Verkehrsregelnverordnung
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Art. 6 Verhalten gegenüber Fussgängern und Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten 58
(Art. 33 SVG) 1 Vor Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung muss der Fahrzeugführer jedem Fussgänger oder Benützer eines fahrzeugähnlichen Gerätes, der sich bereits auf dem Streifen befindet oder davor wartet und ersichtlich die Fahrbahn überqueren will, den Vortritt gewähren.59 Er muss die Geschwindigkeit rechtzeitig mässigen und nötigenfalls anhalten, damit er dieser Pflicht nachkommen kann.60 2 Bei Verzweigungen mit Verkehrsregelung haben abbiegende Fahrzeugführer den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten für das Überqueren der Querstrasse den Vortritt zu lassen.61 Dies gilt bei Lichtsignalen nicht, wenn die Fahrt durch einen grünen Pfeil freigegeben wird und kein gelbes Warnlicht blinkt. 3 Auf Strassen ohne Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer im Kolonnenverkehr nötigenfalls zu halten, wenn Fussgänger oder Benützer von fahrzeugähnlichen Geräten darauf warten, die Fahrbahn zu überqueren.62 4 Unbegleiteten Blinden ist der Vortritt stets zu gewähren, wenn sie durch Hochhalten des weissen Stockes anzeigen, dass sie die Fahrbahn überqueren wollen. 5 Die Führer dürfen gekennzeichnete Schulbusse, die halten und die Warnblinklichter eingeschaltet haben (Art. 23 Abs. 3 Bst. a), nur langsam und besonders vorsichtig überholen; nötigenfalls müssen sie halten.63 58 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Mai 2002, in Kraft seit 1. Aug. 2002 (AS 2002 1931). 59 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Mai 2002, in Kraft seit 1. Aug. 2002 (AS 2002 1931). 60Fassung gemäss Ziff. I der V vom 7. März 1994, in Kraft seit 1. Juni 1994 (AS 1994 816). 61 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Mai 2002, in Kraft seit 1. Aug. 2002 (AS 2002 1931). 62 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Mai 2002, in Kraft seit 1. Aug. 2002 (AS 2002 1931). 63Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Jan. 1989, in Kraft seit 1. Mai 1989 (AS 1989 410). BGE
91 IV 78 () from 9. April 1965
Regeste: Art. 33 Abs. 2, 49 Abs. 2 SVG, Art. 6 Abs. 1, 47 Abs. 3 VRV. Vortrittsrecht der Fussgänger auf Fussgängerstreifen. Das Vortrittsrecht darf nur in angemessener Entfernung vor heranfahrenden Fahrzeugen beansprucht werden. Die Angemessenheit der Entfernung bestimmt sich nach den Strassen- und Verkehrsverhältnissen, nicht nach der tatsächlichen Geschwindigkeit, mit der sich ein Fahrzeug dem Streifen nähert.
92 IV 20 () from 22. April 1966
Regeste: 1. Art 277 ter Abs. 2 BStP, Art. 18 Abs. 3 StGB. Die vom Kassationshof in einem Rückweisungsentscheid getroffene Feststellung über die zulässige Reaktionszeit des Fahrzeugführers ist rechtlicher Natur und für die kantonale Behörde verbindlich. Eine weniger als eine halbe Sekunde dauernde Unaufmerksamkeit des Fahrzeugführers ist nicht als Fahrlässigkeit anrechenbar (Erw. 2). 2. Art. 33 Abs. 2 SVG, Art. 6 Abs. 1 VRV, Art. 125 Abs. 1 StGB. Das Stehenbleiben des Fussgängers auf dem Fussgängerstreifen darf im allgemeinen nicht als Verzicht auf das Vortrittsrecht ausgelegt werden. Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung des Vortrittsrechts eines Fussgängers und der Körperverletzung eines andern, der, für sich allein betrachtet, nicht mehr vortrittsberechtigt gewesen wäre (Erw. 3).
93 IV 59 () from 22. September 1967
Regeste: 1. Art. 31 Abs. 2 und 3 VRV. Der Motorfahrzeugführer kann nachts auch dann die Abblendlichter verwenden, wenn kein Nebel über der Strasse liegt und ihm kein anderes Fahrzeug entgegenkommt oder vorausfährt (Erw. 1). 2. Art. 32 Abs. 1 und 33 Abs. 2 SVG. Überblickbar im Sinne der Sichtweite, auf die der Führer muss anhalten können, ist nachts eine Strasse im Bereiche eines Fussgängerstreifens nur, wenn der ganze Streifen beobachtet werden kann (Erw. 2).
94 IV 140 () from 15. November 1968
Regeste: 1. Art. 26 SVG. Diese Grundregel hat neben den besonderen Verkehrsregeln subsidiäre Bedeutung (Erw. 1). 2. Art. 47 Abs. 5 VRV. Überschreiten der Fahrbahn ausserhalb von Fussgängerstreifen. Der vortrittsberechtigte Fahrzeugführer ist nicht verpflichtet, seine Geschwindigkeit zum vorneherein zugunsten nichtberechtigter Fussgänger herabzusetzen (Erw. 2-4).
121 IV 286 () from 31. August 1995
Regeste: Art. 18 Abs. 3, 125 Abs. 2 StGB, Art. 32 SVG, Art. 4a Abs. 1 VRV; fahrlässige schwere Körperverletzung, Geschwindigkeitsüberschreitung; Kausalität. Voraussetzungen der Fahrlässigkeit (E. 3). Mit der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit darf nur unter günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen gefahren werden (E. 4b; Bestätigung der Rechtsprechung). Das überraschende Betreten des Fussgängerstreifens auf einer belebten Strasse zur Mittagszeit ist nicht derart aussergewöhnlich, dass damit schlechterdings nicht gerechnet werden müsste (E. 4b). Bei Kollisionen zwischen einem Personenwagen und einem Fussgänger ist der Erfolg der schweren Körperverletzung schon bei einer geringfügigen Herabsetzung der Fahrgeschwindigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermeidbar. Fall eines Automobilisten, der mit 50 km/h eine Kollision verursacht hat, deren schwere Verletzungsfolgen bei einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von 40 km/h vermeidbar gewesen wären (E. 4c).
129 IV 39 () from 29. November 2002
Regeste: Fahrlässige Körperverletzung (Art. 125 StGB); Verhaltenspflichten des Fahrzeuglenkers und des Fussgängers bei einem durch eine Verkehrsinsel unterteilten Fussgängerstreifen (Art. 33 Abs. 2, Art. 49 Abs. 2 SVG; Art. 6 Abs. 1, Art. 47 Abs. 2 und 3 VRV); Vertrauensgrundsatz (Art. 26 SVG). Die Fussgängerin, die einen durch eine Verkehrsinsel unterteilten Fussgängerstreifen überquert, muss auf der Insel warten, wenn ein von rechts kommendes Fahrzeug so nahe ist, dass es nicht mehr rechtzeitig anhalten könnte (E. 2.1). Die Fahrzeuglenkerin darf darauf vertrauen, dass die Fussgängerin ihre Beobachtungs- und Wartepflicht einhält. Erkennt sie indessen bei der gebotenen Aufmerksamkeit konkrete Anzeichen für ein verkehrswidriges Verhalten der Fussgängerin, muss sie alle zur Vermeidung eines Zusammenstosses erforderlichen Vorkehrungen treffen (E. 2.2). |