbefugnis eines kantonalen Verwaltungsgerichts bezüglich Rechtsfragen frei, hinsichtlich der Ermessensbetätigung aber auf Ermessensüberschreitung oder -missbrauch beschränkt, so kann der Beschwerdeführer nur dann zusammen mit dem Entscheid des Verwaltungsgerichts auch denjenigen der unteren Instanz anfechten, wenn die Ermessenskontrolle überhaupt in Betracht fiel. War dagegen einzig eine Rechtsfrage streitig, kann sich die Beschwerde nur gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid richten (Präzisierung der Rechtsprechung, E. 2).
106 IA 56 () from March 26, 1980
Regeste: Art. 86 Abs. 2 OG. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen Entscheide des aargauischen Regierungsrates über Einsprachen gegen Zonenpläne?
106 IA 58 () from March 26, 1980
Regeste: Art. 4 BV; Baubewilligungsverfahren. Polizeiliche Generalklausel als Grundlage öffentlichrechtlichen Immissionsschutzes (Abwehr befürchteter übermässiger Lärmimmissionen eines Bauprojekts). Legitimation der Nachbarn, eine Verletzung der polizeilichen Generalklausel mit staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen (E. 1). Kognition des Bundesgerichts (E. 2).
106 IA 62 () from May 7, 1980
Regeste: Art. 88 OG. Legitimation des Nachbarn zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen willkürlicher Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die höchstzulässige Ausnützung von Bauparzellen.
106 IA 70 () from July 9, 1980
Regeste: Art. 4 BV; formelle Rechtsverweigerung. Kognition der Baudirektion und des Regierungsrates des Kantons Bern bei der Überprüfung der Zweckmässigkeit kommunaler Zonenpläne und Baureglemente.
106 IA 73 () from July 2, 1980
Regeste: Art. 4 BV; Anspruch auf rechtliches Gehör. Umstände, unter denen in einem kantonalen Verwaltungsbeschwerdeverfahren die wesentlichen Ergebnisse eines Augenscheins in einem Protokoll, Aktenvermerk oder wenigstens in den Erwägungen des Entscheides klar festgehalten werden müssen.
106 IA 88 () from Sept. 15, 1980
Regeste: Zulässigkeit neuer Beweismittel, die in einem Rechtsmittel wegen Gesetzesverletzung vorgebracht werden. Eine Rechtsmittelinstanz, deren Kognition auf die Gesetzesanwendung beschränkt ist, verfällt nicht in Willkür, wenn sie, ohne ausdrücklich dazu befugt zu sein, neue Beweismittel berücksichtigt, die vor der unteren Instanz nicht vorgebracht werden konnten (Erw. 1). Sie verstösst nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn sie in diesem Punkt ihre frühere Rechtsprechung aufgibt, wonach neue Beweismittel unzulässig waren (Erw. 2).
106 IA 131 () from June 10, 1980
Regeste: Art. 2 ÜbBest. BV; Frist zur Einreichung von Begnadigungsgesuchen. Beschränkte Anfechtbarkeit von Gnadenentscheiden. Zulässiges Rechtsmittel (E. 1). Die kantonalrechtliche Vorschrift, nach welcher Gnadengesuche innert einer Frist von dreissig Tagen nach der Verurteilung einzureichen sind, verstösst gegen Bundesrecht (E. 2).
106 IA 155 () from Feb. 19, 1980
Regeste: Art 94 OG. Wird einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen Steuerentscheid aufschiebende Wirkung zuerkannt, so ändert dies an der Rechtskraft dieses Entscheids nichts und die Veranlagungsverjährung läuft deswegen nicht weiter.
106 IA 161 () from Oct. 3, 1980
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör. Die Nichtabnahme eines bereits zugelassenen Beweismittels (hier einer Expertise) verstösst nicht gegen Art. 4 BV, wenn das Beweismittel als nicht mehr erheblich oder tauglich erscheint.
106 IA 163 () from Feb. 22, 1980
Regeste: Art. 4 und 22ter BV: Pensionsordnung, wohlerworbene Rechte. 1. Wann kommt den finanziellen Ansprüchen der Beamten der Charakter wohlerworbener Rechte zu? (E. 1a). 2. Welche verfassungsmässigen Rechten können zum Schutz wohlerworbener Rechte angerufen werden? Präzisierung der Rechtsprechung (E. 1b). 3. Inwieweit werden durch § 14 Abs. 3 des luzernischen Behördengesetzes wohlerworbene Rechte geschaffen? (E. 2-4).
106 IA 179 () from Dec. 5, 1980
Regeste: Art. 41 Ziff. 3 lit. c bern. StrV; Art. 4 BV. Notwendige Verteidigung im Hinblick auf die Anordnung einer Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
106 IA 201 () from Sept. 26, 1980
Regeste: Gesetzliche Grundlage von Kausalabgaben. Rechtsnatur von Verordnungen, deren Erlass die Landsgemeinde des Kantons Appenzell I.Rh. an den Grossen Rat delegiert hat; Anforderungen an die gesetzliche Grundlage solcher Verordnungen im Hinblick auf die Erhebung von Abgaben (E. 2). Verteilung der Kosten eines Quartierplanes auf die Grundeigentümer (E. 3).
106 IA 206 () from Nov. 19, 1980
Regeste: Gemeindeautonomie; zürcherisches Gesetz betreffend das Markt- und Hausierwesen vom 17. Juni 1894 (MHG): Bewilligungspflicht für den Betrieb einer "Peep-Show". Autonomie der Zürcher Gemeinden hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang sie die Ausübung der unter § 8 lit. e MHG fallenden Gewerbearten auf ihrem Gebiet gestatten wollen (E. 2). Verletzung dieser Autonomie, indem die kantonale Instanz in unhaltbarer Auslegung des MHG annahm, der Betrieb einer "Peep-Show" sei keine patentpflichtige Schaustellung im Sinne des § 8 lit. e MHG (E. 4, 5).
106 IA 214 () from April 30, 1980
Regeste: Art. 6 Ziff. 3 lit. e EMRK: Recht auf unentgeltlichen Beizug eines Dolmetschers. Die auslegende Erklärung des Bundesrates zu Art. 6 Ziff. 3 lit. e EMRK bedeutet einen formellen Vorbehalt; sie wurde unter Beachtung der Vorschriften des Art. 64 EMRK abgegeben und wirkt somit gleich wie ein Vorbehalt.
106 IA 219 () from Nov. 12, 1980
Regeste: Art. 4 BV, persönliche Freiheit und Art. 6 Ziffern 1 und 3 lit. b EMRK; Beschränkung des schriftlichen Verkehrs zwischen Angeschuldigtem und Verteidiger. Besondere Gefährlichkeit und Verbindungen des Angeschuldigten zu terroristischen Gruppen als Gründe für eine stärkere Beschränkung des Verkehrs mit der Verteidigung (E. 3b). Sachlicher und zeitlicher Umfang einer Briefkontrolle (E. 3c).
106 IA 226 () from July 8, 1980
Regeste: Art. 87 OG; staatsrechtliche Beschwerde gegen einen Rückweisungsentscheid. Voraussetzungen der Anwendung des Art. 87 OG (E. 1). Der Entscheid, mit dem die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die erste Instanz zurückgewiesen wird, ist ein Zwischenentscheid, auch wenn darin ein bestimmter strittiger Punkt endgültig beurteilt wird (E. 2).
106 IA 229 () from Oct. 15, 1980
Regeste: Art. 87 OG; Beschwerde gegen einen Rückweisungsentscheid. Anwendung von Art. 87 OG, wenn der neben einer Verletzung von Art. 4 BV vorgebrachte weitere Beschwerdegrund keine selbständige Bedeutung hat oder wenn er offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist (E. 2). Begriff des Endentscheids, des Zwischenentscheids und des nicht wiedergutzumachenden Nachteils (E. 3a-c); Bestätigung der bisherigen Praxis zu Art. 87 OG (E. 3d). Diese gilt auch dann, wenn die Sache mit dem angefochtenen Entscheid an ein Schiedsgericht zurückgewiesen wurde (E. 4).
106 IA 241 () from May 2, 1980
Regeste: Art. 4 BV; Kanalisationsanschlussgebühr. 1. Allgemeine Grundsätze der Gebührenerhebung (E. 3b). 2. Es verstösst nicht gegen Art. 4 BV, für Neubauten höhere Kanalisationsanschlussgebühren vorzusehen als für Altbauten (E. 4a-c). 3. Inwieweit darf bei der Bemessung der Kanalisationsanschlussgebühren auf den steueramtlichen Liegenschaftsschatzungswert abgestellt werden (E. 4d)?
106 IA 249 () from Oct. 17, 1980
Regeste: Gesetzliche Grundlage von Gerichtsgebühren. - Zusammenfassung der Rechtsprechung (E. 1). - Hinweise auf eidgenössische und kantonale Regelungen betreffend die gesetzliche Grundlage von Gerichtsgebühren (E. 2). - Haben Gerichtsgebühren, die nur dem Grundsatz nach, nicht aber hinsichtlich der Gebührenhöhe im Gesetz verankert sind, eine genügende gesetzliche Grundlage? (E. 3).
106 IA 254 () from Nov. 13, 1980
Regeste: Art. 4 BV; Änderung der Gesetzgebung über die Lehrerbildung im Kanton Zürich. 1. Befugnis des Regierungsrates zum Erlass einer Übergangsordnung (E. 2). 2. Die angefochtene Übergangsordnung widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht, greift nicht in wohlerworbene Rechte ein und bedeutet keine unzulässige Rückwirkung (E. 3); sie verletzt auch den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht (E. 4).
106 IA 267 () from May 9, 1980
Regeste: Art. 31 und 4 BV; Verbot einer "Peep-Show". 1. Art. 31 BV, Tragweite, Kognition des Bundesgerichtes (E. 1). 2. Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit (E. 3). 3. Das Verbot einer "Peep-Show" verstösst weder gegen Art. 31 BV noch gegen das verfassungsmässige Rechtsgleichheitsgebot (E. 5).
106 IA 277 () from Sept. 30, 1980
Regeste: Persönliche Freiheit; Bindung der die Untersuchungshaft und Freiheitsstrafe vollziehenden Organe an einen Erlass der Exekutive, der die wichtigsten Freiheitsbeschränkungen regelt. 1. Tragweite: - der persönlichen Freiheit; - der Europäischen Menschenrechtskonvention; - der Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen; - des Grundsatzes der Bindung der Strafvollzugsbehörden an das von der Exekutive erlassene Reglement, im Rahmen der Überprüfung einer Gefängnisverordnung (E. 3). 2. Prüfung einiger Bestimmungen des angefochtenen Reglements: - Pflicht die Gefangenen über die Haftbedingungen zu informieren (E. 4); - Zeitungen, Briefverkehr; Gegenstände, die die Gefangenen in ihren Zellen bewahren dürfen (E. 5); - Abhebungen vom Konto Untersuchungs- und Strafgefangener; Entschädigung für im Gefängnis geleistete Arbeit; Verdienstanteil des Strafgefangenen (E. 6); - geistige und medizinische Betreuung (E. 7); - Recht auf Spaziergänge (E. 8); - Recht auf Besuch (E. 9); - Bestrafung von Disziplinarverstössen; Beschwerde- und Rekursrecht (E. 10).
106 IA 299 () from April 25, 1980
Regeste: Sprachenfreiheit; Art. 87 OG. 1. Art. 87 OG: Zwischenentscheid, nichtwiedergutzumachender Nachteil (E. 1). 2. Die Auslegung von Art. 10 der freiburgischen ZPO, wonach im Saanebezirk Französisch als einzige Gerichtssprache gilt, hält vor der Willkürrüge stand. Überprüfung dieser Auslegung im Hinblick auf das ungeschriebene Grundrecht der Sprachenfreiheit (E. 2).
106 IA 310 () from March 25, 1980
Regeste: Umzonung eines Grundstückes; Rechtsmittelverfahren. Eine Pflicht, die Grundeigentümer bei Gesamtrevision von Baugesetz und Zonenplan persönlich zu benachrichtigen, ergibt sich nicht aus Art. 4 BV (E. 1a). Das Bundesgericht kann die Motive des angefochtenen Entscheides sowohl bei Willkür- als auch bei freier Kognition substitutieren (E. 1b). Ist die Umzonung einer einzelnen Parzelle im Rahmen einer Gesamtrevision des Zonenplanes hinsichtlich der Anfechtungsmöglichkeiten einem Rechtssatz oder einer Verfügung gleichzustellen? Frage offengelassen (E. 3). Anschliessend an ein kantonales Normenkontrollverfahren kann eine selbständige Nachprüfung der Norm durch das Bundesgericht nur noch stattfinden, wenn das kantonale Verfahren innert der in der kantonalen Gesetzgebung vorgesehenen Frist oder, wo keine solche vorgeschrieben ist, innert der üblichen Rechtsmittelfrist angehoben worden ist (E. 5).
106 IA 323 () from May 7, 1980
Regeste: Submissionsverfahren zur Vergebung von Arbeiten oder zur Verpachtung von Grundstücken; staatsrechtliche Beschwerde des nicht berücksichtigten Bewerbers (Art. 84 und 88 OG). 1. Wer sich bei einer öffentlichen Ausschreibung bewirbt, kann den Akt, mit dem die Behörde sich zugunsten eines Konkurrenten entscheidet, grundsätzlich nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechten: Dieser Akt stellt weder eine anfechtbare Verfügung i.S. von Art. 84 OG dar, noch verletzt er den Bewerber in seinen Rechten oder rechtlich geschützten Interessen i.S. von Art. 88 OG. Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur dann zulässig, wenn in einem Submissionsverfahren Bestimmungen verletzt werden, die nicht dazu dienen, der Submissionsbehörde die richtige durch das öffentliche Interesse gebotene Wahl zu ermöglichen, sondern den Schutz der entgegengesetzten, unmittelbaren Interessen der Bewerber bezwecken: Einzig in dem Umfang, in dem die Behörde solche Vorschriften anwendet, besteht eine nach Art. 84 OG anfechtbare Verfügung und ist die Beschwerdelegitimation des Bewerbers nach Art. 88 OG gegeben (Bestätigung der Rechtsprechung) (E. 3a/b/c). 2. Im konkreten Fall ist die Beschwerde teilweise zulässig (E. 3d/e).
106 IA 337 () from Dec. 18, 1980
Regeste: Art. 4 BV; Moderationsverfahren im Kanton Graubünden. Ein Entscheid verstösst gegen Art. 4 BV, wenn er an einem inneren, nicht auflösbaren Widerspruch krankt. Natur des Moderationsverfahrens.
106 IA 342 () from Feb. 29, 1980
Regeste: Art. 22ter und 4 BV (konfiskatorische Besteuerung). 1. Bewertung von Aktien nach ihrem Kurswert oder dem inneren Wert; willkürliche Auslegung des massgebenden kantonalen Rechts verneint (E. 3, 4). 2. Die Eigentumsgarantie verwehrt es dem Gemeinwesen, durch übermässige Besteuerung die Vermögenssubstanz auszuhöhlen oder die Neubildung von Vermögen zu verhindern (E. 6a). 3. Verletzung der Eigentumsgarantie durch die Besteuerung grosser Vermögen im Kanton Aargau: im vorliegenden Fall verneint (E. 6b und c).
106 IA 355 () from Sept. 30, 1980
Regeste: 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen Erlass (Gefängnisverordnung). Bedingungen, unter denen eine Vereinigung legitimiert ist: im konkreten Fall nicht erfüllt (E. 1a). Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (E. 1b). Kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1c). Funktion der abstrakten Normkontrolle (E. 1d). 2. Persönliche Freiheit, Eigentumsgarantie (Art. 22ter BV) und Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 BV). Der Gefangene hat keinen Anspruch auf das Resultat seiner Arbeitsleistungen. Er hat das Recht auf eine gewisse Entschädigung (peculium); doch geniesst diese Forderung gegen den Staat keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz; sie kann insbesondere nicht als ein wohlerworbenes Recht, das von der Eigentumsgarantie erfasst wird, betrachtet werden (Art. 22ter BV). Aus der in Art. 31 BV garantierten Handels- und Gewerbefreiheit lässt sich kein Anspruch auf angemessene Entlöhnung ableiten (E. 4).
106 IA 369 () from Nov. 5, 1980
Regeste: Eigentumsgarantie; materielle Enteignung. Auszonung von Parzellen aus dem zusätzlichen Baugebiet und Einweisung derselben in das Land- und Forstwirtschaftsgebiet. Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob eine materielle Enteignung vorliegt (E. 2). Verneinung einer materiellen Enteignung, da die Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Auszonung keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer Landumlegung und Erschliessung ihrer Parzellen besassen und auch nicht auf eine in absehbarer Zeit erfolgende Erschliessung des fraglichen Gebietes durch die Gemeinde vertrauen konnten (E. 3e).
106 IA 383 () from Dec. 9, 1980
Regeste: Überprüfung von Zonenplänen im Baubewilligungsverfahren. Zonenvorschriften sind Bestandteile des Zonenplanes; als solche unterstehen sie den gleichen Anfechtungsregeln wie der Plan (E. 3b). Die Rechtmässigkeit eines Zonenplanes kann grundsätzlich bloss im Anschluss an den Erlass bestritten werden. Eine nachträgliche Anfechtung auf einen Anwendungsakt hin ist nur dann zulässig, wenn der betroffene Eigentümer sich bei Planerlass über die ihm auferlegte Eigentumsbeschränkung nicht im klaren sein konnte oder ihm keine Verteidigungsmittel zur Verfügung standen oder wenn sich die Verhältnisse seit Planerlass derart geändert haben, dass das öffentliche Interesse an den bestehenden Beschränkungen dahingefallen sein könnte. Der Richter ist daher - von den erwähnten Ausnahmen abgesehen - nicht befugt, den Zonenplan vorfrageweise im Baubewilligungsverfahren auf seine Verfassungsmässigkeit zu prüfen (E. 3a-c).
106 IA 409 () from Dec. 9, 1980
Regeste: Art. 88 OG. Legitimation des Mieters zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen kantonalen Entscheid, mit dem dem Eigentümer der Umbau seiner Liegenschaft bewilligt wird; Voraussetzung eines rechtlich geschützten Interesses (Präzisierung der Rechtsprechung) (E. 3). Tragweite des waadtländischen Dekrets vom 5. Dezember 1962 (am 21. November 1973 geändert) betreffend den Abbruch und Umbau von Wohnhäusern und die Verwendung von Wohnungen zu anderen als Wohnzwecken: Dieses Dekret wurde im öffentlichen Interesse und zur Bekämpfung der Wohnungsnot erlassen; es bezweckt nicht den Eingriff in Vertragsverhältnisse zwischen Vermietern und Mietern (Bestätigung der Rechtsprechung) (E. 4).
106 IB 125 () from July 3, 1980
Regeste: BRV über die Begrenzung der Zahl der erwerbstätigen Ausländer vom 23. Oktober 1978. 1. Unter welchen Voraussetzungen sind der Ausländer und dessen Arbeitgeber befugt, gegen die auf die BRV gestützte Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 2) oder staatsrechtliche Beschwerde (E. 3) zu führen? 2. Art. 21 Abs. 4 BRV: Die Festsetzung von Mindestlöhnen für Ausländer ist grundsätzlich zulässig (E. 4). Die Höhe des Minimallohnes ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden (E. 5 und 6).
106 IB 182 () from Feb. 8, 1980
Regeste: Art. 23 der Statuten der Eidg. Versicherungskasse; ungleiches Pensionierungsalter für Beamte und Beamtinnen. 1. Eine bundesrätliche Verordnung, die von der Bundesversammlung durch einfachen Bundesbeschluss genehmigt wurde, darf vom Bundesgericht auf ihre Rechtmässigkeit überprüft werden (E. 2). 2. Das Übereinkommen Nr. 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf enthält keine unmittelbar anwendbare ("self-executing") Regel, welche ein gleiches Pensionierungsalter für Beamte und Beamtinnen verlangt (E. 3). 3. Vereinbarkeit des ungleichen Pensionierungsalters mit Art. 4 BV; Frage offengelassen (E. 4). 4. Enge Konnexität des ungleichen Pensionierungsalters gemäss Art. 23 der Statuten der Eidg. Versicherungskasse mit der entsprechenden Regelung im AHV-Gesetz; Folgen für die Überprüfung der Verfassungsmässigkeit (E. 5).
106 IB 341 () from July 3, 1980
Regeste: Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen, Art. 3. Sicherungs-Beschlagnahme. 1. Solange kein Bundesgesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen besteht, obliegt es den Kantonen, ausländische Rechtshilfeersuchen auszuführen und die Modalitäten und das Ausmass der Rechtshilfe zu bestimmen. Sie tun dies unter - allenfalls analoger - Anwendung ihrer strafprozessualen Vorschriften und unter Beachtung der bundesrechtlichen Anforderungen (E. 2). 2. Die kantonalen Behörden verstossen nicht gegen Bundesrecht, wenn sie eine Sicherungsbeschlagnahme anordnen, obwohl eine solche vom Europäischen Übereinkommen nicht verlangt wird (E. 3).
106 IB 346 () from Oct. 13, 1980
Regeste: Europäisches Rechtshilfeübereinkommen. 1. Der Entscheid über die Herausgabe von Originalakten im Sinne von Art. 3 Ziff. 3 EUeR ist selbständig anfechtbar (E. 1b). 2. Der Vollzug eines Rechtshilfeersuchens richtet sich nach kantonalem Recht, soweit das Bundesrecht keine Vorschriften enthält. Zu den bundesrechtlichen Vorschriften, welche die zuständigen kantonalen Behörden beim Vollzug eines Rechtshilfebegehrens zu beachten haben, gehören auch die verfassungsmässigen Grundsätze über die Gewährung des rechtlichen Gehörs und das Gebot der Verhältnismässigkeit (E. 2, 3).
107 IA 1 () from March 18, 1981
Regeste: Art. 4 BV (Anspruch auf Begründung eines Entscheides); Art. 93 Abs. 2 OG. Der Mangel der ungenügenden Begründung des angefochtenen Entscheides ist im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren heilbar, wenn der Beschwerdeführer zu den in der Vernehmlassung der letzten kantonalen Instanz enthaltenen Motiven in einer Beschwerdeergänzung Stellung nehmen kann und ihm dadurch kein Nachteil erwächst.
107 IA 3 () from Jan. 9, 1981
Regeste: 1. Verfahren. Die Einreichung einer Nichtigkeitsbeschwerde oder staatsrechtlichen Beschwerde gegen ein Strafurteil hat nicht zur Folge, dass die Zuständigkeit insbesondere zur Anordnung einer Verhaftung oder Haftentlassung den kantonalen Behörden entzogen und auf das Bundesgericht übertragen wird (Erw. 2). 2. Begründung einer Haftverfügung. Der Hinweis auf die Fluchtgefahr wegen einer bevorstehenden langjährigen Zuchthausstrafe genügt als Begründung einer Haftverlängerung, wenn es sich nicht um die abstrakte gesetzliche Strafdrohung handelt, sondern um eine bereits konkret ausgefällte Strafe und nicht andere Umstände die Flucht unwahrscheinlich machen (Erw. 5).
107 IA 7 () from June 24, 1981
Regeste: Art. 4 BV; Voraussetzungen des Anspruchs auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands. Zurückhaltung bei Gewährung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands in Streitigkeiten um finanzielle Interessen? - Präzisierung der Rechtsprechung.
107 IA 19 () from May 27, 1981
Regeste: Abbruch rechtswidrig erstellter Bauteile. Zur Beseitigung eines ordnungswidrigen Zustandes kann grundsätzlich alternativ oder kumulativ jeder Verhaltens- oder Zustandsstörer herangezogen werden (E. 2a und b). Es ist nicht willkürlich, eine Abbruchsverfügung allein an den Verhaltensstörer zu richten, auch wenn dieser nicht oder nicht allein über die abzubrechende Baute verfügen kann (E. 2b und c). Der Abbruchbefehl kann allerdings nur vollstreckt werden, wenn sich die Verfügungsberechtigten ihm unterziehen oder nachdem auch gegen diese eine Duldungs- oder Beseitigungsverfügung erlassen worden ist (E. 2c). Die Baubehörden haben von Amtes wegen zu prüfen, welches die unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit geeigneten Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes sind (E. 3).
107 IA 45 () from July 1, 1981
Regeste: Art. 4, 55 und 58 BV; Beschlagnahme von Pressephotos als Beweismittel in einem Strafverfahren; Entsiegelung. Zum Entscheid über die Entsiegelung ist im Zürcher Strafverfahren in allen Fällen der Richter zuständig (E. 2). Da die Zürcher StPO dem Journalisten kein Zeugnisverweigerungsrecht einräumt, kann er die Herausgabe von Film- oder Photomaterial als Beweismittel in einem Strafverfahren nicht unter Berufung auf die Pressefreiheit verweigern (E. 3). Die hier in Frage stehende Beschlagnahme von Pressephotos war nicht verfassungswidrig (E. 4).
107 IA 64 () from March 25, 1981
Regeste: Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit; Verwendung von Lautsprechern bei politischen Kundgebungen auf öffentlichem Grund. Es bedeutet eine Verletzung der Meinungsäusserungs- und der Versammlungsfreiheit, wenn eine kantonale Behörde anordnet, dass jeweils während vier Wochen vor Wahlen und Abstimmungen die Benützung von Lautsprechern bei politischen Veranstaltungen im Freien generell untersagt sei.
107 IA 72 () from Feb. 18, 1981
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation des Nachbarn zur staatsrechtlichen Beschwerde. Legitimation verneint, soweit eine Verletzung der luzernischen Vorschriften über die Errichtung von privaten Parkplätzen geltend gemacht wird (E. 2). Art. 4 BV; Rechtliches Gehör, mangelhafte Eröffnung einer Baubewilligung. Der Beschwerdeführer, der infolge fehlender oder mangelhafter Eröffnung einer Baubewilligung auch nach Ablauf der ordentlichen Frist Beschwerde erheben kann, darf den Beginn des für ihn massgebenden Fristenlaufs nicht beliebig hinausschieben; er muss sich nach Treu und Glauben und den Umständen entsprechend nach Bestand und Inhalt der Verfügung erkundigen. Frist im vorliegenden Fall versäumt (E. 4a).
107 IA 77 () from Feb. 25, 1981
Regeste: Art. 88 OG; Anfechtung eines kantonalen Richtplanes (Zürcher Gesamtplan). 1. Behördenverbindlichkeit des Zürcher Gesamtplanes (E. 1). 2. Keine hinreichenden Gründe, den Gesamtplan hinsichtlich der Anfechtbarkeit mit staatsrechtlicher Beschwerde einer Verwaltungsverordnung mit Aussenwirkungen gleichzustellen (E. 2a). Da der Gesamtplan seine Festlegungen weder in parzellenscharfer noch abschliessender Weise trifft, hätte seine Anfechtung vielfach hypothetischen Charakter (E. 2b). Vergleich der Richtplanung gemäss dem zürcherischen Planungs- und Baugesetz mit jener nach dem eidg. RPG (E. 2c). 3. Im Rechtsschutzverfahren, das den betroffenen Grundeigentümern gegenüber den nachfolgenden Nutzungsplänen sowie gegen die Anordnung von Planungszonen oder gegen Verfügungen über bewilligungspflichtige Bauten und Anlagen zur Verfügung steht, können auch die Anweisungen des Richtplanes überprüft werden, falls geltend gemacht wird, diese verletzten verfassungsmässige Rechte der Betroffenen (E. 3).
107 IA 97 () from July 8, 1981
Regeste: Formelle Rechtsverweigerung; res iudicata. Ein Gericht, das mit der Begründung, es handle sich um eine res iudicata, auf eine Beschwerde in einer andern Streitsache nicht eintritt, begeht eine formelle Rechtsverweigerung. Beim Entscheid über den Enteignungsbeschluss für den Landerwerb für eine Gewässerverbauung nach dem Wasserrechtsgesetz und dem Expropriationsgesetz des Kantons Schwyz geht es nicht um die gleiche Sache wie beim vorangegangenen Entscheid über die Anordnung der Ersatzvornahme.
107 IA 103 () from Sept. 23, 1981
Regeste: Art. 4 BV; § 494 der zürcherischen Strafprozessordnung. Der Entscheid über ein Begnadigungsgesuch bedarf von Bundesrechts wegen keiner Begründung (Bestätigung der Rechtsprechung).
107 IA 107 () from Sept. 11, 1981
Regeste: Art. 4 BV; Erbschafts- und Schenkungssteuer. Muss nach den Umständen angenommen werden, zwischen dem Erblasser und der Vermächtnisnehmerin habe ein Arbeitsverhältnis nach Art. 320 Abs. 2 OR bestanden, so unterliegt ein Vermächtnis, das in Erfüllung einer nachträglichen Lohnzahlungspflicht ausgerichtet wurde nach Walliser Steuerrecht nicht der Erbschafts- und Schenkungssteuer.
107 IA 112 () from Sept. 11, 1981
Regeste: Art. 4 BV; St. Gallisches Gesetz über das Gastwirtschaftsgewerbe und den Klein- und Mittelverkauf von alkoholhaltigen Getränken vom 26. Februar 1945 (Wirtschaftsgesetz). 1. Es ist nicht willkürlich, einen in der Rechtsform des Vereins geführten "Club-Betrieb", in welchem die Besucher praktisch die Annehmlichkeiten eines bewilligten Nachtlokals geniessen, dem St. Gallischen Wirtschaftsgesetz zu unterstellen. 2. Die extensive Auslegung des Begriffes "beherbergen" oder ein entprechender Analogieschluss dient in solchen Fällen der Aufrechterhaltung und richtigen Weiterbildung der Rechtsordnung und verletzt deshalb das verfassungsmässige Legalitätsprinzip nicht.
107 IA 117 () from Oct. 2, 1981
Regeste: Art. 4 BV; Willkür. Bei dem nach Art. 27 Abs. 1 der glarnerischen Zivilprozessordnung zu leistenden Vorschuss handelt es sich um einen Kostenvorschuss, nicht um eine Kaution. Es verstösst nicht gegen Art. 4 BV, wenn angenommen wird, ein solcher Kostenvorschuss könne nicht durch Hinterlegung eines Inhabersparheftes, sondern nur in bar geleistet werden.
107 IA 121 () from Oct. 7, 1981
Regeste: Art. 22ter BV; Abbruch rechtswidriger Gebäudeteile; Verwirkung. Die Befugnis der Behörden, den Abbruch eines baugesetzwidrigen Gebäudes oder Gebäudeteiles anzuordnen, ist grundsätzlich auf 30 Jahre befristet. Ausnahmen, wenn die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes aus baupolizeilichen Gründen im engeren Sinne erforderlich ist.
107 IA 126 () from June 19, 1981
Regeste: Kirchensteuer, Art. 49 Abs. 6 BV. Die Bestimmung des glarnerischen Steuergesetzes, wonach diejenigen Personen, die keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehören, der Kirchgemeinde, in der sie Wohnsitz haben, die halbe Kirchensteuer bezahlen müssen, verstösst gegen Art. 49 Abs. 6 BV, da die Steuer für eigentliche Kultuszwecke auferlegt wird.
107 IA 135 () from July 23, 1981
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Ausstandspflicht des Beamten und des Mitglieds einer Behörde. - Die Garantie von Art. 58 Abs. 1 BV bezieht sich nur auf das gerichtliche Verfahren. Die Ausstandspflicht von Mitgliedern einer Verwaltungsbehörde bestimmt sich nach dem kantonalen Recht sowie Art. 4 BV (E. 2a) - Eine Ausstandspflicht aufgrund von Art. 4 BV besteht nur, wenn der Betreffende ein persönliches Interesse an dem zu behandelnden Geschäft hat (E. 2b)
107 IA 138 () from June 3, 1981
Regeste: Persönliche Freiheit, EMRK; polizeiliche Festnahme, erkennungsdienstliche Behandlung. Personen, die sich im Bereich einer unbewilligten, mit Ausschreitungen verbundenen Demonstration befinden, können ohne Verletzung der persönlichen Freiheit und der EMRK für kurze Zeit (hier: für 4-6 Stunden) in Polizeigewahrsam genommen werden (E. 4). Voraussetzungen, unter denen solche Personen einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen werden dürfen (E. 5).
107 IA 175 () from July 7, 1981
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation der Gemeinde, Legitimation von Litisdenunziaten. Legitimation der Gemeinde zur Einreichung einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung ihrer Autonomie (E. I 1a) und wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte (E. I 1b). Legitimation von Litisdenunziaten: Litisdenunziaten werden dann durch ein Urteil im Prozess der Hauptparteien nicht beschwert und sind daher zur staatsrechtlichen Beschwerde dagegen nicht legitimiert, wenn sie im Rückgriffsprozess noch alle Einreden vorbringen können, z.B. deshalb, weil ihnen im Prozess der Hauptparteien der Streit nicht rechtzeitig verkündet worden war (E. II 6).
107 IA 182 () from Aug. 28, 1981
Regeste: Art. 88 OG; Nichtwiederwahl eines Beamten. 1. Unter welchen Voraussetzungen greift die Nichtwiederwahl in die rechtlich geschützten Interessen des Beamten ein (E. 2)? 2. Dem Beamten steht der Anspruch auf rechtliches Gehör gestützt auf Art. 4 BV nur zu, wenn er durch den Ausgang des Nichtwiederwahlverfahrens in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen wird. Ist dies nicht der Fall, kann er die Verweigerung des rechtlichen Gehörs nur rügen, soweit ihm die kantonalen Vorschriften Rechte im Nichtwiederwahlverfahren einräumen (E. 3).
107 IA 186 () from Sept. 30, 1981
Regeste: Formerfordernisse an staatsrechtliche Beschwerde nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG.
107 IA 187 () from Oct. 14, 1981
Regeste: Art. 137 lit. b OG; Revision eines bundesgerichtlichen Entscheides 1. Wann ist die Revision eines bundesgerichtlichen Entscheides grundsätzlich zulässig (E. 1)? 2. Gegen einen bundesgerichtlichen Entscheid, welcher aufgrund einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV ergangen ist, kommt eine Revision wegen Entdeckung neuer Tatsachen und Beweismittel grundsätzlich nicht in Frage (E. 2a). 3. Ausnahmen hievon (E. 2b).
107 IA 193 () from March 12, 1981
Regeste: Beamtenrecht; wohlerworbene Rechte gegenüber der Pensionskasse. Schutz der finanziellen Ansprüche von Beamten (E. 3a). Begründung wohlerworbener Rechte durch individuell abgegebene Zusicherungen (E. 3c und d). Widerruf von Verwaltungsakten (E. 3e).
107 IA 198 () from May 20, 1981
Regeste: Art. 4 BV, Willkür. Vollstreckung eines ausländischen Urteils. Das englische "Verfahren nach Order 14" verstösst nicht gegen den ordre public gemäss § 302 der Zürcher Zivilprozessordnung.
107 IA 202 () from Oct. 16, 1981
Regeste: Art. 4 BV; Parteientschädigung im Verwaltungsverfahren. Willkürliche Verweigerung einer Parteientschädigung im Verfahren vor den zürcherischen Stiftungsaufsichtsbehörden.
107 IA 212 () from Dec. 7, 1981
Regeste: Art. 4 BV. Beweiswürdigung, Rechtsverweigerung. Das aus einem anderen Verfahren beigezogene Gutachten, welches sich zu einer abstrakt-wissenschaftlichen Fachfrage äussert und nicht auf den Einzelfall zugeschnitten ist, kann prozessual einer Äusserung im wissenschaftlichen Schrifttum gleichgestellt werden; die Anwendung der für formelle Beweismittel geltenden Vorschriften ist nicht erforderlich. Gleiches gilt für den Beizug des Einvernahmeprotokolls der in einem anderen Verfahren gemachten Aussage eines Gutachters mit abstrakt-wissenschaftlichem Gehalt.
107 IA 214 () from Dec. 23, 1981
Regeste: Art. 4 BV; Willkür. Baurecht, Ausnahmebewilligung. Die Ausnahmebewilligung dient in erster Linie der Vermeidung von Härten. Keinen Ausnahmegrund in diesem Sinne bilden wirtschaftliche Schwierigkeiten, die der Bauwillige selbst zu vertreten hat.
107 IA 246 () from Sept. 30, 1981
Regeste: Schiedsgerichtsbarkeit. Tragweite der Pflicht zur Begründung schiedsrichterlicher Entscheide (Art. 33 lit. e, 36 lit. h Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit; E. 3). Gültigkeit des Klagerückzugs bei fehlender Zustimmung des freiwilligen Streitgenossen (Art. 27 Abs. 3 BZP; 24 Abs. 2 Konkordat; E. 5a bb). Substitution von Motiven durch das mit einer Nichtigkeitsbeschwerde befasste Gericht (E. 5b).
107 IA 265 () from Sept. 22, 1981
Regeste: Zulässigkeit neuer rechtlicher Vorbringen in staatsrechtlichen Beschwerden, die die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges voraussetzen. Präzisierung der Rechtsprechung hinsichtlich der Beschwerden, in denen die erhobene Rüge neben jener der Willkür eine selbständige Bedeutung hat aber vom Bundesgericht nur mit beschränkter Kognition geprüft wird.
107 IA 273 () from May 13, 1981
Regeste: Art. 4 BV; kommunale Zonenplanung, Gehörsanspruch des Grundeigentümers. Bei Änderung eines kommunalen Zonenplanes sind die betroffenen Grundeigentümer individuell anzuhören, bevor über die Zoneneinteilung ihrer Grundstücke definitiv entschieden wird (Bestätigung der Rechtsprechung). Das heisst, dass sich entweder die kommunale oder die kantonale Behörde im Einsprache-, Beschwerde- oder Homologationsverfahren mit den formgerecht und innert Frist erhobenen Einwendungen materiell befassen muss.
107 IA 277 () from May 27, 1981
Regeste: Art. 55 BV, Pressefreiheit. Vorsorgliche Massnahmen des kantonalen Prozessrechts. 1. Der Autor eines Zeitungsartikels, der gestützt auf Art. 28 ZGB zivilrechtlich verurteilt worden ist, kann im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde nicht eine unmittelbare Verletzung der Pressefreiheit geltend machen (E. 3a). Er kann hingegen die gemäss kantonalem Verfahrensrecht angeordneten vorsorglichen Massnahmen mit der Begründung anfechten, das kantonale Recht als solches oder seine Anwendung durch den Richter verstosse gegen die Pressefreiheit (E. 3b). 2. Die Anordnung der vorsorglichen Massnahmen des kantonalen Rechts kann dem unmittelbaren Schutz dessen dienen, der auf Beseitigung der Störung klagt (E. 4a). 3. Veröffentlichung einer Richtigstellung, welche gestützt auf Art. 345 ff. der walliser Zivilprozessordnung angeordnet worden ist.
107 IA 292 () from Dec. 22, 1981
Regeste: Meinungsäusserungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit; Reglement der Gemeinde Graben über die Benutzung des öffentlichen Grundes für Veranstaltungen. Massgebliche Gesichtspunkte bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines solchen Erlasses (E. 2b, c). Die angefochtenen Bestimmungen des erwähnten Reglementes halten von einer Ausnahme - abgesehen vor der Verfassung - stand (E. 3, 5-8). Die Vorschrift, wonach im Gesuch um Bewilligung einer Veranstaltung die Namen allfälliger Redner bekanntgegeben werden müssen, bedeutet einen unzulässigen Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit (E. 4).
107 IA 304 () from Dec. 8, 1981
Regeste: Art. 4 und 55 BV, Meinungsäusserungsfreiheit, Informationsfreiheit, Grundsatz der Gewaltentrennung; Information der Öffentlichkeit durch Regierung und Verwaltung. Bestätigung und Präzisierung der in der Literatur kritisierten Rechtsprechung (BGE 104 Ia 88 ff.), wonach kein allgemeiner und umfassender Anspruch des Bürgers und der Presse auf Information über die gesamte Tätigkeit der Verwaltung besteht (E. 3 und 4). Überprüfung der Verfassungsmässigkeit der §§ 3 und 8 des Nidwaldner Reglementes über die Information der Öffentlichkeit durch den Regierungsrat und die Verwaltung vom 10. März 1980 (E. 5 und 6).
107 IA 343 () from Oct. 1, 1981
Regeste: Art. 88 OG und Art. 381 ZGB. Den Eltern des Mündels fehlt die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Ernennung des Vormundes (E. 2). Doch können sie insofern eine formelle Rechtsverweigerung mit staatsrechtlicher Beschwerde rügen, als ihnen verwehrt worden ist, einen Vormund vorzuschlagen oder die Wahl des Vormundes anzufechten und in diesem Zusammenhang Beweisanträge zu stellen (E. 3).
107 IB 68 () from March 27, 1981
Regeste: Auslieferung. Abwesenheitsurteil. Rechtliches Gehör. Todesstrafe. Art. 5, Art. 7, Art. 8, Art. 9, Art. 10, Art. 11 AuslG., Art. 3 EAUe, Art. 6 EMRK. 1. In der Beziehung zu einem Land, mit welchem die Schweiz nicht durch ein Auslieferungsabkommen gebunden ist, sind gegebenenfalls geeignete Massnahmen für die Einhaltung der aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und aus dem Europäischen Auslieferungsabkommen fliessenden Rechte zu ergreifen (E. 2a). 2. Voraussetzungen für die Auslieferungsbewilligung zum Vollzug eines Abwesenheitsurteils; Erfordernisse des rechtlichen Gehörs (E. 2b).
107 IB 80 () from June 25, 1981
Regeste: Unentgeltliche Rechtspflege: Voraussetzungen eines diesbezüglichen Anspruchs des Auslieferungshäftlings.
107 IB 112 () from July 1, 1981
Regeste: Art. 12 NHG und Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG; Legitimation zu kantonalem Rechtsmittel. Die Erfüllung der Planungspflicht nach den Anforderungen des RPG stellt nicht die Erfüllung einer Bundesaufgabe gemäss Art. 2 NHG dar, weshalb eine nach Art. 12 NHG zur eidg. Verwaltungsgerichtsbeschwerde befugte Vereinigung nicht aufgrund von Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG zur kantonalrechtlichen Beschwerdeführung gegen auf das RPG gestützte Verfügungen und Nutzungspläne zugelassen werden muss. Der gemäss Art. 33 Abs. 3 RPG gewährleistete Rechtsschutz bezieht sich ferner nur auf Nutzungspläne, die unter der Herrschaft des RPG öffentlich aufgelegt wurden (Art. 33 Abs. 1 RPG).
107 IB 116 () from July 7, 1981
Regeste: Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GSchG. Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Befreiung von der Anschlusspflicht aus wichtigen Gründen. Im Bereiche von Kanalisationen sind gemäss Art. 18 Abs. 1 Satz 1 GSchG grundsätzlich auch häusliche Abwässer aus landwirtschaftlichen Betrieben mit Nutztierhaltung an die Kanalisation anzuschliessen. Die in Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GSchG vorgesehene Ausnahmeregelung will im Einzelfall Härten und offensichtliche Unzweckmässigkeiten verhindern (E. 2). Selbst wenn aus technischer Sicht der Befreiung solcher häuslicher Abwässer von der Anschlusspflicht nichts entgegensteht, darf eine Ausnahmebewilligung nur dann erteilt werden, wenn das Beharren auf der Anschlusspflicht zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Härte führen würde oder offensichtlich unzweckmässig wäre. Im Blick auf das Gleichbehandlungsgebot kann von Bedeutung sein, ob die fragliche Liegenschaft in der Bauzone oder in der Landwirtschaftszone liegt (E. 4). Hier liegen keine besonderen Umstände vor, die ein Abweichen von der Regel nahelegen (E. 5).
107 IB 170 () from July 9, 1981
Regeste: Art. 97 Abs. 1 OG, Art. 5 VwVG; anfechtbare Verfügung. Ein Entscheid, der ausschliesslich auf kantonales Recht gestützt wird, im Ergebnis jedoch auf die Billigung einer Verletzung von Bundesrecht hinausläuft, ist eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG, die mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden kann (E. 1). Art. 103 lit. c OG; Beschwerdelegitimation einer Gemeinde. Eine Verfügung, die unter dem Vorbehalt des Widerrufs den Fortbestand einer rechtswidrigen Baute ausserhalb der Bauzone zulässt, ist als Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG aufzufassen. Die interessierte Gemeinde ist daher entsprechend Art. 34 Abs. 2 RPG in Verbindung mit Art. 103 lit. c OG zur Beschwerdeführung berechtigt (E. 2). Verletzung von Parteirechten der betroffenen Gemeinde, insbesondere Verweigerung des rechtlichen Gehörs (E. 3).
107 IB 177 () from March 6, 1981
Regeste: Erwerb von Grundstücken in Fremdenverkehrsorten durch Personen im Ausland. Ausnahme von der Bewilligungssperre. Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung des Bundesrates vom 10. November 1976/18. Juni 1979 über den Erwerb von Grundstücken in Fremdenverkehrsorten durch Personen im Ausland (BewVF). Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b BewVF kann die dort vorgesehene Ausnahme von der Bewilligungssperre vom Verkäufer nur dann geltend gemacht werden, wenn das Grundstück von ihm als Zweitwohnung benutzt wird; diese Einschränkung ist ungerechtfertigt, sinn- und zwecklos und widerspricht somit Artikel 4 BV.
107 IB 261 () from Sept. 14, 1981
Regeste: Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EUeR). - Der ausländische Staat darf die von der Schweiz im Rechtshilfeverfahren übermittelten Erkenntnisse zur Abklärung von Delikten im Sinne von Art. 2 lit. a EueR nur dann verwenden, wenn die schweizerische Behörde das Rechtshilfegesuch unter einer entsprechenden, einschränkenden Bedingung bewilligt hat. - Begriff des Fiskaldelikts.
107 IB 289 () from Feb. 18, 1981
Regeste: Befreiung von einer Vorzugslast, die eine Güterzusammenlegungskorporation gemäss den Art. 40 und 57 des Tessiner Gesetzes über die Güterzusammenlegung (GZG) vom Bund verlangt, der Mieter eines dem Zusammenlegungsgebiet benachbarten Schiessplatzes ist. 1. a) Die Vorzugslast, die eine vom Kanton mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben betraute Korporation auferlegt, ist eine kantonale Abgabe im Sinne von Art. 116 lit. f OG. Soweit der Bund sein Befreiungsbegehren auf Bundesverwaltungsrecht stützt, ist daher seine Eingabe als verwaltungsrechtliche Klage gemäss den Art. 116 ff. OG entgegenzunehmen (E. 1). b) Die Auflage einer Vorzugslast wird weder durch Art. 10 GarG (E. 3a), noch nur die Art. 31 Ziffer 4 und 164 Abs. 2 und 3 MO (E. 3b bis d), noch durch die Art. 33 MO und 87 des Beschlusses der Bundesversammlung vom 30. März 1949 über die Verwaltung der schweizerischen Armee (VR) ausgeschlossen. Obschon die Vorzugslast für die Ausführung der mit der Güterzusammenlegung verbundenen Bodenverbesserungsarbeiten - zu denen auch der Bau der Korporationsstrassen gehört - auferlegt wird, kann der Bund die von ihm begehrte Befreiung nicht aus der besonderen Regelung der Art. 33 MO und 87 Abs. 2 lit. c VR herleiten, wonach er zu Beiträgen an den Unterhalt von Strassen nicht herangezogen werden darf; das ergibt sich aus der Systematik der die Abgabebefreiung betreffenden gesetzlichen Ordnung und dem besonderen Zweck der MO (E. 4). 2. a) Soweit der Bund sein Befreiungsbegehren aus dem kantonalen Recht (d.h. dem GZG) herleitet, steht ihm die staatsrechtliche Beschwerde nach den Art. 84 Abs. 1 lit. a und 87 OG zur Verfügung (E. 6). b) Die Grundstücke des Verwaltungsvermögens sind nicht zum vornherein von der Vorzugslast befreit; eine solche darf aber nur verlangt werden, wenn das Grundstück aus der Güterzusammenlegung als solcher oder aus einer einzelnen Massnahme einen besonderen wirtschaftlichen Nutzen zieht (E. 8a). c) Beitragspflicht aufgrund von besonderen, nicht mit dem Grundbesitz verbundenen Interessen, die der Bund ausserhalb des Zusammenlegungsgebietes hat und für die das Güterzusammenlegungsunternehmen eine besonderen Vorteil bringt (Art. 57 Abs. 2 GZG). Diese Interessen können die Auflage einer Vorzugslast rechtfertigen, wenn sie real vorliegen, wirtschaftliche Bedeutung haben, genügend erheblich sind und sich klar von jenen der Allgemeinheit unterscheiden. Im vorliegenden Fall lässt sich die Beitragspflicht des Bundes deshalb rechtfertigen, weil dieser als Mieter auf Grundstücken, die dem Zusammenlegungsgebiet benachbart sind, einen Schiessplatz betreibt (E. 8b).
107 II 10 () from March 5, 1981
Regeste: Genehmigung der Vereinbarungen über die Nebenfolgen der Scheidung durch den Richter (Art. 158 Ziff. 5 ZGB). Der Richter hat bei der Festsetzung oder Abänderung des Unterhaltsbeitrages für die Kinder geschiedener Eltern mitzuwirken. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Erlass der während der Obhut des beitragspflichtigen Elternteils fällig werdenden Beiträge, der ohne richterliche Genehmigung vereinbart werden kann.
107 II 151 () from March 26, 1981
Regeste: Organhaftung, Verjährung (Art. 60 Abs. 2 OR). Wird vom Organ einer juristischen Person eine strafbare Handlung begangen, so gilt die längere Verjährungsfrist des Strafrechts nicht nur für den Zivilanspruch gegen den Täter selbst, sondern auch für den Anspruch gegen die juristische Person aus Organhaftung, sofern zwischen dem fehlbaren Organ und der juristischen Person wirtschaftliche Identität besteht (E. 4). Bindung des Zivilrichters an das Strafurteil (Art. 53 Abs. 2 OR). Der Zivilrichter ist bei der Beurteilung der Frage der Haftbarkeit von Bundesrechts wegen verpflichtet, über die Schuldfrage und die Schadensfeststellung ohne Rücksicht auf ein vorausgegangenes Strafurteil frei zu entscheiden. Im übrigen steht es dem kantonalen Recht frei, die Verbindlichkeit des Strafurteils für den Zivilrichter vorzusehen (E. 5).
107 II 222 () from June 25, 1981
Regeste: Alleinvertretungsvertrag; Schadensermittlung. 1. Austauschverhältnis beim Alleinvertretungsvertrag, Sinn von Art. 82 OR (E. I/2). 2. Kausalzusammenhang, Novenverbot (E. I/3). 3. Tat- und Rechtsfragen bei der Schadensberechnung (E. II/2).
107 II 233 () from April 29, 1981
Regeste: Verfahren bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten; Art. 343 Abs. 4 OR. 1. Entgegennahme einer staatsrechtlichen Beschwerde als Nichtigkeitsbeschwerde (E. 1). 2. Art. 343 Abs. 4 OR verpflichtet den Richter, alle rechtserheblichen Umstände zu berücksichtigen, die sich im Laufe des Verfahrens ergaben, auch wenn die Parteien nicht ausdrücklich darauf Bezug genommen haben (E. 2b). 3. Der Richter hat insbesondere durch Befragung der Parteien nachzuprüfen, ob ihre Vorbringen und Beweisangebote vollständig sind, sofern er sachliche Gründe hat, an deren Vollständigkeit zu zweifeln (E. 2c).
107 II 255 () from July 12, 1981
Regeste: Mietvertrag, Rückforderung der Instandstellungsentschädigung. Anspruch auf Rückerstattung der für das Weisseln der Wohnungsdecken bezahlten Instandstellungspauschale. Dieser Anspruch beruht nicht auf einer Änderung der Rechtsprechung, sondern auf der gesetzlichen Ordnung, wie sie seit dem Inkrafttreten des BMM besteht (E. 2-4). Voraussetzungen der Anrechnung eines sogenannten Rückforderungsschadens (E. 5).
107 II 301 () from Sept. 3, 1981
Regeste: Art. 4 BV; Willkür. Art. 8 EMRK; Recht auf Familienleben. Besuchsrecht des geschiedenen Ehegatten gegenüber seinen Kindern. Ablehnung eines Vollstreckungsbegehrens für die Ausübung des Besuchsrechts eines geschiedenen Vaters. Zulässigkeit der im Interesse der Kinder getroffenen Massnahme sowohl nach Art. 4 BV (E. 4, 5 u. 7) als auch nach Art. 8 EMRK (E. 6).
107 II 314 () from Nov. 10, 1981
Regeste: Fürsorgerische Freiheitsentziehung. 1. Mit der Berufung gegen die fürsorgerische Freiheitsentziehung kann auch die Verletzung von Art. 397f Abs. 2 ZGB gerügt werden, wonach der betroffenen Person im gerichtlichen Verfahren wenn nötig ein Rechtsbeistand zu bestellen ist (E. 1). 2. Voraussetzungen für die Bestellung eines Rechtsbeistandes. Der Umstand, dass die zu versorgende Person an einem geistigen Gebrechen leidet und dass die Versorgung tief in seine Rechte eingreift, macht für sich allein die Bestellung eines Rechtsbeistandes noch nicht erforderlich (E. 2, 3).
107 II 499 () from Oct. 15, 1981
Regeste: Art. 57 Abs. 5 OG. Ausnahme von der Regel (E. 1). Art. 274 Abs. 2 ZGB und Art. 44 OG. Wird dem Vater oder der Mutter das Recht auf persönlichen Verkehr mit ihrem unmündigen Kind von der Vormundschaftsbehörde gestützt auf Art. 274 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 275 Abs. 1 ZGB entzogen, so können sie dagegen nicht Berufung beim Bundesgericht einlegen, weil keine Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 OG vorliegt (E. 2).
107 III 11 () from June 25, 1981
Regeste: Zustellung eines Zahlungsbefehls in der Bundesrepublik Deutschland. Die Anerkennung der Zustellung eines Zahlungsbefehls in der Bundesrepublik Deutschland durch Niederlegung beim zuständigen Amtsgericht im Sinne von § 182 der deutschen Zivilprozessordnung verstösst nicht gegen den schweizerischen ordre public.
107 III 40 () from Jan. 15, 1981
Regeste: Nachlassvertrag; Art. 305 Abs. 2 SchKG. Bei der Schätzung des Pfandausfalls, um den sich der Gesamtbetrag der für die Berechnung des Summenmehrs in Betracht fallenden Forderungen erhöht, ist nicht auf den sogenannten Fortführungswert, sondern auf den Verkehrswert der Pfandgegenstände abzustellen, d.h. auf den Wert, der bei einer Veräusserung dieser Gegenstände mutmasslich erzielt werden kann.
107 III 53 () from Sept. 16, 1981
Regeste: Art. 50, 52, 190 SchKG. Über eine Gesellschaft kann der Konkurs ohne vorgängige Betreibung nur am ordentlichen Betreibungsort eröffnet werden, über eine Aktiengesellschaft mithin an dem Ort, wo diese ihren Sitz hat und wo sie im Handelsregister eingetragen sein muss (E. 4-5).
107 IV 3 () from Jan. 20, 1981
Regeste: Art. 10 f. StGB. Nicht jede durch den Konsum von Alkohol oder andern bewusstseins- und willensbeeinflussenden Drogen bewirkte kurzfristige Enthemmung oder Verdummung genügt, um die Zurechnungsfähigkeit herabzusetzen. Berücksichtigung des Verhaltens des Täters vor, während und nach seiner Tat.
107 IV 25 () from Feb. 9, 1981
Regeste: Art. 46 Ziff. 3 StGB. Recht des in den Straf- oder Massnahmevollzug Eingewiesenen zum freien Verkehr mit seinem Rechtsanwalt oder nach kantonalem Recht anerkannten Rechtsbeistand. Umfang, insbesondere bei Gefangenen mit besonderen Sicherheitsrisiken.
107 IV 185 () from Nov. 27, 1981
Regeste: Art. 293 StGB, Art. 22 GRN (Geschäftsreglement des Nationalrates). Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen. 1. Für die Geheimhaltungserklärung einer Verhandlung "durch Gesetz" braucht es kein Gesetz im formellen Sinn. Eine von der betreffenden Behörde im Rahmen ihrer Kompetenz erlassene Verordnung reicht aus, selbst wenn sich diese bloss an die Mitglieder der Behörde selbst oder allfällige weitere Sitzungsteilnehmer richtet, ohne zugleich einem aussenstehenden Bürger eine Geheimhaltungspflicht aufzuerlegen (Verwaltungsverordnung) (E. 1). 2. Art. 22 Abs. 2 GRN bildet eine rechtsgenügende Grundlage für eine Geheimhaltungserklärung im Sinne von Art. 293 StGB (E. 2b u. E. 3b). 3. Art. 293 StGB liegt ein formeller Geheimnisbegriff zugrunde (E. 3c).
107 V 203 () from Aug. 24, 1981
Regeste: Art. 4 BV. Technische und praktische Gründe vermögen eine Ungleichbehandlung jedenfalls dann zu rechtfertigen, wenn diese nicht zu unbilligen Ergebnissen führt (Erw. 3). Art. 41bis AHVV. Abs. 1 dieser Bestimmung ist gesetzmässig und verstösst nicht gegen die Rechtsgleichheit (Erw. 3).
107 V 211 () from Dec. 15, 1981
Regeste: Art. 43 Abs. 3 IVG und Art. 20quater IVV. Die Regelung des Art. 20quater IVV hält sich im Rahmen der Delegationsnorm und ist weder verfassungs- noch gesetzwidrig.
108 IA 5 () from March 31, 1982
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör, Akteneinsicht; Rechtsgleichheit. 1. Umfang des Rechts auf Akteneinsicht. Art. 4 BV gewährt Privatpersonen weder einen Anspruch auf Herausgabe amtlicher Akten (E. 2b) noch auf Herstellung und Herausgabe von Kopien grossformatiger Pläne (E. 2c). 2. Rechtsgleichheit. Die Praxis der Zürcher Behörden, die Akten nur patentierten Rechtsanwälten, nicht aber privaten Beschwerdeführern herauszugeben, stellt keine gegen Art. 4 BV verstossende Ungleichbehandlung dar (E. 3).
108 IA 9 () from March 19, 1982
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege. Erfordernis der Bedürftigkeit: Massgeblich sind grundsätzlich nur die eigenen Mittel eines Gesuchstellers sowie allenfalls jene von ihm gegenüber unterstützungspflichtigen Personen, nicht jedoch die Mittel eines Vereins, dem der Gesuchsteller als (wenn auch leitendes) Mitglied angehört.
108 IA 11 () from April 23, 1982
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege, Anwaltsrecht. 1. Der Armenanwalt ist nicht befugt, von der von ihm vertretenen Partei eine zusätzliche Entschädigung zu verlangen, auch wenn die ihm aus der Staatskasse ausgerichtete Entschädigung nicht einem vollen Honorar entspricht (E. 1). 2. Die Rechnungsstellung an die verbeiständete Partei stellt eine Standeswidrigkeit dar, die mit einem Verweis geahndet werden darf (E. 3). 3. Art. 4 BV verlangt nicht, dass der Anwalt, der sich zum Vorwurf der Verletzung der Standesregeln äussern konnte, vor dem Erlass einer solchen Disziplinarmassnahme noch besonders angehört wird (E. 4).
108 IA 22 () from Feb. 12, 1982
Regeste: Zulassung zur Mittelschule im Kanton Waadt; Gleichheit der Geschlechter im Unterrichtswesen. Art. 88 OG: Die betroffenen Schülerinnen können einen Entscheid, durch den ihnen der Zugang zur Mittelschule verweigert wird, selbständig anfechten (E. 2). Anwendbarkeit von Art. 4 Abs. 2 BV (E. 4c). Ein die Mädchen im Verhältnis zu den Knaben benachteiligendes Bewertungssystem bei den Examen für die Zulassung zur Mittelschule verstösst gegen das Gebot der Gleichbehandlung von Mann und Frau i.S. von Art. 4 Abs. 2 BV (E. 5). So wie die Examen gehandhabt werden, entbehren sie ausserdem der gesetzlichen Grundlage und beruhen auf einer willkürlichen Gesetzesanwendung (E. 6).
108 IA 41 () from March 12, 1982
Regeste: Kultusfreiheit; kirchlicher Umzug auf öffentlichem Grund. Art. 50 Abs. 1 und 2 BV; innerhalb der durch diese Bestimmung gesetzten Grenzen sind die Kantone verpflichtet die Abhaltung einer Prozession auf ihrem Gebiet zu gestatten (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2a). Art. 1 des Genfer Gesetzes über die öffentliche Religionsausübung, welcher jede Art von Prozessionen oder kirchlichen Kundgebungen auf öffentlichen Strassen untersagt, verstösst gegen Art. 50 BV (E. 2b und c). Die Kantone können kirchliche Kundgebungen auf öffentlichem Grund der Bewilligungspflicht unterstellen. Im konkreten Fall war die Verweigerung einer solchen Bewilligung ungerechtfertigt (E. 3).
108 IA 69 () from May 26, 1982
Regeste: Persönliche Freiheit; Aufschub des Strafvollzuges auf unbestimmte Zeit bei Straferstehungsunfähigkeit. Die Strafvollzugsbehörden haben nicht das Recht, auf den Vollzug einer rechtskräftig verhängten Strafe zu verzichten (Erw. 2a); hingegen ist ein Strafaufschub auf unbestimmte Zeit ausnahmsweise zulässig (Erw. 2b). Voraussetzungen hiefür (Erw. 2c), insbesondere bei Selbstmordgefahr (Erw. 2d). Gesundheitliche Störungen, die zur Entlassung aus der Sicherheitshaft geführt haben, brauchen nicht zu einem Aufschub des Strafvollzuges zu führen (Erw. 3).
108 IA 82 () from Feb. 17, 1982
Regeste: Art. 88 OG, Legitimation; Gemeindeautonomie; Verfahren betreffend die Abberufung eines Pfarrers. Legitimation der evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung der Autonomie (E. 1b). Verletzung der Autonomie der Kantonalkirche und der Kirchgemeinde Straubenzell dadurch, dass der Regierungsrat im Rechtsmittelverfahren die ihm zustehende Prüfungsbefugnis überschritt: er nahm zu Unrecht an, es liege ein Missbrauch der Amtsgewalt durch den Kirchenrat der Kantonalkirche vor, weil dieser im Beschwerdeverfahren davon abgesehen habe, den von der Kirchgemeindeversammlung in geheimer Abstimmung gefassten Beschluss betreffend die Abberufung des Pfarrers aufzuheben (E. 3).
108 IA 97 () from May 10, 1982
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Die Kriterien der Legitimation des Geschädigten im Strafprozess zur staatsrechtlichen Beschwerde gelten auch in Ehrverletzungssachen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 1). Art. 4 BV. 1. Die Kantone dürfen die Vertretung bei der Strafantragsstellung bestimmten Formerfordernissen unterstellen, soweit diese die Durchsetzung des materiellen Bundesrechts nicht vereiteln (E. 3a). 2. Die Formvorschriften der Zivilprozessordnung des Kantons Schwyz über die Vertretung auf die Strafantragsstellung des Geschädigten analog anzuwenden, ist zulässig (E. 3a). Eine Verletzung von Art. 4 BV liegt aber vor, wenn nicht sämtliche entsprechenden Bestimmungen der ZPO angewendet werden, wie das Nachbesserungsrecht bei mangelhafter Klageeinleitung (§ 97 SZ/ZPO) und bei fehlender oder ungenügender Vollmacht (§ 35 SZ/ZPO; E. 3b).
108 IA 111 () from May 3, 1982
Regeste: Art. 4 BV; Erhebung einer Abgabe für nächtliches Dauerparkieren auf öffentlichem Grund. Das Gleichheitsgebot wird nicht verletzt, wenn von Dauerparkierern auf öffentlichem Grund lediglich Nachtparkiergebühren verlangt werden (E. 2).
108 IA 116 () from May 26, 1982
Regeste: Ausnützungsziffer; Anwendung auf Grundstücke, die in verschiedenen Zonen gelegen sind; Willkür. 1. Anwendung der Ausnützungsziffer bei einem Grundstück, das nachträglich in mehrere Parzellen aufgeteilt worden ist (E. 2). 2. Liegen zwei benachbarte Grundstücke in verschiedenen Zonen, so ist es jedenfalls nicht willkürlich, eine Anrechnung beider Landflächen, wodurch die Bebauungsmöglichkeiten auf der einen Parzelle vergrössert werden sollen, zu verbieten (E. 3).
108 IA 122 () from May 17, 1982
Regeste: Art. 4 BV (Treu und Glauben); Handänderungsgebühr, Praxisänderung. 1. Eine Praxisänderung muss nicht in der erstinstanzlichen Verfügung eingehend begründet werden. Es genügt, wenn dies im Einsprache- oder Beschwerdeverfahren nachgeholt wird (E. 2a). 2. Es ist gerechtfertigt und verstösst nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn eine Gemeinde in einem Einspracheverfahren bezüglich einer Handänderungsgebühr das Problem einer Praxisänderung der kantonalen Steuerverwaltung unterbreitet und deren Stellungnahme ihrem Entscheid zugrundelegt (E. 2b).
108 IA 126 () from May 7, 1982
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde gegen ein Gesetz, in dem bereits bisher geltende Prinzipien erneut aufgenommen wurden; Beschwerdebefugnis, Art. 4 Abs. 2 BV, Gleichheit der Geschlechter. 1. Eine vor Beginn der Frist eingereichte Beschwerde ist nicht unzulässig (E. 1a). 2. Wiederholt der Gesetzgeber in einem neuen Erlass einen Grundsatz, der schon im alten figurierte, und ändert er nicht den Inhalt sondern lediglich Elemente von untergeordneter Bedeutung, so ist das Bundesgericht befugt, die alten Elementen in ihrem neuen Rahmen wieder zu kontrollieren (E. 1b und c). 3. Festhalten an der Rechtsprechung, wonach eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 Abs. 1 BV unzulässig ist, wenn sie gegen eine Gesetzes- oder Reglementsbestimmung gerichtet ist, die Dritte begünstigt, und der Beschwerdeführer kein besonderes Interesse an der Aufhebung der Bestimmung geltend macht (E. 2). Gilt sie auch hinsichtlich gestützt auf Art. 4 Abs. 2 BV erhobener Beschwerden? (Frage offen gelassen, E. 3b). 4. Der Ehegatten gewährte Steuerabzug bei Erwerbstätigkeit der Ehefrau begründet keine Rechtsungleichheit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 BV sondern einen Vorteil, der dem Ehemann ebenso zu gute kommt wie der Ehefrau (E. 4).
108 IA 140 () from June 25, 1982
Regeste: Art. 89 OG; Art. 4 und 31 BV; Zürcher Unterhaltungsgewerbegesetz, Zulässigkeit des Verbots ideeller Immissionen. 1. Nach zürcherischem Recht läuft die Beschwerdefrist für die Anfechtung eines durch die Volksabstimmung angenommenen Erlasses von der Veröffentlichung des Erwahrungsbeschlusses des Kantonsrats im Amtsblatt an (E. 1). 2. Die Kantone und Gemeinden können baupolizeiliche und dem Schutz der Umgebung dienende Immissionsvorschriften auch bezüglich Betrieben aufstellen, die dem Arbeitsgesetz unterstehen (E. 5b). 3. Unbestimmte Rechtsbegriffe (wie "ideelle Immissionen") verstossen nicht gegen Art. 4 BV, sofern sie sich verfassungskonform auslegen lassen (E. 5c aa). 4. Dass Bewilligungen zum Betrieb von Unterhaltungsbetrieben nicht erteilt werden sollen, wenn von diesen übermässige Einwirkungen ideeller Art auf die Nachbarschaft ausgehen, liegt im öffentlichen Interesse und stellt eine zulässige, polizeilich motivierte Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit dar (E. 5c bb).
108 IA 178 () from June 15, 1982
Regeste: Grundsatz der Gewaltentrennung, Art. 5 Ziff. 4 EMRK; zürcherische Verordnung vom 29. Oktober 1980 über die Anpassung des kantonalen Rechtes an die Änderung des ZGB vom 6. Oktober 1978 betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung. Es bedeutet keine Verletzung des Gewaltentrennungsprinzips, wenn sich der Zürcher Regierungsrat aufgrund von Art. 52 Abs. 2 SchlT ZGB für berechtigt hielt, die notwendigen Ausführungsvorschriften zu den Bestimmungen des ZGB über die fürsorgerische Freiheitsentziehung auf dem Verordnungsweg in das zürcherische EG zum ZGB einzufügen (E. 2, 3). Die in § 117i der erwähnten Verordnung vorgesehene, vom Regierungsrat gewählte Psychiatrische Gerichtskommission ist ein "Gericht" im Sinne des Art. 5 Ziff. 4 EMRK (E. 4).
108 IA 197 () from May 10, 1982
Regeste: Schiedsgerichtliches Verfahren; Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit. 1. Ist das schiedsgerichtliche Verfahren einzustellen, wenn die Ernennung eines Schiedsrichters beim ordentlichen Richter angefochten wird? 2. Die Parteien haben alles zu unterlassen, was ohne zwingende Notwendigkeit den normalen Ablauf des schiedsgerichtlichen Verfahrens verzögern könnte.
108 IA 203 () from April 20, 1982
Regeste: Art. 87, 50 und 57 Abs. 5 OG. Ist gegen einen letztinstanzlichen Zwischenentscheid mit der staatsrechtlichen Beschwerde zugleich eine nach Art. 50 OG zulässige Berufung erhoben worden, so ist auf die Beschwerde gemäss Art. 87 OG einzutreten.
108 IA 205 () from May 28, 1982
Regeste: Art. 89 OG. Weigert sich eine Behörde mit ausdrücklichem und begründetem Entscheid, ein Gesuch zu behandeln, so ist die staatsrechtliche Beschwerde innert 30 Tagen seit dessen Mitteilung einzureichen.
108 IA 209 () from Dec. 1, 1982
Regeste: Art. 4 BV, Willkür, überspitzter Formalismus; Ansetzung einer Nachfrist zur Verbesserung der Rekursschrift gemäss § 23 Abs. 2 des zürcherischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes. Reicht ein Anwalt für einen Rekurrenten bewusst eine mangelhafte Rekursschrift ein, um sich damit eine zusätzliche Begründungsfrist zu verschaffen, so kann die Einräumung einer Nachfrist im Sinne der erwähnten Vorschrift des zürcherischen Rechts ohne Verletzung von Art. 4 BV unterbleiben.
108 IA 212 () from Dec. 7, 1982
Regeste: Art. 4 BV; Gleichbehandlung im Unrecht; Interessen Dritter. Stehen dem aus dem Grundsatz der Rechtsgleichheit abgeleiteten Anspruch eines Privaten auf gesetzwidrige Begünstigung berechtigte Interessen Dritter entgegen, so sind die widersprechenden Rechte und Interessen im Einzelfall gegeneinander abzuwägen.
108 IA 252 () from Nov. 19, 1982
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV (Erbschaftssteuer). Virtuelle Doppelbesteuerung (E. 2). Wohnsitz im Steuerrecht (E. 3-5). Die Erhebung von Erbschaftssteuern vom beweglichen Vermögen steht dem Wohnsitzkanton des Erblassers zu; dies gilt für Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft, deren Liegenschaften nicht im Wohnsitzkanton des Erblassers liegen, auch wenn sämtliche Aktien oder deren überwiegende Mehrheit dem Erblasser gehörten (E. 6).
108 IA 264 () from Oct. 20, 1982
Regeste: Art. 88 OG, Legitimation; Art. 4 BV und Gemeindeautonomie, Nichtgenehmigung einer Pfarrwahl. Legitimation eines Geistlichen zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Verweigerung der Genehmigung seiner Wahl zum Pfarrer der Kirchgemeinde (E. 3a). Befugnis der Kirchgemeinde, gegen den Entscheid der kirchlichen Oberbehörde Beschwerde wegen Autonomieverletzung zu führen (E. 3b). Autonomie der thurgauischen Kirchgemeinden auf dem Gebiet der Pfarrwahl (E. 8). Wahl eines ausländischen Pfarrers durch eine Kirchgemeinde, die gestützt auf eine Vorschrift des Organisationsgesetzes der evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau betreffend Gewährung des Stimm- und Wahlrechts an Ausländer in Gemeindeangelegenheiten die passive Wahlberechtigung für ausländische Pfarrer eingeführt hatte. Keine Verletzung der Autonomie der Kirchgemeinde, wenn der Evangelische Kirchenrat des Kantons Thurgau diese Wahl nicht genehmigte (E. 9).
108 IA 275 () from Sept. 17, 1982
Regeste: Art. 10 EMRK; Veröffentlichung eines nach Art. 293 StGB geheimen amtlichen Berichtes. Das in Art. 22 GRN (SR 171.13) statuierte "Sitzungsgeheimnis" ist keine Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit im Sinne von Art. 10 Ziff. 2 EMRK, denn die in Art. 10 Ziff. 1 EMRK enthaltene Informationsfreiheit gewährleistet nur die aktive Erschliessung allgemein zugänglicher Quellen, zu denen die dem "Sitzungsgeheimnis" unterstellten Verhandlungen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates sowie deren Gegenstand bildende "vertrauliche" Berichte nicht gehören.
108 IA 281 () from May 28, 1982
Regeste: Art. 84 Abs. 1 lit. a, 85 lit. a und 88 OG. Gegen die angebliche Verletzung der Rechte einer Minderheit bei der Wahl der Mitglieder des Büros durch den grossen Gemeinderat ist nicht die Beschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG sondern jene gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. a OG (Verletzung verfassungsmässiger Rechte) zu erheben; die Legitimation richtet sich entsprechend nach Art. 88 OG. Im konkreten Fall sind die Beschwerdeführer, die ausschliesslich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des grossen Gemeinderates von Moutier Beschwerde führen, zur Beschwerde gegen den Entscheid dieser Behörde nicht legitimiert.
108 IA 284 () from Dec. 21, 1982
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation eines Dritten. Legitimation des Unternehmers zur staatsrechtlichen Beschwerde verneint gegenüber einer an den Bauherrn und Eigentümer gerichteten Verfügung zur Vollstreckung der in der Baubewilligung gemachten Auflage in bezug auf die Hausbedachung.
108 IA 293 () from July 8, 1982
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör. Art. 4 BV begründet keinen Anspruch der Parteien, sich zur rechtlichen Würdigung der in den Prozess eingeführten Tatsachen noch besonders auszusprechen. Ebensowenig folgt aus dem Gehörsanspruch, dass der Richter die Parteien auf den für die Urteilsfällung wesentlichen Sachverhalt hinzuweisen hätte.
108 IA 295 () from Dec. 22, 1982
Regeste: Art. 4 BV; Willkür. Zone für öffentliche Bauten. 1. Abweichung vom klaren Wortlaut einer Gesetzesvorschrift. Willkür verneint bei der Schaffung einer Zone für öffentliche Bauten ausserhalb des Siedlungsgebiets, obwohl nach § 47 Abs. 1 des zürcherischen Bau- und Planungsgesetzes die Bauzonen innerhalb des Siedlungsgebiets auszuscheiden sind (E. 2). 2. Widerspruch zwischen kommunaler Nutzungszone und kantonalem Gesamtplan. Willkür verneint bei der Ausscheidung einer Zone für öffentliche Bauten im Landwirtschaftsgebiet (E. 3). 3. Es ist nicht willkürlich bzw. unverhältnismässig, für eine Sportanlage statt einer Freihaltezone eine Zone für öffentliche Bauten auszuscheiden (E. 4).
108 IA 308 () from Nov. 10, 1982
Regeste: Interkantonale Schiedsgerichtsbarkeit: Ernennung eines Schiedsrichters, Gültigkeit der Schiedsabrede. 1. Örtliche Zuständigkeit der richterlichen Behörde zur Ernennung eines Schiedsrichters, wenn die Schiedsabrede den Sitz des Schiedsgerichts in einem Kanton festsetzt, der dem Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit (SR 279) beigetreten ist, aber das Zürcher Prozessverfahren für anwendbar erklärt (E. 1). 2. Kognition der richterlichen Behörde im Rahmen von Art. 12 des Konkordates in bezug auf die Frage der Gültigkeit der Schiedsabrede (E. 2).
108 IA 316 () from Nov. 25, 1982
Regeste: Anwaltsdisziplinarrecht; Meinungsäusserungsfreiheit; Öffentlichkeit der Verhandlungen. 1. Die in Art. 10 EMRK garantierte Meinungsäusserungsfreiheit ist nicht verletzt, wenn ein Anwalt diszipliniert wird, weil er unsachliche Kritik geübt und sich dabei im für den Verkehr mit den Behörden gebotenen Ton vergriffen hat (E. 1, 2). 2. Der schweizerische Vorbehalt zu Art. 6 EMRK schliesst die Anwendung dieser Bestimmung auf das Disziplinarverfahren vor der Aufsichtsbehörde aus (E. 5).
108 IA 323 () from Oct. 22, 1982
Regeste: Art. 88 OG; Beschwerdebefugnis. Die in Art. 14 des neuenburgischen Gesetzes vom 2. Juli 1962 über die Gastwirtschaftsbetriebe enthaltene Bedürfnisklausel stützt sich nur auf Art. 32quater BV; sie dient nur der Bekämpfung des Alkoholismus, einem allgemeinen öffentlichen Interessen also, und räumt dem Konkurrenten nicht das für die staatsrechtliche Beschwerde notwendige rechtlich geschützte Individualinteresse ein.
108 IB 71 () from March 19, 1982
Regeste: Überwälzung von Kosten für den Bau von Erschliessungsanlagen auf die Grundeigentümer. 1. Haben sich die Grundeigentümer gegen die Auferlegung von Kosten an Erschliessungsanlagen mit staatsrechtlicher Beschwerde oder mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Wehr zu setzen (E. 1)? 2. Das Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz vom 4. Oktober 1974 (WEG; SR 843) sowie dessen Verordnung vom 20. August 1975 (VWEG; SR 843.1) legen den Rahmen fest, innert welchem den Grundeigentümern die Kosten der sogenannten Grob- und Feinerschliessung ihrer Grundstücke zu überbinden sind; dem kantonalen bzw. dem kommunalen Recht kann in diesem Bereich nur noch die Aufgabe der Feinregulierung der effektiv zu erhebenden Kosten zukommen (E. 2). 3. Das sog. Erschliessungskostenreglement der Gemeinde Alpnach vom 14. Dezember 1973 (ER) hält sich jedenfalls insofern an den vom Bundesrecht gegebenen Rahmen, als es die Kosten der Erschliessungs- und Sammelleitungen vollumfänglich auf die Grundeigentümer abwälzt (E. 3a).
108 IB 121 () from Feb. 3, 1982
Regeste: Quartierplan. Kriterien für seine rechtliche Qualifikation.
108 IB 345 () from May 19, 1982
Regeste: Art. 5 Abs. 2 RPG; materielle Enteignung. 1. Umzonung einer Parzelle von einer lockeren Wohnzone 2. Etappe in eine Landwirtschafts- und Landschaftsschutzzone. Eine Bauzone 2. Etappe, die den Vorschriften des übrigen Gemeindegebietes untersteht, gilt nicht als Bauzone im Sinne der Art. 19 f. GSchG (E. 4b). Bedarf es für eine Überbauung nach der gegebenen Rechtslage erst noch eines Gemeindeversammlungsbeschlusses, so ist die Annahme auszuschliessen, die Überbauung sei in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit möglich (E. 4c). Voraussetzungen, unter denen das mit der Schaffung einer Bauzone 2. Etappe begründete Vertrauen eine Einzonung in die definitive Bauzone gebietet (E. 4d). 2. Der Umstand, dass eine Liegenschaft zum Wert von Bauerwartungsland versteuert worden ist, kann nicht zur Annahme eines Sonderopfers führen (E. 5b). Voraussetzungen eines Anspruchs auf Ersatz der Projektierungskosten (E. 5c).
108 IB 352 () from Nov. 10, 1982
Regeste: Art. 5 Abs. 2 RPG; materielle Enteignung, Sonderopfer. 1. Begriff des Sonderopfers (E. 4a). 2. Auch die Annahme eines Sonderopfers setzt voraus, dass dem Grundeigentümer eine in naher Zukunft sehr wahrscheinlich realisierbare Nutzung entzogen wird (E. 4b). 3. Liegt weder eine Enteignung noch eine enteignungsähnliche Eigentumsbeschränkung vor, so kann ein allfälliger Anspruch auf Ersatz nutzlos gewordener Planungskosten nicht auf Art. 22ter Abs. 3 BV bzw. Art. 5 Abs. 2 RPG, sondern nur auf Art. 4 BV (Vertrauensschutz) gestützt werden (E. 4b aa ff.).
108 IB 377 () from April 21, 1982
Regeste: Baubewilligung und Rodungsbewilligung. Grundsatz von Treu und Glauben. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Verfügung i.S. von Art. 5 VwVG; End- oder Zwischenentscheid (E. 1a und b). Unzulässigkeit der Erteilung einer Baubewilligung in einem Verfahren, in dem die Verweigerung einer Rodungsbewilligung angefochten wird (E. 1d). 2. Begriff des Waldes. Qualifizierung der in Frage stehenden Parzelle als Wald (E. 2). 3. Baubewilligung, die stillschweigend an die Bedingung der nachfolgenden Erteilung einer Rodungsbewilligung geknüpft ist. Die Verweigerung der letztgenannten bedeutet keinen Widerruf der Baubewilligung. Wirkungen hinsichtlich der vom Inhaber der Baubewilligung erhobenen Rügen (E. 3a). 4. Voraussetzungen des Vertrauensschutzes im allgemeinen (E. 3b). Bejahung des Vertrauensschutzes im konkreten Fall in Anbetracht der gesamten Umstände (von der Gemeinde vor dem Grundstückkauf abgegebene Zusicherungen; mindestens zweimalige Bestätigung der Zuordnung der Parzelle zur Bauzone durch den Regierungsrat, der auch obere kantonale Aufsichtsbehörde über die Fortspolizei ist; Erteilung einer Rodungsbewilligung an den Eigentümer einer gleichartigen, angrenzenden Parzelle; Verhalten der Forstpolizeibehörden) (E. 3c).
108 IB 392 () from Oct. 28, 1982
Regeste: Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Frau im Falle von Heirat. 1. Aufgrund seiner Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Zivilrechts, von der er durch Erlass des ZGB Gebrauch gemacht hat, ist der Bund zum Erlass von Vorschriften über die Beibehaltung oder den Verlust des Kantons- und Gemeindebürgerrechts der Frau im Falle von Heirat ausschliesslich zuständig. Den Kantonen fehlt daher eine entsprechende Kompetenz (E. 2). 2. Eine kantonale Regelung, die es der Frau ermöglicht, bei der Heirat ihr bisheriges Kantons- und Gemeindebürgerrecht beizubehalten, steht zudem materiell mit dem Bundesrecht in Widerspruch (E. 3).
108 IB 465 () from July 15, 1982
Regeste: Art. 132 und 90 WStB; Befugnisse der kantonalen Wehrsteuerverwaltung im Steuerhinterziehungsverfahren. 1. Muss die kantonale Rekurskommission auf eine Beschwerde eintreten, die sich gegen die Mitteilung über die Einleitung eines Steuerhinterziehungsverfahrens richtet, wenn mit der Mitteilung eine Aufforderung zur Erteilung von Auskünften und zur Herausgabe von Unterlagen verbunden ist? (E. 2). 2. Voraussetzungen, unter welchen die kantonale Behörde, die Akten eines Strafverfahrens gegen die Verantwortlichen einer Bank sichtet und dabei auf Dokumente über Bankkunden stösst, die nicht Beteiligte des Strafverfahrens sind, solche Dokumente berücksichtigen darf, um ein Hinterziehungsverfahren gegen diese Kunden einzuleiten. (E. 3)
108 II 51 () from Jan. 26, 1982
Regeste: Art. 47 Abs. 3 OG. Werkeigentümer- und Motorfahrzeughalterhaftung. 1. Voraussetzungen der Berufungsfähigkeit einer Widerklage, die den Streitwert von Art. 46 OG nicht erreicht (E. 1). 2. Die fehlende Signalisierung einer Tordurchfahrt stellt einen Werkmangel dar (E. 2). Adäquater Kausalzusammenhang mit dem Schaden an einem Lastwagen, der den Torbogen gerammt hat (E. 3). Verschulden des Fahrzeugführers und des Werkeigentümers (E. 4). 3. Kollision von Werkeigentümer- und Motorfahrzeughalterhaftung. Berücksichtigung der Betriebsgefahr des Lastwagens. Aufteilung des Schadens (E. 5 und 6).
108 II 69 () from March 18, 1982
Regeste: Vorsorgliche Massnahmen wegen unlauteren Wettbewerbs. 1. Art. 87 OG. Staatsrechtliche Beschwerde gegen einen Entscheid über solche Massnahmen; Voraussetzungen. Neue Vorbringen (E. 1). 2. Art. 9 Abs. 2 UWG. Anforderungen an den Nachweis von Tatsachen und an deren Beurteilung im Massnahmenverfahren (E. 2a). 3. Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG. Wann liegt eine Nachahmung vor, die im Sinne dieser Bestimmung gegen Treu und Glauben verstösst; wann nicht (E. 2b)? Umstände, unter denen ersteres offensichtlich zutrifft (E. 2c).
108 II 130 () from April 20, 1982
Regeste: Art. 944 Abs. 1 OR und 117 HRegV. Verlegung des Sitzes einer Gesellschaft in einen anderen Registerbezirk. Voraussetzungen, unter welchen ein örtlicher Hinweis in der Firma trotz Sitzverlegung beibehalten werden darf.
108 II 161 () from March 19, 1982
Regeste: Namensänderung (Art. 30 ZGB). Das Namensänderungsgesuch einer verheirateten Frau, es sei ihr zu gestatten, den vorehelichen Namen wieder anzunehmen (allenfalls unter Beifügung des ehelichen Namens), verstösst gegen Art. 161 Abs. 1 ZGB.
108 II 228 () from July 20, 1982
Regeste: Art. 9 Abs. 2 UWG. Umstände, unter welchen ein nicht leicht ersetzbarer Nachteil angenommen werden kann (Erw. 2b). Abwägung der Interessen beider Parteien, insbesondere wenn mit einer vorsorglichen Massnahme nicht allein der bisherige Zustand sichergestellt, sondern bereits die vorläufige Vollstreckung eines Anspruchs verlangt wird, über dessen Bestand der Zivilrichter im ordentlichen Verfahren erst in Zukunft wird befinden müssen (Erw. 2c).
108 II 375 () from June 10, 1982
Regeste: Tod des Inhabers der elterlichen Gewalt bei einem Kind geschiedener Eltern; Übertragung der elterlichen Gewalt auf den überlebenden Elternteil. 1. Zuständig, ein Kind geschiedener Eltern nach dem Tod des Inhabers der elterlichen Gewalt unter die elterliche Gewalt des überlebenden Elternteils zu stellen, ist nicht nur der Richter (Art. 157 ZGB), sondern auch die Vormundschaftsbehörde (Ergänzung der Rechtsprechung; E. 2). 2. Hat jedoch die Vormundschaftsbehörde gestützt auf Art. 368 Abs. 1 ZGB bereits eine Vormundschaft errichtet und ein allfälliges Gesuch des überlebenden Elternteils um Einsetzung in die elterliche Gewalt ein erstes Mal abgewiesen, bleibt nur noch der Weg der Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils offen (E. 3).
108 III 41 () from Jan. 8, 1982
Regeste: Frist für die Arrestprosequierungsklage, Nachfrist bei Unzuständigkeit des Richters (Art. 278 Abs. 2 SchKG, 139 OR). Es ist nicht willkürlich, Art. 139 OR analog auf die Frist für die Einreichung der Arrestprosequierungsklage anzuwenden.
108 IV 3 () from May 28, 1982
Regeste: Art. 117 StGB; fahrlässige Tötung in Form eines unechten Unterlassungsdelikts. 1. Ein medizinischer Laie, der für eine 10tägige totale Fastenkur (inkl. Flüssigkeitsentzug) aufgrund der konkreten Umstände die Verantwortung trägt, übernimmt dadurch eine Schutzfunktion, die seine Garantenstellung begründet. Von ihm ist objektiv zu erwarten, dass er bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Schutzbefohlenen einen Arzt beizieht (E. 1). 2. Bei fahrlässigen Erfolgsdelikten, die durch eine Unterlassung begangen werden, ist der Erfolg dem Täter dann zuzurechnen, wenn die erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg höchstwahrscheinlich entfällt (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2).
108 IV 52 () from Jan. 15, 1982
Regeste: Art. 32 Abs. 2, 106 Abs. 1 SVG, Art. 115 SSV. Die Anordnung des Versuchs "Tempo 50" und dessen Signalisierung sind gesetzmässig.
108 IV 120 () from Aug. 18, 1982
Regeste: 1. Art. 20a ff. UWG; Art. 8 Abs. 2 der Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen vom 11. Dezember 1978 (SR 942.211). Die Vorschrift, wonach die in den Schaufenstern ausgestellten Gegenstände mit von aussen gut lesbaren Preisanschriften an der Ware selbst oder unmittelbar daneben zu versehen sind (Art. 8 Abs. 2 der Verordnung), hält sich im Rahmen der dem Bundesrat in Art. 20a Abs. 2 UWG erteilten Kompetenz zur Regelung der Preisbekanntgabe und ist auch in bezug auf Luxusgüter geeignet, der Lauterkeit des Wettbewerbs und dem Schutz der Konsumenten zu dienen. Sie ist daher gesetzmässig (E. 2). 2. Art. 7 Abs. 2 der Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen vom 11. Dezember 1978. Keine "technischen Gründe" im Sinne dieser Bestimmung sind: - der Luxuscharakter eines Gegenstandes (E. 3); - der Umstand, dass von aussen gut lesbare Preisanschriften an den in den Schaufenstern ausgestellten Gegenständen den Dieben die Auswahl gerade der teuersten Objekte erleichtern (E. 3); - die Vielzahl der ausgestellten Waren (E. 4); - Umtriebe und praktische Schwierigkeiten zufolge Auflagen der Versicherung (E. 4). 3. Notstand (Art. 34 StGB) verneint (E. 5). 4. Gleichbehandlung aller Geschäftsinhaber (E. 6).
108 V 13 () from March 4, 1982
Regeste: Verzugszinsen. Im Bereich der Sozialversicherung werden grundsätzlich keine Verzugszinsen geschuldet, sofern sie nicht gesetzlich vorgesehen sind; Ausnahmen von diesem Grundsatz (Bestätigung der Rechtsprechung).
108 V 113 () from Sept. 20, 1982
Regeste: Art. 33ter und 38 Abs. 3 AHVG, Art. 52 AHVV, lit. b Abs. 1-3 Übergangsbestimmungen der 9. AHV-Revision. - Die ab 1. Januar 1979 gültige neue Teilrentenordnung ist bundesrechtskonform (Erw. 3b). - Sie ist auch auf jene Fälle anwendbar, in denen bei ihrem Inkrafttreten ein Rentenanspruch bereits bestand; die Übergangsbestimmungen der 9. AHV-Revision bilden hierfür eine ausreichende gesetzliche Grundlage (Erw. 3c und 4). - Die Einstufung als Vollrentenberechtigter im Rahmen der früheren Teilrentenordnung begründet kein wohlerworbenes Recht in dem Sinne, dass sie unter der neuen Teilrentenordnung gewährleistet bleiben muss (Erw. 5). - Kein Widerspruch zu Art. 34quater Abs. 2 Satz 5 BV und Art. 33ter AHVG, wenn infolge Herabsetzung des Rentenbetrages aufgrund der neuen Teilrentenordnung bei der Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung auf den 1. Januar 1980 keine Rentenerhöhung erfolgen kann (Erw. 6).
109 IA 1 () from March 22, 1983
Regeste: Art. 33 RPG, Verfahren. Beschwerdebehörde im Sinne von Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG kann auch eine Einspracheinstanz sein, sofern sie den angefochtenen Entscheid frei überprüft. Dass der Regierungsrat die Instruktion des Einspracheverfahrens an das Baudepartement delegierte, das sich schon bei der Vorprüfung zu äussern hatte, verstösst nicht gegen Art. 4 BV (E. 2).
109 IA 3 () from May 11, 1983
Regeste: Art. 4 BV, rechtliches Gehör. Bestätigung der Rechtsprechung, wonach der aus Art. 4 BV folgende Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt ist, wenn die durch einen Entscheid bestimmte Rechtsstellung einer Partei zu deren Nachteil abgeändert wird, ohne dass ihr von der Rechtsmittelinstanz Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den gegen den Entscheid vorgebrachten Argumenten zu äussern.
109 IA 5 () from May 3, 1983
Regeste: Unentgeltliche Rechtspflege im Zivilprozess. 1. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts nach Art. 4 BV (E. 1). Anspruch des Gemeinschuldners auf unentgeltliche Prozessführung (E. 2); Umstände, unter denen seine Bedürftigkeit zu bejahen ist (E. 3) und seine Klage nicht als aussichtslos bezeichnet werden darf (E. 4). 2. Art. 31 Abs. 3 OR. Bedeutung des Vorbehalts (E. 4b). 3. Art. 159 Abs. 2 OG. Entschädigungspflicht der unterliegenden Behörde (E. 5).
109 IA 12 () from May 4, 1983
Regeste: Unentgeltliche Rechtspflege im Strafprozess. Räumt das kantonale Recht dem Geschädigten ein Rekursrecht ein, so hat dieser unmittelbar aufgrund von Art. 4 BV Anspruch auf Befreiung von der Kautionspflicht, falls er unbemittelt ist und der Rekurs nicht als aussichtslos erscheint.
109 IA 72 () from May 26, 1983
Regeste: Art. 2 Üb.Best. BV, Art. 290 ZGB. Die in Art. 290 ZGB erwähnte kantonale Stelle ist unter anderem befugt, im Namen des unterhaltsberechtigten Kindes ein Rechtsöffnungsbegehren zu stellen. Tritt der Rechtsöffnungsrichter auf ein solches Begehren nicht ein mit der Begründung, nach kantonalem Prozessrecht seien nur Anwälte zur Prozessvertretung berechtigt, so verletzt er den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 Üb.Best. BV).
109 IA 81 () from Feb. 18, 1983
Regeste: Art. 38 des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit, aufschiebende Wirkung. Zulässigkeit einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen Entscheid im Sinne von Art. 38 des Konkordats (E. 1). Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Zwischenentscheid, der die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bejaht. Verweigerung der aufschiebenden Wirkung (E. 2).
109 IA 88 () from March 24, 1983
Regeste: Art. 86 Abs. 2 und 87 OG. Staatsrechtliche Beschwerde wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nach der bernischen Zivilprozessordnung.
109 IA 90 () from Feb. 23, 1983
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Der Entscheid der Aufsichtsbehörde, der Beschwerde gegen einen Anwalt keine Folge zu geben, greift nicht in die Rechtsstellung des Verzeigers ein. Werden dem Verzeiger Kosten auferlegt, ist er deswegen nur dann im Sinne von Art. 88 OG beschwert, wenn er geltend macht, die Kostenverlegung sei aus anderen Gründen als dem blossen Umstand, dass er in der Hauptsache unterlag, verfassungswidrig.
109 IA 91 () from April 13, 1983
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation. Ob die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde gegeben ist, prüft das Bundesgericht von Amtes wegen und frei, unabhängig davon, ob der Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren die Beschwerdebefugnis zuerkannt worden ist. Der Ehefrau des Eigentümers einer Liegenschaft, wo die beiden in Hausgemeinschaft wohnen, fehlt die Legitimation, gegen ein vom Nachbarn ausgeschriebenes Bauprojekt in eigenem Namen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV zu führen.
109 IA 97 () from June 17, 1983
Regeste: Art. 4 BV; das zur Bemessung der Ertrags- und Kapitalsteuer massgebliche Eigenkapital. 1. Die Rüge der Verletzung von Art. 4 BV durch § 71a des baselstädtischen Steuergesetzes kann bei Anwendung dieser Bestimmung gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Steuerveranlagung erhoben werden (E. 1). 2. Die Unterscheidung zwischen wirtschaftlicher Betrachtungsweise bei der Interpretation einer Steuernorm, die mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten arbeitet, und der wirtschaftlichen Betrachtungsweise bei Steuerumgehung, wo in Abweichung von einer Steuernorm, die mit zivilrechtlichen Kriterien operiert, auf das wirtschaftliche Verhältnis zurückgegriffen wird, ist u.a. wesentlich für die unterschiedliche Handhabe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Bereich der Unterkapitalisierung (E. 2). 3. Keinerlei Verfassungsrecht gebietet dem Gesetzgeber, bei der steuerlichen Behandlung des Eigenkapitals von Handelsgesellschaften ausschliesslich auf den obligationenrechtlichen Eigenkapitalbegriff abzustellen oder vom Risikokapital auszugehen. Der Gesetzgeber hat einen weiten Spielraum in der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und in der Wahl der Mittel zu deren steuerlicher Erfassung (E. 3).
109 IA 103 () from Oct. 18, 1983
Regeste: Art. 4 BV; Bewilligung des Wechselrechtsvorschlags, Revision. Die Regelung des Zivilprozessrechts des Kantons Graubünden, wonach gegen den Entscheid betreffend die Bewilligung des Rechtsvorschlags in der Wechselbetreibung die Revision nicht zulässig ist, verstösst nicht gegen Art. 4 BV.
109 IA 107 () from Aug. 10, 1983
Regeste: Anwendbare Bestimmungen auf die Entschädigung eines Offizialverteidigers. 1. Die kantonal-genfer Behörde hat bei der Festlegung der Entschädigung an einen Offizialverteidiger einen weiten Ermessensraum. Die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts ist auf Willkür beschränkt (E. 2c). 2. Auslegung des anwendbaren Genfer Rechts (E. 3a-d). 3. Es rechtfertigt sich Anwaltspraktikant und Anwalt verschieden zu behandeln (E. 3e). 4. Rechtsgleiche Behandlung der Entschädigungsansprüche von Offizialverteidigern in Strafsachen vor dem gleichen Gericht (E. 3f).
109 IA 113 () from May 18, 1983
Regeste: Rechtssicherheit; Änderung von Zonenplänen. Bei Zonenplanänderungen ist dem Gebote der Rechtssicherheit Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Rechtssicherheit jenes an einer Änderung des Zonenplanes.
109 IA 116 () from July 13, 1983
Regeste: Beschluss über die Ursprungsbezeichnungen der Walliser Weine. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerden (E. 2). Art. 31 BV; Die in Art. 1 und 7 des Beschlusses vorgesehenen Beschränkungen beruhen auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage; da sie die Qualität der Walliser Weine zu schützen bezwecken, können sie als Massnahmen gewerbepolizeilicher Natur betrachtet werden (E. 4). Rechtsgleiche Behandlung. Dieses Prinzip wird weder durch die Vorschrift, wonach die Weinbereitung im Kanton durchzuführen ist, was eine Kontrolle durch das kantonale Laboratorium ermöglicht, verletzt, noch durch des Erfordernis, dass in der Mischung, die unter der Bezeichnung "appellation d'origine de dôle" zum Verkauf gelangt, wie bisher der Anteil an "pinot noir" im Verhältnis zum "gamay" dominiert (E. 5). Art. 2 UebBest. BV; die Genehmigung des kantonalen Beschlusses, durch den Bundesrat ist insofern für den Richter verbindlich, als diese Gesetzgebungsbefugnis auf einer in der Lebensmittelverordnung enthaltenen Delegation beruht (E. 6).
109 IA 128 () from July 15, 1983
Regeste: Gastwirtschaftswesen; Patenterteilung "auf Zusehen und Wohlverhalten hin" - Die Patenterteilung "auf Zusehen und Wohlverhalten hin" stellt eine resolutiv bedingte Verfügung dar (E. 5b, c). Voraussetzungen einer solchen Einschränkung (E. 5d, e, f). - Die Behörde darf in einem derartigen Fall auf ihren Entscheid zurückkommen, wenn sich neue Tatsachen ergeben, die gegen die Patenterteilung sprechen. Sie kann ohne Bindung an den früheren Entscheid die bei der Patenterteilung bereits bekannten zusammen mit den neu eingetretenen Tatsachen frei würdigen (E. 7a). Ein sofort wirksamer Patententzug muss aber dem öffentlichen Interesse entsprechen und darf nicht dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu widerlaufen (E. 7b). Verhältnisse des vorliegenden Falles (E. 7c).
109 IA 166 () from Nov. 30, 1983
Regeste: Art. 4 BV, Art. 6 EMRK; Kostenauflage bei Einstellung des Verfahrens. Da der Beschuldigte im Strafverfahren gemäss Rechtsprechung nicht zur Aussage verpflichtet ist, kann im blossen Umstand, dass er die Aussage verweigert hat, in der Regel kein schuldhaftes Erschweren des Verfahrens erblickt werden. Vorbehalten bleiben Fälle von Rechtsmissbrauch.
109 IA 173 () from Oct. 3, 1983
Regeste: Art. 88 OG. Legitimation öffentlichrechtlicher Korporationen zur staatsrechtlichen Beschwerde. 1. Grundsatz (E. 1). 2. Ausnahmen (E. 2). 3. Den Schwellenbezirken des bernischen Rechts steht kein geschützter Autonomiebereich zu, weshalb sie nicht legitimiert sind, Eingriffe kantonaler Behörden in ihr hoheitliches Handeln mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten (E. 3).
109 IA 183 () from Nov. 2, 1983
Regeste: Art. 4 BV. Kantonales Zivilprozessrecht, Postaufgabe zur Einhaltung einer Rekursfrist. Es ist willkürlich, den Einwurf in einen Briefkasten der Übergabe an eine Poststelle nicht gleichzusetzen.
109 IA 188 () from Oct. 5, 1983
Regeste: Ausnützungsziffer; anrechenbare Grundstückfläche; Baugesetz der Gemeinde Flims. Liegt ein Grundstück zwar vollständig in der Bauzone, ist es jedoch in zwei Flächen verschiedener Erschliessungsetappen unterteilt, so darf bei der Überbauung der Fläche in der Erschliessungsetappe I die in der Erschliessungsetappe II liegende Fläche nicht in die Berechnung der Ausnützungsziffer einbezogen werden, es sei denn, eine ausdrückliche Vorschrift lasse diese Ausnahme zu (E. 2-4).
109 IA 193 () from Dec. 22, 1983
Regeste: Kaminfegermonopol; Art. 31 Abs. 1 BV. 1. Das Kaminfegermonopol für Ölheizkessel lässt sich heute nicht mehr mit dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung von Feuersbrünsten rechtfertigen (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 2c). Dieses Monopol rechtfertigt sich indes gleich wie dasjenige der Kontrolle von Abgasen aus Heizungen unter gesundheitspolizeilichen Gesichtspunkten als Mittel gegen die Luftverschmutzung (Präzisierung der Rechtsprechung). Frage, ob das Energiesparen ein öffentliches Interesse zu begründen vermag, offen gelassen. Das Kaminfegermonopol für Ölheizkessel erfährt im Kanton Genf eine tatsächliche Beschränkung, insofern, als der Unterhalt der Ölheizkessel fachgerecht durchgeführt wird (E. 3a-b). 2. Das Monopol zugunsten entsprechend ausgebildeter offizieller Kaminfeger stellt einen zulässigen Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit dar, welcher das Verhältnismässigkeitsprinzip nicht verletzt (E. 3c).
109 IA 208 () from May 18, 1983
Regeste: Art. 57 BV; Petitionsrecht, Unterschriftensammlung zugunsten von Räumen für intime Besuche in einem Gefängnis, Bewilligungspflicht. 1. Wie auch immer die Unterschriftensammlung auf öffentlichem Grund rechtlich qualifiziert wird (als Gemeingebrauch, gesteigerter Gemeingebrauch oder Sondernutzung), sie kann nicht irgendwo und irgendwie durchgeführt werden; sie untersteht nach einem allgemeinen Grundsatz der Bewilligungspflicht auch dort, wo eine gesetzliche Grundlage dazu fehlt (E. 4a); im übrigen ist im Genfer Recht eine solche gegeben (E. 4b). 2. Das Bewilligungsverfahren darf nicht zu einer politischen Zensurierung führen; der Entscheid muss zudem verhältnismässig sein (E. 5). In Anbetracht der emotionsgeladenen Situation im Kanton Genf im Zeitpunkt der Gesuchstellung hat der Staatsrat durch die Bewilligungsverweigerung weder sein Ermessen überschritten, noch das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt (E. 6 und 7).
109 IA 217 () from Dec. 2, 1983
Regeste: Art. 17 Abs. 1 OG. Öffentlichkeit von Verhandlungen und Disziplinarmassnahmen, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und schweizerischer Vorbehalt dazu. 1. Macht der Beschwerdeführer vor Bundesgericht lediglich Verfahrensfehler in einem gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahren geltend, so findet das in Art. 17 Abs. 1 OG aufgestellte Prinzip der Öffentlichkeit von Verhandlungen Anwendung, selbst wenn der Streit materiell eine Disziplinarmassnahme betrifft (E. 1). 2. Fragen der Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 2). 3. Die disziplinarische Einstellung eines Anwalts in der Berufsausübung stellt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte einen Eingriff in die Ausübung eines liberalen Berufes dar und ist als Streit über Rechte und Pflichten zivilrechtlicher Natur i.S. von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu verstehen. Insofern ist der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlungen zu wahren. Gemäss dem von der Schweiz zu Art. 6 EMRK erklärten Vorbehalt ist dieses Prinzip jedoch nicht anwendbar auf solche Streitverfahren, die sich nach dem kantonalen Recht vor einer Verwaltungsbehörde abspielen. Unter Verwaltungsbehörden sind auch Gerichtsinstanzen zu verstehen, die wie das waadtländische Kantonsgericht in Disziplinarsachen Verwaltungsfunktionen ausüben (E. 4). 4. Anspruch auf rechtliches Gehör (E. 5).
109 IA 235 () from Dec. 30, 1983
Regeste: Art. 6 Ziff. 2 EMRK; Unschuldsvermutung; Verurteilung des Freigesprochenen zu den Untersuchungskosten. Dem Angeklagten, der freigesprochen oder gegen den das Strafverfahren eingestellt wurde, dürfen Gerichtskosten und Prozessentschädigung nur aus Gründen auferlegt werden, die nicht im Zusammenhang mit der Würdigung seines strafrechtlichen Verschuldens stehen. Verletzung des Art. 6 Ziff. 2 EMRK dadurch, dass die Urteilsmotive eindeutig zu Lasten des Beschuldigten eine Schuldvermutung widerspiegeln (E. 2a und b). Recht des Beschuldigten oder Angeklagten zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu schweigen (E. 2c).
109 IA 239 () from Nov. 2, 1983
Regeste: § 229 StPO/BS, Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK, Anspruch auf Verbeiständung im Strafverfahren. § 229 StPO/BS ist insoweit mit Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK nicht vereinbar, als das Recht des Angeschuldigten, sich im Verfahren auf Verzeigung, d.h. vor dem Polizeirichter, durch einen Anwalt verbeiständen zu lassen, von einschränkenden Voraussetzungen abhängig gemacht wird (E. 4-6).
109 IA 252 () from April 13, 1983
Regeste: Art. 88 OG. Legitimation zur Beschwerde gegen die angeblich rechtswidrige Begünstigung Dritter durch einen Erlass. Ein Privater kann mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen rechtsungleicher Behandlung einen Erlass anfechten, wenn er geltend macht, dieser privilegiere Dritte in objektiv nicht zu rechtfertigender Weise; dazu genügt es, dass sich der Betreffende in einer Lage befindet, die derjenigen der Dritten vergleichbar ist, und dass sich der den Dritten gewährte Vorteil gleichzeitig für ihn als Nachteil auswirkt (Änderung der Rechtsprechung).
109 IA 273 () from Nov. 9, 1983
Regeste: Überwachung des Post-, Telefon- und Telegrafenverkehrs und Einsatz technischer Überwachungsgeräte; Änderung der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt. Art. 4 und Art. 36 Abs. 4 BV, persönliche Freiheit, Art. 8 und Art. 13 EMRK. 1. Der Umstand, dass der Bundesgesetzgeber eine Materie für seinen Kompetenzbereich gleich oder ähnlich wie ein Kanton ordnet, schränkt die Befugnis des Bundesgerichts zur Überprüfung eines kantonalen Erlasses nicht ein (E. 2b). 2. Geltungsbereich von Art. 36 Abs. 4 BV, des verfassungsmässigen Rechts auf persönliche Freiheit und von Art. 8 EMRK; Einschränkungen dieser Freiheitsrechte (E. 4a). 3. Anforderungen an die Bestimmtheit von grundrechtsbeschränkenden Normen (E. 4d). 4. Voraussetzungen zur Überwachung des Post-, Telefon- und Telegrafenverkehrs (E. 6). 5. Einsatz von technischen Überwachungsgeräten (E. 7). 6. Überwachung von Drittpersonen (E. 8). 7. Überwachung zur Verhütung von Verbrechen und Vergehen (E. 9). 8. Verfahren zur Anordnung von Überwachungsmassnahmen; richterliche Genehmigung (E. 10). 9. Keine Verletzung der aus Art. 4 BV abgeleiteten Verteidigungsrechte von Angeschuldigten (E. 11). 10. Ein genereller Ausschluss der nachträglichen Benachrichtigung von Betroffenen verletzt den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und verstösst gegen Art. 13 EMRK; ausnahmsweise kann die Benachrichtigung unterbleiben, soweit eine solche den Zweck der Überwachung gefährdet (E. 12a und 12b). 11. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Vorschrift im abstrakten Normkontrollverfahren nur auf, sofern sie sich jeder verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht (E. 2a); Kriterien für die verfassungskonforme Auslegung und Anwendung im vorliegenden Fall (E. 12c).
109 IA 320 () from April 20, 1983
Regeste: Garantie der persönlichen Freiheit. Untersuchungs- und Sicherheitshaft im Tessiner Strafverfahren; gesetzliche Grundlage, Haftdauer. Im Kanton Tessin wird die Haft während des Untersuchungsverfahrens von Art. 45 StPO geregelt und der Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen bzw. nach dieser Bestimmung verlängerten Fristen zieht automatisch die Beendigung der Haft nach sich. Nach Anklageerhebung wird die Haft jedoch von Art. 44 StPO geregelt, welche nur mit dem Wegfall der sie begründenden Voraussetzungen endet.
109 IA 325 () from Dec. 21, 1983
Regeste: Art. 4 BV und Gemeindeautonomie. Verlegung der Baukosten von Kanalisationen und Abwasserreinigungsanlagen. Tragweite des Gleichbehandlungsgebotes bei der Setzung kommunalen Rechts und bei dessen Überprüfung (E. 4). Für die Verlegung der Baukosten muss ein Verteilungsschlüssel gefunden werden, der als gerecht erscheint, ohne dass der tatsächliche wirtschaftliche Vorteil für das einzelne Grundstück noch konkret zu bemessen wäre (E. 5). Der Brandversicherungswert der Gebäude ist eine geeignete Grundlage; die Höhe des Beitragsansatzes muss nicht unbedingt von der Art des Gebäudes abhangen. Der Versicherungsneuwert basiert auf dem Kubikmeter-Wert der Gebäude. Dieser ist aber im Mittel für Wohnbauten und Hotels höher als für Industriebauten (E. 6).
109 IA 335 () from March 18, 1983
Regeste: Art. 84 Abs. 1 lit. b OG; staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Konkordaten. 1. Eine Gegenrechtsvereinbarung im Bereich der Erbschaftssteuer zwischen zwei Kantonen ist ein Konkordat i.S. von Art. 84 Abs. 1 lit. b OG (E. 1). 2. Beschwerdebefugnis (E. 2). 3. Das Bundesgericht hat im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Konkordatsrecht grundsätzlich freie Prüfungsbefugnis; erklärt das Konkordat indes lediglich internes Recht jedes Konkordatskantons anwendbar, ohne eigenständige Bestimmungen aufzustellen, so ist die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts auf Willkür beschränkt (E. 5; Präzisierung der Rechtsprechung).
109 IB 81 () from March 25, 1983
Regeste: Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Recht auf Altesrente nach den Statuten der Eidgenössischen Versicherungskasse; Art. 11 Abs. 1 der Statuten (RS 172.222.1) und Art. 116 OG; Art. 23 der Statuten und Art. 4 Abs. 2 BV. 1. Zulässigkeit der verwaltungsrechtlichen Klage; Erfordernis des schutzwürdigen Interesses, wenn die Klage auf die Feststellung eines Rechts gerichtet ist (E. 1). Prüfung des schutzwürdigen Interesses im Zusammenhang mit Art. 4 Abs. 2 BV (E. 2). 2. Zuständigkeit des Bundesgerichtes zur Prüfung von Gesetzmässigkeit und Verfassungsmässigkeit der Statuten der Eidgenössischen Versicherungskasse, die vom Bundesrat als Verordnung erlassen und von der Bundesversammlung in einem einfachen Bundesbeschluss genehmigt worden sind (E. 3). 3. Das gemäss Art. 23 der Statuten nur den weiblichen Versicherten zustehende Recht, sich nach 35 Beitragsjahren pensionieren zu lassen, verstösst gegen Art. 4 Abs. 2 BV. In Anbetracht der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten ist es nicht Sache des Bundesgerichtes, zu bestimmen, wie diese Ungleichheit zu beseitigen ist, bzw. dem Kläger die in den Statuten nicht vorgesehenen Leistungen zuzusprechen (E. 4). 4. Verletzt das in Art. 23 der Statuten vorgesehene unterschiedliche Pensionierungsalter Art. 4 Abs. 2 BV? Frage offen gelassen (E. 5).
109 IB 177 () from Aug. 2, 1983
Regeste: Fremdenpolizei; Nichterneuerung bzw. Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung. 1. Die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug (Art. 38 StGB) verschafft dem Ausländer keinen Rechtsanspruch auf Erteilung bzw. Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung (E. 1). 2. Der in der Sache selbst nicht legitimierte Ausländer kann nur die Verletzung jener Parteirechte geltend machen, die ihm aufgrund des kantonalen Rechts zustehen (E. 2).
109 IB 246 () from Oct. 19, 1983
Regeste: Art. 99 lit. e und 101 lit. d OG; Art. 108 Abs. 2 und 3 OG; Wiedererwägungsverfahren. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid, mit dem es die Behörde ablehnte, auf ein Wiedererwägungsgesuch einzugehen, das sich auf eine früher erteilte Baubewilligung für technische Anlagen i.S. von Art. 99 lit. e OG bezog (E. 3a). 2. Neue Beweismittel (E. 3b und c). 3. Pflicht, auf ein Wiedererwägungsgesuch einzutreten, insbesondere, wenn es um den Widerruf einer erteilten Bewilligung geht (E. 4).
109 IB 257 () from July 13, 1983
Regeste: Raumplanung; Enteignung (Art. 22ter Abs. 3 BV, Art. 5 Abs. 2 und Art. 34 RPG, Tessiner Enteignungsgesetz vom 8. März 1971). Materielle Enteignung eines Baugrundstückes durch Zuweisung zur Zone für öffentliche Anlagen, gefolgt von einer formellen Enteignung für die Überbauung der Liegenschaft. a) Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid, mit dem die Gesamtentschädigung festgesetzt wird (E. 1). b) Der Anspruch auf Entschädigung für die vorausgegangene materielle Enteignung besteht selbständig neben jenem für die formelle Enteignung; er ist nach Art. 39 des Tessiner Enteignungsgesetzes innert Jahresfrist nach Inkrafttreten der Eigentumsbeschränkung geltend zu machen. Die Entschädigung ist spätestens vom Zeitpunkt an zu verzinsen, in dem sie in unverkennbarer Weise verlangt worden ist, und nicht erst vom Moment der Festsetzung der Gesamtentschädigung an (E. 2). c) Im formellen Enteignungsverfahren ist nur der Restwert des umgezonten Grundstückes zu vergüten. Die planerische Massnahme bzw. die in ihr liegende materielle Enteignung ist somit nicht als blosse Vorwirkung des Werkes zu betrachten, die bei der Verkehrswertbestimmung im formellen Enteignungsverfahren ausser acht zu lassen wäre (E. 2).
109 II 26 () from Feb. 17, 1983
Regeste: Vollstreckung eines Wandelungsurteils; Zulässigkeit der Berufung. 1. Entscheide im Befehlsverfahren nach §§ 222 ff. ZPO/ZH als berufungsfähige Zivilrechtsstreitigkeiten im Sinne von Art. 46 OG (E. 1). 2. Befehlsverfahren zur Vollstreckung eines Wandelungsurteils; Frage der Rechtskraft (E. 2a und b). 3. Wandelung Zug um Zug; Voraussetzungen der Haftung des Käufers für die sorgfältige Aufbewahrung der Sache zwischen Wandelung und Rückgabe (analoge Anwendung von Art. 890 ZGB; E. 3). 4. Holschuld und Rückgabeangebot des Käufers; Gläubigerverzug des Verkäufers (E. 4).
109 II 47 () from May 4, 1983
Regeste: Art. 697 Abs. 3 OR. Auskunftsrecht des Aktionärs. 1. Der Aktionär kann dieses Recht auch durchsetzen, wenn er auf eine Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen verzichtet. Zuständigkeit nach kantonalem Recht und deren Folgen (E. 2). 2. Inhalt und Umfang des Anspruchs auf Auskunfterteilung (E. 3).
109 II 95 () from Feb. 11, 1983
Regeste: Wahl des Vornamens (Art. 301 Abs. 4 ZGB, Art. 69 Abs. 2 ZStV). Es ist nicht zulässig, einem Mädchen den Vornamen "Amel" zu geben, denn dieser Vorname lässt das Geschlecht des Kindes nicht eindeutig erkennen.
109 II 130 () from May 10, 1983
Regeste: Art. 686 Abs. 4, 685 Abs. 4, 652 OR. Eintragung ins Aktienbuch und Bezugsrecht bei vinkulierten Namenaktien. Erwirbt eine Gesellschaft infolge Fusion (aufgrund eines ausländischen Gesetzes) vinkulierte Namenaktien, so kann sie sich unter den Voraussetzungen von Art. 686 Abs. 4 OR als Aktionärin ins Aktienbuch eintragen lassen (E. 2a-e) und gestützt darauf ihr Bezugsrecht ausüben, sofern sie es nicht verwirkt hat (Art. 652, 685 Abs. 4 OR) (E. 2f). Kein Bezugsrecht steht ihr als blosse Eigentümerin vinkulierter Namenaktien zu; Begriff des Bezugsrechts; Ablehnung der Spaltungstheorie (E. 3).
109 II 165 () from June 8, 1983
Regeste: Art. 28 und 74 PatG. Klage auf Feststellung der Nichtigkeit. 1. Das Interesse an der Nichtigkeitsklage muss im Zeitpunkt des Urteils noch vorhanden sein. Lässt der Inhaber das Streitpatent während des Prozesses erlöschen, so kann das Interesse insbesondere weiterbestehen, wenn noch Ansprüche aus dem Patent hängig sind oder geltend gemacht werden können (E. 2). 2. Die Möglichkeit einer unlauteren Verwendung des erloschenen Patentes zu Werbezwecken rechtfertigt dagegen keine Fortsetzung des Prozesses (E. 3).
109 II 170 () from Jan. 28, 1983
Regeste: Prüfungsbefugnis der tessinischen Kassationskammer in Zivilsachen. Art. 327 lit. g der tessinischen Zivilprozessordnung beschränkt die Prüfungsbefugnis der Kassationskammer in Zivilsachen auf Willkür; die Ausdehnung dieser Befugnis ist willkürlich (E. 2). Art. 69 Abs. 1 u. 2 SVG. Unter dem Gesichtswinkel der Willkür schliesst der Wortlaut dieser Bestimmung nicht aus, dass auf die Haftung des Halters eines abschleppenden Motorfahrzeugs und seiner Haftpflichtversicherung gegenüber dem Halter des abgeschleppten Fahrzeugs die Bestimmungen des SVG angewendet werden (E. 3).
109 II 174 () from July 18, 1983
Regeste: Art. 67 Ziff. 1 OG, Ankündigung einer Praxisänderung. 1. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts nach Art. 67 Ziff. 1 OG (E. 2). 2. Keine Pflicht der kantonalen Instanz, ihre Praxisänderung anzukündigen, wenn die Wiederherstellung der Berufungsfrist möglich ist (E. 3).
109 II 245 () from Sept. 22, 1983
Regeste: Grundbuchberichtigungsklage einer nach Art. 6 Abs. 1 EGG vorkaufsberechtigten Person, die vom Verkauf des Grundstückes erst nachträglich erfahren hat. 1. Ermittlung des Streitwertes (E. 1). 2. Vollzug des Verkaufs einer zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehörenden Parzelle trotz rechtsgültiger Geltendmachung des Vorkaufsrechtes durch einen nach EGG Berechtigten, und zwar offensichtlich mit dem Ziel, die Gesamtfläche des Gewerbes unter die für die Anwendbarkeit der EGG-Bestimmungen über das Vorkaufsrecht erforderliche Limite sinken zu lassen: In einem solchen Fall ist es bei der Beurteilung des Verkaufs einer zweiten Parzelle so zu halten, wie wenn die erste Parzelle noch auf den Namen des Eigentümers des landwirtschaftlichen Gewerbes im Grundbuch eingetragen wäre (E. 4). 3. Unter der "Mitteilung" im Sinne von Art. 14 Abs. 1 EGG ist diejenige zu verstehen, die der Grundbuchverwalter den Vorkaufsberechtigten gemäss Art. 13 Abs. 3 EGG zu machen hat (E. 6). 4. Voraussetzungen, unter denen der Einrede der Verwirkung des Vorkaufsrechtes (Art. 14 Abs. 2 EGG) entgegengehalten werden kann, sieverstosse gegen Art. 2 ZGB (E. 7).
109 II 400 () from Dec. 22, 1983
Regeste: Sicherstellung der Miterben durch einen nutzniessungsberechtigten Erben (Art. 464, 760 ff. ZGB). 1. Der Entscheid der letzten kantonalen Instanz, durch den ein nutzniessungsberechtigter Erbe zur Sicherstellung der Miterben verpflichtet wird, ist grundsätzlich mit Berufung anfechtbar (E. 1). 2. Das Sicherstellungsbegehren kann durch einen einzigen Erben eingereicht werden, doch müssen sich die Miterben dazu äussern können; soweit diese weder dem Begehren beitreten noch sich von vornherein einem darüber ergehenden Urteil unterziehen wollen, sind sie auf der Seite des Beklagten in den Prozess einzubeziehen (E. 2).
109 IV 12 () from Feb. 9, 1983
Regeste: Art. 100ter Ziff. 1 Abs. 1 StGB: Bedingte Entlassung aus der Arbeitserziehungsanstalt. Vor ihrem Entscheid über die bedingte Entlassung aus der Arbeitserziehungsanstalt muss die zuständige Behörde den Betroffenen persönlich anhören.
109 V 52 () from April 14, 1983
Regeste: Art. 24 Abs. 2 lit. b AlVG, Art. 9 Abs. 2 AlVB, Art. 12 Abs. 1 AlVV. Die für den Nachweis einer beitragspflichtigen Beschäftigung während mindestens 150 vollen Arbeitstagen geltende Frist von 365 Tagen bestimmt sich rückwirkend vom Zeitpunkt an, in welchem der Versicherte erstmals Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung geltend macht und die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, in der Regel somit vom ersten Stempeltag an (Erw. 1). Art. 4 BV, Grundsatz von Treu und Glauben. Voraussetzungen, unter welchen ein von der Verwaltung abgegebenes fehlerhaftes Merkblatt zu einer vom materiellen Recht abweichenden Entscheidung Anlass geben kann (Erw. 2, 3).
110 IA 1 () from March 9, 1984
Regeste: Steuerrechtliche Behandlung von börsenmässigen Komptant- und Termindifferenzgeschäften im Kanton Zürich. 1. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur rechtsgenügend erhobene Rügen; Anforderungen an die Substantiierung von Verfassungsrügen (E. 2a). 2. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von börsenmässigen Komptant- und Termindifferenzgeschäften (Gewinne aus ersteren als steuerfreie Kapitalgewinne und Gewinne aus den letzteren als steuerbares Einkommen einzustufen) ist rechtsungleich und verletzt damit Art. 4 BV (E. 4). Wie beim gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel können börsenmässige Kapitalgewinne unter Umständen auch dann der Einkommenssteuer unterworfen werden, wenn das anwendbare Steuerrecht keine Kapitalgewinnsteuer kennt (E. 5).
110 IA 7 () from April 13, 1984
Regeste: Art. 88 OG; Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 54 BV, rechtsgleiche Besteuerung von Ehegatten und Konkubinatspaaren. 1. Ehegatten sind zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen Steuererlass legitimiert, der sie im Vergleich zu Konkubinatspaaren benachteiligt. Die Legitimation bezieht sich nicht auf den Grundsatz der Geschlechtergleichheit (Art. 4 Abs. 2 BV), da dieser nicht berührt ist (E. 1). 2. Allgemeine Bedeutung des Rechtsgleichheitsgebots im Steuerrecht (E. 2). 3. Konsequenzen für die Ehegattenbesteuerung aus dem Gebot der Rechtsgleichheit nach Art. 4 Abs. 1 BV (E. 3) und aus dem Recht zur Ehe nach Art. 54 BV (E. 5). 4. Das Steuergesetz des Kantons Zürich genügt den Anforderungen von Art. 4 Abs. 1 BV insofern nicht, als es in höheren Einkommensbereichen Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren ohne haltbaren Grund benachteiligt (E. 4). 5. Keine Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen, weil sich die Rechtsgleichheit weder durch ein Wiederaufleben des früheren Rechts, noch durch eine schlichte Individualbesteuerung der Partner einer ungetrennten Ehe, sondern nur durch eine positive Gesetzesänderung erreichen lässt (E. 6).
110 IA 27 () from May 4, 1984
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege. Voraussetzungen des Anspruchs einer bedürftigen Partei auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Scheidungsprozess.
110 IA 36 () from Jan. 25, 1984
Regeste: Art. 56 BV, öffentlichrechtliche Körperschaft mit Zwangsmitgliedschaft. Die Studentenschaft der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ist als öffentlichrechtliche Körperschaft mit Zwangsmitgliedschaft zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet (E. 3a). Weder die Mitgliedschaft noch der Beobachterstatus bei einer politischen Organisation von der Art des Verbandes Schweizerischer Liberaler Studentenorganisationen lassen sich bei einer Würdigung der gegebenen Umstände mit dieser Verpflichtung vereinbaren. Aus dem negativen Effekt der verfassungsmässigen Garantie der Vereinsfreiheit lässt sich der Anspruch darauf ableiten, dass die Organisation, der die Studierenden von Gesetzes wegen und ohne Austrittsmöglichkeit angehören, nicht als eine politische betrachtet wird (E. 3b, 4).
110 IA 50 () from Jan. 25, 1984
Regeste: Gemeindeautonomie. Art. 4 BV. Eingriff des Kantons in die Steuerhoheit einer Gemeinde. Rechtsbehelfe der Gemeinde.
110 IA 71 () from March 8, 1984
Regeste: Erschöpfung des Instanzenzugs; Art. 86 Abs. 2 und 87 OG. Staatsrechtliche Beschwerde wegen willkürlicher Beweiswürdigung; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nach dem Gerichtsorganisationsgesetz und der Zivilprozessordnung des Kantons Obwalden.
110 IA 72 () from March 9, 1984
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Anspruches auf Akteneinsicht. 1. Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde beurteilt sich unabhängig von der Tatsache, dass die Beschwerdeführer im kantonalen Rekursverfahren als Partei behandelt wurden (E. 1). 2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör und auf Akteneinsicht kann mit staatsrechtlicher Beschwerde nur geltend gemacht werden, wenn der Beschwerdeführer in einem Verfahren rechtlich geschützte Interessen verfolgt oder - wenn es sich um lediglich tatsächliche Interessen handelt - soweit ihm kantonale Verfahrensvorschriften Rechte im Verfahren einräumen (E. 2).
110 IA 78 () from May 4, 1984
Regeste: Art. 88 OG, 310 Abs. 3 ZGB. Den Pflegeeltern eines Kindes fehlt die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde, mit der geltend gemacht wird, die von den vormundschaftlichen Behörden angeordnete Rückgabe des Kindes an die Eltern verstosse gegen Art. 310 Abs. 3 ZGB.
110 IA 81 () from May 23, 1984
Regeste: Art. 4 BV, rechtliches Gehör. 1. Zusammensetzung einer Augenscheinsdelegation im Beschwerdeverfahren vor der kantonalen Exekutive (E. 5c). 2. Voraussetzungen, unter welchen die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geheilt wird (E. 5d).
110 IA 87 () from July 24, 1984
Regeste: Art. 4 BV (unentgeltlicher Rechtsbeistand). Ein Kind, dem die Vormundschaftsbehörde einen Rechtsanwalt als Beistand bestellt hat, mit dem Auftrag, es im Prozess zu vertreten, kann nicht unter Berufung auf Art. 4 BV die Ernennung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes verlangen.
110 IA 91 () from Feb. 29, 1984
Regeste: Art. 4 BV. Ausnützungsziffer bei Bestehen von Wald, anrechenbare Grundstückfläche. 1. Der bundesrechtliche Waldbegriff gemäss Art. 1 FPolV ist auch für das kantonale Recht massgebend, insbesondere bei der Anwendung kantonaler oder kommunaler Bestimmungen über die Ausnützungsziffer (E. 2b). 2. Es ist willkürlich, bei der Berechnung der nach Baurecht zulässigen Ausnützung den mit Wald im Sinne von Art. 1 FPolV bedeckten Teil einer Parzelle auf die massgebende Grundstückfläche anzurechnen; der Einbezug des geschützten Waldareals in die Berechnung der Ausnützung ist auch unter dem Gesichtswinkel des Planungsrechts unhaltbar (E. 2d).
110 IA 95 () from Aug. 31, 1984
Regeste: Art. 4 BV. Anwaltsrecht. Disziplinarische Verantwortlichkeit des Anwalts, der ein offensichtlich übersetztes Honorar verlangt. Die Disziplinierung setzt ein Verschulden, jedoch keine Absicht voraus (Präzisierung der Rechtsprechung).
110 IA 106 () from July 3, 1984
Regeste: Schiedsabrede beim Erwerb von Stockwerkeigentum; Art. 58 Abs. 1 BV. Überprüfungsbefugnis zu Art. 58 Abs. 1 BV und zum Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit (E. 1) Eine Schiedsklausel in der Verwaltungsordnung einer Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft ist für den Rechtsnachfolger eines Stockwerkeigentümers nur verbindlich, wenn sie die Voraussetzungen erfüllt, von denen das kantonale Prozessrecht ihre Gültigkeit abhängig macht; Verhältnis von Art. 649a ZGB zu Art. 6 Abs. 2 des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit (E. 2-4).
110 IA 111 () from Oct. 3, 1984
Regeste: Art. 2 ÜbBest BV, 4 und 31 BV; kantonale Tarifordnung für die Vermittlung von Wohn- und Geschäftsräumen. 1. Ein kantonaler Erlass, der Höchstansätze für die gewerbsmässige Vermittlung von Wohn- und Geschäftsräumen vorschreibt, ist mit dem Bundesprivatrecht (Mäklervertrag, Art. 412 ff. OR) und mit der Handels- und Gewerbefreiheit vereinbar (E. 3 und 4). 2. Ist die Festsetzung eines Höchstansatzes von 75% des ersten monatlichen Nettomietzinses willkürlich? Im konkreten Fall verneint (E. 5).
110 IA 134 () from Feb. 15, 1984
Regeste: Art. 87 OG; Endentscheid. Der Einleitungsbeschluss, mit welchem nach dem Perimetergesetz des Kantons Graubünden das Perimetergebiet abgegrenzt wird, ist als Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG zu betrachten.
110 IA 136 () from May 25, 1984
Regeste: Ausschöpfung des Instanzenzuges nach Art. 87 OG bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 4 BV. 1. Ein als "Revision" bezeichnetes kantonales Rechtsmittel, welches kassatorische Rügen zulässt, muss ergriffen werden, bevor eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV zulässig ist (E. 2). 2. Die "Besondere Revision" gemäss § 121bis des solothurnischen Gesetzes über die direkten Staats- und Gemeindesteuern vom 29. Januar 1961, mit der die unrichtige Tatsachenwürdigung und die Verletzung klaren Rechts gerügt werden können, bildet einen Bestandteil des Instanzenzuges im Sinne von Art. 87 OG (E. 3). 3. Keine Praxisänderung, obwohl viele Kantone in ihren Steuergesetzen kassatorische Revisionsgründe kennen (E. 4).
110 IA 155 () from Sept. 7, 1984
Regeste: Art. 4 BV. Jagdausschluss. Art. 1, 39 ff., 58 JVG (SR 922.0). Jagdberechtigung: Verhältnis von Bundesrecht und kantonalem Recht.
110 IA 156 () from Nov. 14, 1984
Regeste: Art. 4 BV, Art. 202 Abs. 1 StrV-BE; Anspruch auf Entschädigung bei Aufhebung eines Strafverfahrens. 1. Die Anwaltskosten sind nach dem bernischen Strafverfahren dann zu ersetzen, wenn der Angeschuldigte nach der Schwere des Tatvorwurfs und nach seinen persönlichen Verhältnissen sowie nach der Komplexität des Sachverhaltes objektiv begründeten Anlass hatte, einen Anwalt beizuziehen (E. 1). 2. Terminologische Klarstellung: notwendige und gebotene Verteidigung (E. 1b).
110 IA 176 () from Sept. 26, 1984
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Fristwahrung, Teilungültigkeit einer Volksinitiative. 1. Soweit sich eine Stimmrechtsbeschwerde gegen Handlungen richtet, die der Vorbereitung von Abstimmungen und Wahlen dienen, ist sie grundsätzlich im Anschluss an deren Anordnung zu erheben (Präzisierung der Rechtsprechung) (E. 2a). 2. Das Stimmrecht wird im vorliegenden Fall nicht dadurch verletzt, dass eine formulierte Volksinitiative teilweise als ungültig erklärt und nur der gültige Teil der Volksabstimmung unterbreitet wird (E. 3).
110 IA 211 () from Nov. 28, 1984
Regeste: Art. 86 Abs. 2 OG; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges. Auf staatsrechtliche Beschwerden gegen Entscheide des aargauischen Regierungsrates über Einsprachen gegen Zonenpläne kann das Bundesgericht - nachdem zweifelsfrei feststeht, dass diese Nutzungspläne der abstrakten Normenkontrolle durch das Aargauer Verwaltungsgericht unterzogen werden können - nicht mehr eintreten (Änderung der in BGE 106 Ia 56 ff. publizierten Rechtsprechung) (E. 1, 2). Einhaltung einer bestimmten Frist im kantonalen Verfahren als Voraussetzung zur Anfechtung des kantonalen Normenkontrollentscheids mit staatsrechtlicher Beschwerde (E. 3).
110 IB 29 () from Jan. 25, 1984
Regeste: Art. 5 Abs. 2 RPG; materielle Enteignung. Begriff. Verfahren. 1. Unzulässigkeit der Anschlussbeschwerde im Verfahren vor Bundesgericht (E. 2). 2. Begriff der materiellen Enteignung. a) Unzulässigkeit abweichender Begriffsumschreibung durch die Kantone (E. 3). b) Tatbestände der materiellen Enteignung; Theorie des Sonderopfers (E. 4). c) Anwendungsfall, in dem die Auszonung eines in der Einfamilienhauszone gelegenen Grundstücks und dessen Zuweisung zum Übrigen Gemeindegebiet dem betroffenen Grundeigentümer weder eine wesentliche, aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzieht (E. 4a), noch ein Sonderopfer auferlegt (E. 4b).
110 IB 63 () from April 12, 1984
Regeste: Verordnung über die Begrenzung der Zahl der erwerbstätigen Ausländer vom 22. Oktober 1980. 1. Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG ist anwendbar bei Streitigkeiten über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, nicht jedoch, wo es ausschliesslich um die Frage der Anwendbarkeit der genannten Verordnung geht (E. 2a und b). 2. Abgesehen von den in Art. 2 und 3 der Verordnung genannten Fällen hat die kantonale Behörde darüber zu befinden, ob eine Person von der Begrenzungsmassnahme des Bundesrates erfasst wird; der diesbezügliche Entscheid ist mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar (E. 2c). Frage, ob nicht nur der Arbeitgeber sondern auch der Arbeitnehmer beschwerdeberechtigt ist, offen gelassen (E. 2d). 3. Begriff der auf Erwerb gerichteten Tätigkeit i.S. von Art. 3 Abs. 1 ANAV (E. 4b). Die Funktionen, die im konkreten Fall zwei Nonnen in einem Mädchenpensionat zu erfüllen haben, sind objektiv nicht als auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu qualifizieren (E. 4c).
110 IB 99 () from June 8, 1984
Regeste: Art. 48 lit. a VwVG und Art. 103 OG. Lärmimmissionen aus Schiessbetrieb; Legitimation zur Einsprache. Vom Entscheid, eine Schiessanlage zu erstellen oder auszubauen und die nachbarlichen Abwehrrechte gegen die Lärmimmissionen aus dem Schiessbetrieb zu enteignen, werden nicht nur die Nachbarn berührt, auf deren Grundstücken der Schiesslärm die Alarmwerte erreicht. Berührt und einsprachelegitimiert sind vielmehr all jene, die in der Nähe der Schiessanlage wohnen, den Schiesslärm deutlich wahrnehmen und dadurch in ihrer Ruhe gestört werden.
110 IB 148 () from July 5, 1984
Regeste: Art. 99 lit. h und 103 lit. a OG; Art. 26 und 42 Abs. 1 lit. c FPolG; Rechtsanspruch auf Bundessubventionen an Parzellarzusammenlegungen. Art. 42 Abs. 1 lit. c FPolG räumt grundsätzlich einen Anspruch auf Bundessubventionen ein (E. 1b). Die Waldzusammenlegungsgenossenschaften sind zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert (E. 1c). Die Weigerung, angesichts der angespannten Lage der Bundesfinanzen einem bestimmten Waldzusammenlegungsprojekt einen Bundesbeitrag zuzusprechen, verstösst gegen Bundesrecht. Die Verwaltung muss die vorhandenen Kredite nach dem Grundsatz der Rechtsgleichheit und willkürfrei auf die einzelnen Projekte aufteilen (E. 2).
110 IB 166 () from Feb. 2, 1984
Regeste: Art. 3 Abs. 4 und Art. 4 BankG, Art. 13 Abs. 3 BankV. Rechtsstellung der Kantonalbanken, für deren Verbindlichkeiten der Kanton nicht haftet. 1. Soweit Art. 13 Abs. 3 BankV den Kantonalbanken, für deren Verbindlichkeiten der Kanton nicht haftet, die gleiche Rechtsstellung verleiht wie den übrigen Banken, hält er sich im Rahmen der Delegationsnorm von Art. 4 Abs. 2 BankG und verletzt das Prinzip der Rechtsgleichheit und Verhältnismässigkeit nicht (E. 2a-c). 2. Aus Art. 31quater Abs. 2 BV oder Art. 3 Abs. 4 BankG folgt nicht, dass die Kantonalbanken ungeachtet der Haftung des Kantons für ihre Verbindlichkeiten in jeder Hinsicht die gleiche Rechtsstellung haben müssen. Die unterschiedliche Regelung der Konkursvorrechte der Bankgläubiger (Art. 15 Abs. 3 BankG, Art. 219 SchKG) sprechen gegen eine solche allgemeine Regel (E. 2d).
110 IB 255 () from April 4, 1984
Regeste: Art. 5 Abs. 2, Art. 34 RPG; Entschädigung für Heimschlag. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gegeben, wenn der Heimschlag im Anschluss an eine Planungsmassnahme im Sinne des RPG erfolgt und umstritten ist, ob in dieser Massnahme eine materielle Enteignung liege und welche Entschädigung hiefür geschuldet sei (E. 1). Für die Festsetzung der Heimschlagsentschädigung sind - soweit die materielle Enteignung in Frage steht - die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Planungsmassnahme massgebend (E. 2).
110 IB 332 () from Dec. 19, 1984
Regeste: Raumplanung. Rechtsmissbrauchsverbot (Treu und Glauben). Es ist mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar, einen Privaten die Nachteile einer neuen Ordnung tragen zu lassen, wenn die von der Behörde zu verantwortende ungebührlich lange Verfahrensdauer zur Folge hatte, dass das neue Recht (in casu: Bundesgesetz über die Raumplanung vom 22.6.1979) noch vor dem Entscheid in Kraft treten konnte. In einem solchen Fall ist das für den Privaten günstigere alte formelle (E. 2-3) bzw. materielle (E. 4) Recht anzuwenden.
110 IB 387 () from Nov. 28, 1984
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Voraussetzungen, unter denen der Beschuldigte zur Akteneinsicht (E. 2) und zur Ergreifung eines Rechtsmittels (E. 3) legitimiert ist.
110 II 70 () from May 2, 1984
Regeste: Rückweisung eines Patentgesuchs. Gesetz- und Verfassungsmässigkeit des Art. 35 Abs. 3 PatV. 1. Kann das Bundesamt für geistiges Eigentum die Gesetz- und Verfassungsmässigkeit der PatV überprüfen? (Frage offengelassen) (E. 1). 2. Die Rückweisung eines Patentgesuchs wegen fehlender und bis zum Ablauf von 16 Monaten seit dem Anmelde- oder dem Prioritätsdatum nicht nachgereichter Erfindernennung gemäss Art. 35 Abs. 3 PatV hält sich im Rahmen der dem Bundesrat im PatG delegierten Kompetenzen und ist verfassungsmässig (E. 2).
110 II 113 () from March 16, 1984
Regeste: Verletzung von Art. 4 BV durch Missachtung prozessualer Grundsätze (Verbot der reformatio in peius; Dispositionsmaxime) im kantonalen Appellationsverfahren: Abänderung einer von der ersten Instanz gestützt auf Art. 152 ZGB zugesprochenen scheidungsrechtlichen Unterhaltsrente in eine solche gemäss Art. 151 Abs. 1 ZGB ohne entsprechenden Parteiantrag.
110 II 168 () from June 18, 1984
Regeste: Arbeitsvertrag; Kündigungsschutz bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (Art. 336e Abs. 1 lit. b, 341 Abs. 1 OR). Der Arbeitnehmer kann nicht einseitig auf den Kündigungsschutz gemäss Art. 336e OR und die damit verbundene Lohnfortzahlung während der verlängerten Kündigungszeit verzichten. Im Rahmen eines Vergleichs zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist ein Verzicht nur in eindeutigen Fällen beiderseitigen Entgegenkommens zulässig (E. 3 und 4).
110 II 209 () from July 6, 1984
Regeste: Art. 218 OR; Sperrfrist für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken. Der Eigentumswechsel kraft Erbrechts setzt die Sperrfrist des Art. 218 OR nicht neu in Gang.
110 II 213 () from March 21, 1984
Regeste: Art. 218 und 218bis OR. 1. Art. 218 OR bezweckt keine Bodenpreiskontrolle. Fehlt eine Spekulationsabsicht, so stehen ein beträchtlicher Gewinn und das Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Ertrags- sowie amtlichen Verkehrswert einer Ausnahmebewilligung nicht entgegen. 2. Ein Arrondierungskauf im Sinne von Art. 218bis OR braucht nicht notwendigerweise ein Kauf zum Zwecke der örtlichen Abrundung eines Heimwesens zu sein. Auch ein Kauf zum Zwecke der Selbstbewirtschaftung ist ein solcher Arrondierungskauf, sofern für die Existenzsicherung des Landwirtschaftsbetriebes auf weite Sicht eine Aufstockung mit eigenem Land als erforderlich erscheint und das dazugekaufte Land in wirtschaftlich vertretbarer Weise vom Betriebszentrum entfernt liegt.
110 II 249 () from June 26, 1984
Regeste: Erstreckung des Mietverhältnisses (Art. 267a OR). 1. Unzulässigkeit der Berufung gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid, der aufgrund eines kassatorischen Rechtsmittels ergangen ist, das nicht aufschiebende Wirkung hat und der Behörde mit Bezug auf die Anwendung des Bundesrechts nur eine beschränkte Überprüfungsbefugnis einräumt (E. 1a). 2. Zulässigkeit einer staatsrechtlichen Beschwerde, mit der die Aufhebung des letztinstanzlichen und des unterinstanzlichen kantonalen Entscheids verlangt wird; angebliche Ausnahme von der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1b u. 1c). 3. Gültigkeit einer "Aufschiebung" der Kündigung: Frage offengelassen, da die von den Parteien vereinbarte Aufschiebung im konkreten Fall der stillschweigenden Vereinbarung identischer neuer Verträge gleichgesetzt werden kann (E. 3). 4. Das Interesse des Eigentümers, die Mietsache vorteilhafter und für eine längere Zeit zu vermieten, überwiegt nicht das berechtigte Interesse des Mieters an einer Erstreckung des Mietverhältnisses (E. 4).
110 II 273 () from Sept. 11, 1984
Regeste: Arbeitsvertrag; Geltendmachung von Lohnansprüchen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Aus dem blossen Zeitablauf innerhalb der Verjährungsfrist kann weder ein Verzicht auf die Ansprüche noch deren rechtsmissbräuchliche Geltendmachung abgeleitet werden.
110 III 32 () from May 25, 1984
Regeste: Rechtsvorschlag in der Wechselbetreibung; Hinterlegung der Forderungssumme (Art. 182 Ziff. 4 SchKG). Es ist nicht willkürlich, wenn der Richter nicht kotierte Obligationen ohne festen Kurswert nicht als genügende Hinterlage im Sinne von Art. 182 Ziff. 4 SchKG anerkannt und wenn er dem Schuldner, der bereits im Genuss einer kurzen Hinterlegungsfrist war, nicht noch eine Nachfrist zur Beibringung einer solchen Hinterlage ansetzt.
110 III 115 () from Oct. 15, 1984
Regeste: Abtretung von Lohnforderungen (Art. 325 OR); Notbedarf (Art. 93 SchKG). 1. Die Frage der Rechtsgültigkeit einer Lohnzession ist eine solche des materiellen Rechts. Sie ist daher vom Zivilrichter zu beantworten; das Betreibungsamt und damit auch die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs sind hiefür nicht zuständig (E. 1). 2. Im Rahmen von Art. 93 SchKG ist ein Anteil des Frauenverdienstes mit in die Berechnung des Existenzminimums einzubeziehen. Hierbei wird der von der erwerbstätigen Ehefrau nach Massgabe ihrer gesetzlichen Beistandspflicht an die gemeinsamen ehelichen Lasten zu erbringende Beitrag festgestellt; um diesen Beitrag ermässigt sich die Unterhaltspflicht des Ehemannes und erhöht sich entsprechend der pfändbare Betrag seines Einkommens (E. 3).
110 V 54 () from Feb. 6, 1984
Regeste: Art. 97 Abs. 1, 104, 128 OG, Art. 5 Abs. 1 VwVG. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann gegenüber einer auf kantonales Recht gestützten Verfügung geltend gemacht werden, es hätte richtigerweise Bundesrecht angewendet werden müssen (Erw. 1). Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein grundsätzlicher Anspruch auf Parteientschädigung besteht, ist eine Frage des Bundesrechts; kantonalrechtlich ist dagegen die Bemessung der Parteientschädigung (Erw. 3a). Art. 85 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 lit. a AHVG. Art. 85 AHVG erlaubt nur eine einzige kantonale Rekursinstanz (Erw. 3b und 4).
110 V 109 () from April 11, 1984
Regeste: Art. 12 Abs. 6 KUVG, Art. 4 und 6 Vo VIII, Art. 12 und 13 VwVG; Streichung von Arzneimitteln aus der Spezialitätenliste. - Bedeutung des Untersuchungsgrundsatzes und der Mitwirkungspflichten der Parteien (Erw. 3). - Voraussetzungen, unter welchen die für die Ablehnung eines Aufnahmegesuches ausschlaggebende Begründung (in casu Unwirksamkeit des Präparates) auf andere, in der Spezialitätenliste enthaltene Präparate übertragen werden kann (Erw. 4b). - Verfahrensgrundsätze, wenn Präparate mehrerer Arzneimittelhersteller gleichzeitig aus der Spezialitätenliste gestrichen werden (Erw. 5). Art. 4 BV, Art. 29, 33 und 35 VwVG. Verletzung des rechtlichen Gehörs durch fehlende bzw. ungenügende Begründung des Entscheides und durch Nichtberücksichtigung eingereichter Beweismittel (Erw. 4).
110 V 252 () from Sept. 25, 1984
Regeste: Art. 41ter AHVV: Ausrichtung von Vergütungszinsen. - Die Vergütungszinsregelung ist auf allen Rückerstattungen anwendbar, die ab 1. Januar 1979 fällig werden (Erw. 3). - Art. 41ter Abs. 3 AHVV ist gesetzes- und verfassungswidrig, insoweit er die Beiträge Selbständigerwerbender betrifft (Erw. 4).
110 V 360 () from Oct. 23, 1984
Regeste: Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG: Unentgeltliche Verbeiständung. - Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung besteht, beurteilt sich nach Bundesrecht; die Bemessung der Armenrechtsentschädigung dagegen richtet sich nach kantonalem Recht (Erw. 1b). - Verhältnis von staatsrechtlicher Beschwerde und Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1c). - Der unentgeltliche Rechtsbeistand ist legitimiert, gegen die Festsetzung seines Armenrechtshonorars durch die kantonale Rekursbehörde Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen (Erw. 2). - Kriterien, welche der Sozialversicherungsrichter bei der ermessensweisen Festsetzung der Entschädigung zu berücksichtigen hat; in casu erweist sich die vorinstanzliche Festsetzung des Armenrechtshonorars als ermessensmissbräuchlich und damit willkürlich (Erw. 3).
111 IA 2 () from March 6, 1985
Regeste: Art. 4 BV, Anspruch auf rechtliches Gehör: Recht auf Replik. Aus Art. 4 BV lässt sich keine generelle Pflicht der Rekursbehörde ableiten, dem Beschwerdeführer die Vernehmlassung der Behörde zuzustellen, deren Entscheid angefochten ist. Hat diese Behörde jedoch ihren Entscheid nicht oder nicht hinreichend begründet und erst in der Vernehmlassung die Entscheidgründe ausführlich dargelegt, verletzt die Weigerung der Rekursbehörde, dem Beschwerdeführer die Vernehmlassung zur Replik zuzustellen, dessen verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör.
111 IA 5 () from March 28, 1985
Regeste: Art. 4 BV, Art. 152 OG; unentgeltliche Rechtspflege. Umittelbar aus Art. 4 BV abgeleiteter Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege im kantonalen Verwaltungsverfahren (E. 2)? Anspruch auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes vor einem Bezirksamt des Kantons Aargau verneint, da dessen Entscheid (betreffend den Entzug der elterlichen Gewalt) an das Obergericht weitergezogen werden kann, welches mit voller Prüfungsbefugnis entscheidet und vor welchem Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung besteht (E. 4).
111 IA 11 () from Feb. 25, 1985
Regeste: Art. 4 BV, Willkür. Beschlagnahme von Vermögenswerten im Berner Strafprozess. Es ist nicht willkürlich, Vermögenswerte zu beschlagnahmen, obschon Art. 171a lit. b StrV nur von Gegenständen spricht.
111 IA 17 () from May 15, 1985
Regeste: Art. 4 BV, Zonenplanänderung. Die Reduktion zu gross bemessener Bauzonen (Art. 15 RPG) muss innert der vom Bundesrecht gesetzten Frist vorgenommen werden (Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG). Die Erschliessungsverhältnisse sind dabei zu berücksichtigen (Art. 15 lit. b RPG). Stehen für die Reduktion mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, kann es einer Gemeinde nicht verwehrt werden, eine Auszonung baureifen Landes, für welche sie gemäss einem formell rechtskräftigen, vom Bundesgericht nicht zu überprüfenden Entscheid Entschädigung leisten müsste, rückgängig zu machen. Liegt kein eindeutiger Verstoss gegen Planungsgrundsätze vor, so ist hiefür nicht erforderlich, dass die Gemeinde in finanzieller Hinsicht in eine notstandsähnliche Situation geraten müsste (Präzisierung der Rechtsprechung).
111 IA 44 () from April 19, 1985
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; doppelbesteuerungsrechtliche Abgrenzung zwischen Kapitalgewinn- und Mehrwertbesteuerung auf beweglichem Privatvermögen. 1. Keine Prüfung von Amtes wegen, ob die vom Beschwerdeführer nicht angefochtene konkurrierende Steuerveranlagung eines andern Kantons das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung verletzt (E. 1b). 2. Der Wohnsitzkanton ist zur Besteuerung der Veräusserungsgewinne auf beweglichem Privatvermögen zuständig (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 3a). Er ist doppelbesteuerungsrechtlich nicht gehalten, der Gewinnermittlung einen Einstandswert zugrunde zu legen, der in einem anderen Kanton anlässlich der Besteuerung eines nicht geldwert realisierten Mehrwertes für die Mehrwertermittlung herangezogen wurde (E. 3b und c).
111 IA 67 () from Feb. 6, 1985
Regeste: Gemeindeautonomie. Kanton Solothurn; Genehmigung eines Gestaltungsplanes durch den Regierungsrat. Der Regierungsrat des Kantons Solothurn verletzt die Gemeindeautonomie, wenn er anstelle des für die Beschlussfassung zuständigen Gemeinderates einen Gestaltungsplan festsetzt, ohne dass die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme gegeben sind (E. 3).
111 IA 72 () from March 14, 1985
Regeste: Ablehnung eines Schiedsrichters nach Fällung des Schiedsspruchs. Nichtigkeitsgrund (Art. 36 lit. a des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit). 1. Anschein von Befangenheit als Ablehnungsgrund (E. 2a). 2. Verwirkung des Rechts auf Ablehnung (E. 2b). 3. Ein Schiedsrichter hat die Pflicht, die Parteien über Tatsachen zu informieren, die ein Ablehnungsbegehren zu begründen vermögen (E. 2c). 4. Nach Fällung des Schiedsspruchs kann die Ablehnung nicht verlangt werden; hingegen kann die Partei, die infolge des Schweigens des Schiedsrichters erst während der Beschwerdefrist von einem Ablehnungsgrund Kenntnis erhalten hat, sich im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde wegen ordnungswidriger Zusammensetzung des Schiedsgerichts darauf berufen (E. 2d-e). 5. Die Unzulässigkeit eines nach Fällung des Schiedsspruchs gestellten Ablehnungsbegehrens entbindet die Behörde nicht von der Prüfung, ob das Begehren als Nichtigkeitsbeschwerde entgegengenommen werden kann (E. 3).
111 IA 81 () from June 19, 1985
Regeste: Art. 4 BV, amtliche Verteidigung im Jugendstrafverfahren. In schweren oder komplizierten Fällen ergibt sich aus Art. 4 BV ein Anspruch auf unentgeltliche Verteidigung schon im Untersuchungsverfahren.
111 IA 93 () from March 21, 1985
Regeste: Art. 4, 22ter und 31 BV; Wohnanteilplan der Stadt Zürich. Verfahren (Art. 84 ff. OG). Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde. Rüge der Verfassungswidrigkeit des Wohnanteilplans als Ganzen (E. 1). Art. 4, 22ter und 31 BV. Der Wohnanteilplan der Stadt Zürich scheidet in den Wohnzonen und in der Kernzone Gebiete aus, worin ein Mindestanteil der Bruttogeschossfläche Wohnzwecken dienen muss. Der Plan a) ist mit Art. 22ter BV vereinbar; er beruht auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage (E. 2a) und liegt im öffentlichen Interesse (E. 2b); b) hält vor Art. 31 BV stand (E. 3); c) verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit nicht (E. 3).
111 IA 115 () from May 29, 1985
Regeste: Art. 85 lit. a OG, Ungültigerklärung einer Initiative zum Schutze einer Brücke, Kanton Basel-Stadt. Der Verein Basler Heimatschutz ist nicht eine politische Partei oder politische Vereinigung und deshalb nicht legitimiert, Stimmrechtsbeschwerde zu führen (E. 1a). Anforderungen an die Klarheit einer "unformulierten" Initiative (E. 3). Initiativen bezüglich von Verwaltungsakten, die in der Zuständigkeit der Exekutive liegen, sind im Kanton Basel-Stadt ausgeschlossen (E. 4a).
111 IA 120 () from March 1, 1985
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Buchgewinne auf Kapitalanlageliegenschaften. Fall einer Unternehmung, die in einem Kanton, in dem sie keine Betriebsstätte unterhält, Liegenschaften besitzt. Wertet die Unternehmung die Liegenschaften auf ihren ursprünglichen Anlagewert auf, indem sie früher getätigte Abschreibungen reaktiviert, so unterliegt der ganze Buchgewinn der Besteuerung im Liegenschaftskanton; und zwar auch dann, wenn die Abschreibungen mangels genügenden Liegenschaftsertrags seinerzeit (zum Teil) zu Lasten des Unternehmenserfolgs vorgenommen wurden.
111 IA 134 () from June 13, 1985
Regeste: Gemeindeautonomie, Teilrevision des Baugesetzes der Gemeinde Landschaft Davos; Ausnützungsziffer, Bedeutung des Nutzungsmasses für die Ortsplanung. Ob die Regierung Vorschriften oder Planungsmassnahmen der baurechtlichen Grundordnung einer Gemeinde nicht oder nur unter Vorbehalt genehmigen darf, ist nicht eine Frage der Verletzung des Stimmrechts oder des Grundsatzes der Gewaltentrennung, sondern einzig eine solche der Gemeindeautonomie (E. 3). Die Regierung darf Bestimmungen, die ein zu hohes Nutzungsmass vorsehen, die Genehmigung verweigern. Voraussetzung ist, dass sie mit Grund annehmen darf, die Gemeinde habe die bei der Ortsplanung zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen des Orts- und Landschaftsschutzes, der Infrastrukturbelastung, der Wohnhygiene usw. bei der Festsetzung des Nutzungsmasses im Rahmen des pflichtgemässen Ermessens ungenügend berücksichtigt (E. 6 und 7).
111 IA 148 () from July 9, 1985
Regeste: Art. 88 OG; rechtsmissbräuchlich erhobene staatsrechtliche Beschwerde. Auf eine rechtsmissbräuchlich erhobene staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs bei fortgesetzt mutwilliger Prozessführung.
111 IA 150 () from Feb. 1, 1985
Regeste: Frist zur Einreichung einer staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 89 OG): kantonalrechtliche Mitteilung des Entscheides betreffend Entschädigung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes. Die Postalische Überweisung des dem Anwalt im Moderationsentscheid zugesprochenen Geldbetrages stellt keine Mitteilung im Sinne von Art. 89 Abs. 1 OG dar. Die Frist zur Einreichung einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Moderationsentscheid beginnt somit nicht an dem Tag zu laufen, da der Anwalt die Entschädigung überwiesen erhält.
111 IA 164 () from May 1, 1985
Regeste: Art. 4 BV, Art. 4 und 33 RPG; kommunale Zonenplanung; Gehörsanspruch des Grundeigentümers. 1. Wird der Antrag auf Umzonung einer Parzelle erstmals in der Gemeindeversammlung gestellt, kann im Verfahren gemäss Art. 37 des bündnerischen Raumplanungsgesetzes ohne Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auf eine nochmalige Planauflage verzichtet werden, wenn sich der betroffene Grundeigentümer vor der Beschlussfassung an der Versammlung äussern konnte und davon ausgegangen werden kann, dass er sich nicht unvorbereitet mit dem betreffenden Antrag auseinandersetzen musste (E. 2a-c). 2. Die Bestimmungen von Art. 4 Abs. 1 und 2 RPG stehen in erster Linie im Dienste der Sachaufklärung und der Mitwirkung der Bevölkerung an der Planung als politischem Prozess; ein über den Rechtsschutz gemäss Art. 33 und 34 RPG und die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Minimalgarantien hinausgehender Anspruch lässt sich aus diesen Bestimmungen nicht ableiten (E. 2d).
111 IA 169 () from Oct. 16, 1985
Regeste: Art. 4 BV, überspitzter Formalismus; Art. 221 Abs. 2 StrV/BE, fehlende Unterschrift beim Einspruch gegen ein Strafmandat. Wenn der Mangel der Unterschrift so rechtzeitig erkannt worden ist, dass die betreffende Partei den Fehler bei entsprechendem Hinweis innert Frist hätte verbessern können, verletzt das Stillschweigen der Behörden Art. 4 BV.
111 IA 176 () from Oct. 4, 1985
Regeste: Unfallversicherung; Willkür (Art. 4 BV). 1. Es verstösst gegen das Willkürverbot (Art. 4 BV), eine kantonale Gesetzesbestimmung mit der - unzutreffenden - Begründung, diese widerspreche Bundesrecht (in concreto Art. 116 Abs. 2 und 91 Abs. 2 Satz 2 UVG), nicht in Kraft zu setzen (E. 3c). 2. Der Vorbehalt abweichender Abreden gemäss Art. 91 Abs. 2 UVG betreffend Prämienzahlungspflicht für die obligatorische Versicherung gegen Nichtberufsunfälle gilt auch für generell-abstrakte Normen des kantonalen Rechts (E. 3c/aa).
111 IA 231 () from Sept. 18, 1985
Regeste: Abstrakte Normkontrolle. Persönliche Freiheit. Gesetzliche Grundlage. 1. Die persönliche Freiheit schützt auch die besonderen Gefühlsbeziehungen der Angehörigen zu einem Verstorbenen. Diese können sich somit gegen einen ungerechtfertigten Eingriff am Leichnam zur Wehr setzen (E. 3) (Präzisierung der Rechtsprechung). 2. Soweit Art. 8 Abs. 3 des Reglements des Genfer Staatsrats vom 17. September 1984 betreffend die Feststellung des Todes und die Eingriffe an Leichen die Autopsie aus anderen als polizeilichen Gründen vorsieht und zu einer Beschränkung des Rechts der Angehörigen führt, über den Leichnam zu bestimmen, fehlt ihm die nötige gesetzliche Grundlage; insoweit verletzt die Bestimmung die persönliche Freiheit (E. 4 und 5a). 3. Die Beschränkung des Rechts, über den Leichnam einer Person zu bestimmen, setzt auch dann ein Gesetz im formellen Sinn voraus, wenn die Person in einem öffentlichen Spital gestorben ist, d. h. wenn zwischen dem Verstorbenen und dem Staat ein besonderes Rechtsverhältnis bestand (E. 5b).
111 IA 239 () from Nov. 27, 1985
Regeste: Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 85 Ziff. 7 und Art. 113 BV. Überprüfung kantonaler Verfassungsbestimmungen durch das Bundesgericht? Die akzessorische Überprüfung kantonaler Verfassungsbestimmungen auf ihre Vereinbarkeit mit den von der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleisteten Rechten verfassungsrechtlichen Inhalts und mit dem übrigen Bundesrecht kann jedenfalls dann mit staatsrechtlicher Beschwerde verlangt werden, wenn das übergeordnete Recht im Zeitpunkt der Gewährleistung der Norm durch die Bundesversammlung noch nicht in Kraft getreten und deshalb bei der vorgängigen Prüfung nicht zu berücksichtigen war (E. 3; Präzisierung der Rechtsprechung). Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Öffentlichkeit der Hauptverhandlung im Strafverfahren. Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist auf ein erstinstanzliches Strafverfahren grundsätzlich anwendbar (E. 6). Der Ausschluss der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung im Strafverfahren ohne gewichtigen Grund ist mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK unvereinbar (E. 7).
111 IA 251 () from March 8, 1985
Regeste: Gemeindeautonomie im Bereich der Wohnsitzbestimmung? (Art. 64 BV, Art. 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 und Art. 23 ZGB). 1. Legitimation der Gemeinden und öffentlichrechtlichen Körperschaften zur staatsrechtlichen Beschwerde gemäss Art. 88 OG im allgemeinen (Zusammenfassung der Rechtsprechung; E. 2). 2. Begriff der Gemeindeautonomie und Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Autonomieverletzung; im Bereich der Wohnsitzbestimmung räumt das Tessiner Recht so wenig wie im übrigen das Bundesrecht den Gemeinden Autonomie ein (E. 3).
111 IA 273 () from Nov. 29, 1985
Regeste: Art. 4 BV; rechtliches Gehör. Ordnungsbusse wegen Nichterscheinen eines Anwalts zu einem Gerichtstermin; Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
111 IA 276 () from Oct. 17, 1985
Regeste: Unentgeltliche Rechtspflege. Anspruch auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Verwaltungsgerichtsverfahren. 1. Der Entscheid über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege bzw. die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ist ein Zwischenentscheid (E. 2). 2. Auch im Verwaltungsgerichtsverfahren ergibt sich für die bedürftige Partei unmittelbar aus Art. 4 BV unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes (E. 3).
111 IA 280 () from July 25, 1985
Regeste: Zulässigkeit eines kantonalen Rechtsmittels: Willkür (Art. 153bis und 156 des Tessiner Gemeindeorganisationsgesetzes). 1. Eine anders lautende kantonale Vorschrift vorbehalten, ist es willkürlich, einen Privaten ohne vertretbaren Grund zur Beschwerde zuzulassen gegen einen Entscheid der Aufsichtsbehörde über die Gemeinden, wenn diese die vor der Anzeige bestehende Rechtslage nicht zu seinem Nachteil geändert hat (E. 2a). 2. Die fehlende Rechtsmittelbelehrung darf nicht zu einem Rechtsnachteil für den Adressaten der Entscheidung führen, doch ihn aufgrund dieses Mangels jederzeit zur Beschwerde zuzulassen, verstösst gegen Art. 4 BV (E. 2b).
111 IA 341 () from Dec. 4, 1985
Regeste: Art. 4 BV, persönliche Freiheit, Art. 6 Ziff. 3 EMRK; Beaufsichtigung des Kontakts zwischen Untersuchungsgefangenem und Verteidiger. 1. Tragweite von Resolutionen und Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates (E. 3a). 2. Die Beaufsichtigung des Kontaktes zwischen Untersuchungsgfangenem und seinem Verteidiger berührt nicht die persönliche Freiheit, sondern die aus Art. 4 BV abgeleiteten Verteidigungsrechte (E. 3b). 3. Anspruch auf freien unbeaufsichtigten Kontakt zwischen Untersuchungsgefangenem und seinem Verteidiger aufgrund von Art. 4 BV (E. 3c) und nach Art. 6 Ziff. 3 EMRK (E. 3d). 4. Einschränkungen des freien und unbeaufsichtigten Kontaktes zwischen Untersuchungsgefangenem und seinem Verteidiger (E. 3e). 5. Im vorliegenden Fall stellt die Beaufsichtigung weder eine Verfassungs- noch eine Konventionsverletzung dar (E. 3f, 3g und 4).
111 IA 353 () from Dec. 13, 1985
Regeste: Art. 86/87 OG; Anfechtungsobjekt der staatsrechtlichen Beschwerde bei beschränkter Kognition der kantonalen Rechtsmittelinstanz. Wenn die Überprüfungsbefugnis der obern kantonalen Behörde nicht enger ist als diejenige des Bundesgerichts im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, kann auf das Begehren, auch das Urteil der untern Instanz aufzuheben, nicht eingetreten werden (Änderung der Rechtsprechung).
111 IB 1 () from March 15, 1985
Regeste: Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung an einen Ausländer, dessen Frau in der Schweiz Niederlassungsbewilligung hat; Art. 100 Bst. b Ziff. 3 OG, 17 Abs. 2 ANAG, 3 V EJPD über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 26. Oktober 1983, Art. 8 EMRK. Für den Nachzug des Ehemannes einer in der Schweiz niedergelassenen Ausländerin besteht kein Anspruch aus schweizerischem Recht. Die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergibt sich daher höchstens aus Art. 8 EMRK (in Verbindung mit Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG). Nicht erheblich ist für das Eintreten, ob die Beschwerde gegen die Verweigerung der Erneuerung oder der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gerichtet ist (E. 1). Art. 8 Ziff. 1 EMRK schliesst die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung an den Ehemann nicht aus, wenn es der in der Schweiz niedergelassenen Ehefrau zumutbar ist, ihrem Mann in die gemeinsame Heimat zu folgen (E. 2).
111 IB 73 () from Aug. 9, 1985
Regeste: Art. 100 lit. b Ziff. 2 OG. Soweit im Bereiche des Asylrechts die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Sachentscheide ausgeschlossen ist, ist sie dies auch gegen prozessuale, namentlich Nichteintretensentscheide (Grundsatz der Einheit des Prozesses).
111 IB 116 () from Jan. 30, 1985
Regeste: Art. 4 BV, Verfahrensregeln bei der Abstimmung des Gerichts. Art. 85 LwG, Zweckentfremdung meliorierter landwirtschaftlicher Grundstücke. Verletzung des allgemeinen Grundsatzes, wonach der Entscheid des Gerichts eine Mehrheitsbegründung zu enthalten hat (E. 2). Verweigerung der Bewilligung, mit öffentlichen Mitteln verbesserte Grundstücke - und zwar eine bedeutende Fläche ausgezeichneten Kulturlandes - nicht mehr landwirtschaftlich, sondern im Hinblick auf die Förderung des Fremdenverkehrs in der betreffenden Region als Golfgelände zu nutzen. Fehlen eines wichtigen Grundes im Sinne von Art. 85 Abs. 3 LwG, da das Interesse an der Erhaltung dieses Areals für die Landwirtschaft dem Interesse an der Anlage eines Golfplatzes vorgeht (E. 3). Ablehnung der Bewilligung auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes (E. 4).
111 IB 147 () from Aug. 30, 1985
Regeste: Auslieferungshaft; Art. 47 IRSG. 1. Das BAP hat zumindest in wenigen Worten schon im Auslieferungshaftbefehl sämtliche Anschuldigungen zu erwähnen, die der ausländische Staat seinem Ersuchen um Festnahme zwecks Auslieferung zugrunde legt (E. 1). 2. Die Anklagekammer des Bundesgerichts überprüft die Rechtmässigkeit der Auslieferungshaft aufgrund der zur Zeit des Entscheides des BAP gegebenen Umstände; nachträgliche Änderungen können nicht berücksichtigt werden (E. 2, 6).
111 IB 161 () from Nov. 22, 1985
Regeste: Fremdenpolizei: Umwandlung einer Saisonbewilligung in eine Jahresaufenthaltsbewilligung. - Zulässigheit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG, da Art. 12 des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien vom 10. August 1964 den italienischen Saisonarbeitern einen Rechtsanspruch verschafft (E. 1a). - Zur Beantwortung der Frage, ob die Beschränkungsmassnahmen auf den Beschwerdeführer anwendbar sind, erweisen sich die in Art. 12 Abs. 1 Italienerabkommen enthaltenen Regelungen als unmittelbar anwendbar (E. 2). - Weder das Italienerabkommen selbst noch das Schlussprotokoll oder die Materialien zum Abkommen stellen auf den Begriff des Kalenderjahrs ab. Für die Berechnung der Aufenthaltsdauer in der Schweiz kann dieser Begriff nicht herangezogen werden; denn er würde den Inhalt von Art. 12 Abs. 1 in dem Sinne verändern, als dadurch eine Diskriminierung zwischen Saisonarbeitern entstehen kann je nach dem Zeitraum, in den der Beginn ihrer Saison fällt (E. 3).
111 IB 201 () from Sept. 27, 1985
Regeste: Art. 106 ff. WStB/BdBSt; kantonale Prozessvorschriften im Wehrsteuerbeschwerdeverfahren. 1. Das Verfahren vor den kantonalen Veranlagungs- und Rekursbehörden wird im Wehrsteuerbeschluss nicht abschliessend geregelt. Die Kantone dürfen ergänzende Verfahrensvorschriften erlassen und anwenden (Änderung der Rechtsprechung, E. 3). 2. Ein im kantonalen Prozessrecht vorgesehenes Anwaltsmonopol für Wehrsteuerbeschwerden verstösst nicht gegen das Wehrsteuerrecht (E. 4).
111 IB 213 () from May 8, 1985
Regeste: Verweigerung einer nachträglichen Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 1 RPG für ausserhalb der Bauzone errichtete Bauten; Anordnung des Abbruchs der Gebäulichkeiten. Verneinung der Standortgebundenheit im Sinne von Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG für Bauten (Einfamilienhaus mit Pferdestall und Pferdevolte), deren Hauptzweck das Wohnen und die hobbymässige Tierhaltung bildet (E. 3). Nichtigkeit einer vom Gemeinderat erteilten Ausnahmebewilligung, wenn die nach Art. 25 Abs. 2 RPG erforderliche Zustimmung einer kantonalen Behörde fehlt (E. 5). Zulässigkeit der Anordnung, die ohne rechtsgültige Bewilligung ausgeführten und materiell gesetzwidrigen Bauten abzubrechen, da der Bauherr nicht gutgläubig war und die öffentlichen Interessen an der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes die Vermögensinteressen des Bauherrn überwiegen (E. 6).
111 IB 257 () from July 10, 1985
Regeste: Art. 34 Abs. 1 RPG, Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Art. 5 Abs. 2 RPG, materielle Enteignung; Denkmalschutz. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid über die Entschädigung wegen der Unterschutzstellung von Liegenschaften (E. 1a). Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob der Eingriff den Entzug einer wesentlichen Eigentümerbefugnis zur Folge hat und daher einer Enteignung gleichkommt (E. 4a). Verneinung dieser Frage im zu beurteilenden Fall (E. 4b). In der Regel bedeutet die Unterstellung einer Liegenschaft unter Denkmalschutz, sofern sich die Massnahme zur Hauptsache auf einen Fassadenschutz beschränkt, keine materielle Enteignung (E. 4c).
111 IB 269 () from Dec. 10, 1985
Regeste: Art. 5 Abs. 2 RPG; Verjährung einer Forderung aus materieller Enteignung. 1. Für die Bestimmung des Beginns der Verjährungsfrist einer Entschädigungsforderung aus materieller Enteignung ist beim Schweigen des Gesetzes nicht darauf abzustellen, wann der Betroffene die Eigentumsbeschränkung und die möglicherweise darin liegende materielle Enteignung erkennen konnte oder hätte erkennen können. Die zehnjährige Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit dem Inkrafttreten der Eigentumsbeschränkung zu laufen (E. 3a/aa). 2. Ist im öffentlichen Recht die Unterbrechung einer Verjährungsfrist, welche zugunsten des Bürgers wirkt, von Amtes wegen zu berücksichtigen? (Frage offengelassen - E. 3a/bb). 3. Auch das Prinzip von Treu und Glauben (Art. 4 BV) vermag im vorliegenden Fall an der Tatsache nichts zu ändern, dass die Forderung aus materieller Enteignung im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung verjährt war (E. 3a/cc).
111 II 94 () from April 23, 1985
Regeste: Art. 66 Abs. 1 OG. Nach Gutheissung einer staatsrechtlichen Beschwerde kann der neue kantonale Entscheid nicht mehr mit Rügen angefochten werden, die vorzubringen schon im früheren Beschwerdeverfahren Anlass bestanden hätte.
111 II 103 () from Jan. 17, 1985
Regeste: Art. 145 und 160 Abs. 2 ZGB. 1. Der Anspruch der Ehefrau auf Unterhalt durch den Ehemann gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB besteht auch während des Scheidungsprozesses. Er ist grundsätzlich unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Ehefrau. Doch hat diese mit ihrem eigenen Einkommen aus Erwerbstätigkeit oder Vermögen an ihren Lebensunterhalt beizutragen. Dieser Beitrag ist im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse des Ehemannes zu bemessen. Sind diese gut, braucht die Ehefrau nicht ihr gesamtes Einkommen für ihren Unterhalt zu verwenden (E. 3). 2. Bleibt nach Abzug des Zwangsbedarfs der beiden Ehegatten von ihrem Gesamteinkommen noch ein Überschuss, so soll an diesem jeder Gatte zur Hälfte beteiligt sein (E. 3c). 3. Zuviel bezahlte Unterhaltsbeiträge im Sinne von Art. 145 ZGB kann der pflichtige Ehegatte nur bei Vorliegen ganz besonderer Gründe rückwirkend über das Datum seines Abänderungsbegehrens hinaus zurückverlangen (E. 4).
111 II 308 () from Aug. 27, 1985
Regeste: Entscheid des Eheschutzrichters betreffend Unterhaltsbeiträge; Wirkung über den Zeitpunkt hinaus, da das in der Folge ergangene Scheidungsurteil im Scheidungspunkt in Rechtskraft erwachsen ist? Es ist nicht willkürlich, die unter Berufung auf den eheschutzrichterlichen Entscheid für Unterhaltsbeiträge verlangte Rechtsöffnung zu verweigern mit der Begründung, im Scheidungspunkt sei das inzwischen ergangene Scheidungsurteil in Rechtskraft erwachsen.
111 II 313 () from Dec. 5, 1985
Regeste: Art. 4 BV; Kindeszuteilung und Herausgabebefehl. Der Vollstreckungsrichter ist nicht befugt, unter genereller Berufung auf das Kindeswohl die Elternrechte neu und abweichend vom Scheidungsurteil zu ordnen. Der Vollstreckungsrichter kann aber die Herausgabe des Kindes an den Elternteil, unter dessen elterliche Gewalt und Obhut es durch das Scheidungsurteil gestellt wurde, verweigern und ein psychiatrisches Gutachten einholen, welches Antwort darauf gibt, ob der vom Scheidungsrichter angeordneten Kindeszuteilung durch Zwangsvollzug Geltung verschafft werden soll, wenn der herausgabeverpflichtete Elternteil das Kind während längerer Zeit betreut hat.
111 II 358 () from Dec. 17, 1985
Regeste: Gesamtarbeitsvertrag; Feststellungsklage der Arbeitnehmerverbände. 1. Art. 55 Abs. 1 lit. c OG. Ob der Richter von den Begehren der Parteien abweichen darf, ist eine Frage des kantonalen Rechts, dessen Verletzung nicht mit der Berufung gerügt werden kann, auch nicht wegen Willkür (E. 1). 2. Art. 357b Abs. 1 lit. a OR. Die Klage der Verbände gegen einen Arbeitgeber auf Feststellung eines streitigen Anspruchs kann sich nur auf diese Bestimmung stützen; sie setzt aber kein zusätzliches Interesse voraus (E. 2). 3. Art. 321c OR. Überzeitarbeit kann auch aus Nebenbeschäftigungen im Interesse des Arbeitgebers bestehen; Berechnung der Entschädigung (E. 3). 4. Art. 135 Ziff. 2 OR. Die Verjährung des streitigen Anspruchs wird durch die Klage der Verbände nicht unterbrochen (E. 4).
111 II 388 () from Nov. 7, 1985
Regeste: Art. 8 Ziff. 3 und 4 VVG; Aufrechterhaltung eines Versicherungsvertrags trotz Verletzung der Anzeigepflicht. 1. Die Berufung ist zulässig gegen einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 50 OG, der die Verletzung der Anzeigepflicht zum Gegenstand hat (E. 2). 2. Bei Beurteilung der Frage, ob der Versicherer vom Vertrag nicht zurücktreten könne, weil er die verschwiegene Tatsache gekannt hat oder gekannt haben muss oder weil er die unrichtig angezeigte Tatsache richtig gekannt hat oder gekannt haben muss, ist von objektiven Kriterien auszugehen und den Umständen des konkreten Falles Rechnung zu tragen. Von einem Versicherer, der einem "Zentralen Informationssystem" der Versicherungsgesellschaften angeschlossen ist, wird angenommen, dass er durch dieses von der verschwiegenen oder unrichtig angezeigten Tatsache in Kenntnis gesetzt worden ist (E. 3c, bb). Indessen kann eine Versicherungsgesellschaft nicht verpflichtet werden, sich einer Informationszentrale anzuschliessen (E. 3c, cc).
111 II 398 () from Oct. 23, 1985
Regeste: Unzulässige Berufung. 1. Art. 57 Abs. 5 OG. Umstände, die es rechtfertigen, über die Zulässigkeit einer Berufung und einer staatsrechtlichen Beschwerde gleichzeitig zu entscheiden (E. 1). 2. Art. 55 Abs. 1 und 90 Abs. 1 OG. Beruht der angefochtene Entscheid auf zwei selbständigen Begründungen, so müssen beide angefochten werden, gegebenenfalls die eine mit Berufung und die andere mit staatsrechtlicher Beschwerde (E. 2b).
111 III 8 () from July 18, 1985
Regeste: Art. 82 Abs. 1 SchKG: Bauhandwerkerpfandrecht als Schuldanerkennung? Die Einigung des Bauhandwerkers als Subunternehmer mit dem Eigentümer der Liegenschaft über die Eintragung und summenmässige Begrenzung des Grundpfandes bildet in aller Regel keine Schuldanerkennung des Eigentümers betreffend die pfandgesicherte Forderung. Diese Einigung betrifft nur das Pfandrecht als solches (E. 3).
111 III 66 () from Oct. 14, 1985
Regeste: Insolvenzerklärung (Art. 191 SchKG). Die Annahme, die Gläubiger seien zur Anfechtung der aufgrund einer Insolvenzerklärung erfolgten Konkurseröffnung nicht legitimiert, ist nicht willkürlich.
111 III 81 () from June 5, 1985
Regeste: Zwangsverwertung von Pfändern auf Grundstücken, die ins Verwaltungsvermögen überführt wurden (Art. 11 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts, SR 282.11). Die Gläubiger, denen ein Pfandrecht an Vermögenswerten zusteht, die ursprünglich zum Finanzvermögen gehört hatten und in der Folge ins Verwaltungsvermögen überführt wurden, verlieren ihren Anspruch auf Verwertung ihrer Hypotheken nicht, es sei denn, sie hätten - trotz entsprechender Gelegenheit - unterlassen, die Zahlung der Schuld bzw. eine Sicherstellung zu verlangen, oder sie hätten mit der Geltendmachung ihrer Rechte bösgläubig zugewartet.
111 V 51 () from Feb. 14, 1985
Regeste: Art. 85 Abs. 2 AHVG. Das Bundesrecht schreibt den Kantonen in Art. 85 Abs. 2 lit. h AHVG nur den Grundsatz der Revisionsmöglichkeit bei Vorliegen der beiden klassischen Revisionsgründe (neue Tatsachen oder Beweismittel, Einwirken durch Verbrechen oder Vergehen) vor. Im übrigen ist die Regelung des kantonalen Revisionsverfahrens ausschliesslich Sache der Kantone. Die Verfahrensvorschriften in Art. 85 Abs. 2 lit. a bis g AHVG betreffen allein das Beschwerdeverfahren und sind auf das kantonale Revisionsverfahren nicht anwendbar.
111 V 81 () from May 1, 1985
Regeste: Art. 9 Abs. 1 AHVG, Art. 17 AHVV. Beitragsrechtliche Qualifikation von Einkommen aus der Vermietung möblierter und unmöblierter Wohnungen (Zusammenfassung und Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 2-5). Art. 4 BV: Vertrauensschutz. Kein Verstoss gegen den Vertrauensgrundsatz: - wenn zwei verschiedene Behörden widersprüchliche Verfügungen treffen (Erw. 6); - wenn die Behörde aufgrund geänderten Rechts anders entscheidet, als sie dies früher bezüglich desselben Verfügungsobjekts nach altem Recht getan hatte (Erw. 7).
111 V 266 () from Sept. 3, 1985
Regeste: Art. 42 Abs. 1, Art. 43 Abs. 1 AVIG: Schlechtwetterentschädigung. - Unter "Arbeitnehmer" sind nicht nur die durch einen Arbeitsvertrag an einen Arbeitgeber gebundenen Personen im Sinne des Art. 319 ff. OR zu verstehen, sondern auch das Personal der öffentlichen Dienste (Erw. 2). - In casu Unterbruch der Arbeit des Personals der Dienststelle für öffentliche Arbeiten einer Berggemeinde infolge schlechten Wetters. Wenn abzuklären ist, ob der Arbeitsausfall berücksichtigt werden kann, so ist die Lage der Arbeitnehmer im Dienste einer öffentlichen Gemeinschaft nicht ganz und gar mit jener des Personals eines Privatunternehmens zu vergleichen (Erw. 3).
111 V 279 () from Aug. 19, 1985
Regeste: Art. 68 Abs. 1 AVIG, Art. 129 Abs. 1 lit. c OG. Art. 68 Abs. 1 AVIG räumt einen Anspruch auf Beiträge ein, weshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ausgeschlossen ist (Erw. 2). Art. 71 Abs. 2 AVIG, Art. 94 AVIV: Finanzielle Einbusse bei Aufnahme einer Arbeit ausserhalb der Wohnortsregion. - Die Regelung in Art. 71 Abs. 2 AVIG ist nicht lückenhaft (Erw. 4). - Art. 94 AVIV ist gesetzmässig; ob dem Versicherten durch Aufnahme einer auswärtigen Arbeit im Vergleich zu seiner bisherigen Tätigkeit eine finanzielle Einbusse entsteht, bemisst sich aufgrund einer Gegenüberstellung der tatsächlich erzielten Verdienste (Erw. 5).
111 V 390 () from Nov. 20, 1985
Regeste: Art. 42 Abs. 2 AVIG, Art. 65 Abs. 1 AVIV: Schlechtwetterentschädigung. - Ein auf die Fabrikation und die Montage von Metall- und Holzzäunen spezialisierter Betrieb kann unter keinen der in Art. 65 Abs. 1 AVIV aufgezählten Erwerbszweige subsumiert werden. - Der Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung beurteilt sich gemäss Art. 65 Abs. 1 AVIV nicht nach der Art der ausgeübten einzelnen Tätigkeit, sondern nach dem Charakter des Betriebes bzw. der Betriebsgruppe. - Die Aufzählung der Erwerbszweige mit Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung in Art. 65 Abs. 1 AVIV ist grundsätzlich abschliessend. Der Ausschluss der auf die Fabrikation und die Montage von Metall- und Holzzäunen spezialisierten Betriebe von der Liste gemäss Art. 65 Abs. 1 AVIV ist gesetzes- und verfassungskonform.
112 IA 1 () from Jan. 20, 1986
Regeste: Art. 4 BV, rechtliches Gehör. Ist aufgrund der Rechtsmitteleingabe noch mit einer rechtzeitigen Ergänzung zu rechnen, dann läuft eine vorweggenommene Erledigung auf eine unzulässige Verkürzung der gesetzlich zwingend geregelten Rechtsmittelfrist hinaus und verletzt damit das rechtliche Gehör. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Rechtsmittelinstanz nicht bereit ist, ihren Entscheid ohne weiteres in Wiedererwägung zu ziehen, falls der Einleger des Rechtsmittels noch frist- und formgerecht eine Ergänzung nachliefert.
112 IA 5 () from April 30, 1986
Regeste: Art. 4 BV; Verweigerung des rechtlichen Gehörs durch verspätete Einladung zu einem Augenschein. Lädt ein Gericht eine Partei erst am Morgen des Vortags zu einem Augenschein ein mit der Folge, dass sich diese nicht ordnungsgemäss vertreten lassen kann, so verweigert es ihr das rechtliche Gehör (E. 2).
112 IA 7 () from Jan. 8, 1986
Regeste: Pflichten des Vormundes (Art. 405 ff. ZGB); unentgeltliche Rechtspflege (Art. 4 BV). Von einem als Juristen ausgebildeten Vormund kann nicht erwartet werden, dass er über die Wahrung der persönlichen und vermögensrechtlichen Interessen des Mündels hinaus in einem Scheidungsverfahren als Rechtsanwalt des Mündels tätig werde, wenn er diesen Beruf nicht praktiziert. Sofern die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind, hat sein Mündel Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, welche die Bestellung eines Rechtsanwalts als unentgeltlichen Rechtsbeistand mitumfasst.
112 IA 14 () from Jan. 17, 1986
Regeste: Art. 4 BV; unentgeltliche Rechtspflege im Verwaltungsbeschwerde- und Verwaltungsgerichtsverfahren. Es besteht im Verwaltungsbeschwerde- und Verwaltungsgerichtsverfahren der Kantone ein unmittelbar aus Art. 4 BV fliessender Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, der nicht nur die ganze oder teilweise Befreiung von der Bezahlung der Verfahrenskosten, sondern auch, soweit dies zur Wahrung der Interessen des unbemittelten Bürgers erforderlich ist, die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes umfasst (E. 3c).
112 IA 25 () from April 15, 1986
Regeste: Moderation einer Anwaltsrechnung. Wesen des Moderationsverfahrens im allgemeinen (E. 1aa). Art. 50 Abs. 2 der Glarner Zivilprozessordnung gibt dem Richter nur die Kompetenz, die Höhe der Kostennote zu überprüfen; über den Bestand der Forderung wird im Moderationsentscheid nicht befunden (E. 1bb).
112 IA 30 () from Jan. 31, 1986
Regeste: Art. 88 OG, Beschwerdebefugnis eines Berufsverbandes. Ein Berufsverband ist insofern zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen kantonale Bestimmungen, die eine grosse Zahl seiner Mitglieder berühren, legitimiert, als die Statuten die Verteidigung der Berufsinteressen als Verbandszweck nennen (E. 2). Art. 4 und 31 BV, Architektenberuf. Eine Bestimmung, die wohl den HTL-Architekten nicht aber den ETH-Architekten nach ihrer Ausbildung eine praktische Tätigkeit von drei Jahren auferlegt, bevor sie als Architekten anerkannt werden, verstösst gegen Art. 4 und 31 BV; eine solch unterschiedliche Behandlung ist unter dem Gesichtspunkt der zu schützenden Polizeigüter durch keine objektiven Kriterien gerechtfertigt (E. 3).
112 IA 65 () from March 5, 1986
Regeste: Gemeindeautonomie; Hauptwohnungsanteilregelung im kommunalen Baugesetz. Eine Regelung, welche für Zweitwohnungen die Ausnützungsziffer beschränkt, ohne gleichzeitig zum Bau von Hauptwohnungen zu verpflichten, ist in der Regel mit dem Gebot der haushälterischen Bodennutzung gemäss Art. 1 Abs. 1 Satz 1 RPG nicht vereinbar (E. 3b-5).
112 IA 85 () from May 17, 1986
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 86 Abs. 2 und 3 OG; Zeitpunkt der Einreichung einer Beschwerde wegen Verletzung der Garantie des verfassungsmässigen Richters. Die Regelung gemäss Art. 86 Abs. 2 und 3 OG bedeutet nicht, dass in jedem beliebigen Zeitpunkt des Verfahrens Beschwerde wegen Verletzung von Art. 58 BV geführt werden kann.
112 IA 93 () from May 2, 1986
Regeste: Art. 88 OG: Beschwerdelegitimation. Werden die Voraussetzungen der Gewährung eines Steuererlasses durch das kantonale Gesetz nicht genau umschrieben, so besitzt der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf einen solchen Erlass und damit auch kein rechtlich geschütztes Interesse, das ihn nach Art. 88 OG zur Beschwerde legitimieren würde.
112 IA 97 () from Feb. 5, 1986
Regeste: Art. 4 BV (Akteneinsicht), persönliche Freiheit, Art. 8 EMRK. 1. Der Anspruch, die abgeschlossenen Vormundschaftsakten hinsichtlich der ausserehelichen Vaterschaft und der Jugendzeit einzusehen, beurteilt sich nach dem kantonalen Verfahrensrecht und nach dem aus Art. 4 BV abgeleiteten Akteneinsichtsrecht. 2. Interessenabwägung im vorliegenden Fall; Verneinung eines Anspruchs auf vollständige Akteneinsicht.
112 IA 107 () from April 16, 1986
Regeste: Art. 4 BV, Begründungspflicht; Grundsatz "nulla poena sine lege". 1. Aus Art. 4 BV folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründungsdichte lässt sich aber nicht einheitlich festlegen. Sie ist vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles sowie der Interessen des Betroffenen im Blick auf die in der Rechtsprechung des Bundesgerichts entwickelten Grundsätze festzulegen (E. 2). 2. Das Prinzip "nulla poena sine lege" ist verletzt, wenn die Exekutive ein Verhalten untersagt und unter Strafe stellt, das der Gesetzgeber nicht verbieten wollte (E. 3).
112 IA 119 () from July 24, 1986
Regeste: Art. 4 BV; Legitimation des Nachbarn zur Anfechtung einer Baubewilligung. 1. Kantonale Vorschriften, welche das Erfordernis der Zugangsmöglichkeiten zu Bauten näher umschreiben, stellen kein Ausführungsrecht zum RPG dar. Dementsprechend richtet sich die Legitimation zur Anfechtung einer Baubewilligung ausschliesslich nach kantonalem Recht. 2. Die Zürcher Praxis, wonach die Rechtsmittelbefugnis des Nachbarn in Bausachen davon abhängt, ob für ihn einerseits eine hinreichend enge nachbarliche Raumbeziehung zum Baugrundstück bestehe und ob er anderseits durch die Erteilung der Baubewilligung mehr als irgend jemand oder die Allgemeinheit in eigenen Interessen berührt sei, ist nicht verfassungswidrig; sie deckt sich mit der Praxis des Bundesgerichts zu Art. 103 lit. a OG.
112 IA 124 () from April 30, 1986
Regeste: Art. 22ter, Art. 4 BV. Volle Entschädigung bei Enteignung; Anspruch auf Rückerstattung der Grundstückgewinnsteuer? Die Besteuerung der Enteignungsentschädigung als Grundstückgewinn im Ausmass von 20% der Entschädigung ist mit Art. 22ter BV vereinbar, weshalb sich aus dieser Verfassungsnorm kein Anspruch auf Rückerstattung der geleisteten Grundstückgewinnsteuer ableiten lässt (E. 3). Die Verneinung der Rückerstattungspflicht ist auch im Vergleich mit Fällen der tauschweisen Leistung von Realersatz nicht rechtsungleich, da das luzernische Recht keine Befreiung von der Steuerpflicht, sondern lediglich einen Steueraufschub gewährt (E. 4).
112 IA 136 () from Aug. 27, 1986
Regeste: Art. 85 lit. a und Art. 88 OG; Legitimation zur Anfechtung einer kantonalen Delegationsvorschrift. Die Legitimation zur Anfechtung einer kantonalen Delegationsvorschrift richtet sich nach Art. 85 lit. a OG, soweit eine Verletzung des politischen Stimmrechts gerügt (E. 2a), und nach Art. 88 OG, soweit eine Verletzung von Art. 4 BV, Art. 2 Üb.Best. BV sowie des Grundsatzes der Gewaltentrennung geltend gemacht wird (E. 2b). Politisches Stimmrecht; Verletzung durch eine Delegationsnorm? Die in Art. 44 des Schaffhauser Gesetzes über die Organisation der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit vom 18. Februar 1985 enthaltene Ermächtigung an den Regierungsrat, in Gesetzen oder Dekreten enthaltene Organisations- und Zuständigkeitsvorschriften für die kantonale Verwaltung auf dem Verordnungsweg anzupassen, verletzt das politische Stimmrecht der Bürger nicht (E. 3).
112 IA 142 () from April 16, 1986
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Geltungsbereich. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters gilt auch für Strafuntersuchungs- und Anklagebehörden, sofern diese in richterlicher Funktion tätig sind (E. 2a; Änderung der Rechtsprechung). Voraussetzungen, unter denen Art. 58 Abs. 1 BV auf die zürcherischen Bezirks- und Staatsanwälte anwendbar ist (E. 2b und 2c).
112 IA 174 () from May 28, 1986
Regeste: Art. 4 BV, Art. 84 Abs. 1 lit. a, 85 lit. a und 88 OG. Wahlen in den Erziehungsrat; Minderheitenschutz. 1. Wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte bei indirekten Wahlen - hier der Wahl des Erziehungsrates des Kantons Solothurn durch den Kantonsrat - ist nicht die staatsrechtliche Beschwerde nach Art. 85 lit. a OG, sondern jene gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. a OG zu erheben. Die Legitimation richtet sich dementsprechend nach Art. 88 OG (E. 2). 2. Beschwerdelegitimation - eines Kantonsrates in seiner Eigenschaft als Kantonsrat und als Bürger des Kantons (E. 3a), - der Sozialdemokratischen Fraktion des Kantonsrates (E. 3b), - der nichtgewählten Kandidatin (E. 3c), - der Sozialdemokratischen Partei des Kantons Solothurn (E. 3d).
112 IA 180 () from June 13, 1986
Regeste: Art. 84 Abs. 2, Art. 86 Abs. 2/87 OG; Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde. Beschwerde gegen eine die berufliche Vorsorge von Assistenz- und Oberärzten im Dienste des Kantons regelnde Verordnung; Klageweg nach Art. 73 BVG; Beschwerdeweg nach Art. 74 BVG und Beschwerde bei der zur Prüfung von Vorsorgereglementen zuständigen erstinstanzlichen Aufsichtsbehörde (Art. 62 Abs. 1 lit. a BVG).
112 IA 221 () from Sept. 17, 1986
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Finanzreferendum; Börsenneubau mit Wohn-, Büro- und Ladentrakt. 1. Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde (E. 1a). Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann geltend gemacht werden, eine Vorlage enthalte zu Unrecht nicht alle Ausgaben für ein Projekt, selbst wenn der beantragte Kredit für sich allein bereits dem Referendum untersteht (E. 1b). Auch die Stimmrechtsbeschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur (E. 1c). 2. Kognition des Bundesgerichts bei Stimmrechtsbeschwerden (E. 2). 3. Zweck und Gegenstand des Finanzreferendums; Begriff der "Ausgabe" und der "Anlage" (E. 2a). Die Finanzierung des Wohn-, Büro- und Ladentrakts des Börsenneubaus durch die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich stellt eine Anlage im Sinne der Rechtsprechung dar (E. 2a). 4. Es liegt im pflichtgemässen Ermessen des Kantons, wie er die für seine Verwaltung erforderlichen Räume beschafft (E. 2b/aa). Begriff der "Einheit der Materie" im Rahmen des Finanzreferendums (E. 2b/bb). Der Kanton Zürich war nicht verpflichtet, den Stimmberechtigten zusammen mit dem Kreditbeschluss für die Mitfinanzierung des Börsentrakts die künftigen Mietkosten für Büroräumlichkeiten im anderen Teil des Börsengebäudes zur Genehmigung vorzulegen (E. 2b/bb). 5. Ausgaben zur Deckung des vom Staat benötigten Raumbedarfs sind "neu" im Sinne der Rechtsprechung. Der Abschluss von Mietverträgen ist grundsätzlich referendumspflichtig, wenn die betragsmässigen Grenzen erreicht werden. Bedeutung einer abweichenden kantonalen Praxis (E. 2c).
112 IA 240 () from Dec. 9, 1986
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Initiative auf Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung; Art. 4, 22ter und 34sexies BV. Eine vollständige und undifferenzierte Abschaffung der Besteuerung des Eigenmietwertes verstösst gegen das Rechtsgleichheitsgebot (E. 3-5). Verhältnis der Initiative zu Art. 22ter BV (Eigentumsgarantie) und Art. 34sexies BV (Wohnungs- und Hauseigentumsförderung) (E. 6).
112 IA 251 () from April 9, 1986
Regeste: Gewaltentrennung und Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen, Art. 4 BV (Rechtsgleichheit), Art. 2 ÜbBest. BV; Alimentenbevorschussung. 1. Der Zürcher Regierungsrat ist aufgrund des Jugendhilfegesetzes als Verordnungsgeber befugt, die Alimentenbevorschussung in der Verordnung zum Jugendhilfegesetz aufgrund der finanziellen Verhältnisse des nicht verpflichteten Elternteils sowie des Stiefelternteils zu begrenzen (E. 2). 2. Diese Regelung, welche den wieder verheirateten Elternteil anders als den im Konkubinat lebenden Elternteil behandelt, verstösst nicht gegen das Gleichheitsgebot von Art. 4 BV (E. 4). 3. Die Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Stiefelternteils für die Begrenzung der Alimentenbevorschussung steht mit dem Bundeszivilrecht (Art. 278 ZGB) nicht im Widerspruch (E. 3).
112 IA 268 () from Oct. 22, 1986
Regeste: Gemeindeautonomie. Wohnanteilplan der Stadt Zürich. 1. Autonomie der Zürcher Gemeinden auf dem Gebiet der Ortsplanung innerhalb der Schranken des Richtplans (E. 2). 2. Grundsätzliche Bindung des Kantons an eine kommunale Planung, soweit diese kompetenzgerecht festgesetzt wurde und übergeordnetem Recht nicht widerspricht, es sei denn, sie behindere den Kanton in der Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben in unzumutbarer Weise (E. 3).
112 IA 281 () from Dec. 3, 1986
Regeste: Gemeindeautonomie. Abgrenzung der kommunalen von der kantonalen Pflicht zur Nutzungsplanung im Zürcher Recht. 1. Grundsätze (E. 3). 2. Bedeutung des Richtplans (kantonaler Gesamtplan) für die Abgrenzung der kommunalen von der kantonalen Nutzungsplanungspflicht (E. 6). Anwendungsfall, in dem weder die Gemeinde noch der Kanton der Planungspflicht nachkommen und für ein bestimmtes Gebiet die Nutzungsplanung festsetzen wollen (E. 7).
112 IA 305 () from May 21, 1986
Regeste: Art. 4 BV, überspitzter Formalismus, fehlerhafte Rechtsbelehrung. Begriff des überspitzten Formalismus (E. 2a). Es ist überspitzter Formalismus, auf die Eingabe eines Anwalts mit ausserkantonalem Fähigkeitsausweis aber ohne kantonale Berufsausübungsbewilligung nicht einzutreten, ohne ihm eine Nachfrist zur Beibringung dieser Bewilligung anzusetzen (E. 2b). Aus einer mangelhaften Rechtsbelehrung darf den Betroffenen insbesondere dann kein Nachteil erwachsen, wenn sich deren Fehlerhaftigkeit anhand des Gesetzes nicht erkennen liess (E. 3).
112 IA 339 () from Dec. 4, 1986
Regeste: Art. 58 BV; § 36 des thurgauischen Gerichtsorganisationsgesetzes; Verwirkung des Anspruchs auf den verfassungsmässigen Richter. Die Rüge der ungehörigen Besetzung des Gerichts ist zu Beginn der Verhandlung zu erheben. Wer einen Organmangel dieser Art feststellt und sich nicht dagegen zur Wehr setzt, verwirkt den Anspruch auf spätere Anrufung der verletzten Bestimmung.
112 IA 353 () from Nov. 4, 1986
Regeste: Art. 38, 66 Abs. 1 OG. Die kantonale Instanz, deren Entscheid auf staatsrechtliche Beschwerde hin aufgehoben worden ist, muss sich an die Erwägungen des bundesgerichtlichen Urteils halten (Art. 38 OG, analoge Anwendung von Art. 66 Abs. 1 OG). Sie darf ihren neuen Entscheid nicht auf Erwägungen stützen, die das Bundesgericht ausdrücklich oder sinngemäss verworfen hat, wohl aber auf eine zusätzliche Erwägung, die in ihrem ersten Entscheid nicht erwähnt worden ist und zu der sich das Bundesgericht nicht geäussert hat (E. 3c, bb). Verletzt die kantonale Instanz, die im Laufe des Verfahrens ihre Auffassung ändert, den Grundsatz von Treu und Glauben? Im vorliegenden Fall verneint (E. 3c, cc).
112 IA 356 () from Nov. 28, 1986
Regeste: Art. 84 Abs. 2 OG; Art. 88 OG; Legitimation einer privatrechtlich organisierten, vom Bund anerkannten Krankenkasse zur Führung staatsrechtlicher Beschwerde gegen einen das kommunale Versicherungsobligatorium betreffenden kantonalen Entscheid. 1. Gibt es anstelle der staatsrechtlichen Beschwerde ein anderes bundesrechtliches Rechtsmittel, mit dem sich eine vom Bund anerkannte Krankenkasse gegen die Festsetzung von Mitgliederprämien und Prämien-Verbilligungsbeiträgen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung durch kommunale oder kantonale Behörden zur Wehr setzen kann? Frage offengelassen (E. 4). 2. Eine vom Bund anerkannte Krankenkasse ist selbst dann nicht zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen die Festsetzung von Mitgliederprämien und Prämien-Verbilligungsbeiträgen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung betreffenden kantonalen Entscheid legitimiert, wenn sie privatrechtlich organisiert ist (E. 5).
112 IA 371 () from Dec. 18, 1986
Regeste: Art. 4 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK (Unschuldsvermutung); Kostenauflage und Parteientschädigung bei Freispruch wegen Zurechnungsunfähigkeit. Voraussetzungen, unter denen dem wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochenen Angeklagten im Lichte von Art. 6 Ziff. 2 EMRK Gerichtskosten auferlegt werden dürfen. Es ist nicht willkürlich, den wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochenen Angeklagten in sinngemässer Anwendung von Art. 54 Abs. 1 OR aus Billigkeitserwägungen mit Gerichtskosten und einer Parteientschädigung zu belasten.
112 IA 413 () from Dec. 30, 1986
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation des Nachbarn zur Anfechtung einer Baubewilligung mit staatsrechtlicher Beschwerde. - Grundsatz. - Der Nachbar ist legitimiert, die Verletzung von Normen über die ästhetische Einordnung von Bauten geltend zu machen, sofern es keine auf das fragliche Projekt anwendbaren spezielle Vorschriften über die Gebäudehöhe und die Grenzabstände gibt: in solchen Fällen erlauben allein diese Normen, die Höchstmasse und die Art der zulässigen Bauten zu umschreiben, und dienen daher teilweise auch dem Schutz der Nachbarn.
112 IB 39 () from Jan. 22, 1986
Regeste: Gewässerschutz. Art. 20 GSchG. Einwandfreie Abwasserbeseitigung. Den Anforderungen von Art. 20 GSchG kann nicht einfach dadurch genügt werden, dass die Versorgung der streitigen Anlage mit Wasser untersagt wird (E. 3). Umweltschutz. 1. Anwendbarkeit des Bundesgesetzes über den Umweltschutz auf Fälle, die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens hängig waren (E. 1c). 2. Anwendung von Art. 25 Abs. 1 USG vor Festsetzung der massgebenden Werte durch den Bundesrat (E. 4a). Ermittlung und Prüfung der mutmasslichen Lärmbelastung einer Liegenschaft durch eine kommunale Schiessanlage (E. 4b bis d). Raumplanung. Art. 24 Abs. 1 RPG. Ausnahmebewilligung für eine Schiessanlage ausserhalb der Bauzonen. Anerkennung der Standortgebundenheit einer kommunalen Schiessanlage (E. 5a) und Interessenabwägung zu ihren Gunsten (E. 5b).
112 IB 51 () from Jan. 22, 1986
Regeste: Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GSchG. Ausnahmsweise Befreiung von der Anschlusspflicht aus wichtigen Gründen. Eine solche Ausnahmebewilligung kann nur erteilt werden, wenn das Beharren auf der Anschlusspflicht zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Härte führen würde oder offensichtlich unzweckmässig wäre. Dabei kommt dem Gleichbehandlungsgebot nach Art. 4 BV erhebliches Gewicht zu. Im vorliegenden Fall ist dieses durch die Verweigerung der Ausnahmebewilligung nicht verletzt worden.
112 IB 105 () from April 23, 1986
Regeste: Art. 5 Abs. 2 RPG; materielle Enteignung; Umzonung eines Grundstücks aus der Zone für Einfamilienhäuser in Landwirtschafts- und Rebbauzone. Ersatz für vergeblich erstellte Pläne. 1. Definition der materiellen Enteignung (E. 2). 2. Unterscheidung zwischen Auszonung und Nichteinzonung, die den Eigentumsinhalt gemäss den Anforderungen der Raumplanung (Art. 22quater BV) festlegt. Im konkreten Fall Annahme einer Auszonung, die den Eigentümer einer wesentlichen, aus seinem Eigentum fliessenden Möglichkeit der Grundstücksnutzung beraubt (E. 3). 3. Unter Berücksichtigung aller im Entscheidungszeitpunkt massgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Elemente wäre damit zu rechnen gewesen, dass das Grundstück in naher Zukunft überbaut worden wäre (E. 4). 4. Die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen der Entschädigung von Projektierungskosten sind im konkreten Fall nicht erfüllt, denn die Zonenplanänderung wurde nicht durch die Einreichung eines Baubewilligungsgesuchs ausgelöst (E. 6).
112 IB 170 () from July 9, 1986
Regeste: 1. Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG, Art. 103 lit. a OG; Legitimation des Nachbarn. Art. 103 lit. a OG stellt eine Minimalvorschrift für das kantonale Rechtsmittelverfahren in Streitigkeiten des Bundesverwaltungsrechts dar (E. 5a). Nachbarn sind legitimiert, das ihnen missliebige Bauvorhaben mit der Begründung anzufechten, es verstosse gegen Art. 24 RPG und gegen den bundesrechtlich gewährleisteten Schutz des Waldes (E. 5b). 2. Beginn der Beschwerdefrist. Werden in einem Baubewilligungsverfahren Einsprachen gegen ein Bauvorhaben mit dem Hinweis auf andere bereits erteilte Bewilligungen (wie Ausnahmebewilligung i.S. von Art. 24 RPG, Rodungsbewilligung) abgewiesen, beginnt die Beschwerdefrist gegen diese besonderen Bewilligungen auch erst mit der Eröffnung des Einspracheentscheides zu laufen, sofern die Einsprecher nicht vorher in verbindlicher Weise davon Kenntnis hatten (E. 5c). 3. Art. 4 BV, formelle Rechtsverweigerung; Heilung. Voraussetzungen, unter welchen im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens geheilt werden können (E. 5e).
112 IB 249 () from Oct. 17, 1986
Regeste: Art. 13 Abs. 2 BewG. 1. Rechtsnatur der von den Gemeinden angeordneten Beschränkungen des Grunderwerbs durch Personen im Ausland. Verfügung oder Erlass? (E. 2). 2. Auch die Anwendung der gemäss Art. 13 Abs. 2 BewG erlassenen selbständigen kantonalen Verfahrensnormen überprüft das Bundesgericht nur unter dem Blickwinkel der Willkür (Art. 21 Abs. 3 BewG). Im konkreten Fall wird Willkür verneint (E. 3). 3. Die Voraussetzungen eines Bewilligungsanspruchs aufgrund des Vertrauensschutzprinzips sind im konkreten Fall nicht gegeben (E. 4).
112 IB 342 () from Sept. 2, 1986
Regeste: Art. 21 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG). In der Regel ist für die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes gemäss Art. 21 Abs. 1 IRSG in erster Linie wegleitend, ob sich in bezug auf das Rechtshilfe- bzw. Auslieferungsverfahren schwierige Rechts- und Tatfragen stellen, die den Beizug eines Rechtsbeistandes notwendig machen, damit eine wirksame Wahrung der Rechte des Verfolgten gewährleistet ist. Gesichtspunkte, die bei der Anwendung dieses Grundsatzes mit zu berücksichtigen sind (E. 2a). |