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Schweizerisches Strafgesetzbuch

vom 21. Dezember 1937 (Stand am 22. November 2022)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 123 Absätze 1 und 3 der Bundesverfassung1,2
nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 23. Juli 19183,

beschliesst:

1 SR 101

2 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 in Kraft seit 1. Juli 2012 (AS 20122575; BBl 2010 56515677).

3BBl 1918 IV 1

Erstes Buch: Allgemeine Bestimmungen4

4 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Erster Teil: Verbrechen und Vergehen

Erster Titel: Geltungsbereich

Art. 1  

1. Kei­ne Sank­ti­on oh­ne Ge­setz

 

Ei­ne Stra­fe oder Mass­nah­me darf nur we­gen ei­ner Tat ver­hängt wer­den, die das Ge­setz aus­drück­lich un­ter Stra­fe stellt.

Art. 2  

2. Zeit­li­cher Gel­tungs­be­reich

 

1 Nach die­sem Ge­set­ze wird be­ur­teilt, wer nach des­sen In­kraft­tre­ten ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­geht.

2 Hat der Tä­ter ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen vor In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes be­gan­gen, er­folgt die Be­ur­tei­lung aber erst nach­her, so ist die­ses Ge­setz an­zu­wen­den, wenn es für ihn das mil­de­re ist.

Art. 3  

3. Räum­li­cher Gel­tungs­be­reich.

Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen im In­land

 

1 Die­sem Ge­setz ist un­ter­wor­fen, wer in der Schweiz ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­geht.

2 Ist der Tä­ter we­gen der Tat im Aus­land ver­ur­teilt wor­den und wur­de die Stra­fe im Aus­land ganz oder teil­wei­se voll­zo­gen, so rech­net ihm das Ge­richt die voll­zo­ge­ne Stra­fe auf die aus­zu­spre­chen­de Stra­fe an.

3 Ist ein Tä­ter auf Er­su­chen der schwei­ze­ri­schen Be­hör­de im Aus­land ver­folgt wor­den, so wird er, un­ter Vor­be­halt ei­nes kras­sen Ver­stos­ses ge­gen die Grund­sät­ze der Bun­des­ver­fas­sung und der Kon­ven­ti­on vom 4. No­vem­ber 19505 zum Schut­ze der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten (EMRK), in der Schweiz we­gen der Tat nicht mehr ver­folgt, wenn:

a.
das aus­län­di­sche Ge­richt ihn end­gül­tig frei­ge­spro­chen hat;
b.
die Sank­ti­on, zu der er im Aus­land ver­ur­teilt wur­de, voll­zo­gen, er­las­sen oder ver­jährt ist.

4 Hat der auf Er­su­chen der schwei­ze­ri­schen Be­hör­de im Aus­land ver­folg­te Tä­ter die Stra­fe im Aus­land nicht oder nur teil­wei­se ver­büsst, so wird in der Schweiz die Stra­fe oder de­ren Rest voll­zo­gen. Das Ge­richt ent­schei­det, ob ei­ne im Aus­land nicht oder nur teil­wei­se voll­zo­ge­ne Mass­nah­me in der Schweiz durch­zu­füh­ren oder fort­zu­set­zen ist.

Art. 4  

Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen im Aus­land ge­gen den Staat

 

1 Die­sem Ge­setz ist auch un­ter­wor­fen, wer im Aus­land ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen ge­gen den Staat und die Lan­des­ver­tei­di­gung (Art. 265–278) be­geht.

2 Ist der Tä­ter we­gen der Tat im Aus­land ver­ur­teilt wor­den und wur­de die Stra­fe im Aus­land ganz oder teil­wei­se voll­zo­gen, so rech­net ihm das Ge­richt die voll­zo­ge­ne Stra­fe auf die aus­zu­spre­chen­de Stra­fe an.

Art. 5  

Straf­ta­ten ge­gen Min­der­jäh­ri­ge

 

1 Die­sem Ge­setz ist aus­ser­dem un­ter­wor­fen, wer sich in der Schweiz be­fin­det, nicht aus­ge­lie­fert wird und im Aus­land ei­ne der fol­gen­den Ta­ten be­gan­gen hat:

a.7
Men­schen­han­del (Art. 182), se­xu­el­le Nö­ti­gung (Art. 189), Ver­ge­wal­ti­gung (Art. 190), Schän­dung (Art. 191) oder För­de­rung der Pro­sti­tu­ti­on (Art. 195), wenn das Op­fer we­ni­ger als 18 Jah­re alt war;
abis.8
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Ab­hän­gi­gen (Art. 188) und se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Min­der­jäh­ri­gen ge­gen Ent­gelt (Art. 196);
b.
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Kin­dern (Art. 187), wenn das Op­fer we­ni­ger als 14 Jah­re alt war;
c.9
qua­li­fi­zier­te Por­no­gra­fie (Art. 197 Abs. 3 und 4), wenn die Ge­gen­stän­de oder Vor­füh­run­gen se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Min­der­­jäh­ri­gen zum In­halt hat­ten.

2 Der Tä­ter wird, un­ter Vor­be­halt ei­nes kras­sen Ver­stos­ses ge­gen die Grund­sät­ze der Bun­des­ver­fas­sung und der EMRK10, in der Schweiz we­gen der Tat nicht mehr ver­folgt, wenn:

a.
ein aus­län­di­sches Ge­richt ihn end­gül­tig frei­ge­spro­chen hat;
b.
die Sank­ti­on, zu der er im Aus­land ver­ur­teilt wur­de, voll­zo­gen, er­las­sen oder ver­jährt ist.

3 Ist der Tä­ter we­gen der Tat im Aus­land ver­ur­teilt wor­den und wur­de die Stra­fe im Aus­land nur teil­wei­se voll­zo­gen, so rech­net ihm das Ge­richt den voll­zo­ge­nen Teil auf die aus­zu­spre­chen­de Stra­fe an. Das Ge­richt ent­schei­det, ob ei­ne im Aus­land an­ge­ord­ne­te, dort aber nur teil­wei­se voll­zo­ge­ne Mass­nah­me fort­zu­set­zen oder auf die in der Schweiz aus­ge­fäll­te Stra­fe an­zu­rech­nen ist.

7 Fas­sung ge­mä­ss Art. 2 Ziff. 1 des BB vom 24. März 2006 über die Ge­neh­mi­gung und die Um­set­zung des Fa­kul­ta­tiv­pro­to­kolls vom 25. Mai 2000 zum Über­eink. über die Rech­te des Kin­des, be­tref­fend den Ver­kauf von Kin­dern, die Kin­der­pro­sti­tu­ti­on und die Kin­der­por­no­gra­fie, in Kraft seit 1. Dez. 2006 (AS 2006 5437; BBl 2005 2807).

8 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 1 des BB vom 27. Sept. 2013 (Lanz­aro­te-Kon­ven­ti­on), in Kraft seit 1. Ju­li 2014 (AS 2014 1159; BBl 2012 7571).

9 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des BB vom 27. Sept. 2013 (Lanz­aro­te-Kon­ven­ti­on), in Kraft seit 1. Ju­li 2014 (AS 2014 1159; BBl 2012 7571).

10 SR 0.101

Art. 6  

Ge­mä­ss staats­ver­trag­li­cher Ver­pflich­tung ver­folg­te Aus­land­ta­ten

 

1 Wer im Aus­land ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­geht, zu des­sen Ver­fol­gung sich die Schweiz durch ein in­ter­na­tio­na­les Über­ein­kom­men ver­pflich­tet hat, ist die­sem Ge­setz un­ter­wor­fen, wenn:

a.
die Tat auch am Be­ge­hungs­ort straf­bar ist oder der Be­ge­hungs­ort kei­ner Straf­ge­walt un­ter­liegt; und
b.
der Tä­ter sich in der Schweiz be­fin­det und nicht an das Aus­land aus­ge­lie­fert wird.

2 Das Ge­richt be­stimmt die Sank­tio­nen so, dass sie ins­ge­samt für den Tä­ter nicht schwe­rer wie­gen als die­je­ni­gen nach dem Recht des Be­ge­hungs­or­tes.

3 Der Tä­ter wird, un­ter Vor­be­halt ei­nes kras­sen Ver­stos­ses ge­gen die Grund­sät­ze der Bun­des­ver­fas­sung und der EMRK11, in der Schweiz we­gen der Tat nicht mehr ver­folgt, wenn:

a.
ein aus­län­di­sches Ge­richt ihn end­gül­tig frei­ge­spro­chen hat;
b.
die Sank­ti­on, zu der er im Aus­land ver­ur­teilt wur­de, voll­zo­gen, er­las­sen oder ver­jährt ist.

4 Ist der Tä­ter we­gen der Tat im Aus­land ver­ur­teilt wor­den und wur­de die Stra­fe im Aus­land nur teil­wei­se voll­zo­gen, so rech­net ihm das Ge­richt den voll­zo­ge­nen Teil auf die aus­zu­spre­chen­de Stra­fe an. Das Ge­richt ent­schei­det, ob ei­ne im Aus­land an­ge­ord­ne­te, dort aber nur teil­wei­se voll­zo­ge­ne Mass­nah­me fort­zu­set­zen oder auf die in der Schweiz aus­ge­spro­che­ne Stra­fe an­zu­rech­nen ist.

Art. 7  

An­de­re Aus­land­ta­ten

 

1 Wer im Aus­land ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­geht, oh­ne dass die Vor­aus­set­zun­gen der Ar­ti­kel 4, 5 oder 6 er­füllt sind, ist die­sem Ge­setz un­ter­wor­fen, wenn:

a.
die Tat auch am Be­ge­hungs­ort straf­bar ist oder der Be­ge­hungs­ort kei­ner Straf­ge­walt un­ter­liegt;
b.
der Tä­ter sich in der Schweiz be­fin­det oder ihr we­gen die­ser Tat aus­ge­lie­fert wird; und
c.
nach schwei­ze­ri­schem Recht die Tat die Aus­lie­fe­rung zu­lässt, der Tä­ter je­doch nicht aus­ge­lie­fert wird.

2 Ist der Tä­ter nicht Schwei­zer und wur­de das Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen nicht ge­gen einen Schwei­zer be­gan­gen, so ist Ab­satz 1 nur an­wend­bar, wenn:

a.
das Aus­lie­fe­rungs­be­geh­ren aus ei­nem Grund ab­ge­wie­sen wur­de, der nicht die Art der Tat be­trifft; oder
b.
der Tä­ter ein be­son­ders schwe­res Ver­bre­chen be­gan­gen hat, das von der in­ter­na­tio­na­len Rechts­ge­mein­schaft ge­äch­tet wird.

3 Das Ge­richt be­stimmt die Sank­tio­nen so, dass sie ins­ge­samt für den Tä­ter nicht schwe­rer wie­gen als die Sank­tio­nen nach dem Recht des Be­ge­hungs­or­tes.

4 Der Tä­ter wird, un­ter Vor­be­halt ei­nes kras­sen Ver­stos­ses ge­gen die Grund­sät­ze der Bun­des­ver­fas­sung und der EMRK12, in der Schweiz we­gen der Tat nicht mehr ver­folgt, wenn:

a.
ein aus­län­di­sches Ge­richt ihn end­gül­tig frei­ge­spro­chen hat;
b.
die Sank­ti­on, zu der er im Aus­land ver­ur­teilt wur­de, voll­zo­gen, er­las­sen oder ver­jährt ist.

5 Ist der Tä­ter we­gen der Tat im Aus­land ver­ur­teilt wor­den und wur­de die Stra­fe im Aus­land nur teil­wei­se voll­zo­gen, so rech­net ihm das Ge­richt den voll­zo­ge­nen Teil auf die aus­zu­spre­chen­de Stra­fe an. Das Ge­richt ent­schei­det, ob ei­ne im Aus­land an­ge­ord­ne­te, aber dort nur teil­wei­se voll­zo­ge­ne Mass­nah­me fort­zu­set­zen oder auf die in der Schweiz aus­ge­spro­che­ne Stra­fe an­zu­rech­nen ist.

Art. 8  

Be­ge­hungs­ort

 

1 Ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen gilt als da be­gan­gen, wo der Tä­ter es aus­führt oder pflicht­wid­rig un­tä­tig bleibt, und da, wo der Er­folg ein­ge­tre­ten ist.

2 Der Ver­such gilt als da be­gan­gen, wo der Tä­ter ihn aus­führt, und da, wo nach sei­ner Vor­stel­lung der Er­folg hät­te ein­tre­ten sol­len.

Art. 9  

4. Per­sön­li­cher Gel­tungs­be­reich

 

1 Die­ses Ge­setz ist nicht an­wend­bar auf Per­so­nen, so­weit de­ren Ta­ten nach dem Mi­li­tär­straf­recht zu be­ur­tei­len sind.

2 Für Per­so­nen, wel­che zum Zeit­punkt der Tat das 18. Al­ters­jahr noch nicht vollen­det ha­ben, blei­ben die Vor­schrif­ten des Ju­gend­straf­ge­set­zes vom 20. Ju­ni 200313 (JStG) vor­be­hal­ten. Sind gleich­zei­tig ei­ne vor und ei­ne nach der Vollen­dung des 18. Al­ters­jah­res be­gan­ge­ne Tat zu be­ur­tei­len, so ist Ar­ti­kel 3 Ab­satz 2 JStG an­wend­bar.14

13 SR 311.1

14 Fas­sung ge­mä­ss Art. 44 Ziff. 1 des Ju­gend­straf­ge­set­zes vom 20. Ju­ni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3545; BBl 1999 1979).

Zweiter Titel: Strafbarkeit

Art. 10  

1. Ver­bre­chen und Ver­ge­hen.

Be­griff

 

1 Die­ses Ge­setz un­ter­schei­det die Ver­bre­chen von den Ver­ge­hen nach der Schwe­re der Stra­fen, mit der die Ta­ten be­droht sind.

2 Ver­bre­chen sind Ta­ten, die mit Frei­heits­s­tra­fe von mehr als drei Jah­ren be­droht sind.

3 Ver­ge­hen sind Ta­ten, die mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder mit Geld­stra­fe be­droht sind.

Art. 11  

Be­ge­hen durch Un­ter­las­sen

 
Art. 11 - Begehen durch Unterlassen
Art. 11 - Begehen durch Unterlassen

1 Ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen kann auch durch pflicht­wid­ri­ges Un­tä­tig­blei­ben be­gan­gen wer­den.

2 Pflicht­wid­rig un­tä­tig bleibt, wer die Ge­fähr­dung oder Ver­let­zung ei­nes straf­recht­lich ge­schütz­ten Rechts­gu­tes nicht ver­hin­dert, ob­wohl er auf­grund sei­ner Recht­stel­lung da­zu ver­pflich­tet ist, na­ment­lich auf Grund:

a.
des Ge­set­zes;
b.
ei­nes Ver­tra­ges;
c.
ei­ner frei­wil­lig ein­ge­gan­ge­nen Ge­fah­ren­ge­mein­schaft; oder
d.
der Schaf­fung ei­ner Ge­fahr.

3 Wer pflicht­wid­rig un­tä­tig bleibt, ist ge­stützt auf den ent­spre­chen­den Tat­be­stand nur dann straf­bar, wenn ihm nach den Um­stän­den der Tat der­sel­be Vor­wurf ge­macht wer­den kann, wie wenn er die Tat durch ein ak­ti­ves Tun be­gan­gen hät­te.

4 Das Ge­richt kann die Stra­fe mil­dern.

Art. 12  

2. Vor­satz und Fahr­läs­sig­keit.

Be­grif­fe

 

1 Be­stimmt es das Ge­setz nicht aus­drück­lich an­ders, so ist nur straf­bar, wer ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen vor­sätz­lich be­geht.

2 Vor­sätz­lich be­geht ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen, wer die Tat mit Wis­sen und Wil­len aus­führt. Vor­sätz­lich han­delt be­reits, wer die Ver­wirk­li­chung der Tat für mög­lich hält und in Kauf nimmt.

3 Fahr­läs­sig be­geht ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen, wer die Fol­ge sei­nes Ver­hal­tens aus pflicht­wid­ri­ger Un­vor­sich­tig­keit nicht be­denkt oder dar­auf nicht Rück­sicht nimmt. Pflicht­wid­rig ist die Un­vor­sich­tig­keit, wenn der Tä­ter die Vor­sicht nicht be­ach­tet, zu der er nach den Um­stän­den und nach sei­nen per­sön­li­chen Ver­hält­nis­sen ver­pflich­tet ist.

Art. 13  

Sach­ver­halts­irr­tum

 

1 Han­delt der Tä­ter in ei­ner ir­ri­gen Vor­stel­lung über den Sach­ver­halt, so be­ur­teilt das Ge­richt die Tat zu Guns­ten des Tä­ters nach dem Sach­ver­halt, den sich der Tä­ter vor­ge­stellt hat.

2 Hät­te der Tä­ter den Irr­tum bei pflicht­ge­mäs­ser Vor­sicht ver­mei­den kön­nen, so ist er we­gen Fahr­läs­sig­keit straf­bar, wenn die fahr­läs­si­ge Be­ge­hung der Tat mit Stra­fe be­droht ist.

Art. 14  

3. Recht­mäs­si­ge Hand­lun­gen und Schuld.

Ge­setz­lich er­laub­te Hand­lung

 

Wer han­delt, wie es das Ge­setz ge­bie­tet oder er­laubt, ver­hält sich recht­mäs­sig, auch wenn die Tat nach die­sem oder ei­nem an­dern Ge­setz mit Stra­fe be­droht ist.

Art. 15  

Recht­fer­ti­gen­de Not­wehr

 

Wird je­mand oh­ne Recht an­ge­grif­fen oder un­mit­tel­bar mit ei­nem An­griff be­droht, so ist der An­ge­grif­fe­ne und je­der an­de­re be­rech­tigt, den An­griff in ei­ner den Um­stän­den an­ge­mes­se­nen Wei­se ab­zu­weh­ren.

Art. 16  

Ent­schuld­ba­re Not­wehr

 

1 Über­schrei­tet der Ab­weh­ren­de die Gren­zen der Not­wehr nach Ar­ti­kel 15, so mil­dert das Ge­richt die Stra­fe.

2 Über­schrei­tet der Ab­weh­ren­de die Gren­zen der Not­wehr in ent­schuld­ba­rer Auf­re­gung oder Be­stür­zung über den An­griff, so han­delt er nicht schuld­haft.

Art. 17  

Recht­fer­ti­gen­der Not­stand

 

Wer ei­ne mit Stra­fe be­droh­te Tat be­geht, um ein ei­ge­nes oder das Rechts­gut ei­ner an­de­ren Per­son aus ei­ner un­mit­tel­ba­ren, nicht an­ders ab­wend­ba­ren Ge­fahr zu ret­ten, han­delt recht­mäs­sig, wenn er da­durch hö­her­wer­ti­ge In­ter­es­sen wahrt.

Art. 18  

Ent­schuld­ba­rer Not­stand

 

1 Wer ei­ne mit Stra­fe be­droh­te Tat be­geht, um sich oder ei­ne an­de­re Per­son aus ei­ner un­mit­tel­ba­ren, nicht an­ders ab­wend­ba­ren Ge­fahr für Leib, Le­ben, Frei­heit, Eh­re, Ver­mö­gen oder an­de­re hoch­wer­ti­ge Gü­ter zu ret­ten, wird mil­der be­straft, wenn ihm zu­zu­mu­ten war, das ge­fähr­de­te Gut preis­zu­ge­ben.

2 War dem Tä­ter nicht zu­zu­mu­ten, das ge­fähr­de­te Gut preis­zu­ge­ben, so han­delt er nicht schuld­haft.

Art. 19  

Schul­d­un­fä­hig­keit und ver­min­der­te Schuld­fä­hig­keit

 

1 War der Tä­ter zur Zeit der Tat nicht fä­hig, das Un­recht sei­ner Tat ein­zu­se­hen oder ge­mä­ss die­ser Ein­sicht zu han­deln, so ist er nicht straf­bar.

2 War der Tä­ter zur Zeit der Tat nur teil­wei­se fä­hig, das Un­recht sei­ner Tat ein­zu­se­hen oder ge­mä­ss die­ser Ein­sicht zu han­deln, so mil­dert das Ge­richt die Stra­fe.

3 Es kön­nen in­des­sen Mass­nah­men nach den Ar­ti­keln 59–61, 63, 64, 67, 67b und 67e ge­trof­fen wer­den.15

4 Konn­te der Tä­ter die Schul­d­un­fä­hig­keit oder die Ver­min­de­rung der Schuld­fä­hig­keit ver­mei­den und da­bei die in die­sem Zu­stand be­gan­ge­ne Tat vor­aus­se­hen, so sind die Ab­sät­ze 1–3 nicht an­wend­bar.

15 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

Art. 20  

Zwei­fel­haf­te Schuld­fä­hig­keit

 

Be­steht ernst­haf­ter An­lass, an der Schuld­fä­hig­keit des Tä­ters zu zwei­feln, so ord­net die Un­ter­su­chungs­be­hör­de oder das Ge­richt die sach­ver­stän­di­ge Be­gut­ach­tung durch einen Sach­ver­stän­di­gen an.

Art. 21  

Irr­tum über die Rechts­wid­rig­keit

 

Wer bei Be­ge­hung der Tat nicht weiss und nicht wis­sen kann, dass er sich rechts­wid­rig ver­hält, han­delt nicht schuld­haft. War der Irr­tum ver­meid­bar, so mil­dert das Ge­richt die Stra­fe.

Art. 22  

4. Ver­such.

Straf­bar­keit des Ver­suchs

 

1 Führt der Tä­ter, nach­dem er mit der Aus­füh­rung ei­nes Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens be­gon­nen hat, die straf­ba­re Tä­tig­keit nicht zu En­de oder tritt der zur Vollen­dung der Tat ge­hö­ren­de Er­folg nicht ein oder kann die­ser nicht ein­tre­ten, so kann das Ge­richt die Stra­fe mil­dern.

2 Ver­kennt der Tä­ter aus gro­bem Un­ver­stand, dass die Tat nach der Art des Ge­gen­stan­des oder des Mit­tels, an oder mit dem er sie aus­füh­ren will, über­haupt nicht zur Vollen­dung ge­lan­gen kann, so bleibt er straf­los.

Art. 23  

Rück­tritt und tä­ti­ge Reue

 

1 Führt der Tä­ter aus ei­ge­nem An­trieb die straf­ba­re Tä­tig­keit nicht zu En­de oder trägt er da­zu bei, die Vollen­dung der Tat zu ver­hin­dern, so kann das Ge­richt die Stra­fe mil­dern oder von ei­ner Be­stra­fung ab­se­hen.

2 Sind an ei­ner Tat meh­re­re Tä­ter oder Teil­neh­mer be­tei­ligt, so kann das Ge­richt die Stra­fe des­sen mil­dern oder von der Be­stra­fung des­sen ab­se­hen, der aus ei­ge­nem An­trieb da­zu bei­trägt, die Vollen­dung der Tat zu ver­hin­dern.

3 Das Ge­richt kann die Stra­fe auch mil­dern oder von der Be­stra­fung ab­se­hen, wenn der Rück­tritt des Tä­ters oder des Teil­neh­mers die Vol­len­dung der Tat ver­hin­dert hät­te, die­se aber aus an­de­ren Grün­den aus­bleibt.

4 Be­müht sich ei­ner von meh­re­ren Tä­tern oder Teil­neh­mern aus ei­ge­nem An­trieb ernst­haft, die Vollen­dung der Tat zu ver­hin­dern, so kann das Ge­richt sei­ne Stra­fe mil­dern oder von sei­ner Be­stra­fung ab­se­hen, wenn die Tat un­ab­hän­gig von sei­nem Tat­bei­trag be­gan­gen wird.

Art. 24  

5. Teil­nah­me.

An­stif­tung

 

1 Wer je­man­den vor­sätz­lich zu dem von die­sem ver­üb­ten Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­stimmt hat, wird nach der Straf­an­dro­hung, die auf den Tä­ter An­wen­dung fin­det, be­straft.

2 Wer je­man­den zu ei­nem Ver­bre­chen zu be­stim­men ver­sucht, wird we­gen Ver­suchs die­ses Ver­bre­chens be­straft.

Art. 25  

Ge­hil­fen­schaft

 

Wer zu ei­nem Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen vor­sätz­lich Hil­fe leis­tet, wird mil­der be­straft.

Art. 26  

Teil­nah­me am Son­der­de­likt

 

Wird die Straf­bar­keit durch ei­ne be­son­de­re Pflicht des Tä­ters be­grün­det oder er­höht, so wird der Teil­neh­mer, dem die­se Pflicht nicht ob­liegt, mil­der be­straft.

Art. 27  

Per­sön­li­che Ver­hält­nis­se

 

Be­son­de­re per­sön­li­che Ver­hält­nis­se, Ei­gen­schaf­ten und Um­stän­de, wel­che die Straf­bar­keit er­hö­hen, ver­min­dern oder aus­sch­lies­sen, wer­den bei dem Tä­ter oder Teil­neh­mer be­rück­sich­tigt, bei dem sie vor­lie­gen.

Art. 28  

6. Straf­bar­keit der Me­di­en

 

1 Wird ei­ne straf­ba­re Hand­lung durch Ver­öf­fent­li­chung in ei­nem Me­di­um be­gan­gen und er­schöpft sie sich in die­ser Ver­öf­fent­li­chung, so ist, un­ter Vor­be­halt der nach­fol­gen­den Be­stim­mun­gen, der Au­tor al­lein straf­bar.

2 Kann der Au­tor nicht er­mit­telt oder in der Schweiz nicht vor Ge­richt ge­stellt wer­den, so ist der ver­ant­wort­li­che Re­dak­tor nach Ar­ti­kel 322bis straf­bar. Fehlt ein ver­ant­wort­li­cher Re­dak­tor, so ist je­ne Per­son nach Ar­ti­kel 322bis straf­bar, die für die Ver­öf­fent­li­chung ver­ant­wort­lich ist.

3 Hat die Ver­öf­fent­li­chung oh­ne Wis­sen oder ge­gen den Wil­len des Au­tors statt­ge­fun­den, so ist der Re­dak­tor oder, wenn ein sol­cher fehlt, die für die Ver­öf­fent­li­chung ver­ant­wort­li­che Per­son als Tä­ter straf­bar.

4 Die wahr­heits­ge­treue Be­richt­er­stat­tung über öf­fent­li­che Ver­hand­lun­gen und amt­li­che Mit­tei­lun­gen ei­ner Be­hör­de ist straf­los.

Art. 28a  

Quel­len­schutz

 

1 Ver­wei­gern Per­so­nen, die sich be­ruf­lich mit der Ver­öf­fent­li­chung von In­for­ma­tio­nen im re­dak­tio­nel­len Teil ei­nes pe­ri­odisch er­schei­nen­den Me­di­ums be­fas­sen, oder ih­re Hilfs­per­so­nen das Zeug­nis über die Iden­ti­tät des Au­tors oder über In­halt und Quel­len ih­rer In­for­ma­tio­nen, so dür­fen we­der Stra­fen noch pro­zes­sua­le Zwangs­mass­nah­men ge­gen sie ver­hängt wer­den.

2 Ab­satz 1 gilt nicht, wenn der Rich­ter fest­stellt, dass:

a.
das Zeug­nis er­for­der­lich ist, um ei­ne Per­son aus ei­ner un­mit­tel­ba­ren Ge­fahr für Leib und Le­ben zu ret­ten; oder
b.16
oh­ne das Zeug­nis ein Tö­tungs­de­likt im Sin­ne der Ar­ti­kel 111–113 oder ein an­de­res Ver­bre­chen, das mit ei­ner Min­dest­stra­fe von drei Jah­ren Frei­heits­s­tra­fe be­droht ist, oder ei­ne Straf­tat nach den Ar­ti­keln 187, 189–191, 197 Ab­satz 4, 260ter, 260quin­quies, 260se­xies, 305bis, 305terund 322ter–322sep­ties des vor­lie­gen­den Ge­set­zes oder nach Ar­ti­kel 19 Ab­satz 2 des Be­täu­bungs­mit­tel­ge­set­zes vom 3. Ok­to­ber 195117 nicht auf­ge­klärt wer­den oder der ei­ner sol­chen Tat Be­schul­dig­te nicht er­grif­fen wer­den kann.

16 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 2 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Ge­neh­mi­gung und die Um­set­zung des Über­ein­kom­mens des Eu­ro­pa­rats zur Ver­hü­tung des Ter­ro­ris­mus mit dem da­zu­ge­hö­ri­gen Zu­satz­pro­to­koll so­wie über die Ver­stär­kung des straf­recht­li­chen In­stru­men­ta­ri­ums ge­gen Ter­ro­ris­mus und or­ga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät, in Kraft seit 1. Ju­li 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

17 SR 812.121

Art. 29  

7. Ver­tre­tungs­ver­hält­nis­se

 

Ei­ne be­son­de­re Pflicht, de­ren Ver­let­zung die Straf­bar­keit be­grün­det oder er­höht, und die nur der ju­ris­ti­schen Per­son, der Ge­sell­schaft oder der Ein­zel­fir­ma18 ob­liegt, wird ei­ner na­tür­li­chen Per­son zu­ge­rech­net, wenn die­se han­delt:

a.
als Or­gan oder als Mit­glied ei­nes Or­gans ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son;
b.
als Ge­sell­schaf­ter;
c.
als Mit­ar­bei­ter mit selb­stän­di­gen Ent­schei­dungs­be­fug­nis­sen in sei­nem Tä­tig­keits­be­reich ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son, ei­ner Ge­sell­schaft oder ei­ner Ein­zel­fir­ma19; oder
d.
oh­ne Or­gan, Mit­glied ei­nes Or­gans, Ge­sell­schaf­ter oder Mit­ar­bei­ter zu sein, als tat­säch­li­cher Lei­ter.

18 Heu­te: dem Ein­zel­un­ter­neh­men.

19 Heu­te: ei­nem Ein­zel­un­ter­neh­men.

Art. 30  

8. Straf­an­trag.

An­trags­recht

 

1 Ist ei­ne Tat nur auf An­trag straf­bar, so kann je­de Per­son, die durch sie ver­letzt wor­den ist, die Be­stra­fung des Tä­ters be­an­tra­gen.

2 Ist die ver­letz­te Per­son hand­lungs­un­fä­hig, so ist ihr ge­setz­li­cher Ver­tre­ter zum An­trag be­rech­tigt. Steht sie un­ter Vor­mund­schaft oder un­ter um­fas­sen­der Bei­stand­schaft, so steht das An­trags­recht auch der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de zu.20

3 Ist die ver­letz­te Per­son min­der­jäh­rig oder steht sie un­ter um­fas­sen­der Bei­stand­schaft, so ist auch sie zum An­trag be­rech­tigt, wenn sie ur­teils­fä­hig ist.21

4 Stirbt die ver­letz­te Per­son, oh­ne dass sie den Straf­an­trag ge­stellt oder auf den Straf­an­trag aus­drück­lich ver­zich­tet hat, so steht das An­trags­recht je­dem An­ge­hö­ri­gen zu.

5 Hat ei­ne an­trags­be­rech­tig­te Per­son aus­drück­lich auf den An­trag ver­zich­tet, so ist ihr Ver­zicht end­gül­tig.

20 Fas­sung des zwei­ten Sat­zes ge­mä­ss An­hang Ziff. 14 des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 20067001).

21 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 14 des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 20067001).

Art. 31  

An­trags­frist

 

Das An­trags­recht er­lischt nach Ab­lauf von drei Mo­na­ten. Die Frist be­ginnt mit dem Tag, an wel­chem der an­trags­be­rech­tig­ten Per­son der Tä­ter be­kannt wird.

Art. 32  

Un­teil­bar­keit

 

Stellt ei­ne an­trags­be­rech­tig­te Per­son ge­gen einen an der Tat Be­tei­lig­ten Straf­an­trag, so sind al­le Be­tei­lig­ten zu ver­fol­gen.

Art. 33  

Rück­zug

 

1 Die an­trags­be­rech­tig­te Per­son kann ih­ren Straf­an­trag zu­rück­zie­hen, so­lan­ge das Ur­teil der zwei­ten kan­to­na­len In­stanz noch nicht er­öff­net ist.

2 Wer sei­nen Straf­an­trag zu­rück­ge­zo­gen hat, kann ihn nicht noch­mals stel­len.

3 Zieht die an­trags­be­rech­tig­te Per­son ih­ren Straf­an­trag ge­gen­über ei­nem Be­schul­dig­ten zu­rück, so gilt der Rück­zug für al­le Be­schul­dig­ten.

4 Er­hebt ein Be­schul­dig­ter ge­gen den Rück­zug des Straf­an­tra­ges Ein­spruch, so gilt der Rück­zug für ihn nicht.

Dritter Titel: Strafen und Massnahmen

Erstes Kapitel: Strafen

Erster Abschnitt: Geldstrafe und Freiheitsstrafe 22

22 Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 19. Juni 2015 (Änderungen des Sanktionenrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 34  

1. Geld­stra­fe.

Be­mes­sung

 

1 Be­stimmt es das Ge­setz nicht an­ders, so be­trägt die Geld­stra­fe min­des­tens drei und höch­stens 180 Ta­ges­sät­ze.23 Das Ge­richt be­stimmt de­ren Zahl nach dem Ver­schul­den des Tä­ters.

2 Ein Ta­ges­satz be­trägt in der Re­gel min­des­tens 30 und höchs­tens 3000 Fran­ken. Aus­nahms­wei­se, wenn die per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se des Tä­ters dies ge­bie­ten, kann der Ta­ges­satz bis auf 10 Fran­ken ge­senkt wer­den. Das Ge­richt be­stimmt die Hö­he des Ta­ges­sat­zes nach den per­sön­li­chen und wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen des Tä­ters im Zeit­punkt des Ur­teils, na­ment­lich nach Ein­kom­men und Ver­mö­gen, Le­bens­auf­wand, all­fäl­li­gen Fa­mi­li­en- und Un­ter­stüt­zungs­pflich­ten so­wie nach dem Exis­tenz­mi­ni­mum.24

3 Die Be­hör­den des Bun­des, der Kan­to­ne und der Ge­mein­den ge­ben die für die Be­stim­mung des Ta­ges­sat­zes er­for­der­li­chen Aus­künf­te.

4 Zahl und Hö­he der Ta­ges­sät­ze sind im Ur­teil fest­zu­hal­ten.

23 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

24 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 35  

Voll­zug

 

1 Die Voll­zugs­be­hör­de be­stimmt dem Ver­ur­teil­ten ei­ne Zah­lungs­frist von ei­nem bis zu sechs Mo­na­ten.25 Sie kann Ra­ten­zah­lung an­ord­nen und auf Ge­such die Fris­ten ver­län­gern.

2 Be­steht der be­grün­de­te Ver­dacht, dass der Ver­ur­teil­te sich der Voll­stre­ckung der Geld­stra­fe ent­zie­hen wird, so kann die Voll­zugs­be­hör­de die so­for­ti­ge Be­zah­lung oder ei­ne Si­cher­heits­leis­tung ver­lan­gen.

3 Be­zahlt der Ver­ur­teil­te die Geld­stra­fe nicht frist­ge­mä­ss, so ord­net die Voll­zugs­be­hör­de die Be­trei­bung an, wenn da­von ein Er­geb­nis zu er­war­ten ist.

25 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 36  

Er­satz­frei­heits­s­tra­fe

 

1 So­weit der Ver­ur­teil­te die Geld­stra­fe nicht be­zahlt und sie auf dem Be­trei­bungs­weg (Art. 35 Abs. 3) un­ein­bring­lich ist, tritt an die Stel­le der Geld­stra­fe ei­ne Frei­heits­s­tra­fe. Ein Ta­ges­satz ent­spricht ei­nem Tag Frei­heits­s­tra­fe. Die Er­satz­frei­heits­s­tra­fe ent­fällt, so­weit die Geld­stra­fe nach­träg­lich be­zahlt wird.

2 Wur­de die Geld­stra­fe durch ei­ne Ver­wal­tungs­be­hör­de ver­hängt, so ent­schei­det das Ge­richt über die Er­satz­frei­heits­s­tra­fe.

3–526

26 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 373927  

2. …

 

27 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 4028  

3. Frei­heits­s­tra­fe.

Dau­er

 

1 Die Min­dest­dau­er der Frei­heits­s­tra­fe be­trägt drei Ta­ge; vor­be­hal­ten bleibt ei­ne kür­ze­re Frei­heits­s­tra­fe an­stel­le ei­ner nicht be­zahl­ten Geld­stra­fe (Art. 36) oder Bus­se (Art. 106).

2 Die Höchst­dau­er der Frei­heits­s­tra­fe be­trägt 20 Jah­re. Wo es das Ge­setz aus­drück­lich be­stimmt, dau­ert die Frei­heits­s­tra­fe le­bens­läng­lich.

28 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 4129  

Frei­heits­s­tra­fe an­stel­le von Geld­stra­fe

 

1 Das Ge­richt kann statt auf ei­ne Geld­stra­fe auf ei­ne Frei­heits­s­tra­fe er­ken­nen, wenn:

a.
ei­ne sol­che ge­bo­ten er­scheint, um den Tä­ter von der Be­ge­hung wei­te­rer Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen ab­zu­hal­ten; oder
b.
ei­ne Geld­stra­fe vor­aus­sicht­lich nicht voll­zo­gen wer­den kann.

2 Es hat die Wahl der Frei­heits­s­tra­fe nä­her zu be­grün­den.

3 Vor­be­hal­ten bleibt die Frei­heits­s­tra­fe an­stel­le ei­ner nicht be­zahl­ten Geld­stra­fe (Art. 36).

29 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Zweiter Abschnitt: Bedingte und teilbedingte Strafen

Art. 42  

1. Be­ding­te Stra­fen

 

1 Das Ge­richt schiebt den Voll­zug ei­ner Geld­stra­fe oder ei­ner Frei­heits­s­tra­fe von höchs­tens zwei Jah­ren in der Re­gel auf, wenn ei­ne un­be­ding­te Stra­fe nicht not­wen­dig er­scheint, um den Tä­ter von der Be­ge­hung wei­te­rer Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen ab­zu­hal­ten.30

2 Wur­de der Tä­ter in­ner­halb der letz­ten fünf Jah­re vor der Tat zu ei­ner be­ding­ten oder un­be­ding­ten Frei­heits­s­tra­fe von mehr als sechs Mo­na­ten ver­ur­teilt, so ist der Auf­schub nur zu­läs­sig, wenn be­son­ders güns­ti­ge Um­stän­de vor­lie­gen.31


3 Die Ge­wäh­rung des be­ding­ten Straf­voll­zu­ges kann auch ver­wei­gert wer­den, wenn der Tä­ter ei­ne zu­mut­ba­re Scha­den­be­he­bung un­ter­las­sen hat.

4 Ei­ne be­ding­te Stra­fe kann mit ei­ner Bus­se nach Ar­ti­kel 106 ver­bun­den wer­den.32

30 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

31 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

32 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 43  

2. Teil­be­ding­te Frei­heits­s­tra­fe

 

1 Das Ge­richt kann den Voll­zug ei­ner Frei­heits­s­tra­fe von min­des­tens ei­nem Jahr und höchs­tens drei Jah­ren teil­wei­se auf­schie­ben, wenn dies not­wen­dig ist, um dem Ver­schul­den des Tä­ters ge­nü­gend Rech­nung zu tra­gen.34

2 Der un­be­dingt voll­zieh­ba­re Teil darf die Hälf­te der Stra­fe nicht über­stei­gen.

3 So­wohl der auf­ge­scho­be­ne wie auch der zu voll­zie­hen­de Teil müs­sen min­des­tens sechs Mo­na­te be­tra­gen.35 Die Be­stim­mun­gen über die Ge­wäh­rung der be­ding­ten Ent­las­sung (Art. 86) sind auf den un­be­dingt zu voll­zie­hen­den Teil nicht an­wend­bar.

34 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

35 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 44  

3. Ge­mein­sa­me Be­stim­mun­gen.

Pro­be­zeit

 
Art. 44 - Probezeit
Art. 44 - Probezeit

1 Schiebt das Ge­richt den Voll­zug ei­ner Stra­fe ganz oder teil­wei­se auf, so be­stimmt es dem Ver­ur­teil­ten ei­ne Pro­be­zeit von zwei bis fünf Jah­ren.

2 Für die Dau­er der Pro­be­zeit kann das Ge­richt Be­wäh­rungs­hil­fe an­ord­nen und Wei­sun­gen er­tei­len.

3 Das Ge­richt er­klärt dem Ver­ur­teil­ten die Be­deu­tung und die Fol­gen der be­ding­ten und der teil­be­ding­ten Stra­fe.

Art. 45  

Be­wäh­rung

 

Hat sich der Ver­ur­teil­te bis zum Ab­lauf der Pro­be­zeit be­währt, so wird die auf­ge­scho­be­ne Stra­fe nicht mehr voll­zo­gen.

Art. 46  

Nicht­be­wäh­rung

 

1 Be­geht der Ver­ur­teil­te wäh­rend der Pro­be­zeit ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen und ist des­halb zu er­war­ten, dass er wei­te­re Straf­ta­ten ver­üben wird, so wi­der­ruft das Ge­richt die be­ding­te Stra­fe oder den be­ding­ten Teil der Stra­fe. Sind die wi­der­ru­fe­ne und die neue Stra­fe glei­cher Art, so bil­det es in sinn­ge­mäs­ser An­wen­dung von Ar­ti­kel 49 ei­ne Ge­samt­stra­fe.36

2 Ist nicht zu er­war­ten, dass der Ver­ur­teil­te wei­te­re Straf­ta­ten be­ge­hen wird, so ver­zich­tet das Ge­richt auf einen Wi­der­ruf. Es kann den Ver­ur­teil­ten ver­war­nen oder die Pro­be­zeit um höchs­tens die Hälf­te der im Ur­teil fest­ge­setz­ten Dau­er ver­län­gern. Für die Dau­er der ver­län­ger­ten Pro­be­zeit kann das Ge­richt Be­wäh­rungs­hil­fe an­ord­nen und Wei­sun­gen er­tei­len. Er­folgt die Ver­län­ge­rung erst nach Ab­lauf der Pro­be­zeit, so be­ginnt sie am Tag der An­ord­nung.

3 Das zur Be­ur­tei­lung des neu­en Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens zu­stän­di­ge Ge­richt ent­schei­det auch über den Wi­der­ruf.

4 Ent­zieht sich der Ver­ur­teil­te der Be­wäh­rungs­hil­fe oder miss­ach­tet er die Wei­sun­gen, so ist Ar­ti­kel 95 Ab­sät­ze 3–5 an­wend­bar.

5 Der Wi­der­ruf darf nicht mehr an­ge­ord­net wer­den, wenn seit dem Ab­lauf der Pro­be­zeit drei Jah­re ver­gan­gen sind.

36 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Dritter Abschnitt: Strafzumessung

Art. 47  

1. Grund­satz

 

1 Das Ge­richt misst die Stra­fe nach dem Ver­schul­den des Tä­ters zu. Es be­rück­sich­tigt das Vor­le­ben und die per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se so­wie die Wir­kung der Stra­fe auf das Le­ben des Tä­ters.

2 Das Ver­schul­den wird nach der Schwe­re der Ver­let­zung oder Ge­fähr­dung des be­trof­fe­nen Rechts­guts, nach der Ver­werf­lich­keit des Han­delns, den Be­weg­grün­den und Zie­len des Tä­ters so­wie da­nach be­stimmt, wie weit der Tä­ter nach den in­ne­ren und äus­se­ren Um­stän­den in der La­ge war, die Ge­fähr­dung oder Ver­let­zung zu ver­mei­den.

Art. 48  

2. Straf­mil­de­rung.

Grün­de

 

Das Ge­richt mil­dert die Stra­fe, wenn:

a.
der Tä­ter ge­han­delt hat:
1.
aus ach­tens­wer­ten Be­weg­grün­den,
2.
in schwe­rer Be­dräng­nis,
3.
un­ter dem Ein­druck ei­ner schwe­ren Dro­hung,
4.
auf Ver­an­las­sung ei­ner Per­son, der er Ge­hor­sam schul­det oder von der er ab­hän­gig ist;
b.
der Tä­ter durch das Ver­hal­ten der ver­letz­ten Per­son ernst­haft in Ver­su­chung ge­führt wor­den ist;
c.
der Tä­ter in ei­ner nach den Um­stän­den ent­schuld­ba­ren hef­ti­gen Ge­müts­be­we­gung oder un­ter gros­ser see­li­scher Be­las­tung ge­han­delt hat;
d.
der Tä­ter auf­rich­ti­ge Reue be­tä­tigt, na­ment­lich den Scha­den, so­weit es ihm zu­zu­mu­ten war, er­setzt hat;
e.
das Straf­be­dürf­nis in An­be­tracht der seit der Tat ver­stri­che­nen Zeit deut­lich ver­min­dert ist und der Tä­ter sich in die­ser Zeit wohl ver­hal­ten hat.
Art. 48a  

Wir­kung

 

1 Mil­dert das Ge­richt die Stra­fe, so ist es nicht an die an­ge­droh­te Min­dest­stra­fe ge­bun­den.

2 Das Ge­richt kann auf ei­ne an­de­re als die an­ge­droh­te Straf­art er­ken­nen, ist aber an das ge­setz­li­che Höchst- und Min­dest­mass der Straf­art ge­bun­den.

Art. 49  

3. Kon­kur­renz

 

1 Hat der Tä­ter durch ei­ne oder meh­re­re Hand­lun­gen die Vor­aus­set­zun­gen für meh­re­re gleich­ar­ti­ge Stra­fen er­füllt, so ver­ur­teilt ihn das Ge­richt zu der Stra­fe der schwers­ten Straf­tat und er­höht sie an­ge­mes­sen. Es darf je­doch das Höchst­mass der an­ge­droh­ten Stra­fe nicht um mehr als die Hälf­te er­hö­hen. Da­bei ist es an das ge­setz­li­che Höchst­mass der Straf­art ge­bun­den.

2 Hat das Ge­richt ei­ne Tat zu be­ur­tei­len, die der Tä­ter be­gan­gen hat, be­vor er we­gen ei­ner an­dern Tat ver­ur­teilt wor­den ist, so be­stimmt es die Zu­satz­stra­fe in der Wei­se, dass der Tä­ter nicht schwe­rer be­straft wird, als wenn die straf­ba­ren Hand­lun­gen gleich­zei­tig be­ur­teilt wor­den wä­ren.

3 Hat der Tä­ter ei­ne oder meh­re­re Ta­ten vor Vollen­dung des 18. Al­ters­jah­res be­gan­gen, so dür­fen die­se bei der Bil­dung der Ge­samt­stra­fe nach den Ab­sät­zen 1 und 2 nicht stär­ker ins Ge­wicht fal­len, als wenn sie für sich al­lein be­ur­teilt wor­den wä­ren.

Art. 50  

4. Be­grün­dungs­pflicht

 

Ist ein Ur­teil zu be­grün­den, so hält das Ge­richt in der Be­grün­dung auch die für die Zu­mes­sung der Stra­fe er­heb­li­chen Um­stän­de und de­ren Ge­wich­tung fest.

Art. 51  

5. An­rech­nung der Un­ter­su­chungs­haft

 

Das Ge­richt rech­net die Un­ter­su­chungs­haft, die der Tä­ter wäh­rend die­ses oder ei­nes an­de­ren Ver­fah­rens aus­ge­stan­den hat, auf die Stra­fe an. Ein Tag Haft ent­spricht ei­nem Ta­ges­satz Geld­stra­fe.37

37 Fas­sung des zwei­ten Sat­zes ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Vierter Abschnitt: Strafbefreiung sowie Sistierung und Einstellung des Verfahrens 38

38 Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, in Kraft seit 1. Juli 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

Art. 52  

1. Grün­de für die Straf­be­frei­ung.

Feh­len­des Straf­be­dürf­nis

 

Die zu­stän­di­ge Be­hör­de sieht von ei­ner Straf­ver­fol­gung, ei­ner Über­wei­sung an das Ge­richt oder ei­ner Be­stra­fung ab, wenn Schuld und Tat­fol­gen ge­ring­fü­gig sind.

Art. 5340  

Wie­der­gut­ma­chung

 

Hat der Tä­ter den Scha­den ge­deckt oder al­le zu­mut­ba­ren An­stren­gun­gen un­ter­nom­men, um das von ihm be­wirk­te Un­recht aus­zu­glei­chen, so sieht die zu­stän­di­ge Be­hör­de von ei­ner Straf­ver­fol­gung, ei­ner Über­wei­sung an das Ge­richt oder ei­ner Be­stra­fung ab, wenn:

a.
als Stra­fe ei­ne be­ding­te Frei­heits­s­tra­fe bis zu ei­nem Jahr, ei­ne be­ding­te Geld­stra­fe oder ei­ne Bus­se in Be­tracht kommt;
b.
das In­ter­es­se der Öf­fent­lich­keit und des Ge­schä­dig­ten an der Straf­ver­fol­gung ge­ring sind; und
c.
der Tä­ter den Sach­ver­halt ein­ge­stan­den hat.

40 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Än­de­rung der Wie­der­gut­ma­chungs­re­ge­lung, in Kraft seit 1. Ju­li 2019 (AS 2019 1809; BBl 2018 37574925).

Art. 54  

Be­trof­fen­heit des Tä­ters durch sei­ne Tat

 

Ist der Tä­ter durch die un­mit­tel­ba­ren Fol­gen sei­ner Tat so schwer be­trof­fen, dass ei­ne Stra­fe un­an­ge­mes­sen wä­re, so sieht die zu­stän­di­ge Be­hör­de von ei­ner Straf­ver­fol­gung, ei­ner Über­wei­sung an das Ge­richt oder ei­ner Be­stra­fung ab.

Art. 55  

2. Ge­mein­sa­me Be­stim­mun­gen

 

1 Das Ge­richt sieht bei der be­ding­ten Stra­fe vom Wi­der­ruf und bei der be­ding­ten Ent­las­sung von der Rück­ver­set­zung ab, wenn die Vor­aus­set­zun­gen der Straf­be­frei­ung ge­ge­ben sind.

2 Als zu­stän­di­ge Be­hör­den nach den Ar­ti­keln 52, 53 und 54 be­zeich­nen die Kan­to­ne Or­ga­ne der Straf­rechts­pfle­ge.

Art. 55a42  

3. Sis­tie­rung und Ein­stel­lung des Ver­fah­rens.

Ehe­gat­te, ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin, ein­ge­tra­ge­ner Part­ner oder Le­ben­s­part­ner als Op­fer

 

1Bei ein­fa­cher Kör­per­ver­let­zung (Art. 123 Ziff. 2 Abs. 3–5), wie­der­hol­ten Tät­lich­kei­ten (Art. 126 Abs. 2 Bst. b, bbis und c), Dro­hung (Art. 180 Abs. 2) und Nö­ti­gung (Art. 181) kann die Staats­an­walt­schaft oder das Ge­richt das Ver­fah­ren sis­tie­ren, wenn:43

a.44
das Op­fer:
1.
der Ehe­gat­te des Tä­ters ist und die Tat wäh­rend der Ehe oder in­ner­halb ei­nes Jah­res nach de­ren Schei­dung be­gan­gen wur­de, oder
2.
die ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin oder der ein­ge­tra­ge­ne Part­ner des Tä­ters ist und die Tat wäh­rend der Dau­er der ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaft oder in­ner­halb ei­nes Jah­res nach de­ren Auf­lö­sung be­gan­gen wur­de, oder
3.
der he­te­ro- oder ho­mo­se­xu­el­le Le­ben­s­part­ner be­zie­hungs­wei­se der noch nicht ein Jahr ge­trennt le­ben­de Ex-Le­ben­s­part­ner des Tä­ters ist; und
b.45
das Op­fer oder, falls die­ses nicht hand­lungs­fä­hig ist, sein ge­setz­li­cher Ver­tre­ter dar­um er­sucht; und
c.46
die Sis­tie­rung ge­eig­net er­scheint, die Si­tua­ti­on des Op­fers zu sta­bi­li­sie­ren oder zu ver­bes­sern.

2 Die Staats­an­walt­schaft oder das Ge­richt kann für die Zeit der Sis­tie­rung die be­schul­dig­te Per­son da­zu ver­pflich­ten, ein Lern­pro­gramm ge­gen Ge­walt zu be­su­chen. Die Staats­an­walt­schaft oder das Ge­richt in­for­miert die nach kan­to­na­lem Recht für Fäl­le häus­li­cher Ge­walt zu­stän­di­ge Stel­le über die ge­trof­fe­nen Mass­nah­men.47

3 Die Sis­tie­rung ist nicht zu­läs­sig, wenn:

a.
die be­schul­dig­te Per­son we­gen ei­nes Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens ge­gen Leib und Le­ben, ge­gen die Frei­heit oder ge­gen die se­xu­el­le In­te­gri­tät ver­ur­teilt wur­de;
b.
ge­gen sie ei­ne Stra­fe ver­hängt oder ei­ne Mass­nah­me an­ge­ord­net wur­de; und
c.
sich die straf­ba­re Hand­lung ge­gen ein Op­fer nach Ab­satz 1 Buch­sta­be a rich­te­te.48

4 Die Sis­tie­rung ist auf sechs Mo­na­te be­fris­tet. Die Staats­an­walt­schaft oder das Ge­richt nimmt das Ver­fah­ren wie­der an die Hand, wenn das Op­fer oder, falls die­ses nicht hand­lungs­fä­hig ist, sein ge­setz­li­cher Ver­tre­ter dies ver­langt oder sich her­aus­stellt, dass die Sis­tie­rung die Si­tua­ti­on des Op­fers we­der sta­bi­li­siert noch ver­bes­sert.49

5 Vor En­de der Sis­tie­rung nimmt die Staats­an­walt­schaft oder das Ge­richt ei­ne Be­ur­tei­lung vor. Hat sich die Si­tua­ti­on des Op­fers sta­bi­li­siert oder ver­bes­sert, so wird die Ein­stel­lung des Ver­fah­rens ver­fügt.50

42 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 3. Okt. 2003 (Straf­ver­fol­gung in der Ehe und in der Part­ner­schaft), in Kraft seit 1. April 2004 (AS 2004 1403; BBl 2003 19091937).

43 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 3 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

44 Fas­sung ge­mä­ss Art. 37 Ziff. 1 des Part­ner­schafts­ge­set­zes vom 18. Ju­ni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2005 5685; BBl 2003 1288).

45 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 3 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

46 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 3 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

47 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 3 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

48 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 3 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

49 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 3 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

50 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 3 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

Zweites Kapitel: Massnahmen

Erster Abschnitt: Therapeutische Massnahmen und Verwahrung

Art. 56  

1. Grund­sät­ze

 

1 Ei­ne Mass­nah­me ist an­zu­ord­nen, wenn:

a.
ei­ne Stra­fe al­lein nicht ge­eig­net ist, der Ge­fahr wei­te­rer Straf­ta­ten des Tä­ters zu be­geg­nen;
b.
ein Be­hand­lungs­be­dürf­nis des Tä­ters be­steht oder die öf­fent­li­che Si­cher­heit dies er­for­dert; und
c.
die Vor­aus­set­zun­gen der Ar­ti­kel 59–61, 63 oder 64 er­füllt sind.

2 Die An­ord­nung ei­ner Mass­nah­me setzt vor­aus, dass der mit ihr ver­bun­de­ne Ein­griff in die Per­sön­lich­keits­rech­te des Tä­ters im Hin­blick auf die Wahr­schein­lich­keit und Schwe­re wei­te­rer Straf­ta­ten nicht un­ver­hält­nis­mäs­sig ist.

3 Das Ge­richt stützt sich beim Ent­scheid über die An­ord­nung ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61, 63 und 64 so­wie bei der Än­de­rung der Sank­ti­on nach Ar­ti­kel 65 auf ei­ne sach­ver­stän­di­ge Be­gut­ach­tung. Die­se äus­sert sich über:

a.
die Not­wen­dig­keit und die Er­folgs­aus­sich­ten ei­ner Be­hand­lung des Tä­ters;
b.
die Art und die Wahr­schein­lich­keit wei­te­rer mög­li­cher Straf­ta­ten; und
c.
die Mög­lich­kei­ten des Voll­zugs der Mass­nah­me.

4 Hat der Tä­ter ei­ne Tat im Sin­ne von Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 be­gan­gen, so ist die Be­gut­ach­tung durch einen Sach­ver­stän­di­gen vor­zu­neh­men, der den Tä­ter we­der be­han­delt noch in an­de­rer Wei­se be­treut hat.

4bis Kommt die An­ord­nung der le­bens­läng­li­chen Ver­wah­rung nach Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1bis in Be­tracht, so stützt sich das Ge­richt beim Ent­scheid auf die Gut­ach­ten von min­des­tens zwei er­fah­re­nen und von­ein­an­der un­ab­hän­gi­gen Sach­ver­stän­di­gen, die den Tä­ter we­der behan­delt noch in an­de­rer Wei­se be­treut ha­ben.51

5 Das Ge­richt ord­net ei­ne Mass­nah­me in der Re­gel nur an, wenn ei­ne ge­eig­ne­te Ein­rich­tung zur Ver­fü­gung steht.

6 Ei­ne Mass­nah­me, für wel­che die Vor­aus­set­zun­gen nicht mehr er­füllt sind, ist auf­zu­he­ben.

51 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007 (Le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung ex­trem ge­fähr­li­cher Straf­tä­ter), in Kraft seit 1. Aug. 2008 (AS 2008 2961; BBl 2006 889).

Art. 56a  

Zu­sam­men­tref­fen von Mass­nah­men

 

1 Sind meh­re­re Mass­nah­men in glei­cher Wei­se ge­eig­net, ist aber nur ei­ne not­wen­dig, so ord­net das Ge­richt die­je­ni­ge an, die den Tä­ter am we­nigs­ten be­schwert.

2 Sind meh­re­re Mass­nah­men not­wen­dig, so kann das Ge­richt die­se zu­sam­men an­ord­nen.

Art. 57  

Ver­hält­nis der Mass­nah­men zu den Stra­fen

 

1 Sind die Vor­aus­set­zun­gen so­wohl für ei­ne Stra­fe wie für ei­ne Mass­nah­me er­füllt, so ord­net das Ge­richt bei­de Sank­tio­nen an.

2 Der Voll­zug ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61 geht ei­ner zu­gleich aus­ge­spro­che­nen so­wie ei­ner durch Wi­der­ruf oder Rück­ver­set­zung voll­zieh­ba­ren Frei­heits­s­tra­fe vor­aus. Eben­so geht die Rück­ver­set­zung in ei­ne Mass­nah­me nach Ar­ti­kel 62a ei­ner zu­gleich aus­ge­spro­che­nen Ge­samt­stra­fe vor­aus.

3 Der mit der Mass­nah­me ver­bun­de­ne Frei­heits­ent­zug ist auf die Stra­fe an­zu­rech­nen.

Art. 58  

Voll­zug

 

152

2 Die the­ra­peu­ti­schen Ein­rich­tun­gen im Sin­ne der Ar­ti­kel 59–61 sind vom Straf­voll­zug ge­trennt zu füh­ren.

52 Auf­ge­ho­ben durch An­hang 1 Ziff. II 8 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

Art. 59  

2. Sta­tio­näre the­ra­peu­ti­sche Mass­nah­men.

Be­hand­lung von psy­chi­schen Stö­run­gen

 

1 Ist der Tä­ter psy­chisch schwer ge­stört, so kann das Ge­richt ei­ne sta­tio­näre Be­hand­lung an­ord­nen, wenn:

a.
der Tä­ter ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­gan­gen hat, das mit sei­ner psy­chi­schen Stö­rung in Zu­sam­men­hang steht; und
b.
zu er­war­ten ist, da­durch las­se sich der Ge­fahr wei­te­rer mit sei­ner psy­chi­schen Stö­rung in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ta­ten be­geg­nen.

2 Die sta­tio­näre Be­hand­lung er­folgt in ei­ner ge­eig­ne­ten psych­ia­tri­schen Ein­rich­tung oder ei­ner Mass­nah­me­voll­zug­s­ein­rich­tung.

3 So­lan­ge die Ge­fahr be­steht, dass der Tä­ter flieht oder wei­te­re Straf­ta­ten be­geht, wird er in ei­ner ge­schlos­se­nen Ein­rich­tung be­han­delt. Er kann auch in ei­ner Straf­an­stalt nach Ar­ti­kel 76 Ab­satz 2 be­han­delt wer­den, so­fern die nö­ti­ge the­ra­peu­ti­sche Be­hand­lung durch Fach­per­so­nal ge­währ­leis­tet ist.53

4 Der mit der sta­tio­nären Be­hand­lung ver­bun­de­ne Frei­heits­ent­zug be­trägt in der Re­gel höchs­tens fünf Jah­re. Sind die Vor­aus­set­zun­gen für die be­ding­te Ent­las­sung nach fünf Jah­ren noch nicht ge­ge­ben und ist zu er­war­ten, durch die Fort­füh­rung der Mass­nah­me las­se sich der Ge­fahr wei­te­rer mit der psy­chi­schen Stö­rung des Tä­ters in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ver­bre­chen und Ver­ge­hen be­geg­nen, so kann das Ge­richt auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de die Ver­län­ge­rung der Mass­nah­me um je­weils höchs­tens fünf Jah­re an­ord­nen.

53 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

Art. 60  

Sucht­be­hand­lung

 

1 Ist der Tä­ter von Sucht­stof­fen oder in an­de­rer Wei­se ab­hän­gig, so kann das Ge­richt ei­ne sta­tio­näre Be­hand­lung an­ord­nen, wenn:

a.
der Tä­ter ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­gan­gen hat, das mit sei­ner Ab­hän­gig­keit in Zu­sam­men­hang steht; und
b.
zu er­war­ten ist, da­durch las­se sich der Ge­fahr wei­te­rer mit der Ab­hän­gig­keit in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ta­ten be­geg­nen.

2 Das Ge­richt trägt dem Be­hand­lungs­ge­such und der Be­hand­lungs­be­reit­schaft des Tä­ters Rech­nung.

3 Die Be­hand­lung er­folgt in ei­ner spe­zia­li­sier­ten Ein­rich­tung oder, wenn nö­tig, in ei­ner psych­ia­tri­schen Kli­nik. Sie ist den be­son­de­ren Be­dürf­nis­sen des Tä­ters und sei­ner Ent­wick­lung an­zu­pas­sen.

4 Der mit der sta­tio­nären Be­hand­lung ver­bun­de­ne Frei­heits­ent­zug be­trägt in der Re­gel höchs­tens drei Jah­re. Sind die Vor­aus­set­zun­gen für die be­ding­te Ent­las­sung nach drei Jah­ren noch nicht ge­ge­ben und ist zu er­war­ten, durch die Fort­füh­rung der Mass­nah­me las­se sich der Ge­fahr wei­te­rer mit der Ab­hän­gig­keit des Tä­ters in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ver­bre­chen und Ver­ge­hen be­geg­nen, so kann das Ge­richt auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de die Ver­län­ge­rung der Mass­nah­me ein­mal um ein wei­te­res Jahr an­ord­nen. Der mit der Mass­nah­me ver­bun­de­ne Frei­heits­ent­zug darf im Fal­le der Ver­län­ge­rung und der Rück­ver­set­zung nach der be­ding­ten Ent­las­sung die Höchst­dau­er von ins­ge­samt sechs Jah­ren nicht über­schrei­ten.

Art. 61  

Mass­nah­men für jun­ge Er­wach­se­ne

 

1 War der Tä­ter zur Zeit der Tat noch nicht 25 Jah­re alt und ist er in sei­ner Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung er­heb­lich ge­stört, so kann ihn das Ge­richt in ei­ne Ein­rich­tung für jun­ge Er­wach­se­ne ein­wei­sen, wenn:

a.
der Tä­ter ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­gan­gen hat, das mit der Stö­rung sei­ner Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung in Zu­sam­men­hang steht; und
b.
zu er­war­ten ist, da­durch las­se sich der Ge­fahr wei­te­rer mit der Stö­rung sei­ner Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ta­ten be­geg­nen.

2 Die Ein­rich­tun­gen für jun­ge Er­wach­se­ne sind von den üb­ri­gen An­stal­ten und Ein­rich­tun­gen die­ses Ge­set­zes ge­trennt zu füh­ren.

3 Dem Tä­ter sol­len die Fä­hig­kei­ten ver­mit­telt wer­den, selbst­ver­ant­wort­lich und straf­frei zu le­ben. Ins­be­son­de­re ist sei­ne be­ruf­li­che Aus- und Wei­ter­bil­dung zu för­dern.

4 Der mit der Mass­nah­me ver­bun­de­ne Frei­heits­ent­zug be­trägt höchs­tens vier Jah­re. Er darf im Fal­le der Rück­ver­set­zung nach be­ding­ter Ent­las­sung die Höchst­dau­er von ins­ge­samt sechs Jah­ren nicht über­schrei­ten. Die Mass­nah­me ist spä­tes­tens dann auf­zu­he­ben, wenn der Tä­ter das 30. Al­ters­jahr vollen­det hat.

5 Wur­de der Tä­ter auch we­gen ei­ner vor dem 18. Al­ters­jahr be­gan­ge­nen Tat ver­ur­teilt, so kann die Mass­nah­me in ei­ner Ein­rich­tung für Ju­gend­li­che voll­zo­gen wer­den.

Art. 62  

Be­ding­te Ent­las­sung

 

1 Der Tä­ter wird aus dem sta­tio­nären Voll­zug der Mass­nah­me be­dingt ent­las­sen, so­bald sein Zu­stand es recht­fer­tigt, dass ihm Ge­le­gen­heit ge­ge­ben wird, sich in der Frei­heit zu be­wäh­ren.

2 Bei der be­ding­ten Ent­las­sung aus ei­ner Mass­nah­me nach Ar­ti­kel 59 be­trägt die Pro­be­zeit ein bis fünf Jah­re, bei der be­ding­ten Ent­las­sung aus ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 60 und 61 ein bis drei Jah­re.

3 Der be­dingt Ent­las­se­ne kann ver­pflich­tet wer­den, sich wäh­rend der Pro­be­zeit am­bu­lant be­han­deln zu las­sen. Die Voll­zugs­be­hör­de kann für die Dau­er der Pro­be­zeit Be­wäh­rungs­hil­fe an­ord­nen und Wei­sun­gen er­tei­len.

4 Er­scheint bei Ab­lauf der Pro­be­zeit ei­ne Fort­füh­rung der am­bu­lan­ten Be­hand­lung, der Be­wäh­rungs­hil­fe oder der Wei­sun­gen not­wen­dig, um der Ge­fahr wei­te­rer mit dem Zu­stand des be­dingt Ent­las­se­nen in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ver­bre­chen und Ver­ge­hen zu be­geg­nen, so kann das Ge­richt auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de die Pro­be­zeit wie folgt ver­län­gern:

a.
bei der be­ding­ten Ent­las­sung aus ei­ner Mass­nah­me nach Ar­ti­kel 59 je­weils um ein bis fünf Jah­re;
b.
bei der be­ding­ten Ent­las­sung aus ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 60 und 61 um ein bis drei Jah­re.

5 Die Pro­be­zeit nach der be­ding­ten Ent­las­sung aus ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 60 und 61 darf ins­ge­samt höchs­tens sechs Jah­re dau­ern.

6 Hat der Tä­ter ei­ne Straf­tat im Sin­ne von Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 be­gan­gen, so kann die Pro­be­zeit so oft ver­län­gert wer­den, als dies not­wen­dig er­scheint, um wei­te­re Straf­ta­ten die­ser Art zu ver­hin­dern.

Art. 62a  

Nicht­be­wäh­rung

 

1 Be­geht der be­dingt Ent­las­se­ne wäh­rend der Pro­be­zeit ei­ne Straf­tat und zeigt er da­mit, dass die Ge­fahr, der die Mass­nah­me be­geg­nen soll, fort­be­steht, so kann das für die Be­ur­tei­lung der neu­en Tat zu­stän­di­ge Ge­richt nach An­hö­rung der Voll­zugs­be­hör­de:

a.
die Rück­ver­set­zung an­ord­nen;
b.
die Mass­nah­me auf­he­ben und, so­fern die Vor­aus­set­zun­gen da­zu er­füllt sind, ei­ne neue Mass­nah­me an­ord­nen; oder
c.
die Mass­nah­me auf­he­ben und, so­fern die Vor­aus­set­zun­gen da­zu er­füllt sind, den Voll­zug ei­ner Frei­heits­s­tra­fe an­ord­nen.

2 Sind auf Grund der neu­en Straf­tat die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne un­be­ding­te Frei­heits­s­tra­fe er­füllt und trifft die­se mit ei­ner zu Guns­ten der Mass­nah­me auf­ge­scho­be­nen Frei­heits­s­tra­fe zu­sam­men, so spricht das Ge­richt in An­wen­dung von Ar­ti­kel 49 ei­ne Ge­samt­stra­fe aus.

3 Ist auf Grund des Ver­hal­tens des be­dingt Ent­las­se­nen wäh­rend der Pro­be­zeit ernst­haft zu er­war­ten, dass er ei­ne Tat im Sin­ne von Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 be­ge­hen könn­te, so kann das Ge­richt, das die Mass­nah­me an­ge­ord­net hat, auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de die Rück­ver­set­zung an­ord­nen.

4 Die Rück­ver­set­zung dau­ert für die Mass­nah­me nach Ar­ti­kel 59 höchs­tens fünf Jah­re, für die Mass­nah­men nach den Ar­ti­keln 60 und 61 höchs­tens zwei Jah­re.

5 Sieht das Ge­richt von ei­ner Rück­ver­set­zung oder ei­ner neu­en Mass­nah­me ab, so kann es:

a.
den be­dingt Ent­las­se­nen ver­war­nen;
b.
ei­ne am­bu­lan­te Be­hand­lung oder Be­wäh­rungs­hil­fe an­ord­nen;
c.
dem be­dingt Ent­las­se­nen Wei­sun­gen er­tei­len; und
d.
die Pro­be­zeit bei ei­ner Mass­nah­me nach Ar­ti­kel 59 um ein bis fünf Ja­hre, bei ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 60 und 61 um ein bis drei Jah­re ver­län­gern.

6 Ent­zieht sich der be­dingt Ent­las­se­ne der Be­wäh­rungs­hil­fe oder miss­ach­tet er die Wei­sun­gen, so ist Ar­ti­kel 95 Ab­sät­ze 3–5 an­wend­bar.

Art. 62b  

End­gül­ti­ge Ent­las­sung

 

1 Hat sich der be­dingt Ent­las­se­ne bis zum Ab­lauf der Pro­be­zeit be­währt, so ist er end­gül­tig ent­las­sen.

2 Der Tä­ter wird end­gül­tig ent­las­sen, wenn die Höchst­dau­er ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 60 und 61 er­reicht wur­de und die Vor­aus­set­zun­gen für die be­ding­te Ent­las­sung ein­ge­tre­ten sind.

3 Ist der mit der Mass­nah­me ver­bun­de­ne Frei­heits­ent­zug kür­zer als die auf­ge­scho­be­ne Frei­heits­s­tra­fe, so wird die Rest­stra­fe nicht mehr voll­zo­gen.

Art. 62c  

Auf­he­bung der Mass­nah­me

 

1 Die Mass­nah­me wird auf­ge­ho­ben, wenn:

a.
de­ren Durch- oder Fort­füh­rung als aus­sichts­los er­scheint;
b.
die Höchst­dau­er nach den Ar­ti­keln 60 und 61 er­reicht wur­de und die Vor­aus­set­zun­gen für die be­ding­te Ent­las­sung nicht ein­ge­tre­ten sind; oder
c.
ei­ne ge­eig­ne­te Ein­rich­tung nicht oder nicht mehr exis­tiert.

2 Ist der mit der Mass­nah­me ver­bun­de­ne Frei­heits­ent­zug kür­zer als die auf­ge­scho­be­ne Frei­heits­s­tra­fe, so wird die Rest­stra­fe voll­zo­gen. Lie­gen in Be­zug auf die Rest­stra­fe die Vor­aus­set­zun­gen der be­ding­ten Ent­las­sung oder der be­ding­ten Frei­heits­s­tra­fe vor, so ist der Voll­zug auf­zu­schie­ben.

3 An Stel­le des Straf­voll­zugs kann das Ge­richt ei­ne an­de­re Mass­nah­me an­ord­nen, wenn zu er­war­ten ist, da­durch las­se sich der Ge­fahr wei­te­rer mit dem Zu­stand des Tä­ters in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ver­bre­chen und Ver­ge­hen be­geg­nen.

4 Ist bei Auf­he­bung ei­ner Mass­nah­me, die auf Grund ei­ner Straf­tat nach Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 an­ge­ord­net wur­de, ernst­haft zu er­war­ten, dass der Tä­ter wei­te­re Ta­ten die­ser Art be­geht, so kann das Ge­richt auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de die Ver­wah­rung an­ord­nen.

5 Hält die zu­stän­di­ge Be­hör­de bei Auf­he­bung der Mass­nah­me ei­ne Mass­nah­me des Er­wach­se­nen­schut­zes für an­ge­zeigt, so teilt sie dies der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de mit.54

6 Das Ge­richt kann fer­ner ei­ne sta­tio­näre the­ra­peu­ti­sche Mass­nah­me vor oder wäh­rend ih­res Voll­zugs auf­he­ben und an de­ren Stel­le ei­ne an­de­re sta­tio­näre the­ra­peu­ti­sche Mass­nah­me an­ord­nen, wenn zu er­war­ten ist, mit der neu­en Mass­nah­me las­se sich der Ge­fahr wei­te­rer mit dem Zu­stand des Tä­ters in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ver­bre­chen und Ver­ge­hen of­fen­sicht­lich bes­ser be­geg­nen.

54 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 14 des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 20067001).

Art. 62d  

Prü­fung der Ent­las­sung und der Auf­he­bung

 

1 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de prüft auf Ge­such hin oder von Am­tes we­gen, ob und wann der Tä­ter aus dem Voll­zug der Mass­nah­me be­dingt zu ent­las­sen oder die Mass­nah­me auf­zu­he­ben ist. Sie be­schliesst dar­über min­des­tens ein­mal jähr­lich. Vor­her hört sie den Ein­ge­wie­se­nen an und holt einen Be­richt der Lei­tung der Voll­zug­s­ein­rich­tung ein.

2 Hat der Tä­ter ei­ne Tat im Sin­ne von Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 be­gan­gen, so be­schliesst die zu­stän­di­ge Be­hör­de ge­stützt auf das Gut­ach­ten ei­nes un­ab­hän­gi­gen Sach­ver­stän­di­gen und nach An­hö­rung ei­ner Kom­mis­si­on aus Ver­tre­tern der Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den, der Voll­zugs­be­hör­den so­wie der Psych­ia­trie. Sach­ver­stän­di­ge und Ver­tre­ter der Psych­ia­trie dür­fen den Tä­ter nicht be­han­delt oder in an­de­rer Wei­se be­treut ha­ben.

Art. 63  

3. Am­bu­lan­te Be­hand­lung.

Vor­aus­set­zun­gen und Voll­zug

 

1 Ist der Tä­ter psy­chisch schwer ge­stört, ist er von Sucht­stof­fen oder in an­de­rer Wei­se ab­hän­gig, so kann das Ge­richt an­ord­nen, dass er nicht sta­tio­när, son­dern am­bu­lant be­han­delt wird, wenn:

a.
der Tä­ter ei­ne mit Stra­fe be­droh­te Tat ver­übt, die mit sei­nem Zu­stand in Zu­sam­men­hang steht; und
b.
zu er­war­ten ist, da­durch las­se sich der Ge­fahr wei­te­rer mit dem Zu­stand des Tä­ters in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ta­ten be­geg­nen.

2 Das Ge­richt kann den Voll­zug ei­ner zu­gleich aus­ge­spro­che­nen un­be­ding­ten Frei­heits­s­tra­fe, ei­ner durch Wi­der­ruf voll­zieh­bar er­klär­ten Frei­heits­s­tra­fe so­wie ei­ner durch Rück­ver­set­zung voll­zieh­bar ge­wor­de­nen Rest­stra­fe zu Guns­ten ei­ner am­bu­lan­ten Be­hand­lung auf­schie­ben, um der Art der Be­hand­lung Rech­nung zu tra­gen. Es kann für die Dau­er der Be­hand­lung Be­wäh­rungs­hil­fe an­ord­nen und Wei­sun­gen er­tei­len.

3 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de kann ver­fü­gen, dass der Tä­ter vor­über­ge­hend sta­tio­när be­han­delt wird, wenn dies zur Ein­lei­tung der am­bu­lan­ten Be­hand­lung ge­bo­ten ist. Die sta­tio­näre Be­hand­lung darf ins­ge­samt nicht län­ger als zwei Mo­na­te dau­ern.

4 Die am­bu­lan­te Be­hand­lung darf in der Re­gel nicht län­ger als fünf Jah­re dau­ern. Er­scheint bei Er­rei­chen der Höchst­dau­er ei­ne Fort­füh­rung der am­bu­lan­ten Be­hand­lung not­wen­dig, um der Ge­fahr wei­te­rer mit ei­ner psy­chi­schen Stö­rung in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ver­bre­chen und Ver­ge­hen zu be­geg­nen, so kann das Ge­richt auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de die Be­hand­lung um je­weils ein bis fünf Jah­re ver­län­gern.

Art. 63a  

Auf­he­bung der Mass­nah­me

 

1 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de prüft min­des­tens ein­mal jähr­lich, ob die am­bu­lan­te Be­hand­lung fort­zu­set­zen oder auf­zu­he­ben ist. Sie hört vor­her den Tä­ter an und holt einen Be­richt des The­ra­peu­ten ein.

2 Die am­bu­lan­te Be­hand­lung wird durch die zu­stän­di­ge Be­hör­de auf­ge­ho­ben, wenn:

a.
sie er­folg­reich ab­ge­schlos­sen wur­de;
b.
de­ren Fort­füh­rung als aus­sichts­los er­scheint; oder
c.
die ge­setz­li­che Höchst­dau­er für die Be­hand­lung von Al­ko­hol‑, Be­täu­bungs­mit­tel- oder Arz­nei­mit­tel­ab­hän­gi­gen er­reicht ist.

3 Be­geht der Tä­ter wäh­rend der am­bu­lan­ten Be­hand­lung ei­ne Straf­tat und zeigt er da­mit, dass mit die­ser Be­hand­lung die Ge­fahr wei­te­rer mit dem Zu­stand des Tä­ters in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ta­ten vor­aus­sicht­lich nicht ab­ge­wen­det wer­den kann, so wird die er­folg­lo­se am­bu­lan­te Be­hand­lung durch das für die Be­ur­tei­lung der neu­en Tat zu­stän­di­ge Ge­richt auf­ge­ho­ben.

4 Ent­zieht sich der Tä­ter der Be­wäh­rungs­hil­fe oder miss­ach­tet er die Wei­sun­gen, so ist Ar­ti­kel 95 Ab­sät­ze 3–5 an­wend­bar.

Art. 63b  

Voll­zug der auf­ge­scho­be­nen Frei­heits­s­tra­fe

 

1 Ist die am­bu­lan­te Be­hand­lung er­folg­reich ab­ge­schlos­sen, so wird die auf­ge­scho­be­ne Frei­heits­s­tra­fe nicht mehr voll­zo­gen.

2 Wird die am­bu­lan­te Be­hand­lung we­gen Aus­sichts­lo­sig­keit (Art. 63a Abs. 2 Bst. b), Er­rei­chen der ge­setz­li­chen Höchst­dau­er (Art. 63a Abs. 2 Bst. c) oder Er­folg­lo­sig­keit (Art. 63a Abs. 3) auf­ge­ho­ben, so ist die auf­ge­scho­be­ne Frei­heits­s­tra­fe zu voll­zie­hen.

3 Er­scheint die in Frei­heit durch­ge­führ­te am­bu­lan­te Be­hand­lung für Drit­te als ge­fähr­lich, so wird die auf­ge­scho­be­ne Frei­heits­s­tra­fe voll­zo­gen und die am­bu­lan­te Be­hand­lung wäh­rend des Voll­zugs der Frei­heits­s­tra­fe wei­ter­ge­führt.

4 Das Ge­richt ent­schei­det dar­über, in­wie­weit der mit der am­bu­lan­ten Be­hand­lung ver­bun­de­ne Frei­heits­ent­zug auf die Stra­fe an­ge­rech­net wird. Lie­gen in Be­zug auf die Rest­stra­fe die Vor­aus­set­zun­gen der be­ding­ten Ent­las­sung oder der be­ding­ten Frei­heits­s­tra­fe vor, so schiebt es den Voll­zug auf.

5 An Stel­le des Straf­voll­zugs kann das Ge­richt ei­ne sta­tio­näre the­ra­peu­ti­sche Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61 an­ord­nen, wenn zu er­war­ten ist, da­durch las­se sich der Ge­fahr wei­te­rer, mit dem Zu­stand des Tä­ters in Zu­sam­men­hang ste­hen­der Ver­bre­chen und Ver­ge­hen be­geg­nen.

Art. 64  

4. Ver­wah­rung.

Vor­aus­set­zun­gen und Voll­zug

 

1 Das Ge­richt ord­net die Ver­wah­rung an, wenn der Tä­ter einen Mord, ei­ne vor­sätz­li­che Tö­tung, ei­ne schwe­re Kör­per­ver­let­zung, ei­ne Ver­ge­wal­ti­gung, einen Raub, ei­ne Gei­sel­nah­me, ei­ne Brand­stif­tung, ei­ne Ge­fähr­dung des Le­bens oder ei­ne an­de­re mit ei­ner Höchst­stra­fe von fünf oder mehr Jah­ren be­droh­te Tat be­gan­gen hat, durch die er die phy­si­sche, psy­chi­sche oder se­xu­el­le In­te­gri­tät ei­ner an­dern Per­son schwer be­ein­träch­tigt hat oder be­ein­träch­ti­gen woll­te, und wenn:55

a.
auf Grund der Per­sön­lich­keits­merk­ma­le des Tä­ters, der Tat­um­stän­de und sei­ner ge­sam­ten Le­ben­sum­stän­de ernst­haft zu er­war­ten ist, dass er wei­te­re Ta­ten die­ser Art be­geht; oder
b.
auf Grund ei­ner an­hal­ten­den oder lang­dau­ern­den psy­chi­schen Stö­rung von er­heb­li­cher Schwe­re, mit der die Tat in Zu­sam­men­hang stand, ernst­haft zu er­war­ten ist, dass der Tä­ter wei­te­re Ta­ten die­ser Art be­geht und die An­ord­nung ei­ner Mass­nah­me nach Ar­ti­kel 59 kei­nen Er­folg ver­spricht.

1bis Das Ge­richt ord­net die le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung an, wenn der Tä­ter einen Mord, ei­ne vor­sätz­li­che Tö­tung, ei­ne schwe­re Kör­per­ver­let­zung, einen Raub, ei­ne Ver­ge­wal­ti­gung, ei­ne se­xu­el­le Nö­ti­gung, ei­ne Frei­heits­be­rau­bung oder Ent­füh­rung, ei­ne Gei­sel­nah­me, ein Ver­schwin­den­las­sen, Men­schen­han­del, Völ­ker­mord, ein Ver­bre­chen ge­gen die Mensch­lich­keit oder ein Kriegs­ver­bre­chen (Zwölf­ter Ti­telter) be­gan­gen hat und wenn die fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind:56

a.
Der Tä­ter hat mit dem Ver­bre­chen die phy­si­sche, psy­chi­sche oder se­xu­el­le In­te­gri­tät ei­ner an­de­ren Per­son be­son­ders schwer be­ein­träch­tigt oder be­ein­träch­ti­gen wol­len.
b.
Beim Tä­ter be­steht ei­ne sehr ho­he Wahr­schein­lich­keit, dass er er­neut ei­nes die­ser Ver­bre­chen be­geht.
c.
Der Tä­ter wird als dau­er­haft nicht the­ra­pier­bar ein­ge­stuft, weil die Be­hand­lung lang­fris­tig kei­nen Er­folg ver­spricht.57

2 Der Voll­zug der Frei­heits­s­tra­fe geht der Ver­wah­rung vor­aus. Die Be­stim­mun­gen über die be­ding­te Ent­las­sung aus der Frei­heits­s­tra­fe (Art. 86–88) sind nicht an­wend­bar.58

3 Ist schon wäh­rend des Voll­zugs der Frei­heits­s­tra­fe zu er­war­ten, dass der Tä­ter sich in Frei­heit be­währt, so ver­fügt das Ge­richt die be­ding­te Ent­las­sung aus der Frei­heits­s­tra­fe frü­he­s­tens auf den Zeit­punkt hin, an wel­chem der Tä­ter zwei Drit­tel der Frei­heits­s­tra­fe oder 15 Jah­re der le­bens­läng­li­chen Frei­heits­s­tra­fe ver­büsst hat. Zu­stän­dig ist das Ge­richt, das die Ver­wah­rung an­ge­ord­net hat. Im Üb­ri­gen ist Ar­ti­kel 64a an­wend­bar.59

4 Die Ver­wah­rung wird in ei­ner Mass­nah­me­voll­zug­s­ein­rich­tung oder in ei­ner Straf­an­stalt nach Ar­ti­kel 76 Ab­satz 2 voll­zo­gen. Die öf­fent­li­che Si­cher­heit ist zu ge­währ­leis­ten. Der Tä­ter wird psych­ia­trisch be­treut, wenn dies not­wen­dig ist.

55 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

56 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 2 Ziff. 1 des BB vom 18. Dez. 2015 über die Ge­neh­mi­gung und die Um­set­zung des In­ter­na­tio­na­len Über­ein­kom­mens zum Schutz al­ler Per­so­nen vor dem Ver­schwin­den­las­sen, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4687; BBl 2014 453).

57 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007 (Le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung ex­trem ge­fähr­li­cher Straf­tä­ter), in Kraft seit 1. Aug. 2008 (AS 2008 2961; BBl 2006 889).

58 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

59 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

Art. 64a  

Auf­he­bung und Ent­las­sung

 

1 Der Tä­ter wird aus der Ver­wah­rung nach Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 be­dingt ent­las­sen, so­bald zu er­war­ten ist, dass er sich in der Frei­heit be­währt.60 Die Pro­be­zeit be­trägt zwei bis fünf Jah­re. Für die Dau­er der Pro­be­zeit kann Be­wäh­rungs­hil­fe an­ge­ord­net und kön­nen Wei­sun­gen er­teilt wer­den.

2 Er­scheint bei Ab­lauf der Pro­be­zeit ei­ne Fort­füh­rung der Be­wäh­rungs­hil­fe oder der Wei­sun­gen als not­wen­dig, um der Ge­fahr wei­te­rer Straf­ta­ten im Sin­ne von Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 zu be­geg­nen, so kann das Ge­richt auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de die Pro­be­zeit je­weils um wei­te­re zwei bis fünf Jah­re ver­län­gern.

3 Ist auf Grund des Ver­hal­tens des be­dingt Ent­las­se­nen wäh­rend der Pro­be­zeit ernst­haft zu er­war­ten, dass er wei­te­re Straf­ta­ten im Sin­ne von Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 be­ge­hen könn­te, so ord­net das Ge­richt auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de die Rück­ver­set­zung an.

4 Ent­zieht sich der be­dingt Ent­las­se­ne der Be­wäh­rungs­hil­fe oder miss­ach­tet er die Wei­sun­gen, so ist Ar­ti­kel 95 Ab­sät­ze 3–5 an­wend­bar.

5 Hat sich der be­dingt Ent­las­se­ne bis zum Ab­lauf der Pro­be­zeit be­währt, so ist er end­gül­tig ent­las­sen.

60 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007 (Le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung ex­trem ge­fähr­li­cher Straf­tä­ter), in Kraft seit 1. Aug. 2008 (AS 2008 2961; BBl 2006 889).

Art. 64b61  

Prü­fung der Ent­las­sung

 

1 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de prüft auf Ge­such hin oder von Am­tes we­gen:

a.
min­des­tens ein­mal jähr­lich, und erst­mals nach Ab­lauf von zwei Jah­ren, ob und wann der Tä­ter aus der Ver­wah­rung be­dingt ent­las­sen wer­den kann (Art. 64a Abs. 1);
b.
min­des­tens al­le zwei Jah­re, und erst­mals vor An­tritt der Ver­wah­rung, ob die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne sta­tio­näre the­ra­peu­ti­sche Be­hand­lung ge­ge­ben sind und beim zu­stän­di­gen Ge­richt ent­spre­chend An­trag ge­stellt wer­den soll (Art. 65 Abs. 1).

2 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de trifft die Ent­schei­de nach Ab­satz 1 ge­stützt auf:

a.
einen Be­richt der An­stalts­lei­tung;
b.
ei­ne un­ab­hän­gi­ge sach­ver­stän­di­ge Be­gut­ach­tung im Sin­ne von Ar­ti­kel 56 Ab­satz 4;
c.
die An­hö­rung ei­ner Kom­mis­si­on nach Ar­ti­kel 62d Ab­satz 2;
d.
die An­hö­rung des Tä­ters.

61 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

Art. 64c62  

Prü­fung der Ent­las­sung aus der le­bens­läng­li­chen Ver­wah­rung und be­ding­te Ent­las­sung

 

1 Bei le­bens­läng­li­cher Ver­wah­rung nach Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1bis prüft die zu­stän­di­ge Be­hör­de von Am­tes we­gen oder auf Ge­such hin, ob neue, wis­sen­schaft­li­che Er­kennt­nis­se vor­lie­gen, die er­war­ten las­sen, dass der Tä­ter so be­han­delt wer­den kann, dass er für die Öf­fent­lich­keit kei­ne Ge­fahr mehr dar­stellt. Sie ent­schei­det ge­stützt auf den Be­richt der Eid­ge­nös­si­schen Fach­kom­mis­si­on zur Be­ur­tei­lung der Be­han­del­bar­keit le­bens­läng­lich ver­wahr­ter Straf­tä­ter.

2 Kommt die zu­stän­di­ge Be­hör­de zum Schluss, der Tä­ter kön­ne be­han­delt wer­den, so bie­tet sie ihm ei­ne Be­hand­lung an. Die­se wird in ei­ner ge­schlos­se­nen Ein­rich­tung vor­ge­nom­men. Bis zur Auf­he­bung der le­bens­läng­li­chen Ver­wah­rung nach Ab­satz 3 blei­ben die Be­stim­mun­gen über den Voll­zug der le­bens­läng­li­chen Ver­wah­rung an­wend­bar.

3 Zeigt die Be­hand­lung, dass sich die Ge­fähr­lich­keit des Tä­ters er­heb­lich ver­rin­gert hat und so weit ver­rin­gern lässt, dass er für die Öf­fent­lich­keit kei­ne Ge­fahr mehr dar­stellt, so hebt das Ge­richt die le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung auf und ord­net ei­ne sta­tio­näre the­ra­peu­ti­sche Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61 in ei­ner ge­schlos­se­nen Ein­rich­tung an.

4 Das Ge­richt kann den Tä­ter aus der le­bens­läng­li­chen Ver­wah­rung be­dingt ent­las­sen, wenn er in­fol­ge ho­hen Al­ters, schwe­rer Krank­heit oder aus ei­nem an­dern Grund für die Öf­fent­lich­keit kei­ne Ge­fahr mehr dar­stellt. Die be­ding­te Ent­las­sung rich­tet sich nach Ar­ti­kel 64a.

5 Zu­stän­dig für die Auf­he­bung der le­bens­läng­li­chen Ver­wah­rung und für die be­ding­te Ent­las­sung ist das Ge­richt, das die le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung an­ge­ord­net hat. Es ent­schei­det ge­stützt auf die Gut­ach­ten von min­des­tens zwei er­fah­re­nen und von­ein­an­der un­ab­hän­gi­gen Sach­ver­stän­di­gen, die den Tä­ter we­der be­han­delt noch in an­de­rer Wei­se be­treut ha­ben.

6 Die Ab­sät­ze 1 und 2 gel­ten auch wäh­rend des Voll­zugs der Frei­heits­s­tra­fe, wel­cher der le­bens­läng­li­chen Ver­wah­rung vor­aus­geht. Die le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung wird frü­he­s­tens ge­mä­ss Ab­satz 3 auf­ge­ho­ben, wenn der Tä­ter zwei Drit­tel der Stra­fe oder 15 Jah­re der le­bens­läng­li­chen Stra­fe ver­büsst hat.

62 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007 (Le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung ex­trem ge­fähr­li­cher Straf­tä­ter), in Kraft seit 1. Aug. 2008 (AS 2008 2961; BBl 2006 889).

Art. 65  

5. Än­de­rung der Sank­ti­on

 

1 Sind bei ei­nem Ver­ur­teil­ten vor oder wäh­rend des Voll­zu­ges ei­ner Frei­heits­s­tra­fe oder ei­ner Ver­wah­rung nach Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner sta­tio­nären the­ra­peu­ti­schen Mass­nah­me ge­ge­ben, so kann das Ge­richt die­se Mass­nah­me nach­träg­lich an­ord­nen.63 Zu­stän­dig ist das Ge­richt, das die Stra­fe aus­ge­spro­chen oder die Ver­wah­rung an­ge­ord­net hat. Der Voll­zug ei­ner Rest­stra­fe wird auf­ge­scho­ben.

2 Er­gibt sich bei ei­nem Ver­ur­teil­ten wäh­rend des Voll­zu­ges der Frei­heits­s­tra­fe auf­grund neu­er Tat­sa­chen oder Be­weis­mit­tel, dass die Vor­aus­set­zun­gen der Ver­wah­rung ge­ge­ben sind und im Zeit­punkt der Ver­ur­tei­lung be­reits be­stan­den ha­ben, oh­ne dass das Ge­richt da­von Kennt­nis ha­ben konn­te, so kann das Ge­richt die Ver­wah­rung nach­träg­lich an­ord­nen. Zu­stän­dig­keit und Ver­fah­ren be­stim­men sich nach den Re­geln, die für die Wie­der­auf­nah­me gel­ten.64

63 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007 (Le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung ex­trem ge­fähr­li­cher Straf­tä­ter), in Kraft seit 1. Aug. 2008 (AS 2008 2961; BBl 2006 889).

64 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

Zweiter Abschnitt: Andere Massnahmen

Art. 66  

1. Frie­dens­bürg­schaft

 

1 Be­steht die Ge­fahr, dass je­mand ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen aus­füh­ren wird, mit dem er ge­droht hat, oder legt je­mand, der we­gen ei­nes Ver­bre­chens oder ei­nes Ver­ge­hens ver­ur­teilt wird, die be­stimm­te Ab­sicht an den Tag, die Tat zu wie­der­ho­len, so kann ihm das Ge­richt auf An­trag des Be­droh­ten das Ver­spre­chen ab­neh­men, die Tat nicht aus­zu­füh­ren, und ihn an­hal­ten, an­ge­mes­se­ne Si­cher­heit da­für zu leis­ten.

2 Ver­wei­gert er das Ver­spre­chen oder leis­tet er bös­wil­lig die Si­cher­heit nicht in­ner­halb der be­stimm­ten Frist, so kann ihn das Ge­richt durch Si­cher­heits­haft zum Ver­spre­chen oder zur Leis­tung von Si­cher­heit an­hal­ten. Die Si­cher­heits­haft darf nicht län­ger als zwei Mo­na­te dau­ern. Sie wird wie ei­ne kur­ze Frei­heits­s­tra­fe voll­zo­gen (Art. 7965).

3 Be­geht er das Ver­bre­chen oder das Ver­ge­hen in­ner­halb von zwei Jah­ren, nach­dem er die Si­cher­heit ge­leis­tet hat, so ver­fällt die Si­cher­heit dem Staa­te. An­dern­falls wird sie zu­rück­ge­ge­ben.

65 Die­ser Art. ist auf­ge­ho­ben (AS 2016 1249; BBl 20124721).

Art. 66a66  

1a. Lan­des­ver­wei­sung.

a. Ob­li­ga­to­ri­sche Lan­des­ver­wei­sung

 

1 Das Ge­richt ver­weist den Aus­län­der, der we­gen ei­ner der fol­gen­den straf­ba­ren Hand­lun­gen ver­ur­teilt wird, un­ab­hän­gig von der Hö­he der Stra­fe für 5–15 Jah­re aus der Schweiz:

a.
vor­sätz­li­che Tö­tung (Art. 111), Mord (Art. 112), Tot­schlag (Art. 113), Ver­lei­tung und Bei­hil­fe zum Selbst­mord (Art. 115), straf­ba­rer Schwan­ger­schafts­ab­bruch (Art. 118 Abs. 1 und 2);
b.
schwe­re Kör­per­ver­let­zung (Art. 122), Ver­stüm­me­lung weib­li­cher Ge­ni­ta­li­en (Art. 124 Abs. 1), Aus­set­zung (Art. 127), Ge­fähr­dung des Le­bens (Art. 129), An­griff (Art. 134);
c.
qua­li­fi­zier­te Ver­un­treu­ung (Art. 138 Ziff. 2), qua­li­fi­zier­ter Dieb­stahl (Art. 139 Ziff. 2 und 3), Raub (Art. 140), ge­werbs­mäs­si­ger Be­trug (Art. 146 Abs. 2), ge­werbs­mäs­si­ger be­trü­ge­ri­scher Miss­brauch ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tungs­an­la­ge (Art. 147 Abs. 2), ge­werbs­mäs­si­ger Check- und Kre­dit­kar­ten­miss­brauch (Art. 148 Abs. 2), qua­li­fi­zier­te Er­pres­sung (Art. 156 Ziff. 2–4), ge­werbs­mäs­si­ger Wu­cher (Art. 157 Ziff. 2), ge­werbs­mäs­si­ge Heh­le­rei (Art. 160 Ziff. 2);
d.
Dieb­stahl (Art. 139) in Ver­bin­dung mit Haus­frie­dens­bruch (Art. 186);
e.
Be­trug (Art. 146 Abs. 1) im Be­reich ei­ner So­zi­al­ver­si­che­rung oder der So­zi­al­hil­fe, un­recht­mäs­si­ger Be­zug von Leis­tun­gen ei­ner So­zi­al­ver­si­che­rung oder der So­zi­al­hil­fe (Art. 148a Abs. 1);
f.
Be­trug (Art. 146 Abs. 1), Leis­tungs- und Ab­ga­be­be­trug (Art. 14 Abs. 1, 2 und 4 des BG vom 22. März 197467 über das Ver­wal­tungs­straf­recht) oder Steu­er­be­trug, Ver­un­treu­ung von Quel­len­steu­ern oder ei­ne an­de­re Straf­tat im Be­reich der öf­fent­lich-recht­li­chen Ab­ga­ben, die mit ei­ner Höchst­stra­fe von ei­nem Jahr Frei­heits­s­tra­fe oder mehr be­droht ist;
g.
Zwangs­hei­rat, er­zwun­ge­ne ein­ge­tra­ge­ne Part­ner­schaft (Art. 181a), Men­schen­han­del (Art. 182), Frei­heits­be­rau­bung und Ent­füh­rung (Art. 183), qua­li­fi­zier­te Frei­heits­be­rau­bung und Ent­füh­rung (Art. 184), Gei­sel­nah­me (Art. 185);
h.68
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Kin­dern (Art. 187 Ziff. 1), se­xu­el­le Nö­ti­gung (Art. 189), Ver­ge­wal­ti­gung (Art. 190), Schän­dung (Art. 191), För­de­rung der Pro­sti­tu­ti­on (Art. 195), Por­no­gra­fie (Art. 197 Abs. 4 zwei­ter Satz);
i.
Brand­stif­tung (Art. 221 Abs. 1 und 2), vor­sätz­li­che Ver­ur­sa­chung ei­ner Ex­plo­si­on (Art. 223 Ziff. 1 Abs. 1), Ge­fähr­dung durch Spreng­stof­fe und gif­ti­ge Ga­se in ver­bre­che­ri­scher Ab­sicht (Art. 224 Abs. 1), vor­sätz­li­che Ge­fähr­dung oh­ne ver­b­re­che­ri­sche Ab­sicht (Art. 225 Abs. 1), Her­stel­len, Ver­ber­gen, Weiter­schaf­fen von Spreng­stof­fen und gif­ti­gen Ga­sen (Art. 226), Ge­fähr­dung durch Kern­ener­gie, Ra­dio­ak­ti­vi­tät und io­ni­sie­ren­de Strah­len (Art. 226bis), straf­ba­re Vor­be­rei­tungs­hand­lun­gen (Art. 226ter), vor­sätz­li­ches Ver­ur­sa­chen ei­ner Über­schwem­mung oder ei­nes Ein­stur­zes (Art. 227 Ziff. 1 Abs. 1), vor­sätz­li­che Be­schä­di­gung von elek­tri­schen An­la­gen, Was­ser­bau­ten und Schutz­vor­rich­tun­gen (Art. 228 Ziff. 1 Abs. 1);
j.
vor­sätz­li­che Ge­fähr­dung durch gen­tech­nisch ver­än­der­te oder pa­tho­ge­ne Or­ga­nis­men (Art. 230bis Abs. 1), vor­sätz­li­ches Ver­brei­ten mensch­li­cher Krank­hei­ten (Art. 231 Ziff. 1), vor­sätz­li­che Trink­was­ser­ver­un­rei­ni­gung (Art. 234 Abs. 1);
k.
qua­li­fi­zier­te Stö­rung des öf­fent­li­chen Ver­kehrs (Art. 237 Ziff. 1 Abs. 2), vor­sätz­li­che Stö­rung des Ei­sen­bahn­ver­kehrs (Art. 238 Abs. 1);
l.69
straf­ba­re Vor­be­rei­tungs­hand­lun­gen (Art. 260bis Abs. 1 und 3), Be­tei­li­gung an oder Un­ter­stüt­zung ei­ner kri­mi­nel­len oder ter­ro­ris­ti­schen Or­ga­ni­sa­ti­on (Art. 260ter), Ge­fähr­dung der öf­fent­li­chen Si­cher­heit mit Waf­fen (Art. 260qua­ter), Fi­nan­zie­rung des Ter­ro­ris­mus (Art. 260quin­quies), An­wer­bung, Aus­bil­dung und Rei­sen im Hin­blick auf ei­ne ter­ro­ris­ti­sche Straf­tat
(Art. 260se­xies);
m.
Völ­ker­mord (Art. 264), Ver­bre­chen ge­gen die Mensch­lich­keit (Art. 264a), schwe­re Ver­let­zun­gen der Gen­fer Kon­ven­tio­nen vom 12. Au­gust 194970 (Art. 264c), an­de­re Kriegs­ver­bre­chen (Art. 264d–264h);
n.
vor­sätz­li­che Wi­der­hand­lung ge­gen Ar­ti­kel 116 Ab­satz 3 oder Ar­ti­kel 118 Ab­satz 3 des Aus­län­der­ge­set­zes vom 16. De­zem­ber 200571;
o.
Wi­der­hand­lung ge­gen Ar­ti­kel 19 Ab­satz 2 oder 20 Ab­satz 2 des Be­täu­bungs­mit­tel­ge­set­zes vom 3. Ok­to­ber 195172 (BetmG);
p.73
Wi­der­hand­lung nach Ar­ti­kel 74 Ab­satz 4 des Nach­rich­ten­dienst­ge­set­zes vom 25. Sep­tem­ber 201574 (NDG).

2 Das Ge­richt kann aus­nahms­wei­se von ei­ner Lan­des­ver­wei­sung ab­se­hen, wenn die­se für den Aus­län­der einen schwe­ren per­sön­li­chen Här­te­fall be­wir­ken wür­de und die öf­fent­li­chen In­ter­es­sen an der Lan­des­ver­wei­sung ge­gen­über den pri­va­ten In­ter­es­sen des Aus­län­ders am Ver­bleib in der Schweiz nicht über­wie­gen. Da­bei ist der be­son­de­ren Si­tua­ti­on von Aus­län­dern Rech­nung zu tra­gen, die in der Schweiz ge­bo­ren oder auf­ge­wach­sen sind.

3 Von ei­ner Lan­des­ver­wei­sung kann fer­ner ab­ge­se­hen wer­den, wenn die Tat in ent­schuld­ba­rer Not­wehr (Art. 16 Abs. 1) oder in ent­schuld­ba­rem Not­stand (Art. 18 Abs. 1) be­gan­gen wur­de.

66 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 20. März 2015 (Um­set­zung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Aus­schaf­fung kri­mi­nel­ler Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).

67 SR 313.0

68 Die Be­rich­ti­gung der BVers vom 28. Nov. 2017, pu­bli­ziert am 12. Dez. 2017 be­trifft nur den fran­zö­si­chen Text (AS 2017 7257).

69 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 2 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Ge­neh­mi­gung und die Um­set­zung des Über­ein­kom­mens des Eu­ro­pa­rats zur Ver­hü­tung des Ter­ro­ris­mus mit dem da­zu­ge­hö­ri­gen Zu­satz­pro­to­koll so­wie über die Ver­stär­kung des straf­recht­li­chen In­stru­men­ta­ri­ums ge­gen Ter­ro­ris­mus und or­ga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät, in Kraft seit 1. Ju­li 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

70 SR 0.518.12, 0.518.23, 0.518.42, 0.518.51

71 SR 142.20

72 SR 812.121

73 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. II 2 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Ge­neh­mi­gung und die Um­set­zung des Über­ein­kom­mens des Eu­ro­pa­rats zur Ver­hü­tung des Ter­ro­ris­mus mit dem da­zu­ge­hö­ri­gen Zu­satz­pro­to­koll so­wie über die Ver­stär­kung des straf­recht­li­chen In­stru­men­ta­ri­ums ge­gen Ter­ro­ris­mus und or­ga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät, in Kraft seit 1. Ju­li 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

74 SR 121

Art. 66abis75  

b. Nicht ob­li­ga­to­ri­sche Lan­des­ver­wei­sung

 

Das Ge­richt kann einen Aus­län­der für 3–15 Jah­re des Lan­des ver­wei­sen, wenn er we­gen ei­nes Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens, das nicht von Ar­ti­kel 66a er­fasst wird, zu ei­ner Stra­fe ver­ur­teilt oder ge­gen ihn ei­ne Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61 oder 64 an­ge­ord­net wird.

75 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 20. März 2015 (Um­set­zung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Aus­schaf­fung kri­mi­nel­ler Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).

Art. 66b76  

c. Ge­mein­sa­me Be­stim­mun­gen. Wie­der­ho­lungs­fall

 

1 Be­geht je­mand, nach­dem ge­gen ihn ei­ne Lan­des­ver­wei­sung an­ge­ord­net wor­den ist, ei­ne neue Straf­tat, wel­che die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Lan­des­ver­wei­sung nach Ar­ti­kel 66a er­füllt, so ist die neue Lan­des­ver­wei­sung auf 20 Jah­re aus­zu­spre­chen.

2 Die Lan­des­ver­wei­sung kann auf Le­bens­zeit aus­ge­spro­chen wer­den, wenn der Ver­ur­teil­te die neue Tat be­geht, so­lan­ge die für die frü­he­re Tat aus­ge­spro­che­ne Lan­des­ver­wei­sung noch wirk­sam ist.

76 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 20. März 2015 (Um­set­zung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Aus­schaf­fung kri­mi­nel­ler Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).

Art. 66c77  

d. Zeit­punkt des Voll­zugs

 

1 Die Lan­des­ver­wei­sung gilt ab Rechts­kraft des Ur­teils.

2 Vor dem Voll­zug der Lan­des­ver­wei­sung sind die un­be­ding­ten Stra­fen oder Straf­tei­le so­wie die frei­heits­ent­zie­hen­den Mass­nah­men zu voll­zie­hen.

3 Die Lan­des­ver­wei­sung wird voll­zo­gen, so­bald die ver­ur­teil­te Per­son be­dingt oder end­gül­tig aus dem Straf- oder Mass­nah­men­voll­zug ent­las­sen oder die frei­heits­ent­zie­hen­de Mass­nah­me auf­ge­ho­ben wird, oh­ne dass ei­ne Rest­stra­fe zu voll­zie­hen ist oder ei­ne an­de­re sol­che Mass­nah­me an­ge­ord­net wird.

4 Wird die mit ei­ner Lan­des­ver­wei­sung be­leg­te Per­son für den Straf- und Mass­nah­men­voll­zug in ihr Hei­mat­land über­stellt, so gilt die Lan­des­ver­wei­sung mit der Über­stel­lung als voll­zo­gen.

5 Die Dau­er der Lan­des­ver­wei­sung wird von dem Tag an be­rech­net, an dem die ver­ur­teil­te Per­son die Schweiz ver­las­sen hat.

77 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 20. März 2015 (Um­set­zung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Aus­schaf­fung kri­mi­nel­ler Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).

Art. 66d78  

e. Auf­schub des Voll­zugs der ob­li­ga­to­ri­schen Lan­des­ver­wei­sung

 

1 Der Voll­zug der ob­li­ga­to­ri­schen Lan­des­ver­wei­sung nach Ar­ti­kel 66a kann nur auf­ge­scho­ben wer­den, wenn:79

a.
der Be­trof­fe­ne ein von der Schweiz an­er­kann­ter Flücht­ling ist und durch die Lan­des­ver­wei­sung sein Le­ben oder sei­ne Frei­heit we­gen sei­ner Ras­se, Re­li­gi­on, Na­tio­na­li­tät, Zu­ge­hö­rig­keit zu ei­ner be­stimm­ten so­zia­len Grup­pe oder sei­ner po­li­ti­schen An­schau­un­gen ge­fähr­det wä­re; da­von aus­ge­nom­men ist der Flücht­ling, der sich ge­mä­ss Ar­ti­kel 5 Ab­satz 2 des Asyl­ge­set­zes vom 26. Ju­ni 199880 nicht auf das Rück­schie­bungs­ver­bot be­ru­fen kann;
b.
an­de­re zwin­gen­de Be­stim­mun­gen des Völ­ker­rechts ent­ge­gen­ste­hen.

2 Bei ih­rem Ent­scheid hat die zu­stän­di­ge kan­to­na­le Be­hör­de von der Ver­mu­tung aus­zu­ge­hen, dass die Aus­wei­sung in einen Staat, den der Bun­des­rat nach Ar­ti­kel 6a Ab­satz 2 des Asyl­ge­set­zes vom 26. Ju­ni 1998 als si­cher be­zeich­net, nicht ge­gen Ar­ti­kel 25 Ab­sät­ze 2 und 3 der Bun­des­ver­fas­sung ver­stösst.

78 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 20. März 2015 (Um­set­zung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Aus­schaf­fung kri­mi­nel­ler Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).

79 Die Be­rich­ti­gung vom 21. Ju­ni 2017, ver­öf­fent­licht am 11. Ju­li 2017 be­trifft nur den fran­zö­si­schen Text (AS 2017 3695).

80 SR 142.31

Art. 6781  

2. Tä­tig­keits­ver­bot, Kon­takt- und Ray­on­ver­bot.

a. Tä­tig­keits­ver­bot, Vor­aus­set­zun­gen

 

1 Hat je­mand in Aus­übung ei­ner be­ruf­li­chen oder ei­ner or­ga­ni­sier­ten aus­ser­be­ruf­li­chen Tä­tig­keit ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­gan­gen, für das er zu ei­ner Frei­heits­s­tra­fe von über sechs Mo­na­ten ver­ur­teilt wor­den ist, und be­steht die Ge­fahr, dass er sei­ne Tä­tig­keit zur Be­ge­hung wei­te­rer Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen miss­brau­chen wird, so kann ihm das Ge­richt die be­tref­fen­de oder ver­gleich­ba­re Tä­tig­kei­ten für sechs Mo­na­te bis zu fünf Jah­ren ganz oder teil­wei­se ver­bie­ten.82

2 Hat je­mand ge­gen einen Min­der­jäh­ri­gen oder ei­ne an­de­re be­son­ders schutz­be­dürf­ti­ge Per­son ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­gan­gen und be­steht die Ge­fahr, dass er in Aus­übung ei­ner be­ruf­li­chen oder ei­ner or­ga­ni­sier­ten aus­ser­be­ruf­li­chen Tä­tig­keit, die einen re­gel­mäs­si­gen Kon­takt mit Min­der­jäh­ri­gen oder mit an­de­ren be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Per­so­nen um­fasst, wei­te­re Straf­ta­ten die­ser Art be­geht, so kann ihm das Ge­richt die be­tref­fen­de Tä­tig­keit für ein Jahr bis zehn Jah­re ver­bie­ten.

2bis Das Ge­richt kann das Ver­bot nach Ab­satz 2 le­bens­läng­lich ver­hän­gen, wenn zu er­war­ten ist, dass die Dau­er von zehn Jah­ren nicht aus­reicht, da­mit vom Tä­ter kei­ne Ge­fahr mehr aus­geht.Es kann ein zeit­lich be­fris­te­tes Ver­bot nach Ab­satz 2 auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de je­weils um höchs­tens fünf Jah­re ver­län­gern, wenn dies not­wen­dig ist, um den Tä­ter von wei­te­ren Ver­bre­chen und Ver­ge­hen, wie sie An­lass für das Ver­bot wa­ren, ab­zu­hal­ten.83

3 Wird je­mand we­gen ei­ner der nach­fol­gen­den Straf­ta­ten zu ei­ner Stra­fe ver­ur­teilt oder wird des­we­gen ge­gen ihn ei­ne Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61, 63 oder 64 an­ge­ord­net, so ver­bie­tet ihm das Ge­richt le­bens­läng­lich je­de be­ruf­li­che und je­de or­ga­ni­sier­te aus­ser­be­ruf­li­che Tä­tig­keit, die einen re­gel­mäs­si­gen Kon­takt zu Min­der­jäh­ri­gen um­fasst:

a.
Men­schen­han­del (Art. 182), so­fern er die Straf­tat zum Zwe­cke der se­xu­el­len Aus­beu­tung an ei­nem min­der­jäh­ri­gen Op­fer be­gan­gen hat;
b.
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Kin­dern (Art. 187), se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Ab­hän­gi­gen (Art. 188) oder se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Min­der­jäh­ri­gen ge­gen Ent­gelt (Art. 196);
c.
se­xu­el­le Nö­ti­gung (Art. 189), Ver­ge­wal­ti­gung (Art. 190), Schän­dung (Art. 191), se­xu­el­le Hand­lun­gen mit An­stalts­pfleg­lin­gen, Ge­fan­ge­nen, Be­schul­dig­ten (Art. 192), Aus­nüt­zung der Not­la­ge (Art. 193), Ex­hi­bi­tio­nis­mus (Art. 194), För­de­rung der Pro­sti­tu­ti­on (Art. 195) oder se­xu­el­le Be­läs­ti­gun­gen (Art. 198), so­fern er die Straf­tat an oder vor ei­nem min­der­jäh­ri­gen Op­fer be­gan­gen hat;
d.
Por­no­gra­fie (Art. 197):
1.
nach Ar­ti­kel 197 Ab­satz 1 oder 3,
2.
nach Ar­ti­kel 197 Ab­satz 4 oder 5, so­fern die Ge­gen­stän­de oder Vor­füh­run­gen se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Min­der­jäh­ri­gen zum In­halt hat­ten.84

4 Wird je­mand we­gen ei­ner der nach­fol­gen­den Straf­ta­ten zu ei­ner Stra­fe ver­ur­teilt oder wird des­we­gen ge­gen ihn ei­ne Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61, 63 oder 64 an­ge­ord­net, so ver­bie­tet ihm das Ge­richt le­bens­läng­lich je­de be­ruf­li­che und je­de or­ga­ni­sier­te aus­ser­be­ruf­li­che Tä­tig­keit, die einen re­gel­mäs­si­gen Kon­takt zu voll­jäh­ri­gen, be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Per­so­nen um­fasst, so­wie je­de be­ruf­li­che oder je­de or­ga­ni­sier­te aus­ser­be­ruf­li­che Tä­tig­keit im Ge­sund­heits­be­reich mit di­rek­tem Pa­ti­en­ten­kon­takt:

a.
Men­schen­han­del (Art. 182) zum Zwe­cke der se­xu­el­len Aus­beu­tung, se­xu­el­le Nö­ti­gung (Art. 189), Ver­ge­wal­ti­gung (Art. 190), Schän­dung (Art. 191), se­xu­el­le Hand­lun­gen mit An­stalts­pfleg­lin­gen, Ge­fan­ge­nen, Be­schul­dig­ten (Art. 192), Aus­nüt­zung der Not­la­ge (Art. 193), Ex­hi­bi­tio­nis­mus (Art. 194), För­de­rung der Pro­sti­tu­ti­on (Art. 195) oder se­xu­el­le Be­läs­ti­gun­gen (Art. 198), so­fern er die Straf­tat be­gan­gen hat an oder vor:
1.
ei­nem voll­jäh­ri­gen, be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Op­fer, oder
2.
ei­nem voll­jäh­ri­gen nicht be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Op­fer, das zum Wi­der­stand un­fä­hig oder ur­teil­s­un­fä­hig war oder sich auf­grund ei­ner kör­per­li­chen oder psy­chi­schen Ab­hän­gig­keit nicht zu Wehr set­zen konn­te;
b.
Por­no­gra­fie (Art. 197 Abs. 2 ers­ter Satz und Abs. 4 oder 5), so­fern die Ge­gen­stän­de oder Vor­füh­run­gen zum In­halt hat­ten:
1.
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit voll­jäh­ri­gen, be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Op­fern, oder
2.
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit voll­jäh­ri­gen, nicht be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Op­fern, die zum Wi­der­stand un­fä­hig oder ur­teil­s­un­fä­hig wa­ren oder sich auf­grund ei­ner kör­per­li­chen oder psy­chi­schen Ab­hän­gig­keit nicht zur Wehr set­zen konn­ten.85

4bis Das Ge­richt kann in be­son­ders leich­ten Fäl­len aus­nahms­wei­se von der An­ord­nung ei­nes Tä­tig­keits­ver­bo­tes nach Ab­satz 3 oder 4 ab­se­hen, wenn ein sol­ches Ver­bot nicht not­wen­dig er­scheint, um den Tä­ter von der Be­ge­hung wei­te­rer Straf­ta­ten ab­zu­hal­ten, wie sie An­lass für das Ver­bot sind. Von der An­ord­nung ei­nes Tä­tig­keits­ver­bo­tes darf je­doch nicht ab­ge­se­hen wer­den, wenn der Tä­ter:

a.
ver­ur­teilt wor­den ist we­gen Men­schen­han­del (Art. 182), se­xu­el­ler Nö­ti­gung (Art. 189), Ver­ge­wal­ti­gung (Art. 190), Schän­dung (Art. 191) oder För­de­rung der Pro­sti­tu­ti­on (Art. 195); oder
b.
ge­mä­ss den in­ter­na­tio­nal an­er­kann­ten Klas­si­fi­ka­ti­ons­kri­te­ri­en pä­do­phil ist.86

5 Wird der Tä­ter im sel­ben Ver­fah­ren we­gen meh­re­rer Straf­ta­ten zu ei­ner Stra­fe ver­ur­teilt oder wird ge­gen ihn des­we­gen ei­ne Mass­nah­me an­ge­ord­net, so legt das Ge­richt fest, wel­cher An­teil der Stra­fe oder wel­che Mass­nah­me auf ei­ne Straf­tat ent­fällt, die ein Tä­tig­keits­ver­bot nach sich zieht. Die­ser Straf­an­teil, die Mass­nah­me so­wie die Straf­tat sind mass­ge­bend da­für, ob ein Tä­tig­keits­ver­bot nach Ab­satz 1, 2, 2bis, 3 oder 4 ver­hängt wird. Die Straf­an­tei­le für meh­re­re ein­schlä­gi­ge Straf­ta­ten wer­den ad­diert. Es kön­nen meh­re­re Tä­tig­keits­ver­bo­te ver­hängt wer­den.87

6 Das Ge­richt kann für die Dau­er der Ver­bo­te Be­wäh­rungs­hil­fe an­ord­nen.88

789

81 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

82 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

83 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

84 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

85 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

86 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

87 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

88 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

89 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

Art. 67a90  

In­halt und Um­fang

 

1 Als be­ruf­li­che Tä­tig­kei­ten im Sin­ne von Ar­ti­kel 67 gel­ten Tä­tig­kei­ten in Aus­übung ei­nes Haupt- oder Ne­ben­be­rufs oder -ge­wer­bes oder ei­nes Han­dels­ge­schäfts. Als or­ga­ni­sier­te aus­ser­be­ruf­li­che Tä­tig­kei­ten gel­ten Tä­tig­kei­ten, die nicht oder nicht pri­mär zu Er­werbs­zwe­cken und die im Rah­men ei­nes Ver­eins oder ei­ner an­de­ren Or­ga­ni­sa­ti­on aus­ge­übt wer­den.

2 Das Tä­tig­keits­ver­bot nach Ar­ti­kel 67 um­fasst die Tä­tig­kei­ten, die der Tä­ter selbst­stän­dig, als Or­gan ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son oder Han­dels­ge­sell­schaft, als Be­auf­trag­ter oder als Ver­tre­ter ei­ner an­de­ren Per­son aus­übt oder durch ei­ne von sei­nen Wei­sun­gen ab­hän­gi­ge Per­son aus­üben lässt.

3 Be­steht die Ge­fahr, dass der Tä­ter sei­ne Tä­tig­keit auch zur Be­ge­hung von Straf­ta­ten miss­braucht, wenn er sie nach Wei­sung und un­ter Kon­trol­le ei­nes Vor­ge­setz­ten oder ei­ner Auf­sichts­per­son aus­übt, so ist ihm die Tä­tig­keit ganz zu un­ter­sa­gen.

4 Die Ver­bo­te nach Ar­ti­kel 67 Ab­sät­ze 3 und 4 um­fas­sen im­mer die gan­ze Tä­tig­keit.

5 Als Tä­tig­kei­ten mit re­gel­mäs­si­gem Kon­takt zu Min­der­jäh­ri­gen oder zu an­de­ren be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Per­so­nen gel­ten:

a.
Tä­tig­kei­ten, die di­rekt und spe­zi­fisch ge­gen­über Min­der­jäh­ri­gen oder an­de­ren be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Per­so­nen aus­ge­übt wer­den, na­ment­lich:
1.
Leh­ren oder Un­ter­rich­ten,
2.
Er­zie­hung oder Be­ra­tung,
3.
Be­treu­ung oder Auf­sicht,
4.
Pfle­ge,
5.
kör­per­li­che Un­ter­su­chung oder Be­hand­lung,
6.
psy­cho­lo­gi­sche Un­ter­su­chung oder Be­hand­lung,
7.
Ver­pfle­gung,
8.
Trans­port,
9.
di­rek­ter Ver­kauf oder Ver­leih oder di­rek­te Ver­mitt­lung von spe­zi­fisch für die Be­dürf­nis­se von Min­der­jäh­ri­gen oder an­de­ren be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Per­so­nen be­stimm­ten Ob­jek­ten, so­fern dies die Haupt­tä­tig­keit der be­tref­fen­den Per­son dar­stellt;
b.
an­de­re Tä­tig­kei­ten, die vor al­lem oder wie­der­holt in Ein­rich­tun­gen aus­ge­übt wer­den, die Dienst­leis­tun­gen nach Buch­sta­be a an­bie­ten; aus­ge­nom­men sind Tä­tig­kei­ten, bei de­nen ört­lich oder zeit­lich si­cher­ge­stellt ist, dass kein Kon­takt zu Min­der­jäh­ri­gen oder an­de­ren be­son­ders schutz­be­dürf­ten Per­so­nen statt­fin­den kann.91

6 Als be­son­ders schutz­be­dürf­tig gel­ten Per­so­nen, die auf­grund ih­res Al­ters, ei­ner Krank­heit oder ei­ner lang­fris­ti­gen kör­per­li­chen, geis­ti­gen oder psy­chi­schen Be­ein­träch­ti­gung bei all­täg­li­chen Ver­rich­tun­gen oder in ih­rer Le­bens­füh­rung auf frem­de Hil­fe an­ge­wie­sen sind.92

90 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

91 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

92 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

Art. 67b93  

b. Kon­takt- und Ray­on­ver­bot

 

1 Hat je­mand ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen ge­gen ei­ne oder meh­re­re be­stimm­te Per­so­nen oder ge­gen Per­so­nen ei­ner be­stimm­ten Grup­pe be­gan­gen und be­steht die Ge­fahr, dass er bei ei­nem Kon­takt zu die­sen Per­so­nen wei­te­re Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­ge­hen wird, so kann das Ge­richt für ei­ne Dau­er bis zu fünf Jah­ren ein Kon­takt- und Ray­on­ver­bot ver­hän­gen.

2 Mit dem Kon­takt- und Ray­on­ver­bot kann das Ge­richt dem Tä­ter ver­bie­ten:

a.
mit ei­ner oder meh­re­ren be­stimm­ten Per­so­nen oder mit Per­so­nen ei­ner be­stimm­ten Grup­pe di­rekt oder über Dritt­per­so­nen Kon­takt auf­zu­neh­men, na­ment­lich auf te­le­fo­ni­schem, schrift­li­chem oder elek­tro­ni­schem Weg, sie zu be­schäf­ti­gen, zu be­her­ber­gen, aus­zu­bil­den, zu be­auf­sich­ti­gen, zu pfle­gen oder in an­de­rer Wei­se mit ih­nen zu ver­keh­ren;
b.
sich ei­ner be­stimm­ten Per­son zu nä­hern oder sich in ei­nem be­stimm­ten Um­kreis ih­rer Woh­nung auf­zu­hal­ten;
c.
sich an be­stimm­ten Or­ten, na­ment­lich be­stimm­ten Stras­sen, Plät­zen oder Quar­tie­ren, auf­zu­hal­ten.

3 Für den Voll­zug des Ver­bots kann die zu­stän­di­ge Be­hör­de tech­ni­sche Ge­rä­te ein­set­zen, die mit dem Tä­ter fest ver­bun­den sind. Die­se kön­nen ins­be­son­de­re der Fest­stel­lung des Stand­ortes des Tä­ters die­nen.

4 Das Ge­richt kann für die Dau­er des Ver­bots Be­wäh­rungs­hil­fe an­ord­nen.

5 Es kann das Ver­bot auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­den je­weils um höchs­tens fünf Jah­re ver­län­gern, wenn dies not­wen­dig ist, um den Tä­ter von wei­te­ren Ver­bre­chen und Ver­ge­hen ge­gen Min­der­jäh­ri­ge oder an­de­re be­son­ders schutz­be­dürf­ti­ge Per­so­nen ab­zu­hal­ten.

93 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

Art. 67c94  

c. Ge­mein­sa­me Be­stim­mun­gen.

Voll­zug der Ver­bo­te

 

1 Das Ver­bot wird am Tag wirk­sam, an dem das Ur­teil rechts­kräf­tig wird.

2 Die Dau­er des Voll­zugs ei­ner Frei­heits­s­tra­fe oder ei­ner frei­heits­ent­zie­hen­den Mass­nah­me (Art. 59–61 und 64) wird auf die Dau­er des Ver­bots nicht an­ge­rech­net.

3 Hat der Tä­ter die ihm auf­er­leg­te Pro­be­zeit nicht be­stan­den und wird die be­ding­te Frei­heits­s­tra­fe voll­zo­gen oder die Rück­ver­set­zung in den Straf- oder Mass­nah­men­voll­zug an­ge­ord­net, so wird die Dau­er des Ver­bots erst von dem Ta­ge an ge­rech­net, an dem der Tä­ter be­dingt oder end­gül­tig ent­las­sen wird oder an dem die Sank­ti­on auf­ge­ho­ben oder er­las­sen wird.

4 Hat der Tä­ter die ihm auf­er­leg­te Pro­be­zeit be­stan­den, so ent­schei­det die zu­stän­di­ge Be­hör­de über ei­ne in­halt­li­che oder zeit­li­che Ein­schrän­kung oder über die Auf­he­bung des Ver­bots nach Ar­ti­kel 67 Ab­satz 1 oder nach Ar­ti­kel 67b.

5 Der Tä­ter kann bei der zu­stän­di­gen Be­hör­de um ei­ne in­halt­li­che oder zeit­li­che Ein­schrän­kung oder um die Auf­he­bung des Ver­bots er­su­chen:

a.
bei ei­nem Ver­bot nach Ar­ti­kel 67 Ab­satz 1 oder nach Ar­ti­kel 67b: nach zwei Jah­ren des Voll­zugs;
b.
bei ei­nem be­fris­te­ten Ver­bot nach Ar­ti­kel 67 Ab­satz 2: nach der Hälf­te der Ver­bots­dau­er, je­doch frü­he­s­tens nach drei Jah­ren des Voll­zugs;
c.95
d.96
bei ei­nem le­bens­läng­li­chen Ver­bot nach Ar­ti­kel 67 Ab­satz 2bis: nach zehn Jah­ren des Voll­zugs.

6 Ist nicht mehr zu be­fürch­ten, dass der Tä­ter ei­ne Tä­tig­keit zur Be­ge­hung wei­te­rer Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen miss­braucht oder bei ei­nem Kon­takt zu be­stimm­ten Per­so­nen oder Per­so­nen ei­ner be­stimm­ten Grup­pe wei­te­re Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­geht und hat er den von ihm ver­ur­sach­ten Scha­den so­weit zu­mut­bar er­setzt, so hebt die zu­stän­di­ge Be­hör­de das Ver­bot in den Fäl­len nach Ab­satz 4 oder 5 auf.

6bis Ver­bo­te nach Ar­ti­kel 67 Ab­satz 3 oder 4 kön­nen nicht auf­ge­ho­ben wer­den.97

7 Miss­ach­tet der Ver­ur­teil­te ein Tä­tig­keits­ver­bot oder ein Kon­takt- und Ray­on­ver­bot oder ent­zieht er sich der da­mit ver­bun­de­nen Be­wäh­rungs­hil­fe oder ist die­se nicht durch­führ­bar oder nicht mehr er­for­der­lich, so er­stat­tet die zu­stän­di­ge Be­hör­de dem Ge­richt oder den Voll­zugs­be­hör­den Be­richt. Das Ge­richt oder die Voll­zugs­be­hör­de kann die Be­wäh­rungs­hil­fe auf­he­ben oder neu an­ord­nen.

7bis Die Voll­zugs­be­hör­de kann für die ge­sam­te Dau­er des Tä­tig­keits­ver­bo­tes oder des Kon­takt- und Ray­on­ver­bo­tes Be­wäh­rungs­hil­fe an­ord­nen.98

8 Ent­zieht sich der Ver­ur­teil­te der Be­wäh­rungs­hil­fe wäh­rend der Dau­er ei­ner Pro­be­zeit, so ist Ar­ti­kel 95 Ab­sät­ze 4 und 5 an­wend­bar.

9 Miss­ach­tet der Ver­ur­teil­te wäh­rend der Dau­er ei­ner Pro­be­zeit ein Tä­tig­keits­ver­bot oder ein Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, so sind Ar­ti­kel 294 und die Be­stim­mun­gen über den Wi­der­ruf ei­ner be­ding­ten Stra­fe oder des be­ding­ten Teils ei­ner Stra­fe so­wie über die Rück­ver­set­zung in den Straf- und Mass­nah­men­voll­zug an­wend­bar.

94 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

95 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

96 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

97 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

98 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 16. März 2018 (Um­set­zung von Art. 123c BV), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3803; BBl 2016 6115).

Art. 67d99  

Än­de­rung ei­nes Ver­bots oder nach­träg­li­che An­ord­nung ei­nes Ver­bots

 

1 Stellt sich wäh­rend des Voll­zugs ei­nes Tä­tig­keits­ver­bots oder ei­nes Kon­takt- und Ray­on­ver­bots her­aus, dass beim Tä­ter die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Er­wei­te­rung des Ver­bots oder für ein zu­sätz­li­ches sol­ches Ver­bot ge­ge­ben sind, so kann das Ge­richt auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­den nach­träg­lich das Ver­bot er­wei­tern oder ein zu­sätz­li­ches Ver­bot an­ord­nen.

2 Stellt sich wäh­rend des Voll­zugs ei­ner Frei­heits­s­tra­fe oder ei­ner frei­heits­ent­zie­hen­den Mass­nah­me her­aus, dass beim Tä­ter die Vor­aus­set­zun­gen für ein Ver­bot nach Ar­ti­kel 67 Ab­satz 1 oder 2 oder nach Ar­ti­kel 67b ge­ge­ben sind, so kann das Ge­richt die­ses Ver­bot auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de nach­träg­lich an­ord­nen.

99 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

Art. 67e100  

3. Fahr­ver­bot

 
Art. 67e - Fahrverbot
Art. 67e - Fahrverbot

Hat der Tä­ter ein Mo­tor­fahr­zeug zur Be­ge­hung ei­nes Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens ver­wen­det und be­steht Wie­der­ho­lungs­ge­fahr, so kann das Ge­richt ne­ben ei­ner Stra­fe oder ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–64 den Ent­zug des Lern­fahr- oder Füh­rer­aus­wei­ses für die Dau­er von ei­nem Mo­nat bis zu fünf Jah­ren an­ord­nen.

100 Ur­sprüng­lich: Art. 67b.

Art. 67f101  
 

101 Ge­gen­stands­los ge­mä­ss Ziff. IV 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­rung des Sank­tio­nen­rechts), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 68  

4. Ver­öf­fent­li­chung des Ur­teils

 

1 Ist die Ver­öf­fent­li­chung ei­nes Stra­f­ur­teils im öf­fent­li­chen In­ter­es­se, im In­ter­es­se des Ver­letz­ten oder des An­trags­be­rech­tig­ten ge­bo­ten, so ord­net sie das Ge­richt auf Kos­ten des Ver­ur­teil­ten an.

2 Ist die Ver­öf­fent­li­chung ei­nes frei­spre­chen­den Ur­teils oder ei­ner Ein­stel­lungs­ver­fü­gung der Straf­ver­fol­gungs­be­hör­de im öf­fent­li­chen In­te­res­se, im In­ter­es­se des Frei­ge­spro­che­nen oder Ent­las­te­ten ge­bo­ten, so ord­net sie das Ge­richt auf Staats­kos­ten oder auf Kos­ten des An­zei­gers an.

3 Die Ver­öf­fent­li­chung im In­ter­es­se des Ver­letz­ten, An­trags­be­rech­tig­ten, Frei­ge­spro­che­nen oder Ent­las­te­ten er­folgt nur auf de­ren An­trag.

4 Das Ge­richt be­stimmt Art und Um­fang der Ver­öf­fent­li­chung.

Art. 69  

5. Ein­zie­hung.

a. Si­che­rungs­ein­zie­hung

 

1 Das Ge­richt ver­fügt oh­ne Rück­sicht auf die Straf­bar­keit ei­ner be­stimm­ten Per­son die Ein­zie­hung von Ge­gen­stän­den, die zur Be­ge­hung ei­ner Straf­tat ge­dient ha­ben oder be­stimmt wa­ren oder die durch ei­ne Straf­tat her­vor­ge­bracht wor­den sind, wenn die­se Ge­gen­stän­de die Si­cher­heit von Men­schen, die Sitt­lich­keit oder die öf­fent­li­che Ord­nung ge­fähr­den.

2 Das Ge­richt kann an­ord­nen, dass die ein­ge­zo­ge­nen Ge­gen­stän­de un­brauch­bar ge­macht oder ver­nich­tet wer­den.

Art. 70  

b. Ein­zie­hung von Ver­mö­gens­wer­ten.

Grund­sät­ze

 

1 Das Ge­richt ver­fügt die Ein­zie­hung von Ver­mö­gens­wer­ten, die durch ei­ne Straf­tat er­langt wor­den sind oder da­zu be­stimmt wa­ren, ei­ne Straf­tat zu ver­an­las­sen oder zu be­loh­nen, so­fern sie nicht dem Ver­letz­ten zur Wie­der­her­stel­lung des recht­mäs­si­gen Zu­stan­des aus­ge­hän­digt wer­den.

2 Die Ein­zie­hung ist aus­ge­schlos­sen, wenn ein Drit­ter die Ver­mö­gens­wer­te in Un­kennt­nis der Ein­zie­hungs­grün­de er­wor­ben hat und so­weit er für sie ei­ne gleich­wer­ti­ge Ge­gen­leis­tung er­bracht hat oder die Ein­zie­hung ihm ge­gen­über sonst ei­ne un­ver­hält­nis­mäs­si­ge Här­te dar­stel­len wür­de.

3 Das Recht zur Ein­zie­hung ver­jährt nach sie­ben Jah­ren; ist je­doch die Ver­fol­gung der Straf­tat ei­ner län­ge­ren Ver­jäh­rungs­frist un­ter­wor­fen, so fin­det die­se Frist auch auf die Ein­zie­hung An­wen­dung.

4 Die Ein­zie­hung ist amt­lich be­kannt zu ma­chen. Die An­sprü­che Ver­letz­ter oder Drit­ter er­lö­schen fünf Jah­re nach der amt­li­chen Be­kannt­ma­chung.

5 Lässt sich der Um­fang der ein­zu­zie­hen­den Ver­mö­gens­wer­te nicht oder nur mit un­ver­hält­nis­mäs­si­gem Auf­wand er­mit­teln, so kann das Ge­richt ihn schät­zen.

Art. 71  

Er­satz­for­de­run­gen

 

1 Sind die der Ein­zie­hung un­ter­lie­gen­den Ver­mö­gens­wer­te nicht mehr vor­han­den, so er­kennt das Ge­richt auf ei­ne Er­satz­for­de­rung des Staa­tes in glei­cher Hö­he, ge­gen­über ei­nem Drit­ten je­doch nur, so­weit dies nicht nach Ar­ti­kel 70 Ab­satz 2 aus­ge­schlos­sen ist.

2 Das Ge­richt kann von ei­ner Er­satz­for­de­rung ganz oder teil­wei­se ab­se­hen, wenn die­se vor­aus­sicht­lich un­ein­bring­lich wä­re oder die Wie­der­ein­glie­de­rung des Be­trof­fe­nen ernst­lich be­hin­dern wür­de.

3 Die Un­ter­su­chungs­be­hör­de kann im Hin­blick auf die Durch­set­zung der Er­satz­for­de­rung Ver­mö­gens­wer­te des Be­trof­fe­nen mit Be­schlag be­le­gen. Die Be­schlag­nah­me be­grün­det bei der Zwangs­voll­stre­ckung der Er­satz­for­de­rung kein Vor­zugs­recht zu Guns­ten des Staa­tes.

Art. 72102  

Ein­zie­hung von Ver­mö­gens­wer­ten ei­ner kri­mi­nel­len oder ter­ro­ris­ti­schen Or­ga­ni­sa­ti­on

 

Das Ge­richt ver­fügt die Ein­zie­hung al­ler Ver­mö­gens­wer­te, wel­che der Ver­fü­gungs­macht ei­ner kri­mi­nel­len oder ter­ro­ris­ti­schen Or­ga­ni­sa­ti­on un­ter­lie­gen. Bei Ver­mö­gens­wer­ten ei­ner Per­son, die sich an ei­ner sol­chen Or­ga­ni­sa­ti­on be­tei­ligt oder sie un­ter­stützt hat (Art. 260ter), wird die Ver­fü­gungs­macht der Or­ga­ni­sa­ti­on bis zum Be­weis des Ge­gen­teils ver­mu­tet.

102 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 2 des BB vom 25. Sept. 2020 über die Ge­neh­mi­gung und die Um­set­zung des Über­ein­kom­mens des Eu­ro­pa­rats zur Ver­hü­tung des Ter­ro­ris­mus mit dem da­zu­ge­hö­ri­gen Zu­satz­pro­to­koll so­wie über die Ver­stär­kung des straf­recht­li­chen In­stru­men­ta­ri­ums ge­gen Ter­ro­ris­mus und or­ga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät, in Kraft seit 1. Ju­li 2021 (AS 2021 360; BBl 2018 6427).

Art. 73  

6. Ver­wen­dung zu Guns­ten des Ge­schä­dig­ten

 

1 Er­lei­det je­mand durch ein Ver­bre­chen oder ein Ver­ge­hen einen Scha­den, der nicht durch ei­ne Ver­si­che­rung ge­deckt ist, und ist an­zu­neh­men, dass der Tä­ter den Scha­den nicht er­set­zen oder ei­ne Ge­nug­tu­ung nicht leis­ten wird, so spricht das Ge­richt dem Ge­schä­dig­ten auf des­sen Ver­lan­gen bis zur Hö­he des Scha­den­er­sat­zes be­zie­hungs­wei­se der Ge­nug­tu­ung, die ge­richt­lich oder durch Ver­gleich fest­ge­setzt wor­den sind, zu:

a.
die vom Ver­ur­teil­ten be­zahl­te Geld­stra­fe oder Bus­se;
b.
ein­ge­zo­ge­ne Ge­gen­stän­de und Ver­mö­gens­wer­te oder de­ren Ver­wer­tungs­er­lös un­ter Ab­zug der Ver­wer­tungs­kos­ten;
c.
Er­satz­for­de­run­gen;
d.
den Be­trag der Frie­dens­bürg­schaft.

2 Das Ge­richt kann die Ver­wen­dung zu Guns­ten des Ge­schä­dig­ten je­doch nur an­ord­nen, wenn der Ge­schä­dig­te den ent­spre­chen­den Teil sei­ner For­de­rung an den Staat ab­tritt.

3 Die Kan­to­ne se­hen für den Fall, dass die Zu­spre­chung nicht schon im Stra­f­ur­teil mög­lich ist, ein ein­fa­ches und ra­sches Ver­fah­ren vor.

Vierter Titel: Vollzug von Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Massnahmen

Art. 74  

1. Voll­zugs­grund­sät­ze

 

Die Men­schen­wür­de des Ge­fan­ge­nen oder des Ein­ge­wie­se­nen ist zu ach­ten. Sei­ne Rech­te dür­fen nur so weit be­schränkt wer­den, als der Frei­heits­ent­zug und das Zu­sam­men­le­ben in der Voll­zug­s­ein­rich­tung es er­for­dern.

Art. 75  

2. Voll­zug von Frei­heits­s­tra­fen.

Grund­sät­ze

 

1 Der Straf­voll­zug hat das so­zia­le Ver­hal­ten des Ge­fan­ge­nen zu för­dern, ins­be­son­de­re die Fä­hig­keit, straf­frei zu le­ben. Der Straf­voll­zug hat den all­ge­mei­nen Le­bens­ver­hält­nis­sen so weit als mög­lich zu ent­spre­chen, die Be­treu­ung des Ge­fan­ge­nen zu ge­währ­leis­ten, schäd­li­chen Fol­gen des Frei­heits­ent­zugs ent­ge­gen­zu­wir­ken und dem Schutz der All­ge­mein­heit, des Voll­zugs­per­so­nals und der Mit­ge­fan­ge­nen an­ge­mes­sen Rech­nung zu tra­gen.

2103

3 Die An­stalts­ord­nung sieht vor, dass zu­sam­men mit dem Ge­fan­ge­nen ein Voll­zugs­plan er­stellt wird. Die­ser ent­hält na­ment­lich An­ga­ben über die an­ge­bo­te­ne Be­treu­ung, die Ar­beits- so­wie die Aus- und Wei­ter­bil­dungs­mög­lich­kei­ten, die Wie­der­gut­ma­chung, die Be­zie­hun­gen zur Aus­sen­welt und die Vor­be­rei­tung der Ent­las­sung.

4 Der Ge­fan­ge­ne hat bei den So­zia­li­sie­rungs­be­mü­hun­gen und den Ent­las­sungs­vor­be­rei­tun­gen ak­tiv mit­zu­wir­ken.

5 Den ge­schlechts­s­pe­zi­fi­schen An­lie­gen und Be­dürf­nis­sen der Ge­fan­ge­nen ist Rech­nung zu tra­gen.

6 Wird der Ge­fan­ge­ne be­dingt oder end­gül­tig ent­las­sen und er­weist sich nach­träg­lich, dass bei der Ent­las­sung ge­gen ihn ein wei­te­res, auf Frei­heits­s­tra­fe lau­ten­des und voll­zieh­ba­res Ur­teil vor­lag, so ist vom Voll­zug der Frei­heits­s­tra­fe ab­zu­se­hen, wenn:

a.
sie aus ei­nem von den Voll­zugs­be­hör­den zu ver­tre­ten­den Grund nicht zu­sam­men mit der an­dern Frei­heits­s­tra­fe voll­zo­gen wur­de;
b.
der Ge­fan­ge­ne in gu­ten Treu­en da­von aus­ge­hen konn­te, dass bei sei­ner Ent­las­sung kein wei­te­res auf Frei­heits­s­tra­fe lau­ten­des und voll­zieh­ba­res Ur­teil ge­gen ihn vor­lag; und
c.
da­mit die Wie­der­ein­glie­de­rung des Ge­fan­ge­nen in Fra­ge ge­stellt wür­de.

103 Auf­ge­ho­ben durch An­hang 1 Ziff. II 8 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

Art. 75a104  

Be­son­de­re Si­cher­heits­mass­nah­men

 

1 Die Kom­mis­si­on nach Ar­ti­kel 62d Ab­satz 2 be­ur­teilt im Hin­blick auf die Ein­wei­sung in ei­ne of­fe­ne Straf­an­stalt und die Be­wil­li­gung von Voll­zugs­öff­nun­gen die Ge­mein­ge­fähr­lich­keit des Tä­ters, wenn:

a.
die­ser ein Ver­bre­chen nach Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 be­gan­gen hat; und
b.
die Voll­zugs­be­hör­de die Fra­ge der Ge­mein­ge­fähr­lich­keit des Ge­fan­ge­nen nicht ein­deu­tig be­ant­wor­ten kann.

2 Voll­zugs­öff­nun­gen sind Lo­cke­run­gen im Frei­heits­ent­zug, na­ment­lich die Ver­le­gung in ei­ne of­fe­ne An­stalt, die Ge­wäh­rung von Ur­laub, die Zu­las­sung zum Ar­beitsex­ter­nat oder zum Woh­nex­ter­nat und die be­ding­te Ent­las­sung.

3 Ge­mein­ge­fähr­lich­keit ist an­zu­neh­men, wenn die Ge­fahr be­steht, dass der Ge­fan­ge­ne flieht und ei­ne wei­te­re Straf­tat be­geht, durch die er die phy­si­sche, psy­chi­sche oder se­xu­el­le In­te­gri­tät ei­ner an­de­ren Per­son schwer be­ein­träch­tigt.

104 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

Art. 76  

Voll­zugs­ort

 

1 Frei­heits­s­tra­fen wer­den in ei­ner ge­schlos­se­nen oder of­fe­nen Straf­an­stalt voll­zo­gen.

2 Der Ge­fan­ge­ne wird in ei­ne ge­schlos­se­ne Straf­an­stalt oder in ei­ne ge­schlos­se­ne Ab­tei­lung ei­ner of­fe­nen Straf­an­stalt ein­ge­wie­sen, wenn die Ge­fahr be­steht, dass er flieht, oder zu er­war­ten ist, dass er wei­te­re Straf­ta­ten be­geht.

Art. 77  

Nor­mal­voll­zug

 

Der Ge­fan­ge­ne ver­bringt sei­ne Ar­beits‑, Ru­he- und Frei­zeit in der Re­gel in der An­stalt.

Art. 77a  

Ar­beitsex­ter­nat und Wohn­ex­ter­nat

 

1 Die Frei­heits­s­tra­fe wird in der Form des Ar­beitsex­ter­nats voll­zo­gen, wenn der Ge­fan­ge­ne einen Teil der Frei­heits­s­tra­fe, in der Re­gel min­des­tens die Hälf­te, ver­büsst hat und nicht zu er­war­ten ist, dass er flieht oder wei­te­re Straf­ta­ten be­geht.

2 Im Ar­beitsex­ter­nat ar­bei­tet der Ge­fan­ge­ne aus­ser­halb der An­stalt und ver­bringt die Ru­he- und Frei­zeit in der An­stalt. Der Wech­sel ins Ar­beitsex­ter­nat er­folgt in der Re­gel nach ei­nem Auf­ent­halt von an­ge­mes­se­ner Dau­er in ei­ner of­fe­nen An­stalt oder der of­fe­nen Ab­tei­lung ei­ner ge­schlos­se­nen An­stalt. Als Ar­bei­ten aus­ser­halb der An­stalt gel­ten auch Haus­ar­beit und Kin­der­be­treu­ung.

3 Be­währt sich der Ge­fan­ge­ne im Ar­beitsex­ter­nat, so er­folgt der wei­te­re Voll­zug in Form des Wohn- und Ar­beitsex­ter­nats. Da­bei wohnt und ar­bei­tet der Ge­fan­ge­ne aus­ser­halb der An­stalt, un­ter­steht aber wei­ter­hin der Straf­voll­zugs­be­hör­de.

Art. 77b105  

Halb­ge­fan­gen­schaft

 

1 Auf Ge­such des Ver­ur­teil­ten hin kann ei­ne Frei­heits­s­tra­fe von nicht mehr als 12 Mo­na­ten oder ei­ne nach An­rech­nung der Un­ter­su­chungs­haft ver­blei­ben­de Rest­stra­fe von nicht mehr als sechs Mo­na­ten in der Form der Halb­ge­fan­gen­schaft voll­zo­gen wer­den, wenn:

a.
nicht zu er­war­ten ist, dass der Ver­ur­teil­te flieht oder wei­te­re Straf­ta­ten be­geht; und
b.
der Ver­ur­teil­te ei­ner ge­re­gel­ten Ar­beit, Aus­bil­dung oder Be­schäf­ti­gung von min­des­tens 20 Stun­den pro Wo­che nach­geht.

2 Der Ge­fan­ge­ne setzt sei­ne Ar­beit, Aus­bil­dung oder Be­schäf­ti­gung aus­ser­halb der An­stalt fort und ver­bringt die Ru­he- und Frei­zeit in der An­stalt.

3 Die Halb­ge­fan­gen­schaft kann in ei­ner be­son­de­ren Ab­tei­lung ei­nes Un­ter­su­chungs­ge­fäng­nis­ses durch­ge­führt wer­den, wenn die not­wen­di­ge Be­treu­ung des Ver­ur­teil­ten ge­währ­leis­tet ist.

4 Er­füllt der Ver­ur­teil­te die Be­wil­li­gungs­vor­aus­set­zun­gen nicht mehr oder leis­tet er die Halb­ge­fan­gen­schaft trotz Mah­nung nicht ent­spre­chend den von der Voll­zugs­be­hör­de fest­ge­leg­ten Be­din­gun­gen und Auf­la­gen, so wird die Frei­heits­s­tra­fe im Nor­mal­voll­zug voll­zo­gen.

105 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 78  

Ein­zel­haft

 

Ein­zel­haft als un­un­ter­bro­che­ne Tren­nung von den an­de­ren Ge­fan­ge­nen darf nur an­ge­ord­net wer­den:

a.
bei An­tritt der Stra­fe und zur Ein­lei­tung des Voll­zugs für die Dau­er von höchs­tens ei­ner Wo­che;
b.
zum Schutz des Ge­fan­ge­nen oder Drit­ter;
c.
als Dis­zi­pli­nar­sank­ti­on;
d.106
zur Ver­hin­de­rung der Be­ein­flus­sung von Mit­ge­fan­ge­nen durch Ge­dan­ken­gut, das die Aus­übung von ter­ro­ris­ti­schen Ak­ti­vi­tä­ten be­güns­ti­gen kann, so­fern kon­kre­te An­halts­punk­te auf ei­ne sol­che Be­ein­flus­sung vor­lie­gen.

106 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 6 des BG vom 25. Sept. 2020 über po­li­zei­li­che Mass­nah­men zur Be­kämp­fung von Ter­ro­ris­mus, in Kraft seit 1. Ju­ni 2022 (AS 2021 565; 2022 300; BBl 2019 4751).

Art. 79107  
 

107 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 79a108  

Ge­mein­nüt­zi­ge Ar­beit

 

1 Ist nicht zu er­war­ten, dass der Ver­ur­teil­te flieht oder wei­te­re Straf­ta­ten be­geht, so kann auf sein Ge­such hin in der Form von ge­mein­nüt­zi­ger Ar­beit voll­zo­gen wer­den:

a.
ei­ne Frei­heits­s­tra­fe von nicht mehr als sechs Mo­na­ten;
b.
ei­ne nach An­rech­nung der Un­ter­su­chungs­haft ver­blei­ben­de Rest­stra­fe von nicht mehr als sechs Mo­na­ten; oder
c.
ei­ne Geld­stra­fe oder ei­ne Bus­se.

2 Die ge­mein­nüt­zi­ge Ar­beit ist aus­ge­schlos­sen für den Voll­zug ei­ner Er­satz­frei­heits­s­tra­fe.

3 Die ge­mein­nüt­zi­ge Ar­beit ist zu­guns­ten von so­zia­len Ein­rich­tun­gen, Wer­ken in öf­fent­li­chem In­ter­es­se oder hilfs­be­dürf­ti­gen Per­so­nen zu leis­ten. Sie wird un­ent­gelt­lich ge­leis­tet.

4 Vier Stun­den ge­mein­nüt­zi­ger Ar­beit ent­spre­chen ei­nem Tag Frei­heits­s­tra­fe, ei­nem Ta­ges­satz Geld­stra­fe oder ei­nem Tag Er­satz­frei­heits­s­tra­fe bei Über­tre­tun­gen.

5 Die Voll­zugs­be­hör­de be­stimmt dem Ver­ur­teil­ten ei­ne Frist von höchs­tens zwei Jah­ren, in­ner­halb der er die ge­mein­nüt­zi­ge Ar­beit zu leis­ten hat. Bei ge­mein­nüt­zi­ger Ar­beit zum Voll­zug ei­ner Bus­se be­trägt die Frist höchs­tens ein Jahr.

6 So­weit der Ver­ur­teil­te die ge­mein­nüt­zi­ge Ar­beit trotz Mah­nung nicht ent­spre­chend den von der Voll­zugs­be­hör­de fest­ge­leg­ten Be­din­gun­gen und Auf­la­gen oder nicht in­nert Frist leis­tet, wird die Frei­heits­s­tra­fe im Nor­mal­voll­zug oder in der Form der Halb­ge­fan­gen­schaft voll­zo­gen oder die Geld­stra­fe oder die Bus­se voll­streckt.

108 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 79b109  

Elek­tro­ni­sche Über­wa­chung

 

1 Die Voll­zugs­be­hör­de kann auf Ge­such des Ver­ur­teil­ten hin den Ein­satz elek­tro­ni­scher Ge­rä­te und de­ren fes­te Ver­bin­dung mit dem Kör­per des Ver­ur­teil­ten (elek­tro­ni­sche Über­wa­chung) an­ord­nen:

a.
für den Voll­zug ei­ner Frei­heits­s­tra­fe oder ei­ner Er­satz­frei­heits­stra­fe von 20 Ta­gen bis zu 12 Mo­na­ten; oder
b.
an­stel­le des Ar­beitsex­ter­na­tes oder des Ar­beits- und Wohn­ex­ter­na­tes für die Dau­er von 3 bis 12 Mo­na­ten.

2 Sie kann die elek­tro­ni­sche Über­wa­chung nur an­ord­nen, wenn:

a.
nicht zu er­war­ten ist, dass der Ver­ur­teil­te flieht oder wei­te­re Straf­ta­ten be­geht;
b.
der Ver­ur­teil­te über ei­ne dau­er­haf­te Un­ter­kunft ver­fügt;
c.
der Ver­ur­teil­te ei­ner ge­re­gel­ten Ar­beit, Aus­bil­dung oder Be­schäf­ti­gung von min­des­tens 20 Stun­den pro Wo­che nach­geht oder ihm ei­ne sol­che zu­ge­wie­sen wer­den kann;
d.
die mit dem Ver­ur­teil­ten in der­sel­ben Woh­nung le­ben­den er­wach­se­nen Per­so­nen zu­stim­men; und
e.
der Ver­ur­teil­te ei­nem für ihn aus­ge­ar­bei­te­ten Voll­zugs­plan zu­stimmt.

3 Sind die Vor­aus­set­zun­gen nach Ab­satz 2 Buch­sta­be a, b oder c nicht mehr er­füllt oder ver­letzt der Ver­ur­teil­te sei­ne im Voll­zugs­plan fest­ge­hal­te­nen Pflich­ten, so kann die Voll­zugs­be­hör­de den Voll­zug in Form der elek­tro­ni­schen Über­wa­chung ab­bre­chen und den Voll­zug der Frei­heits­s­tra­fe im Nor­mal­voll­zug oder in der Form der Halb­ge­fan­gen­schaft an­ord­nen oder die dem Ver­ur­teil­ten zu­ste­hen­de freie Zeit ein­schrän­ken.

109 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 80  

Ab­wei­chen­de Voll­zugs­for­men

 

1 Von den für den Voll­zug gel­ten­den Re­geln darf zu Guns­ten des Ge­fan­ge­nen ab­ge­wi­chen wer­den:

a.
wenn der Ge­sund­heits­zu­stand des Ge­fan­ge­nen dies er­for­dert;
b.
bei Schwan­ger­schaft, Ge­burt und für die Zeit un­mit­tel­bar nach der Ge­burt;
c.
zur ge­mein­sa­men Un­ter­brin­gung von Mut­ter und Klein­kind, so­fern dies auch im In­ter­es­se des Kin­des liegt.

2 Wird die Stra­fe nicht in ei­ner Straf­an­stalt, son­dern in ei­ner an­de­ren ge­eig­ne­ten Ein­rich­tung voll­zo­gen, so un­ter­steht der Ge­fan­ge­ne den Reg­­le­men­ten die­ser Ein­rich­tung, so­weit die Voll­zugs­be­hör­de nichts an­de­res ver­fügt.

Art. 81  

Ar­beit

 

1 Der Ge­fan­ge­ne ist zur Ar­beit ver­pflich­tet. Die Ar­beit hat so weit als mög­lich sei­nen Fä­hig­kei­ten, sei­ner Aus­bil­dung und sei­nen Nei­gun­gen zu ent­spre­chen.

2 Der Ge­fan­ge­ne kann mit sei­ner Zu­stim­mung bei ei­nem pri­va­ten Ar­beit­ge­ber be­schäf­tigt wer­den.

Art. 82  

Aus- und Wei­ter­bil­dung

 

Dem Ge­fan­ge­nen ist bei Eig­nung nach Mög­lich­keit Ge­le­gen­heit zu ei­ner sei­nen Fä­hig­kei­ten ent­spre­chen­den Aus- und Wei­ter­bil­dung zu ge­ben.

Art. 83  

Ar­beits­ent­gelt

 

1 Der Ge­fan­ge­ne er­hält für sei­ne Ar­beit ein von sei­ner Leis­tung ab­hän­gi­ges und den Um­stän­den an­ge­pass­tes Ent­gelt.

2 Der Ge­fan­ge­ne kann wäh­rend des Voll­zugs nur über einen Teil sei­nes Ar­beits­ent­gel­tes frei ver­fü­gen. Aus dem an­de­ren Teil wird für die Zeit nach der Ent­las­sung ei­ne Rück­la­ge ge­bil­det. Das Ar­beits­ent­gelt darf we­der ge­pfän­det noch mit Ar­rest be­legt noch in ei­ne Kon­kurs­mas­se ein­be­zo­gen wer­den. Je­de Ab­tre­tung und Ver­pfän­dung des Ar­beits­ent­gel­tes ist nich­tig.

3 Nimmt der Ge­fan­ge­ne an ei­ner Aus- und Wei­ter­bil­dung teil, wel­che der Voll­zugs­plan an Stel­le ei­ner Ar­beit vor­sieht, so er­hält er ei­ne an­ge­mes­se­ne Ver­gü­tung.

Art. 84  

Be­zie­hun­gen zur Aus­sen­welt

 

1 Der Ge­fan­ge­ne hat das Recht, Be­su­che zu emp­fan­gen und mit Per­so­nen aus­ser­halb der An­stalt Kon­takt zu pfle­gen. Der Kon­takt mit na­he ste­hen­den Per­so­nen ist zu er­leich­tern.

2 Der Kon­takt kann kon­trol­liert und zum Schutz der Ord­nung und Si­cher­heit der Straf­an­stalt be­schränkt oder un­ter­sagt wer­den. Die Über­wa­chung von Be­su­chen ist oh­ne Wis­sen der Be­tei­lig­ten nicht zu­läs­sig. Vor­be­hal­ten blei­ben straf­pro­zes­sua­le Mass­nah­men zur Si­cher­stel­lung ei­ner Straf­ver­fol­gung.

3 Geist­li­chen, Ärz­ten, Rechts­an­wäl­ten, No­ta­ren und Vor­mün­dern so­wie Per­so­nen mit ver­gleich­ba­ren Auf­ga­ben kann in­ner­halb der all­ge­mei­nen An­stalts­ord­nung der freie Ver­kehr mit den Ge­fan­ge­nen ge­stat­tet wer­den.

4 Der Kon­takt mit Ver­tei­di­gern ist zu ge­stat­ten. Be­su­che des Ver­tei­di­gers dür­fen be­auf­sich­tigt, die Ge­sprä­che aber nicht mit­ge­hört wer­den. Ei­ne in­halt­li­che Über­prü­fung der Kor­re­spon­denz und an­walt­li­cher Schrift­stücke ist nicht ge­stat­tet. Der an­walt­li­che Kon­takt kann bei Miss­brauch von der zu­stän­di­gen Be­hör­de un­ter­sagt wer­den.

5 Der Ver­kehr mit den Auf­sichts­be­hör­den darf nicht kon­trol­liert wer­den.

6 Dem Ge­fan­ge­nen ist zur Pfle­ge der Be­zie­hun­gen zur Aus­sen­welt, zur Vor­be­rei­tung sei­ner Ent­las­sung oder aus be­son­de­ren Grün­den in an­ge­mes­se­nem Um­fang Ur­laub zu ge­wäh­ren, so­weit sein Ver­hal­ten im Straf­voll­zug dem nicht ent­ge­gen­steht und kei­ne Ge­fahr be­steht, dass er flieht oder wei­te­re Straf­ta­ten be­geht.

6bis Le­bens­läng­lich ver­wahr­ten Straf­tä­tern wer­den wäh­rend des der Ver­wah­rung vor­aus­ge­hen­den Straf­voll­zugs kei­ne Ur­lau­be oder an­de­re Voll­zugs­öff­nun­gen ge­währt.110

7 Vor­be­hal­ten blei­ben Ar­ti­kel 36 des Wie­ner Über­ein­kom­mens vom 24. April 1963111 über kon­su­la­ri­sche Be­zie­hun­gen so­wie an­de­re für die Schweiz ver­bind­li­che völ­ker­recht­li­che Re­geln über den Be­suchs- und Brief­ver­kehr.

110 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007 (Le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung ex­trem ge­fähr­li­cher Straf­tä­ter), in Kraft seit 1. Aug. 2008 (AS 2008 2961; BBl 2006 889).

111 SR 0.191.02

Art. 85  

Kon­trol­len und Un­ter­su­chun­gen

 

1 Die per­sön­li­chen Ef­fek­ten und die Un­ter­kunft des Ge­fan­ge­nen kön­nen zum Schutz der Ord­nung und Si­cher­heit der Straf­an­stalt durch­sucht wer­den.

2 Beim Ge­fan­ge­nen, der im Ver­dacht steht, auf sich oder in sei­nem Kör­per un­er­laub­te Ge­gen­stän­de zu ver­ber­gen, kann ei­ne Lei­bes­vi­si­ta­ti­on durch­ge­führt wer­den. Die­se ist von ei­ner Per­son glei­chen Ge­schlechts vor­zu­neh­men. Ist sie mit ei­ner Ent­klei­dung ver­bun­den, so ist sie in Ab­we­sen­heit der an­de­ren Ge­fan­ge­nen durch­zu­füh­ren. Un­ter­su­chun­gen im Kör­perin­nern sind von ei­nem Arzt oder von an­de­rem me­di­zi­ni­schem Per­so­nal vor­zu­neh­men.

Art. 86  

Be­ding­te Ent­las­sung.

a. Ge­wäh­rung

 

1 Hat der Ge­fan­ge­ne zwei Drit­tel sei­ner Stra­fe, min­des­tens aber drei Mo­na­te ver­büsst, so ist er durch die zu­stän­di­ge Be­hör­de be­dingt zu ent­las­sen, wenn es sein Ver­hal­ten im Straf­voll­zug recht­fer­tigt und nicht an­zu­neh­men ist, er wer­de wei­te­re Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­ge­hen.

2 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de prüft von Am­tes we­gen, ob der Ge­fan­ge­ne be­dingt ent­las­sen wer­den kann. Sie holt einen Be­richt der An­stalts­lei­tung ein. Der Ge­fan­ge­ne ist an­zu­hö­ren.

3 Wird die be­ding­te Ent­las­sung ver­wei­gert, so hat die zu­stän­di­ge Be­hör­de min­des­tens ein­mal jähr­lich neu zu prü­fen, ob sie ge­währt wer­den kann.

4 Hat der Ge­fan­ge­ne die Hälf­te sei­ner Stra­fe, min­des­tens aber drei Mo­na­te ver­büsst, so kann er aus­nahms­wei­se be­dingt ent­las­sen wer­den, wenn aus­ser­or­dent­li­che, in der Per­son des Ge­fan­ge­nen lie­gen­de Um­stän­de dies recht­fer­ti­gen.

5 Bei ei­ner le­bens­lan­gen Frei­heits­s­tra­fe ist die be­ding­te Ent­las­sung nach Ab­satz 1 frü­he­s­tens nach 15, nach Ab­satz 4 frü­he­s­tens nach zehn Jah­ren mög­lich.

Art. 87  

b. Pro­be­zeit

 

1 Dem be­dingt Ent­las­se­nen wird ei­ne Pro­be­zeit auf­er­legt, de­ren Dau­er dem Straf­rest ent­spricht. Sie be­trägt je­doch min­des­tens ein Jahr und höchs­tens fünf Jah­re.

2 Die Voll­zugs­be­hör­de ord­net in der Re­gel für die Dau­er der Pro­be­zeit Be­wäh­rungs­hil­fe an. Sie kann dem be­dingt Ent­las­se­nen Wei­sun­gen er­tei­len.

3 Er­folg­te die be­ding­te Ent­las­sung aus ei­ner Frei­heits­s­tra­fe, die we­gen ei­ner Straf­tat nach Ar­ti­kel 64 Ab­satz 1 ver­hängt wor­den war, und er­schei­nen bei Ab­lauf der Pro­be­zeit die Be­wäh­rungs­hil­fe oder Wei­sun­gen wei­ter­hin not­wen­dig, um der Ge­fahr wei­te­rer Straf­ta­ten die­ser Art zu be­geg­nen, so kann das Ge­richt auf An­trag der Voll­zugs­be­hör­de die Be­wäh­rungs­hil­fe oder die Wei­sun­gen je­weils um ein bis fünf Jah­re ver­län­gern oder für die­se Zeit neue Wei­sun­gen an­ord­nen. Die Rück­ver­set­zung in den Straf­voll­zug nach Ar­ti­kel 95 Ab­satz 5 ist in die­sem Fall nicht mög­lich.

Art. 88  

c. Be­wäh­rung

 

Hat sich der be­dingt Ent­las­se­ne bis zum Ab­lauf der Pro­be­zeit be­währt, so ist er end­gül­tig ent­las­sen.

Art. 89  

d. Nicht­be­wäh­rung

 

1 Be­geht der be­dingt Ent­las­se­ne wäh­rend der Pro­be­zeit ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen, so ord­net das für die Be­ur­tei­lung der neu­en Tat zu­stän­di­ge Ge­richt die Rück­ver­set­zung an.

2 Ist trotz des wäh­rend der Pro­be­zeit be­gan­ge­nen Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens nicht zu er­war­ten, dass der Ver­ur­teil­te wei­te­re Straf­ta­ten be­ge­hen wird, so ver­zich­tet das Ge­richt auf ei­ne Rück­ver­set­zung. Es kann den Ver­ur­teil­ten ver­war­nen und die Pro­be­zeit um höchs­tens die Hälf­te der von der zu­stän­di­gen Be­hör­de ur­sprüng­lich fest­ge­setz­ten Dau­er ver­län­gern. Er­folgt die Ver­län­ge­rung erst nach Ab­lauf der Pro­be­zeit, so be­ginnt sie am Tag der An­ord­nung. Die Be­stim­mun­gen über die Be­wäh­rungs­hil­fe und die Wei­sun­gen sind an­wend­bar (Art. 93–95).

3 Ent­zieht sich der be­dingt Ent­las­se­ne der Be­wäh­rungs­hil­fe oder miss­ach­tet er die Wei­sun­gen, so sind die Ar­ti­kel 95 Ab­sät­ze 3–5 an­wend­bar.

4 Die Rück­ver­set­zung darf nicht mehr an­ge­ord­net wer­den, wenn seit dem Ab­lauf der Pro­be­zeit drei Jah­re ver­gan­gen sind.

5 Die Un­ter­su­chungs­haft, die der Tä­ter wäh­rend des Ver­fah­rens der Rück­ver­set­zung aus­ge­stan­den hat, ist auf den Straf­rest an­zu­rech­nen.

6 Sind auf Grund der neu­en Straf­tat die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne un­be­ding­te Frei­heits­s­tra­fe er­füllt und trifft die­se mit der durch den Wi­der­ruf voll­zieh­bar ge­wor­de­nen Rest­stra­fe zu­sam­men, so bil­det das Ge­richt in An­wen­dung von Ar­ti­kel 49 ei­ne Ge­samt­stra­fe. Auf die­se sind die Re­geln der be­ding­ten Ent­las­sung er­neut an­wend­bar. Wird nur die Rest­stra­fe voll­zo­gen, so ist Ar­ti­kel 86 Ab­sät­ze 1–4 an­wend­bar.

7 Trifft ei­ne durch den Ent­scheid über die Rück­ver­set­zung voll­zieh­bar ge­wor­de­ne Rest­stra­fe mit dem Voll­zug ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61 zu­sam­men, so ist Ar­ti­kel 57 Ab­sät­ze 2 und 3 an­wend­bar.

Art. 90  

3. Voll­zug von Mass­nah­men

 

1 Ei­ne Per­son, die sich im Voll­zug ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61 be­fin­det, darf nur dann un­un­ter­bro­chen von den an­dern Ein­ge­wie­se­nen ge­trennt un­ter­ge­bracht wer­den, wenn dies un­er­läss­lich ist:

a.
als vor­über­ge­hen­de the­ra­peu­ti­sche Mass­nah­me;
b.
zum Schutz des Ein­ge­wie­se­nen oder Drit­ter;
c.
als Dis­zi­pli­nar­sank­ti­on;
d.112
zur Ver­hin­de­rung der Be­ein­flus­sung von an­de­ren Ein­ge­wie­se­nen durch Ge­dan­ken­gut, das die Aus­übung von ter­ro­ris­ti­schen Ak­ti­vi­tä­ten be­güns­ti­gen kann, so­fern kon­kre­te An­halts­punk­te auf ei­ne sol­che Be­ein­flus­sung vor­lie­gen.

2 Zu Be­ginn des Voll­zugs der Mass­nah­me wird zu­sam­men mit dem Ein­ge­wie­se­nen oder sei­nem ge­setz­li­chen Ver­tre­ter ein Voll­zugs­plan er­stellt. Die­ser ent­hält na­ment­lich An­ga­ben über die Be­hand­lung der psy­chi­schen Stö­rung, der Ab­hän­gig­keit oder der Ent­wick­lungs­stö­rung des Ein­ge­wie­se­nen so­wie zur Ver­mei­dung von Dritt­ge­fähr­dung.

2bis Mass­nah­men nach den Ar­ti­keln 59–61 und 64 kön­nen in der Form des Wohn- und Ar­beitsex­ter­nats voll­zo­gen wer­den, wenn be­grün­de­te Aus­sicht be­steht, dass dies ent­schei­dend da­zu bei­trägt, den Zweck der Mass­nah­me zu er­rei­chen, und wenn kei­ne Ge­fahr be­steht, dass der Ein­ge­wie­se­ne flieht oder wei­te­re Straf­ta­ten be­geht. Ar­ti­kel 77a Ab­sät­ze 2 und 3 gilt sinn­ge­mä­ss.113

3 Ist der Ein­ge­wie­se­ne ar­beits­fä­hig, so wird er zur Ar­beit an­ge­hal­ten, so­weit sei­ne sta­tio­näre Be­hand­lung oder Pfle­ge dies er­for­dert oder zu­lässt. Die Ar­ti­kel 81–83 sind sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

4 Für die Be­zie­hun­gen des Ein­ge­wie­se­nen zur Aus­sen­welt gilt Ar­ti­kel 84 sinn­ge­mä­ss, so­fern nicht Grün­de der sta­tio­nären Be­hand­lung wei­ter ge­hen­de Ein­schrän­kun­gen ge­bie­ten.

4bis Für die Ein­wei­sung in ei­ne of­fe­ne Ein­rich­tung und für die Be­wil­li­gung von Voll­zugs­öff­nun­gen gilt Ar­ti­kel 75a sinn­ge­mä­ss.114

4ter Wäh­rend der le­bens­läng­li­chen Ver­wah­rung wer­den kei­ne Ur­lau­be oder an­de­re Voll­zugs­öff­nun­gen be­wil­ligt.115

5 Für Kon­trol­len und Un­ter­su­chun­gen gilt Ar­ti­kel 85 sinn­ge­mä­ss.

112 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 6 des BG vom 25. Sept. 2020 über po­li­zei­li­che Mass­nah­men zur Be­kämp­fung von Ter­ro­ris­mus, in Kraft seit 1. Ju­ni 2022 (AS 2021 565; 2022 300; BBl 2019 4751).

113 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

114 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

115 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 21. Dez. 2007 (Le­bens­läng­li­che Ver­wah­rung ex­trem ge­fähr­li­cher Straf­tä­ter), in Kraft seit 1. Aug. 2008 (AS 2008 2961; BBl 2006 889).

Art. 91  

4. Ge­mein­sa­me Be­stim­mun­gen.

Dis­zi­pli­nar­recht

 

1 Ge­gen Ge­fan­ge­ne und Ein­ge­wie­se­ne, wel­che in schuld­haf­ter Wei­se ge­gen Straf­voll­zugs­vor­schrif­ten oder den Voll­zugs­plan ver­stos­sen, kön­­nen Dis­zi­pli­nar­sank­tio­nen ver­hängt wer­den.

2 Dis­zi­pli­nar­sank­tio­nen sind:

a.
der Ver­weis;
b.
der zeit­wei­se Ent­zug oder die Be­schrän­kung der Ver­fü­gung über Geld­mit­tel, der Frei­zeit­be­schäf­ti­gung oder der Aus­sen­kon­tak­te;
c.116
die Bus­se; so­wie
d.117
der Ar­rest als ei­ne zu­sätz­li­che Frei­heits­be­schrän­kung.

3 Die Kan­to­ne er­las­sen für den Straf- und Mass­nah­men­voll­zug ein Dis­zi­pli­nar­recht. Die­ses um­schreibt die Dis­zi­plin­ar­tat­be­stän­de, be­stimmt die Sank­tio­nen und de­ren Zu­mes­sung und re­gelt das Ver­fah­ren.

116 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 24. März 2006 (Kor­rek­tu­ren am Sank­ti­ons- und Straf­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3539; BBl 2005 4689).

117 Ur­sprüng­lich Bst. c.

Art. 92  

Un­ter­bre­chung des Voll­zugs

 

Der Voll­zug von Stra­fen und Mass­nah­men darf aus wich­ti­gen Grün­den un­ter­bro­chen wer­den.

Art. 92a118  

In­for­ma­ti­ons- recht

 

1 Op­fer und An­ge­hö­ri­ge des Op­fers im Sin­ne von Ar­ti­kel 1 Ab­sät­ze 1 und 2 des Op­fer­hil­fe­ge­set­zes vom 23. März 2007119 (OHG) so­wie Drit­te, so­weit die­se über ein schutz­wür­di­ges In­ter­es­se ver­fü­gen, kön­nen mit schrift­li­chem Ge­such ver­lan­gen, dass sie von der Voll­zugs­be­hör­de über Fol­gen­des in­for­miert wer­den:

a.
über den Zeit­punkt des Straf- oder Mass­nah­men­an­tritts des Ver­ur­teil­ten, die Voll­zug­s­ein­rich­tung, die Voll­zugs­form, so­fern sie vom Nor­mal­voll­zug ab­weicht, Voll­zugs­un­ter­bre­chun­gen, Voll­zugs­öff­nun­gen (Art. 75a Abs. 2), die be­ding­te oder de­fi­ni­ti­ve Ent­las­sung so­wie die Rück­ver­set­zung in den Straf- oder Mass­nah­men­voll­zug;
b.
um­ge­hend über ei­ne Flucht des Ver­ur­teil­ten und de­ren Be­en­di­gung.

2 Die Voll­zugs­be­hör­de ent­schei­det nach An­hö­rung des Ver­ur­teil­ten über das Ge­such.

3 Sie kann nur dann die In­for­ma­ti­on ver­wei­gern oder einen frü­he­ren Ent­scheid zu in­for­mie­ren wi­der­ru­fen, wenn be­rech­tig­te In­ter­es­sen des Ver­ur­teil­ten über­wie­gen.

4 Heisst die Voll­zugs­be­hör­de ein Ge­such gut, so macht sie die in­for­ma­ti­ons­be­rech­tig­te Per­son auf die Ver­trau­lich­keit der be­kannt ge­ge­be­nen In­for­ma­tio­nen auf­merk­sam. Per­so­nen, die An­spruch auf Op­fer­hil­fe nach dem OHG ha­ben, sind ge­gen­über der be­ra­ten­den Per­son ei­ner Be­ra­tungs­stel­le nach Ar­ti­kel 9 OHG nicht zur Ver­trau­lich­keit ver­pflich­tet.

118 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 26. Sept. 2014 über das In­for­ma­ti­ons­recht des Op­fers, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 1623; BBl 2014 889913). Sie­he auch die UeB die­ser Änd. am Schluss des Tex­tes.

119 SR 312.5

Fünfter Titel: Bewährungshilfe, Weisungen und freiwillige soziale Betreuung

Art. 93  

Be­wäh­rungs­hil­fe

 

1 Mit der Be­wäh­rungs­hil­fe sol­len die be­treu­ten Per­so­nen vor Rück­fäl­lig­keit be­wahrt und so­zi­al in­te­griert wer­den. Die für die Be­wäh­rungs­hil­fe zu­stän­di­ge Be­hör­de leis­tet und ver­mit­telt die hier­für er­for­der­li­che So­zi­al- und Fach­hil­fe.

2 Per­so­nen, die in der Be­wäh­rungs­hil­fe tä­tig sind, ha­ben über ih­re Wahr­neh­mun­gen zu schwei­gen. Sie dür­fen Aus­künf­te über die per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se der be­treu­ten Per­son Drit­ten nur ge­ben, wenn die be­treu­te Per­son oder die für die Be­wäh­rungs­hil­fe zu­stän­di­ge Per­son schrift­lich zu­stimmt.

3 Die Be­hör­den der Straf­rechts­pfle­ge kön­nen bei der für die Be­wäh­rungs­hil­fe zu­stän­di­gen Be­hör­de einen Be­richt über die be­treu­te Per­son ein­ho­len.

Art. 94  

Wei­sun­gen

 

Die Wei­sun­gen, wel­che das Ge­richt oder die Straf­voll­zugs­be­hör­de dem Ver­ur­teil­ten für die Pro­be­zeit er­tei­len kann, be­tref­fen ins­be­son­de­re die Be­rufs­aus­übung, den Auf­ent­halt, das Füh­ren ei­nes Mo­tor­fahr­zeu­ges, den Scha­den­er­satz so­wie die ärzt­li­che und psy­cho­lo­gi­sche Be­treu­ung.

Art. 95  

Ge­mein­sa­me Be­stim­mun­gen

 

1 Das Ge­richt und die Straf­voll­zugs­be­hör­de kön­nen vor ih­rem Ent­scheid über Be­wäh­rungs­hil­fe und Wei­sun­gen einen Be­richt der Be­hör­de ein­ho­len, die für die Be­wäh­rungs­hil­fe, die Kon­trol­le der Wei­sun­gen oder den Voll­zug der Tä­tig­keits­ver­bo­te oder der Kon­takt- und Ray­on­ver­bo­te zu­stän­dig ist.120 Die be­trof­fe­ne Per­son kann zum Be­richt Stel­lung neh­men. Ab­wei­chen­de Stel­lung­nah­men sind im Be­richt fest­zu­hal­ten.

2 Die An­ord­nung von Be­wäh­rungs­hil­fe und die Wei­sun­gen sind im Ur­teil oder im Ent­scheid fest­zu­hal­ten und zu be­grün­den.

3 Ent­zieht sich der Ver­ur­teil­te der Be­wäh­rungs­hil­fe oder miss­ach­tet er die Wei­sun­gen oder sind die Be­wäh­rungs­hil­fe oder die Wei­sun­gen nicht durch­führ­bar oder nicht mehr er­for­der­lich, so er­stat­tet die zu­stän­di­ge Be­hör­de dem Ge­richt oder den Straf­voll­zugs­be­hör­den Be­richt.

4 Das Ge­richt oder die Straf­voll­zugs­be­hör­de kann in den Fäl­len nach Ab­satz 3:

a.
die Pro­be­zeit um die Hälf­te ver­län­gern;
b.
die Be­wäh­rungs­hil­fe auf­he­ben oder neu an­ord­nen;
c.
die Wei­sun­gen än­dern, auf­he­ben oder neue Wei­sun­gen er­tei­len.

5 Das Ge­richt kann in den Fäl­len nach Ab­satz 3 die be­ding­te Stra­fe wi­der­ru­fen oder die Rück­ver­set­zung in den Straf- oder Mass­nah­men­voll­zug an­ord­nen, wenn ernst­haft zu er­war­ten ist, dass der Ver­ur­teil­te neue Straf­ta­ten be­geht.

120 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

Art. 96  

So­zia­le Be­treu­ung

 

Die Kan­to­ne stel­len für die Dau­er des Straf­ver­fah­rens und des Straf­voll­zugs ei­ne so­zia­le Be­treu­ung si­cher, die frei­wil­lig in An­spruch ge­nom­men wer­den kann.

Sechster Titel: Verjährung

Art. 97  

1. Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung.

Fris­ten

 

1 Die Straf­ver­fol­gung ver­jährt, wenn die für die Tat an­ge­droh­te Höchst­stra­fe:

a.
le­bens­läng­li­che Frei­heits­s­tra­fe ist: in 30 Jah­ren;
b.
ei­ne Frei­heits­s­tra­fe von mehr als drei Jah­ren ist: in 15 Jah­ren;
c.
ei­ne Frei­heits­s­tra­fe von drei Jah­ren ist: in 10 Jah­ren;
d.
ei­ne an­de­re Stra­fe ist: in 7 Jah­ren.121

2 Bei se­xu­el­len Hand­lun­gen mit Kin­dern (Art. 187) und Ab­hän­gi­gen (Art. 188) so­wie bei Straf­ta­ten nach den Ar­ti­keln 111, 113, 122, 124, 182, 189–191, 195 und 197 Ab­satz 3, die sich ge­gen ein Kind un­ter 16 Jah­ren rich­ten, dau­ert die Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung in je­dem Fall min­des­tens bis zum vollen­de­ten 25. Le­bens­jahr des Op­fers.122

3 Ist vor Ab­lauf der Ver­jäh­rungs­frist ein ers­tin­stanz­li­ches Ur­teil er­gan­gen, so tritt die Ver­jäh­rung nicht mehr ein.

4 Die Ver­jäh­rung der Straf­ver­fol­gung von se­xu­el­len Hand­lun­gen mit Kin­dern (Art. 187) und min­der­jäh­ri­gen Ab­hän­gi­gen (Art. 188) so­wie von Straf­ta­ten nach den Ar­ti­keln 111–113, 122, 182, 189–191 und 195, die sich ge­gen ein Kind un­ter 16 Jah­ren rich­ten, be­misst sich nach den Ab­sät­zen 1–3, wenn die Straf­tat vor dem In­kraft­tre­ten der Än­de­rung vom 5. Ok­to­ber 2001123 be­gan­gen wor­den ist und die Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung zu die­sem Zeit­punkt noch nicht ein­ge­tre­ten ist.124

121 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 21. Ju­ni 2013 (Ver­län­ge­rung der Ver­fol­gungs-ver­jäh­rung), in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 20134417; BBl 2012 9253).

122 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des BB vom 27. Sept. 2013 (Lanz­aro­te-Kon­ven­ti­on), in Kraft seit 1. Ju­li 2014 (AS 2014 1159; BBl 2012 7571).

123 AS 2002 2993

124 Fas­sung ge­mä­ss Art. 2 Ziff. 1 des BB vom 24. März 2006 über die Ge­neh­mi­gung und die Um­set­zung des Fa­kul­ta­tiv­pro­to­kolls vom 25. Mai 2000 zum Über­eink. über die Rech­te des Kin­des, be­tref­fend den Ver­kauf von Kin­dern, die Kin­der­pro­sti­tu­ti­on und die Kin­der­por­no­gra­fie, in Kraft seit 1. Dez. 2006 (AS 2006 5437; BBl 2005 2807).

Art. 98  

Be­ginn

 

Die Ver­jäh­rung be­ginnt:

a.
mit dem Tag, an dem der Tä­ter die straf­ba­re Tä­tig­keit aus­führt;
b.
wenn der Tä­ter die straf­ba­re Tä­tig­keit zu ver­schie­de­nen Zei­ten aus­führt, mit dem Tag, an dem er die letz­te Tä­tig­keit aus­führt;
c.
wenn das straf­ba­re Ver­hal­ten dau­ert, mit dem Tag, an dem die­ses Ver­hal­ten auf­hört.
Art. 99  

2. Voll­stre­ckungs­ver­jäh­rung.

Fris­ten

 

1 Die Stra­fen ver­jäh­ren in:

a.
30 Jah­ren, wenn ei­ne le­bens­läng­li­che Frei­heits­s­tra­fe aus­ge­spro­chen wur­de;
b.
25 Jah­ren, wenn ei­ne Frei­heits­s­tra­fe von zehn oder mehr Jah­ren aus­ge­spro­chen wur­de;
c.
20 Jah­ren, wenn ei­ne Frei­heits­s­tra­fe von min­des­tens fünf und we­ni­ger als zehn Jah­ren aus­ge­spro­chen wur­de;
d.
15 Jah­ren, wenn ei­ne Frei­heits­s­tra­fe von mehr als ei­nem und we­ni­ger als fünf Jah­ren aus­ge­spro­chen wur­de;
e.
fünf Jah­ren, wenn ei­ne an­de­re Stra­fe aus­ge­spro­chen wur­de.

2 Die Ver­jäh­rungs­frist ei­ner Frei­heits­s­tra­fe ver­län­gert sich:

a.
um die Zeit, wäh­rend der sich der Tä­ter im un­un­ter­bro­che­nen Voll­zug die­ser oder ei­ner an­de­ren Frei­heits­s­tra­fe oder Mass­nah­me, die un­mit­tel­bar vor­aus­ge­hend voll­zo­gen wird, be­fin­det;
b.
um die Dau­er der Pro­be­zeit bei be­ding­ter Ent­las­sung.
Art. 100  

Be­ginn

 

Die Ver­jäh­rung be­ginnt mit dem Tag, an dem das Ur­teil recht­lich voll­streck­bar wird. Bei der be­ding­ten Stra­fe oder beim vor­aus­ge­hen­den Voll­zug ei­ner Mass­nah­me be­ginnt sie mit dem Tag, an dem der Voll­zug der Stra­fe an­ge­ord­net wird.

Art. 101  

3. Un­ver­jähr­bar­keit

 

1 Kei­ne Ver­jäh­rung tritt ein für:

a.
Völ­ker­mord (Art. 264);
b.
Ver­bre­chen ge­gen die Mensch­lich­keit (Art. 264a Abs. 1 und 2);
c.
Kriegs­ver­bre­chen (Art. 264c Abs. 1–3, 264d Abs. 1 und 2, 264e Abs. 1 und 2, 264f, 264g Abs. 1 und 2 und 264h);
d.
Ver­bre­chen, die als Mit­tel zu Er­pres­sung oder Nö­ti­gung Leib und Le­ben vie­ler Men­schen in Ge­fahr brach­ten oder zu brin­gen droh­ten, na­ment­lich un­ter Ver­wen­dung von Mas­sen­ver­nich­tungs­mit­teln, durch Aus­lö­sen von Ka­ta­stro­phen oder durch Gei­sel­nah­me;
e.125
se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Kin­dern (Art. 187 Ziff. 1), se­xu­el­le Nö­ti­gung (Art. 189), Ver­ge­wal­ti­gung (Art. 190), Schän­dung (Art. 191), se­xu­el­le Hand­lun­gen mit An­stalts­pfleg­lin­gen, Ge­fan­ge­nen, Be­schul­dig­ten (Art. 192 Abs. 1) und Aus­nüt­zung der Not­la­ge (Art. 193 Abs. 1), wenn sie an Kin­dern un­ter 12 Jah­ren be­gan­gen wur­den.126

2 Wä­re die Straf­ver­fol­gung bei An­wen­dung der Ar­ti­kel 97 und 98 ver­jährt, so kann das Ge­richt die Stra­fe mil­dern.

3 Die Ab­sät­ze 1 Buch­sta­ben a, c und d so­wie 2 gel­ten, wenn die Straf­ver­fol­gung oder die Stra­fe am 1. Ja­nu­ar 1983 nach dem bis zu je­nem Zeit­punkt gel­ten­den Recht noch nicht ver­jährt war. Ab­satz 1Buch­sta­be b gilt, wenn die Straf­ver­fol­gung oder die Stra­fe beim In­kraft­tre­ten der Än­de­rung vom 18. Ju­ni 2010 die­ses Ge­set­zes nach bis­he­ri­gem Recht noch nicht ver­jährt war. Ab­satz 1 Buch­sta­be e gilt, wenn die Straf­ver­fol­gung oder die Stra­fe am 30. No­vem­ber 2008 nach dem bis zu je­nem Zeit­punkt gel­ten­den Recht noch nicht ver­jährt war.127 128

125 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 15. Ju­ni 2012 (Un­ver­jähr­bar­keit se­xu­el­ler und por­no­gra­fi­scher Straf­ta­ten an Kin­dern vor der Pu­ber­tät), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5951; BBl 2011 5977).

126 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 18. Ju­ni 2010 über die Än­de­rung von Bun­des­ge­set­zen zur Um­set­zung des Rö­mer Sta­tuts des In­ter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 4963; BBl 2008 3863).

127 Drit­ter Satz ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 15. Ju­ni 2012 (Un­ver­jähr­bar­keit se­xu­el­ler und por­no­gra­fi­scher Straf­ta­ten an Kin­dern vor der Pu­ber­tät), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5951; BBl 2011 5977).

128 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 18. Ju­ni 2010 über die Än­de­rung von Bun­des­ge­set­zen zur Um­set­zung des Rö­mer Sta­tuts des In­ter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 4963; BBl 2008 3863).

Siebenter Titel: Verantwortlichkeit des Unternehmens

Art. 102  

Straf­bar­keit

 

1 Wird in ei­nem Un­ter­neh­men in Aus­übung ge­schäft­li­cher Ver­rich­tung im Rah­men des Un­ter­neh­mens­zwecks ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­gan­gen und kann die­se Tat we­gen man­gel­haf­ter Or­ga­ni­sa­ti­on des Un­ter­neh­mens kei­ner be­stimm­ten na­tür­li­chen Per­son zu­ge­rech­net wer­den, so wird das Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen dem Un­ter­neh­men zu­ge­rech­net. In die­sem Fall wird das Un­ter­neh­men mit Bus­se bis zu 5 Mil­lio­nen Fran­ken be­straft.

2 Han­delt es sich da­bei um ei­ne Straf­tat nach den Ar­ti­keln 260ter, 260quin­quies, 305bis, 322ter, 322quin­quies, 322sep­ties Ab­satz 1 oder 322oc­ties, so wird das Un­ter­neh­men un­ab­hän­gig von der Straf­bar­keit na­tür­li­cher Per­so­nen be­straft, wenn dem Un­ter­neh­men vor­zu­wer­fen ist, dass es nicht al­le er­for­der­li­chen und zu­mut­ba­ren or­ga­ni­sa­to­ri­schen Vor­keh­ren ge­trof­fen hat, um ei­ne sol­che Straf­tat zu ver­hin­dern.129

3 Das Ge­richt be­misst die Bus­se ins­be­son­de­re nach der Schwe­re der Tat und der Schwe­re des Or­ga­ni­sa­ti­ons­man­gels und des an­ge­rich­te­ten Scha­dens so­wie nach der wirt­schaft­li­chen Lei­stungs­fä­hig­keit des Un­ter­neh­mens.

4 Als Un­ter­neh­men im Sin­ne die­ses Ti­tels gel­ten:

a.
ju­ris­ti­sche Per­so­nen des Pri­vat­rechts;
b.
ju­ris­ti­sche Per­so­nen des öf­fent­li­chen Rechts mit Aus­nah­me der Ge­biets­kör­per­schaf­ten;
c.
Ge­sell­schaf­ten;
d.
Ein­zel­fir­men130.

129 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2015 (Kor­rup­ti­onss­traf­recht), in Kraft seit 1. Ju­li 2016 (AS 2016 1287; BBl 2014 3591).

130 Heu­te: Ein­zel­un­ter­neh­men.

Art. 102a131  
 

131 Auf­ge­ho­ben durch An­hang 1 Ziff. II 8 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

Zweiter Teil: Übertretungen

Art. 103  

Be­griff

 

Über­tre­tun­gen sind Ta­ten, die mit Bus­se be­droht sind.

Art. 104  

An­wend­bar­keit der Be­stim­mun­gen des Ers­ten Teils

 

Die Be­stim­mun­gen des Ers­ten Teils gel­ten mit den nach­fol­gen­den Än­de­run­gen auch für die Über­tre­tun­gen.

Art. 105  

Kei­ne oder be­ding­te An­wend­bar­keit

 

1 Die Be­stim­mun­gen über die be­ding­ten und die teil­be­ding­ten Stra­fen (Art. 42 und 43), über die Lan­des­ver­wei­sung (Art. 66a–66d) so­wie über die Ver­ant­wort­lich­keit des Un­ter­neh­mens (Art. 102) sind bei Über­tre­tun­gen nicht an­wend­bar.132

2 Ver­such und Ge­hil­fen­schaft wer­den nur in den vom Ge­setz aus­drück­lich be­stimm­ten Fäl­len be­straft.

3 Frei­heits­ent­zie­hen­de Mass­nah­men (Art. 59–61 und 64), das Tä­tig­keits­ver­bot (Art. 67), das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot (Art. 67b) so­wie die Ver­öf­fent­li­chung des Ur­teils (Art. 68) sind nur in den vom Ge­setz aus­drück­lich be­stimm­ten Fäl­len zu­läs­sig.133

132 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 20. März 2015 (Um­set­zung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Aus­schaf­fung kri­mi­nel­ler Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).

133 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

Art. 106  

Bus­se

 

1 Be­stimmt es das Ge­setz nicht an­ders, so ist der Höchst­be­trag der Bus­se 10 000 Fran­ken.

2 Der Rich­ter spricht im Ur­teil für den Fall, dass die Bus­se schuld­haft nicht be­zahlt wird, ei­ne Er­satz­frei­heits­s­tra­fe von min­des­tens ei­nem Tag und höchs­tens drei Mo­na­ten aus.

3 Das Ge­richt be­misst Bus­se und Er­satz­frei­heits­s­tra­fe je nach den Ver­hält­nis­sen des Tä­ters so, dass die­ser die Stra­fe er­lei­det, die sei­nem Ver­schul­den an­ge­mes­sen ist.

4 Die Er­satz­frei­heits­s­tra­fe ent­fällt, so­weit die Bus­se nach­träg­lich be­zahlt wird.

5 Auf den Voll­zug und die Um­wand­lung sind die Ar­ti­kel 35 und 36 Ab­sät­ze 2–5 sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

Art. 107134  
 

134 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 108135  
 

135 Die­ser Art. bleibt aus ge­set­zes­tech­ni­schen Grün­den leer. Be­rich­tigt von der Re­dak­ti­ons­kom­mis­si­on der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG – SR 171.10).

Art. 109  

Ver­jäh­rung

 

Die Straf­ver­fol­gung und die Stra­fe ver­jäh­ren in drei Jah­ren.

Dritter Teil: Begriffe

Art. 110  
 

1 An­ge­hö­ri­ge ei­ner Per­son sind ihr Ehe­gat­te, ih­re ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin oder ihr ein­ge­tra­ge­ner Part­ner, ih­re Ver­wand­ten ge­ra­der Li­nie, ih­re voll­bür­ti­gen und halb­bür­ti­gen Ge­schwis­ter, ih­re Ad­op­tiv­el­tern, ih­re Ad­op­tiv­ge­schwis­ter und Ad­op­tiv­kin­der.136

2 Fa­mi­li­en­ge­nos­sen sind Per­so­nen, die in ge­mein­sa­mem Haus­halt le­ben.

3 Als Be­am­te gel­ten die Be­am­ten und An­ge­stell­ten ei­ner öf­fent­li­chen Ver­wal­tung und der Rechts­pfle­ge so­wie die Per­so­nen, die pro­vi­so­risch ein Amt be­klei­den oder pro­vi­so­risch bei ei­ner öf­fent­li­chen Ver­wal­tung oder der Rechts­pfle­ge an­ge­stellt sind oder vor­über­ge­hend amt­li­che Funk­tio­nen aus­üben.

3bis Stellt ei­ne Be­stim­mung auf den Be­griff der Sa­che ab, so fin­det sie ent­spre­chen­de An­wen­dung auf Tie­re.137

4 Ur­kun­densind Schrif­ten, die be­stimmt und ge­eig­net sind, oder Zei­chen, die be­stimmt sind, ei­ne Tat­sa­che von recht­li­cher Be­deu­tung zu be­wei­sen. Die Auf­zeich­nung auf Bild- und Da­ten­trä­gern steht der Schrift­form gleich, so­fern sie dem­sel­ben Zweck dient.

5 Öf­fent­li­che Ur­kun­den sind Ur­kun­den, die von Mit­glie­dern ei­ner Be­hör­de, Be­am­ten und Per­so­nen öf­fent­li­chen Glau­bens in Wahr­neh­mung ho­heit­li­cher Funk­tio­nen aus­ge­stellt wer­den. Nicht als öf­fent­li­che Ur­kun­den gel­ten Ur­kun­den, die von der Ver­wal­tung der wirt­schaft­li­chen Un­ter­neh­mun­gen und Mo­no­pol­be­trie­be des Staa­tes oder an­de­rer öf­fent­lich-recht­li­cher Kör­per­schaf­ten und An­stal­ten in zi­vil­recht­li­chen Ge­schäf­ten aus­ge­stellt wer­den.

6 Der Tag hat 24 auf­ein­an­der fol­gen­de Stun­den. Der Mo­nat und das Jahr wer­den nach der Ka­len­der­zeit be­rech­net.

7 Un­ter­su­chungs­haft ist je­de in ei­nem Straf­ver­fah­ren ver­häng­te Haft, Un­ter­su­chungs‑, Si­cher­heits- und Aus­lie­fe­rungs­haft.

136 Fas­sung ge­mä­ss Art. 37 Ziff. 1 des Part­ner­schafts­ge­set­zes vom 18. Ju­ni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2005 5685; BBl 2003 1288).

137 AS 2006 3583

Zweites Buch: Besondere Bestimmungen

Erster Titel: Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben

Art. 111  

1. Tö­tung.

Vor­sätz­li­che Tö­tung

 

Wer vor­sätz­lich einen Men­schen tö­tet, oh­ne dass ei­ne der be­son­dern Vor­aus­set­zun­gen der nach­fol­gen­den Ar­ti­kel zu­trifft, wird mit Frei­heits­s­tra­fe138 nicht un­ter fünf Jah­ren be­straft.

138Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 1 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

Art. 112139  

Mord

 

Han­delt der Tä­ter be­son­ders skru­pel­los, sind na­ment­lich sein Be­weg­grund, der Zweck der Tat oder die Art der Aus­füh­rung be­son­ders ver­werf­lich, so ist die Stra­fe le­bens­läng­li­che Frei­heits­s­tra­fe oder Frei­heits­s­tra­fe nicht un­ter zehn Jah­ren.140

139Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

140 Straf­dro­hun­gen neu um­schrie­ben ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 16 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 113141  

Tot­schlag

 

Han­delt der Tä­ter in ei­ner nach den Um­stän­den ent­schuld­ba­ren hef­ti­gen Ge­müts­be­we­gung oder un­ter gros­ser see­li­scher Be­las­tung, so ist die Stra­fe Frei­heits­s­tra­fe von ei­nem Jahr bis zu zehn Jah­ren.142

141Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

142 Straf­dro­hun­gen neu um­schrie­ben ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 16 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 114143  

Tö­tung auf Ver­lan­gen

 

Wer aus ach­tens­wer­ten Be­weg­grün­den, na­ment­lich aus Mit­leid, einen Men­schen auf des­sen ernst­haf­tes und ein­dring­li­ches Ver­lan­gen tö­tet, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe144 be­straft.

143Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

144Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 2 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

Art. 115  

Ver­lei­tung und Bei­hil­fe zum Selbst­mord

 

Wer aus selbst­süch­ti­gen Be­weg­grün­den je­man­den zum Selbst­mor­de ver­lei­tet oder ihm da­zu Hil­fe leis­tet, wird, wenn der Selbst­mord aus­ge­führt oder ver­sucht wur­de, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe145 be­straft.

145Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 3 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

Art. 116146  

Kin­de­stö­tung

 

Tö­tet ei­ne Mut­ter ihr Kind wäh­rend der Ge­burt oder so­lan­ge sie un­ter dem Ein­fluss des Ge­burts­vor­gan­ges steht, so wird sie mit Frei­heits­stra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

146Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

Art. 117  

Fahr­läs­si­ge Tö­tung

 

Wer fahr­läs­sig den Tod ei­nes Men­schen ver­ur­sacht, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 118147  

2. Schwan­ger­schafts­ab­bruch.

Straf­ba­rer Schwan­ger­schafts­ab­bruch

 

1 Wer ei­ne Schwan­ger­schaft mit Ein­wil­li­gung der schwan­ge­ren Frau ab­bricht oder ei­ne schwan­ge­re Frau zum Ab­bruch der Schwan­ger­schaft an­stif­tet oder ihr da­bei hilft, oh­ne dass die Vor­aus­set­zun­gen nach Ar­ti­kel 119 er­füllt sind, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Wer ei­ne Schwan­ger­schaft oh­ne Ein­wil­li­gung der schwan­ge­ren Frau ab­bricht, wird mit Frei­heits­s­tra­fe von ei­nem Jahr148 bis zu zehn Jah­ren be­straft.

3 Die Frau, die ih­re Schwan­ger­schaft nach Ab­lauf der zwölf­ten Wo­che seit Be­ginn der letz­ten Pe­ri­ode ab­bricht, ab­bre­chen lässt oder sich in an­de­rer Wei­se am Ab­bruch be­tei­ligt, oh­ne dass die Vor­aus­set­zun­gen nach Ar­ti­kel 119 Ab­satz 1 er­füllt sind, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

4 In den Fäl­len der Ab­sät­ze 1 und 3 tritt die Ver­jäh­rung in drei Jah­ren ein.149

147 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. März 2001 (Schwan­ger­schafts­ab­bruch), in Kraft seit 1. Okt. 2002 (AS 2002 2989; BBl 1998 30055376).

148Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 4 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

149Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 22. März 2002 (Ver­jäh­rung der Straf­ver­fol­gung), in Kraft seit 1. Okt. 2002 (AS 2002 2986; BBl 2002 26731649).

Art. 119150  

Straflo­ser Schwan­ger­schafts­ab­bruch

 

1 Der Ab­bruch ei­ner Schwan­ger­schaft ist straf­los, wenn er nach ärzt­li­chem Ur­teil not­wen­dig ist, da­mit von der schwan­ge­ren Frau die Ge­fahr ei­ner schwer­wie­gen­den kör­per­li­chen Schä­di­gung oder ei­ner schwe­ren see­li­schen Not­la­ge ab­ge­wen­det wer­den kann. Die Ge­fahr muss um­so grös­ser sein, je fort­ge­schrit­te­ner die Schwan­ger­schaft ist.

2 Der Ab­bruch ei­ner Schwan­ger­schaft ist eben­falls straf­los, wenn er in­ner­halb von zwölf Wo­chen seit Be­ginn der letz­ten Pe­ri­ode auf schrift­li­ches Ver­lan­gen der schwan­ge­ren Frau, die gel­tend macht, sie be­fin­de sich in ei­ner Not­la­ge, durch ei­ne zur Be­rufs­aus­übung zu­ge­las­se­ne Ärz­tin oder einen zur Be­rufs­aus­übung zu­ge­las­se­nen Arzt vor­ge­nom­men wird. Die Ärz­tin oder der Arzt hat per­sön­lich mit der Frau vor­her ein ein­ge­hen­des Ge­spräch zu füh­ren und sie zu be­ra­ten.

3 Ist die Frau nicht ur­teils­fä­hig, so ist die Zu­stim­mung ih­rer ge­setz­li­chen Ver­tre­te­rin oder ih­res ge­setz­li­chen Ver­tre­ters er­for­der­lich.

4 Die Kan­to­ne be­zeich­nen die Pra­xen und Spi­tä­ler, wel­che die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne fach­ge­rech­te Durch­füh­rung von Schwan­ger­schafts­ab­brü­chen und für ei­ne ein­ge­hen­de Be­ra­tung er­fül­len.

5 Ein Schwan­ger­schafts­ab­bruch wird zu sta­tis­ti­schen Zwe­cken der zu­stän­di­gen Ge­sund­heits­be­hör­de ge­mel­det, wo­bei die An­ony­mi­tät der be­trof­fe­nen Frau ge­währ­leis­tet wird und das Arzt­ge­heim­nis zu wah­ren ist.

150 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. März 2001 (Schwan­ger­schafts­ab­bruch), in Kraft seit 1. Okt. 2002 (AS 2002 2989; BBl 1998 30055376).

Art. 120151  

Über­tre­tun­gen durch Ärz­tin­nen oder Ärz­te

 

1 Mit Bus­se152 wird die Ärz­tin oder der Arzt be­straft, die oder der ei­ne Schwan­ger­schaft in An­wen­dung von Ar­ti­kel 119 Ab­satz 2 ab­bricht und es un­ter­lässt, vor dem Ein­griff:

a.
von der schwan­ge­ren Frau ein schrift­li­ches Ge­such zu ver­lan­gen;
b.
per­sön­lich mit der schwan­ge­ren Frau ein ein­ge­hen­des Ge­spräch zu füh­ren und sie zu be­ra­ten, sie über die ge­sund­heit­li­chen Ri­si­ken des Ein­griffs zu in­for­mie­ren und ihr ge­gen Un­ter­schrift einen Leit­fa­den aus­zu­hän­di­gen, wel­cher ent­hält:
1.
ein Ver­zeich­nis der kos­ten­los zur Ver­fü­gung ste­hen­den Be­ra­tungs­stel­len,
2.
ein Ver­zeich­nis von Ver­ei­nen und Stel­len, wel­che mo­ra­li­sche und ma­te­ri­el­le Hil­fe an­bie­ten, und
3.
Aus­kunft über die Mög­lich­keit, das ge­bo­re­ne Kind zur Ad­op­ti­on frei­zu­ge­ben;
c.
sich per­sön­lich zu ver­ge­wis­sern, dass ei­ne schwan­ge­re Frau un­ter 16 Jah­ren sich an ei­ne für Ju­gend­li­che spe­zia­li­sier­te Be­ra­tungs­stel­le ge­wandt hat.

2 Eben­so wird die Ärz­tin oder der Arzt be­straft, die oder der es un­ter­lässt, ge­mä­ss Ar­ti­kel 119 Ab­satz 5 einen Schwan­ger­schafts­ab­bruch der zu­stän­di­gen Ge­sund­heits­be­hör­de zu mel­den.

151 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. März 2001 (Schwan­ger­schafts­ab­bruch), in Kraft seit 1. Okt. 2002 (AS 2002 2989; BBl 1998 30055376).

152Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 5 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

Art. 121153  
 

153 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I des BG vom 23. März 2001 (Schwan­ger­schafts­ab­bruch), mit Wir­kung seit 1. Okt. 2002 (AS 2002 2989; BBl 1998 30055376).

Art. 122154  

3. Kör­per­ver­let­zung.

Schwe­re Kör­per­ver­let­zung

 

Wer vor­sätz­lich einen Men­schen le­bens­ge­fähr­lich ver­letzt,

wer vor­sätz­lich den Kör­per, ein wich­ti­ges Or­gan oder Glied ei­nes Men­schen ver­stüm­melt oder ein wich­ti­ges Or­gan oder Glied un­brauch­bar macht, einen Men­schen blei­bend ar­beits­un­fä­hig, ge­brech­lich oder geis­tes­krank macht, das Ge­sicht ei­nes Men­schen arg und blei­bend ent­stellt,

wer vor­sätz­lich ei­ne an­de­re schwe­re Schä­di­gung des Kör­pers oder der kör­per­li­chen oder geis­ti­gen Ge­sund­heit ei­nes Men­schen ver­ur­sacht,

wird mit Frei­heits­s­tra­fe von sechs Mo­na­ten bis zu zehn Jah­ren be­straft.155

154Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

155 Straf­dro­hun­gen neu um­schrie­ben ge­mä­ss Ziff. II 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­rung des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 123156  

Ein­fa­che Kör­per­ver­let­zung

 

1. Wer vor­sätz­lich einen Men­schen in an­de­rer Wei­se an Kör­per oder Ge­sund­heit schä­digt, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

In leich­ten Fäl­len kann der Rich­ter die Stra­fe mil­dern (Art. 48a).157

2. Die Stra­fe ist Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe, und der Tä­ter wird von Am­tes we­gen ver­folgt,

wenn er Gift, ei­ne Waf­fe oder einen ge­fähr­li­chen Ge­gen­stand ge­braucht,

wenn er die Tat an ei­nem Wehr­lo­sen oder an ei­ner Per­son be­geht, die un­ter sei­ner Ob­hut steht oder für die er zu sor­gen hat, na­ment­lich an ei­nem Kind,

wenn er der Ehe­gat­te des Op­fers ist und die Tat wäh­rend der Ehe oder bis zu ei­nem Jahr nach der Schei­dung be­gan­gen wur­de,158

wenn er die ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin oder der ein­ge­tra­ge­ne Part­ner des Op­fers ist und die Tat wäh­rend der Dau­er der ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaft oder bis zu ei­nem Jahr nach de­ren Auf­lö­sung be­gan­gen wur­de,159

wenn er der he­te­ro- oder ho­mo­se­xu­el­le Le­ben­s­part­ner des Op­fers ist, so­fern sie auf un­be­stimm­te Zeit einen ge­mein­sa­men Haus­halt füh­ren und die Tat wäh­rend die­ser Zeit oder bis zu ei­nem Jahr nach der Tren­nung be­gan­gen wur­de.160

156Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

157 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II 2 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

158 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 3. Okt. 2003 (Straf­ver­fol­gung in der Ehe und in der Part­ner­schaft), in Kraft seit 1. April 2004 (AS 2004 1403; BBl 2003 19091937).

159 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 18 des Part­ner­schafts­ge­set­zes vom 18. Ju­ni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2005 5685; BBl 2003 1288).

160 Ur­sprüng­lich Abs. 4. Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 3. Okt. 2003 (Straf­ver­fol­gung in der Ehe und in der Part­ner­schaft), in Kraft seit 1. April 2004 (AS 2004 1403; BBl 2003 19091937).

Art. 124161  

Ver­stüm­me­lung weib­li­cher Ge­ni­ta­li­en

 

1 Wer die Ge­ni­ta­li­en ei­ner weib­li­chen Per­son ver­stüm­melt, in ih­rer na­tür­li­chen Funk­ti­on er­heb­lich und dau­er­haft be­ein­träch­tigt oder sie in an­de­rer Wei­se schä­digt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu zehn Jah­ren oder Geld­stra­fe nicht un­ter 180 Ta­ges­sät­zen be­straft.

2 Straf­bar ist auch, wer die Tat im Aus­land be­geht, sich in der Schweiz be­fin­det und nicht aus­ge­lie­fert wird. Ar­ti­kel 7 Ab­sät­ze 4 und 5 sind an­wend­bar.

161Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 in Kraft seit 1. Ju­li 2012 (AS 20122575; BBl 2010 56515677).

Art. 125  

Fahr­läs­si­ge Kör­per­ver­let­zung

 

1 Wer fahr­läs­sig einen Men­schen am Kör­per oder an der Ge­sund­heit schä­digt, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe162 be­straft.

2 Ist die Schä­di­gung schwer, so wird der Tä­ter von Am­tes we­gen ver­folgt.

162Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 2 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

Art. 126  

Tät­lich­kei­ten

 

1 Wer ge­gen je­man­den Tät­lich­kei­ten ver­übt, die kei­ne Schä­di­gung des Kör­pers oder der Ge­sund­heit zur Fol­ge ha­ben, wird, auf An­trag, mit Bus­se be­straft.

2 Der Tä­ter wird von Am­tes we­gen ver­folgt, wenn er die Tat wie­der­holt be­geht:

a.
an ei­ner Per­son, die un­ter sei­ner Ob­hut steht oder für die er zu sor­gen hat, na­ment­lich an ei­nem Kind;
b.
an sei­nem Ehe­gat­ten wäh­rend der Ehe oder bis zu ei­nem Jahr nach der Schei­dung; oder
bbis.163an sei­ner ein­ge­tra­ge­nen Part­ne­rin oder sei­nem ein­ge­tra­ge­nen Part­ner wäh­rend der Dau­er der ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaft
oder bis zu ei­nem Jahr nach de­ren Auf­lö­sung; oder
c.
an sei­nem he­te­ro- oder ho­mo­se­xu­el­len Le­ben­s­part­ner, so­fern sie auf un­be­stimm­te Zeit einen ge­mein­sa­men Haus­halt füh­ren und die Tat wäh­rend die­ser Zeit oder bis zu ei­nem Jahr nach der Tren­nung be­gan­gen wur­de.164

163 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 18 des Part­ner­schafts­ge­set­zes vom 18. Ju­ni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2005 5685; BBl 2003 1288).

164Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009). Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 3. Okt. 2003 (Straf­ver­fol­gung in der Ehe und in der Part­ner­schaft), in Kraft seit 1. April 2004 (AS 2004 1403; BBl 2003 19091937).

Art. 127165  

4. Ge­fähr­dung des Le­bens und der Ge­sund­heit.

Aus­set­zung

 

Wer einen Hilflo­sen, der un­ter sei­ner Ob­hut steht oder für den er zu sor­gen hat, ei­ner Ge­fahr für das Le­ben oder ei­ner schwe­ren un­mit­tel­ba­ren Ge­fahr für die Ge­sund­heit aus­setzt oder in ei­ner sol­chen Ge­fahr im Sti­che lässt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

165Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

Art. 128166  

Un­ter­las­sung der Not­hil­fe

 

Wer ei­nem Men­schen, den er ver­letzt hat, oder ei­nem Men­schen, der in un­mit­tel­ba­rer Le­bens­ge­fahr schwebt, nicht hilft, ob­wohl es ihm den Um­stän­den nach zu­ge­mu­tet wer­den könn­te,

wer an­de­re da­von ab­hält, Not­hil­fe zu leis­ten, oder sie da­bei be­hin­dert,

wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

166Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

Art. 128bis167  

Falscher Alarm

 

Wer wi­der bes­se­res Wis­sen grund­los einen öf­fent­li­chen oder ge­mein­nüt­zi­gen Si­cher­heits­dienst, einen Ret­tungs- oder Hilfs­dienst, ins­be­son­de­re Po­li­zei, Feu­er­wehr, Sa­ni­tät, alar­miert, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

167Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 17. Ju­ni 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1995 (AS 1994 2290; BBl 1991 II 969).

Art. 129168  

Ge­fähr­dung des Le­bens

 

Wer einen Men­schen in skru­pel­lo­ser Wei­se in un­mit­tel­ba­re Le­bens­ge­fahr bringt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

168Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

Art. 130–132169  
 

169Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, mit Wir­kung seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

Art. 133170  

Rauf­han­del

 

1 Wer sich an ei­nem Rauf­han­del be­tei­ligt, der den Tod oder die Kör­per­ver­let­zung ei­nes Men­schen zur Fol­ge hat, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Nicht straf­bar ist, wer aus­sch­liess­lich ab­wehrt oder die Strei­ten­den schei­det.

170Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

Art. 134171  

An­griff

 

Wer sich an ei­nem An­griff auf einen oder meh­re­re Men­schen be­tei­ligt, der den Tod oder die Kör­per­ver­let­zung ei­nes An­ge­grif­fe­nen oder ei­nes Drit­ten zur Fol­ge hat, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe172 be­straft.

171Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

172Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 6 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

Art. 135173  

Ge­walt­dar­stel­lun­gen

 

1 Wer Ton- oder Bild­auf­nah­men, Ab­bil­dun­gen, an­de­re Ge­gen­stän­de oder Vor­füh­run­gen, die, oh­ne schutz­wür­di­gen kul­tu­rel­len oder wis­sen­schaft­li­chen Wert zu ha­ben, grau­sa­me Ge­walt­tä­tig­kei­ten ge­gen Men­schen oder Tie­re ein­dring­lich dar­stel­len und da­bei die ele­men­ta­re Wür­de des Men­schen in schwe­rer Wei­se ver­let­zen, her­stellt, ein­führt, la­gert, in Ver­kehr bringt, an­preist, aus­stellt, an­bie­tet, zeigt, über­lässt oder zu­gäng­lich macht, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

1bis Mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu ei­nem Jahr oder mit Geld­stra­fe wird be­straft,174 wer Ge­gen­stän­de oder Vor­füh­run­gen nach Ab­satz 1, so­weit sie Ge­walt­tä­tig­kei­ten ge­gen Men­schen oder Tie­re dar­stel­len, er­wirbt, sich über elek­tro­ni­sche Mit­tel oder sonst wie be­schafft oder be­sitzt.175

2 Die Ge­gen­stän­de wer­den ein­ge­zo­gen.

3 Han­delt der Tä­ter aus Ge­winn­sucht, so ist die Stra­fe Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe. Mit Frei­heits­s­tra­fe ist ei­ne Geld­stra­fe zu ver­bin­den.176

173Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 23. Ju­ni 1989, in Kraft seit 1. Jan. 1990 (AS 1989 2449; BBl 1985 II 1009).

174 Straf­dro­hun­gen neu um­schrie­ben ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 16 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

175 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 2001 (Straf­ba­re Hand­lun­gen ge­gen die se­xu­el­le In­te­gri­tät; Ver­bot des Be­sit­zes har­ter Por­no­gra­fie), in Kraft seit 1. April 2002 (AS 2002 408; BBl 2000 2943).

176Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 7 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

Art. 136177  

Ver­ab­rei­chen ge­sund­heits­ge­fähr­den­der Stof­fe an Kin­der

 

Wer ei­nem Kind un­ter 16 Jah­ren al­ko­ho­li­sche Ge­trän­ke oder an­de­re Stof­fe in ei­ner Men­ge, wel­che die Ge­sund­heit ge­fähr­den kann, ver­ab­reicht oder zum Kon­sum zur Ver­fü­gung stellt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

177Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 20. März 2008, in Kraft seit 1. Ju­li 2011 (AS2009 2623, 2011 2559; BBl 2006 85738645).

Zweiter Titel: Strafbare Handlungen gegen das Vermögen178

178Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1995 (AS 1994 2290; BBl 1991 II 969).

Art. 137  

1. Straf­ba­re Hand­lun­gen ge­gen das Ver­mö­gen.

Un­recht­mäs­si­ge An­eig­nung

 

1. Wer sich ei­ne frem­de be­weg­li­che Sa­che an­eig­net, um sich oder einen an­dern da­mit un­recht­mäs­sig zu be­rei­chern, wird, wenn nicht die be­son­de­ren Vor­aus­set­zun­gen der Ar­ti­kel 138–140 zu­tref­fen, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2. Hat der Tä­ter die Sa­che ge­fun­den oder ist sie ihm oh­ne sei­nen Wil­len zu­ge­kom­men,

han­delt er oh­ne Be­rei­che­rungs­ab­sicht oder

han­delt er zum Nach­teil ei­nes An­ge­hö­ri­gen oder Fa­mi­li­en­ge­nos­sen,

so wird die Tat nur auf An­trag ver­folgt.

Art. 138  

Ver­un­treu­ung

 

1. Wer sich ei­ne ihm an­ver­trau­te frem­de be­weg­li­che Sa­che an­eig­net, um sich oder einen an­dern da­mit un­recht­mäs­sig zu be­rei­chern,

wer ihm an­ver­trau­te Ver­mö­gens­wer­te un­recht­mäs­sig in sei­nem oder ei­nes an­de­ren Nut­zen ver­wen­det,

wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Die Ver­un­treu­ung zum Nach­teil ei­nes An­ge­hö­ri­gen oder Fa­mi­li­en­ge­nos­sen wird nur auf An­trag ver­folgt.

2. Wer die Tat als Mit­glied ei­ner Be­hör­de, als Be­am­ter, Vor­mund, Bei­stand, be­rufs­mäs­si­ger Ver­mö­gens­ver­wal­ter oder bei Aus­übung ei­nes Be­ru­fes, Ge­wer­bes oder Han­dels­ge­schäf­tes, zu der er durch ei­ne Be­hör­de er­mäch­tigt ist, be­geht, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu zehn Jah­ren oder Geld­stra­fe179 be­straft.

179Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 8 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

Art. 139  

Dieb­stahl

 

1. Wer je­man­dem ei­ne frem­de be­weg­li­che Sa­che zur An­eig­nung weg­nimmt, um sich oder einen an­dern da­mit un­recht­mäs­sig zu be­rei­chern, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2. Der Dieb wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu zehn Jah­ren oder Geld­stra­fe nicht un­ter 90 Ta­ges­sät­zen180 be­straft, wenn er ge­werbs­mäs­sig stiehlt.

3. Der Dieb wird mit Frei­heits­s­tra­fe von sechs Mo­na­ten bis zu zehn Jah­ren be­straft,181

wenn er den Dieb­stahl als Mit­glied ei­ner Ban­de aus­führt, die sich zur fort­ge­setz­ten Ver­übung von Raub oder Dieb­stahl zu­sam­men­ge­fun­den hat,

wenn er zum Zweck des Dieb­stahls ei­ne Schuss­waf­fe oder ei­ne an­de­re ge­fähr­li­che Waf­fe mit sich führt oder

wenn er sonst wie durch die Art, wie er den Dieb­stahl be­geht, sei­ne be­son­de­re Ge­fähr­lich­keit of­fen­bart.

4. Der Dieb­stahl zum Nach­teil ei­nes An­ge­hö­ri­gen oder Fa­mi­li­en­ge­nos­sen wird nur auf An­trag ver­folgt.

180Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 9 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

181 Straf­dro­hun­gen neu um­schrie­ben ge­mä­ss Ziff. II 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­rung des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 140  

Raub

 

1. Wer mit Ge­walt ge­gen ei­ne Per­son oder un­ter An­dro­hung ge­gen­wär­ti­ger Ge­fahr für Leib oder Le­ben oder nach­dem er den Be­trof­fe­nen zum Wi­der­stand un­fä­hig ge­macht hat, einen Dieb­stahl be­geht, wird mit Frei­heits­s­tra­fe von sechs Mo­na­ten bis zu zehn Jah­ren be­straft.182

Wer, bei ei­nem Dieb­stahl auf fri­scher Tat er­tappt, Nö­ti­gungs­hand­lun­gen nach Ab­satz 1 be­geht, um die ge­stoh­le­ne Sa­che zu be­hal­ten, wird mit der glei­chen Stra­fe be­legt.

2. Der Räu­ber wird mit Frei­heits­s­tra­fe nicht un­ter ei­nem Jahr183 be­straft, wenn er zum Zweck des Rau­bes ei­ne Schuss­waf­fe oder ei­ne an­de­re ge­fähr­li­che Waf­fe mit sich führt.

3. Der Räu­ber wird mit Frei­heits­s­tra­fe nicht un­ter zwei Jah­ren be­straft,

wenn er den Raub als Mit­glied ei­ner Ban­de aus­führt, die sich zur fort­ge­setz­ten Ver­übung von Raub oder Dieb­stahl zu­sam­men­ge­fun­den hat,

wenn er sonst wie durch die Art, wie er den Raub be­geht, sei­ne be­son­de­re Ge­fähr­lich­keit of­fen­bart.

4. Die Stra­fe ist Frei­heits­s­tra­fe nicht un­ter fünf Jah­ren, wenn der Tä­ter das Op­fer in Le­bens­ge­fahr bringt, ihm ei­ne schwe­re Kör­per­ver­let­zung zu­fügt oder es grau­sam be­han­delt.

182 Straf­dro­hun­gen neu um­schrie­ben ge­mä­ss Ziff. II 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­rung des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

183Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 12 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 141  

Sach­ent­zie­hung

 

Wer dem Be­rech­tig­ten oh­ne An­eig­nungs­ab­sicht ei­ne be­weg­li­che Sa­che ent­zieht und ihm da­durch einen er­heb­li­chen Nach­teil zu­fügt, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 141bis  

Un­recht­mäs­si­ge Ver­wen­dung von Ver­mö­gens­wer­ten

 

Wer Ver­mö­gens­wer­te, die ihm oh­ne sei­nen Wil­len zu­ge­kom­men sind, un­recht­mäs­sig in sei­nem oder ei­nes an­dern Nut­zen ver­wen­det, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 142  

Un­recht­mäs­si­ge Ent­zie­hung von Ener­gie

 

1 Wer ei­ner An­la­ge, die zur Ver­wer­tung von Na­tur­kräf­ten dient, na­ment­lich ei­ner elek­tri­schen An­la­ge, un­recht­mäs­sig Ener­gie ent­zieht, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Han­delt der Tä­ter in der Ab­sicht, sich oder einen an­dern un­recht­mä­s­sig zu be­rei­chern, so wird er mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 143  

Un­be­fug­te Da­ten­be­schaf­fung

 

1 Wer in der Ab­sicht, sich oder einen an­dern un­recht­mäs­sig zu be­rei­chern, sich oder ei­nem an­dern elek­tro­nisch oder in ver­gleich­ba­rer Wei­se ge­spei­cher­te oder über­mit­tel­te Da­ten be­schafft, die nicht für ihn be­stimmt und ge­gen sei­nen un­be­fug­ten Zu­griff be­son­ders ge­si­chert sind, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Die un­be­fug­te Da­ten­be­schaf­fung zum Nach­teil ei­nes An­ge­hö­ri­gen oder Fa­mi­li­en­ge­nos­sen wird nur auf An­trag ver­folgt.

Art. 143bis184  

Un­be­fug­tes Ein­drin­gen in ein Da­ten­ver­ar­bei­tungs­sys­tem

 

1 Wer auf dem We­ge von Da­ten­über­tra­gungs­ein­rich­tun­gen un­be­fug­ter­wei­se in ein frem­des, ge­gen sei­nen Zu­griff be­son­ders ge­si­cher­tes Da­ten­ver­ar­bei­tungs­sys­tem ein­dringt, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Wer Pass­wör­ter, Pro­gram­me oder an­de­re Da­ten, von de­nen er weiss oder an­neh­men muss, dass sie zur Be­ge­hung ei­ner straf­ba­ren Hand­lung ge­mä­ss Ab­satz 1 ver­wen­det wer­den sol­len, in Ver­kehr bringt oder zu­gäng­lich macht, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

184 Fas­sung ge­mä­ss Art. 2 Ziff. 1 des BB vom 18. März 2011 (Über­eink. des Eu­ro­pa­ra­tes über die Cy­ber­kri­mi­na­li­tät), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 6293; BBl 2010 4697).

Art. 144  

Sach­be­schä­di­gung

 

1 Wer ei­ne Sa­che, an der ein frem­des Ei­gen­tums‑, Ge­brauchs- oder Nutz­nies­sungs­recht be­steht, be­schä­digt, zer­stört oder un­brauch­bar macht, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Hat der Tä­ter die Sach­be­schä­di­gung aus An­lass ei­ner öf­fent­li­chen Zu­sam­men­rot­tung be­gan­gen, so wird er von Am­tes we­gen ver­folgt.

3 Hat der Tä­ter einen gros­sen Scha­den ver­ur­sacht, so kann auf Frei­heits­s­tra­fe von ei­nem Jahr bis zu fünf Jah­ren er­kannt wer­den. Die Tat wird von Am­tes we­gen ver­folgt.

Art. 144bis  

Da­ten­be­schä­di­gung

 

1. Wer un­be­fugt elek­tro­nisch oder in ver­gleich­ba­rer Wei­se ge­spei­cher­te oder über­mit­tel­te Da­ten ver­än­dert, löscht oder un­brauch­bar macht, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Hat der Tä­ter einen gros­sen Scha­den ver­ur­sacht, so kann auf Frei­heits­s­tra­fe von ei­nem Jahr bis zu fünf Jah­ren er­kannt wer­den. Die Tat wird von Am­tes we­gen ver­folgt.

2. Wer Pro­gram­me, von de­nen er weiss oder an­neh­men muss, dass sie zu den in Zif­fer 1 ge­nann­ten Zwe­cken ver­wen­det wer­den sol­len, her­stellt, ein­führt, in Ver­kehr bringt, an­preist, an­bie­tet oder sonst wie zu­gäng­lich macht oder zu ih­rer Her­stel­lung An­lei­tung gibt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Han­delt der Tä­ter ge­werbs­mäs­sig, so kann auf Frei­heits­s­tra­fe von ei­nem Jahr bis zu fünf Jah­ren er­kannt wer­den.

Art. 145  

Ver­un­treu­ung und Ent­zug von Pfand­sa­chen und Re­ten­ti­ons­ge­gen­stän­den

 

Der Schuld­ner, der in der Ab­sicht, sei­nen Gläu­bi­ger zu schä­di­gen, die­sem ei­ne als Pfand oder Re­ten­ti­ons­ge­gen­stand die­nen­de Sa­che ent­zieht, ei­gen­mäch­tig dar­über ver­fügt, sie be­schä­digt, zer­stört, ent­wer­tet oder un­brauch­bar macht, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 146  

Be­trug

 

1 Wer in der Ab­sicht, sich oder einen an­dern un­recht­mäs­sig zu be­rei­chern, je­man­den durch Vor­spie­ge­lung oder Un­ter­drückung von Tat­sa­chen arg­lis­tig ir­re­führt oder ihn in ei­nem Irr­tum arg­lis­tig be­stärkt und so den Ir­ren­den zu ei­nem Ver­hal­ten be­stimmt, wo­durch die­ser sich selbst oder einen an­dern am Ver­mö­gen schä­digt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Han­delt der Tä­ter ge­werbs­mäs­sig, so wird er mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu zehn Jah­ren oder Geld­stra­fe nicht un­ter 90 Ta­ges­sät­zen be­straft.

3 Der Be­trug zum Nach­teil ei­nes An­ge­hö­ri­gen oder Fa­mi­li­en­ge­nos­sen wird nur auf An­trag ver­folgt.

Art. 147  

Be­trü­ge­ri­scher Miss­brauch ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tungs­an­la­ge

 

1 Wer in der Ab­sicht, sich oder einen an­dern un­recht­mäs­sig zu be­rei­chern, durch un­rich­ti­ge, un­voll­stän­di­ge oder un­be­fug­te Ver­wen­dung von Da­ten oder in ver­gleich­ba­rer Wei­se auf einen elek­tro­ni­schen oder ver­gleich­ba­ren Da­ten­ver­ar­bei­tungs- oder Da­ten­über­mitt­lungs­vor­gang ein­wirkt und da­durch ei­ne Ver­mö­gens­ver­schie­bung zum Scha­den ei­nes an­dern her­bei­führt oder ei­ne Ver­mö­gens­ver­schie­bung un­mit­tel­bar dar­nach ver­deckt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Han­delt der Tä­ter ge­werbs­mäs­sig, so wird er mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu zehn Jah­ren oder Geld­stra­fe nicht un­ter 90 Ta­ges­sät­zen be­straft.

3 Der be­trü­ge­ri­sche Miss­brauch ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tungs­an­la­ge zum Nach­teil ei­nes An­ge­hö­ri­gen oder Fa­mi­li­en­ge­nos­sen wird nur auf An­trag ver­folgt.

Art. 148  

Check- und Kre­dit­kar­ten­miss­brauch

 

1 Wer, ob­schon er zah­lungs­un­fä­hig oder zah­lungs­un­wil­lig ist, ei­ne ihm vom Aus­stel­ler über­las­se­ne Check- oder Kre­dit­kar­te oder ein gleich­ar­ti­ges Zah­lungs­in­stru­ment ver­wen­det, um ver­mö­gens­wer­te Leistun­gen zu er­lan­gen und den Aus­stel­ler da­durch am Ver­mö­gen schä­digt, wird, so­fern die­ser und das Ver­trags­un­ter­neh­men die ih­nen zu­mut­ba­ren Mass­nah­men ge­gen den Miss­brauch der Kar­te er­grif­fen ha­ben, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Han­delt der Tä­ter ge­werbs­mäs­sig, so wird er mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu zehn Jah­ren oder Geld­stra­fe nicht un­ter 90 Ta­ges­sät­zen be­straft.

Art.148a185  

Un­recht­mäs­si­ger Be­zug von Leis­tun­gen ei­ner So­zi­al­ver­si­che­rung oder der So­zi­al­hil­fe

 

1 Wer je­man­den durch un­wah­re oder un­voll­stän­di­ge An­ga­ben, durch Ver­schwei­gen von Tat­sa­chen oder in an­de­rer Wei­se ir­re­führt oder in ei­nem Irr­tum be­stärkt, so­dass er oder ein an­de­rer Leis­tun­gen ei­ner So­zi­al­ver­si­che­rung oder der So­zi­al­hil­fe be­zieht, die ihm oder dem an­dern nicht zu­ste­hen, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu ei­nem Jahr oder Geld­stra­fe be­straft.

2 In leich­ten Fäl­len ist die Stra­fe Bus­se.

185 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 20. März 2015 (Um­set­zung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Aus­schaf­fung kri­mi­nel­ler Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).

Art. 149  

Zech­prel­le­rei

 

Wer sich in ei­nem Gast­ge­wer­be­be­trieb be­her­ber­gen, Spei­sen oder Ge­trän­ke vor­set­zen lässt oder an­de­re Dienst­leis­tun­gen be­an­sprucht und den Be­triebs­in­ha­ber um die Be­zah­lung prellt, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 150  

Er­schlei­chen ei­ner Leis­tung

 

Wer, oh­ne zu zah­len, ei­ne Leis­tung er­schleicht, von der er weiss, dass sie nur ge­gen Ent­gelt er­bracht wird, na­ment­lich in­dem er

ein öf­fent­li­ches Ver­kehrs­mit­tel be­nützt,

ei­ne Auf­füh­rung, Aus­stel­lung oder ähn­li­che Ver­an­stal­tung be­sucht,

ei­ne Leis­tung, die ei­ne Da­ten­ver­ar­bei­tungs­an­la­ge er­bringt oder die ein Au­to­mat ver­mit­telt, be­an­sprucht,

wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 150bis186  

Her­stel­len und In­ver­kehr­brin­gen von Ma­te­ria­li­en zur un­be­fug­ten Ent­schlüs­se­lung co­dier­ter An­ge­bo­te

 

1 Wer Ge­rä­te, de­ren Be­stand­tei­le oder Da­ten­ver­ar­bei­tungs­pro­gram­me, die zur un­be­fug­ten Ent­schlüs­se­lung co­dier­ter Rund­funk­pro­gram­me oder Fern­mel­de­diens­te be­stimmt und ge­eig­net sind, her­stellt, ein­führt, aus­führt, durch­führt, in Ver­kehr bringt oder in­stal­liert, wird, auf An­trag, mit Bus­se be­straft.187

2 Ver­such und Ge­hil­fen­schaft sind straf­bar.

186 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des Fern­mel­de­ge­set­zes vom 30. April 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 (AS 1997 2187; BBl 1996 III 1405).

187 Straf­dro­hun­gen neu um­schrie­ben ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 16 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 151  

Arg­lis­ti­ge Ver­mö­gens­schä­di­gung

 

Wer je­man­den oh­ne Be­rei­che­rungs­ab­sicht durch Vor­spie­ge­lung oder Un­ter­drückung von Tat­sa­chen arg­lis­tig ir­re­führt oder ihn in ei­nem Irr­tum arg­lis­tig be­stärkt und so den Ir­ren­den zu ei­nem Ver­hal­ten be­stimmt, wo­durch die­ser sich selbst oder einen an­dern am Ver­mö­gen schä­digt, wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 152  

Un­wah­re An­ga­ben über kauf­män­ni­sche Ge­wer­be

 

Wer als Grün­der, als In­ha­ber, als un­be­schränkt haf­ten­der Ge­sell­schaf­ter, als Be­voll­mäch­tig­ter oder als Mit­glied der Ge­schäfts­füh­rung, des Ver­wal­tungs­ra­tes, der Re­vi­si­ons­stel­le oder als Li­qui­da­tor ei­ner Han­dels­ge­sell­schaft, Ge­nos­sen­schaft oder ei­nes an­dern Un­ter­neh­mens, das ein nach kauf­män­ni­scher Art ge­führ­tes Ge­wer­be be­treibt,

in öf­fent­li­chen Be­kannt­ma­chun­gen oder in Be­rich­ten oder Vor­la­gen an die Ge­samt­heit der Ge­sell­schaf­ter oder Ge­nos­sen­schaf­ter oder an die an ei­nem an­dern Un­ter­neh­men Be­tei­lig­ten un­wah­re oder un­voll­stän­di­ge An­ga­ben von er­heb­li­cher Be­deu­tung macht oder ma­chen lässt, die einen an­dern zu schä­di­gen­den Ver­mö­gens­ver­fü­gun­gen ver­an­las­sen kön­nen,

wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 153  

Un­wah­re An­ga­ben ge­gen­über Han­dels­re­gi­ster­be­hör­den

 

Wer ei­ne Han­dels­re­gis­ter­be­hör­de zu ei­ner un­wah­ren Ein­tra­gung ver­an­lasst oder ihr ei­ne ein­tra­gungs­pflich­ti­ge Tat­sa­che ver­schweigt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 154  
 

Auf­ge­ho­ben

Art. 155  

Wa­ren­fäl­schung

 
Art. 155 - Warenfälschung
Art. 155 - Warenfälschung

1. Wer zum Zwe­cke der Täu­schung in Han­del und Ver­kehr

ei­ne Wa­re her­stellt, die einen hö­he­ren als ih­ren wirk­li­chen Ver­kehrs­wert vor­spie­gelt, na­ment­lich in­dem er ei­ne Wa­re nach­macht oder ver­fälscht,

ei­ne sol­che Wa­re ein­führt, la­gert oder in Ver­kehr bringt,

wird, so­fern die Tat nicht nach ei­ner an­dern Be­stim­mung mit hö­he­rer Stra­fe be­droht ist, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2.188 Han­delt der Tä­ter ge­werbs­mäs­sig, so wird er, so­fern die Tat nicht nach ei­ner an­dern Be­stim­mung mit hö­he­rer Stra­fe be­droht ist, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

188 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 3. Okt. 2008 zur Um­set­zung der re­vi­dier­ten Emp­feh­lun­gen der Grou­pe d’ac­ti­on fi­nan­ciè­re, in Kraft seit 1. Fe­br. 2009 (AS 2009 361; BBl 2007 6269).

Art. 156  

Er­pres­sung

 

1. Wer in der Ab­sicht, sich oder einen an­dern un­recht­mäs­sig zu be­rei­chern, je­man­den durch Ge­walt oder An­dro­hung ernst­li­cher Nach­tei­le zu ei­nem Ver­hal­ten be­stimmt, wo­durch die­ser sich sel­ber oder einen an­dern am Ver­mö­gen schä­digt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2. Han­delt der Tä­ter ge­werbs­mäs­sig oder er­presst er die glei­che Per­son fort­ge­setzt,

so wird er mit Frei­heits­s­tra­fe von ei­nem Jahr bis zu zehn Jah­ren be­straft.

3. Wen­det der Tä­ter ge­gen ei­ne Per­son Ge­walt an oder be­droht er sie mit ei­ner ge­gen­wär­ti­gen Ge­fahr für Leib und Le­ben, so rich­tet sich die Stra­fe nach Ar­ti­kel 140.

4. Droht der Tä­ter mit ei­ner Ge­fahr für Leib und Le­ben vie­ler Men­schen oder mit schwe­rer Schä­di­gung von Sa­chen, an de­nen ein ho­hes öf­fent­li­ches In­ter­es­se be­steht, so wird er mit Frei­heits­s­tra­fe nicht un­ter ei­nem Jahr189 be­straft.

189Aus­druck ge­mä­ss Ziff. II 1 Abs. 12 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Die­se Änd. wur­de im gan­zen zwei­ten Buch be­rück­sich­tigt.

Art. 157  

Wu­cher

 

1. Wer die Zwangs­la­ge, die Ab­hän­gig­keit, die Un­er­fah­ren­heit oder die Schwä­che im Ur­teils­ver­mö­gen ei­ner Per­son da­durch aus­beu­tet, dass er sich oder ei­nem an­de­ren für ei­ne Leis­tung Ver­mö­gens­vor­tei­le ge­wäh­ren oder ver­spre­chen lässt, die zur Leis­tung wirt­schaft­lich in ei­nem of­fen­ba­ren Miss­ver­hält­nis ste­hen,

wer ei­ne wu­che­ri­sche For­de­rung er­wirbt und sie wei­ter­ver­äus­sert oder gel­tend macht,

wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2. Han­delt der Tä­ter ge­werbs­mäs­sig, so wird er mit Frei­heits­s­tra­fe von ei­nem Jahr bis zu zehn Jah­ren be­straft.

Art. 158  

Un­ge­treue Ge­schäfts­be­sor­gung

 

1. Wer auf­grund des Ge­set­zes, ei­nes be­hörd­li­chen Auf­tra­ges oder ei­nes Rechts­ge­schäfts da­mit be­traut ist, Ver­mö­gen ei­nes an­dern zu ver­wal­ten oder ei­ne sol­che Ver­mö­gens­ver­wal­tung zu be­auf­sich­ti­gen, und da­bei un­ter Ver­let­zung sei­ner Pflich­ten be­wirkt oder zu­lässt, dass der an­de­re am Ver­mö­gen ge­schä­digt wird, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Wer als Ge­schäfts­füh­rer oh­ne Auf­trag gleich han­delt, wird mit der glei­chen Stra­fe be­legt.

Han­delt der Tä­ter in der Ab­sicht, sich oder einen an­dern un­recht­mä­s­sig zu be­rei­chern, so kann auf Frei­heits­s­tra­fe von ei­nem Jahr bis zu fünf Jah­ren er­kannt wer­den.

2. Wer in der Ab­sicht, sich oder einen an­dern un­recht­mäs­sig zu be­rei­chern, die ihm durch das Ge­setz, einen be­hörd­li­chen Auf­trag oder ein Rechts­ge­schäft ein­ge­räum­te Er­mäch­ti­gung, je­man­den zu ver­tre­ten, miss­braucht und da­durch den Ver­tre­te­nen am Ver­mö­gen schä­digt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

3. Die un­ge­treue Ge­schäfts­be­sor­gung zum Nach­teil ei­nes An­ge­hö­ri­gen oder Fa­mi­li­en­ge­nos­sen wird nur auf An­trag ver­folgt.

Art. 159  

Miss­brauch von Lohn­ab­zü­gen

 

Der Ar­beit­ge­ber, der die Ver­pflich­tung ver­letzt, einen Lohn­ab­zug für Steu­ern, Ab­ga­ben, Ver­si­che­rungs­prä­mi­en und ‑bei­trä­ge oder in an­de­rer Wei­se für Rech­nung des Ar­beit­neh­mers zu ver­wen­den, und da­mit die­sen am Ver­mö­gen schä­digt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 160  

Heh­le­rei

 

1. Wer ei­ne Sa­che, von der er weiss oder an­neh­men muss, dass sie ein an­de­rer durch ei­ne straf­ba­re Hand­lung ge­gen das Ver­mö­gen er­langt hat, er­wirbt, sich schen­ken lässt, zum Pfan­de nimmt, ver­heim­licht oder ver­äus­sern hilft, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Der Heh­ler wird nach der Straf­an­dro­hung der Vor­tat be­straft, wenn sie mil­der ist.

Ist die Vor­tat ein An­trags­de­likt, so wird die Heh­le­rei nur ver­folgt, wenn ein An­trag auf Ver­fol­gung der Vor­tat vor­liegt.

2. Han­delt der Tä­ter ge­werbs­mäs­sig, so wird er mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu zehn Jah­ren oder Geld­stra­fe nicht un­ter 90 Ta­ges­sät­zen be­straft.

Art. 161190  
 

190 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. II 3 des BG vom 28. Sept. 2012, mit Wir­kung seit 1. Mai 2013 (AS 2013 1103; BBl 2011 6873).

Art. 161bis191  
 

191Ein­ge­fügt durch Art. 46 des Bör­sen­ge­set­zes vom 24. März 1995 (AS 1997 68; BBl 1993 I 1369). Auf­ge­ho­ben durch Ziff. II 3 des BG vom 28. Sept. 2012, mit Wir­kung seit 1. Mai 2013 (AS 2013 1103; BBl 2011 6873).

Art. 162  

2.Ver­let­zung des Fa­bri­ka­ti­ons- oder Ge­schäfts­ge­heim­nis­ses

 

Wer ein Fa­bri­ka­ti­ons- oder Ge­schäfts­ge­heim­nis, das er in­fol­ge ei­ner ge­setz­li­chen oder ver­trag­li­chen Pflicht be­wah­ren soll­te, ver­rät,

wer den Ver­rat für sich oder einen an­dern aus­nützt,

wird, auf An­trag, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 163  

3. Kon­kurs- und Be­trei­bungs­ver­bre­chen oder -ver­ge­hen.

Be­trü­ge­ri­scher Kon­kurs und Pfän­dungs­be­trug

 

1. Der Schuld­ner, der zum Scha­den der Gläu­bi­ger sein Ver­mö­gen zum Schei­ne ver­min­dert, na­ment­lich

Ver­mö­gens­wer­te bei­sei­te­schafft oder ver­heim­licht,

Schul­den vor­täuscht,

vor­ge­täusch­te For­de­run­gen an­er­kennt oder de­ren Gel­tend­ma­chung ver­an­lasst,

wird, wenn über ihn der Kon­kurs er­öff­net oder ge­gen ihn ein Ver­lust­schein aus­ge­stellt wor­den ist, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2. Un­ter den glei­chen Vor­aus­set­zun­gen wird der Drit­te, der zum Scha­den der Gläu­bi­ger ei­ne sol­che Hand­lung vor­nimmt, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 164  

Gläu­bi­ger­schä­di­gung durch Ver­mö­gens­min­de­rung

 

1. Der Schuld­ner, der zum Scha­den der Gläu­bi­ger sein Ver­mö­gen ver­min­dert, in­dem er

Ver­mö­gens­wer­te be­schä­digt, zer­stört, ent­wer­tet oder un­brauch­bar macht,

Ver­mö­gens­wer­te un­ent­gelt­lich oder ge­gen ei­ne Leis­tung mit of­fen­sicht­lich ge­rin­ge­rem Wert ver­äus­sert,

oh­ne sach­li­chen Grund an­fal­len­de Rech­te aus­schlägt oder auf Rech­te un­ent­gelt­lich ver­zich­tet,

wird, wenn über ihn der Kon­kurs er­öff­net oder ge­gen ihn ein Ver­lust­schein aus­ge­stellt wor­den ist, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2. Un­ter den glei­chen Vor­aus­set­zun­gen wird der Drit­te, der zum Scha­den der Gläu­bi­ger ei­ne sol­che Hand­lung vor­nimmt, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 165  

Miss­wirt­schaft

 

1. Der Schuld­ner, der in an­de­rer Wei­se als nach Ar­ti­kel 164, durch Miss­wirt­schaft, na­ment­lich durch un­ge­nü­gen­de Ka­pi­tal­aus­stat­tung, un­ver­hält­nis­mäs­si­gen Auf­wand, ge­wag­te Spe­ku­la­tio­nen, leicht­sin­ni­ges Ge­wäh­ren oder Be­nüt­zen von Kre­dit, Ver­schleu­dern von Ver­mö­gens­wer­ten oder ar­ge Nach­läs­sig­keit in der Be­rufs­aus­übung oder Ver­mö­gens­ver­wal­tung,

sei­ne Über­schul­dung her­bei­führt oder ver­schlim­mert, sei­ne Zah­lungs­un­fä­hig­keit her­bei­führt oder im Be­wusst­sein sei­ner Zah­lungs­un­fä­hig­keit sei­ne Ver­mö­gens­la­ge ver­schlim­mert,

wird, wenn über ihn der Kon­kurs er­öff­net oder ge­gen ihn ein Ver­lust­schein aus­ge­stellt wor­den ist, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2. Der auf Pfän­dung be­trie­be­ne Schuld­ner wird nur auf An­trag ei­nes Gläu­bi­gers ver­folgt, der einen Ver­lust­schein ge­gen ihn er­langt hat.

Der An­trag ist in­nert drei Mo­na­ten seit der Zu­stel­lung des Ver­lust­schei­nes zu stel­len.

Dem Gläu­bi­ger, der den Schuld­ner zu leicht­sin­ni­gem Schul­den­ma­chen, un­ver­hält­nis­mäs­si­gem Auf­wand oder zu ge­wag­ten Spe­ku­la­tio­nen ver­lei­tet oder ihn wu­che­risch aus­ge­beu­tet hat, steht kein An­trags­recht zu.

Art. 166  

Un­ter­las­sung der Buch­füh­rung

 

Der Schuld­ner, der die ihm ge­setz­lich ob­lie­gen­de Pflicht zur ord­nungs­mäs­si­gen Füh­rung und Auf­be­wah­rung von Ge­schäfts­bü­chern oder zur Auf­stel­lung ei­ner Bi­lanz ver­letzt, so dass sein Ver­mö­gens­stand nicht oder nicht voll­stän­dig er­sicht­lich ist, wird, wenn über ihn der Kon­kurs er­öff­net oder in ei­ner ge­mä­ss Ar­ti­kel 43 des Bun­des­ge­set­zes vom 11. April 1889192 über Schuld­be­trei­bung- und Kon­kurs (SchKG) er­folg­ten Pfän­dung ge­gen ihn ein Ver­lust­schein aus­ge­stellt wor­den ist, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 167  

Be­vor­zu­gung ei­nes Gläu­bi­gers

 

Der Schuld­ner, der im Be­wusst­sein sei­ner Zah­lungs­un­fä­hig­keit und in der Ab­sicht, ein­zel­ne sei­ner Gläu­bi­ger zum Nach­teil an­de­rer zu be­vor­zu­gen, dar­auf ab­zie­len­de Hand­lun­gen vor­nimmt, ins­be­son­de­re nicht ver­fal­le­ne Schul­den be­zahlt, ei­ne ver­fal­le­ne Schuld an­ders als durch üb­li­che Zah­lungs­mit­tel tilgt, ei­ne Schuld aus ei­ge­nen Mit­teln si­cher­stellt, oh­ne dass er da­zu ver­pflich­tet war, wird, wenn über ihn der Kon­kurs er­öff­net oder ge­gen ihn ein Ver­lust­schein aus­ge­stellt wor­den ist, mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 168  

Be­ste­chung bei Zwangs­voll­stre­ckung

 

1 Wer ei­nem Gläu­bi­ger oder des­sen Ver­tre­ter be­son­de­re Vor­tei­le zu­wen­det oder zu­si­chert, um des­sen Stim­me in der Gläu­bi­ger­ver­samm­lung oder im Gläu­bi­ge­raus­schuss zu er­lan­gen oder um des­sen Zu­stim­mung zu ei­nem ge­richt­li­chen Nach­lass­ver­trag oder des­sen Ab­leh­nung ei­nes sol­chen Ver­tra­ges zu be­wir­ken, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Wer dem Kon­kurs­ver­wal­ter, ei­nem Mit­glied der Kon­kurs­ver­wal­tung, dem Sach­wal­ter oder dem Li­qui­da­tor be­son­de­re Vor­tei­le zu­wen­det oder zu­si­chert, um des­sen Ent­schei­dun­gen zu be­ein­flus­sen, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

3 Wer sich sol­che Vor­tei­le zu­wen­den oder zu­si­chern lässt, wird mit der glei­chen Stra­fe be­legt.

Art. 169  

Ver­fü­gung über mit Be­schlag be­leg­te Ver­mö­gens­wer­te

 

Wer ei­gen­mäch­tig zum Scha­den der Gläu­bi­ger über einen Ver­mö­gens­wert ver­fügt, der

amt­lich ge­pfän­det oder mit Ar­rest be­legt ist,

in ei­nem Be­trei­bungs‑, Kon­kurs- oder Re­ten­ti­ons­ver­fah­ren amt­lich auf­ge­zeich­net ist oder

zu ei­nem durch Li­qui­da­ti­ons­ver­gleich ab­ge­tre­te­nen Ver­mö­gen ge­hört

oder einen sol­chen Ver­mö­gens­wert be­schä­digt, zer­stört, ent­wer­tet oder un­brauch­bar macht,

wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 170  

Er­schlei­chung ei­nes ge­richt­li­chen Nach­lass­ver­tra­ges

 

Der Schuld­ner, der über sei­ne Ver­mö­gens­la­ge, na­ment­lich durch fal­sche Buch­füh­rung oder Bi­lanz, sei­ne Gläu­bi­ger, den Sach­wal­ter oder die Nach­lass­be­hör­de ir­re­führt, um da­durch ei­ne Nach­lass­stun­dung oder die Ge­neh­mi­gung ei­nes ge­richt­li­chen Nach­lass­ver­tra­ges zu er­wir­ken,

der Drit­te, der ei­ne sol­che Hand­lung zum Vor­tei­le des Schuld­ners vor­nimmt,

wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

Art. 171  

Ge­richt­li­cher Nach­lass­ver­trag

 

1 Die Ar­ti­kel 163 Zif­fer 1, 164 Zif­fer 1, 165 Zif­fer 1, 166 und 167 gel­ten auch, wenn ein ge­richt­li­cher Nach­lass­ver­trag an­ge­nom­men und be­stä­tigt wor­den ist.

2 Hat der Schuld­ner oder der Drit­te im Sin­ne von Ar­ti­kel 163 Zif­fer 2 und 164 Zif­fer 2 ei­ne be­son­de­re wirt­schaft­li­che An­stren­gung un­ter­nom­men und da­durch das Zu­stan­de­kom­men des ge­richt­li­chen Nach­lass­ver­tra­ges er­leich­tert, so kann die zu­stän­di­ge Be­hör­de bei ihm von der Straf­ver­fol­gung, der Über­wei­sung an das Ge­richt oder der Be­stra­fung ab­se­hen.

Art. 171bis  

Wi­der­ruf des Kon­kur­ses

 

1 Wird der Kon­kurs wi­der­ru­fen (Art. 195 SchKG193), so kann die zu­stän­di­ge Be­hör­de von der Straf­ver­fol­gung, der Über­wei­sung an das Ge­richt oder der Be­stra­fung ab­se­hen.

2 Wur­de ein ge­richt­li­cher Nach­lass­ver­trag ab­ge­schlos­sen, so ist Ab­satz 1 nur an­wend­bar, wenn der Schuld­ner oder der Drit­te im Sin­ne von Ar­ti­kel 163 Zif­fer 2 und 164 Zif­fer 2 ei­ne be­son­de­re wirt­schaft­li­che An­stren­gung un­ter­nom­men und da­durch des­sen Zu­stan­de­kom­men er­leich­tert hat.

Art. 172194  

4.All­ge­mei­ne Be­stim­mun­gen.

 

194Auf­ge­ho­ben durch Ziff. II 3 des BG vom 13. Dez. 2002, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 172bis195  
 

195 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 1 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art. 172ter  

Ge­ring­fü­gi­ge Ver­mö­gens­de­lik­te

 

1 Rich­tet sich die Tat nur auf einen ge­rin­gen Ver­mö­gens­wert oder auf einen ge­rin­gen Scha­den, so wird der Tä­ter, auf An­trag, mit Bus­se be­straft.

2 Die­se Vor­schrift gilt nicht bei qua­li­fi­zier­tem Dieb­stahl (Art. 139 Ziff. 2 und 3), bei Raub und Er­pres­sung.

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